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Gut die Hälfte der 13.000 Altenpflegeeinrichtungen in Deutschland haben auf das Strukturmodell umgestellt. Auch eine Handlungsempfehlung liegt vor. Doch jede Einrichtung muss ihren eigenen Weg in der Umsetzung finden und der kann schwierig sein. Fehler schleichen sich ein, z.B.: - im Umgang mit der Risikomatrix - bei Verbindung zwischen Risikomatrix und Expertenstandards - bei der Evaluation des Maßnahmenplanes Dieses Buch zeigt, wie der richtige Umgang mit Strukturmodell/SIS® möglichst reibungslos funktioniert, welche Schwierigkeiten sich dabei ergeben – und wie man sie löst: schnell, handlungsorientiert und zielführend. Das ideale Nachschlagewerk, um die Zeitvorteile, die das Strukturmodell bietet, auch wirklich in der Praxis nutzen zu können.
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Seitenzahl: 139
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Jutta König ist Wirtschaftsdiplom-Betriebswirtin Gesundheit (VWA) und u. a. als Sachverständige an Sozialgerichten tätig.
Sie ist Dozentin für Pflegesachverständige und -berater, Unternehmensberaterin sowie Dozentin (SGB V, SGB XI, Heim- und Betreuungsrecht). Sie verfügt außerdem über langjährige Erfahrungen als examinierte Altenpflegerin, Pflegedienst- und Heimleitung.
»Wissen ist das eine – aber auf die richtige Handhabung kommt es an.«
JUTTA KÖNIG
pflegebrief
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Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
ISBN 978-3-89993-998-9 (Print)ISBN 978-3-8426-8987-9 (PDF)ISBN 978-3-8426-8988-6 (EPUB)
© 2019 Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Hans-Böckler-Allee 7, 30173 Hannover
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Titelbild: sodawhiskey - stock.adobe.comCovergestaltung und Reihenlayout: Lichten, Hamburg
Vorwort
1Häufige Fehler im Umgang mit dem MDK
1. Fehler:Der MDK entscheidet über Richtig und Falsch
2. Fehler:Dem MDK wird immer die Schuld gegeben
3. Fehler:Die Annahme, der MDK sei zur SIS® gut geschult
4. Fehler:Die Annahme, der MDK sei unfehlbar
2Das Strukturmodell – die Handhabung
5. Fehler:Das Strukturmodell wird wie ein Pflegemodell behandelt
6. Fehler:Das Strukturmodell wird als Musterdokumentation gesehen
7. Fehler:Annahme, das Strukturmodell sei eine Pflicht für alle Einrichtungen
8. Fehler:Keine Probleme, Ressourcen und Ziele in der SIS®
9. Fehler:Die Annahme, bei der SIS® gäbe es nur eine Meinung
10. Fehler:Trotz SIS® zu viel Dokumentation
11. Fehler:Aus sechs Schritten des Pflegeprozesses werden einfach nur vier
12. Fehler:In den Themenfeldern fehlt die wörtliche Rede
13. Fehler:Die Angehörigen kommen in der SIS® nicht zu Wort
14. Fehler:Die SIS®-Themenfelder werden falsch befüllt
15. Fehler:Die Annahme, SIS® brauche keine Biografiebögen
16. Fehler:Die Annahme, SIS® brauche immer Biografiebögen
17. Fehler:Man lässt sich für die SIS® zu viel Zeit
18. Fehler:Eine SIS® wird nicht aktualisiert
19. Fehler:In der Tagespflege dauert die SIS® länger
20. Fehler:Für Kurzzeitgäste gibt es keine SIS®
3SIS® – die häufigsten Fehler in der Handhabung der Themenfelder
3.1Fehler im Teil A – Stammdaten
