20.000 Meilen unter dem Meer - Jules Verne - E-Book + Hörbuch

20.000 Meilen unter dem Meer E-Book und Hörbuch

Jules Verne.

4,8

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Beschreibung

Professor Aronnax und sein Diener Conseil machen sich auf die Suche nach dem unbekannten Seeungeheuer, das für zahlreiche rätselhafte Schiffsunglücke verantwortlich sein soll. Es stellt sich heraus, dass es sich bei dem Seeungeheuer um die „Nautilus“ handelt, das Unterseeboot des seltsamen Kapitäns Nemo. Der Professor und sein Diener verbringen eine Zeit auf dessen Schiff und erleben eine faszinierende Unterwasserwelt, aber auch Kämpfe mit Haien und Riesenkraken.

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Zeit:13 Std. 32 min

Sprecher:Karlheinz Gabor

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20.000

MEILEN

UNTER DEM

MEER

 

JULES VERNE

 

MIT DEN ILLUSTRATIONENDER ORIGINALAUSGABE

 

 

 

Mit den Illustrationen der französischen Originalausgabe des Verlages J. Hetzel & Cie.

 

Nach der deutschen Übersetzung des A. Hartleben’s Verlages (1874-1911) der neuen Rechtschreibung angepasst.

Leicht bearbeitet durch den Wunderkammer Verlag.

 

 

© 2013 Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Hamburg

 

Alle Rechte, auch das der fotomechanischen Wiedergabe (einschließlich Fotokopie) oder der Speicherung auf elektronischen Systemen, vorbehalten.

All rights reserved.

 

Titelabbildung: akg-images, Berlin Umschlag: Timon Schlichenmaier, Hamburg

E-Book Erstellung: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH

ISBN: 978-3-86820-952-5

 

www.nikol-verlag.de

ERSTER TEIL

Eine wandernde Klippe

ERSTES KAPITEL

Eine wandernde Klippe

E

in seltsames, unerhörtes Ereignis, eine unerklärliche Naturerscheinung, die sich im Jahr 1866 begab, ist ohne Zweifel noch unvergessen. Nicht nur die Einwohner der Hafenstädte wurden durch die Gerüchte beunruhigt, auch die Menschen des Hinterlandes, aber vor allem die Seeleute selbst gerieten in Aufregung. Kaufleute fund Reeder, Schiffsherren, Eigner und Kapitäne, in Europa und Amerika, Offiziere der Kriegsmarine aller Länder und auch die Staatsregierungen der beiden Weltteile brachten der Angelegenheit ein großes Interesse entgegen. Die Sache, um die es ging, war, dass seit einiger Zeit manche Schiffe auf hoher See einem ›riesigen Gegenstand‹ von länglicher, spindelförmiger Gestalt, der weitaus größer und schneller war als ein Walfisch und manchmal sogar phosphoreszierte, begegneten.

Die stets gleich lautenden Angaben zu dieser Erscheinung, wie sie in den Logbüchern der Schiffe verzeichnet wurden, betrafen die Gestalt des fraglichen Gegenstandes oder Geschöpfes, die unglaubliche Schnelligkeit desselben, die immense Kraft in dessen Bewegungen und die eigentümlichen Lebensgewohnheiten. Wenn es ein Tier war, das zur Gattung der gWale gehörte, so übertraf es in seinen Dimensionen alle, die von der Wissenschaft bisher entdeckt worden waren. Forscher wie Cuvier, Lacépède, Dumeril oder Quatrefages hätten alle mit Sicherheit die Existenz eines solchen Ungeheuers abgestritten, solange sie es nicht selbst mit eigenen Augen gesehen hätten.

Lassen wir die vorsichtigen Schätzungen, die diesem Gegenstand zweihundert Fuß beimaßen, beiseite, verwerfen die übertriebenen Angaben von der Breite einer und von der Länge dreier Meilen und halten uns an das Durchschnittliche der wiederholt gemachten Beobachtungen, so könnte man doch behaupten, dass dieses phänomenale Wesen – sofern es wirklich existierte – alle von den Ichthyologen bisher angenommenen Dimensionen bei weitem übertraf. Doch die Tatsache, dass es existierte, war nicht zu bestreiten. Und unter Berücksichtigung der menschlichen Vorliebe für alles Übernatürliche lässt sich die Aufregung, die dieses Ungeheuer auf der ganzen Welt auslöste, leicht nachvollziehen.

Tatsächlich war am 20. Juli 1866 die ›Governor Higginson‹, ein Dampfschiff der Calcutta and Burnach Steam Navigation Company, dieser schwimmenden Masse fünf Meilen vor der östlichen Küste Australiens begegnet. Kapitän Baker glaubte anfangs, eine noch nicht verzeichnete Klippe angetroffen zu haben und wollte gerade damit beginnen, die Lage derselben genau zu bestimmen, als von dem vermeintlichen Riff zwei Wasserfontänen 150 Fuß hoch in den Himmel spritzten. Es musste sich demnach entweder um eine jener Klippen handeln, von denen von Zeit zu Zeit Geysire dampfende Wasserstrahlen herausspritzten, oder aber um ein bislang unbekanntes Meeressäugetier, das durch seine Spritzlöcher Wasser in den Himmel ausstößt.

Ein ähnlicher Vorgang wurde am 23. Juli desselben Jahres auf der ›Christobal Colon‹, einem Schiff der West India Pacific Steam Navigation Company, im Pazifik beobachtet. Offenbar war dieses außergewöhnliche Meerestier dazu in der Lage, seinen Aufenthaltsort mit unglaublicher Schnelligkeit wechseln zu können, da es innerhalb von nur drei Tagen sowohl von der ›Governor Higginson‹ als auch von der ›Christobal Colon‹ an zwei verschiedenen Orten, die der Karte nach über 700 Seemeilen voneinander entfernt lagen, gesichtet worden war.

Vierzehn Tage später und 2.000 Seemeilen von der Stelle entfernt, als es zuletzt gesichtet worden war, signalisierten sich zur selben Zeit die beiden Schiffe ›Helvetia‹, von der Company Nationale, und ›Shannon‹, von der Royal Mail, die den Atlantik zwischen Europa und den Vereinigten Staaten von Amerika befuhren, das Objekt gegenseitig unter 42°15’ nördlicher Breite und 60°35’ westlicher Länge, gemessen vom Greenwich-Nullmeridian aus. Beide Beobachter veranschlagten die Länge des Tieres auf mindestens 350 englische Fuß (ungefähr 106 Meter). Im Vergleich dazu haben die größten Walfische, die in den Gewässern der Aleuten am häufigsten anzutreffen sind, eine maximale Länge von 150 Fuß erreicht. Schlag auf Schlag trafen nun neue Nachrichten ein und hinterließen bei den Menschen in aller Welt die tiefsten Eindrücke: So hatte man das Ungetüm von Bord der ›Pereira‹ aus gesichtet; außerdem hatte es den Weg der ›Etna‹ gekreuzt; die Offiziere der französischen Fregatte ›La Normandie‹ hatten es ebenfalls protokolliert, und auch der Kommodore Fitzjames, der sich an Bord der ›Lord Clyde‹ befand, hatte durch seine Offiziere eine sehr genaue Peilung des Objektes vornehmen lassen. Zwar scherzte man in den südlicheren Ländern, die allem gern eine heitere Sache abgewinnen möchten, über das Phänomen, doch in den bedächtigeren und pragmatischeren Ländern wie England, Amerika und Deutschland befasste man sich ernsthafter damit.

