Boomerang - Wer küsst, fliegt! - Noelle August - E-Book
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Boomerang - Wer küsst, fliegt! E-Book

Noelle August

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Beschreibung

Als Mia und Ethan sich kennenlernen, verstehen sie sich auf Anhieb blendend. Nach einem feuchtfröhlichen Abend wachen die beiden in Ethans Bett auf – ohne jede Erinnerung an die vergangene Nacht. Doch nur Stunden später stellen sie entsetzt fest: Sie beide beginnen heute ein Praktikum bei einem aufstrebenden Dating-Portal und sind ab sofort nicht nur Kollegen, sondern auch Konkurrenten um einen heißbegehrten Job. Das bedeutet: Dating und Küssen strengstens verboten! Sowohl Mia als auch Ethan gehen die Sache voller guter Vorsätze an – aber können sie die auch einhalten, wenn es zwischen ihnen nach wie vor gewaltig knistert?

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Seitenzahl: 493

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Buch

Boomerang ist DAS angesagteste Dating-Portal auf dem Markt, und ausgerechnet an ihrem ersten Arbeitstag lernen sich dort Mia und Ethan kennen. Aber eigentlich sind sich die beiden schon am Abend zuvor begegnet: und zwar in Ethans Bett. Mit höllischen Kopfschmerzen nach einer durchfeierten Nacht. Mit Filmriss, aber ohne Unterwäsche.

Ihr gemeinsamer Chef stellt von Anfang an klar: Techtelmechtel zwischen seinen Angestellten sind strengstens verboten. Also versuchen Mia und Ethan, die gemeinsame Nacht zu vergessen. Leichter gesagt als getan – denn die beiden teilen sich nicht nur ein winziges Büro, sie werden auch noch auf dasselbe Projekt angesetzt. Und es kommt noch schlimmer: Sie bekommen die Aufgabe, Boomerang selbst auszutesten und sich zu drei Dates zu verabreden. Und damit gehen die Turbulenzen erst richtig los …

Autorin

Was kommt dabei heraus, wenn zwei Freundinnen eine Geschichte schreiben mit viel Gefühl, Humor und Kussszenen, die Herzrasen verursachen? Die Antwort ist: Noelle August – das gemeinsame Pseudonym von New-York-Times-Bestsellerautorin Veronica Rossi und der preisgekrönten Autorin Lorin Oberweger, die zusammen die Boomerang-Trilogie schreiben.

Die Boomerang-Romane bei Blanvalet:

1. Boomerang. Wer küsst, fliegt!

2. Boomerang. Küssen auf eigene Gefahr!, (erscheint im Januar 2016)

3. Boomerang. Küssen erlaubt, verlieben verboten!, (erscheint im März 2016)

NOELLEAUGUST

Boomerang

Wer küsst, fliegt!

Roman

Aus dem Amerikanischenvon Vanessa Lamatsch

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und

enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte

Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung

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diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand

zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung dieses E-Books verweisen.

Die Originalausgabe erschien 2014 unter dem Titel »Boomerang« bei William Morrow, an Imprint of HarperCollinsPublishers.

Besuchen Sie uns auch auf www.facebook.com/blanvalet und www.twitter.com/BlanvaletVerlag.

1. Auflage

Deutsche Erstveröffentlichung November 2015 bei Blanvalet, einem

Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH, München

Copyright © der Originalausgabe 2014

by Wildcard Storymakers, LLC

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2015 by

Verlagsgruppe Random House GmbH, München

Umschlaggestaltung: © Johannes Wiebel | punchdesign, unter

Verwendung von Motiven von Shutterstock.com

Redaktion: Wiebke Bach

BS · Herstellung: sam

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN: 978-3-641-15886-6

www.blanvalet.de

Für Lisa, meine erste Literaturagentin, meine treue Leserin und beste Freundin. Ich liebe dich, Blister.

Und für Brenda – für alles, was du tust und für dein unsagbar großes Herz.

– LO

Für Lolo, die die Hälfte dieses Buches geschrieben hat. Trotzdem. Du bist wundervoll.

– VR

1

Mia

F: Hattest du je einen One-Night-Stand?

Am wichtigsten Tag meines Lebens ist mein erster Gedanke: Oh verdammt, wo ist meine Unterhose?

Ich denke das, weil ich zufällig im Bett eines Fremden aufwache, während ein harter Streifen des zitronengelben Lichtes von Los Angeles meine nackten Oberschenkel in zwei Hälften teilt. Es befindet sich kein Stück Unterwäsche oder sonstige Kleidung in Sichtweite.

Das sieht mir überhaupt nicht ähnlich. Und trotzdem bin ich hier, eingewickelt in eine warme Decke, die definitiv nicht mir gehört.

Vage Bilder der vorherigen Nacht steigen in meinem vom Kater angegriffenen Gehirn auf. Ich erinnere mich, dass ich nach meinem Gespräch mit Adam Blackwood im Dukes saß, erfüllt von Vorfreude und dem Gefühl, dass mein Leben endlich Fahrt aufnimmt. Ich würde meinen Film über Nana zu Ende drehen können, ihn einreichen und dem College Sayonara sagen. Und ich würde mein Praktikum bei einem der größten Medienunternehmen des Landes in eine Filmkarriere verwandeln, in der ich mich selbst finden konnte – endlich meinen Stil finden konnte statt nur andere nachzuahmen, wie ich es während meiner Ausbildung getan hatte.

Fast erinnere ich mich auch an den Kerl. Breite Schultern, ungezwungenes Auftreten und ein vielversprechendes Kribbeln. Doch mehr ist da nicht. Kein Gesicht. Kein Name. Keine echte Vorstellung davon, wie das hier – dieses kleine Wunder von tatsächlichem, realem Sex – zustande gekommen ist.

Traurigerweise wird dieses Rätsel ungelöst bleiben. Ich muss los.

Ich kämpfe mich hoch und ziehe vorsichtig Strähnen meiner krausen Haaren unter der Schulter – der wohlgeformten, gebräunten Schulter – meines neuen Freundes heraus. Mein Kopf fühlt sich an wie das Innere eines Cocktailshakers, und der Geschmack in meinem Mund lässt vermuten, dass etwas hineingekrochen und dort gestorben ist.

Ich schwinge meine Füße auf den kühlen Betonboden, stehe auf und dränge die Übelkeit zurück, die mich überwältigen will.

Vielen Dank auch, Tequila.

Ich schleiche ums Bett, um herauszufinden, ob ich auf dieser Seite vielleicht mehr Glück beim Auffinden meiner Unterwäsche habe – oder von irgendeinem Kleidungsstück. Und ich gebe zu, ich verzehre mich nach einem Blick auf meinen Bettgenossen.

Meine Neugier wird definitiv belohnt. Obwohl das Gesicht des Kerls im Kissen vergraben ist und seine kurzen karamellfarbenen Haare an seinem Kopf kleben, ist er richtig scharf. Er hat ein starkes, wunderbar geformtes Kinn mit dem Hauch eines Grübchens; volle Lippen; und die Art von dunklen, langen Wimpern, für die Mädchen Massen an Mascara auftragen müssen.

