Beute für Profis - Robert B. Parker Parker - E-Book

Beute für Profis E-Book

Robert B. Parker Parker

4,8

Beschreibung

Pam, die Frau des Bauunternehmers Shepard, ist verschwunden. Spenser erhält den Auftrag sie zu finden und zurückzubringen. Schnell stellt sich heraus, dass Pam sich einer radikalen Frauengruppe angeschlossen hat. Kurz darauf beteiligt sie sich an einem Banküberfall, bei dem ein Wachmann getötet wird. Aber Shepard hat plötzlich ganz andere Sorgen. Er hat sich bei den falschen Leuten viel Geld geliehen und kann es nicht zurückzahlen. Ein Geldeintreiber taucht auf und bedroht den Unternehmer und seine Kinder. Er braucht die Hilfe von Spenser, wenn er am Leben bleiben will …

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Robert B. Parker

Beute für Profis

Robert B. Parker wurde 1932 geboren. Nach seinem M.A. in amerikanischer Literatur promovierte er 1971 über die „Schwarze Serie“ in der amerikanischen Kriminalliteratur. Seit seinem Debüt „Spenser und das gestohlene Manuskript“ im Jahr 1973 sind fast 40 Spenser-Krimis erschienen. 1976 wurde Parkers Roman „Auf eigene Rechnung“ von der Vereinigung amerikanischer Krimi-Autoren mit dem „Edgar Allan Poe Award“ als bester Kriminalroman des Jahres ausgezeichnet. Robert B. Parker verstarb 2010.Infos zum Autor unter www.robertbparker.de

Robert B. Parker

Beute für Profis

Ein Auftrag für Spenser

Übersetzt von Martin Lewitt

PENDRAGON

1

Aus der City war ich regelrecht raussaniert worden und hatte mir weiter draußen ein neues Büro suchen müssen. Zu guter Letzt war ich im Obergeschoss eines zweistöckigen, runden Erkers über einem Tabakladen gelandet. Er ragte wie ein Schiffsbug über die Ecke Massachusetts Avenue / Boylston Street. Vor mir hatte hier eine Hellseherin ihr Gewerbe ausgeübt. Deren verwitterte Goldschrift kratzte ich gerade mit einer Rasierklinge vom Fenster ab, als ich den Mann sah. Er trug einen hellgrünen Freizeitanzug und ein gelbes Hemd mit offenem Kragen, dessen Spitzen sich auf dem Rockaufschlag kringelten. Er sah auf einen Fetzen Papier in der Hand, dann auf die Hausnummer. Der Anblick schien ihn nicht gerade in Begeisterung zu versetzen.

„Mein erster Klient im neuen Büro“, sagte ich. „Oder der letzte von Madam Sosostris.“

Hinter mir bearbeitete Susan Silverman mit Putzmittel und Papiertüchern die Milchglasscheibe der Eingangstür. Susan trug abgeschnittene Jeans und ein blau-weiß gestreiftes T-Shirt. Sie kam zum Fenster und sah nach unten.

„Die Gegend scheint ihm nicht besonders zu gefallen“, sagte sie.

„Wenn ich in einer ihm zusagenden Gegend wäre, könnte er sich meine Dienste nicht leisten.“

Der Mann verschwand in der schmalen Tür neben dem Tabakgeschäft, und kurze Zeit später hörte ich seine Schritte auf der Treppe. Pause, dann klopfte es. Susan öffnete. Er blickte unsicher in mein Büro. Auf dem Boden standen Kartons mit dicken Aktenordnern. Die Wände rochen nach billiger Farbe. Auf den Zeitungen links von der Tür lagen und standen verkrustete Pinsel und Töpfe herum. Im Büro war es heiß und ich trug außer meinen alten Jeans nur noch bekleckste Turnschuhe.

„Ich suche einen gewissen Spenser“, sagte der Mann.

„Das bin ich“, sagte ich. „Kommen Sie nur rein.“ Ich legte die Rasierklinge auf das Fensterbrett und ging um den Schreibtisch, um ihn zu begrüßen. Ich brauchte einen Klienten, und zwar ziemlich dringend. Ich wette, Philo Vance hat sein Büro nie selbst gestrichen.

„Das ist Mrs. Silverman“, sagte ich. „Sie hilft mir beim Umzug. Die Stadtverwaltung hat mein altes Büro abreißen lassen.“ Während ich sprach, spürte ich deutlich den Schweiß, der an meinem Oberkörper heruntertröpfelte. Susan lächelte ihn an und sagte hallo.