Überall in den großen Städten wurde das Ungeheuer zum Hauptgesprächsthema. Alle, die Besucher von Kaffees, die Journalisten und sogar die Menschen an den Theatern, machten ihre Späße darüber, und jede neue Nachricht in den Zeitungen war noch prächtiger, noch blumiger ausstaffiert als die vorhergehenden. In den Journalen wurden Abbildungen mit übertriebenen Phantasiebildern abgedruckt: vom weißen Wal der Nordmeere, dem schrecklichen ›Moby Dick‹, bis zum Riesenkraken, der mit seinen Fangarmen ein 500-Tonnen-Schiff umwickeln und in die Tiefe des Ozeans hinabziehen kann. Man zog sogar Angaben aus dem Altertum heran, insbesondere Aristoteles und Plinius, welche die Existenz solcher Ungeheuer schon damals bestätigten. Auch wurde auf Berichte des norwegischen Bischofs Pontoppidan, auf Erzählungen Paul Heggedes und schließlich sogar auf die Mitteilungen Harringtons, dessen Aufrichtigkeit unanfechtbar ist, hingewiesen. Letzterer hatte behauptet, im Jahr 1857 an Bord der ›Castillan‹ jene Riesenseeschlange gesehen zu haben.

In der Folge wurden in den Gelehrtenclubs und in den wissenschaftlichen Journalen endlose Debatten zwischen den Leichtgläubigen und den Zweiflern geführt. Alle Gemüter erhitzten sich an der Frage nach der Echtheit des Ungeheuers. Manche Journalisten, die sich der Meinung der Naturwissenschaftler angeschlossen hatten, griffen ihre schöngeistigen Kollegen an. Beide Seiten vergossen in diesem eigentümlichen Feldzuge tonnenweise Tinte, manche sogar ein paar Tropfen Blut, denn über das Seeungeheuer gelangte man bald zu den heftigsten persönlichen Angriffen.

Dieser Kampf ging sechs Monate lang hin und her. Mit unermüdlichem Fleiß reagierten die Mitarbeiter der Provinzzeitungen auf die umfangreichen Artikel der bedeutendsten Institute, so z. B. des Geographischen Instituts von Brasilien, der Königlichen Akademie der Wissenschaften in Berlin, der Britischen Gesellschaft, des Smithsonian Institutes in Washington, des Indian Archipelago, des Cosmos des Abbe Moigno und die Mitteilungen Petermanns. Schlagfertige Schreiberlinge zitierten Linnes berühmte Worte: „Die Natur macht keine Sprünge!“ und beschworen damit zugleich ihre Zeitgenossen, die Natur nicht Lügen zu strafen und die Existenz von Kraken, Seeschlangen, weißen Walen und ähnliche Seemannsgarn-Geschichten anzuzweifeln. Schließlich verfasste der beliebteste Journalist eines sehr gefürchteten satirischen Journals einen letzten, zusammenfassenden Artikel zu der ganzen Angelegenheit mit dem Ungeheuer. Wie ein moderner Hippolyt erstach er das Fabelwesen mit seiner spitzen Feder, so dass es unter allgemein schallendem Gelächter verendete. Vorerst trug damit der geistreiche Journalismus über die Wissenschaft den Sieg davon.

Während der ersten Monate des Jahres 1867 ereigneten sich keine neuen Vorfälle mehr und es schien nicht so, als ob das Objekt jemals wieder auftauchen würde. Doch plötzlich gelangten neue Berichte an die Öffentlichkeit. Jetzt ging es nicht mehr um die Lösung eines wissenschaftlichen Problems. Man sah sich einer realen und ernsthaften Gefahr ausgesetzt. Das Problem wurde konkret, denn das Ungeheuer erschien nun wieder in Form von Inselchen, Felsen oder Klippen, die aber jeweils ihre Position änderten.

Am 5. März 1867 nachts prallte die ›Moravian‹ von der Montreal Ocean Company unter 27°30’ nördlicher Breite und 72°15’ westlicher Länge gegen einen Felsen, der an dieser Stelle auf keiner Seekarte verzeichnet war. Nur durch die robuste Beschaffenheit des Rumpfes und die Schnelligkeit der durch 400 Pferdestärken angetriebenen Maschine entging das Schiff mit seinen 237 Passagieren an Bord mit knapper Not dem Untergang.

Dieser Vorfall ereignete sich im frühen Morgengrauen. Sofort wurde die Meeresoberfläche genauestens untersucht. Doch es war nichts zu sehen außer einer starken Strömung im Kielwasser, die etwa drei Schiffslängen weit reichte. Ob die ›Moravian‹ tatsächlich mit einem Felsen zusammengestoßen war, war nicht festzustellen. Aber als man das Schiff später im Trockendeck untersuchte, fand sich, dass der Kiel teilweise beschädigt war. Dieses bedeutsame Ereignis wäre vielleicht in Vergessenheit geraten, wenn sich nicht drei Wochen später ein ähnlicher Vorfall unter den gleichen Bedingungen wiederholt hätte. Doch diesmal erregte der Vorfall das größte Aufsehen, handelte es sich doch um ein Schiff einer renommierten Gesellschaft, das unter der Flagge einer bedeutenden Nationalität fuhr.

Das betroffene Schiff gehörte dem berühmten englischen Reeder Cunard, der bereits im Jahr 1840 eine Postschifffahrtslinie zwischen Liverpool und Halifax ins Leben gerufen hatte. Cunard begann mit drei einfachen, hölzernen Schiffen, deren Maschinen jeweils mit vierhundert Pferdestärken angetrieben wurden und deren Gewicht 1.162 Tonnen aufwies. Mit den wachsenden Geschäftsverbindungen vergrößerte sich diese Flotte im Laufe der Zeit, besonders im Jahr 1853 kamen einige Schiffe der oberen Handelsklasse hinzu, darunter die ›Arabia‹, die ›Persia‹, die ›China‹, die ›Scotia‹, die ›Java‹ und schließlich die ›Russia‹. Im Jahr 1867 gehörten zu der Flotte des Reeders insgesamt zwölf Schiffe, worunter sich vier Schraubendampfer befanden.

Das Unternehmen wurde mit größtem Geschick geleitet, die Geschäfte waren mit bestem Erfolg gekrönt. In den 26 Jahren, in denen die Schiffe des Reeders Cunard das Atlantische Meer kreuzten, gab es bei den 2.000 Fahrten nicht eine einzige, die missglückte. Nie kam es zu Verspätungen, nie ging ein Brief, ein Mensch oder gar ein ganzes Schiff verloren. Deshalb erregte auch der Unfall, der einem der besten Schiffe der Flotte widerfuhr, so großes Aufsehen.

Am 13. April 1867 befand sich die ›Scotia‹ unter 15°12’ westlicher Länge und 45°37’ nördlicher Breite. Die See war ruhig und es herrschte eine schwache Brise. Das Schiff fuhr mit einer Geschwindigkeit von dreizehn Knoten über das Meer. Abends, als die Passagiere im großen Salon ihren Lunch einnahmen, gab es einen kleinen, aber spürbaren Stoß. Die ›Scotia‹ schien aber nirgendwo aufgelaufen, sondern vielmehr gerammt worden zu sein, und zwar nicht von einem stumpfen, sondern eher einem schneidenden oder bohrenden Gegenstand. Die Menschen an Bord hatten den Stoß kaum wahrgenommen, wurden dadurch auch kaum beunruhigt, bis plötzlich die Matrosen, die im unteren Schiffsraum arbeiteten, auf das Deck stürzten und schrien: „Wir sinken!“

Im Nu gerieten die Passagiere in große Angst. Doch Kapitän Anderson konnte sie sofort beruhigen. Und tatsächlich konnte die Gefahr nicht allzu bedeutend sein, da die ›Scotia‹ mit sieben Schotten ausgestattet war. Ein Wassereinbruch an einer einzigen Stelle konnte dem Schiff so leicht nichts anhaben. Sofort begab sich der Kapitän in den unteren Schiffsraum und stellte fest, dass in das fünfte Schott Wasser eindrang, und zwar durch ein ziemlich großes Leck. Zum Glück befand sich in diesem Schiffsraum nicht die Maschine, ansonsten wären die Feuer in den Kesseln sofort erloschen.