So ausgestreckt, den Körper nur spärlich bedeckt – meine Schuld, weil ich mir die Decke gekrallt habe – hängen seine Füße fast aus dem Bett. Was bedeutet, dass er groß ist. Selbst im Schlaf zeigt sein Gesicht eine interessante Intensität, als träume er davon, die Welt zu retten. Ich weiß, dass er einen wunderbaren Charakter haben muss, oder es hätte nicht die geringste Chance bestanden, in seinem Bett zu landen.

Mein Blick huscht zu seinem Wecker. Die Zahlen 8:02 brennen sich durch den Nebel in meinem Hirn, und Adrenalin überschwemmt meinen Körper.

Ich kann keine Kondomverpackungen entdecken, was in mir die Frage aufwirft, was gestern Nacht genau geschehen ist. Es sieht mir absolut nicht ähnlich, leichtsinnig zu sein. Vielleicht ist ja gar nichts passiert. Doch andererseits: keine Unterhose.

Mein Betriebspraktikum bei Boomerang – die Chance, mehr zu werden als nur die Tochter einer berühmten Fotografin … die Chance, endlich mein wahres Leben zu beginnen und dabei auch die Existenz der meistgeliebten Person in meinem Leben zu bewahren – beginnt in genau zweiundfünfzig Minuten. Und ich hänge hier fest, ohne den blassesten Schimmer, wo ich mich befinde oder wo meine verdammte Unterwäsche sich versteckt.

»Mist, Mist, Mist.« Ich fahre mir mit den Händen durch die Haare, nehme eine kurze Inventur des Zimmers vor und entscheide, dass meine Kleidung irgendwo anders gelandet sein muss.

Das wird sicher spaßig.

Ich eile einen schmalen Flur entlang und erhasche dabei den Blick auf Sportfotografien und Motivationsposter mit in der Luft schwebenden Adlern und Sonnenaufgängen über Berggipfeln. Auf einem davon steht: »Das Leben beginnt am Ende der Wohlfühlzone«, was wohl bedeutet, dass mein Leben gerade beginnt. Jetzt, in diesem Moment.

Ich finde mich in einem Wohnzimmer wieder, vorhersehbarerweise eingerichtet mit einem Junggesellensofa, einem dreckigen Glascouchtisch und einem riesigen Flachbildfernseher, der das wenige Sonnenlicht abschirmt, das sich bemüht, durch zwei mit Decken abgehängte Fenster in den Raum zu dringen. Außerdem ist es erfüllt mit dem üblichen Duft von Kerlen: Alkohol, Schweiß und – um dem Ganzen die Krone aufzusetzen – noch einem leichten Geruch nach totem Oppossum. Auf den meisten Oberflächen liegen Bücher und Magazine verteilt, zusammen mit einer Ansammlung von Fernbedienungen, die irgendwo ein unterirdisches Superhelden-Geheimversteck vermuten lassen; außerdem entdecke ich einen Laptop, der alt genug wirkt, um Fred Feuerstein zu gehören, verschiedene Kleidungsstücke – ein Sweatshirt, Sporthosen und – Hurra! – mein Kleid von gestern Abend.

Ich greife es mir vom Boden und mustere es. Es ist an manchen Stellen steif und so verknittert, als wäre ein Müllwagen darübergerollt. Außerdem zieht sich ein v-förmiger Fleck über das Oberteil.

Während ich versuche, die Falten auszuschütteln, wünsche ich mir, ich hätte zu meinem Treffen mit Adam Blackwood etwas nicht ganz so Aufreizendes angezogen. Doch gestern habe ich mich für dieses Kleid entschieden, und heute wird mein neuer Chef es schon wieder sehen müssen. Nur dass es diesmal aussieht, als hätte ich es einem Landstreicher vom Körper gerissen.

Ich höre das Quietschen von Bettfedern, dann das Öffnen und Schließen einer Tür, gefolgt vom Rauschen des Wassers in einer Dusche. Also ist der Kerl wach. Wunderbar. Vielleicht kann er mir beistehen bei meiner Mission Impossible: Unterwäsche. Das wird sicher nicht im Geringsten peinlich, richtig?

Nach einer Suche im gesamten Wohnzimmer, bei der ich Kleidung, Pizzakartons, Hüllen von Videospielen und verschiedenste Sportausrüstungsgegenstände hochhebe, schaffe ich es, meine Schuhe, meine Tasche und – in der Durchreiche zur Küche – meinen BH zu finden. Aber keine Unterhose.

Ist sie einfach verschwunden? Ist sie von meinem Körper geschmolzen? In diesem Fall muss man dem Kerl wirklich ein Kompliment aussprechen. Evan? Nein, das war es nicht. Noch ein Grund mehr, mir zu wünschen, ich könnte mich wenigstens, oh, an ein paar Minuten der letzten Nacht erinnern.

Die Uhr an der Mikrowelle zeigt 8:09. Ich sammle meine Schuhe, den BH und das Kleid ein und renne zurück ins Schlafzimmer. Dort schmeiße ich alles aufs Bett, klopfe an die Badezimmertür und schiebe sie zur selben Zeit schon auf. Meine Höflichkeit ist irgendwann zwischen meinem Treffen mit Adam Blackwood und dem Zeitpunkt, wo meine Kleidung in dieser Wohnung durch die Gegend flog wie T-Shirts bei einem Lakers-Spiel, über Bord gegangen.

»Ähm, hey … (Wie zur Hölle heißt er?) … du«, sage ich denkbar lahm. »Ähm … ich will ja nicht seltsam oder aufdringlich wirken, aber ich habe es ziemlich eilig. Neuer Job. Macht es dir etwas aus, wenn ich reinkomme und …«

Er zieht den Duschvorhang ein Stück zur Seite und steckt seinen Kopf heraus, wobei ich einen guten Blick auf seinen durchtrainierten Oberkörper erhasche. Zusammen mit seinen tiefgründigen blauen Augen und dem Wasser, das sich in den tiefen Kuhlen hinter seinen Schlüsselbeinen sammelt, ist der Anblick so früh am Morgen … nun, ziemlich überwältigend.

Offensichtlich empfindet er ähnlich. Seine Augen huschen kurz von oben nach unten über meinen Körper, und er stammelt etwas.

»Was?«, frage ich lächelnd, bevor ich die Hand an den Mund hebe. »Steckt mir etwas zwischen den Zähnen?«

Er lacht. »Du bist so nackt.«

Ich schenke ihm ein Lächeln. »Tut mir leid, ja. Ist das okay?«

Nach Jahren als Model für meine Mutter, acht Vorstellungen die Woche als Nackte in einer Sommerproduktion von »Hair« und der Tatsache, dass ich immer diejenige war, an die sich meine Mitstudenten in den Filmwissenschaften wandten, wenn sie jemanden für eine Nacktszene brauchten, habe ich das Gefühl, ich hätte mein halbes Leben unbekleidet verbracht. Will ich meine Zeit dauernd damit verbringen, rot zu werden und mich zu entschuldigen? Nein, will ich nicht.

Seine Augen huschen wieder über meinen Körper, und seine Lippen verziehen sich zu einem Lächeln, auch wenn er sich große Mühe gibt, mir in die Augen zu sehen, als er mit mir redet. »Definitiv. Definitiv okay. Tu, was auch immer du tun musst.«

»Super.« Ich wende mich ab und überlasse ihn seiner Dusche. Stattdessen wische ich den Dampf vom Spiegel und mustere mich selbst, besonders mein Haar, das immer ein gewisses Problem darstellt. Es kräuselt sich in alle Richtungen, doch es war auf jeden Fall schon mal schlimmer. Was, wie ich mit einem Stich der Enttäuschung feststelle, leider bedeutet, dass wir doch keinen Sex hatten.

