15,99 €
Das Gleichgewicht zu halten, sowohl den eigenen Körper als auch andere Körper in ungewöhnlichen Lagen, Haltungen und Situationen zu balancieren, ist das Charakteristische und Faszinierende der Partnerakrobatik sowie des Menschenbilder- und Pyramidenbaus. Erstmals werden durch das vorliegende Buch Grundlagen des akrobatischen Trainings aufgezeigt: gezieltes Aufwärmen, sinnvoller Trainings- und Übungsaufbau, Hilfestellungen, Techniken des Hebens und Stemmens etc. Gemäß ihrer Bewegungsstruktur werden die akrobatischen Figuren in vier Basistechniken eingeteilt und anschaulich in Wort und Bild dargestellt. Aus diesen leicht zu erlernenden Techniken ergeben sich vielfältige Variationsmöglichkeiten, die gemeinsam die Grundlage des Menschenbilder- und Pyramidenbaus bilden. Zur Kunstform wird die Akrobatik allerdings erst, wenn bereits erarbeitete Figuren unter gestalterischen Gesichtspunkten verändert, neu zusammengefügt oder aber mit einem Thema versehen in Szene gesetzt werden. Diese unterschiedlichen Möglichkeiten werden am Schluss des Buches beschrieben.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 109
Akrobatik
Training · Technik · Inszenierung
Mein besonderer Dank gilt…
Stjerneakrobaterne
Ingrid Bähr (Oskar) und Anne Lykke Skovgaard für die vielen schönen Zeichnungen
Professor emeritus Dr. Manfred Polzin von der Universität Bremen für die wissenschaftliche Betreuung des Buches
Multisupporter: Irene Blume
Århus Kunstmuseum AroS für die Bereitstellung von Raum und Skulptur www.aros.dk
der Frauenakrobatikgruppe „Frueflæsk & Bøffer” für die Bereitstellung der Fotos auf den Seiten 160, 174 und 200
Michael Blume
AKROBATIK
Training · Technik · Inszenierung
Meyer & Meyer Verlag
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit haben wir uns entschlossen, durchgängig diemännliche (neutrale) Anredeform zu nutzen, die selbstverständlich dieweibliche mit einschließt.
Das vorliegende Buch wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch erfolgen alle Angabenohne Gewähr. Weder die Autoren noch der Verlag können für eventuelleNachteile oder Schäden, die aus den im Buch vorgestellten Informationen resultieren,Haftung übernehmen.
Akrobatik Training · Technik · Inszenierung
Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Details sind im Internet über<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie dasRecht der Übersetzungen, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form –durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren – ohne schriftliche Genehmigungdes Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet,gespeichert, vervielfältigt oder verbreitet werden.
© 1995 by Meyer & Meyer Verlag, Aachen5., überarbeitete Auflage 20107. Auflage 2017Adelaide, Auckland, Budapest, Cape Town, Graz, Indianapolis,Maidenhead, Olten (CH), Singapore, TorontoMember of the World Sport Publishers’ Association (WSPA)ISBN 9783840325397www.dersportverlag.deE-Mail: [email protected]
Inhalt
Vorwort zur fünften überarbeiteten Neuauflage
Einleitung
Akrobatik damals und heute
1 Die Elemente der Akrobatik
Gleichgewichtsfähigkeit
Kraft
Beweglichkeit
Körpergefühl
Haltung
Körperspannung
Vertrauen
2 Trainingsgrundlagen
Aufwärmen
Zum Aufbau eines Aufwärmprogramms
Techniktraining
Techniklernen
Zur Bewegungsvorstellung
Der motorische Lernprozess
Einige Hinweise zur Gestaltung des Techniktrainings
Belastungen der Gelenke
Belastungen der Wirbelsäule
Richtiges Heben
Richtiges Tragen
