Aktien für die Ewigkeit - Jeremy J. Siegel - E-Book

Aktien für die Ewigkeit E-Book

Jeremy J. Siegel

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Beschreibung

DAS Standardwerk für die richtige Portfoliostrategie und eine kontinuierliche Rendite in allen Marktphasen. Der Bestseller "Stocks for the Long Run" in der 5., komplett überarbeiteten Auflage. Weltweit schwankende Aktienmärkte – die Zeiten sind chaotisch. Viele Anleger ziehen sich von den Börsen zurück oder wagen sich gar nicht erst an den Aktienmarkt. Und doch gibt es zahlreiche Möglichkeiten, das eigene Anlageportfolio so aufzubauen, dass trotz aller Unwägbarkeiten, unabhängig von der Lage an den Märkten, regelmäßige und dauerhafte Renditen erzielt werden können. Jeremy Siegels Klassiker stellt die wichtigsten Kriterien zusammen, die jeder Aktionär berücksichtigen sollte, um sein Portfolio möglichst stabil und sicher zu gestalten. Er zeigt die wichtigsten Kennzahlen und Strategien auf und erläutert, wie risikoarme aber renditestarke Investments funktionieren. Neben diesen ganz konkreten Investmentstrategien liefert er langfristige Einschätzungen des Marktgeschehens und der Konsequenzen für Anleger.

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JEREMY J. SIEGEL

AKTIEN

FÜR DIE

EWIGKEIT

DAS STANDARDWERK FÜR DIE RICHTIGE PORTFOLIO-STRATEGIE UND EINE KONTINUIERLICHE RENDITE

FBV

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

3. Auflage 2020

© 2016 by FinanzBuch Verlag,

ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

© der Originalausgabe 2014 by McGraw-Hill Education. All rights reserved. Die englische Originalausgabe erschien 2014 unter dem Titel »Stocks for the Long Run, 5th Edition« bei McGraw-Hill Education.

Die im Buch veröffentlichten Ratschläge wurden von Verfasser und Verlag sorgfältig erarbeitet und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Ebenso ist die Haftung des Verfassers beziehungsweise des Verlages und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ausgeschlossen.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Übersetzung: Horst Fugger

Redaktion: Veit Ladstetter

Korrektorat: Hella Neukötter

Umschlaggestaltung: Karen Schmidt

Umschlagabbildung: NPFire/Schutterstock.com

Satz: Carsten Klein, München

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-89879-978-2

ISBN E-Book (PDF) 978-3-86248-899-5

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86248-900-8

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.finanzbuchverlag.de

Inhalt

Vorwort

Einführung

Die Konfrontation mit der Finanzkrise

Weiteres neues Material in der fünften Ausgabe

Abschließende Bemerkungen

Danksagungen

Teil I: Aktienrenditen – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

1. Das Argument für Aktien: Historische Fakten und mediale Fiktionen

»Jeder sollte reich sein«

Historische Perspektiven von Aktien als Investments

Eine radikale Meinungsänderung

Ansichten über Aktienrenditen nach dem Crash

Die große Hausse 1982–2000

Vorzeichen der Finanzkrise

2. Die große Finanzkrise 2008: Ursachen, Auswirkungen und Folgen

Die Woche, die die Weltmärkte erschütterte

Konnte sich die Große Depression wiederholen?

Die Ursache der Finanzkrise

Die Rolle der Federal Reserve bei der Milderung der Krise

3. Die Märkte, die Wirtschaft und die Regierungspolitik nach der Krise

Inflationsvermeidung

Die Reaktionen der Finanzmärkte auf die Finanzkrise

4. Die Versorgungskrise: Wird die Alterswelle den Aktienmarkt überfluten?

Die Realität, vor der wir stehen

Die Alterswelle

Steigende Lebenserwartung

Das sinkende Ruhestandsalter

Das Ruhestandsalter muss steigen

Die weltweite Demografie und die Alterswelle

Die fundamentale Frage

Die Volkswirtschaften der Schwellenländer können die Lücke füllen

Kann das Produktivitätswachstum Schritt halten?

Fazit

Teil II: Das Urteil der Geschichte

5. Die Renditen von Aktien und Anleihen seit 1802

Finanzmarktdaten von 1802 bis heute

Asset-Gesamtrenditen

Die langfristige Performance von Anleihen

Gold, der Dollar und die Inflation

Reale Gesamtrenditen

Die Realrenditen festverzinslicher Wertpapiere

Der fortgesetzte Rückgang der Renditen festverzinslicher Wertpapiere

Die Aktienprämie

Weltweite Aktien- und Anleihenrenditen

Fazit: Langfristig in Aktien investieren

Anhang: Aktien von 1802–1870

6. Risiko, Rendite und Portfolio-Allokation: Warum Aktien auf lange Sicht weniger riskant sind als Anleihen

Die Messung von Risiko und Rendite

Risiko und Haltezeitraum

Standardmaße des Risikos

Die variierende Korrelation zwischen Aktien- und Anleihenrenditen

Efficient Frontiers

Fazit

7. Aktienindizes: Die Repräsentanten der Märkte

Marktindizes

Die Dow Jones Averages

Nach Marktkapitalisierung gewichtete Indizes

Rendite-Verzerrungen der Aktienindizes

Anhang: Was geschah mit den zwölf Aktien aus der Urfassung des Dow Industrials?

8. Der S&P-500-Index: Ein halbes Jahrhundert amerikanischer Unternehmensgeschichte

Sektorenrotation im S&P-500-Index

Die Firmen mit den höchsten Renditen

Wie schlechte Firmennachrichten zu guten Nachrichten für Investoren werden

Die überlebenden Aktien mit der besten Performance

Weitere Firmen, die zu Gold wurden

Die Outperformance der ursprünglichen S&P-500-Firmen

Fazit

9. Die Quellen des Shareholder-Value: Gewinne und Dividenden

Diskontierter Cashflow

Die Quellen des Shareholder-Value

Historische Daten über das Wachstum von Dividenden und Gewinnen

Gewinnkonzepte

Fazit

10. Maßstäbe zur Bewertung des Aktienmarkts

Ein böses Omen kehrt zurück

Historische Maßstäbe zur Bewertung des Markts

Das Fed-Modell, Gewinnrenditen und Anleihenrenditen

Faktoren, die in Zukunft die Bewertungsrelationen erhöhen könnten

Fazit

11. Besser abschneiden als der Markt: Die Bedeutung der Größe, der Dividendenrenditen und der Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGVs)

Aktien, die besser abschneiden als der Markt

Aktien mit niedriger (Small Caps) und hoher (Large Caps) Marktkapitalisierung

Bewertung: »Value«-Aktien bieten höhere Renditen als »Wachstums«-Aktien

Dividendenrenditen

Das Kurs-Gewinn Verhältnis (KGV)

Kurs-Buchwert-Verhältnisse

Die Kombination von Größen- und Bewertungskriterien

Börsenneulinge (Initial Public Offerings oder IPOs): Die enttäuschende Gesamtrendite neuer kleiner Wachstums-Unternehmen

Die Eigenschaften von Wachstums- und Value-Aktien

Erklärungen von Größen- und Bewertungseffekten

Fazit

12. Globales Investieren

Investieren im Ausland und Wirtschaftswachstum

Diversifizierung in die Weltmärkte

Aktienrisiken

Fazit

Teil III: Wie sich das wirtschaftliche Umfeld auf Aktien auswirkt

13. Gold, Geldpolitik und Inflation

Geld und Preise

Der Goldstandard

Die Gründung der Federal Reserve

Der Fall des Goldstandards

Geldpolitik nach der Abwertung

Die Geldpolitik nach dem Goldstandard

Die Federal Reserve und die Geldschöpfung

Wie sich die Aktionen der Fed auf die Zinsen auswirken

Aktienkurse und die Politik der Zentralbank

Aktien als Absicherung gegen Inflation

Warum Aktien als kurzfristiger Inflationsschutz scheitern

Fazit

14. Aktien und der Konjunkturzyklus

Wer benennt den Konjunkturzyklus?

Aktienrenditen an den Wendepunkten der Konjunkturzyklen

Gewinne durch das Timing des Konjunkturzyklus

Wie schwierig ist es, den Konjunkturzyklus zu prognostizieren?

Fazit

15. Wie sich weltbewegende Ereignisse auf die Finanzmärkte auswirken

Was bewegt den Markt?

Unsicherheit und der Markt

Demokraten und Republikaner

Aktien und Krieg

Fazit

16. Aktien, Anleihen und der Strom der Wirtschaftsdaten

Wirtschaftsdaten und der Markt

Die Prinzipien der Reaktionen an den Börsen

Der Informationsgehalt veröffentlichter Daten

Wirtschaftswachstum und Aktienkurse

Der Arbeitsmarktbericht

Der Berichtszyklus

Inflationsberichte

Die Auswirkungen auf die Finanzmärkte

Die Politik der Zentralbank

Fazit

Teil IV: Kurzfristige Aktienschwankungen

17. Exchange Traded Funds, Aktienindex-Futures und Optionen

Exchange Traded Funds

Aktienindex-Futures

Die Grundlagen der Futures-Märkte

Index-Arbitrage

Die Prognose der Handelseröffnung in New York mit Globex-Trading

Double und Triple Witching

Marge und Hebel

Wohin soll man seine indexbezogenen Investments stecken: ETFs, Futures oder Index-Fonds?

Index-Optionen

Die Bedeutung indexbezogener Produkte

18. Die Marktvolatilität

Der Aktiencrash im Oktober 1987

Die Gründe des Crashs im Oktober 1987

Circuit Breakers

Der Flash Crash am 6. Mai 2010

Die Natur der Marktvolatilität

Historische Trends der Aktienvolatilität

Der Volatilitätsindex

Die Verteilung starker Ein-Tages-Bewegungen

Die Ökonomie der Marktvolatilität

Die Bedeutung der Marktvolatilität

19. Technische Analyse und Investieren mit dem Trend

Die Natur der technischen Analyse

Charles Dow, technischer Analyst

Die zufällige Entwicklung von Aktienkursen

Simulationen zufälliger Aktienkurse

Trendmärkte und Kurswenden

Gleitende Durchschnitte

Momentum Investing

Fazit

20. Kalendarische Anomalien

Saisonale Anomalien

Der Januar-Effekt

Die Monatsrenditen großer Aktien

Der September-Effekt

Andere saisonale Renditen

Wochentags-Effekte

Was soll ein Investor tun?