„Mein Name ist Shepard“, sagte er. „Harvey Shepard. Ich möchte mit Ihnen reden.“

„Ich geh ein Sandwich essen“, sagte Susan. „Ist schon fast Zeit fürs Mittagessen. Soll ich was mitbringen?“

Ich schüttelte den Kopf. „Trink’ne Cola oder so was. Wenn Mr. Shepard und ich fertig sind, führe ich dich zu Mittag in ein schönes Restaurant aus.“

„Na, mal sehen“, sagte Susan skeptisch. „Hat mich gefreut, Sie kennenzulernen, Mr. Shepard.“

Als sie weg war, fragte Shepard: „Ihre Sekretärin?“

„Nein. Nur eine Freundin.“

„So? Solche Freundinnen möchte ich auch mal haben.“

„So wie Sie gekleidet sind, dürfte Ihnen das doch nicht schwerfallen.“

„Nun ja, ich bin verheiratet. Und ich arbeite ziemlich viel.“

Schweigen kam auf. Sein viereckiges Gesicht war ziemlich rot, das Haar schwarz und voll. Die Kinnpartie wirkte etwas weichlich, und seine Züge sahen leicht verschwommen aus. Trotzdem ein ansehnlicher Mann, die dunkle, irische Sorte. Er schien ein Typ zu sein, der nicht gerade auf den Mund gefallen ist, und dass er jetzt nichts herausbrachte, machte ihn offensichtlich verlegen. Ich gab ihm Starthilfe.

„Wer hat Sie zu mir geschickt, Mr. Shepard?“

„Harv“, sagte er. „Nennen Sie mich Harv. Das tun alle.“

Ich nickte.

„Ich kenne einen Reporter in New Bedford, von der Standard Times. Der hat mir Ihren Namen besorgt.“

„Kommen Sie aus New Bedford, Harv?“

„Nein. Aus Hyannis.“

„Ach so. Wollen Sie für das Amt des Präsidenten kandidieren und brauchen mich als Pressesprecher?“

„Nein.“ Er lächelte unsicher. „Ach so, jetzt verstehe ich, wegen der Kennedys und weil ich aus Hyannis komme, haha.“ „Okay, also Sie kandidieren nicht und ich soll nicht Ihr Pressesprecher werden. Was kann ich dann für Sie tun?“, fragte ich.

„Ich möchte, dass Sie meine Frau finden.“

„Okay.“

„Sie ist mir weggelaufen, glaube ich.“

„Das kommt schon mal vor.“

„Ich will sie wiederhaben.“

„Dafür kann ich nicht garantieren. Gut, ich werde sie finden. Aber Kidnapping gehört nicht zu meinem Repertoire. Wenn sie zurückkommen soll, müssen Sie das selbst mit ihr ausmachen.“

„Sie ist einfach abgehauen. Hat mich sitzenlassen. Mich und die drei Kinder. Einfach weg.“

„Sind Sie zur Polizei gegangen?“

Er nickte.

„Und ein Verbrechen scheidet aus?“

„Ja. Sie hat einen Koffer gepackt und ist verschwunden. Ich kenne Deke Slade persönlich. Und der ist überzeugt, dass sie durchgebrannt ist.“

„Slade? Ein Cop?“

„Ja. Von der Polizei bei uns oben.“

„Okay. Einen Hunderter am Tag plus Spesen. Zu den Auslagen gehören ein Hotelzimmer und die Mahlzeiten. Ich kann nicht jeden Tag von Boston rüberpendeln.“

„Egal, wie viel es kostet, ich zahle. Wollen Sie einen Vorschuss?“

„Ach Harv, sollten Sie doch Präsident werden wollen, mache ich gern den Pressesprecher.“

Er lächelte wieder unsicher. Ich schaffte es nicht, seine Laune mit Witzchen zu erhellen.

„Wie viel brauchen Sie?“

„Fünfhundert.“

Er zog eine Brieftasche aus der Jacke und gab mir fünf Hundertdollarscheine. Ich konnte nicht sehen, wie viele noch drinnen waren. Ich faltete sie zusammen und steckte sie in die Hosentasche. Meine lässige Miene sollte ihm suggerieren, dass die fünf Lappen dort im trauten Familienkreis ruhten.