Sex – zumindest guter Sex – sorgt dafür, dass meine Haare verrückt spielen. Absolut verrückt. Momentan gilt nur Alarmstufe gelb, was auf heftiges Petting hinweist, aber nicht mehr.

Sieht aus, als würde die Dürrephase anhalten.

Ich finde eine Bürste und zerre sie durch meine Haare, bevor ich mir Zahnpasta auf den Finger schmiere und sie auf meinen Zähnen verteile. Ich gurgle mit ungefähr einem halben Liter seiner Mundspülung, dann trinke ich ein paar Handvoll Wasser aus dem Hahn.

»Dämliche Frage, aber hast du eine Ahnung, wo meine Unterhose abgeblieben ist?«

Er dreht das Wasser ab und streckt den Arm nach seinem Handtuch aus. Ich reiche es ihm am gestreiften Vorhang vorbei in die Dusche. Einen Moment später schiebt er diesen zurück, das Handtuch um seine Hüften geschlungen, was seinen beeindruckend muskulösen Bauch noch betont.

»Ich bin mir nicht sicher«, meint er grinsend. »Lass mich kurz was anziehen, dann helfe ich dir bei der Suche.«

Zurück in seinem Schlafzimmer ziehe ich BH und Kleid an, wobei ich mich ohne Unterhose seltsam asymmetrisch fühle.

»Wo ist dein Job?«, fragt er, während er ein weißes Anzughemd zuknöpft.

In mir blitzt eine Erinnerung an den vorherigen Abend auf, in der er einen Anzug trägt und ich meine Arme unter sein Jackett schiebe, um meine Hände über seinen starken Rücken gleiten zu lassen. Er wirkt, als wäre er an gute Kleidung gewöhnt, also arbeitet er wahrscheinlich. Aber in der Wohnung liegt massenweise Sportausrüstung herum. Vielleicht ist er ein Basketballtrainer. Die tragen doch Anzüge, richtig?

»Was hast du gesagt? Wo musst du hin?«, fragt er wieder, und ich stelle fest, dass ich für einen Moment total weggetreten war.

Errötend sage ich: »Century City, und ich werde absolut zu spät kommen.«

Seine Hände an den Hemdknöpfen zögern kurz. »Ich auch«, murmelt er, mehr an sich selbst gerichtet. »Aber wenn der Verkehr mitspielt, dauert es vielleicht zwanzig Minuten. Du kannst es noch schaffen.«

Was allerdings bedeutet, dass ich jetzt verschwinden muss.

Er hilft mir bei meiner Wohnungsdurchsuchung, dreht Sofakissen um und schaut sogar hinter Vorhänge. »Bist du dir sicher, dass du sie anhattest, als wir hier angekommen sind?«

»Du glaubst, ich bin ohne Unterhose hergekommen?«

Bin ich ohne meine Unterhose hier aufgeschlagen?

Er zieht eine Krawatte von dem Deckenventilator über dem Küchentisch und hält sie lächelnd für mich hoch. »Scheint möglich. Ich erinnere mich nicht allzu klar an Einzelheiten, aber aus den Hinweisen lässt sich schließen, dass wir eine Menge Spaß hatten.«

Ich will sagen: Vielleicht nicht so viel Spaß, wie du denkst, doch warum sollte ich mich jetzt auf diese Diskussion einlassen? Ich finde ein Gummiband auf der Arbeitsfläche in der Küche und binde mir die Haare zu einem lockeren Dutt.

Wieder schaue ich an meinem Kleid herunter, und mir wird klar, dass ich auf keinen Fall so in meinem Job auftauchen kann.

»Hey, würde es dir etwas ausmachen, mir ein Hemd zu leihen?«, frage ich. »Also ein richtiges Anzughemd. Ich … ähm, gebe es dir dann auch zurück.« Ich hoffe inständig, dass ich nicht klinge wie ein seltsames Stalkermädchen. Doch mein Bedürfnis, nicht auszusehen, als hätte ich meine Kleidung gerade von einem Kneipenboden aufgesammelt, setzt jede Sorge um den ersten – oder zweiten – Eindruck außer Kraft.

»Klar. Sicher«, sagt er und verschwindet in seinem Schlafzimmer. Er kehrt mit einem blauen Hemd zurück und drückt es mir in die Hand. »Könnte dir eine bisschen zu groß sein.«

»Da bin ich mir sicher«, erkläre ich, doch gleichzeitig ziehe ich das Hemd an und verknote es eng um meine Hüften, um so den größten Teil des Problems zu verdecken. Jetzt sehe ich nur noch aus wie eine verknitterte Irre. Doch wenn mein neuer Boss öfter mit Filmleuten zu tun hat, bin ich sicherlich nicht die erste verknitterte Irre in seinem Leben.

Der Kerl hebt ein Paar schwarz-weiß karierte Boxershorts von einem Küchenstuhl. »Die habe ich gestern getragen, also wird es langsam wärmer.«

Meine Nervosität steigt, während er eines seiner Kleidungsstücke nach dem anderen findet.

»Tut mir leid, Mia«, erklärt er, nachdem er jeden Schrank geöffnet und in jede Ecke des kleinen Apartments geschaut hat.

Ich empfinde einen winzigen Stich der Freude, weil er meinen Namen kennt, der schnell von der Verlegenheit verdrängt wird, dass ich die Idiotin bin, die sich nicht an seinen erinnert.

In der Küche gießt er sich ein Glas Saft aus dem Kühlschrank ein und schiebt auch für mich eines durch die Durchreiche. »Ich sehe sie einfach nirgendwo.«

Wo zur Hölle kann meine Unterhose sein? Und ist es besser, an meinem ersten Tag zu spät zur Arbeit zu kommen oder halbnackt vor meinen neuen Kollegen herumzulaufen? So viele Entscheidungen.

Ich ziehe mein Handy heraus – 8:29 – und seufze. »Okay«, entscheide ich. »Dann muss es wohl ohne gehen.«

»Frech.« Er wackelt mit einem Finger in meine Richtung. »Das gefällt mir an einem Mädchen.«

Ich schieße sofort zurück. »Danke auch, Kumpel. Falls du sie noch findest, behalte sie einfach als Souvenir.«

»Ich werde sie in Ehren halten. Außer es ist eine Omaunterhose. Allerdings wäre die wahrscheinlich leichter zu finden gewesen.«

»Es ist definitiv keine Omaunterhose. Sie ist …«

Er lacht mit dem Rücken zu mir. »Leuchtend pink? Mit einem Muster aus weißen Schmetterlingen?«

»Ja! Woher weißt du …«

Er tritt zur Seite und öffnete die Klappe seines glänzenden Tischbackofens. Dort, auf dem Rost, liegt meine Unterhose.

2

Ethan

F: Bestehst du bei Dates darauf, getrennt zu bezahlen, oder übernimmst du die Rechnung?

