Blüten, Birken, Bösewichter - Gisela Garnschröder - E-Book

Blüten, Birken, Bösewichter E-Book

Gisela Garnschröder

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Beschreibung

Maibaumklau, Apothekerintrigen und ein Mord im Dunkeln – Steif und Kantig ermitteln in ihrem 13. Fall! In Oberherzholz sorgt nicht nur der gut versteckte Maibaum für Wirbel, sondern auch der Apotheker, der plötzlich tot im Gestütswald liegt. Der vermeintliche Täter Boris Tanner wird verhaftet, doch Isabella Steif zweifelt an seiner Schuld. Zusammen mit ihrer Schwester Charlotte stößt sie auf dubiose Machenschaften im Apotheker-Milieu. Als eine Internetseite mit illegalen Medikamenten auftaucht, gerät eine junge Frau ins Visier gefährlicher Unbekannter.  In einem undurchsichtigen Netz aus Lügen und Verrat stehen Steif und Kantig vor einem Rätsel, das bis in die höchsten Kreise reicht. Wer steckt wirklich hinter dem Verbrechen?  Entdecken Sie auch die weiteren Fälle von Steif und Kantig: - Band 1: Steif und Kantig - Band 2: Kühe, Konten und Komplotte - Band 3: Landluft und Leichenduft - Band 4: Hengste, Henker, Herbstlaub - Band 5: Felder, Feuer, Frühlingsluft - Band 6: Schnäpse, Schüsse, Scherereien - Band 7: Mondschein, Morde und Moneten - Band 8: Gärtner, Gauner, Gänseblümchen  - Band 9: Dünen, Diebe, Dorfgeplänkel - Band 10: Printen, Plätzchen und Probleme - Band 11: Komplizen, Kappen, Karneval - Band 12: Halunken, Horror, Halloween

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Blüten, Birken, Bösewichter

Gisela Garnschröder ist 1949 in Herzebrock/Ostwestfalen geboren und aufgewachsen auf einem westfälischen Bauernhof. Sie erlangte die Hochschulreife und studierte Betriebswirtschaft. Nach dem Vordiplom entschied sie sich für eine Tätigkeit in einer Justizvollzugsanstalt. Immer war das Schreiben ihre Lieblingsbeschäftigung. Die berufliche Tätigkeit in der Justizvollzugsanstalt brachte den Anstoß zum Kriminalroman. Gisela Garnschröder wohnt in Ostwestfalen, ist verheiratet und hat Kinder und Enkelkinder. Sie ist Mitglied bei der Krimivereinigung Mörderische Schwestern, beim Syndikat und bei DeLiA.

Maibaumklau, Apothekerintrigen und ein Mord im Dunkeln – Steif und Kantig ermitteln in ihrem 13. Fall!

In Oberherzholz sorgt nicht nur der gut versteckte Maibaum für Wirbel, sondern auch der Apotheker, der plötzlich tot im Gestütswald liegt. Der vermeintliche Täter Boris Tanner wird verhaftet, doch Isabella Steif zweifelt an seiner Schuld. Zusammen mit ihrer Schwester Charlotte stößt sie auf dubiose Machenschaften im Apotheker-Milieu. Als eine Internetseite mit illegalen Medikamenten auftaucht, gerät eine junge Frau ins Visier gefährlicher Unbekannter.  In einem undurchsichtigen Netz aus Lügen und Verrat stehen Steif und Kantig vor einem Rätsel, das bis in die höchsten Kreise reicht. Wer steckt wirklich hinter dem Verbrechen? 

Gisela Garnschröder

Blüten, Birken, Bösewichter

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ISBN: 978-3-8437-3180-5

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Inhalt

Das Buch

Titelseite

Impressum

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

Leseprobe: Bergesspitz und Meuchelmord

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Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

1. Kapitel

1. Kapitel

Der Frühling hielt Einzug in Oberherzholz und der erste Mai war nicht mehr weit. Überall wurde für den Feiertag gepflanzt und gegärtnert, denn in Oberherzholz war die Feier des Maibaumsetzen schon lange Tradition. Die Volkstanzgruppe übte den Bändertanz, der Spielmannszug probte alte und neue Frühlingslieder, die Feuerwehr orderte jede Menge Maibock für ihren Bierstand, die Landjugend wollte mit dem Verkauf von Maibowle ihre Kasse aufbessern und die Landfrauen tauschten untereinander eifrig Rezepte aus, um die Kuchentheke zu bestücken.

Charlotte Kantig stand am Donnerstag vor dem ersten Mai auf der Terrasse ihres Doppelhauses und bepflanzte die Blumenkübel mit den ersten Sommerblumen. In der anderen Hälfte des Hauses wohnte ihre Schwester Isabella Steif. Beide Schwestern waren verwitwet, ehemalige Lehrerinnen und schon seit einigen Jahren im Ruhestand, der bei beiden Frauen besser als Unruhestand zu verstehen war, da sie äußerst aktiv und immer in Bewegung waren.

In Gedanken war Charlotte bei ihrem Sohn Thomas, der mit seiner Frau Marita und den inzwischen sechsjährigen Zwillingen Annabell und Marvin in Münster wohnte. Marita hatte Urlaub und war für drei Wochen mit den Kindern nach München gefahren, um ihre Eltern zu besuchen. Thomas wollte das Maiwochenende nutzen, um sich in Oberherzholz mit drei ehemaligen Schulfreunden zum Kegeln zu treffen.