21. Behavioral Finance und die Psychologie des Investierens

Die Technologieblase, 1999–2001

Behavioral Finance

Teil V: Vermögensaufbau mit Aktien

22. Fonds, Indexing und der Wunsch, den Markt zu schlagen

Die Performance von Aktienfonds

Wie man geschickte Geldmanager findet

Die Dauerhaftigkeit überdurchschnittlicher Renditen

Gründe für die unterdurchschnittliche Performance von Fonds

Ein wenig lernen ist gefährlich

Von informiertem Trading profitieren

Wie sich die Kosten auf die Renditen auswirken

Die gesteigerte Popularität des passiven Investierens

Die Fallen beim nach Marktkapitalisierung gewichteten Indexing

Fundamental gewichtete versus nach Marktkapitalisierung gewichtete Indexierung

Die Geschichte der fundamental gewichteten Indexierung

Fazit

23. Die Strukturierung eines Portfolios für langfristiges Wachstum

Die praktischen Aspekte des Investierens

Ratschläge für erfolgreiches Investieren

Die Umsetzung des Plans und die Rolle eines Anlageberaters

Abschließende Bemerkung

Anmerkungen

Über den Autor

Vorwort

Im Juli 1997 rief ich Peter Bernstein an und sagte zu ihm, ich würde nach New York kommen und mich freuen, mit ihm zu Mittag zu essen. Ich hatte auch noch einen Hintergedanken. Sein Buch Capital Ideas: The Improbable Origins of Modern Wall Street und das Journal of Portfolio Management, das er gegründet hatte und dessen Herausgeber er war, gefielen mir ganz ausgezeichnet. Ich hoffte auf eine kleine Chance, dass er die Einführung für die zweite Ausgabe von Aktien für die Ewigkeit (vormals erschienen unter dem Titel Langfristig Investieren) schreiben würde.

Seine Sekretärin vereinbarte ein Treffen im Circus auf der Upper East Side, das zu seinen Lieblingsrestaurants gehörte. Er kam mit seiner Frau Barbara und trug ein Exemplar der ersten Ausgabe meines Buchs unter dem Arm. Als er auf mich zukam, fragte er, ob ich es signieren würde. Ich sagte »natürlich«, und antwortete, es wäre eine Ehre für mich, wenn er ein Vorwort für die zweite Ausgabe schreiben könnte. Er lächelte. »Natürlich!«, rief er. Dann führten wir eine Stunde lang ein höchst faszinierendes Gespräch über das Publizieren, akademische und professionelle Trends in der Finanzszene und auch darüber, was uns beiden an Philadelphia und an New York am besten gefiel.

An dieses Gespräch dachte ich zurück, als ich im Juni 2009 erfuhr, dass er im Alter von 90 Jahren verstorben war. In den 12 Jahren seit unserer ersten Begegnung war er produktiver gewesen als je zuvor, hatte drei weitere Bücher geschrieben, darunter sein bekanntestes, The Remarkable Story of Risk. Trotz der bemerkenswerten Geschwindigkeit, die er beibehielt, fand er immer Zeit, bei den nächsten beiden Ausgaben meines Buchs sein Vorwort zu aktualisieren. Als ich seine Worte in der vierten Ausgabe las, war mir klar, dass diese Einsichten, Frustrationen und Belohnungen eines Langfristanlegers heute noch so relevant sind wie vor fast zwei Jahrzehnten, als er sie schrieb. Ich kann Peter keine größere Ehre erweisen, als seine Weisheit hier noch einmal wiederzugeben:

Manche Menschen empfinden die Arbeit des Datensammelns als todlangweilig. Andere sehen sie als Herausforderung. Jeremy Siegel hat eine Kunstform daraus gemacht. Man kann das Ausmaß, die sprachliche Klarheit und die schiere Freude nur bewundern, mit denen Professor Siegel Beweise liefert, die seine Argumente für langfristige Aktieninvestments stützen.

Aber dieses Buch liefert viel mehr, als der Titel verspricht. Sie lernen nebenbei auch viel über Wirtschaftstheorie, garniert mit der faszinierenden Geschichte der Kapitalmärkte und der US-Volkswirtschaft. Indem er die Geschichte mit maximalem Effekt nutzt, verleiht Professor Siegel den Zahlen ein Leben und eine Bedeutung, die sie in einem weniger fesselnden Setting niemals hätten. Zudem setzt er sich mutig mit allen historischen Episoden auseinander, die seiner These widersprechen könnten. Er bleibt in dieser Auseinandersetzung siegreich – einschließlich der verrückten Jahre in den 1990ern. Mit dieser vierten Ausgabe setzt Jeremy Siegel seinen fröhlichen und bemerkenswerten Weg fort, Werke von großem Wert über das Thema zu schaffen, wie man am Aktienmarkt am besten investiert. Seine Beiträge über Behavioral Finance, Globalisierung und ETFs haben das bisherige Material mit neuen Einsichten und wichtigen Themen bereichert. Im ganzen Buch hat er Aktualisierungen, wertvolles Faktenmaterial und überzeugende neue Argumente hinzugefügt, die für langfristige Aktienengagements sprechen. Ob Sie im Bereich des Investierens ein Anfänger oder ein erfahrener Profi sind – Sie werden beim Lesen dieses Buchs viel lernen.

Jeremy Siegel ist nie zurückhaltend, und seine Argumente in dieser Ausgabe demonstrieren, dass er nichts an Kühnheit verloren hat. Der interessanteste Aspekt im ganzen Buch ist die doppelte Schlussfolgerung, was gute und schlechte Nachrichten betrifft. Einerseits rechtfertigt die globalisierte Welt heute höhere Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGVs) als früher. Aber das ist nicht nur ein Segen, denn höhere KGVs bedeuten, dass die durchschnittlichen Gewinne in Zukunft niedriger ausfallen werden als früher.

Ich werde mich mit dieser Prognose nicht auseinandersetzen, aber man hätte Ähnliches auch über andere Gegebenheiten in der Vergangenheit sagen können, tragische wie glückliche. Eine der wichtigen Lektionen aus der Geschichte lautet, dass kein wirtschaftliches Umfeld dauerhaft bestehen bleibt. Wir haben nicht die geringste Ahnung, welche Probleme oder Siege in ferner Zukunft liegen, also in 20 Jahren oder mehr, und welchen Einfluss diese Kräfte auf angemessene KGVs haben werden.

Das ist in Ordnung. Professor Siegels wichtigste Bemerkung über die Zukunft geht über diese kontroverse Prognose höherer KGVs und niedrigerer realisierter Gewinne hinaus. »Obwohl diese Renditen vielleicht geringer sein werden als in der Vergangenheit«, schreibt er, »gibt es überwältigende Gründe zu glauben, dass Aktien das beste Investment für alle bleiben werden, die stetige, langfristige Gewinne suchen.«

»Überwältigende Gründe« ist eine Untertreibung. Die Risikoprämien von Aktien müssen langfristig intakt bleiben, wenn das System überleben soll. Im kapitalistischen System können und sollten Anleihen langfristig keine höhere Rendite bringen als Aktien. Anleihen sind Verträge, die man vor Gericht einklagen kann. Aktien versprechen ihren Eigentümern gar nichts – Aktien sind riskante Investments, die einen starken Glauben an die Zukunft erfordern. Aktien sind also nicht per se »besser« als Anleihen, aber wir verlangen von Aktien eine höhere Rendite als Kompensation für die höheren Risiken. Würde man von Anleihen langfristig eine höhere Rendite erwarten als von Aktien, wären auch die Kurse so, dass Risiko keine Belohnung brächte. Das ist eine unhaltbare Situation. Aktien müssen »das beste Investment für alle bleiben, die stetige, langfristige Gewinne suchen«, sonst würde unser System enden, und zwar nicht mit einem Wimmern, sondern mit einem Knall.«

Einführung

Die vierte Ausgabe von Aktien für die Ewigkeit wurde 2007 geschrieben. Weil viele meiner gleichaltrigen Kollegen in den vergangenen Jahren das Tempo ihrer Forschungsarbeiten reduziert hatten, wurde ich oft gefragt, warum ich so hart an einer weiteren Ausgabe dieses Buchs arbeitete. Mit ernstem Gesicht antwortete ich: »Ich glaube, dass in den letzten sechs Jahren einige wichtige Dinge passiert sind.«

In der Tat gab es einige solche Ereignisse! In den Jahren 2008 und 2009 kam es zur tiefsten wirtschaftlichen Rezession und zum schlimmsten Börseneinbruch seit der Großen Rezession in den 1930er-Jahren. Die Störungen waren so umfassend, dass ich die Arbeit an dieser Ausgabe unterbrach, bis ich mir ein besseres Bild von den Ursachen und Folgen der Finanzkrise gemacht hatte, von der wir uns noch immer nicht ganz erholt haben.

Folglich habe ich diese Ausgabe stärker verändert als irgendeine der früheren. Nicht weil die Schlussfolgerungen der früheren Ausgaben revidiert werden mussten. Der Anstieg des US-Aktienmarkts auf neue Rekordhochs 2013 bekräftigt sogar die zentrale Aussage dieses Buchs: dass Aktien in der Tat das beste langfristige Investment für diejenigen sind, die deren kurzfristige Volatilität auszuhalten lernen. Die langfristige Realrendite eines diversifizierten Depots aus Stammaktien blieb praktisch unverändert bei den 6,7 Prozent, die schon in der ersten Ausgabe von Aktien für die Ewigkeit genannt wurden, wo die Renditen bis einschließlich 1992 untersucht wurden.

Die Konfrontation mit der Finanzkrise

Wegen der schweren Auswirkungen der Finanzkrise war ich der Meinung, dass die Ereignisse der letzten Jahre das Hauptthema dieser neuen Ausgabe sein müssen. Folglich habe ich zwei Kapitel hinzugefügt, in denen die Ursachen und die Folgen des finanziellen Zusammenbruchs geschildert werden. Kapitel 1 stellt die wichtigsten Schlussfolgerungen meiner Forschungen über Aktien und Anleihen vor und zeigt, wie Anleger, Geldmanager und Akademiker Aktien im letzten Jahrhundert betrachtet haben.