„Morgen früh werde ich raufkommen. Sind Sie zu Hause?“

„Ja. Ich wohne in der Ocean Street 18. Wann etwa werden Sie da sein? Hab ungeheuer viel Arbeit. Du lieber Gott, und gerade jetzt haut sie ab!“

„Neun Uhr. Wenn Sie Fotos von ihr haben, halten Sie die bereit. Davon werde ich mir Abzüge machen lassen. Ebenso Briefe, Telefonrechnungen und so weiter. Graben Sie alles aus. Alte Scheckhefte mit Zahlungsvermerken. Machen Sie eine Liste ihrer Freunde. Wie steht’s mit anderen Männern?“

„Pam? Niemals. Für Sex hat sie nicht viel übrig.“

„Vielleicht für Liebe.“

„Die bekommt sie von mir. So viel sie brauchen kann.“

„Wenn Sie meinen. Und die Kinder? Kann ich vor ihnen reden?“

„Klar. Wir verheimlichen uns nichts. Die wissen, dass sie abgehauen ist. Sind auch alt genug. Das Jüngste ist zwölf.“

„Und sie wissen auch nicht, wo ihre Mutter sein könnte?“

„Ich glaube nicht. Zumindest sagen sie, dass sie nichts wüssten.“

„Aber sicher sind Sie nicht?“

„Also, ich bin nicht sicher, ob sie es mir verraten würden. Ich habe in letzter Zeit nicht so viel mit ihnen zu tun gehabt, wie ich sollte. Ich weiß nicht, ob sie mir vertrauen. Besonders die Mädchen.“

„So geht mir das andauernd. Nehmen Sie es sich nicht zu Herzen.“

„Sie haben leicht reden.“

„Ja, Sie haben recht. Gibt es noch etwas, was Sie mir sagen wollen?“

Er schüttelte trübe den Kopf.

„Okay, dann bis morgen früh um neun.“

Wir gaben uns die Hand.

„Wissen Sie den Weg?“

„Ja“, sagte ich. „Ich kenn mich in Hyannis ganz gut aus. Ich werd’s schon finden.“

„Werden Sie meine Frau finden, Spenser?“

„Klar.“

2

Als Susan Silverman von ihrer Cola-Pause zurückkam, saß ich am Schreibtisch, die fünf Hundertdollarnoten vor mir ausgebreitet.

„Wessen Bild ist auf dem Hundertdollarschein abgebildet?“, fragte ich.

„Nelson Rockefeller.“

„Falsch.“

„David Rockefeller?“

„Vergiss es.“

„Laurence Rockefeller?“

„Wo möchtest du essen?“

„Du hättest mir das Geld nicht zeigen sollen. Ich wär mit Ugis Steak und Zwiebel Sandwiches zufrieden gewesen. Jetzt denke ich übers Pier 4nach.“

„Ganz wie du wünschst. Dann also Pier 4. Muss ich mich umziehen?“

„Wisch dir wenigstens den Schweiß von der Brust.“

„Los, wir gehen zu mir, und machen uns fein.“

„Sobald du einen Klienten hast, platzt du ja geradezu vor Tatendrang.“

„Jawohl, Madam. Ich begebe mich postwendend zum nächsten Restaurant.“

Ich klemmte mir den Revolver an den Gürtel und zog das Hemd darüber. Zu Fuß dauerte es zehn Minuten bis zu meiner Wohnung. Die meiste Zeit geht man entlang der Promenade auf der Commonwealth Avenue. Susan ging unter die Dusche, und während ich den Tisch bestellte, öffnete ich eine Flasche Amstel-Bier. Letztendlich waren es drei.

Pier 4 thront am Hafen wie ein koloniales Stonehenge. Alte Ziegel, zünftig verwitterte Balken, am Kai ein ehrwürdiger Raddampfer vom Hudson River als Cocktailbar. Ein Denkmal des unbekannten Spesenmachers. Siegessäule des Feinschmeckertums auf Geschäftskosten. Ein uniformierter Türjunge nahm sich meines Kabrioletts an, mit hochgezogener Augenbraue. Die meisten Autos auf dem Restaurantparkplatz waren neuer, aber meine Polster trugen den Leukoplast-Rekord.

„Diesem jungen Mann scheint dein Auto nicht gefallen zu haben“, sagte Susan.

„Das ist das Problem unserer Kultur. Kein Respekt vor dem Alter.“

Man informierte uns, wir würden eine Weile auf unseren Tisch warten müssen. Wünschten wir einen Cocktail?

Wir wünschten. Andächtig überquerten wir den Landungssteg zum Raddampfer und setzten uns. Vor uns lag der Hafen von Boston. Susan bestellte eine Margarita, ich ein Heineken. Niemand hatte heutzutage Amstel. Nicht einmal das Pier 4.