Sofort ließ der Kapitän die Maschinen stoppen. Ein Matrose tauchte ab, um den Schaden zu begutachten. Bei der Untersuchung stellte sich heraus, dass in der Schiffswand ein zwei Meter breites Loch war. Aus diesem Grund ließ der Kapitän das Schiff nur noch mit halber Geschwindigkeit weiterfahren, so dass es mit einer Verspätung von drei Tagen in Liverpool ankam.

Bei der Instandsetzung im Trockendock fand sich ein gleichmäßiger Riss in Form eines gleichschenkligen Dreiecks. Das zerstörte Eisen bewies eindeutig, dass es mit einem außergewöhnlich harten Material kollidiert sein musste. Außerdem war der Gegenstand nicht nur mit enormer Gewalt eingedrungen, sondern er hatte sich durch eigene Bewegungen auch in unerklärlicher Weise wieder herausgezogen.

Das seltsame Ereignis versetzte die Öffentlichkeit in erneute, noch lebhaftere Betroffenheit. Von nun an wurden alle Unfälle auf dem Meer, deren Ursache nicht zu erklären war, dem Ungeheuer zugeschrieben. Fortan musste das phantastische Tier für alle derartigen Schiffbrüche als Sündenbock herhalten. Und da sich nun die Klage erhob – ob zu Recht oder zu Unrecht – dass der Schiffsverkehr auf das Gefährlichste beeinträchtigt sei, verlangte die Öffentlichkeit entschieden, die Meere um jeden Preis von dem fürchterlichen Ungetüm zu befreien.

Für und Wider

ZWEITES KAPITEL

Für und Wider

I

n dieser ereignisreichen Zeit kehrte ich gerade von einer wissenschaftlichen Untersuchungsreise aus Nebraska in die Vereinigten Staaten zurück, an der ich als Professor am Naturhistorischen Museum von Paris im Auftrag der französischen Regierung teilgenommen hatte. Nach 6-monatigem Aufenthalt in Nebraska kam ich Ende März mit kostbaren Sammlungen in New York an, meine Weiterreise nach Frankreich war auf Anfang Mai festgelegt. Den Zwischenaufenthalt wollte ich nutzen, meine mineralogischen, botanischen und zoologischen Schätze zu ordnen, als der Unfall mit der ›Scotia‹ geschah.

Ich war über die Ereignisse vollständig informiert, hatte alle amerikanischen und europäischen Zeitungen mehrfach gelesen und trotzdem keine Klarheit erlangt. Das Geheimnisvolle bereitete mir Kopfzerbrechen. Ich schwankte bei der Unmöglichkeit, mir eine Meinung zu bilden, von einem Extrem zum anderen. Die Tatsache, dass etwas Seltsames geschehen war, konnte nicht mehr bezweifelt werden, nur die Skeptiker stritten dies ab.

Bei meiner Ankunft in New York stand die Ungewissheit im Mittelpunkt. Die Hypothese von einer schwimmenden Insel, einer unerreichbaren Klippe, die von einigen urteilsunfähigen Phantasten aufgestellt wurde, war bereits aufgegeben, da diese, sofern eine solche Klippe keine Maschine im Inneren hatte, nicht so schnell den Standort hätte wechseln können.

Ebenfalls wurde der Gedanke an einen dahintreibenden Schiffsrumpf auf Grund des schnellen Ortswechsels aufgegeben.

Übrig blieben also noch zwei mögliche Lösungen der Frage, die beide Anhänger fanden: Die einen hielten den Gegenstand für ein Ungeheuer von gigantischer Kraft, die anderen für ein unterseeisches Fahrzeug von außerordentlicher Beweglichkeit.

An der letzten Annahme, obwohl berechtigt, konnte nach den in beiden Weltteilen angestellten Untersuchungen nicht festgehalten werden, da unwahrscheinlich war, dass eine einzelne Person eine derart komplizierte technische Maschine zur Verfügung habe und deren Fertigung geheim geblieben wäre. Nur eine Regierung könnte im Besitz einer solchen Zerstörungsmaschine sein. In dieser bedrohlichen Zeit, in der ein Staat sich dazu entscheidet, die Macht der Kriegswaffen zu verstärken, war es möglich, dass dieser ohne Wissen des anderen mit einer solchen furchtbaren Maschine ein Experiment machte. Auf die Chassepots folgten die Torpedos, auf die Torpedos die unterseeischen Sturmböcke usw.

Diese Idee einer Kriegsmaschine musste nach den Erklärungen der Regierungen auch fallen gelassen werden. An der Ehrlichkeit der Proteste der Regierungen konnte nicht gezweifelt werden, da einerseits ein allgemeines öffentliches Interesse am reibungslosen Überseeverkehr bestand, andererseits war anzunehmen, dass der Bau eines solchen unterseeischen Rüstungsfahrzeuges ausspioniert worden und damit nicht verborgen geblieben wäre. Unter diesen Umständen ein solches Geheimnis zu bewahren, wäre schon für einen einzelnen Menschen schwer, aber für einen Staat, dessen Handlungen von den rivalisierenden Mächten dauernd überwacht werden, vollends unmöglich. Dementsprechend wurde die Vermutung über ein unterseeisches Panzerschiff nach den in England, Frankreich, Russland, Preußen, Spanien, Italien, Amerika, selbst in der Türkei angestellten Nachforschungen definitiv aufgegeben.

Ungeachtet der unablässigen Späße der Presse bekam die Meinung, dass es sich um ein ›Ungeheuer‹ handelte, Priorität und auf diesem Wege ließ sich die Phantasie bald zu den lächerlichsten Träumen einer phantastischen Ichthyologie verleiten.

Bei meiner Ankunft in New York wurde ich wiederholt um meine Meinung über die besagte Erscheinung befragt. Ich hatte zuvor in Frankreich ein zweibändiges Werk unter dem Titel: ›Die Geheimnisse der Tiefsee‹, herausgegeben, das besonders bei Fachleuten weltweit Anerkennung fand und aus mir einen Spezialisten in diesem noch ziemlich unklaren Teil der Naturwissenschaft machte. Meine gutachterliche Stellungnahme war gefragt. Ich verhielt mich ablehnend, wurde aber bald aufs Äußerste gedrängt, mich kategorisch zu erklären. Im ›New York Herald‹ wurde der ›ehrenwerte Pierre Aronnax, Professor am Museum zu Paris‹, öffentlich aufgefordert, eine Ansicht über das fragliche Objekt zu formulieren.

Ich machte mich an die Arbeit, denn ich konnte nicht mehr schweigen, und erörterte die Frage von der politischen und wissenschaftlichen Seite. Nachfolgend ein Auszug meines sehr umfangreichen Artikels, den ich am 30. April 1867 veröffentlichte:

›Nachdem ich der Reihe nach die verschiedenen Hypothesen einer Prüfung unterzogen habe, muss jede andere Annahme verworfen und unumgänglich die Existenz eines Seetieres von außerordentlicher Kraft angenommen werden.