Kapitel 2 beschreibt die Finanzkrise und weist, wo das gerechtfertigt ist, die Schuld daran den CEOs der riesigen Investmentbanken, den Regulierern und dem Kongress zu. Ich lege die Serie fataler Fehler dar, die dazu führte, dass Standard & Poor’s, die größte Rating-Agentur der Welt, ihr begehrtes AAA-Rating an Subprime-Hypotheken vergab, verbunden mit der idiotischen Aussage, sie seien so sicher wie US-Staatsanleihen.

Kapitel 3 analysiert die außerordentlichen Auswirkungen der Finanzkrise auf die Finanzmärkte: den noch nie dagewesenen Anstieg des »LIBOR-Spreads«, der die Kapitalkosten der Banken misst, den Zusammenbruch der Aktienkurse, der zwei Drittel ihres Werts vernichtete, und die Tatsache, dass die Renditen kurzfristiger US-Staatsanleihen zum ersten Mal seit den finsteren Tagen der 1930er-Jahre auf null und sogar darunter fielen.

Die meisten Ökonomen glaubten, unser System aus Einlagensicherung, Margin-Erfordernissen und finanziellen Regulierungsmaßnahmen habe die genannten Ereignisse praktisch unmöglich gemacht. Der Einfluss der Kräfte, die zur Krise führten, war den Ereignissen bemerkenswert ähnlich, die nach dem Aktien-Crash 1929 eintraten, nur dass diesmal nicht Aktien, sondern hypothekengesicherte Wertpapiere die Hauptschuld trugen.

Obwohl die Fed kläglich daran scheiterte, die Krise vorherzusagen, ergriff Chairman Ben Bernanke nie gesehene Maßnahmen, um die Finanzmärkte offen zu halten, indem er sie mit Liquidität überschwemmte und die Garantie für Kredite und kurzfristige Einlagen in Billionenhöhe übernahm. Diese Aktionen bliesen die Bilanz der Fed auf fast vier Billionen Dollar auf. Das war das Fünffache des Niveaus vor der Krise und warf viele Fragen auf, wie die Fed diesen Anreiz wieder abwickeln wollte.

Die Krise veränderte auch die Korrelation zwischen den Asset-Klassen. Die Korrelation zwischen den Aktienmärkten dieser Welt stieg deutlich, was die Diversifikationsgewinne des globalen Investierens reduzierte, während US-Staatsanleihen und der Dollar zu »sicheren« Assets wurden, was eine ungeahnte Nachfrage nach staatlich garantierten Schuldverschreibungen auslöste. Alle Rohstoffe, einschließlich Gold, litten während der schlimmsten Phasen des wirtschaftlichen Abschwungs, aber die Edelmetalle erholten sich, weil man befürchtete, die expansive Politik der Zentralbank werde zu höherer Inflation führen.

In Kapitel 4 geht es um langfristige Themen, die unser wirtschaftliches Wohlergehen betreffen. Während des Wirtschaftsabschwungs stieg das US-Haushaltsdefizit auf 1,3 Billionen Dollar, das relativ zum BIP höchste Niveau seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Verlangsamung des Produktivitätswachstums löste Befürchtungen aus, die Verbesserung des Lebensstandards werde sich markant verzögern oder sogar zum Stillstand kommen. Das wirft die Frage auf, ob unsere Kinder die erste Generation sein werden, deren Lebensstandard unter den ihrer Eltern sinken wird.

In diesem Kapitel werden die Ergebnisse früherer Ausgaben aktualisiert und erweitert, und zwar unter Verwendung der neuesten Daten der Bevölkerungskommission der UN sowie der Produktivitätsprognosen der Weltbank und des IWF. Ich berechne die Verteilung der globalen Produktion der bedeutendsten Länder und Regionen der Welt nun bis zum Ende des 21. Jahrhunderts. Diese Analyse liefert starke Hinweise auf eine bestimmte Schlussfolgerung: Obwohl die entwickelten Länder das Alter für den Eintritt in den Ruhestand erhöhen müssen und medizinische Versorgung staatlicherseits angeboten wird, werden solche Steigerungen moderat ausfallen, wenn das Produktivitätswachstum in den Schwellenländern stark bleibt.

Weiteres neues Material in der fünften Ausgabe

Obwohl die Finanzkrise und ihre Folgen das Hauptthema dieser fünften Ausgabe sind, habe ich auch noch andere bedeutende Änderungen vorgenommen. Ich habe nicht nur alle Charts und Tabellen bis 2012 aktualisiert, sondern auch das Kapitel über Aktienbewertung erweitert, um so wichtige neue Prognosemodelle wie die CAPE Ratio und die Bedeutung von Gewinnmargen als Determinante zukünftiger Aktienrenditen zu analysieren.

Kapitel 18, »Marktvolatilität«, analysiert den »Blitzcrash« vom Mai 2010 und dokumentiert, wie sich die mit der Finanzkrise verbundene Volatilität mit der Bankenkrise der 1930er-Jahre vergleichen lässt. Kapitel 19 zeigt, dass man sich mit dem Befolgen einer einfachen technischen Regel wie dem gleitenden 200-Tage-Durchschnitt – wieder einmal – vor dem schlimmsten Teil der jüngsten Baisse hätte schützen können.

In dieser Ausgabe geht es auch darum, wie die bekannten saisonalen Anomalien, zum Beispiel der »Januar-Effekt«, der »Effekt der kleinen Aktien« und der »September-Effekt« in den vergangenen beiden Jahrzehnten überlebt haben, seit sie in der ersten Ausgabe dieses Buchs beschrieben wurden. Zum ersten Mal habe ich auch eine Beschreibung des »Liquiditäts-Investierens« aufgenommen und erkläre, wie es die »Größen-« und »Value«-Effekte ergänzen kann, die von Forschern als wichtige Determinanten der Renditen einzelner Aktien erkannt worden sind.

Abschließende Bemerkungen

Durch die enorme Beachtung, die Langfristig Investieren gefunden hat, fühle ich mich geehrt und geschmeichelt. Seit der Veröffentlichung der ersten Ausgabe vor fast 20 Jahren habe ich in der ganzen Welt Hunderte Vorträge über die Märkte und die Wirtschaft gehalten. Ich habe den Fragen genau zugehört, die aus dem Publikum kamen, und ich habe über die vielen Briefe, Anrufe und E-Mails der Leser nachgedacht.

In den vergangenen Jahren gab es zweifellos einige außergewöhnliche Ereignisse an den Kapitalmärkten. Sogar diejenigen, die noch immer an die langfristige Überlegenheit von Aktien glaubten, wurden während der Finanzkrise auf eine harte Probe gestellt. 1937 schrieb John Maynard Keynes in Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes: »Investieren auf der Basis wirklich langfristiger Erwartungen ist heute so schwierig, dass es kaum praktikabel ist.« Heute, 75 Jahre später, ist es nicht einfacher.

Wer aber Aktien die Treue hielt, wurde noch immer belohnt. Niemand hat jemals langfristig Geld verdient, indem er gegen Aktien oder das zukünftige Wachstum unserer Wirtschaft wettete. Ich hoffe, dass diese Ausgabe diejenigen bestärkt, die zwangsläufig zu zweifeln beginnen, wenn der Pessimismus Ökonomen und Investoren wieder einmal im Griff hat. Die Geschichte beweist auf überzeugende Weise, dass Aktien für diejenigen, die langfristige Gewinne anstreben, die beste Investition sind und bleiben werden.

Jeremy J. Siegel

November 2013

Danksagungen

Es ist nicht möglich, alle Menschen und Organisationen aufzulisten, die Aktien für die Ewigkeit gepriesen und mich dazu ermutigt haben, die bisherigen Ausgaben zu aktualisieren und zu erweitern. Viele, die mich bei den ersten vier Ausgaben von Aktien für die Ewigkeit mit Daten versorgt haben, trugen ihre Daten auch bereitwillig für diese fünfte Ausgabe bei: David Bianco, leitender US-Aktienanalyst bei der Deutschen Bank, dessen Forschungen über historische Unternehmensgewinne und Gewinnmargen im S&P-500 für mein Kapitel über die Bewertung des Aktienmarkts von unschätzbarer Bedeutung waren. Walter Lenhard, leitender Investment-Stratege bei Vanguard, stellte mir für Kapitel 22 wieder historische Daten über die Performance von Fonds zur Verfügung. Jeremy Tobacman, mein neuer Kollege in Wharton, half mir bei der Aktualisierung des Materials über Behavioral Finance.

Diese Ausgabe wäre ohne die harte Arbeit von Shaun Smith, der schon in den frühen 1990er-Jahren das Research und die Datenanalyse für die erste Version von Langfristig Investieren erledigt hat, nicht möglich gewesen. Jeremy Schwartz, mein wichtigster Forscher für »The Future for Investors« leistete mir bei dieser Aufgabe unersetzliche Hilfe.

Mein besonderer Dank gilt den Tausenden Finanzberatern aus Dutzenden Finanzfirmen wie Merrill Lynch, Morgan Stanley, UBS, Wells Fargo und vielen anderen, die mir in Seminaren und offenen Foren zu früheren Ausgaben von Aktien für die Ewigkeit wichtige Anregungen geliefert haben.

Wie schon früher war die Unterstützung durch meine Familie auch beim Schreiben dieser Ausgabe von entscheidender Bedeutung. Jetzt, da meine Söhne erwachsen und aus dem Haus sind, musste meine Frau Ellen den gesamten Preis für die vielen Stunden bezahlen, die ich mit der Aktualisierung dieses Buchs verbracht habe. Ich setzte mir den 1. September als Termin zur Abgabe meines Materials beim Verlag, und daher konnten wir eine wohlverdiente Kreuzfahrt von Venedig aus in die Adria unternehmen. Obwohl ich ihr nicht versprechen konnte, dass dies die letzte Ausgabe sein würde, weiß ich, dass die Fertigstellung dieses Projekts uns beiden sehr willkommene Freizeit verschafft hat.