Schlussfolgerungen
Belastungen der Handgelenke
Helfen und Sichern
3 Techniken und Figuren der Akrobatik
Solotechniken
Partnerübungen zur Balance
Partnerübungen zur Körperspannung
Basistechniken
Begriffserläuterungen
Griffe
Der Stuhl
Der Flieger
Der Schulterstand
Das Übereinanderstehen
Variationen der Basistechniken
Variationen des Stuhls
Variationen des Fliegers
Variationen des Schulterstands
Variationen des Übereinanderstehens
Clowneske Techniken
Verschiedene Hebefiguren
Pyramiden- und Menschenbilderbau
Grundsätzliches zum Bau von Pyramiden und Menschenbildern
Die Flächenpyramiden
Die Bankpyramiden
Die Galionspyramiden
Die Kreispyramiden
Ein Beispiel für eine Kreuzpyramide
Menschenbilderbau
4 Inszenierung
Zur Darstellung
Die ästhetische Darstellung
Die clowneske Darstellung
Das Bewegungstheater
Tanz und Akrobatik
Zur Gestaltung
Die Gestaltungsprozesse
Gestalten einer Bewegungskomposition
Gestalten durch Experimentieren
Gestalten durch Improvisieren
Schlusswort
Anhang
Literatur
Bildnachweis
Vorwort zur siebten Auflage
Auch nach einer gründlichen und kritischen Durchsicht des Buches lässt sich feststellen, dass der Inhalt an Aktualität nichts eingebüßt hat. Deshalb waren nur ein paar kurze Ergänzungen notwendig, um das Buch auf den aktuellen Stand zu bringen. Was sich verändert hat, ist der performative Charakter der Akrobatik. Die Kostüme sind fantasievoller geworden, Licht, Ton und Raum werden effektvoller genutzt, die neueste Bühnentechnik angewendet, aber die akrobatischen Grundtechniken und das Training haben sich nicht verändert.
Möge die Akrobatik in Zeiten zunehmender Körperkontaktlosigkeit niemals an Bedeutung verlieren. Ich hoffe, dass die Neuauflage dazu beiträgt.
Michael Blume
Einleitung
Akrobatik! Ein Begriff, bei dem uns sofort Bilder aus dem Zirkus in den Sinn kommen: Schöne, durchtrainierte Körper vollführen mit spielerischer Leichtigkeit halsbrecherische Kunststücke, die beim Zuschauer Bewunderung und Staunen hervorrufen. Gesetze der Schwerkraft werden scheinbar aufgehoben, man ist fasziniert von den Möglichkeiten, wie der menschliche Körper in den vielfältigsten Arten auf kleinsten Unterlagen balanciert werden kann. Akrobatik ist Zirkuskunst, unerreichbar und gefährlich.
Gegen diesen Mythos gilt es anzugehen. Grundsätzlich kann erst einmal jeder Mensch bei der Akrobatik mitmachen. Es gibt keinen Grund, warum man sich nicht an dieser Bewegungskunst ausprobieren soll. Das Gleichgewicht gemeinsam aufs Spiel zu setzen, die Schwerkraft herauszufordern und menschliche Figuren zu bauen, macht Spaß und ist gar nicht so schwer.
Damit wurde nun schon ein erster Hinweis gegeben, um welchen Bereich der Akrobatik es sich in diesem Buch handelt: um Boden- bzw. Partnerakrobatik, genauer gesagt, um die Equilibristik. Sie umfasst einfache Figuren für zwei Personen bis hin zu Pyramiden und Menschenbildern mit 12 und mehr Teilnehmern. Es sollen menschliche Bauwerke ohne den Einsatz von Hilfsmitteln geschaffen werden.
Die Kunst der Equilibristik besteht darin, Gleichgewicht zu halten, sowohl den eigenen Körper als auch andere Körper in verschiedenen Lagen, Haltungen und Situationen zu balancieren. Das Eigentümliche der Akrobatik, worauf auch ihr darstellerischer Charakter beruht, liegt in dem Ungewöhnlichen der gemeinsamen Bewegung: aufeinander, übereinander, umeinander. Man bewegt sich nicht wie immer und wie alle, sondern ganz anders.
Abb. 1: Man bewegt sich nicht wie immer und alle, sondern ganz anders.