Die großen Tiefen des Ozeans sind nicht mit Sonden erreichbar und uns völlig unbekannt. Was geht in diesen Tiefen vor? Was für Geschöpfe leben zwölf oder fünfzehn Meilen unter der Meeresoberfläche oder können sie dort überhaupt leben? Wie sind diese Tiere organisiert? Darüber kann kaum eine Vermutung angestellt werden. Jedoch stellt die Lösung des mir vorgelegten Problemseinen Konflikt dar: Entweder kennen wir alle verschiedenen Gattungen von Lebewesen, welche unseren Planeten bevölkern, oder wir kennen sie nicht.

Wenn wir sie nicht alle kennen, wenn die Natur in der Ichthyologie noch Dinge enthält, die für uns Geheimnisse sind, so darf man auch die Existenz von Fischen oder Seesäugetieren, neuer Arten oder selbst Gattungen von einer ihnen eigentümlichen Entwicklung annehmen, die die von Messgeräten unerreichbaren tieferen Schichten der Meere bewohnen und durch unbekannte Ereignisse von Zeit zu Zeit zur Oberfläche der Ozeane heraufgeführt werden.

Kennen wir dagegen alle lebenden Gattungen, so muss sich das fragliche Tier unter den bereits bekannten Lebewesen befinden und in diesem Fall wäre ich geneigt, die Existenz eines Riesen-Narwals anzunehmen.

Der gemeine Narwal, auch Meeres-Einhorn genannt, erreicht oft eine Länge von 60 Fuß. Würde diese Dimension fünffach, selbst zehnfach mit einer seiner Größe entsprechenden Kraft sowie Verstärkung seiner Angriffswaffen angenommen, so könnte es das vorausgesetzte Ungeheuer geben, welches imstande wäre, die Scotia anzubohren und den Rumpf eines Dampfbootes zu beschädigen.

Tatsächlich hat der Narwal zur Verteidigung einen so genannten Degen aus Elfenbein, eine Hellebarde, wie einige Naturforscher diesen bezeichnen. Es handelt sich dabei um einen mit der Härte von Stahl vergleichbaren Hauptzahn. Solche Zähne wurden in Körpern von Walfischen gefunden, die dem Narwal bei Kämpfen unterlegen sind. Andere sind aus Schiffskielen gezogen worden, die sich durchgebohrt hatten. Im Museum der Medizinischen Fakultät in Paris wird ein solcher Stoßzahn ausgestellt, der 2,25 Meter lang und an seiner Basis 48 Zentimeter stark ist!

Nun! Nehmen wir an, dass diese Waffe zehnmal so stark ist, das Tier zehnmal kräftiger sei, mit einer Geschwindigkeit von 20 Meilen in der Stunde schwimmt und seine Masse mit seiner Geschwindigkeit multipliziert wird, so haben wir einen Stoß, der eine Katastrophe, wie die vorgestellte, hervorbringen kann.

Demzufolge, solange es keine weiteren Informationen gibt, möchte ich meine Vermutung auf ein Meeres-Einhorn von gewaltigen Dimensionen richten, das anstatt mit einer Hellebarde mit einem Sporn bewaffnet ist, so wie damit Panzerfregatten ausgerüstet sind und denen es an Umfang und Bewegungskraft gleichkäme. So könnte das rätselhafte Phänomen seine Erklärung finden – aber auch nichts daran sein, trotz allem, was gesehen und vermutet wurde, einer Halluzination erliegend, was auch möglich ist!‹

Meine letzten Worte zeugten von Feigheit, denn ich wollte bis auf einen gewissen Grad meine Professorenwürde wahren, von den Amerikanern nicht ausgelacht werden und mir eine Hintertür offen halten. Insgeheim war ich bereits von der Existenz des ›Ungeheuers‹ überzeugt.

Mein Artikel wurde heiß diskutiert, fand großen Beifall und gewann viele Anhänger. Meine vorgeschlagene Lösung ließ auch der Phantasie freien Raum. Die menschliche Vorstellungskraft ist unermesslich, vor allem bei derlei großartigen Begriffen übernatürlicher Wesen.

Das Meer ist dabei das dienlichste Element, der einzige Ort, wo solche Riesen – neben denen Elefanten und Rhinozerosse als Zwerge erscheinen – entstehen und sich entwickeln können! Die Weiten der Ozeane enthalten die größten Gattungen bekannter Seesäugetiere und bergen vielleicht in ihren Tiefen noch mancherlei Mollusken und Schalentiere von schrecklichem Aussehen. In der Urzeit lebten Landtiere, Vierfüßler, Reptilien und Vögel riesigen Ausmaßes. Warum sollte nicht das Meer, das unverändert geblieben ist, in seinen unbekannten Tiefen noch solche Giganten eines früheren Zeitalters aufbewahrt haben? Warum sollte es nicht in seinen Unergründlichkeiten die letzten Arten dieser Riesengattungen bergen?

Doch ist die schreckliche Wirklichkeit eine andere als die der Phantasie. Die Öffentlichkeit hatte sich damals in Bezug auf das Phänomen ohne Widerspruch für die Existenz eines geisterhaften Riesentieres entschieden.

Die einen erkannten nur eine wissenschaftliche Aufgabe darin, aber die anderen, mehr positiven Geister in Amerika und England, wollten das Meer von dem furchtbaren Ungeheuer befreien, um die sichere Übersee-Schifffahrt zu gewährleisten. Die Zeitungen von Industrie und Handel befassten sich hauptsächlich mit diesem Gesichtspunkt, Versicherungsgesellschaften drohten mit Beitragserhöhungen und viele Zeitungsverlage waren sich darüber einig.

Nachdem die öffentliche Meinung bekannt war, reagierten die Vereinigten Staaten zuerst darauf. In New York wurde eine Expedition zur Verfolgung des Narwals vorbereitet, die schnellste Fregatte ›Abraham Lincoln‹ unter dem Befehl von Kommandant Farragut instand gesetzt und ausgerüstet, um unverzüglich in See stechen zu können.

Und genau zu diesem Zeitpunkt, da der Entschluss feststand, das Ungeheuer zu verfolgen, wurde es nicht mehr gesichtet. Zwei Monate lang wurde es nicht mehr gesehen und es sprach niemand darüber. Die Vermutung lag nahe, dass das Einhorn von einem gegen ihn gerichteten Anschlag Bescheid bekommen habe. Es war sehr viel, auch über das transatlantische Kabel, darüber gesprochen worden. Man scherzte, der schlaue Fuchs habe einige Telegramme abgefangen und kenne deren Inhalt.

Während nun die Fregatte für eine weite Fahrt gerüstet und mit den besten Fanggeräten ausgestattet war, wusste man nicht, wohin man das Schiff schicken sollte.

Endlich berichtete ein Dampfer von der San-Francisco-Shanghai-Linie, er habe das Tier drei Wochen zuvor in den nördlichen Gewässern des Stillen Ozeans gesichtet.

Es entstand eine unbeschreibliche Aufregung. Kommandant Farragut erhielt den Auftrag, in weniger als 24 Stunden auf hoher See zu sein. Die Vorräte waren aber bereits eingeschifft, Kohlen im Überfluss geladen, die Besatzung vollzählig an Bord. Es mussten nur die Kessel geheizt werden und das Schiff konnte ablegen. Selbst einen halben Tag Verzögerung hätte man ihm nicht nachgesehen, doch war der Kommandant selbst voller Tatendrang.

Drei Stunden vor Abfahrt der ›Abraham Lincoln‹ von Brooklyn erhielt ich folgendes amtliche Schreiben:

 

 

›Herrn Aronnax,

Professor am Museum in Paris,

zurzeit 5. Avenue Hotel, New York

 

Sehr geehrter Herr Professor Aronnax!

Falls Sie beabsichtigen, sich der Expedition der Abraham Lincoln anzuschließen, wäre die Regierung der Vereinigten Staaten erfreut, wenn Sie die Interessen Frankreichs bei diesem Unternehmen vertreten würden. Kommandant Farragut hält eine Kabine zu Ihrer Verfügung bereit.

Hochachtungsvoll

J. B. Hobson Sekretär der Marine‹

Wie es meinem Herrn beliebt

DRITTES KAPITEL

Wie es meinem Herrn beliebt

D

rei Sekunden, bevor ich den Brief von J. B. Hobson erhielt, dachte ich ebenso wenig daran, das Einhorn zu verfolgen wie die Nord-west-Passage zu nehmen. Und drei Sekunden, nachdem ich den Brief des Marinesekretärs gelesen hatte, begriff ich, dass meine wahre Berufung, das einzige Ziel meines Lebens, darin bestehe, das böse Ungeheuer zu jagen und die Welt von diesem zu befreien.

Eigentlich kam ich gerade von einer mühevollen Reise, war erschöpft und sehnte mich nach Ruhe. Ich freute mich darauf, meine Heimat wiederzusehen, meine Freunde, meine kleine Wohnung im ›Jardin des Plantes‹, meine teuren und kostbaren Sammlungen! Aber nichts konnte mich zurückhalten. Ich vergaß alles, Ermüdung, Freunde, Sammlungen, und nahm ohne weitere Bedenken die Einladung der amerikanischen Regierung an.

›Im Übrigen‹, dachte ich, ›führt jeder Weg nach Europa zurück und das Einhorn wird wohl so freundlich sein, mich nach den Küsten Frankreichs zu lenken! Dieses Untier wird sich in den Gewässern Europas – zu meinem persönlichen Vergnügen – fangen lassen und ich bringe dem Naturhistorischen Museum nicht weniger als einen halben Meter von seiner Elfenbein-Hellebarde mit.‹

»Conseil!«, rief ich ungeduldig.

Conseil war mein Diener. Ein treuer Bursche, der mich auf allen meinen Reisen begleitete, ein gehorsamer Flame, den ich gern hatte und der mir manches nachsah. Von Natur aus phlegmatisch, aus Gewohnheit dienstbeflissen ließ er sich durch überraschende Geschehnisse im Leben wenig beirren, war mit geschickten Händen zu jeder Arbeit geeignet und gab niemals Ratschläge, auch keine erbetenen.

Durch seine Bekanntschaft mit den Wissenschaftlern unserer kleinen Welt im ›Jardin des Plantes‹ hatte sich Conseil eine gewisse Bildung erworben. Ich hatte in ihm einen Spezialisten, der sehr bewandert in der naturhistorischen Klassifikation mit der Geschicklichkeit eines Seiltänzers die ganze Stufenleiter der Verzweigungen, Stämme, Klassen, Unterklassen, Ordnungen, Familien, Gattungen, Untergattungen und Arten kannte. Aber hier war auch die Grenze seines Wissens. Klassifizieren war sein Spezialgebiet, mehr verstand er nicht. Da er mehr in der Theorie der Klassifikation als in der Praxis erfahren war, hätte er, glaube ich, einen Pottwal nicht von einem gewöhnlichen Wal unterscheiden können! Und doch, er war ein zuverlässiger, tüchtiger Junge!

Conseil begleitete mich seit zehn Jahren überallhin, wohin mich die Wissenschaft lenkte. Nie hörte man von ihm Bemerkungen wegen langer Dauer oder Beschwerden einer Reise. Er zeigte nie Widerstand, wenn er für eine Reise zu packen hatte, in ein Land, so fern es auch sein mochte, China oder Kongo. Er ging da wie dorthin, ohne weiter zu fragen und war von bester Gesundheit, trotzte allen Krankheiten, hatte starke Muskeln und absolut keine Nerven – in übertragenem Sinne, versteht sich.

Er war 30 Jahre alt und meine 40 Lebensjahre gebe ich nur ungern zu.

Nur einen Fehler hatte Conseil: er war entsetzlich förmlich, sprach mit mir nur in der dritten Person.

»Conseil!«, rief ich abermals, während ich mit fieberhafter Eile meine Vorbereitungen zur Abreise traf.

Ich konnte mich auf diesen ergebenen Jungen verlassen. Meistens fragte ich ihn nicht, ob er mich auf meinen Reisen begleiten wolle, aber diesmal handelte es sich um eine Expedition, die sehr langwierig und vor allem gefährlich werden konnte, da ein Tier gejagt werden würde, das fähig war, eine Fregatte wie eine Nussschale zu zertrümmern! Hier war vieles zu bedenken, selbst für einen Menschen, den nichts in der Welt in Verlegenheit brachte! Was würde wohl Conseil dazu sagen?

»Conseil!«, rief ich zum dritten Mal.

»Mein Herr ruft mich?«, sprach er im Eintreten.

»Ja, mein Junge. Mach dich fertig und hilf mir, meine Sachen zu packen. In zwei Stunden reisen wir ab.«

»Wie es meinem Herrn beliebt«, erwiderte Conseil, ohne eine Miene zu verziehen.

»Es ist keine Zeit zu verlieren. Packe in meinen Koffer all meine Reisegeräte, Hosen, Hemden, Strümpfe, so viele du nur kannst, und beeile dich!«

»Und des Herrn Sammlungen?«, bemerkte Conseil.

»Um diese wird man sich kümmern.«

»Wie? Die Archiotherium, Hyracotherium, Oreodon, die Cheropotamus und andere Gerippe?«

»Man wird sie im Hotel aufheben.«

»Und der lebende Babirussa?«

»Man wird ihn in meiner Abwesenheit füttern. Im Übrigen werde ich die Beförderung unserer Tiere nach Frankreich in Auftrag geben.«

»Wir kehren also nicht zurück nach Paris?«, fragte Conseil.

»Doch ... Gewiss ...«, erwiderte ich ausweichend, »aber auf einem Umweg.«

»Wie es meinem Herrn beliebt.«

»Oh! Es macht wenig aus! Ein nicht ganz direkter Weg, das ist alles. Wir fahren mit auf der Abraham Lincoln.«

»Wie es meinem Herrn beliebt«, versetzte Conseil ruhig.

»Du weißt, lieber Freund, es handelt sich um das Ungeheuer ... den grandiosen Narwal ... Wir werden die Meere von ihm befreien ...! Ich als Verfasser eines Werkes in zwei Bänden über die Geheimnisse der großen unterseeischen Tiefen kann nicht anders, als mit Kommandant Farragut in See zu stechen. Ein ehrenvoller, aber auch ein gefährlicher Auftrag! Man weiß nicht, wohin er uns führen wird! Diese Tiere können unberechenbar sein! Aber trotzdem fahren wir! Unser Kommandant hat den Kopf auf der rechten Stelle ...«

»Was mein Herr tut, das tue ich auch«, erwiderte Conseil.