Ein paar Sekunden lang gelingt es mir nicht, das Bild der pinken Unterhose in meinem Ofen abzuschütteln. Es ist, als würde die Zeit stillstehen. Erst stelle ich mir vor, wie Mia sie trägt, dann, wie sie sie nicht trägt – bis Trainer Williams’ Stimme die Dauerschleife in meinem Kopf durchdringt.

Wenn du pünktlich bist, bist du schon zu spät dran.

Diese Worte treiben mich an, so wie sie es in den letzten vier Jahren immer getan haben. Ich kann mir nur vage vorstellen, was Trainer Williams im Moment von mir halten würde: Ich komme zu spät zu dem Praktikum, das eigentlich mein gesamtes Leben ändern soll, und das unter dem Einfluss eines so heftigen Katers, dass ich vielleicht sogar noch betrunken bin.

Ich verlasse die Küche und eile ins Wohnzimmer. Das Mädchen, mit dem ich aufgewacht bin – Mia – lehnt mit der Hüfte an der Wand, während sie in ihrer Tasche wühlt, also gönne ich mir eine Sekunde, um den Anblick zu bewundern.

Verdammt, sie ist heiß. Ich verpasse mir selbst eine mentale Ohrfeige.

»Gibst du mir deine Adresse?«, fragt sie, während sie ein Handy aus der Tasche zieht. »Ich muss ein Taxi rufen.«

Eine Erinnerung an letzte Nacht blitzt in meinem Kopf auf. Sie und ich sind in ein Taxi gesprungen, kaum dass es vor der Bar vorgefahren war. Wir waren viel zu begierig darauf, endlich allein zu sein, um darauf zu warten, dass Jason und Isis uns im Auto mitnahmen. Warum zur Hölle sind wir überhaupt hierhergekommen und nicht zu ihr gegangen? In meiner Wohnung droht Seuchengefahr.

»Creston Drive 44«, sage ich. Ich schiebe Socken und einen Schienbeinschoner zur Seite, setze mich auf die alte Couch und ziehe meine Businessschuhe an. »In Westwood.«

Mia wählt die Nummer und spricht hastig mit der Zentrale. Ich habe nicht das Gefühl, dass ihre schnelle Sprechweise etwas damit zu tun hat, dass sie zu spät dran ist. Ihr Tonfall ist rauchig und lebendig, als rede sie gerne und lache häufig. Sie ist winzig. Kaum größer als ein Meter sechzig, doch die hochhackigen Schuhe, in die sie gerade schlüpft, machen sie zehn Zentimeter größer. Mein Hemd fällt nach vorne, als sie sich vorbeugt, und gewährt mir damit einen wunderbaren Einblick in ihr perfektes Dekolleté.

»Fünf Minuten?«, sagt Mia. »Danke.« Sie legt auf und richtet ihre Aufmerksamkeit wieder auf mich. Ihre Augen sind grün, aber es ist nicht diese wässrige Haselnussfarbe, die einem die meisten Leute als grün verkaufen wollen. Mias Augen sind klar und leuchtend.

»Startklar?« Ich stehe auf.

»Jepp. Startklar.« Mia lässt ihr Handy wieder in die Handtasche fallen und schiebt sich eine schwarze Strähne hinters Ohr. Ihre Augen huschen über meinen Körper, dann schaut sie zur Eingangstür. »Also … danke für den Saft?«

Ich trete ihr in den Weg. »Warte eine Sekunde.« Das Protokoll für One-Night-Stands schreibt sozusagen ein schnelles Rein und weg vor, doch ich kann sie nicht gehen lassen. Sie ist nicht die einzige, die nach Century City muss. Und es ist schon zu spät, als dass ich noch mit dem Fahrrad oder dem Bus fahren könnte. »Warte eine Sekunde, okay? Ich muss mit meinem Mitbewohner reden.«

Sie sieht sich in der Wohnung um, während ihr die Kinnlade nach unten fällt. Noch vor fünf Sekunden lag unsere Kleidung überall verteilt. »Du hast einen Mitbewohner?«

»Ja. Jason. Und Isis. Sie ist Jasons Freundin, aber inzwischen lebt sie quasi hier. Ich glaube, du hast sie letzte Nacht im Dukes kennengelernt.«

Mia schenkt mir ein zittriges Lächeln. »Okay. Es ist ein schreckliches Gefühl, dir das gestehen zu müssen, aber ich versuche im Moment noch mich daran zu erinnern, ob du Evan oder Ethan heißt. Also kann man wohl mit Fug und Recht behaupten, dass meine Erinnerungen an gestern Abend nicht allzu klar sind.«

Scheiße.

Ich war offensichtlich nicht auf etwas Ernsthaftes aus. Nach zwei Jahren mit Alison ist unverfänglich sozusagen eine Voraussetzung. Doch dieses Mädchen erinnert sich nicht mal an meinen Namen? Das nervt, aber ich zucke mit den Achseln, um es herunterzuspielen.

»Das ist schon okay. Ich heiße Ethan. Ethan Vance.«

»Mia Galliano.«

»Nett, dich kennenzulernen, Mia Galliano.« Für eine unangenehme Sekunde stehen wir einfach nur da. Eine förmliche Vorstellung wirkt unsinnig, wenn man bedenkt, dass ich mit meiner Hand auf ihrem Hintern geschlafen habe.

»Warte eine Sekunde«, breche ich das Schweigen. »Nimm dir noch ein Glas Saft.«

Nett, Ethan. Das ist sicher genau das, was sie jetzt will. Mehr Powerade um 8:33 Uhr morgens. Ich gehe zu Jasons Zimmer, klopfe an die Tür und öffne sie sofort.

Jason und Isis sitzen im Bett und beobachten die Tür, als hätten sie nur auf mich gewartet. Isis grinst breit und applaudiert kurz. Jason ist weniger subtil. Er hebt eine Vuvuzela an die Lippen und bläst hinein. Das laute Brummen des Horns bohrt sich in mein Hirn und verstärkt mein Kopfweh bis fast ins Unerträgliche.

»Super, Ethan!« Jason lacht. »Wie lief es, Mann? War es wie beim Fahrradfahren?«

»Es hat ein wenig mehr Spaß gemacht«, sage ich. Allerdings wünsche ich mir intensiv, ich wäre mir da sicher.

»Ist sie schon gegangen?«, fragt Isis.

»Noch nicht, aber sie muss gleich weg.«

»Ethan!«

»Ruhig, Isis. Wir müssen beide weg. Sie hat einen Job, und mein Praktikum fängt heute an.«

Isis schnaubt. »Das nervt. Du siehst schrecklich aus.«

»Dann sehe ich besser aus, als ich mich fühle. J., ich brauche Geld.« Die Worte brennen in meiner trockenen Kehle. Ich hasse es, um Geld zu bitten. »Ich muss meinen Anteil an einem Taxi bezahlen.«

Jason schüttelt den Kopf. »Tut mir leid, Bruder. Ich habe keins. Du hast meinen Geldbeutel schon gestern geleert.«

»Habe ich?«

Isis lacht. »Erinnerst du dich nicht? Du und Mia habt ›sexy Tequila‹ gespielt.«

Himmel, sexy Tequila. Bin ich in die Pubertät zurückgefallen? »Ist egal.«

Während ich wieder Richtung Wohnzimmer gehe, überlege ich, ob ich meine Sporttaschen nach losen Münzen durchsuchen soll. Aber dafür bleibt mir keine Zeit, und wahrscheinlich fände ich auch da nicht genug Kohle, um meinen Anteil zu bezahlen. Mir bleibt nur noch eine Möglichkeit, und die wird mich umbringen. Aber scheiß drauf. Es ist meine einzige Chance.