Die Grundlagen für diese Kunst des Gleichgewichthaltens sollen hier aufgezeigt und dargestellt werden. Die Art und Weise, wie balanciert, wie in verschiedenen Körperstellungen gehoben, getragen und gestemmt werden kann, lässt sich anhand der Techniken im akrobatischen Training erarbeiten. Zur besseren Aneignung dieser Techniken sind wiederum bestimmte körperliche und psychische Eigenschaften wichtig, die hier als die Elemente der Akrobatik beschrieben werden.
Das akrobatische Training verlangt eine gute körperliche und mentale Vorbereitung. Deshalb soll zunächst über ein funktionelles akrobatikspezifisches Aufwärmen nachgedacht werden, bevor im Einzelnen auf den Lernvorgang beim Techniklernen eingegangen wird. Im Mittelpunkt des Trainings steht dann die Aneignung und Optimierung der jeweiligen Bewegungsfertigkeiten.
Gemäß ihrer Bewegungsstruktur werden die akrobatischen Figuren in vier Basistechniken eingeteilt und anschaulich in Wort und Bild dargestellt. Aus diesen leicht zu erlernenden Techniken ergeben sich vielfältige Variationsmöglichkeiten, die als Grundlage für den Pyramiden- und Menschenbilderbau dienen. Ferner setzt das Spiel mit dem Gleichgewicht anatomische und biomechanische Kenntnisse über richtiges Heben und Stemmen sowie über Gelenkbelastungen voraus, da teilweise verhältnismäßig große Kräfte und Lasten auf den Körper einwirken.
Zur Kunstform wird die Akrobatik allerdings erst, wenn bereits erarbeitete Figuren unter gestalterischen Gesichtspunkten verändert, neu zusammengefügt oder aber unter einem Thema in Szene gesetzt werden. Am Schluss des Buches werden die unterschiedlichen Möglichkeiten der Darstellung und Gestaltung beschrieben.
Gerade die Verbindung von sportlicher Leistung, kooperativem Umgang miteinander und kreativer Bewegungsgestaltung macht die Akrobatik interessant und reizvoll.
Ob in der Schule im Sportunterricht und im darstellenden Spiel, in den Turn- und Sportvereinen oder in (freien) Theatergruppen: Akrobatik kann immer eine wichtige, sinnvolle Bereicherung sein. Noch wichtiger ist es allerdings, ihr größere Anerkennung als eigenständige (Freizeit-)Sportart zu verschaffen.
Akrobatik damals und heute
Akrobatik gehört zu den Bewegungskünsten, die eine lange Tradition und Entstehungsgeschichte aufweisen können. Der gemeinsame Ursprung dieser Künste liegt in der Freude des Menschen am kunstvollen Spiel mit der Bewegung, als Ausdruck der eigenen Empfindung von Lebenslust und Lebensleid. In dieser spielerischen Erkundung des in der menschlichen Bewegung Möglichen steckt der Versuch, noch etwas anderes aus seinem Körper herauszuholen als die alltäglich notwendigen Handlungen.
Als Antrieb zur darstellenden Kunst kann der Einsatz aller menschlichen Ausdrucksmittel wie Tanz, Pantomime, Musik, Stimme und Maske zu kultischen Zwecken angesehen werden. Geister- und Gottesbeschwörungen, Tierdarstellungen bei Jagdritualen oder kultische Tänze und Pantomimen führten fast zwangsläufig zu Formen der Akrobatik. Auch heute noch sind solche Formen in den kultischen Riten der Naturvölker erhalten (vgl. Melczer-Lucas & Zwiefka, 1989, S. 8).
Vermutlich lag in dieser Außergewöhnlichkeit der Bewegungen schon immer der Reiz zur Darstellung. Auf den Betrachter soll eine Wirkung sowohl durch das Schöne, Ästhetische als auch durch das Sonderbare, Wunderbare oder Sensationelle der menschlichen Bewegung hervorgerufen werden. Bewegungskünste sind so alt wie die menschliche Kultur selbst und wurden schon immer bei festlichen Gelegenheiten gerne gezeigt und gesehen. Anfangs konnten sie noch nicht in einzelne Bereiche wie Akrobatik, Tanz, Pantomime, Jonglieren oder das Spiel mit verschiedenen Geräten eingeteilt werden, meist war der Übergang fließend.