21. Fehler:Nur die Fachkraft erstellt die SIS®
22. Fehler:Jede Fachkraft muss eine SIS® schreiben können
23. Fehler:Jede Fachkraft kann eine SIS® ausfüllen
3.2Fehler im Teil B – Eingangsfrage
24. Fehler:Die Eingangsfrage schreibt die Fachkraft, wenn der Klient nicht für sich sprechen kann
25. Fehler:Keine Antworten auf die Eingangsfragen
26. Fehler:Angaben werden vermeintlich richtigen Themenfeldern zugeordnet
27. Fehler:Die Leitfragen führen durch die Themenfelder
3.3Fehler im Teil C – Themenfelder
28. Fehler:Feststellungen der Pflegekraft kommen in die Themenfelder
29. Fehler:Themenfeld 1 muss alles an Kommunikation und Kognition beinhalten
30. Fehler:Risiken werden nicht im Themenfeld 2 erläutert, sondern nur in der Risikomatrix angekreuzt
31. Fehler:Freiheitseinschränkende Maßnahmen gehören immer in Themenfeld 2
32. Fehler:Diagnosen gehören in Themenfeld 3
33. Fehler:Behandlungspflege gehört in Themenfeld 3
34. Fehler:Umgang mit Wunden gehört in Themenfeld 3
35. Fehler:In Themenfeld 4 gehören nur Körperpflege, Ausscheidung und Ernährung
36. Fehler:Mangelernährung gehört in Themenfeld 4
37. Fehler:In Themenfeld 5 gehören nur soziale Beziehungen
38. Fehler:Beschäftigungsangebote gehören in Themenfeld 5
39. Fehler:In Themenfeld 6 stationär gehört das aktuelle Wohnumfeld
40. Fehler:In Themenfeld 6 ambulant gehört die Haushaltsführung
41. Fehler:In Themenfeld 6 Kurzzeitpflege gehört das Wohnumfeld
42. Fehler:In Themenfeld 6 Tagespflege gehört der Mittagsschlaf
4Fehler im Umgang mit der Risikomatrix
43. Fehler:Man muss nicht jedes Kreuz in der Matrix erklären
44. Fehler:Die Risikomatrix ist das Abbild der Expertenstandards
45. Fehler:Die Risikomatrix erspart die Risikoskalen
46. Fehler:Man braucht trotz Risikomatrix auch Risikoskalen
47. Fehler:Wenn »weitere Einschätzung notwendig« angekreuzt wird, muss man eine Skala nutzen
48. Fehler:Das Feld »Beratung« ist nur ambulant erforderlich
49. Fehler:Es reicht aus, »Beratung« in der Risikomatrix anzukreuzen
50. Fehler:Wer Beratung ankreuzt, muss ein Beratungsformular nutzen
51. Fehler:Die Risikomatrix wird nur von oben nach unten ausgefüllt
5Fehler im Umgang mit den Expertenstandards
52. Fehler:Bei Risiken wird mit Textbausteinen geabeitet
53. Fehler:Der Expertenstandard Erhaltung und Förderung der Mobilität wird nicht berücksichtigt
54. Fehler:Der Expertenstandard Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz hat mit den Themenfeldern nichts zu tun
55. Fehler:Ob eine Dekubitusgefahr besteht, kann man erst nach der ersten Nacht ankreuzen
56. Fehler:Wer sich im Bett nicht positionieren kann, wird als dekubitusgefährdet eingestuft
57. Fehler:Untergewichtige werden stets als dekubitusgefährdet eingestuft
58. Fehler:Annahme, alle Klienten seien sturzgefährdet
59. Fehler:Wer einen Rollator nutzt, ist als sturzgefährdet einzuschätzen
60. Fehler:Wer ein Bettgitter hat, ist nicht mehr sturzgefährdet – entsprechend wird »Nein« angekreuzt
61. Fehler:Wenn ein Klient gestürzt ist, wird die Risikomatrix neu angepasst
62. Fehler:Wenn sich nach dem Sturz nichts verändert, bleibt alles, wie es ist
63. Fehler:Das Kontinenzprofil ist bei Anwendung der SIS® nicht mehr maßgeblich