Ich finde Mia neben der Eingangstür, ein sexy Halblächeln auf dem Gesicht. »Habe ich gerade eine Vuvuzela gehört?« Mein Hirn setzt aus, als ich mir vorstelle, wie ich Salz von Mias olivfarbener Haut lecke.

»Ja. Mein Mitbewohner fand das witzig. Also, was dieses Taxi angeht … Macht es dir was aus, wenn ich mitfahre?«

Mia runzelt die Stirn, und ich sehe, dass sie meine Bitte überrascht. Mir geht es genauso. So hatte ich mir den Morgen eigentlich nicht vorgestellt. »Klar geht das«, antwortet sie. »Kein Problem.«

»Cool. Und ähm … noch etwas?« Verdammt, ich versaue mir gleich jede Chance, dieses Mädchen noch mal wiederzusehen – und das will ich. Wenn schon sonst nichts, dann um herauszufinden, was wir letzte Nacht getrieben haben. Doch ich habe keine andere Wahl. »Macht es dir etwas aus, das Taxi zu zahlen?«

3

Mia

F: Bist du ein einsamer Wolf, oder läufst du mit einem Rudel?

Der arme Kerl – Ethan – sieht aus, als hätte er mich gerade gebeten, ihm eine Nagelfeile ins Auge zu rammen. Also bittet er nicht gern um Gefallen. Interessant.

»Sicher, keine große Sache«, erkläre ich ihm. Es kostet mich all meine Selbstbeherrschung, nicht die Hand zu heben und ihn zu berühren, nicht seine rote Krawatte gerade zu rücken oder die leichte Schmachtlocke zurückzustreifen, die über seinen geraden, ernsthaften Augenbrauen hängt. Die Luftmoleküle zwischen uns scheinen sich mit der wunderbaren Energie der gegenseitigen Anziehung aufzuladen.

Oder, okay, mit Lust.

Es ist lange her, dass ich so etwas empfunden habe. Wahnsinnig gerne wäre ich einfach hiergeblieben, um in diesem Moment zu verweilen. Doch ich habe keine Zeit.

Ein Auto hupt, wie um diesen Gedanken zu unterstreichen.

»Ich nehme an, unser Chauffeur ist da«, sage ich.

Er lehnt sich vor, um mir die Tür zu öffnen. Plötzlich bin ich mir sowohl seiner Größe – er ist mindestens fünfzehn Zentimeter größer als ich, und ich trage im Moment zehn Zentimeter hohe Absätze – als auch seines Duftes sehr bewusst: rauchig und verlockend, wie ein Lagerfeuer am Strand.

Wieder blitzt eine Erinnerung in mir auf: der Innenraum eines Taxis, während der Lichtschein von Straßenlaternen über sein schönes, ernstes Gesicht huscht. Er zieht mich über den Sitz, legt mein Bein über seines und stützt meinen Rücken mit starken Händen. Dann schließt sich das Erinnerungsfenster, und ich bleibe mit klopfendem Herzen und dem Wissen zurück, dass ich wirklich, wirklich dringend aufbrechen muss.

Ich trete vor ihm auf den schmalen Laubengang und blinzle in das strahlende Licht, das alles in schimmernde Grün- und Goldtöne taucht. Auf der Straße unter uns steht ein Taxi. Ich steuere auf eine klapprig wirkende Aluminiumtreppe zu, um nach unten zu gehen.

Ich bin mir sehr bewusst, dass Ethan mir folgt. Fühle seine Anwesenheit in meinem Rücken – spürbar und gleichzeitig unaufdringlich. Seine schnellen, sicheren Schritte erschüttern die Treppe, als wir nach unten steigen.

Konzentrier dich, Galliano. Hier geht es darum, die Person zu werden, die ich sein will. Meinen Film fertigzubekommen. Allein einen Weg in die Filmindustrie zu finden. Hier geht es sicher nicht um einen Kerl, dessen größte Heldentat darin besteht, meine Unterwäsche in einem Küchengerät zu verstecken.

Ich steige zuerst ins Taxi und gebe dem Fahrer die Adresse des Büros von Boomerang.

Ethan steigt auf der anderen Seite ein. »Ecke Olympic und Avenue of the Stars«, erklärt er dem Fahrer. »Wahrscheinlich ist das in der Nähe des ersten Ziels.«

Der rothaarige Fahrer drehte sich um und starrt uns an. »Ja, ziemlich nah dran.«

Ich kenne mich in diesem Teil der Stadt nicht besonders gut aus, aber das macht alles einfacher.

Ethans Hemd ist mir viel zu weit, und der Stoff rutscht an meinen Schenkeln nach oben. Nicht gut. Vielleicht bleibt mir noch Zeit, die Hilfstruppen anzufordern, damit ich nicht wie Little Miss Hotpants ins Büro stiefle, wie Nana es ausgedrückt hätte.

Ich rufe Skyler an, die scheinbar schon abhebt, noch bevor ihr Telefon überhaupt geklingelt haben kann.

»Oh mein Gott. Erzähl mir alles. Sofort.«

Anscheinend habe ich gestern meinen Mitbewohnerinnen die Nachricht zukommen lassen, dass ich über Nacht nicht nach Hause kommen würde. Seufzend sage ich: »Auch dir einen guten Morgen.«

»Vergiss es. Was ist passiert? Wo bist du? War es toll? Hat er …«

»Hey, Sky«, unterbreche ich sie, weil ich mir sicher bin, dass Ethan jedes Wort versteht. »Ich muss dich um einen Gefallen bitten.«

Sie kapiert sofort, was mein Tonfall bedeutet. »Ist er da?«, fragt sie. »Jetzt gerade im Moment? Solltest du nicht bei deinem neuen Job sein?«

»Ich bin unterwegs.« Ich hole tief Luft, um meine Verzweiflung unter Kontrolle zu halten. »Ich … ähm … habe verschlafen.«

»Ich bin enttäuscht, dass du überhaupt geschlafen hast.«

»Sky, jetzt komm schon!«

»Okay, okay. Also, ist er im Moment da?«

»Ja, wir … ähm …« Ich fühle Ethans Blick auf mir und drehe den Kopf, um ihn aufzufangen. Er lächelt auf eine Art, die gleichzeitig unglaublich süß und unglaublich sexy ist. Ich erwidere das Lächeln und wünsche mir, ich besäße eine Art tragbares Stillefeld, das ich aktivieren könnte, um ein wenig Privatsphäre zu schaffen.

Doch die MS Privatsphäre hat offensichtlich mitten in der Nacht den Hafen verlassen. »Wir teilen uns gerade ein Taxi. Auf jeden Fall, hör mal …«

»FaceTime mich«, sagt Sky.