TEIL I:

Aktienrenditen – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

1. Das Argument für Aktien

Historische Fakten und mediale Fiktionen

Die Fiktion der »neuen Ära« – dass »gute Aktien (oder »Blue Chips«) unabhängig vom für sie bezahlten Preis eine vernünftige Investition sind – war im Prinzip nur eine Rationalisierung der allgemeinen Kapitulation vor dem Glücksspielfieber unter dem Namen »Investment«.Benjamin Graham und David DoddDie Geheimnisse der Wertpapieranalyse1

Die Investition in Aktien ist zu einem nationalen Hobby und zur nationalen Besessenheit geworden. Frei nach Marx ist sie die Religion der Massen.Roger LowensteinA Common Market: The Public’s Zeal to Invest2

Langfristig Investieren von Siegel? Das kann man heute nur noch als Türstopper verwenden.Ein Investor, der im März 2009 bei CNBC anrief3

»Jeder sollte reich sein«

Im Sommer 1929 interviewte der Journalist Samuel Crowther John Raskob, einen leitenden Finanzmanager bei General Motors und fragte ihn, wie ein typischer Mensch durch Investitionen in Aktien Wohlstand aufbauen könne. Im August dieses Jahres veröffentlichte Crowther Raskobs Vorstellungen im Ladies’ Home Journal. Sein Artikel trug die kühne Überschrift »Jeder sollte reich sein«.

In diesem Interview behauptete Raskob, Amerika stehe am Beginn einer gewaltigen industriellen Expansion. Er sagte, mit der Investition von nur 15 Dollar pro Monat in gute Stammaktien könnten Anleger erwarten, ihr Vermögen in den folgenden 20 Jahren stetig bis auf 80.000 Dollar anwachsen zu sehen. Eine solche Rendite, 24 Prozent pro Jahr, hatte es noch nie gegeben, aber in der Atmosphäre der Hausse in den 1920er-Jahren schien es plausibel, ohne Anstrengung ein großes Vermögen anhäufen zu können. Aktien versetzten Anleger in Aufregung, und Millionen Amerikaner steckten ihre Ersparnisse in den Markt, auf der Suche nach schnellen Gewinnen.

Am 3. September 1929, wenige Tage vor der Veröffentlichung von Raskobs Plan, erreichte der Dow Jones Industrial Average ein historisches Hoch von 381,17 Punkten. Sieben Wochen später brach der Aktienmarkt zusammen. In den folgenden 34 Monaten gab es den schlimmsten Einbruch der Aktienkurse in der Geschichte der USA.

Am 8. Juli 1932, als das Gemetzel endlich vorbei war, stand der Dow Industrials bei 41,22 Punkten. Der Marktwert der größten Unternehmen der Welt war um unglaubliche 89 Prozent gesunken. Millionen Investoren hatten die Ersparnisse eines ganzen Lebens verloren, Tausende Investoren, die Aktien auf Kredit gekauft hatten, wurden in den Bankrott gezwungen. Die USA steckten in der schlimmsten wirtschaftlichen Depression ihrer Geschichte.

Jahrelang machte man sich über Raskobs Ratschlag lustig und prangerte ihn an. Es hieß, er repräsentiere den Wahnsinn derjenigen, die glauben, der Markt könne endlos steigen und die Dummheit derer, die die enormen Risiken von Aktien ignorierten. Senator Arthur Robinson aus Indiana machte Raskob öffentlich für den Aktiencrash verantwortlich, weil dieser ganz normale Leute dazu gedrängt hatte, Aktien zum Höchstkurs zu kaufen.4 1992, 63 Jahre später, warnte das Magazin Forbes Investoren vor der Überbewertung am Aktienmarkt. Die Titelzeile lautete: »Popular Delusions and the Madness of Crowds«. In einem Rückblick auf die Geschichte der Marktzyklen bezeichnete Forbes Raskob als den »schlimmsten Straftäter« unter denen, die den Aktienmarkt als garantierte Wohlstandsmaschine sahen.5

Die allgemeine Meinung lautet, dass Raskobs tollkühner Rat den Wahnsinn repräsentiert, der die Wall Street regelmäßig überrollt. Aber ist das ein faires Urteil? Die Antwort ist ein klares Nein. Langfristiges Investieren in Aktien war eine Gewinnstrategie, egal ob man mit einem solchen Investitionsplan an einem Markthoch begonnen hatte oder nicht. Wenn man den Wert des Portfolios eines Investors berechnet, der 1929 Raskobs Rat befolgt und geduldig jeden Monat 15 Dollar am Markt angelegt hatte, erkennt man, dass man schon nach weniger als vier Jahren besser dastand als jemand, der die gleiche Summe in kurzfristige Staatsanleihen (Treasury Bills) angelegt hatte. 1949 wäre das Depot fast 9000 Dollar wert gewesen. Die Rendite liegt bei 7,86 Prozent pro Jahr, mehr als doppelt so hoch wie die Rendite von Staatsanleihen. Nach 30 Jahren wäre das Depot auf über 60.000 Dollar angewachsen und die Jahresrendite auf 12,72 Prozent gewachsen. Obwohl diese Renditen nicht so hoch waren wie von Raskob prognostiziert, betrug die Gesamtrendite des Aktiendepots über 30 Jahre mehr als das Achtfache der Rendite langfristiger und das Neunfache der Rendite kurzfristiger Staatsanleihen. Wer nie Aktien gekauft und den großen Crash als Rechtfertigung seiner Vorsicht genannt hatte, lag nun weit hinter Investoren, die geduldig Aktien angesammelt hatten.6

Die Geschichte von John Raskobs berüchtigter Vorhersage illustriert ein wichtiges Thema in der Historie der Wall Street. Hausse- und Baissephasen führen zu sensationellen Geschichten über unglaubliche Gewinne und vernichtende Verluste. Dennoch haben geduldige Aktienanleger, die in der Lage waren, über die erschreckenden Schlagzeilen hinaus zu blicken, immer besser abgeschnitten als diejenigen, die Zuflucht in Anleihen oder anderen Assets suchten. Selbst so unheilvolle Ereignisse wie der große Aktiencrash 1929 oder die Finanzkrise 2008 widerlegen die Überlegenheit von Aktien als langfristige Investitionen nicht.

Asset-Renditen seit 1802

Abbildung 1.1 ist der wichtigste Chart in diesem Buch. Sie zeigt, wie sich der reale (inflationsbereinigte) Wohlstand eines fiktiven Anlegers Jahr für Jahr entwickelt hat, der in den letzten beiden Jahrhunderten einen Dollar in (1) Aktien, (2) langfristige Staatsanleihen, (3) kurzfristige Staatsanleihen, (4) Gold und (5) in die amerikanische Währung investiert hat. Diese Renditen werden reale Gesamtrenditen genannt. Sie beinhalten Einkommen aus dem Investment (wenn es Einkommen gab), plus Kapitalgewinne und -verluste, gemessen in konstanter Kaufkraft.

Die Renditen sind in einer logarithmischen Skala abgebildet. Ökonomen verwenden diese Skala zur Beschreibung langfristiger Daten, weil derselbe vertikale Abstand überall im Chart dieselbe prozentuale Veränderung repräsentiert. In einer logarithmischen Skala bildet die Neigung der Trendlinie eine konstante inflationsbereinigte Rendite ab.

Die jährlichen inflationsbereinigten Gesamtrenditen sind in der Abbildung ebenfalls aufgeführt. In den 210 Jahren, die ich untersucht habe, lag die Realrendite eines breit diversifizierten Aktiendepots bei 6,6 Prozent pro Jahr. Das bedeutet, dass ein durchschnittliches diversifiziertes Aktienportfolio, zum Beispiel ein Index-Fonds, seine Kaufkraft in den vergangenen beiden Jahrhunderten alle zehn Jahre nahezu verdoppelt hat. Die Realrendite festverzinslicher Wertpapiere lag weit niedriger. Bei langfristigen Staatsanleihen waren es im Schnitt 3,6 Prozent pro Jahr, bei kurzfristigen nur 2,7 Prozent.

Die durchschnittliche Realrendite von Gold betrug nur 0,7 Prozent pro Jahr. Langfristig blieben die Goldpreise nur knapp über der Inflationsrate. Der Dollar hat seit 1802 im Schnitt 1,4 Prozent pro Jahr an Kaufkraft verloren, aber seit dem Zweiten Weltkrieg verlief die Abwertung deutlich schneller. In Kapitel 5 werden wir die Details dieser Renditereihen untersuchen und sehen, wie sie konstruiert sind.

Abbildung 1.1: Reale Gesamtrenditen von US-Aktien, langfristigen und kurzfristigen Staatsanleihen, Gold und Dollar, 1802–2012

Ich habe in Abbildung 1.1 die beste statistische Trendlinie der realen Aktienrenditen eingezeichnet. Die Stabilität der Realrenditen ist erstaunlich. Die Renditen im 19. Jahrhundert weichen nicht wesentlich von denen im 20. Jahrhundert ab. Beachten Sie, dass die Aktien über und unter der Trendlinie oszillieren, letztlich aber zum Trend zurückkehren. Ökonomen bezeichnen das als Rückkehr zum Mittelwert. Das besagt, dass auf Zeiträume mit überdurchschnittlichen Renditen in der Regel Phasen mit unterdurchschnittlichen Renditen folgen – und umgekehrt. Keine andere Asset-Klasse – Anleihen, Rohstoffe oder der Dollar – zeigt eine solche Stabilität der langfristigen Renditen wie Aktien.

Kurzfristig sind Aktienrenditen allerdings sehr volatil. Das liegt an Gewinnschwankungen, Zinsen, Risiken und Unsicherheit und auch an psychologischen Faktoren wie Optimismus, Pessimismus, Angst und Gier. Dennoch sind diese kurzfristigen Marktschwankungen, die Investoren und die Finanzpresse so stark beschäftigen, im Vergleich zur breiten Aufwärtsbewegung der Aktienrenditen irrelevant.

Im weiteren Verlauf dieses Kapitels werde ich untersuchen, wie Ökonomen und Investoren den Investmentwert von Aktien im Lauf der Geschichte gesehen haben und wie sich die großen Hausse- und Baissephasen sowohl auf die Medien als auch auf die Ansichten professioneller Investoren auswirken.