Während Charlottes Gedanken sich mit ihrer Familie befassten, hörte sie Geräusche im Garten nebenan, der durch eine hohe Buchenhecke von ihrem getrennt lag: Isabella rückte die Terrassenstühle zurecht und ihr Hund Balu grüßte durch leises Bellen.

»Moin, Isabella!«, rief Charlotte und das freudige Bellen des Labradorrüden, der nun vor der noch fast kahlen Buchenhecke auf und ab sprang, verschluckte Isabellas Antwort.

»Still, Balu«, kommandierte sie lachend und lugte durch die Hecke. »Oh, du bist schon fleißig. Ich fahre gleich zur Gärtnerei. Willst du mit?«

»Nein, ich habe mich schon mit Blumen eingedeckt. Ich muss das Gästezimmer für Thomas herrichten. Er kommt Freitagnachmittag und bleibt bis Montagabend.«

»Du hast doch gesagt, dass die Vier ihren Urlaub in München bei Maritas Eltern verbringen, weil die Kinder im Sommer eingeschult werden.«

»Thomas musste für einen erkrankten Kollegen einspringen, deshalb ist Marita allein mit den Kindern gefahren. Er verbringt das Wochenende hier und trifft sich mit alten Bekannten.«

»Oh, dann hast du ja gar keine Zeit zum Backen«, wandte Isabella ein. »Wir wollten uns doch an der Kuchentheke der Landfrauen beteiligen.«

Charlotte lachte. »Natürlich mache ich mit, das hat doch mit Thomas nichts zu tun. Der kann sich schon allein beschäftigen.«

»Da bin ich aber froh. Ich wollte mich nämlich mit dir absprechen, bevor ich am Samstagnachmittag mit dem Backen anfange. Ich würde gern einen Apfel- und einen Stachelbeerkuchen beisteuern.«

Charlotte strahlte. »Super. Ich backe Kirschtorte und einen Streuselkuchen mit Aprikosen«, berichtete sie. »Am Sonntagmorgen will Thomas eine Radtour machen, da habe ich Zeit genug zum Backen. Sollen wir den Kuchen am Maifeiertag gemeinsam hinbringen?«

»Das wäre klasse«, stimmte Isabella zu.

Charlotte hatte schon viel zu lange am Zaun gestanden. »Isabella, ich muss mich sputen«, antwortete sie, drehte sich um und widmete sich wieder ihren Pflanzen.

Isabella warf einen letzten Blick durch die Hecke, rief Balu zu sich und verschwand im Haus. Drinnen räumte sie die Küche auf und machte sich gleich darauf mit Balu zu einem weiten Spaziergang auf. Sie wählte die Strecke durch die Felder und Wiesen zum Gestüt. Den ganzen Monat schon war es warm gewesen und auch jetzt blieb es für Ende April recht mild. Die Wiesen schimmerten in sattem Grün und der Mais auf den Feldern zeigte seine ersten grünen Spitzen. Am Gestüt herrschte wie immer reger Betrieb. Isabella schritt schnell daran vorbei, denn Balu und der Schäferhund des Gestütsbesitzers Elmar Sandfeld verstanden sich nicht sonderlich gut und begnügten sich auch jetzt wieder damit, sich wütend anzubellen. Isabella straffte die Leine, trotzdem hatte sie Mühe, Balu aus dem Sichtfeld seines Kontrahenten zu ziehen. Noch während sie sich bemühte, schoss ein Mann mit seinem Rennrad an ihnen vorbei und lenkte Balu ab. Der Schäferhund war vergessen und dem Radler wurde ein lautes Bellen hinterhergeschickt. Dann war wieder Ruhe und Balu lief friedlich neben Isabella her.

Am Freitagmorgen hatte Charlotte alles für den Besuch ihres Sohnes vorbreitet und fuhr zum Einkaufen in den Hofladen. Frau Kottenbaak und ihr Mann räumten gerade ein Regal im Laden um.

»Komme gleich«, schallte Charlotte der Ruf der Bäuerin entgegen.

Charlotte schlenderte durch den Laden, hatte schnell alles zusammen, was sie brauchte, und wartete geduldig an der Kassentheke.

»Sind Sie auch beim Maibaumsetzen dabei?«, erkundigte sich Frau Kottenbaak.

Charlotte nickte. »Meine Schwester und ich machen beim Kuchenbuffet der Landfrauen mit.«

»Wie schön«, freute sich Frau Kottenbaak. »Wir waren gestern auch schon tätig. Die Nachbarn hier im Umkreis haben den Birkenkranz gebunden, der oben am Maibaum hängt.«

»Hier bei Ihnen in der Scheune?«

»Nein, auf dem Hof Baumstroh in der großen Bauerndeele«, klärte Frau Kottenbaak Charlotte auf. »Bei Baumstroh wird in diesem Jahr der Baum bis zum ersten Mai aufbewahrt. Kurz vor dem Aufstellen wird der Kranz mit bunten Bändern geschmückt, am Stamm befestigt und auf einen Hänger verladen.«

»Trocknet der Kranz nicht aus, wenn er gestern schon gebunden wurde?«, erkundigte sich Charlotte.