Der Begriff Akrobatik leitet sich von dem griechischen Wort „akrobates” ab, welches eigentlich „der auf den Fußspitzen Gehende” bedeutet und ursprünglich die Bezeichnung für einen Seiltänzer war.
Die ältesten Zeugnisse über Akrobatik (ca. 2000 v. Chr.) stammen aus Ägypten und bestehen vorwiegend aus Malereien auf Kalksteinfelsen. Darauf wurden Tänzer und Akrobaten abgebildet, die Kunststücke wie Bogengang rückwärts, Kopfstand ohne Handaufstützen, Doppelüberschlag usw. zeigen. Als erste schriftliche Quelle ist ein Bericht aus dem 4. Jh. v. Chr. von einem ägyptischen Festmahl überliefert, bei dem Artisten auftraten und hohe Pyramiden bauten. Aus dieser Beschreibung und anderen Berichten schließt Derbolav (vgl. 1937, S. 2f.), dass sich schon bei den Ägyptern ein Berufsartistentum entwickelt hatte. Ebenso belegen zahlreiche griechische und römische Quellen, dass zu großen festlichen Anlässen stets auch Artisten, Tänzer und Gaukler ihre Kunstfertigkeiten zeigten (vgl. Derbolav, 1937, S. 3ff.).
Allerdings bemerkte schon der römische Schriftsteller Petronius geringschätzig, Akrobatik sei eine recht brotlose Kunst (Satyrica, Kap. 53, S. 12f.). Artisten standen zu allen Zeiten sozial am Rande der Gesellschaft, galten durchweg als ehrlos und blieben als „fahrendes Volk” rechtlos. Daher wurden sie einerseits verachtet, andererseits aber wegen ihrer Fähigkeiten bewundert. Auch im Mittelalter änderte sich an ihrer Situation wenig. Zwar verurteilte und bekämpfte die Kirche das Gauklerwesen als „Teufelskünste”, dennoch konnten sich die Artisten behaupten und zeigten ihre Kunstfertigkeiten bei Krönungsfeiern und Reichstagen, auf Messen und Märkten.
Erst Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts brachte die Entstehung des Zirkus einen entscheidenden Einschnitt für das Gaukler- und Artistenwesen mit sich. Mit dem Zusammenschluss aller artistischen Genres zu einer neuen Einheit, der Zirkuskunst, wurden neue und verbesserte Arbeitsbedingungen geschaffen. Durch garantierte Trainingsund Auftrittsmöglichkeiten im Rund der Manege konnten sich vielfältige, oft hoch spezialisierte Fachgebiete der Akrobatik entwickeln, wie z. B. die Schleuderbrett-, Luft- und Wurfakrobatik, die Perchebalancen (mit einer elastischen Stange) und die Kontorsionistik (Schlangenmenschen).
Neben der Zirkuskunst entstand in der Mitte des 19. Jahrhunderts durch das Aufkommen der Varietés ein neues Betätigungsfeld für Akrobaten. Auf den Bühnen der Varietétheater entwickelte sich ein neuer Stil der Artistik, der Salonstil. Elegante, weltgewandte Artisten im Smoking oder Abendanzug boten kurze, sorgfältig aufgebaute, fast perfekte Nummern, bei denen neben der Kleidung sowohl die Musik als auch Lichteffekte eine große Bedeutung erhielten.
Heute ist die Glanzzeit des traditionellen Zirkus und der Varietés längst vorbei. Es müssen schon absolute Spitzenleistungen geboten werden, wie sie beim Chinesischen und Moskauer Staatszirkus zu bewundern sind, oder aber ein Zirkus muss ein eigenes, originelles Flair ausstrahlen wie der poetische Zirkus Roncalli, um die Massen ins Zirkusrund zu locken. Mit der Entstehung des modernen Zirkus oder Nouveau Cirque in Frankreich in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts ist der menschliche Körper, die Bewegungskunst und damit die Akrobatik in das Zentrum zirzensischer Kunst gerückt. Die Idee des modernen Zirkus ist es, ein Gesamtkunstwerk unter Verwendung eines Themas, ausgesuchter oder eigens komponierter Musik, unterschiedlicher artistischer Genres, fantasievoller Kostüme sowie Elementen anderer darstellender Künste wie Theater oder Tanz zu schaffen. Im Gegensatz zum klassischen Zirkus steht nicht mehr die Zur-Schau-Stellung von Techniken und artistischen Höchstleistungen im Vordergrund. Diese treten in ihrer Bedeutung zurück und dienen vielmehr als Grundlage dazu, eine Geschichte zu illustrieren, eine poetisch-ästhetische Atmosphäre zu schaffen sowie Bilder zu erzeugen.