64. Fehler:Wer Inkontinenzmaterial trägt, erhält ein »Ja« in der Risikomatrix
65. Fehler:Bei Gabe von Schmerzmitteln erfolgt in der Risikomatrix ein Kreuz bei Schmerzen
66. Fehler:Bei Schmerzen reicht ein Kreuz in der Risikomatrix nicht aus – ein Assessment muss her
67. Fehler:Wer Hilfe beim Essen benötigt, hat ein Risiko bei Ernährung
68. Fehler:Ein niedriger BMI hat ein Kreuz bei Ernährung zur Folge
69. Fehler:Bei Trinkmengen unter einem Liter muss das Risiko Ernährung angekreuzt werden
70. Fehler:Die Spalte »Sonstiges« wird immer angekreuzt
71. Fehler:Die Spalte »Sonstiges« muss leer bleiben
6Fehler im Umgang mit der Evaluation
72. Fehler:Die SIS® wird nicht evaluiert
73. Fehler:Die SIS® wird regelmäßig evaluiert
74. Fehler:Es gibt keine Zeitvorgaben für die Evaluation
75. Fehler:Wer die SIS® schreibt, evaluiert sie auch
76. Fehler:Der Maßnahmenplan wird nicht evaluiert
77. Fehler:Der Pflegebericht wird nicht evaluiert
7Fehler im Umgang mit dem Maßnahmenplan, Ablaufplan oder der Tagesstruktur
78. Fehler:Der Maßnahmenplan hat ein bestimmtes Aussehen
79. Fehler:Die Begriffe »Maßnahmenplan« und »Tagesstruktur« meinen Unterschiedliches
80. Fehler:Der Maßnahmenplan wird erst später geschrieben
81. Fehler:Die Grundbotschaft ist eine Zusammenfassung der Probleme
82. Fehler:Tagesablauf/Maßnahmenplan werden präzise geschrieben
83. Fehler:Mehrfach anfallende Maßnahmen werden immer wieder in der Tagesstruktur erwähnt
84. Fehler:Der Ablaufplan listet nur Stichworte auf
85. Fehler:Behandlungspflege gehört nicht in die Maßnahmenplanung
86. Fehler:Behandlungspflege gehört immer in die Maßnahmenplanung
87. Fehler:Bei Mangelernährung wird stets hochkalorische Kost eingeplant
8Fehler im Umgang mit dem Pflegebericht
88. Fehler:Im Pflegebericht werden nur noch Abweichungen notiert
89. Fehler:Es werden nur negative Abweichungen notiert
90. Fehler:Es wird wochenlang nichts im Pflegebericht vermerkt
91. Fehler:Einmal die Woche wird standardmäßig etwas eingetragen
92. Fehler:Jeder weiß, was in den Pflegebericht gehört
93. Fehler:Informationen Dritter erscheinen nicht im Bericht
94. Fehler:In den Bericht schreiben nur Fachkräfte
95. Fehler:Im Pflegebericht fehlt die Uhrzeit
9Sonstige Fehler im Umgang mit dem Strukturmodell
96. Fehler:Die Betreuung muss Leistungsnachweise führen
97. Fehler:Für die ärztliche Kommunikation gibt es entsprechende Vordrucke
98. Fehler:Einzelnachweise werden nicht mehr benötigt
99. Fehler:Trink- und Ernährungsprotokolle werden stets weitergeführt werden
100. Fehler:Annahme, das Strukturmodell sei fertig
Literatur
Register
Das Strukturmodell ist, wie alle anderen Modelle, nicht abschließend beschrieben. Und so gibt es zum Strukturmodell und dem Umgang mit der SIS® so viele Meinungen wie Nutzer. Das Projektbüro EinSTEP, gegründet 2015 und für die zentrale Koordination und Steuerung rund um die Einführung des Strukturmodells verantwortlich, wird nicht aktiv weitergeführt: »Zum 1. November 2017 wurde die Verantwortung für das Projekt EinSTEP an die Trägerverbände der Pflege auf Bundesebene übergeben.«1 Alle Handlungsanleitungen sind geschrieben. Jetzt müssen die Leitungskräfte sehen, welchen Weg sie in der Umsetzung einschlagen.