»Was? Auf keinen Fall. Könntest du dich bitte einfach konzentrieren? Ich brauche etwas von dir.«

»Zeig dich auf dem Bildschirm, dann geht das klar.«

»Du machst es sowieso, weil du meine beste Freundin bist, erinnerst du dich?«

»Mach es.«

»Ich werde dich umbringen.«

»FaceTiiiiiiiime!«

»Schön!« Ich drücke auf das betreffende Icon auf meinem Display, und Skylers Gesicht erscheint: ein Gemälde aus blonden Haaren und dunklem, verwischtem Lidstrich im Kleopatrastil. Wie gewöhnlich liegt ihre Hand, während wir sprechen, um den Hals ihres Cellos und spielt mit den Saiten.

»Zeig her!«, verlangt sie.

Mir wird erst kalt, dann heiß, dann wieder kalt. »Warum hasst du mich?«

»Ich liebe dich mit der Hitze von tausend Sonnen«, erklärt Sky. »Und jetzt zeig ihn mir.«

Oh, was zur Hölle. Ich trage die Kleidung von gestern Abend, während ich mir ein Taxi mit meinem One-Night-Stand teile. Was hätte mir dieser letzte Rest Selbstrespekt denn wirklich noch gebracht?

Ich drehe das Handy zu Ethan, der locker in Richtung Bildschirm grinst. Allerdings leuchten die Ränder seiner Ohren, und der Gedanke, dass ihm das alles genauso peinlich ist wie mir, beruhigt mich auf seltsame Art.

»Wow«, sagt Skyler. »Hallo du.«

Ich verdrehe die Augen. »Ethan, das ist meine ehemalige Mitbewohnerin, Skyler Canby«, erkläre ich. »Skyler, Ethan.«

»Hey, Skyler.« Er salutiert ihr mit zwei Fingern, und eine weitere Erinnerung steigt auf. Ethan, der dem Barkeeper im Dukes auf dieselbe Art salutiert, um dann den Saum seines Sakkos zur Seite zu schieben und sich neben mir auf einen Barhocker zu setzen.

»Feierst du?«, fragte er, und in seinen Augen stand ein Interesse, das dafür sorgte, dass ich mich aufrichtete und zu ihm umdrehte.

»Ein bisschen Arbeit und ein bisschen Spaß«, antwortete ich.

»Dasselbe gilt für mich«, sagte Ethan, und wir stießen an. »Arbeit und Spaß, zu fast gleichen Teilen.«

Im Moment allerdings muss ich den Spaß hinter mir lassen und mich an die Arbeit machen.

»Okay, hör zu«, erkläre ich Skyler, als wir auf den Santa Monica Boulevard einbiegen. »Können du oder Beth es in den nächsten …« Ich schaue auf die Uhr meines Handys. »Mist. Es in den nächsten achtzehn Minuten zum Century Boulevard schaffen? Ist das überhaupt möglich?«

»Dein Glückstag. Beth hat ein Vorsprechen bei Fox. Sie ist wahrscheinlich schon seit sechs Uhr dort und stalkt den Regisseur.«

»Ruf sie für mich an und finde heraus, ob sie irgendwas dabei hat, was ich anziehen könnte. Selbst wenn es nur eine Jacke ist.«

»Okay, aber keine Jacke. Du darfst diese Titten nicht verstecken.«

»Skyler!«

»Das unterstütze ich«, murmelt Ethan.

Ich drehe mich überrascht zu ihm um. Wieder dieses Lächeln – sexy, ein wenig scheu. Und diese blauen, blauen Augen, so dunkel, dass sie fast schwarz wirken.

»Sie sind, ähm … wunderbare Aktivposten«, erklärt er. Ich verliere mich in seinem Gesichtsausdruck, gleichzeitig ehrlich und spöttisch. Ich weiß nicht, ob es eine Erinnerung oder eine Wunschvorstellung ist, doch ich fühle seine Hände auf mir, spüre, wie seine Finger die Träger meines Kleides zur Seite schieben …

»Der Mann spricht die Wahrheit«, sagt Sky. »In Jacken wirkst du kastenförmig.«

»Was auch immer. Bitte und danke.« Ehrlich, alles ist besser als mein momentanes Outfit.

»Hör auf, mit mir zu reden, damit ich mich darum kümmern kann. Ich schicke dir eine SMS zur Bestätigung.«

»Danke, Liebes.« Ich habe wirklich die besten Freundinnen auf der ganzen weiten Welt.

»Keine Sorge«, sagt Skyler, um mich dann mit einem breiten Grinsen zu bedenken. »Sag Ethan, dass er ein echt heißer Kerl ist.«

Er lacht neben mir, während ich peinlich berührt die Augen schließe.

»Ich bin mir ziemlich sicher, das weiß er schon.«

4

Ethan

F: Planst du Verabredungen, oder lässt du dich gerne überraschen?

Das Taxi kriecht den Wilshire Boulevard entlang. Ich kann mich nicht davon abhalten, ungeduldig mit dem Bein zu wippen, obwohl klar ist, dass Mia es bemerkt. Ich möchte die Tür aufreißen, mein Jackett von mir werfen und nach Century City rennen. Ich weiß, dass ich es zu Fuß schneller schaffen könnte. Mit einem Lächeln denke ich an Dads Kommentar, den er eigentlich bei jedem Besuch hier macht: Wieso sind hier alle ständig in Eile? Aber wenn man etwas aus sich machen will, akzeptiert man es. Erfolgreiche Leute leben unter ständigem Zeitdruck.

»Arbeitest du beim Sportfernsehen oder so?«

Mias Frage überrascht mich. Dann fällt mir ein, dass sie meine Gewichte und meine Fußballausrüstung gesehen haben muss.

»Nein. Das wäre schön.« Meinen Lebensunterhalt mit Sport zu verdienen wäre toll. Fast hätte ich es geschafft. Ich hatte an der University of California ein paar Rekorde gebrochen. Aber dann hatte eine Knieverletzung im Grundstudium mir den Weg in den professionellen Fußball verbaut. Nach der Operation war nichts mehr wie vorher.

»Ich trete heute einen neuen Job an. Marketing für ein Onlineunternehmen.« Ich bringe es einfach nicht fertig, Praktikum zu sagen. Ich habe einen Abschluss von einer Top-Uni. Man sollte meinen, ich könnte es schaffen, für meine Arbeit bezahlt zu werden. Doch das wird sich schon bald ändern. »Was ist mit dir? Bikini-Model?«

Ich habe keine Ahnung, wieso ich mit ihr flirte. Ich werde sie niemals wiedersehen, und wir hatten bereits etwas miteinander. Nicht, dass ich mich daran erinnern würde. Aber sie ist scharf, und sie hat etwas Faszinierendes an sich. Sie stellt ein kleines Rätsel dar, das gerade mein Lieblingshemd trägt.

»Aber klar.« Mit einem Lächeln tätschelt sie ihre Hüfte. »Was sollte ich sonst sein, angesichts all dieser Kurven?«

Es ist irgendwie atemberaubend, wie wohl sie sich in ihrem eigenen Körper fühlt. Alison wollte nach zwei Jahren immer noch das Licht ausschalten, wenn wir miteinander geschlafen haben. Ich vermute sogar, dass Mia und ich nicht gleich im Bett angefangen haben. Aber dort hat es geendet.