Abb. 2: Die Herkulesgruppe
Der bekannteste Vertreter des modernen Zirkus ist das kanadische Unternehmen Cirque du Soleil.
Neben dem Berufsakrobatentum, das, wie oben angedeutet, eine lange Tradition aufweisen kann, gab es eine andere Richtung der akrobatischen Entwicklung, die wir heute als Freizeitsport bezeichnen würden. Schon im mittelalterlichen Venedig wurden von Männern aus den Handwerkszünften im Wettbewerb miteinander kunstvolle Menschenpyramiden gebaut. Diese Tradition setzte sich mancherorts bis ins 19. Jahrhundert fort. In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg wurden dann, „... die gauklerischen Künste von Wiese und Anger, wo sich das Volk von jeher in freiem Spiele erging, aufgelesen und auf den Turnboden verpflanzt ... “ (Derbolav, 1937, Vorwort). Viele akrobatische Übungen, deren Ursprung in überlieferten „Volks- und Bauernspielen” zu finden war, wurden damals in das Bodenkunstturnen unter dem Begriff „Gesellschaftsübungen” integriert.
Abb. 3: In Venedig wurden Volksfeste mit akrobatischen Darbietungen auf Flößen und Schiffen bereichert.
Gerade in den 20er Jahren erfreuten sich diese Gesellschaftsübungen, worunter die Boden- bzw. Partnerakrobatik und der Pyramidenbau zu verstehen sind, in den Turnvereinen, Arbeiterkraftsportvereinen, im Schulturnen und in den deutschen Hochschulen für Leibesübungen immer größerer Beliebtheit (vgl. Derbolav, 1937, S. 13ff.).
Heute ist dieser Bereich des Bodenkunstturnens leider wieder in Vergessenheit geraten. Es war ein Verdienst der alternativen Sportkultur der 80er Jahre, dass viele vergessene Bewegungskünste wie Akrobatik, Seiltanz, Einradfahren, Jonglieren usw. wiederentdeckt und dem Publikum unter dem Begriff „experimenteller Sport” zugänglich gemacht wurden.
Neben dem bestehenden Berufsakrobatentum und der hoch spezialisierten Sportakrobatik findet die Akrobatik als Freizeitsport in Vereinen und im Schulsport immer mehr Anhänger. Auch in der Theaterarbeit entdecken Theatermacher und Schauspieler den Wert akrobatischer Übungen bei der alltäglichen Körperarbeit und die unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten akrobatischer Figuren bei einer Inszenierung. Ferner eröffnen sich viele neue Möglichkeiten, durch die akrobatischen Techniken in einen Dialog mit Raum und Skulptur zu gehen.
Abb. 4: Ein Dialog zwischen Bewegungskunst und Skulptur
1DIE ELEMENTE DER AKROBATIK
Ein Akrobat sollte die Kraft eines Gewichthebers, die Ausdauer eines Langstreckenläufers, die Geschicklichkeit eines Jongleurs und die Anmut eines Tänzers in sich vereinen.
(E. J. Kiphard, 1961)
In der Akrobatik werden einige charakteristische Eigenschaften benötigt, die sich beim Erlernen dieser Bewegungskunst nach und nach entwickeln, aber teilweise auch bewusst trainiert werden können. Ich möchte sie als die Elemente der Akrobatik bezeichnen und mich im Folgenden etwas differenzierter mit ihnen auseinandersetzen. Die oben erwähnten Eigenschaften Kraft, Ausdauer, Geschicklichkeit und Anmut gelten in dieser Form bedingt nur noch für Berufsakrobaten.
Es gibt meines Erachtens sieben Elemente: