Blitzlichter bei abnehmendem Mond - Hans Buchner - E-Book

Blitzlichter bei abnehmendem Mond E-Book

Hans Büchner

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Beschreibung

Im täglichen Leben, auf Reisen, beim Betrachten von Kunst: Überall treffen den Autor blitzartig Erkenntnisse und Einsichten, die die Fassaden des Alltags einreißen und zum Festhalten auffordern. Liebe, Alter, Tod sind die existenziellen Probleme, an denen niemand vorbeikommt. Dabei gewinnt das Thema des Alterns und Altseins - in der Lyrik sonst eher beiläufig aufgegriffen - in unserer Gesellschaft zunehmend an Bedeutung. Ein eigener Themenkreis beschäftigt sich in diesem Band damit, in dieser Dichte vielleicht einmalig. Sammlung geschenkter Augenblicke: Schnappschüsse, zufällig eingefangen. Bilder mit bewundernswerter Präzision, gestochen scharf. Überblicke, Weitblicke.

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Seitenzahl: 40

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Inhaltsverzeichnis

Impressum 3

I 4

II 20

III 34

IV 50

V 78

VI 94

VII 107

VIII 117

ANMERKUNGEN 138

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2019Vindobona Verlag

ISBN Printausgabe: 978-3-946810-49-0

ISBN e-book: 978-3-946810-50-6

Lektorat: Annette Debold

Umschlagfoto: Benjavisa Ruangvaree | Dreamstime.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: Vindobona Verlag

Innenabbildung: Eva Gerner

www.vindobonaverlag.com

I

Unterm Eis

Mäßig getarnt

unter gläsern verpackten

Schwänzen der Wasserpest

die Äsche.

Bedrohlich knisternd oben

das milchige Sohlenprofil

in unerreichbarer

tödlicher Leere.

Dem drohenden Schatten

mit zitternden Flossen

standzuhalten, heißt

überleben.

Frühling

Frühling ist, wenn

auf den Grünstreifen

neben der Fahrbahn

Teppiche von blauen Sternchen

blühen, über denen die

Hunde ihre Notdurft

verrichten.

Sommermittag

Zerknittertes verblassendes

Gelb der mannshohen

Nachtkerze vor

zartlila Schmetterlingsflieder

im sattgrünen Meer.

Das nutzlos aufgeschlagene

Buch, die wandernden

Sonnenflecken.

Du neben mir,

endlos die

Handbreit Zwischenraum.

Stunde der

eifrigen Bienen.

Mücken

Gefangen

in einem breiten Balken

Abendsonne, spielen Dutzende

winziger Mücken. Jede einzelne

zuckt zwischendurch weit

nach links, nach rechts,

bleibt dann wieder eine

Weile in der Mitte. Der

Schwarm aber schwebt als

Kugel auf derselben Stelle,

unbeeindruckt vom Vögelchen,

das unter ihm hindurchfliegt.

Sechs Wochen Lebenslust,

schwereloser, sorgloser Tanz

in vollendeter Harmonie.

Auf der Terrasse

Hinter den Augen

eine Halde aus

kleinteiligem Müll,

zusammengelesen

in der letzten halben Stunde.

Wenn der Blick

über den Rand der Zeitung

hinausgleitet,

hält sich das

kräftige Blau der Glockenblume,

das satte Gelb der Goldruten

eine halbe Minute

oben

auf dem Kamm des

Unrats, um dann ins

Bodenlose zu rutschen.

Abstieg

Der Schweiß abschüssiger Pfade

durchs kantige Kalkgestein liegt

hinter uns. Schuppige Fichten,

samtene Buchen, gefurchte Kiefern

zwingen den laubgepolsterten Weg

zu sanfterem Gefälle. Die Knie

gehorchen mechanisch. Zwischendurch

weit unten, hinter dem Dorf,

der Friedhof. Spätnachmittagskühle,

erfüllt von Gipfelblick, von Vorfreude

auf die Ruhe. In einer knappen Stunde

schließt sich der Kreis. Die Kirchenglocken

werden die Nacht herbeirufen.