»Was gäbe es noch?«, frage ich. »Keine Ahnung. Vielleicht bist du ein Vegas-Showgirl?«

»Wow, danke auch. Was für ein fortschrittlicher Gedanke.«

»Hey, im Moment spricht meine Fantasie. Also, was ist es? Was machst du wirklich?«

Mia überschlägt ihre Beine, und ich schaffe es, kurz ihren Blick aufzufangen. »Nun, eigentlich gehe ich noch zur Schule.«

»Schule … Toll.« Bitte, sei achtzehn. Sie muss achtzehn sein. »Welche Klasse und wo?«

»Ich gehe in die Abschlussklasse der LA High.«

Ich ersticke fast an meiner eigenen Zunge. »Du … was?«

Sie bricht in Gelächter aus. »Tut mir leid. Ich konnte einfach nicht widerstehen. Ich bin im letzten Jahr am Occidental College. Ich studiere Filmwissenschaften. Doch ich habe im letzten Semester diesen Job angenommen, um ein paar Erfahrungen im echten Leben zu sammeln.«

»Du drehst Filme? Das ist cool. Ich bin total verliebt in diesen einen Kunstfilm. ›Star Wars‹. Keine Ahnung, ob du schon davon gehört hast. Vielleicht nicht. Ist ziemlich unbekannt.«

Mehr fällt mir nicht ein, um meine totale Ahnungslosigkeit in Sachen Film zu vertuschen. Ich schaue keine Filme; ich spiele Fußball. Wenn ich nicht Fußball spiele, lese ich Sachbücher über Geschichte und Kriege – Themen, die ein Mädchen wie Mia wahrscheinlich anwidern.

Sie kneift die Augen zusammen, als müsste sie tief nachdenken. »›Star Wars‹, sagst du? Da klingelt nichts bei mir, aber du kennst ja uns Filmstudenten. Wenn es kein körniger Schwarz-Weiß-Schinken ist, der erst ins Slowakische synchronisiert wurde, um dann wieder ins Englische überführt zu werden, ist es unsere Zeit absolut nicht wert.« Sie streckt ihre Beine in meine Komfortzone. Ich weiß nicht, ob sie flirtet oder einfach entspannt ist. Ist auch egal. Es gefällt mir.

»Was ist mit dir?«, fragt sie. »Was begeistert dich, außer getoasteter Unterwäsche?«

Ich lache. »Hey. Das war ich nicht.« Allerdings, wer weiß? Ich könnte es gewesen sein. Ich denke kurz darüber nach, ob ich ihr von meiner Fußballkarriere erzählen soll und entscheide mich dann dagegen. »Ich bin gerade von der UCLA abgegangen. Und jetzt mache ich mich mutig auf ins Erwachsenenleben. Heute ist mein erster Tag im Job.«

»Und wir fangen beide mit einem Kater an. Super.«

»Aber wir tragen beide Unterwäsche.«

»Das zumindest stimmt.« Mia lehnt ihren Kopf gegen den Sitz und lächelt. Die Geste hat nichts Kokettes. Nichts daran wirkt gezwungen oder falsch. Es ist einfach ein wirklich tolles Lächeln.

Plötzlich finden wir uns in einem ernsthaften Starrwettbewerb wieder. Ihr Blick ist so direkt, und ihre grünen Augen sind wie Prismen. In ihnen strahlt unglaublich viel Licht. Ich erkenne Fragen und Witze und Geschichten in ihren Augen, und ich weiß einfach, dass ich das wieder erleben will. Ich möchte noch mal von ihr angesehen werden.

»Hör mal, Mia, ich weiß, das ist nicht …«

Das Taxi hält an, und die Seifenblase um uns herum platzt.

»Achtzehn Dollar«, sagt der Fahrer.

Mia greift in ihre Tasche. »Ich zahle auch noch die restliche Fahrt. Können Sie es zusammenrechnen?«

»Sicher, Lady. Immer noch achtzehn Dollar.«

Mias Augen und meine treffen sich, und ich sehe, dass meine Überraschung sich in ihrem Blick spiegelt.

Ich kann es nicht glauben. Wir wollten zur selben Adresse? Auf keinen Fall.

Hinter uns hupt jemand.

Der Taxifahrer flucht und fährt näher an den Randstein. »Avenue of the Stars 2100. Da wollten Sie hin, richtig?«

»Richtig«, antworten wir gleichzeitig.

»Okay. Wow«, sagt Mia. Sie drückt ihm ein paar Scheine in die Hand, dann klettern wir beide aus dem Taxi.

Das Bürogebäude erhebt sich schlank vor uns, eine glatte Wand aus getöntem Glas, die Richtung Himmel strebt. Es wirkt wichtig und teuer. Als ich zu meinem Vorstellungsgespräch hierherkam, hat es mich fast umgehauen. Ich erinnere mich daran, wie ich dachte, dass dies der Ort ist, der meine Zukunft formen wird. Doch im Moment denke ich das nicht. Ich versuche stattdessen einfach nur, die Gegenwart zu verstehen.

Mia und ich treten durch die Türen und schließen uns der Menge an, die vor den Aufzügen wartet.

Wir haben kein Wort miteinander gesprochen, seitdem wir aus dem Taxi gestiegen sind.

Wir haben uns nicht angesehen.

Ich weiß nicht mal, ob wir nebeneinander stehen oder nur ungefähr in derselben Gegend.

Ich bewege meine Schultern und erkläre mir selbst, dass es der Anzug ist, der mir dieses seltsame, beengte Gefühl vermittelt.

Der Aufzug bimmelt, die Türen öffnen sich. Ich lasse ein Dutzend Leute an mir vorbeiströmen. Dann betrete ich die Kabine und strecke die Hand nach dem Knopf für den siebzehnten Stock aus. Doch der leuchtet bereits.

Mia ist hinter einer Wand aus dunklen Anzügen verschwunden. Mich überkommt der Drang, mich zu ihr vorzukämpfen. Das erscheint mir irgendwie verzweifelt, doch gleichzeitig ist es auch ein seltsames Gefühl, nicht neben ihr zu stehen. Aber dann ist es sowieso zu spät. Die Türen schließen sich, ich bin ganz vorne gefangen und starre auf den Schlitz zwischen den Stahltüren.

Wir halten im siebten Stock, und vier Leute steigen aus.

Erst, als die Türen sich wieder schließen, bemerke ich, dass ich die Luft angehalten habe.

Mia ist noch im Aufzug.

Zwölfter Stock. Zwei Leute steigen aus.

Vierzehn. Weitere drei.

Ich werfe einen Blick auf die Knöpfe. Nur einer davon leuchtet.

»Das ist mal unerwartet.« Mia steht immer noch einen Schritt hinter mir. Ich bin mir nicht sicher, doch ich habe das Gefühl, dass sie lächelt. Ich möchte sie anschauen und ihr zumindest eine der Fragen stellen, die durch mein Hirn schießen, doch dann öffnen sich die Türen und geben den Blick frei auf die Boomerang-Lobby – und wir steigen beide aus.

5

Mia

F: Schlabberklamotten oder professionell schick?

Mein Hirn beschließt, der richtige Zeitpunkt für einen Streik sei gekommen, sodass mir keinerlei Ressourcen bleiben, um über die Tatsache nachzudenken, dass ich a) neben diesem schnuckligen Kerl aufgewacht bin, nachdem ich mich mit ihm Aktivitäten hingegeben habe, an die ich mich tragischerweise nicht erinnern kann, dann b) mit ihm in einem Taxi gelandet bin, das uns c) an exakt dasselbe Ziel gebracht hat, bis wir d) im selben Stockwerk aussteigen. Ein Stockwerk, in dem sich nur ein einziges Unternehmen befindet: Boomerang.