Historische Perspektiven von Aktien als Investments

Im gesamten 19. Jahrhundert galten Aktien als Spielwiese für Spekulanten und Insider, nicht aber für konservative Anleger. Erst im frühen 20. Jahrhundert bemerkten Forscher, dass Aktien unter bestimmten ökonomischen Bedingungen auch für Anleger, die nicht aus diesen traditionellen Lagern stammen, geeignete Investments sein können.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts glaubte Irving Fisher, Professor an der Yale University und zudem ein extrem erfolgreicher Investor, Aktien seien Anleihen in Phasen mit hoher Inflation überlegen, in deflationären Phasen aber wahrscheinlich unterlegen. Diese Meinung wurde damals zur allgemeinen Überzeugung.7

Edgar Lawrence Smith, ein Finanzanalyst und Investment-Manager in den 1920er-Jahren, untersuchte historische Aktienkurse und widerlegte diese These. Smith bewies als Erster, dass der Wertzuwachs eines diversifizierten Aktiendepots nicht nur bei steigenden, sondern auch bei fallenden Rohstoffpreisen die Performance von Staatsanleihen übertraf. Smith veröffentlichte seine Studien 1925 in einem Buch mit dem Titel Common Stocks as Long-Term Investments. Im Vorwort schrieb er:

Diese Studien sind ein Bericht über das Scheitern. Die Fakten stützen eine vorgefasste Theorie nicht … (diese Theorie besagt), dass sich hochwertige Anleihen in Zeiten (sinkender Rohstoffpreise) als die besseren Investments erwiesen haben.8

Smith stellte fest, dass Aktien ein wesentlicher Teil des Depots eines Investors sein sollten. Bei der Untersuchung der Aktienrenditen seit dem Bürgerkrieg fand er heraus: Es ist recht unwahrscheinlich, dass ein Investor lange Zeit warten muss (Smith verstand darunter sechs, maximal 15 Jahre), ehe er seine Aktien mit Gewinn verkaufen kann. Smith kam zu der Schlussfolgerung:

Wir haben herausgefunden, dass es bei Stammaktien-Beständen eine Kraft gibt, die ständig zu einer Steigerung des Werts tendiert. … Wenn man nicht das extreme Pech hat, am Hochpunkt einer nennenswerten Aufwärtsbewegung zu investieren, sind die Phasen, in denen der durchschnittliche Marktwert unter dem Einstiegswert liegt, von relativ kurzer Dauer. Sogar in solchen Extremphasen scheint es sich allein um ein zeitliches Risiko zu handeln.9

Smith’ Schlussfolgerung war nicht nur in historischer, sondern auch in perspektivischer Hinsicht zutreffend. Es dauerte nur knapp mehr als 15 Jahre, um das Geld wieder zu gewinnen, das man am Hoch 1929 investiert hatte, nach einem Crash, der viel schlimmer war als alle, die Smith untersucht hatte. Und seit dem Zweiten Weltkrieg ist der Erholungszeitraum von Aktien sogar noch kürzer. Auch einschließlich der jüngsten Finanzkrise, die zur schlimmsten Baisse seit den 1930er-Jahren führte, war der Zeitraum von fünf Jahren und acht Monaten zwischen August 2000 und April 2006 der längste, bis ein Investor den Wert seines ursprünglichen Investments (einschließlich reinvestierter Dividenden) wieder erreicht hatte.

Der Einfluss von Smith’ Arbeit

Smith schrieb sein Buch in den 1920er-Jahren, am Beginn einer der stärksten Haussephasen unserer Geschichte. Seine Schlussfolgerungen sorgten sowohl in akademischen als auch in Investorenkreisen für eine Sensation. Das angesehene Wochenmagazin The Economist stellte fest: »Jeder intelligente Investor und Aktienhändler sollte Mr. Smith’ höchst interessantes kleines Buch studieren, sollte persönlich die Tests und deren höchst überraschende Resultate untersuchen.«10

Smith’ Ideen kamen schnell über den Atlantik und sorgten in Großbritannien für viele Diskussionen. John Maynard Keynes, der große britische Wirtschaftswissenschaftler und Schöpfer der Theorie von den Konjunkturzyklen, des Paradigmas späterer Ökonomen-Generationen, rezensierte Smith’ Buch mit viel Engagement. Keynes schrieb:

Die Ergebnisse sind erstaunlich. Mr. Smith findet heraus, dass sich Stammaktien als die langfristig deutlich besten Investments erwiesen haben, nicht nur bei steigenden, sondern auch bei fallenden Preisen. … Diese reale Erfahrung in den USA in den vergangenen 50 Jahren liefert einen anschaulichen Beleg, dass das Vorurteil der Anleger und der institutionellen Investoren zugunsten »sicherer« Anleihen und gegen Stammaktien, von denen selbst die besten einen »spekulativen« Beigeschmack haben, zu einer relativen Überbewertung von Anleihen und zu einer Unterbewertung von Stammaktien geführt hat.11

Die Stammaktien-Theorie des Investierens

Smith’ Schriften gewannen an akademischer Glaubwürdigkeit, als sie in angesehenen Magazinen wie Review of Economic Statistics und Journal of the American Statistical Association veröffentlicht wurden.12 Smith erwarb sich internationale Aufmerksamkeit, als Siegfried Stern eine ausführliche Studie über die Renditen von Stammaktien in 13 europäischen Ländern veröffentlichte, vom Beginn des Ersten Weltkriegs bis einschließlich 1928. Sterns Studie zeigte, dass der Vorteil von Investments in Stammaktien im Vergleich zu Anleihen und anderen Finanzinvestitionen noch viel stärker war als an den amerikanischen Märkten.13 Forschungen, die die Überlegenheit der Aktien demonstrierten, wurden als Stammaktien-Theorie des Investierens bekannt.14

Das Markthoch

Smith’ Studien veränderten auch die Meinung des berühmten, in Yale lehrenden Ökonomen Irving Fisher. Er sah Smith’ Arbeit als Bestätigung seiner eigenen, schon lange vertretenen Ansicht, Anleihen seien in einem von unsicherer Inflation geprägten Umfeld als sichere Investments überbewertet. 1925 fasste Fisher Smith’ Erkenntnisse mit diesen vorausschauenden Bemerkungen über das Anlegerverhalten zusammen:

Es sieht also so aus: Der Markt überbewertet die Sicherheit »sicherer« Wertpapiere und zahlt zu viel für sie. Er überbewertet das Risiko »riskanter« Wertpapiere und zahlt zu wenig für sie. Er zahlt zu viel für unmittelbare und zu wenig für zeitlich entfernte Gewinne, und er verwechselt die Stetigkeit des Geldzuflusses aus einer Anleihe mit der Stetigkeit eines Realeinkommens, den sie nicht hat. Was die Stetigkeit des Realeinkommens oder die Kaufkraft betrifft, ist ein diversifiziertes Stammaktien-Depot Anleihen überlegen.15

Irving Fishers »dauerhaft hohes Niveau«

Professor Fisher, Vater der Kapitalmarkttheorie, den viele für den größten US-Ökonomen halten, war nicht nur Akademiker. Er analysierte und prognostizierte die Bedingungen an den Finanzmärkten, schrieb Dutzende Newsletter über Themen von Gesundheit bis zu Investitionen und gründete auf Basis einer seiner eigenen patentierten Erfindungen eine höchst erfolgreiche Kartierungsfirma. Er stammte zwar aus einem bescheidenen Umfeld, aber 1929 lag sein persönliches Vermögen bei über zehn Millionen Dollar, was in heutiger Kaufkraft mehr als 100 Millionen Dollar entspricht.16

Irving Fisher glaubte wie viele andere Ökonomen in den 1920er-Jahren, dass die Gründung des Systems der Federal Reserve 1913 entscheidend war, um das Ausmaß wirtschaftlicher Schwankungen zu reduzieren. Tatsächlich waren die 1920er-Jahre ein Zeitraum mit bemerkenswert stabilem Wachstum, weil die Instabilität ökonomischer Variablen wie der Industrieproduktion und der Produzentenpreise deutlich reduziert war. Das trieb die Preise riskanter Assets wie Aktien nach oben. Wie wir im nächsten Kapitel sehen werden, gibt es eine bemerkenswerte Ähnlichkeit zwischen der Stabilität der 1920er-Jahre und den zehn Jahren vor der Finanzkrise 2008. In beiden Zeiträumen gab es nur moderate Schwankungen der Konjunkturzyklen und großes – später zerstörtes – Vertrauen, die Fed sei in der Lage, den Konjunkturzyklus abzumildern, wenn nicht sogar zu eliminieren.

Die Hausse der 1920er-Jahre trieb Millionen Amerikaner an den Aktienmarkt, und Fishers eigener finanzieller Erfolg sowie sein Ruf als Börsenprophet sicherten ihm in Anleger- und Analystenkreisen eine große Anhängerschaft. Die Börsenturbulenzen Anfang Oktober 1929 erhöhten das Interesse an seinen Aussagen massiv.

Marktbeobachter waren nicht überrascht, dass sich am Abend des 14. Oktober 1929, als Irving Fisher im Builder’s Exchange Club in New York City ankam, um dort beim Monatstreffen der Purchasing Agents Association eine Rede zu halten, im Versammlungssaal viele Menschen drängten, darunter Nachrichtenreporter. Die Angst der Anleger war gestiegen, seit Roger Babson, ein Geschäftsmann und Börsenprophet, Anfang September einen »schrecklichen Crash der Aktienkurse« vorhergesagt hatte.17 Fisher hatte Babsons Pessimismus zurückgewiesen und angemerkt, Babson rechne schon seit einiger Zeit mit einer Baisse. Aber das Publikum wollte von dem großen Mann beruhigt werden, der schon so lange Aktien propagiert hatte.

Die Zuhörer wurden nicht enttäuscht. Nach einigen einführenden Bemerkungen sprach Fisher einen Satz aus, der, zu seinem größten Bedauern, später eine der am häufigsten zitierten Aussagen in der Geschichte der Aktienmärkte wurde: »Die Aktienkurse«, so verkündete er, »haben, wie es aussieht, ein dauerhaft hohes Niveau erreicht.«18

Am 29. Oktober, zwei Wochen nach Fishers Rede, brachen die Aktien zusammen. Sein »hohes Niveau« verwandelte sich in einen bodenlosen Abgrund. In den drei folgenden Jahren gab es den vernichtendsten Börsenzusammenbruch der Geschichte. Trotz Fishers vieler Errungenschaften waren sein Ruf und die These zerstört, Aktien seien ein vernünftiger Weg zum Aufbau von Wohlstand.

Eine radikale Meinungsänderung

Der Zusammenbruch der Wirtschaft und des Aktienmarkts in den 1930er-Jahren hinterließ eine unauslöschliche Narbe in der Psyche der Investoren. Die Stammaktien-Theorie des Investierens wurde aus allen Ecken attackiert, und viele lehnten schließlich die Idee ab, Aktien seien fundamental vernünftige Investments. Lawrence Chamberlain, ein Autor und bekannter Investmentbanker, stellte fest: »Stammaktien als solche sind Anleihen als langfristige Investments nicht überlegen. Hauptsächlich deshalb, weil sie gar keine Investments sind. Sie sind Spekulationen.«19

1934 schrieben der Investmentfonds-Manager Benjamin Graham und David Dodd, Finanzprofessor an der Columbia University, Security Analysis (deutscher Titel: Die Geheimnisse der Wertpapieranalyse). Das Buch wurde zur Bibel der Value-orientierten Methode der Aktien- und Anleihenanalyse. Mit seinen vielen Auflagen hatte es prägenden Einfluss auf Studenten und Börsenprofis.

