>500 Entscheidungen am Tag - Johanna L. Degen - E-Book

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Johanna L. Degen

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Beschreibung

Johanna L. Degen zeigt in ihrem Beitrag am Beispiel von Online­Dating­Portalen, wie hier durch ein neues Medium und eine technisch unterstützte Praxis eine veränderte Form des Aushandelns von Entscheidungsspielräumen entsteht. Die Psychologin beschreibt, wie Nutzerinnen und Nutzer solcher Plattformen beides erleben: Einschränkungen und Limitationen von Handlungsoptionen, aber eben auch das Gegenteil: Handlungsmöglichkeiten und Entscheidungskompetenz.

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Inhalt

Johanna L. Degen> 500 Entscheidungen am Tag Online-Dating zwischen transzendentaler Hoffnung, programmatischer Enttäuschung und bedingter Verbindlichkeit

Die Autorin

Impressum

Johanna L. Degen> 500 Entscheidungen am Tag Online-Dating zwischen transzendentaler Hoffnung, programmatischer Enttäuschung und bedingter Verbindlichkeit

Eine neue Dating-Praxis: Parallelität, Try-on-Logik und Low Investment

Das Finden eines Partners war einst mediiert durch das direkte soziale Umfeld wie Familie, Peers und Institutionen wie der Kirche. Diese Vermittlerrolle hat sich im Laufe der Zeit verändert, es gibt sie als Heiratsvermittler vor Ort mit Büro beziehungsweise Agentur, als Zeitungsannoncen, später als Online-Agenturen und zurzeit als das vorherrschende mobile Online-Dating. Die Logik der jeweiligen Vermittlungsfunktion ist dabei spezifisch. Bei Online-Agenturen werden vor allem viele Informationen über die Personen, zum Beispiel mit psychologischen Fragebögen, zusammengetragen und wird eine dementsprechend am besten passende PartnerIn als passende Option vorgeschlagen. Das Prinzip der detaillierten Information ändert sich allerdings beim mobilen Online-Dating. Hier werden, basierend auf wenigen Kriterien – Geschlecht, Alter, sexuelle Orientierung –, alle Personen im Radius zwischen einem und maximal 140 Kilometern als PartnerInnen vorgeschlagen, als viele verfügbare Optionen.

Beim mobilen Online-Dating bedarf es schwerpunktmäßig eines Profilfotos, einem Nicknamen, obligatorisch dem Alter und Geschlecht sowie Angaben zur sexuellen Orientierung. Optional können bis zu acht weitere Fotos und ein Profiltext von bis zu 500 Zeichen zugefügt, eine Verlinkung zu Spotify und/oder Instagram eingerichtet sowie Angaben zum Beruf und der Ausbildung gemacht werden. Entsprechend der Sucheinstellung in Bezug auf Alter, Geschlecht und sexuelle Orientierung werden dann der Reihe nach mögliche PartnerInnen vorgeschlagen. Die Entscheidung über Gefallen oder Nichtgefallen wird schwerpunktmäßig anhand des ersten Bildes getroffen, weitere Bilder und der Profiltext werden zunächst hintangestellt. Das Profilbild füllt dabei in der Darstellung der Applikation den größten Teil des Bildschirms aus. Die Entscheidung wird durch eine Wischbewegung eines Fingers durchgeführt – rechts wischen, also swipen, heißt hot, und links wischen bedeutet Nichtgefallen, not. Mögen sich beide, swipen also zwei Personen nach rechts, entsteht ein Match und damit die Möglichkeit, miteinander zu chatten. Die habituelle Logik ist dabei eine rhythmische Wischpraxis, bei der Hunderte Entscheidungen aneinandergereiht werden: »Ich swipe dann alle erst mal auf ja und schaue später, wer mich gematcht hat, lese dann das Profil, lösche die wieder, oder schreibe was Kurzes und warte, ob die antworten« 1 (Nutzer, 34). Um zum nächsten Vorschlag zu gelangen, ist die Bewertung des aktuell vorgeschlagenen Profils erforderlich. Das bedeutet, der nächste Vorschlag kommt nur, wenn NutzerInnen eine nicht revidierbare Entscheidung getroffen haben, ein Blättern wie im Katalog ist nicht möglich.