Mein neuer Arbeitgeber.

Und anscheinend auch seiner.

»Also, dein Job?«, frage ich. Eine krause Locke fällt mir vor die Augen, als wollten meine Haare noch betonen, wie übel fertig ich bin.

»Praktikum«, antwortet er. Das Wort kommt langsam, wie ein Geständnis.

»Bei Boomerang.«

Er nickt, während seine Hände sich nervös mit seinem Krawattenknoten beschäftigen, was mich an mein eigenes, wenig professionelles Auftreten erinnert. Alles in mir schreit danach, mein Handy herauszuziehen, um zu sehen, ob Beth es schon hierher geschafft hat. »Du auch, hm?«

Ich bin viel zu verstört, um eine Antwort zu formulieren, also nicke ich nur wie ein Trottel und setze mich in Bewegung, auch wenn es sich anfühlt wie einer dieser Träume, in denen man durch einen Gang läuft, dessen Ausmaße bei jedem Schritt abwechselnd wachsen und schrumpfen.

Ich habe einen Witz darüber gerissen, dass ich »Star Wars« nicht kenne, doch während ich jetzt über die Weiten des Bambusparketts hinwegsehe, erklingt in meinem Kopf der »Imperiale Marsch«. Das Büro erinnert allerdings eher an Ridley Scott als an George Lucas, mit seinen gebogenen weißen Wänden und den in die Decke eingelassenen, farbigen Lampen. Die Arbeitsplätze sind durch niedrige Rauchglaswände voneinander abgetrennt, und auf den Tischen stehen flippige Computer. Skyler hätte erklärt, es sähe aus, als hätte jemand einen Feng-Shui-Cocktail getrunken und das Dekor dann ausgekotzt.

Wir passieren ein paar Arbeitsplätze, an denen Mädchen mit auffälligen schwarzen Brillen und asymmetrischen Frisuren neben Kerlen in engen Jeans und den verschiedensten Arten von Gesichtsbehaarung sitzen. Anscheinend sind wir in Hipsterhausen gelandet, obwohl Adam Blackwood, der Gründer und Präsident von Boomerang, eher aussieht wie ein Kind der Liebe von Ryan Gosling und … na ja, Ryan Gosling.

»Ich glaube, ich soll …« Schnell verbessert sich Ethan. »Ich glaube, wir sollen uns bei der Personalabteilung melden, ein paar Formulare ausfüllen und unser Erstgeborenes opfern. Etwas in der Art.«

»Mist, ich habe mein Erstgeborenes bereits für den letzten Job geopfert. Hast du eins übrig?«

Er grinst mich an. »Wie soll ich denn ein zusätzliches Erstgeborenes übrig haben?«

»Oh Himmel, willst du an diese Sache wirklich mit Logik rangehen?«

Eine baumlange Blondine in einem smaragdgrünen Kostüm, dessen Aufschläge scharf genug wirken, um damit Käse zu schneiden, stiefelt auf uns zu, mit einem Gesichtsausdruck, der irgendwo zwischen tollwütig und mörderisch liegt.

»Du musst mich verarschen!«, kreischt sie, als sie auf unserer Höhe ist und einen eiskalten Blick in meine Richtung wirft.

Sofort breitet sich in mir die Überzeugung aus, sie rede über meine Kleidung – die, wenn auch nicht gerade passend, keinen solch üblen Kreischanfall rechtfertigen sollte. Doch ihr Blick huscht weiter, und sie drückt ihre Hand ans Ohr. »Wenn dieser Kerl nicht funktioniert, werde ich kein Problem damit haben, dir einen Eispickel in den knochigen Arsch zu rammen, Paolo«, sagt sie, und endlich bemerke ich das Headset, das neben einem Dutt schwebt, der so streng ist, dass er ihre Augen zu Schlitzen verzieht.

Damit stakst sie davon, während hinter ihr Blumen verwelken und Vögel vom Himmel fallen.

»Meine Güte«, murmelt Ethan, und mir fällt auf, dass ich mich vor Angst an seinen Arm geklammert habe. »Ich hoffe nur, sie ist nicht für die Personalabteilung verantwortlich.«

Ich gönne mir noch einen kurzen, genießerischen Moment des Körperkontakts, bevor ich ihn freigebe. »Und ich hatte gehofft, dass sie überhaupt nicht hier arbeitet.«

Er lächelt. »Ich hoffe, dass sie demnächst zu einer zehnjährigen Kreuzfahrt aufbricht.«

»In die Antarktis.«

»Um sich wieder ihrem Stamm, den Schneemonstern, anzuschließen.«

Ich lache. Und wieder suche ich seinen Blick. Vielleicht habe ich hier tatsächlich mehr gefunden als nur ein Praktikum.

»Ich sprenge die Party wirklich nur ungern«, sagt eine Stimme hinter uns.

Ich drehe mich zu Beth um, die neben einer Tür steht, auf der ein pinkes Herz aus zwei Bumerangs prangt. Eine schwarze, gerade Perücke versteckt ihre verrückten Haare, und sie trägt eine lächerliche Monstrosität, die aussieht wie ein blau karierter Strampelanzug.

Beth wedelt mit einer Plastiktüte in meine Richtung und sagt: »Hopp, hopp, Mädchen. Spring hier rein, damit wir dich zurechtmachen können. Ich habe mittags noch einen Termin, und der ist am Arsch der Welt in Burbank.«

»Gott sei Dank hast du es geschafft.« Ich eile zu ihr und rufe noch eine kurze Vorstellung über die Schulter zurück, während ich bereits die Tür zur Damentoilette aufschiebe.

Mit scharfsinnigem Blick mustert Beth jeden Zentimeter von Ethans Körper, dann reicht sie ihm die Hand, deren Finger von purpurnen Acrylnägeln geschmückt werden.

»Mir gefällt dein …« Ethan vollführt eine ausholende Geste, die es schafft, die Gesamtheit von Beth einzuschließen.

»Ja, mir deins auch.« Sie schlägt mir auf den Hintern, um mich durch die Tür zu schieben. »Wenn du ein braver Junge bist, teilt Mia vielleicht mal.«

»Beth!«

Ich erhasche einen letzten Blick auf Ethans weit offen stehenden Mund, bevor die Tür zufällt. Beth lacht laut und kehlig. »Dieser Junge wusste gar nicht, was ihn getroffen hat.«

Bevor ich sagen kann, dass ich dieses Gefühl nur zu gut kenne, zieht Beth mir auch schon Ethans Hemd und mein Kleid über den Kopf und tauscht es gegen eine violette Seidenbluse aus. Beth stammt aus einer langen Linie von Garderobieren und Inspizienten, also habe ich solche Aktionen schon mehrmals mit angesehen – auch wenn ich ihre Dienste zum ersten Mal selbst in Anspruch nehme.

»Wo kommt das Zeug her?«, frage ich.

»Ich hatte es an, als ich heute Morgen vor die Haustür getreten bin«, erklärt sie mir. »Oder glaubst du, ich habe das Haus in einem Outfit verlassen, in dem ich aussehe wie eine heruntergekommene Dorothy aus ›Der Zauberer von Oz‹?«

ENDE DER LESEPROBE