Winterspaziergang

Versprengte Flocken

spielen mit dem Wind.

Die Gipfel untergegangen im Grau.

Filmkulisse

Struppige Kiefern durchbrechen

das Gitternetz weiß gestäubter

Birken- und Erlenzweige.

Schon gesehen: japanischer Farbholzschnitt

Am Steilufer zieht sich

der Bach zusammen und schlüpft

in einen Tunnel aus Schnee.

O. k., passt so weit

Eine halb verwehte Hasenspur,

quer zum Weg, betupft

den makellosen Harsch.

Gerade noch Kitsch vermieden

Kein Laut außer

dem Knirschen

unter meinem Stiefel.

Wer hat das letzte Wort?

Baum der Erkenntnis

Die Äpfel am

Baum der Erkenntnis

leuchten verführerischer

denn je. Die

alt gewordene Schlange

zischelt nur noch

kaum hörbar.

Mit Leitern und Stangen

sammeln wir, wie viel

die mitgebrachten Körbe

fassen. Keine

Druckstellen mehr,

keine Fäulnis. Aber

der würzige Geschmack

ist vergangen, seit uns

kein Engel mehr

aus dem Paradies vertreibt.

Rodins Denker

Rodins Denker

muss ich irgendwann

im Original gesehen haben,

ich vergaß, wo.

Er saß da

und dachte nach

über Gott und die Welt.

Gott kam uns inzwischen

abhanden. So analysiert er

nur noch diese Welt,

ihre Verrücktheiten und Bestialitäten und

den Abscheu vor der Vergangenheit,

die Angst vor der Zukunft.

Sein Kopf ist unmerklich

noch etwas nach unten gesunken.

Jedenfalls werde ich ihn

in den Weiten des Internets

besuchen und sein

Haar, das ihm wie ein Kamm

zu Berge steht, kräftig

grün und rot färben.

… und der bestirnte Himmel über mir

Über mir ein paar Sterne.

Mehr sind in der Großstadt

nicht zu sehen. Es gibt

Sternbilder über Sternbilder,

ich weiß. Mein Vater kannte

viele davon. Unnützes Wissen,

wir fahren nicht zur See.

Bewundernswert die Präzision

der Raketen, die Planeten

und Kometen besuchen und

gestochen scharfe Bilder liefern.

Milliarden Himmelskörper, die

gezählt und katalogisiert sind,

die meisten meinen Augen entzogen.

Wozu noch ins Freie gehen, wenn

die Wirklichkeit per Internet

frei Haus geliefert wird?

Aufstieg

Befreie dich vom Geschwätz

des Handys, das

dein Gehirn verklebt.

Tauche ein in den Wirbel der Musik,

in das Rauschen des Regens,

in die Stille.

Steige auf

in der mondlosen Nacht

zu den Zwischenräumen der Sterne,

kalt, luftleer, einsam,

und schrumpfe

zum Punkt.

Dann bist du am Ziel.

La Condition Humaine

Wie gemähtes Gras im Regen

werden sie faulen, alle, auch

die Berühmten. Mag sein,

wir nähren später eine

ansehnliche Blume, die

Monat um Monat

Insekten und Wanderer

erfreut, bis sie selbst

im Boden versinkt. Versteinert

durch glückliche Umstände –

Wahrscheinlichkeit eins zu

siebenundzwanzig Billionen –

schmückt sie in anderen Erdzeitaltern

als zartes Schattengespinst

eine Vitrine im Museum

uns unbekannter Wesen.

II

Viertelfinale

Reihenweise starrer Blick,

jetzt bloß nicht sprechen.

Der Kommentator

versteht sein Handwerk,

Spirale für Spirale

schraubt sich die Spannung

hoch. Feuchte Hände.

Dann endlich: Der Schuss.

Die Fernsehnation

ist glücklich:

Eine Kugel aus Leder