»Wir halten ihn in einer Wanne mit Wasser frisch. Außerdem ist der Erste doch schon am Montag.« Frau Kottenbaak hatte während des Gesprächs Charlottes Waren abgerechnet, Charlotte zahlte und verließ den Laden. Als sie nach Hause kam, stand das Auto ihres Sohnes schon vor der Tür.

Thomas hatte einen Schlüssel fürs Haus und kam ihr im Flur entgegen, als Charlotte die Haustür öffnete.

»Ich denke du kommst erst am Nachmittag?«, überfiel sie ihn.

Er lachte. »Dir auch einen Guten Morgen, Mama. Passt es dir nicht, dass ich schon da bin?«

»Doch, natürlich.« Charlotte stimmte in sein Lachen ein und umarmte ihren Sohn herzlich. »Ich bin nur überrascht.«

Sie holten die Einkäufe aus Charlottes Kofferraum und gingen einträchtig ins Haus.

Am Sonntag war Backtag für Charlotte. Sie hatte sich gründlich ausgeschlafen und danach gemütlich mit ihrem Sohn gefrühstückt. Erst nachdem Thomas das Haus verlassen hatte, begann sie mit der Arbeit. Es war kaum elf Uhr, als es klingelte und Isabella hereingestürmt kam.

»Du hast ja grad erst angefangen«, stellte sie überrascht fest, als sie die Küche betrat. »Meine Kuchen sind schon fertig.«

»Na und.« Charlotte schüttelte den Kopf. »Es ist doch noch alle Zeit der Welt.«

»Ich dachte, du kämst mit, wenn ich mit Balu rausgehe. Wir müssen unbedingt herauskriegen, wo der Maibaum versteckt wird.«

»Da muss ich nicht so früh aufstehen«, antwortete Charlotte gleichmütig und gab den fertigen Teig in die beiden Formen, die sie schon auf dem Küchentisch bereitgestellt hatte. »Ich weiß längst, dass der Birkenstamm in der Scheune bei Baumstroh aufbewahrt wird.«

»Echt? Wer hat dir das denn verraten?«

»Das habe ich beim Einkauf im Hofladen erfahren«, sagte Charlotte und setzte die gefüllten Backformen in den Ofen. »Warum willst du das überhaupt wissen? Uns kann das doch völlig egal sein.«

»Egal? Von wegen«, widersprach Isabella. »Der Baum wird streng bewacht, weil im Ort schon Wetten umgehen, ob es endlich einer Gruppe aus dem Umland gelingt, ihn zu stehlen.«

»Das haben in den letzten Jahren schon viele versucht, aber niemand hat es geschafft«, sagte Charlotte. »Außerdem ist das nur ein Spaß, bei dem es um einige Kisten Bier geht.«

»Trotzdem hat es schon etliche Rangeleien deshalb gegeben«, sagte Isabella.

»Mein Gott, Isabella! Gönn den Leuten doch ihren Spaß. Der Maibaum ist trotzdem immer noch aufgestellt worden.«

»Ich werde heute Abend auf meiner Hunderunde die Augen offenhalten."

»Tu, was du nicht lassen kannst«, gab Charlotte kopfschüttelnd zurück. »Ich mach es mir auf dem Sofa gemütlich und entspanne, damit ich morgen die Maifeierlichkeiten mitmachen kann.«

»Du musst dich doch um Thomas kümmern.«

»Der wird gut allein fertig und ist den ganzen Tag unterwegs.«

Es war fast neun Uhr am Abend, und der Himmel hatte in der Dämmerung eine wunderbare rostrosa Färbung angenommen, die sich langsam abschwächte, als Isabella Steif mit Balu vor die Tür trat. Erstaunt blickte die Seniorin auf das Taxi, das an der Straße vor dem Haus hielt. Ihr Neffe Thomas Kantig stieg aus und Balu begrüßte ihn mit heiterem Gebell.

»Isabella, willst du noch raus oder warst du schon?«, erkundigte sich Thomas, während er Balu streichelte.

Isabella lachte. »Ich wollte gerade los. Willst du mit?«

»Nein, danke. Ich bin mit Ralf verabredet. Wir wollen uns im Ratskeller treffen.«

»Ralf Schnietzers, der Apotheker, mit dem du Abitur gemacht hast?«

»Genau der«, bestätigte Thomas, als er zur Haustür ging.

»Dann wünsche ich euch einen schönen Abend«, sagte Isabella, zog Balus Leine straff und ging davon.

Isabella hatte extra ihre Taschenlampe eingesteckt, weil sie die Runde durch die Bauernschaft machen wollte, wo es keine Straßenlaternen gab. Sie hatte den Fußweg am Sprokenbach gewählt, der das Industriegelände umrundete. Der Weg führte in einem weiten Bogen durch ländliches Gebiet an mehreren Höfen vorbei bis zum Hof Baumstroh. Kurz bevor Isabella ihr Ziel erreicht hatte, bellte Balu plötzlich laut, weil etwa fünfzig Meter vor ihnen ein Pferd mitten auf dem Weg stand. Trotz der inzwischen eingetretenen Dunkelheit war es gegen den Nachthimmel gut zu erkennen.