„Wozu will dich dein Klient anheuern?“

„Soll seine Frau finden.“

„Schwierige Sache?“

„Kaum. Hört sich an, als wär sie einfach abgehauen. Dann wird sie nicht schwer zu finden sein. Die meisten laufen nicht sehr weit. In der Mehrzahl wollen sie sowieso bald gefunden werden und wieder nach Hause kommen.“

„Hört sich nicht gerade emanzipiert an.“

„Ist es auch nicht, aber so liegen die Dinge nun mal. Zum ersten Mal in der Geschichte laufen mehr Frauen ihren Männern weg als umgekehrt. Die lesen zwei Ausgaben des Ms. Magazins, sehen Marlo Thomas in einer Talkshow und stellen fest, dass sie so nicht mehr weiterleben können. Also hauen sie ab. Und dann geht ihnen auf, dass sie nicht auf eigenen Füßen stehen können. Zehn oder fünfzehn Jahre Hausfrauendasein haben sie nur zum Geschirrspülen oder Kellnern oder Putzen qualifiziert. Und sie fühlen sich einsam.“

„Aber einfach nach Hause gehen können sie auch nicht wieder“, sagte Susan. „Das hieße klein beigeben, reumütig zu Kreuze kriechen.“

„Richtig. Also warten sie, dass jemand sie sucht.“

„Und wenn jemand nach ihnen sucht, enthält dieser Akt schon eine Botschaft: Sie ist dem Mann wichtig genug, sie zu suchen. Es ist auf gewisse Weise eine verquere Geste der Zuneigung.“

„Wieder richtig. Aber die Schuld, besonders gegenüber den Kindern, macht sie fertig. Und wenn sie wieder daheim an der Gattenbrust liegen, ist die Lage meist noch hoffnungsloser als vorher.“

Susan nippte an ihrer Margarita. „Der Mann hat ein neues Erpressungsmittel.“

Ich nickte. „Stimmt. Und zum Teil hat er recht. Er kann sagen, ‚du Miststück, hast uns hier einfach im Dreck sitzenlassen, mich und die Kinder. Kein Grund, die verletzte Stolze zu spielen. Du schuldest uns was, Schätzchen‘.“

„Aber …“, sagte Susan.

„Natürlich gibt es ein Aber. Immer wieder aber. Aber sie hat ihr Leben den Bedingungen der Familie unterworfen, nun braucht sie eine Möglichkeit, das Leben nach ihren eigenen Bedingungen auszurichten. Aber klar.“

„Bei dir hört sich das alles so routinemäßig an“, sagte Susan.

„Das ist auch Routine. Hab langsam genug davon. In den Sechzigern hab ich die meiste Zeit damit verbracht, davongelaufene Kids zu suchen. Jetzt muss ich die Mamis aufstöbern. Bei denen ist es immer wieder die gleiche Geschichte.“

„Du hörst dich außerdem an, als wäre das alles irgendwie trivial. Oder alltäglich. Als wäre dir das egal. Als wären sie nur eine weitere Akte in deiner Kartei, eingeheftet unter ‚Vermisstes‘.“

„Ich sehe keinen Grund dazu, bei diesen Fällen rührselig zu werden. Sie sind mir wichtig genug, sie zu suchen. Ich tue es natürlich auch fürs Geld, aber Geld verdiene ich immer irgendwie. Das Wichtigste ist es, zumindest in meinem Beruf, die Sache nicht zu nah an sich ranzulassen. Das ist meistens schlecht für einen.“ Ich gab der Kellnerin ein Zeichen für ein weiteres Bier. Ich sah nach Susans Drink. Sie schüttelte den Kopf.

Jenseits des Hafens hob eine riesige Boeing 747 von der Landepiste ab und orientierte sich in einem schwerfälligen Halbkreis nach Westen. Los Angeles? San Francisco?

„Suze“, sagte ich. „In dem Vogel da sollten wir beide sitzen.“

„Ich hasse Fliegen.“

„Ups“, machte ich. „Da bin ich wohl jemandem auf die Füße getreten.“

„Wie kommst du darauf?“

„Der Ton, Schätzchen. Dein Tonfall, die Länge deiner Sätze und die Art, wie du den Kopf bewegst. Denk dran, ich bin ein ausgebildeter Ermittler. Mit Hinweisen verdiene ich mein Geld. Weshalb bist du sauer?“

„Weiß nicht.“

„Ein guter Anfang.“

„Nimm mich nicht auf den Arm, Spenser. Ich weiß es wirklich nicht genau. Klar bin ich sauer auf dich, die Wut geht zumindest in deine Richtung. Vielleicht hab ich selbst Ms. gelesen und Marlo Thomas in Talkshows gesehen. Ich war verheiratet und bin geschieden. Womöglich weiß ich besser als du, was die Frau dieses Mannes durchstehen muss.“

„Kann ja sein“, sagte ich. Der Oberkellner hatte den Tisch für uns bereit, und wir folgten ihm schweigend ins Restaurant. Er händigte uns riesige Speisekarten aus, reich verschnörkelt und mit vornehmem Flair. Der Preis des Hummers wurde diskret verschwiegen.