»Dann merk dir das, denn ich will dir nichts verschweigen: es ist eine Reise, von der nicht jeder wieder heimkommt!«

»Wie es meinem Herrn gefällt.«

Nach einer Viertelstunde waren unsere Koffer fertig gepackt. Conseil tat dies mit einer Geschwindigkeit und Routine und ich war sicher, dass nichts fehlte, denn der Junge verstand Hemden und Hosen ebenso gut zu ordnen wie Vögel und Säugetiere. Wir gingen ins Erdgeschoss, wo ich meine Rechnung an der Rezeption bezahlte und den Auftrag erteilte, meine Kisten mit den ausgenommenen Tieren und getrockneten Pflanzen nach Paris zu schicken. Für die Pflege des Babirussa hinterlegte ich eine ausreichende Summe. Daraufhin stieg ich mit Conseil in eine Kutsche, die uns für zwanzig Franc über den Broadway, die Fourth Avenue und die Katrin-Street zum 34. Pier fuhr. Dort nahm uns eine Fähre samt Wagen und Pferden auf, brachte uns nach Brooklyn, dem großen Stadtviertel von New York am linken Ufer des östlichen Flusses, wo wir nach einigen Minuten am Kai ankamen, an dem die ›Abraham Lincoln‹ aus ihren zwei Schloten dicke schwarze Säulen aufstiegen ließ.

Unser Gepäck wurde unverzüglich an Deck der Fregatte gebracht, ich eilte an Bord und fragte nach Kommandant Farragut. Ein Matrose führte mich aufs Vorderdeck zu einem stattlichen Offizier, der mir die Hand entgegenreichte.

»Monsieur Pierre Aronnax?«, fragte er.

»Der bin ich. Kommandant Farragut?«

»In Person. Seien Sie willkommen, Herr Professor. Ihre Kabine steht zur Verfügung.« Ich grüßte, ließ den Kommandanten seiner Beschäftigung nachgehen und folgte einem Begleiter in die für mich bestimmte Kabine.

Die ›Abraham Lincoln‹ war für diese Reise vortrefflich gewählt und ausgerüstet. Es war eine schnell segelnde Fregatte mit einer Maschine, die die Dampfkraft bis auf sieben Atmosphären steigern konnte. Damit hatte sie eine durchschnittliche Geschwindigkeit von über 18 Meilen pro Stunde, doch mit dem Tempo des gigantischen Ungeheuers konnte sie nicht konkurrieren.

Die Inneneinrichtung der Fregatte entsprach ihrer schiffstechnischen Ausrüstung. Ich war mit meiner Kabine sehr zufrieden, sie befand sich im Heck neben der Offiziersmesse.

Ich überließ es Conseil, unsere Koffer auszupacken und begab mich wieder aufs Deck, um den Vorbereitungen zur Abfahrt zuzusehen.

In diesem Augenblick ließ Kommandant Farragut die letzten Taue lösen, die die ›Abraham Lincoln‹ noch an den Pier fesselten. Nur eine Viertelstunde Verspätung – und die Fregatte wäre ohne mich ausgelaufen, so dass ich diese außerordentliche, übernatürliche und unwahrscheinliche Expedition verfehlt hätte, deren wahrheitsgetreuer Schilderung vermutlich einige Ungläubige misstrauen werden.

Kommandant Farragut wollte keinen Tag, keine Stunde verlieren, um auf das Meer zu kommen, wo das Tier aufgespürt worden war. Er ließ seinen Ingenieur kommen.

»Haben wir gehörig Dampf?«, fragte er ihn.

»Ja, Herr Kapitän«, erwiderte der Ingenieur.

»Go ahead!«, rief Kommandant Farragut.

Auf diesen Befehl hin, der mittels eines Druckluft-Apparates zum Maschinenraum übertragen wurde, setzten die Arbeiter an der Maschine das Rad in Bewegung. Der Dampf drang zischend in die Behälter, die horizontal angebrachten langen Kolben dröhnten und trieben die Stangen der Welle an. Mit zunehmender Geschwindigkeit wurden durch die Schiffsschraube Wellen erzeugt und die ›Abraham Lincoln‹ bewegte sich majestätisch durch das Hafenbecken, inmitten von hundert oder mehr Fähren und Tendern voller Zuschauer, die ihr das Geleit gaben.

Die Kais von Brooklyn und der ganze Stadtteil von New York, der an das östliche Ufer stößt, wimmelten von Neugierigen. Tausende von Taschentüchern wurden über der dichten Menge geschwenkt, begrüßten die ›Abraham Lincoln‹, bis sie an der Spitze der langen Halbinsel von New York die Gewässer des Hudson erreichte.

Von dort fuhr die Fregatte von New Jersey an den wunderschönen, rechts gelegenen, mit Landhäusern bebauten Ufern des Flusses zwischen den Forts durch, die mit ihren größten Kanonen salutierten. Die ›Abraham Lincoln‹ erwiderte den Gruß durch dreimaliges Hissen der amerikanischen Flagge, die mit ihren neununddreißig glänzenden Sternen am Hintermast befestigt war. Daraufhin änderte sie ihren Kurs und fuhr in die durch Baken gekennzeichnete schmale Fahrrinne der Lower Bay. Am Sandy Hook, der gekrümmten Landzunge, die die Bucht umschließt, standen noch einmal Tausende von Zuschauern und winkten uns letzte Abschiedsgrüße zu.

Die Boote und Tender geleiteten die Fregatte bis auf die Höhe des Leuchtbootes, dessen zwei Feuer die Einfahrt in die Meerenge von New York markieren.

Punkt drei Uhr ging der Lotse von Bord, stieg in sein Begleitboot und fuhr zu dem kleinen Schoner, der ihn erwartete. Die Feuer wurden geschürt, die Schraube schlug mit steigender Geschwindigkeit die Wellen und die Fregatte fuhr nun längs der gelbfarbenen flachen Küste von Long Island entlang. Um acht Uhr abends, nachdem die Feuer von Fire Island nordwestlich nicht mehr auszumachen waren, lief sie mit voller Kraft in die dunklen Gewässer des Atlantischen Ozeans.

Ned Land

VIERTES KAPITEL

Ned Land

K

ommandant Farragut war ein tüchtiger Seemann und seiner Fregatte würdig. Er fühlte sich seelisch mit seinem Schiff verbunden. Über die Existenz des Seeungeheuers hegte er nicht den mindesten Zweifel und er gestattete auch nicht, dass an Bord seines Schiffes über diese diskutiert wurde. Er begründete dies nicht aus Vernunft, sondern er glaubte daran. Das Ungeheuer existierte und er hatte geschworen, die Meere von ihm zu befreien. Entweder Kommandant Farragut würde den Narwal töten oder der Narwal den Kommandanten. Etwas anderes gab es nicht.

Die Offiziere an Bord teilten seine Ansicht. Sie diskutierten die verschiedensten möglichen Fälle bei einem Zusammentreffen und beobachteten das weite Meer. Mancher, der sonst einen solchen Dienst gehasst hätte, übernahm freiwillig eine Wache auf dem Mast. Solange die Sonne am Himmel stand, waren die Masten voll Matrosen, da sie sich auf Deck nicht auf ihren Plätzen halten konnten und ihnen die Fußsohlen brannten. Und doch befand sich die ›Abraham Lincoln‹ noch lange nicht in den verdächtigen Gewässern des Stillen Ozeans.

Die Mannschaft war höchst gespannt, das Einhorn aufzuspüren, die Harpune zu werfen, es an Bord zu ziehen und zu zerlegen. Die Männer beobachteten mit sorgfältiger Aufmerksamkeit die Meeresoberfläche. Außerdem hatte Kommandant Farragut demjenigen die Summe von 2.000 Dollar versprochen – Schiffsjunge, Matrose oder Offizier –, der das Tier als Erster entdeckte. Daher war es umso verständlicher, dass sich an Bord des Dampfers alle die Augen aus dem Kopf starrten!