»Still, Balu, du verscheuchst es ja«, sagte Isabella. »Vielleicht ist es weggelaufen.« Isabella war nicht nur Hundeliebhaberin, sondern auch eine echte Pferdenärrin und war in ihrer Jugend oft geritten. Sie fasste Balus Leine kurz und ging unerschrocken auf das braune Pferd zu, dass beim Näherkommen leicht schnaubte. Auf seiner Stirn hatte es einen Stern, einen weißen dreieckigen Fleck. Isabella richtete ihre Taschenlampe, die sie an einem Band um den Hals gehängt hatte, auf das Tier, um es näher betrachten zu können. Just in dem Moment kam ein Mann aus dem Gebüsch. Der Lichtschien fiel direkt auf ihn und er verdeckte sofort sein Gesicht mit der linken Hand. In der rechten hielt er seine Reitkappe. Er trug eine rote Steppweste über einem schwarzen Pullover zu einer schmalen dunklen Hose und nicht wie üblich Reitstiefel, sondern dunkle Sportschuhe mit weißer Sohlenkante. Isabella kamen die Statur und auch die Bekleidung des Mannes bekannt vor, und sie überlegte, wo sie ihn schon mal gesehen hatte. Doch es fiel ihr nicht ein und Balu bellte jetzt wieder laut auf.

Isabella machte »Pssst, Balu« und wollte den Mann ansprechen, aber er setzte sich die Kappe auf, schwang sich wortlos auf sein Pferd und ritt davon. Balu schickte ihm ein wütendes Bellen hinterher.

»Ruhig, Balu«, beschwichtigte Isabella und streichelte den Kopf des Rüden. »Der Mann hatte es eilig.«

Sie gab Balu wieder mehr Leine und ging schnellen Schrittes weiter, denn der Hof Baumstroh lag gleich hinter dem nächsten Gebüsch. Dort angekommen, ging sie bis zur Scheune und lauschte an dem großen Tor. Es blieb stockdunkel und Isabella knipste die Taschenlampe an. Sie wunderte sich, dass die automatische Hofbeleuchtung nicht aufflammte. Ob der Bauer den Bewegungsmelder extra ausgestellt hatte? Wahrscheinlich? Balu hielt gar nichts davon, so leise zu sein, und bellte kurz und fordernd, weil drinnen Stimmen zu hören waren.

»Pssst, Balu«, zischte Isabella. Zu spät.

Das Scheunentor öffnete sich einen Spalt und der Bauer kam heraus. »Ach, Sie sind es, Frau Steif. Was gibt es denn?«

»Mein Hund hat wohl eine Maus gewittert, Herr Baumstroh«, log Isabella, verärgert darüber, dass sie gesehen worden war. »Einen schönen Abend noch.«

»Gleichfalls«, knurrte der Bauer und schob die Tür wieder zu.

Isabella strebte eilig davon, was Balu gar nicht passte und ihm erneut ein lautes Bellen entlockte. »Sei still Balu, der Bauer muss doch nicht wissen, dass wir hier spionieren«, sagte Isabella und setzte gleich zufrieden hinzu: »Und wir haben ohnehin herausgefunden, was wir wollten. Charlotte hatte recht, der Maibaum wird hier in der Scheune aufbewahrt.« Sie gab Balu ein Leckerli und schlug den Heimweg ein.

Während Isabella Steif gegen halb zehn schon wieder auf dem Heimweg war, trafen sich Thomas Kantig und Ralf Schnietzers im Ratskeller neben der Kirche.

»Endlich sieht man dich mal wieder, Ralf«, sagte Thomas und klopfte seinem ehemaligen Schulfreund begeistert auf die Schulter. Die beiden Männer steuerten einen Tisch in der hinteren Ecke an.

»Ich habe einen Tisch für vier reserviert«, erklärte Ralf. »Boris Tanner übernachtet bei mir und kommt gleich nach. Und Ulf Gerstland kommt auch noch.«

»Na wunderbar, dann haben wir eine Doppelkopfrunde zusammen«, freute sich Thomas. Sie hatten gerade Bier bestellt, als die beiden anderen Männer dazukamen und sie begrüßten. Den ganzen Abend tauschten die Männer sich aus, und natürlich wurde Doppelkopf gespielt. Als gegen ein Uhr in der Früh die Gäste nach und nach den Ratskeller verließen, machten sich die vier ebenfalls auf den Weg.

Leicht angeheitert und in bester Stimmung verließen sie das Lokal, als plötzlich Boris Tanner ausrief: »Morgen ist Maibaumsetzen. Weiß einer, wo der Stamm versteckt wird?«

»Meine Mutter hat gehört, dass er auf dem Hof Baumstroh gut bewacht wird«, gab Thomas an. »Ist das wichtig?«

»Klar. Ich wollte schon immer mal den Maibaum klauen.«

»Nicht mit mir«, erklärte Ralf Schnietzers. »Wenn das rauskommt, kann ich meine Apotheke hier am Ort schließen.«

»Das wäre mal was«, war dagegen Ulf Gerstland begeistert. »So etwas habe ich noch nie gemacht. Wir holen das Ding und werfen es in den nächsten Graben.«

»Wir nehmen nichts mit, Ralf«, mischte sich nun Thomas Kantig ein. »Wir testen nur, ob die Bewacher schon schlafen.«

»Na gut«, sagte Schnietzers. »Dann komme ich mit.«

»Oh, seid ihr Memmen«, regte sich Boris Tanner auf. »Wenn ich schon hingehe, will ich das Ding auch mitnehmen.«

»Allein kannst du den Stamm gar nicht tragen«, widersprach Thomas Kantig. »Er ist über sechs Meter lang und ziemlich schwer. Zum Aufstellen wird vom Heimatverein extra ein Kranfahrzeug gemietet.«

»Thomas hat recht, wir testen nur, ob die Truppe in der Scheune noch wach ist«, sagte Ulf Gerstland.