Unmissverständlich beschuldigten Graham und Dodd Smith’ Buch, die Hausse-Manie der 1920er-Jahre angetrieben zu haben, indem er darin plausibel klingende, aber trügerische Theorien vorbrachte, um den Kauf von Aktien zu rechtfertigen.

Sie schrieben:

Die Selbsttäuschung des durchschnittlichen Spekulanten muss aber ihr Element der Rechtfertigung haben. … In der Hausse der »New Era« war die rationale Basis der Bericht über langfristigen Wertzuwachs diversifizierter Investitionen in Stammaktien. (Es gibt) ein kleines und recht oberflächliches Buch, aus dem die Theorie der »New Era« entsprungen sein könnte. Es heißt Common Stocks as Long-Term Investments von Edgar Lawrence Smith, veröffentlicht 1924.20

Ansichten über Aktienrenditen nach dem Crash

Nach dem großen Crash ließen Medien und Analysten am Aktienmarkt und an denen, die sich für Aktien als Investments aussprachen, kein gutes Haar. Dennoch gab es bei der Forschung über Indizes von Aktienmarktrenditen in den 1930er-Jahren einen starken Schub. Alfred Cowles III., Gründer der Cowles Commission for Economic Research, stellte nach der Marktkapitalisierung gewichtete Indizes bis zurück zum Jahr 1871 zusammen, die alle an der New York Stock Exchange gehandelten Aktien umfassten. Seine Indizes der Gesamtrenditen umfassten reinvestierte Dividenden und sind mit der heutigen Methode, Aktienrenditen zu berechnen, so gut wie identisch. Cowles bestätigte die Resultate, zu denen Smith vor dem Aktiencrash gelangt war, und kam zum Ergebnis, Aktien seien meist unterbewertet und ermöglichten es Investoren, mit entsprechenden Investitionen überlegene Renditen zu erwirtschaften.21

Nach dem Zweiten Weltkrieg veröffentlichten Wilford J. Eiteman und Frank P. Smith, beide Professoren an der University of Michigan, eine Studie über die Renditen aktiv gehandelter Industrieunternehmen und fanden heraus, dass man durch regelmäßige Käufe von 92 Aktien, ohne jede Berücksichtigung des Zyklus am Aktienmarkt (man nennt diese Strategie »cost averaging«), Renditen von 12,2 Prozent pro Jahr erreichen konnte, weit mehr als mit Anleihen. Zwölf Jahre später wiederholten sie die Studie mit denselben Aktien. Diesmal waren die Renditen sogar noch höher, trotz der Tatsache, dass sie keine Anpassungen bezüglich neuer Aktien oder neuer Branchen vorgenommen hatten, die in der Zwischenzeit aufgetaucht waren. Sie schrieben:

Wenn ein Stammaktien-Portfolio, das mit so offensichtlich dummen Methoden wie den in dieser Studie verwendeten zusammengestellt worden ist, eine jährliche Gesamtrendite von 14,2 Prozent erreicht, kann ein Kleinanleger mit begrenztem Wissen über die Marktbedingungen seine Ersparnisse in eine diversifizierte Liste von Stammaktien investieren und dabei einigermaßen sicher sein, dass ihm dies nach gewisser Zeit die Sicherheit seines Kapitals und eine angemessene Jahresrendite gewährleisten wird.22

Viele lehnten die Studie von Eiteman und Smith ab, weil der untersuchte Zeitraum den großen Crash von 1929 bis 1932 nicht enthielt. Aber 1964 erforschten Lawrence Fisher und James H. Lorie, zwei Professoren an der University of Chicago, die Aktienrenditen einschließlich des Crashs 1929, der Weltwirtschaftskrise und des Zweiten Weltkriegs.23 Sie fanden heraus, dass Aktien signifikant höhere Renditen boten (9,0 Prozent pro Jahr) als alle anderen Investments im Zeitraum der 35 Jahre von 1926 bis 1960. Sie bezogen sogar Steuern und Transaktionskosten in ihre Berechnungen ein und kamen zu dem Fazit:

Viele werden vielleicht überrascht sein, dass die Renditen beständig so hoch waren. … Die Tatsache, dass viele Personen Investments mit deutlich niedrigeren Durchschnittsrenditen wählten, spricht für die im Grunde konservative Einstellung dieser Investoren und das Ausmaß ihrer Besorgnis über das mit Stammaktien verbundene Risiko.24

Zehn Jahre später, 1974, veröffentlichten Roger Ibbotson und Rex Sinquefield in einem Artikel mit dem Titel »Stocks, Bonds, Bills and Inflation: Year-by-Year Historical Returns (1926–74)« eine noch ausführlichere Studie über Renditen.25 Sie gaben an, der Studie von Lorie und Fisher viel zu verdanken, und bestätigten die Überlegenheit von Aktien als Langfrist-Investments. Ihre zusammenfassenden Statistiken, die in Jahresberichten veröffentlicht werden, werden oft zitiert und dienen häufig als Rendite-Maßstab für die Wertpapierbranche.26

Die große Hausse 1982–2000

Die 1970er-Jahre waren weder für Aktien noch für die Wirtschaft eine gute Zeit. Steigende Inflation und wesentlich höhere Ölpreise führten in den 15 Jahren von Ende 1966 bis Sommer 1982 zu negativen realen Aktienrenditen. Aber als die strikte Geldpolitik der Fed die Inflation bändigte, fielen die Zinsen markant, und der Aktienmarkt startete seine größte Hausse aller Zeiten, während der sich die Aktienkurse mehr als verzehnfachten. Von einem Tief bei 790 Punkten im August 1982 aus stiegen die Aktien scharf an, und der Dow Industrial Average stieg bis Ende 1982 auf ein neues Rekordhoch von über 1000 Punkten und übertraf somit die Hochs von 1973, die er fast zehn Jahre zuvor erreicht hatte.

Viele Analysten waren zwar skeptisch, dass der Anstieg anhalten könnte, aber manche waren sehr optimistisch. Robert Forman, Präsident und Chairman von E. F. Hutton, verkündete im Oktober 1983, wir seien »am Beginn eines neuen Aktien-Zeitalters«, und sagte kühn voraus, der Dow Jones könne bis zum Ende des Jahrzehnts mindestens 2000 Punkte erreichen.

Aber sogar Forman war zu pessimistisch. Der Dow Industrials stieg im Januar 1987 über 2000 Punkte und dann auf über 3000 Punkte, kurz bevor Saddam Hussein im August 1990 in Kuwait einmarschierte. Der Golfkrieg und eine Rezession am Immobilienmarkt lösten eine Baisse aus, die aber ebenso kurzlebig war wie der Crash im Oktober 1987.

Iraks Niederlage im Golfkrieg leitete eines der großartigsten Jahrzehnte in der Geschichte des Aktienmarkts ein. Die Welt erlebte den Zusammenbruch des Kommunismus und eine geringere Gefahr globaler Konflikte. Der Transfer der Ressourcen von Militärausgaben zum inländischen Konsum ermöglichte es den USA, das Wirtschaftswachstum bei gleichbleibend niedriger Inflation zu steigern.

Als die Aktienkurse stiegen, hielten nur wenige die Hausse für dauerhaft. 1992 warnte Forbes Investoren in der Titelgeschichte »The Crazy Things People Say to Rationalize Stock Prices«, Aktien steckten »mitten in einer spekulativen Kaufpanik«, und zitierte Raskobs dummen Ratschlag, am Markthoch 1929 zu investieren.27

Aber solche Vorsicht war nicht angebracht. Nach dem erfolgreichen Kampf gegen die Inflation 1944 senkte die Fed die Leitzinsen, in der Folge stieg der Dow Anfang 1995 über 4000 Punkte. Wenig später verteidigte BusinessWeek die Dauerhaftigkeit der Hausse mit einem Artikel am 15. Mai 1995 mit der Überschrift »Dow 5000? Don’t Laugh«. Der Dow überwand diese Barriere im November und erreichte elf Monate später 6000 Punkte.

Ende 1995 veranlasste der beständige Anstieg der Aktienkurse viele weitere Analysten, Alarm zu schlagen. Michael Metz von Oppenheimer, Charles Clough von Merrill Lynch und Byron Wien von Morgan Stanley äußerten starke Zweifel über die Grundlagen der Hausse. 1995 schrieb David Shulman, Chef-Aktienstratege bei Salomon Brothers, einen Artikel mit der Überschrift »Fear and Greed«, in dem er das aktuelle Börsenklima mit dem ähnlicher Aktienmarkt-Hochs 1929 und 1961 verglich. Shulman schrieb, intellektuelle Unterstützung sei eine wichtige Zutat dauerhafter Haussephasen. Er erwähnte die Arbeiten Edgar Smith’ und Irving Fishers in den 1920er-Jahren, die Fisher-Lorie-Studie und mein 1994 veröffentlichtes Buch Langfristig Investieren.28 Aber diese Pessimisten erzielten nur wenig Wirkung, weil die Aktienkurse weiterhin stiegen.