Wie bereits erwähnt, hatte Kommandant Farragut sein Schiff gut mit Werkzeugen bestückt und alle Vorkehrungen getroffen, um das Riesentier zu töten. Wir waren im Besitz aller bekannten Waffen, von der mit der Hand zu werfenden Harpune bis hin zu explodierenden Kugeln.

Auf dem Vordersteven befand sich eine hochmoderne Kanone mit Hinterlader, starker Mündung und schmalem Durchmesser, deren Modell erst auf der nächsten Weltausstellung vorgestellt werden sollte. Diese hervorragende Waffe amerikanischer Herstellung schleuderte leicht ein kegelförmiges Geschoss mit einem Gewicht von vier Kilogramm bis zu 16 Kilometer weit.

Es fehlte also der ›Abraham Lincoln‹ nicht an tödlichen Waffen – aber sie besaß noch mehr: Ned Land, den König der Harpuniere.

Ned Land war ein Kanadier mit seltener Geschicklichkeit, die seinesgleichen in diesem gefährlichen Handwerk suchte. Er besaß Gewandtheit und Kaltblütigkeit, Kühnheit und List in besonders hohem Grad, und ein Wal musste schon recht tückisch, ein Pottwal besonders listig sein, um seiner Harpune zu entkommen.

Ned Land war etwa 40 Jahre alt, sehr groß, über sechs englische Fuß (über zwei Meter), von kräftiger Gestalt und ernster Miene, wenig gesprächig und konnte sehr wütend werden, wenn man ihn reizte. Seine Erscheinung erregte Aufmerksamkeit, wie auch sein energischer Blick, der seine Züge besonders hervorhob.

Kommandant Farragut hatte eine weise Entscheidung getroffen, diesen Mann für sein Schiff zu gewinnen. Er alleine wog mit seinen Fähigkeiten die ganze Mannschaft auf. Ich könnte ihn am besten mit einem starken Teleskop vergleichen, das gleichzeitig als Kanone stets schussbereit wäre.

Kanadier sind Franzosen, und so wenig redselig Ned Land auch war, zeigte er doch mir gegenüber eine gewisse Anhänglichkeit. Zweifellos war meine Nationalität der Grund dazu. Wir unterhielten uns in der alten Sprache des Rabelais, die in einigen Gegenden Kanadas noch gesprochen wird. Ned fing an, über seine Abenteuer in den Polarmeeren zu erzählen und ich hörte ihm gerne zu. Er sprach mit schlichter Poesie von seinem Fischfang und den dabei stattfindenden Kämpfen, trug dies sehr ausführlich vor und ich glaubte manchmal einen kanadischen Homer zu hören.

Ich schildere diesen kühnen Gesellen so, wie ich ihn gegenwärtig erlebe. Wir sind alte Freunde geworden, verbunden durch die unerschütterliche Sympathie, die in den schrecklichsten Lebenslagen entsteht und aneinander fesselt! Guter Ned! Ich möchte noch hundert Jahre leben, um mich noch recht lange an dich zu erinnern!

Was aber war Ned Lands Meinung zum Seeungeheuer? Er glaubte nicht so recht an das Einhorn, auch teilte er nicht die allgemeine Ansicht, die an Bord herrschte. Er vermied jedes Gespräch darüber, so dass ich versucht war, ihm seine Anschauung zu entlocken.

An einem schönen Abend des 30. Juli, drei Wochen nach unserer Abfahrt, fuhr die Fregatte auf der Höhe des Kap Blanco, 30 Meilen vor der patagonischen Küste. Wir befanden uns bereits über dem Wendekreis des Sternzeichens Steinbock hinaus und die Magellanische Enge war noch knapp 700 Meilen in südlicher Richtung voraus. Die ›Abraham Lincoln‹ benötigte noch knapp acht Tage, um im Stillen Ozean zu kreuzen.

Ned Land und ich saßen auf dem Hinterdeck und plauderten über dieses und jenes, indem wir auf das geheimnisvolle Meer hinausschauten, dessen Tiefen bis jetzt den Blicken der Menschen unzugänglich waren. Ich kam ganz nebenbei auf das Riesen-Einhorn zu sprechen und prüfte die verschiedenen Aussichten unseres Unternehmens auf Erfolg oder Misserfolg. Dann, als Ned mich reden ließ, ohne darauf zu antworten, setzte ich ihm direkter zu.

»Wie ist es, Ned«, fragte ich, »wie ist es nur möglich, dass Sie von der Existenz des Tieres, das wir verfolgen, nicht überzeugt sind? Haben Sie denn besondere Gründe, so skeptisch zu sein?«

Der Harpunier sah mich erst eine Weile an, bevor er mir antwortete, schlug sich dann mit einer ihm eigentümlichen Handbewegung auf seine große Stirn, schloss die Augen, als wolle er sich sammeln, und sagte endlich:

»Vielleicht ja, Monsieur Aronnax.«

»Aber Sie, ein Walfänger, der mit den großen Meeressäugetieren vertraut ist, dessen Einbildungskraft leicht die Hypothese von enormen Meerestieren gelten lassen kann, Sie sollten der Letzte sein, der an solchen Dingen zweifelt!«

»Gerade darin irren Sie, Herr Professor«, erwiderte Ned. »Mögen die meisten an außerordentliche Kometen glauben, die ihre Bahnen ziehen, oder an das Dasein urzeitlicher Ungeheuer, die im Inneren der Erde leben, das wäre noch verständlich, aber weder der Astronom noch der Geologe lassen solche Hirngespinste gelten. Ebenso wenig der Walfänger. Ich habe manche Meerestiere verfolgt, viele harpuniert, eine Menge davon erlegt, aber so stark und so gut sie auch bewaffnet waren, weder mit den Schwänzen noch mit den Zähnen hätten sie den Eisenplatten eines Dampfers etwas anhaben können.«

»Doch man hat Schiffe untersucht, Ned, die der Narwal mit seinem Zahn völlig durchbohrt hat.«

»Hölzerne, wohl möglich«, erwiderte der Kanadier, »aber gesehen habe ich solche nie. Also, bis mir das Gegenteil bewiesen wird, leugne ich, dass Einhörner, Glatt- oder Pottwale solch eine Wirkung verursachen können.«

»Hören Sie mich an, Ned ...«

»Nein, Herr Professor, nein. Alles was Sie wollen, nur dies nicht. Ein Riesenpolyp vielleicht ...?«

»Noch weniger, Ned. Der Polyp ist nur eine Molluske, von wenig festem Fleisch, wie schon dieser Name andeutet. Wäre ein Polyp – der nicht zu den Wirbeltieren gehört – auch 500 Fuß lang, so wäre er doch völlig ungefährlich für solche Schiffe wie die Scotia oder die Abraham Lincoln. So müssen also die Heldentaten der Kraken und der anderen Ungeheuer dieser Art ins Reich der Fabeln verbannt werden.«

»Also, Herr Professor der Naturwissenschaften«, fuhr Ned Land mit etwas schelmischem Ton fort, »Sie halten also an der Annahme fest, dass ein enormes Meeressäugetier existiert...?«

»Ja, Ned, ich wiederhole es mit einer Überzeugung, die sich auf die Logik der Tatsachen stützt. Ich glaube an die Existenz eines stark organisierten Meeressäugetiers aus der Gattung der Wirbeltiere wie dem Delphin, dem Glatt- oder dem Pottwal, das eine Horn-Waffe mit äußerster Kraft besitzt.«

»Hm!«, sagte der Harpunier, und schüttelte den Kopf wie ein Mann, der sich nicht überzeugen lassen will.