Die Scheune war zu, als die vier Männer auf den Hof kamen. Nirgends ein Laut, nicht einmal der Hofhund rührte sich.

»Bist du sicher, dass der Maibaum hier aufbewahrt wird?«, fragte Boris Tanner leise. »Die Hoflampe müsste längst aufleuchten.«

Thomas Kantig gab keine Antwort, sondern beleuchtete mit seiner Handytaschenlampe das Scheunentor.

»Man sieht nix, lass uns wieder gehen, bevor der Hund wach wird«, sagte Ralf Schnietzers.

Genau in diesem Moment erklang hinter der Scheune der Ruf eines Käuzchens. Laut und schaurig drang das Geräusch durch die Nacht. »Still, da war was«, flüsterte Schnietzers.

»Eine Eule«, lachte Boris Tanner laut. »Bist du ein Schisshase.« Kaum hatte er es gesagt, waren sie umringt von mehreren dunklen Gestalten, die plötzlich von überall herzukommen schienen.

»Unseren Maibaum kriegt ihr nicht!«, brüllte eine Stimme, das Hoflicht flammte auf und von allen Seiten flogen die Fäuste.

»Wir wollten doch nur gucken«, wehrte sich Thomas Kantig, als ihn ein Kinnhaken niederstreckte. »Verdammt«, er rappelte sich auf und schlug zurück. Die vier ungebetenen Besucher torkelten unter den Faustschlägen vom Hof und fanden sich am Straßenrand wieder.

»Wagt bloß nicht, noch mal herzukommen«, rief einer der Bewacher ihnen drohend nach und verschwand in der Scheune.

»Mist«, rief Boris Tanner und wischte sich seine blutende Nase mit einem Taschentuch ab. »Gleich so zuzuschlagen, was für Idioten.«

Im Schein von Schnietzers Handytaschenlampe besahen die Vier ihre Blessuren und klopften sich den Schmutz von der Kleidung ab. »Wieso war das Hoflicht so spät an«, rätselte Ulf, während er einen Schmutzfleck von seiner Hose rieb.

»Absicht, um bei einer Schlägerei die bessere Position zu haben«, gab Boris zur Antwort.

»Ich habe doch gleich gesagt, dass deine Idee scheiße ist«, murrte Schnietzers. »Zum Glück habe ich nicht viel abgekriegt, weil ich mich sofort zurückgezogen habe.«

»Nachher ist man immer schlauer«, brummte Thomas Kantig.

Ulf Gerstland lachte. »Ich fand es witzig.«

»Wenigstens einer, der gute Laune hat«, sagte Boris Tanner und plötzlich mussten sie alle lachen, bevor sie sich auf den Heimweg machten.

Es war kurz vor Mitternacht als Isabella Steif erwachte. Sie hatte schreckliche Kopfschmerzen. Da sie nur in Notfällen Tabletten nahm, verließ sie sich lieber auf ihr bewährtes Mittel dagegen: frische Luft. So kam es, dass sie weit nach Mitternacht mit ihrem Hund langsam und gemütlich durch die Siedlung bis zur Münsterlandstraße ging. Es waren kaum Autos unterwegs, trotzdem sah sie einen Streifenwagen an einem Gebüsch stehen. »Unsere Polizei kann auch nicht schlafen, Balu«, sagte sie. »Mitten in der Nacht machen sie Blitzerfotos. Das bringt garantiert nichts.«

Da ihre Kopfschmerzen noch immer heftig waren, entschied sie sich für einen flotten Marsch bis zum Hof Baumstroh. Denn die Tatsache, dass der Maibaum dort bewacht wurde, war natürlich sehr interessant. Balu fand die Idee gut und lief begeistert voraus.

2. Kapitel

Am Sonntag vor dem ersten Mai holte Meier gegen zehn Uhr abends seinen Kollegen Frisch ab, der weit außerhalb des kleinen Städtchens wohnte. Die beiden waren zu oft schon von ihrem Vorgesetzten in Münster gerügt worden, dass rund um Oberherzholz mehr gerast wurde als anderswo. Meier wollte endlich etwas gegen die Leute unternehmen, welche die einsamen Landstraßen als Rennstrecke nutzten.

»Ich hatte mir mein langes Wochenende anders vorgestellt«, moserte Dietmar Frisch, als er in den Streifenwagen stieg.

»Du kannst morgen den ganzen Tag etwas unternehmen«, schnitt ihm Meier das Wort ab. »Jetzt müssen wir endlich herausfinden, wo sich unsere Raserszene trifft.«

»Das weiß ich auch so«, murrte Frisch verärgert. »Die Burschen treffen sich hinterm Industriegelände auf dem Parkplatz des Gartencenters.«

»Dann fahren wir da als Erstes hin«, sagte Meier grinsend. »Und wenn dort keiner ist, bauen wir unseren Blitzer an der Münsterlandstraße auf. Dabei erwischen wir sicher einige übereilige Zeitgenossen.«

Fast alle Parkplätze des Gartencenters waren belegt und aus der großen Scheune des dahinter liegenden Resthofes erklang laute Musik.