Warnungen vor Überbewertung

1996 erreichten die Kurs-Gewinn-Verhältnisse im S&P-500-Index den Wert 20, deutlich höher als der Durchschnitt in der Nachkriegszeit. Weitere Warnungen wurden geäußert. Roger Lowenstein, ein bekannter Autor und Finanzjournalist, schrieb im Wall Street Journal:

Die Investition in Aktien ist zu einem nationalen Hobby und zur nationalen Besessenheit geworden. Die Menschen verunglimpfen vielleicht ihre Regierung, ihre Schulen, ihre verwöhnten Sportstars. Aber der Glaube an die Börse ist fast universell. Frei nach Marx ist sie die Religion der Massen.29

Floyd Norris, leitender Finanzredakteur der New York Times, reagierte auf Lowensteins Kommentare im Januar 1997 mit einem »In the Market We trust« betitelten Artikel.30 Henry Kaufman, der Guru von Salomon Brothers, dessen Aussagen über den Anleihenmarkt dort in den 1980er-Jahren häufig einen starken Einfluss hatten, erklärte, »die übertriebene finanzielle Euphorie wird immer deutlicher sichtbar«, und er zitierte die Aussagen von Optimisten, die ähnlich klangen wie Irving Fishers Äußerung, Aktien hätten ein dauerhaft hohes Niveau erreicht.31

Warnungen vor dem Ende der Hausse kamen nicht nur aus den Medien und von der Wall Street. Wissenschaftler untersuchten diesen unerwarteten Anstieg der Aktienkurse immer gründlicher. Robert Shiller von der Yale University und John Campbell aus Harvard schrieben eine gelehrte Studie, die zeigte, dass der Markt signifikant überbewertet war, und legten sie Anfang Dezember 1996 dem Board of Governors der Federal Reserve vor.32

Als der Dow über 6400 Punkte stieg, äußerte Alan Greenspan, Chairman der Federal Reserve, in einer Rede vor dem jährlichen Abendessen des American Enterprise Institute am 5. Dezember 1996 eine Warnung. Er fragte:

Wie können wir wissen, wann irrationaler Überschwang die Asset-Preise unangemessen nach oben getrieben hat, die dann unerwarteten und langen Rückgängen unterliegen, wie es im vergangenen Jahrzehnt in Japan der Fall war? Und wie beziehen wir diese Einschätzung in die Geldpolitik ein?

Seine Worte hatten einen elektrisierenden Effekt, und der Ausdruck irrationaler Überschwang wurde zur bekanntesten Äußerung während Greenspans Amtszeit als Chairman der Fed. Die japanischen und die europäischen Märkte fielen dramatisch, als seine Worte auf den Computer-Monitoren auftauchten, und am nächsten Morgen eröffnete die Wall Street deutlich niedriger. Aber die Anleger gewannen ihren Optimismus rasch wieder zurück, und die Aktien in New York schlossen nur mit moderaten Verlusten.

Das Spätstadium der großen Hausse, 1997–2000

Von da an ging es nur noch nach oben. Der Dow stieg im Februar 1997 über 7000, im Juli über 8000 Punkte. Sogar »Married to the Market«, Newsweeks vorsichtige Titelgeschichte, die eine Hochzeit an der Wall Street zwischen Amerika und einem Bullen zeigte, trug nichts dazu bei, den Optimismus der Investoren zu dämpfen.33

Die Börse wurde zu einer immer wichtigeren Beschäftigung für Amerikaner mit mittlerem oder höherem Einkommen. Wirtschaftsbücher und Zeitschriften blühten auf, und die Wirtschafts- und Börsensender, allen voran CNBC, fanden ein riesiges Publikum. Elektronische Ticker und Börsenkanäle im Fernsehen waren in Kantinen, Bars und sogar in den Lounges der bedeutenden Wirtschaftsschulen im ganzen Land zu sehen. Flugpassagiere konnten 11.000 Meter über dem Meeresspiegel auf Monitoren auf der Rückseite des Vordersitzes minutenaktuelle Dow- und Nasdaq-Indizes sehen.

Die explosionsartige Verbreitung der Kommunikationstechnologie verlieh dem ohnehin schon steigenden Markt noch zusätzlichen Auftrieb. Das Internet gab den Anlegern die Möglichkeit, überall auf der Welt in Kontakt mit den Märkten und ihren Depots zu bleiben. In Internet-Chatrooms, auf Finanz-Websites und in E-Mail-Newslettern hatten Investoren Zugriff auf eine Fülle von Informationen in unmittelbarer Reichweite. Aufgrund der enormen Popularität von CNBC sorgten bedeutende Investmenthäuser dafür, dass alle ihre Broker den Sender im Fernsehen oder auf ihren Computern sahen, damit sie ihren Kunden einen Schritt voraus waren, die wegen der neuesten Börsennachrichten anriefen.

Die Hausse-Psychologie schien gegen finanzielle und ökonomische Schocks immun zu sein. Die erste Welle der Asien-Krise sorgte am 27. Oktober 1997 für einen Rekordverlust von 554 Punkten. Die Börse wurde vorübergehend geschlossen. Aber auch das konnte dem Aktien-Enthusiasmus der Anleger wenig anhaben.

Im folgenden Jahr konnte die russische Regierung ihre Staatsanleihen nicht bedienen, und Long-Term Capital Management, nach allgemeiner Meinung der bedeutendste Hedgefonds der Welt, war in spekulative, nicht handelbare Positionen im Wert von mehreren Billionen Dollar verwickelt. Diese Ereignisse ließen den Dow Industrials um fast 2000 Punkte oder 20 Prozent abstürzen, aber nach drei schnellen Leitzinssenkungen der Fed stiegen die Kurse wieder. Am 29. März 1999 schloss der Dow bei mehr als 10.000 Punkten und stieg dann auf ein Rekordhoch von 11.722,98 Punkten am 14. Januar 2000.

Das Markthoch

Es war so, wie es so oft am Höhepunkt einer Hausse geschieht: Die diskreditierten Pessimisten ziehen sich zurück, während die Optimisten, deren Egos durch die kontinuierliche Aufwärtsbewegung gestärkt sind, immer kühner werden. 1999 veröffentlichten die beiden Ökonomen James Glassman und Kevin Hassett ein Buch mit dem Titel Dow 36.000. Sie behaupteten, der Dow Jones Industrial Average sei trotz seines raketenartigen Anstiegs noch immer krass unterbewertet und seine wahre Bewertung liege dreimal höher, also bei 36.000 Punkten. Zu meiner großen Überraschung behaupteten sie, die theoretische Begründung ihrer Analyse stamme aus meinem Buch Langfristig Investieren. Sie schrieben: Da ich bewiesen hätte, dass Anleihen auf lange Sicht ebenso riskant seien wie Aktien, müssten die Aktienkurse auf das Dreifache steigen, wenn ihre Renditen ebenso hoch sein sollten wie die der Anleihen. Dabei ignorierten sie, dass man dazu Aktien mit inflationsgesicherten Anleihen vergleichen muss, deren Renditen damals deutlich höher waren.34

Trotz der Aufwärtsbewegung des Dow Industrial fand die wirkliche Aktion bei den an der Nasdaq gelisteten Technologieaktien statt. Dazu gehörten Aktien wie Cisco, Sun Microsystems, Oracle, JDS Uniphase und andere Unternehmen ebenso wie eine wachsende Gruppe von Internetaktien. Von November 1997 bis März 2000 stieg der Dow Industrials um 40 Prozent, der Nasdaq-Index aber um 185 Prozent, und der Dotcom-Index aus 24 Online-Firmen stieg fast um das Zehnfache von 142 auf 1350 Punkte.

Die Technologieblase platzt

Am 10. März 2000 erreichte nicht nur die Nasdaq ihren Höchststand, sondern auch viele Internet- und Technologieaktienindizes. Sogar ich als langfristiger Optimist schrieb, dass Technologieaktien zu lächerlichen Kursen gehandelt wurden, und prognostizierte einen Zusammenbruch.35

Als die Investitionen in Technologie unerwartet sanken, platzte die Blase und eine gewaltige Baisse begann. Bei den Aktienkursen kam es zu einem Rekordverlust von insgesamt neun Billionen Dollar, Der S&P-500-Index fiel um 49,15 Prozent. Dieser Verlust war höher als der zwischen 1972 und 1974 und der schlimmste seit der Großen Depression. Die Nasdaq fiel um 78 Prozent, der Dotcom-Index um mehr als 95 Prozent.

So wie die Hausse die irrationalen Optimisten entstehen ließ, brachte die Baisse scharenweise Pessimisten zurück. Im September 2002, als der Dow bei etwa 7500 Punkten stand, kurz vor dem Baissetief bei 7268 Punkten, brachte Bill Gross, der legendäre Gründer von PIMCO, des größten Investmentfonds der Welt, ein Papier mit dem Titel »Dow 5000« heraus. Darin schrieb er, trotz des schlimmen Absturzes stünden Aktien bei Weitem noch nicht so tief, wie sie aufgrund der ökonomischen Fundamentaldaten stehen sollten. Es war erstaunlich, dass innerhalb von zwei Jahren ein angesehener Prognostiker sagte, der angemessene Wert des Dow liege bei 36.000 Punkten, während ein anderer behauptete, er sollte bis auf 5000 Punkte fallen.

Die Baisse beendete die Faszination des Publikums für Aktien. In TV-Geräten an öffentlichen Orten lief nicht mehr CNBC, sondern Sport und Gerüchte aus Hollywood. Ein Barbesitzer drückte das anschaulich aus: »Die Leute lecken ihre Wunden und wollen nicht mehr über Aktien reden. Jetzt geht es wieder um Sport, Frauen und darum, wer das Spiel gewonnen hat.«36

Die sinkende Börse ließ viele Profis Aktien zutiefst skeptisch sehen, aber Anleihen schienen auch keine attraktive Alternative zu sein, weil ihre Renditen unter vier Prozent gesunken waren. Die Investoren fragten sich, ob es auch außerhalb der Welt von Aktien und Anleihen attraktive Investments gibt.

David Swenson, seit 1985 Hauptverantwortlicher für das Vermögen der Yale University, schien die Antwort auf diese Frage zu liefern. Am Höhepunkt der Hausse schrieb er ein Buch mit dem Titel Pioneering Portfolio Management: An Unconventional Approach to Institutional Investment. Darin setzte er sich für die Eigenschaften »nicht traditioneller« (und oft illiquider) Assets wie Private Equity, Venture-Kapital, Immobilien, Bauholz und Hedgefonds ein. Folglich erlebten Hedgefonds, Investment-Pools, die ihr Geld so investieren können, wie auch immer die Manager es für richtig halten, einen Boom.37 Von nur 100 Milliarden Dollar 1990 stiegen die Assets der Hedgefonds bis 2007 auf über 1,5 Billionen Dollar.

Aber der Kapitalzufluss zu den Hedgefonds trieb die Preise vieler unkonventioneller Assets bis auf Höhen, die man nie zuvor gesehen hatte. Jeremy Grantham, erfolgreicher Vermögensverwalter bei GMO und früher ein großer Fürsprecher unkonventionellen Investierens, stellte im April 2007 fest: »Nach diesen Bewegungen sind viele diversifizierende und exotische Assets extrem überteuert.«38

Vorzeichen der Finanzkrise

Nach dem Zusammenbruch der Technologieaktien stieg der Aktienmarkt von seinem Tief (7286 Punkte am 9. Oktober 2002) exakt fünf Jahre später fast auf das Doppelte (14.165 Punkte am 9. Oktober 2007). Im Gegensatz zum Hoch des Technologiebooms, als der S&P-500 ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 30 aufwies, gab es am Markthoch 2007 keine generelle Überbewertung. Das KGV lag deutlich niedriger, nämlich bei 16.