Auch wenn es keine einheitliche Vorgehensweise geben kann, es gibt die immer gleichen Fehler im Umgang mit dem Strukturmodell und der Handhabung der SIS®, z. B.:
•die Risikomatrix und ihre sinnvolle Nutzung
•die Verbindung zwischen Risikomatrix und Expertenstandards
•die Tücken der Evaluation
Ich möchte Ihnen zeigen, wie Sie möglichst schnell und fehlerfrei mit dem Strukturmodell und der SIS® umgehen können.
Wiesbaden, im März 2019
Jutta König
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1https://www.ein-step.de/ueber-einstep/
Der MDK (= Medizinischer Dienst der Krankenversicherung) ist lediglich ein Ausführender, aber kein Gestaltender. Vergleichbar einer Politesse im Straßenverkehr, die die Gesetze nicht macht, auf deren Grundlage sie entscheidet.
Ob Sie falsch parken, entscheidet nicht die Politesse, sondern die Straßenverkehrsordnung. Wie hoch das Bußgeld ausfällt, legt nicht die Politesse fest, sondern der Bußgeldkatalog. Die Politesse ist allerdings die Person, die wir im Straßenverkehr wahrnehmen und der wir mehr Macht zugestehen als sie wirklich hat. Genauso verhält es sich mit dem MDK.
Der MDK macht die Regeln nicht. Er ist, wie oben beschrieben, ein Verrichtungsgehilfe, z. B. im System der Qualitätsprüfung.
Die Regeln zur Qualitätsprüfung, genau wie zur Begutachtung der Pflegebedürftigkeit, kommen von den gesetzlichen Krankenkassen und deren medizinischem Dienst, dem MDS (Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen).
Die Pflegekassen und der MDS haben die Richtlinienkompetenz, wie in § 17 SGB XI vom Gesetzgeber gewünscht: »Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen erlässt … unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen Richtlinien zur pflegefachlichen Konkretisierung der Inhalte des Begutachtungsinstruments nach § 15 sowie zum Verfahren der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach § 18 (Begutachtungs- Richtlinien).« Der MDK taucht hier nicht auf. Er hat andere Aufgaben. Er prüft entlang der Qualitätsprüfungs-Richtlinien (QPR) die Qualität von Einrichtungen und erstellt entlang der Begutachtungs-Richtlinien (BRi) Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit. In beiden Fällen werden den MDK-Mitarbeitern die Arbeitsgrundlagen vorgegeben. Der MDK-Mitarbeiter muss also bei der Qualitätsprüfung als Maßstab die Qualitätsprüfungs-Richtlinien heranziehen. Zwei Qualitätsprüfungs- Richtlinien gibt es:
1.für die stationäre Pflege
2.für die ambulante Pflege
Schauen wir uns kurz die Qualitätsprüfungs-Richtlinien für die stationäre Pflege an. Ihr voller Titel lautet: »Qualitätsprüfungs-Richtlinien für die vollstationäre Pflege (QPR vollstationär) -Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes über die Durchführung der Prüfung der in Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität nach § 114 SGB XI für die vollstationäre Pflege«. Die QPR wird ergänzt durch die sog. »Grundsätze für die Qualität, die Qualitätssicherung und -darstellung sowie für die Entwicklung eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagements nach § 113 SGB XI in der vollstationären Pflege« vom 23.11.2018. Diese regelt die Bewertungskriterien der Qualität.
In der QPR ist geregelt,
•was zu prüfen ist,
•wie die Prüfung abzulaufen hat,
•wie Pflegebedürftige ausgewählt werden,
•was der Prüfer fragen muss,
•wie bewertet wird etc.
In der QPR findet sich zu jeder Frage eine entsprechende Erläuterung. Der Prüfer entscheidet also nicht darüber, wie eine Frage bewertet wird. Für jede Prüffrage beim Pflegebedürftigen gibt es lediglich vier Bewertungsmöglichkeiten, die alle in der QPR2 erläutert werden:
1.keine Auffälligkeiten oder Defizite
2.Auffälligkeiten, die keine Risiken oder negativen Folgen für den Bewohner erwarten lassen
3.Defizit mit Risiko negativer Folgen für den Bewohner
4.Defizit mit eingetretenen negativen Folgen für den Bewohner
Info
Was ein Prüfer zu werten hat, findet sich im Erläuterungsteil der QPR. Für Sie heißt das: Erinnern Sie, wenn nötig, den Prüfer an seine Arbeitsgrundlage (die QPR). Erlauben Sie ihm keinesfalls, einfach irgendetwas zu prüfen.
Der Dokumentationswahnsinn der Vergangenheit mit seinem Pflegeplanungs- und Assessmentwahn sowie einer wahren Leistungsnachweisschlacht, war sicher auch zum Teil den MDK-Mitarbeitern geschuldet. Doch ist es falsch, wenn dem MDK immer die Schuld an derlei Auswüchsen gegeben wird. Hier ein Späßchen, in dem viel Wahrheit steckt:
1985: Die Pflegekraft bereitet einer Pflegebedürftigen das Frühstück. Sie dokumentiert nichts, es gibt noch keine flächendeckende Verpflichtung hierzu.
1986: Die Dokumentationspflicht wird eingeführt.
1990: Die Pflegekraft bereitet der Pflegebedürftigen nicht mehr nur ihr Frühstück. Sie dokumentiert zudem im Leistungsnachweis mit Handzeichen, dass sie das Frühstück gegeben hat und schreibt im Bericht: »Fr. M. hat gut gegessen.«
1995: Die Pflegeversicherung und die Qualitätsprüfungen werden eingeführt. Der MDK übernimmt die Rolle des »Ordnungshüters«. Die bisherige Dokumentation genügt nicht mehr.
1995: Die Pflegekraft bereitet einer Pflegebedürftigen das Frühstück. Sie dokumentiert im Leistungsnachweis mit Handzeichen, dass sie das Frühstück gegeben hat und schreibt im Bericht: »Fr. M. hat gut gegessen.«Der MDK-Mitarbeiter kommt erstmals ins Haus und kritisiert, der Eintrag sei nichtssagend: Was heißt »gut gegessen«? Stattdessen müsse die Pflegekraft z. B. schreiben: »Fr. M. hat zwei Scheiben Brot gegessen.«
2000: Wir entwickeln uns weiter und hören auf den MDK. Die folgsame Pflegekraft bereitet einer Pflegebedürftigen nicht nur das Frühstück. Sie dokumentiert im Leistungsnachweis mit Handzeichen, dass sie das Frühstück gegeben hat und schreibt im Bericht: »Fr. M. hat zwei Scheiben Brot gegessen.«Nun kommt ein anderer MDK-Prüfer und kritisiert, der Eintrag sei nicht individuell genug. Man sehe nicht, womit das Brot belegt war (Wurst oder Käse?). Schließlich sei individuell und handlungsleitend zu dokumentieren.
2005: Die Anpassung an den MDK nimmt neue Formen an: Die MDK-konforme Pflegekraft bereitet einer Pflegebedürftigen das Frühstück. Sie dokumentiert im Leistungsnachweis mit Handzeichen, dass sie das Frühstück gegeben hat und schreibt im Bericht: »Fr M. hat zwei Scheiben Brot gegessen, eine mit Wurst und eine mit Käse.«Der MDK-Prüfer kritisiert, der Eintrag sei noch immer nicht individuell genug: Man müsse auch die Biografie beachten! Wurst sei nicht gleich Wurst. Also: Mit welcher Wurst und welchem Käse wird das Brot belegt? Streichwurst oder Salami?