»Ich gebe Ihnen zu bedenken«, fuhr ich fort, »sollte ein solches Tier existieren, die Tiefen des Ozeans bewohnen, die sehr viele Meilen betragen, muss es einen Organismus haben, dessen Festigkeit über alle Vorstellungen hinausgeht.«

»Und weshalb einen solch starken Organismus?«, fragte Ned.

»Weil eine unberechenbare Kraft nötig ist, um sich in den tiefen Schichten aufzuhalten und dem Druck dieser zu widerstehen.«

»Wirklich?«, fragte Ned und sah mich blinzelnd an.

»Wirklich, und einige Zahlen werden es leicht beweisen.«

»Oh! Zahlen!«, antwortete Ned. »Zahlen kann man manipulieren!«

»Bei Geschäften, Ned, aber nicht in der Mathematik. Passen Sie auf: Nehmen wir an, dass der Druck einer Atmosphäre gleich dem einer Wassersäule von 32 Fuß Höhe ist. In Wirklichkeit wäre die Wassersäule nicht so hoch, aber salziges Meerwasser ist dichter als Süßwasser. Nun, Ned, wenn Sie untertauchen, muss Ihr Körper, sobald er sich in 32 Fuß Tiefe befindet, ebenso viel Druck wie dem der Atmosphäre aushalten, nämlich ein Kilogramm auf jeden Quadratzentimeter seiner Oberfläche. Daraus folgt, dass in 320 Fuß Tiefe dieser Druck zehn Atmosphären entspricht und 100 Atmosphären bei 3.200 Fuß Tiefe, 1.000 Atmosphären bei 32.000 Fuß Tiefe. Das würde bedeuten, wenn Sie bis in eine solche Tiefe gelangen könnten, dass jeder Quadratzentimeter Ihrer Körperoberfläche einem Druck von 1.000 Kilogramm ausgesetzt ist. Nun, wissen Sie, lieber Ned, wie viel Quadratzentimeter Oberfläche Ihr Körper hat?«

»Ich habe keine Ahnung, Monsieur Aronnax.«

»Ungefähr 17.000.«

»So viel?«

»Realistisch beträgt der atmosphärische Druck etwas mehr als ein Kilogramm auf den Quadratzentimeter, so haben Ihre 17.000 Quadratzentimeter in diesem Augenblick einem Druck von 17.568 Kilogramm standzuhalten.«

»Ohne dass ich es merke?«

»Ja, ohne es wahrzunehmen. Dass Sie nicht von einem solchen Druck zerquetscht werden, kommt daher, dass die Luft im Inneren Ihres Körpers den gleichen Druck ausübt. Es entsteht daher ein vollständiges Gleichgewicht des inneren wie äußeren Druckes, die sich gegenseitig aufheben und Sie es leicht aushalten und nichts davon merken. Im Wasser aber ist es anders.«

»Ja, ich begreife«, erwiderte Ned Land, der aufmerksamer geworden war, »weil das Wasser mich umgibt, aber mich nicht ebenso durchdringt.«

»Richtig, Ned. Also bei 32 Fuß unter der Meeresoberfläche hätten Sie einen Druck von 17.568 Kilogramm auszuhalten; bei 320 Fuß den zehnfachen Druck, nämlich 175.680 Kilogramm; bei 3.200 Fuß das Hundertfache, also 1.756.800 Kilogramm; bei 32.000 Fuß nunmehr den tausendfachen Druck, demnach 17.568.000 Kilogramm, d. h. Sie würden platt gedrückt wie unter einer hydraulischen Presse!«

»Teufel!«, sagte Ned.

»Wenn sich nun Wirbeltiere von einigen hundert Metern Länge und einem entsprechenden Umfang in solchen Tiefen aufhalten können und ihre Oberfläche Millionen Zentimeter beträgt, so ist der Druck, welchen sie aushalten können, auf Milliarden Kilogramm anzuschlagen. Nun rechnen Sie aus, wie groß die Widerstandskraft ihres Knochenbaus und die Stärke ihres Organismus’ sein müssen, um einem solchen Druck Widerstand zu leisten!«

»Sie müssen wohl«, versetzte Ned Land, »mit acht Zoll dickem Eisenblech beschlagen sein wie Panzerfregatten.«

»So ist es, Ned, und nun bedenken Sie, was ein solches Tier mit seiner Masse und Schnelligkeit wie ein Eilzug gegenüber einem Schiffsrumpf für eine Zerstörung anrichten kann.«

»Ja ... wirklich ... vielleicht«, erwiderte der Kanadier, der durch diese Ziffern zwar verunsichert worden war, sich jedoch noch nicht ergeben wollte.

»Nun, habe ich Sie überzeugt?«

»Sie haben, mich davon überzeugt, Herr Professor der Naturwissenschaften, dass, falls auf dem Grund des Meeres solche Tiere existieren, sie unbedingt so stark sein müssen, wie Sie sagten.«

»Aber wenn sie nicht existieren, starrköpfiger Harpunier, wie erklären Sie sich dann den Unfall der Scotia?«

»Weil... es nicht wahr ist!«, erwiderte der Kanadier, indem er unwissentlich die Antwort, die der berühmte Arago gab, wiederholte.

Aber diese Meinung bewies doch nur die Hartnäckigkeit des Harpuniers. Damals drängte ich ihn nicht weiter. Der Unfall der ›Scotia‹ war nicht zu leugnen. Das Loch war so groß, dass das Schiff repariert werden musste, und ich glaube nicht, dass das Vorhandensein eines Loches entschiedener bewiesen werden kann. Dieses Loch aber ist nicht von selbst entstanden, und da es nicht von Felsen oder Maschinen unter dem Meer hervorgerufen worden war, so war es unumgänglich der durchbohrenden Waffe eines Tieres zuzuschreiben.

Meiner Ansicht nach und aus allen vorher angeführten Gründen gehörte nun dieses Tier dem Stamm der Wirbeltiere an, zur Klasse der Säugetiere, der Gruppe der Fischförmigen, und endlich zur Ordnung der Wale. Die Frage, zu welcher Familie es gehörte, ob Glattwal, Pottwal oder Delphin, wäre später zu beantworten. Denn um diese zu lösen, müsste man das unbekannte Ungeheuer erst zerlegen; um es zu zerlegen, es fangen; um es zu fangen, die Harpune werfen; dazu müsste man es sehen – was der Mannschaft zufiele; dafür aber müsste man ihm begegnen, eine Sache des Zufalles.

Auf gut Glück!

FÜNFTES KAPITEL

Auf gut Glück!

D

ie Fahrt der ›Abraham Lincoln‹ war ruhig und es gab lange Zeit keine Zwischenfälle. Doch gab es eine Gelegenheit, bei der die beachtliche Geschicklichkeit Ned Lands zeigte, welches Vertrauen man in ihn setzen konnte.

Auf hoher See, in der Nähe der Falkland-Inseln, begegnete die Fregatte am 30. Juni amerikanischen Walfängern, die keine Informationen über den Narwal geben konnten. Als aber deren Kapitän Monroe erfuhr, dass Ned Land sich an Bord der ›Abraham Lincoln‹ befand, so bat er um dessen Hilfe bei der Jagd auf einen Wal, der in Sicht war. Kommandant Farragut, den es freute, Ned Land bei seiner Arbeit zuzusehen, gab ihm die Erlaubnis, an Bord des Walfängers zu gehen. Und unserem Kanadier war es gelungen, dass er anstatt eines Wales mit einem Doppelwurf gleich zwei harpunierte, indem er den einen ins Herz traf, den anderen nach kurzer Jagd erlegte!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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