»Hier ist irgendwo eine Party«, sagte Frisch, als sie langsam mit heruntergelassenen Scheiben über den Parkplatz rollten. Meier fuhr bis zum anderen Ende, wo die Zufahrt zum Bauernhaus der Familie Aufderheide lag.

»Ab hier ist Privatgelände«, sagte er. »Solange es keine Beschwerden wegen der lauten Musik gibt, sind wir überflüssig.«

»Sollen wir nicht mal nachsehen, was da los ist, Burghard?«

»Wozu? Hier wohnt doch niemand, der gestört wird.« Er wendete den Wagen und fuhr zur Straße zurück. Spöttisch fügte er hinzu: »Von Rasern habe ich nichts gesehen. Wer hat dir gesagt, dass sich die Szene hier trifft, Dietmar?«

Frisch gab keine Antwort, sondern starrte verärgert aus dem Fenster. »Lass uns nach Hause fahren«, sagte er, als Meier gerade auf die Münsterlandstraße einbog.

»Nee, nee, wir bauen jetzt unseren Blitzer auf«, widersprach Meier und hielt hinter einer Kurve, wo ein Wäldchen die Sicht auf ihren Streifenwagen nahm.

Es war schon nach Mitternacht und Dietmar Frisch wurde in seinem Sitz von einem kurzen Schlaf übermannt, als ein lautes Motorheulen ihn aufschreckte.

»He, Dietmar«, brüllte Meier und riss die Autotür auf. »Hast du das gesehen? Der ist mindestens hundertzwanzig gefahren!«

Verschlafen quälte Frisch sich aus dem Fahrzeug. »Mann, deshalb musst du doch nicht so schreien«, moserte er.

»Du pennst doch die ganze Zeit«, brummte Meier. »Da ist mein Weckruf schon angebracht.«

»Was war denn das für ein Auto?«

»Ein Porsche«, sagte Meier. »Über fünfzig Sachen zu schnell, das wird teuer.«

»Der Fahrer wird sich das schon leisten können«, brummte Frisch und rieb sich noch immer verschlafen die Augen, als sein Handy vibrierte. »Ja?«, meldete er sich. »Hof Baumstroh. Okay, wir kommen.«

»Wie bitte?«, fragte Meier irritiert.

»Am Hof Baumstroh hat es eine Prügelei gegeben.«

»Ach und der Bauer ruft dich an?«

»Nee, unsere Zentrale in Münster«, klärte Frisch ihn auf. »Eine Dame ist am Hof vorbeigekommen und hat es gemeldet.«

»Scheiße, gerade jetzt, wo die Leute so richtig auf den Pin treten! Wir hätten bestimmt noch mehr Raser entdeckt«, sagte Meier und stutzte. »Wieso ruft die Zentrale eigentlich bei dir an?«

»Keine Ahnung«, sagte Frisch.

Meier suchte in seinen Taschen herum. »Verdammt, ich habe mein Handy zu Hause vergessen.«

»Tja, du wirst alt und vergesslich«, foppte ihn Dietmar Frisch.

»Halt die Klappe«, knurrte Meier verärgert und ging zum Blitzer hinüber. 

Wortlos bauten sie die Kamera ab und fuhren zum Bauernhof.

»Das ist doch Frau Steif«, rief Meier verärgert aus, als er eine Gestalt mit Hund an der Hofeinfahrt stehen sah. »Was macht die denn hier mitten in der Nacht?«

Die Seniorin erwartete sie an der Einfahrt. »Da sind Sie ja endlich«, sagte sie vorwurfsvoll. »Ich warte schon fast eine halbe Stunde.«

Meier und Frisch stiegen aus.

»Hier ist alles still, wo soll denn diese Schlägerei sein, Frau Steif?«, fragte Meier verärgert.

»Kein Wunder, wenn Sie so lange brauchen«, regte sich Isabella Steif auf und ihr Hund bellte nun laut. »Die sind schon weggelaufen.«

»Und wohin?«

»Keine Ahnung, ich habe mich hinter dem Gebüsch versteckt«, sagte sie. »Ich hatte keine Lust, was abzukriegen. Es war richtig laut, die Männer haben sich mächtig gestritten. Dann sind einige weggelaufen, aber ein paar der anderen sind wohl noch in der Scheune.«

»Sind Sie die einzige Zeugin oder waren noch andere Personen vor Ort?«, erkundigte sich Meier.

»Als alle weg waren, kam jemand mit einem Pferd hier vorbei.«

»Um diese Zeit, in der Dunkelheit?«

»Ja«, sagte Frau Steif und hielt ihren Hund nun am Halsband. »Der kam sicher von einer Feier. Schließlich hatte ich um neun Uhr auf meiner Gassirunde einen Reiter mit einer roten Weste gesehen. Ich vermute, das war derselbe.«

»Und vorhin? Wie spät war es da?«

»Zwei Uhr oder etwas später, genau weiß ich es nicht.«

»Können Sie den Mann beschreiben?«

»Nicht richtig, dazu war es zu dunkel. Er saß wie eine schwarze Statue auf seinem Pferd.«

»Ach, hatte er nicht vorhin noch eine rote Weste an«, konnte sich Frisch einen Zwischenruf nicht verkneifen.