Aber es gab Zeichen, dass nicht alles in Ordnung war. Der Finanzsektor, der während der Hausse zum größten Sektor des S&P-500 geworden war, hatte sein Hoch im Mai 2007 erreicht, und die Aktien vieler großer Banken, zum Beispiel die von Citi und die von Bank-America, waren schon das ganze Jahr über gefallen.

Viele ominöse Entwicklungen kamen vom Immobilienmarkt. Nachdem sich die Immobilienpreise in den zehn Jahren zuvor fast verdreifacht hatten, erreichten sie im Sommer 2006 ihr Hoch und begannen zu sinken. Plötzlich gab es bei Subprime-Hypotheken große Zahlungsprobleme. Im April 2007 meldete New Century Financial, ein bedeutender Emittent von Subprime-Hypotheken, Insolvenz an, und im Juni informierte Bear Stearns seine Investoren, dass die Bank die Rückzahlung ihres High-Grade Structured Credit Strategies Enhanced Leverage Fund einstellte, eines Fonds, dessen Name ebenso kompliziert ist wie die von ihm gehaltenen Wertpapiere.

Zunächst ignorierte die Börse diese Entwicklungen, aber am 9. August 2007 stellte BNP Paribas, die größte Bank Frankreichs, die Tilgungen ihrer Hypothekenfonds ein, und an den Aktienmärkten in der ganzen Welt kam es zu einem deutlichen Einbruch. Die Aktien erholten sich, als die Fed die Fed Funds Rate bei einer Notfallsitzung im August um weitere 50 Punkte und bei der regulären Sitzung im September um weitere 50 Basispunkte senkte.

Aber 2008 wurden die Probleme mit den Subprime-Papieren nicht geringer. Bear Stearns musste immer mehr Subprime-Hypotheken zurücknehmen und in der eigenen Bilanz verbuchen. Die Bank bekam Finanzierungsprobleme, und der Aktienkurs stürzte ab. Am 17. März 2008 unternahm die Federal Reserve einen Versuch, Bear Stearns vor dem bevorstehenden Bankrott zu retten, und arrangierte den Verkauf sämtlicher Assets von Bear Stearns an JPMorgan, zum Preis von zwei Dollar je Aktie (der später auf zehn Dollar erhöht wurde), also fast 99 Prozent unter dem Kurshoch von 172,61 Dollar, das im Januar 2007 erreicht worden war.

Der Anfang vom Ende für Lehman Brothers

Aber Bear Stearns war nur der Appetithappen für diese Baisse, und der Hauptgang kam schon wenig später. Lehman Brothers, in den 1850er-Jahren gegründet, hatte eine reiche Firmengeschichte, hatte große Unternehmen wie Sears, Woolworth, Macy’s, und Studebaker an die Börse gebracht. Die Profitabilität stieg enorm, seit die Investmentbank 1994 selbst an die Börse ging. 2007 veröffentlichte Lehman im vierten Jahr in Folge Rekordgewinne. Die Netto-Einnahmen stiegen auf 19,2 Milliarden Dollar, fast 30.000 Mitarbeiter waren für Lehman tätig.

Aber ebenso wie Bear Stearns war auch Lehman Brothers in den Subprime-Markt involviert, zudem in andere mit hohen Krediten finanzierte Immobilien-Investments. Der Aktienkurs war von über 40 auf 20 Dollar gesunken, als Bear Stearns im März mit JPMorgan fusioniert wurde. Lehman war bekannt für die Finanzierung großer Immobiliengeschäfte und verbuchte hohe Gebühren, wenn Investoren zu immer höheren Preisen kommerziell genutzte Immobilien verkauften und refinanzierten. Im Juli hatte Blackstone, ein weiteres großes Investmenthaus, das im Juli 2007 an die Börse ging, Sam Zells Equity Office Property für 22,9 Milliarden Dollar gekauft und hohe Gebühren dafür kassiert, fast alle Vermögensgegenstände zu verkaufen, bevor die Börse kollabierte.

Trotz des Chaos am Subprime-Markt war Lehman zuversichtlich. Viele Analysten waren überzeugt, dass kommerzielle Immobilien vom Überangebot am Häusermarkt nicht betroffen seien. Tatsächlich stiegen die Preise kommerzieller Immobilien nach dem Hoch des Gesamtmarkts noch weiter. Begünstigt durch sinkende Zinsen erreichte der alle börsennotierten Immobilientrusts enthaltende Dow-Jones-Reit-Index sein Hoch im Februar 2008, vier Monate nach dem Gesamtmarkt und mehr als ein Jahr nachdem die großen Geschäftsbanken ihre Kurshochs markiert hatten.39

Im Mai, kurz nach dem Preishoch der kommerziell genutzten Immobilien, finanzierte Lehman einen riesigen, 22 Milliarden Dollar umfassenden Anteil an Archstone-Smith Trust, in der Hoffnung, dessen Vermögenswerte verkaufen zu können, so wie Blackstone es ein paar Monate zuvor getan hatte.40 Aber bei dieser Reise nach Jerusalem hörte die Musik im Sommer 2008 auf zu spielen. Blackstone bekam den allerletzten Stuhl, Lehman musste stehen bleiben. Am 15. September 2008, als Lehmans CEO Richard Fuld darum kämpfte, in letzter Minute einen Käufer zu finden, meldete Lehman Brothers, ein Investmenthaus, das über 150 Jahre gediehen war, Insolvenz an. Das war die größte Firmenpleite in der Geschichte der USA, und Lehman verzeichnete Verbindlichkeiten in Höhe von 613 Milliarden Dollar. So wie der große Crash 1929 die Große Depression der 1930er-Jahre auslöste, leitete das Ende von Lehman Brothers 2008 die größte Finanzkrise und den tiefsten Konjunktureinbruch ein, den die Welt seit fast 100 Jahren gesehen hatte.

2. Die große Finanzkrise 2008

Ursachen, Auswirkungen und Folgen

Was die Große Depression betrifft, haben Sie recht. Wir waren daran schuld.Das tut uns sehr leid. Aber dank Ihnen werden wir das nie wieder tun.Ben Bernanke bei der Feier des 90. Geburtstags von Milton Friedman am 8. November 2002

Die Woche, die die Weltmärkte erschütterte

Es war zwar erst Mittwoch, der 17. September, aber ich hatte schon eine sehr anstrengende Woche hinter mir, in der ich versucht hatte, eine Erklärung für die Umwälzungen an den Finanzmärkten zu finden. Am Montag wurden die Investoren von höheren Eröffnungskursen der Aktien überrascht, obwohl am Sonntag die Nachricht über die Insolvenz von Lehman Brothers bekannt geworden war. Dabei handelte es sich um den größten Bankrott in der Geschichte der USA. Ohne finanzielle Hilfe der Regierung hatte Lehman Brothers, ein 150 Jahre altes Investmenthaus, das die Große Depression überlebt hatte, diesmal keine Chance.

Aber dieser hoffnungsvolle Handelsbeginn wurde rasch durch Gerüchte gekontert, dass wichtige Firmen die Börsenaufträge von Lehman-Kunden nicht abwickeln würden. Das versetzte die Märkte in einen Zustand der Angst.1 Als sich die Gewinne vom Montagmorgen in Verluste verwandelten, griff an den Finanzmärkten Furcht um sich. Die Anleger fragten sich: Welche Assets waren noch sicher? Welche Firma würde als Nächste insolvent werden? Und konnte man diese Krise in den Griff bekommen? Die Risikoprämien stiegen massiv, weil sich die Kreditgeber aus allen Märkten zurückzogen, mit Ausnahme von US-Staatsanleihen.2 Am Ende dieses Tages war der Dow Industrials um mehr als 500 Punkte gefallen.

Am nächsten Tag attackierten Spekulanten AIG, das größte und profitabelste Versicherungsunternehmen der Welt. Der Aktienkurs von AIG, der ein Jahr zuvor fast 60 Dollar erreicht hatte, fiel unter drei Dollar. Am Freitag der Vorwoche hatte die Aktie noch einen Schlusskurs von über zehn Dollar aufgewiesen. AIGs Zusammenbruch ließ die Aktienkurse massiv abstürzen, aber einige Spekulanten setzten darauf, dass die Fed nicht riskieren konnte, noch ein großes Finanzunternehmen untergehen zu lassen. Sie sollten Recht behalten. Im Lauf des Tages stabilisierte sich der Markt. Tatsächlich gab die Fed nach Handelsschluss bekannt, dass sie AIG einen Kredit von 85 Milliarden Dollar gewährt hatte, um einen weiteren, den Markt erschütternden Bankrott zu verhindern. Die Entscheidung der Fed, AIG zu retten, war eine dramatische Wende, denn Chairman Ben Bernanke hatte die Bitte des Versicherungsriesen um einen Kredit von 40 Milliarden Dollar erst eine Woche zuvor abgewiesen.

Aber die Krise war bei Weitem noch nicht vorbei. Nach Handelsschluss am Dienstag kam vom 36 Milliarden schweren Reserve Primary Money Market Fund eine höchst ominöse Meldung: Weil die von diesem Fonds gehaltenen Lehman-Wertpapiere nichts mehr wert waren, werde Reserve seinen Investoren pro Dollar nur 97 Cent auszahlen.3

Obwohl andere Geldmarktfonds ihren Kunden versicherten, keine Lehman-Kredite im Bestand zu haben und alle Auszahlungen zum vollen Wert vorzunehmen, war klar, dass diese Erklärungen kaum dazu beitragen konnten, die Ängste der Anleger zu beseitigen. Bear Stearns hatte den Investoren sechs Monate zuvor mehrfach versichert, alles sei in Ordnung, bis die Fed die Firma zwang, mit JPMorgan zu fusionieren. Auch Richard Fuld, der Chairman von Lehman, sagte den Anlegern noch eine Woche vor dem Insolvenzantrag, alles sei in Ordnung, und beschuldigte Leerverkäufer, den Preis seiner Aktie nach unten zu treiben.

Konnte sich die Große Depression wiederholen?