2010: Die Jahre gehen ins Land, wir glauben alle Prüfer zu kennen. Die folgsame Pflegekraft bereitet einer Pflegebedürftigen das Frühstück. Sie dokumentiert im Leistungsnachweis mit Handzeichen, dass sie das Frühstück gegeben hat und schreibt im Bericht: »Fr. M. hat zwei Scheiben Brot gegessen, eins mit Streichwurst und eins mit Goudakäse.«Der MDK-Prüfer und kritisiert, man sehe nicht, wie viele Kalorien diese Brote haben und schließlich sei Streichwurst nicht gleich Streichwurst, das alles ist zu ungenau.
2015: Die Entbürokratisierung der Pflegedokumentation läuft!Die folgsame Pflegekraft bereitet einer Pflegebedürftigen das Frühstück. Sie dokumentiert im Leistungsnachweis mit Handzeichen, dass sie das Frühstück gegeben hat und schreibt im Bericht: »Fr. M. hat zwei Scheiben Brot gegessen, eine mit Streichwurst Marke TEEWURST von Gutfreund und eine mit Mai-Goudakäse der Firma Anja, insgesamt 597 kcal.«Der geschulte MDK-Prüfer kritisiert, der Eintrag sei völlig unnötig, denn man sehe in der SIS®, was der Pflegebedürftige gerne esse und auch seine Essgewohnheiten. Das reiche vollkommen aus, es wäre kein weiterer Eintrag im Pflegebericht nötig und auch kein Leistungsnachweis. Schließlich gilt das »Immer-so-Prinzip«. Die Pflegekraft muss nichts mehr eintragen, außer die Pflegebedürftige esse nicht wie gewohnt.
2019: Wir haben gelernt, nicht mehr alles zu schreiben, sondern unserer Planung in Maßnahmen und der SIS® zu glauben. Die folgsame Pflegekraft bereitet einer Pflegebedürftigen das Frühstück und dokumentiert – nichts!Nun kommt ein MDK-Prüfer und meint: »Über Wochen nichts zu dokumentieren sei doch zu wenig, man müsse doch wenigstens …«
So oder so ähnlich haben viele Pflegekräfte in der Vergangenheit MDK-Prüfungen erlebt. Der eine Prüfer verlangte dieses, ein anderer jenes. Aber können wir wirklich dem MDK für diese Misere allein die Schuld geben? Nein! Schon 1889 schrieb Agnes Karll: »Will die Schwester nicht wie bisher Amboß sein, muß sie eiligst anfangen, Hammer zu werden und ihr Geschick nicht willenlos aus den Händen anderer zu nehmen, sondern es selbst zu gestalten.«
Hätten wir, wie von Agnes Karll vor 130 Jahren bereits gefordert, unsere Geschicke nicht willenlos in MDK-Prüferhände gegeben, sondern uns positioniert, hätten wir es von je her einfacher gehabt.
Tipp
Wenn ein MDK-Prüfer etwas fordert, haben Sie den Mut zu fragen: »Wo steht das?« Legen Sie sich die QPR mit ihren Anleitungen zu jeder Frage bereit. Steht die Anforderung nicht im Prüfkatalog, sollten Sie dem Prüfer nicht folgen. Im Zweifel handelt es sich nur um einen persönlichen Wunsch des Prüfers – und ein anderer Prüfer würde etwas völlig anderes verlangen.
»Um den Erfolg des Projektes zu unterstützen, hat der MDS in Seminaren 120 Multiplikatoren der MDK, des PKV-Prüfdienstes und der Heimaufsichtsbehörden der Bundesländer geschult. Die Multiplikatoren schulen alle Prüfer der MDK, sodass diese auf Qualitätsprüfungen in Pflegeinrichtungen mit der vereinfachten Pflegedokumentation gut vorbereitet sind.«3 Aber: Wenn man bundesweit nur 120 Multiplikatoren schult, bedeutet das, alle anderen Prüfer (also die übrigen rund 2800) sind nur aus zweiter Hand informiert.