»Er kann sie doch ausgezogen haben«, konterte Isabella Steif unbeirrt. »Außerdem war er auf der anderen Seite der Straße.«

»Danke«, sagte Meier knapp und fügte hinzu: »Wenn noch etwas unklar ist, melden wir uns, Frau Steif.«

Dietmar Frisch hatte bisher geschwiegen, als sie wieder im Auto saßen, sagte er: »Ich möchte wirklich wissen, was diese alte Tante hier mitten in der Nacht zu suchen hat. Die ist bestimmt aus reiner Neugier in der Dunkelheit unterwegs.«

»Sicher wollte sie wissen, was da auf dem Hof geschieht«, sagte Meier. »Genau wie wir.«

Er fuhr direkt bis vor die Scheune und pochte an das große Tor, das gleich darauf vom Hofbesitzer zur Seite geschoben wurde.

Dieser sah die Polizisten überrascht an. »Polizei? Ist was passiert?«

»Herr Baumstroh, wir haben eine Meldung bekommen, dass hier eine Schlägerei stattgefunden hat«, erklärte Meier und sah in der Scheune noch vier andere Männer, die es sich auf Strohballen bequem gemacht hatten.

»Ach, das«, Jens Baumstroh winkte ab. »Ein paar Typen wollten unseren Maibaum klauen. Wir haben sie in die Flucht geschlagen. Haben sich die Kerle etwa auch noch beschwert?«

»Nein, eine andere Person hat die Schlägerei gemeldet. Sie sollen sich hier auf dem Hof laut gestritten haben«, sagte Meier und blickte prüfend in die Runde. »Ist jemand verletzt?«

Schulterzucken bei den vier Personen auf den Strohballen, Baumstroh schüttelte den Kopf. »Davon ist mir nichts bekannt«, erklärte er bestimmt.

»Sie wollen doch nicht behaupten, dass es während einer Schlägerei nicht zu Blessuren kommt?«, fuhr jetzt Kommissar Frisch dazwischen.

»Anscheinend doch«, kam ein Kommentar von einem der vier anderen, woraufhin alle lachten.

»Wir haben uns gegen mehrere Personen gewehrt, die in die Scheune einbrechen wollten, um den Maibaum zu stehlen«, erklärte Baumstroh nun sichtlich verärgert. »Das war Notwehr. Wer da blaue Flecken abbekommt, ist selbst schuld.«

»Ja, ja, schon gut«, sagte Meier. »Beim nächsten Mal informieren Sie uns sofort.«

»Mach ich«, murmelte der Bauer und schob das Tor wieder zu.

»Wegen so eines Schwachsinns haben wir unseren Blitzer abgebaut. Dabei sahen die Männer ziemlich munter aus«, murrte Meier beim Wegfahren.

»Munter ist gut.« Frisch lachte. »Die haben alle ordentlich gebechert und auch Baumstroh hatte eine Bierfahne.«

»Solange sie nicht Auto fahren, ist mir das egal«, entgegnete Meier. »Für heute machen wir Schluss.«

»Warum das denn?«, regte sich nun Dietmar Frisch auf. »Jetzt ist die Gelegenheit, so richtig zuzuschlagen. Die meisten Feiernden fahren zwischen zwei und fünf Uhr nach Hause. Die Leute haben es eilig und sind manchmal auch angetrunken.«

»Vorhin warst du noch der Meinung, wir sollten aufhören«, stöhnte Meier.

»Stimmt«, gab Frisch zu. »Weil ich eigentlich mit meiner Frau bei Bekannten zum Maibocktrinken eingeladen war, aber jetzt ist es zu spät. Dann können wir ruhig noch Verkehrskontrollen durchführen.«

Meier zog eine Grimasse und fuhr wortlos vom Hof.

Sie stellten den Blitzer wieder an der alten Stelle auf und kontrollierten hinter der nächsten Kurve die Fahrzeuge. Kurz nach fünf Uhr, als der erste helle Streifen am Himmel den kommenden Morgen ankündigte, packten die Beamten zum zweiten Mal ihre Sachen zusammen.

»Was habe ich gesagt«, erklärte Frisch stolz. »Fünf Führerscheine wegen Alkohol am Steuer kassiert und zwanzig Fahrer geblitzt, die zu schnell waren. So eine gute Ausbeute hatten wir seit Langem nicht.«

»Die Kollegen in Münster werden staunen«, sagte Meier zufrieden und fuhr zur Polizeistation zurück.

Gerade, als der Wagen auf dem Parkplatz hielt, kam über die Freisprechanlage eine Durchsage der Zentrale in Münster. »Im Gestütswald nahe der Münsterlandstraße wurde eine leblose Person aufgefunden.«

Meier nahm an. »Wir sind ganz in der Nähe und fahren hin.«

»Warum hast du das Gespräch angenommen, Burghard«, maulte Frisch. »Ich bin müde. Die Kollegen können auch mal was tun.«

»Nix da. Der Gestütswald ist unser Revier«, sagte Meier bestimmt, und mit heulender Sirene fuhr der Streifenwagen durch den Ort.

An der Einfahrt zum Gestütshof vom Elmar Sandfeld stand ein junger Mann und winkte mit beiden Händen.

Meier stoppte und drehte die Scheibe herunter. »Haben Sie uns informiert?«

»Ja, da hinten im Wald liegt einer«, erklärte der Mann aufgeregt.