„Gehen wir mal davon aus, dass das stimmt und du verstehst ihre Probleme besser als ich. Was macht dich daran sauer?“

„Selbstgefällig. Das ist das Wort, das mir vorhin nicht einfallen wollte. Du sprichst selbstgefällig über das dumme mickrige Aufbegehren einer Frau.“

Eine Kellnerin erschien. Ich sah Susan an. „Escargots“, sagte sie. „Und den Krebs.“ Ich bestellte verschiedene warme Horsd’œuvres und ein Steak. Die Kellnerin verschwand.

„Also selbstgefällig halte ich für unpassend. Flapsig vielleicht, aber nicht selbstgefällig“, sagte ich.

„Herablassend“, sagte Susan.

„Nein. Vielleicht genervt, wenn es mir zu viel wird. Nicht von ihr, sondern von dieser dummen Welt. Mir hängen die Entwicklungen zum Hals raus. Ich ertrage Leute nicht, die denken, ein neues System löse alle Probleme. Ich ertrage Leute nicht, die ihr Anliegen über andere Menschen stellen. Und es macht mich wütend, wenn Leute, gleich welchen Geschlechts, ihre Kinder verlassen und abhauen um zu arbeiten, zu saufen, zu vögeln, um Erfolg zu haben. Das ist verantwortungslos.“

Die Kellnerin brachte uns den ersten Gang. Auf meinem Teller warmer Hors-d’œuvres befanden sich unter anderem Venusmuscheln Casino, Austern à la Rockefeller, gebackene Krevetten und ein gefüllter Pilz.

„Ich tausche den Pilz gegen eine Schnecke“, sagte ich.

Sie nahm die Zange und legte mir eine Schnecke auf den Teller. „Den Pilz kannst du behalten“, sagte sie.

„Nur weil du sauer bist, ist das noch lange kein Grund in Hungerstreik zu treten, Suze.“ Ich stocherte in der Schale herum, zog das Schneckenfleisch heraus und aß es. „Letzte Chance für den Pilz“, sagte ich.

Sie schüttelte den Kopf. Ich aß den Pilz.

„Du weißt ja überhaupt nicht, warum sie durchgebrannt ist“, sagte Susan.

„Wissen wir beide nicht.“

„Aber du führst sofort feministische Motive ins Feld.“

„Na schön, das war voreilig. Bitte um Vergebung.“

„Ich möchte einen von den eingelegten Shrimps“, sagte Susan. Ich legte ihr einen auf den Teller.

„Du weißt, dass ich die am liebsten mag“, sagte ich.

„Und dass du den Pilz am wenigsten mochtest.“

„Miststück.“

Susan grinste. „Des Mannes Weg zur Reue führt über den Magen.“

Ihr Lächeln warf mich um, wie immer. Sie lächelte in Cinemascope und Technicolor zugleich. Außerdem in Stereo. Ich fühlte, wie sich meine Bauchmuskeln anspannten, so wie jedes Mal, wenn sie lächelte, und auch jedes Mal, wenn ich sie genau ansah.

„Wo, zum Teufel, warst du vor 20 Jahren?“, fragte ich sie.

„Auf dem Standesamt. Mit dem Falschen.“ Sie streckte die rechte Hand aus und strich mit ihrem Zeigefinger sanft über die Fingerknöchel meiner linken Hand, die auf dem Tisch lag. Ihr Lächeln blieb erhalten, trug jetzt jedoch einen Hauch von Ernst in sich. „Besser spät als nie“, sagte sie.

Die Kellnerin kam mit dem Salat.

3

Ich stand früh auf und war schon vor dem Berufsverkehr auf der Straße nach Hyannis. Die Fernstraße 3 nach Cape Cod ist heute bis rauf an die Sagamore Bridge eine Autobahn. Vor 20 Jahren gab es hier keinen Vielspurenverkehr, und man tuckerte die Landstraße 28 entlang durch die Kleinstädte im südlichen Massachusetts, wie etwa Randolph. Man kam langsam voran, doch die Fahrt war immer spannend. Man sah Leute, Gärten, Hunde, hielt an kleinen Restaurants und aß Burger, die vor den Augen der Gäste zubereitet wurden. Auf der Route 3 begegnete ich an diesem Morgen nur einem Menschen, der nicht im Wagen saß. Und der wechselte auf der Standspur einen Reifen. Nicht weit von ihm entfernt stand ein Schild mit der Aufschrift „Plymouth“.

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