»Wie ist denn Ihr Name?«, fuhr Frisch ihn vom Beifahrersitz aus frostig an.

»Andre Juli, ich wohne an der Wiesenstraße.«

Frisch wollte gerade zu einer weiteren Frage ansetzen, doch Meier kam ihm zuvor. »Wieso waren Sie zu dieser frühen Stunde im Wald?«

»Ich war auf einer Party im Nachbarort und habe den Waldweg als Abkürzung genutzt. Da habe ich dort hinten jemanden liegen sehen«, berichtete Herr Juli.

Meier runzelte die Stirn. »Und Sie sind sicher, dass die Person tot ist?«

»Er hat sich nicht gerührt und die Halsschlagader konnte ich auch nicht mehr fühlen. Sein Hinterkopf war voller Blut. Da bin ich gleich weitergefahren und habe unterwegs die 110 angerufen.«

»Und warum sind Sie nicht dortgeblieben?«

»Im Wald hatte ich keinen Handyempfang«, sagte Andre Juli. »Ich zeige Ihnen den Weg.«

Meier nickte. »Sie können bei uns mitfahren.«

»Danke, nein. Mein Rad lasse ich hier nicht zurück, ich fahre vor.«

Meier nickte und folgte dem Fahrrad langsam am Gutshof vorbei in den Wald.

»Oh Mann, wenn wir so langsam hinter dem Typen her zuckeln, sind wir heute Mittag noch nicht da«, stellte Frisch verärgert fest.

»Hier kann ich sowieso nicht schneller fahren, der Waldweg ist sandig und hat überall tiefe Löcher, außerdem ist er für ein Auto fast zu schmal«, sagte Meier, lenkte vorsichtig um überstehende Äste herum und fügte hinzu: »Am besten kommst man hier mit dem Fahrrad oder auf einem Pferd durch.«

»Stimmt.« Frisch zeigte grinsend nach vorn. »Mittlerweile ist der Radler auch schneller als wir.«

Andre Juli bremste und Meier hielt hinter ihm. »Wir steigen hier aus, damit wir nicht alle Spuren verwischen.«

Frisch holte die helle Stablampe aus dem Kofferraum und beide streiften dünne Latexhandschuhe über, während sie vorsichtig zu der Stelle gingen, an der der Radler schon wartete.

»Auf dem Boden sehe ich nur Spuren von Fahrradreifen und Hufabdrücke«, sagte Frisch, der den Weg ausleuchtete.

»Da liegt er.« Herr Juli zeigte auf eine Stelle unter einem Strauch.

»Danke, Herr Juli, Sie können heimfahren. Wenn wir noch Fragen haben, kommen wir auf Sie zu«, erklärte Meier und blickte auf den Mann, der neben dem Weg bäuchlings im Gebüsch lag.

Im grellen Licht der Stablampe sah Meier, dass der Tote einen Anzug trug und sein Haar, wie von Herrn Juli angegeben, völlig blutverkrustet war.

Sanft hob Meier den Kopf des Toten an, um sein Gesicht zu sehen, und erschreckte.

»Das ist unser Apotheker, der hat mir am Freitag noch meine Grippetabletten verkauft«, sagte er.

»Der Pillendreher«, antwortete Frisch erstaunt, der neben ihm stand und gerade Fotos machte. »Wie kommt der denn hierher?«

»Zu Fuß mit Sicherheit nicht«, erklärte Meier sarkastisch und untersuchte im hellen Lichtschein die Taschen des Opfers. Er holte Portemonnaie, Smartphone und Taschentuch hervor. »Ein Raubüberfall war es nicht«, stellte er fest. »In der Börse sind hundertfünfzig Euro und etwas Kleingeld sowie Kreditkarte und Führerschein.« Er stand auf und zeigte auf den Boden, der im Licht der Stablampe eine deutliche Schleifspur offenbarte. »Die müssen seine Schuhe verursacht haben. Er ist auf jeden Fall vom Weg aus hier ins Gebüsch geschleift worden.«

Frisch nickte. »Ich habe die Spur schon fotografiert und die Spurensicherung habe ich auch angerufen.« Er ging zum Weg zurück und leuchtete den Boden aus. »Hier sind nur Pferdehufe und einige Tritte zu sehen. Der Mann könnte auf einem Pferderücken transportiert worden sein.« Frisch machte auch hier Fotos.

Meier ging prüfend hin und her. »Radlerspuren sind auch zu sehen, aber keine Autospuren«, murmelte er nachdenklich. »Ob der Reiter, den Frau Steif erwähnte, etwas damit zu tun hat?«

»Möglich, schließlich sind die Leute heutzutage selten in der Dunkelheit zu Pferd unterwegs«, sagte Frisch nachdenklich. »Schade, dass wir von dem Reiter keine richtige Beschreibung haben.« Er schaltete seine Lampe aus, weil es inzwischen hell genug geworden war, und zeigte zum Streifenwagen hinüber: »Die Kollegen von der Spurensicherung kommen.«

Hinter dem Streifenwagen hielten nun zwei weitere Fahrzeuge, und Pathologin Frau Dr. Gröner kam mit festen Schritten auf die Beamten zu. »Sie haben sich aber tief im Wald verkrochen, meine Herren«, begrüßte sie die beiden Ortspolizisten mit einem Schmunzeln.