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Simon Scarrow

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Beschreibung

Britannien, A. D. 52: Die westlichen Stämme planen einen Aufstand. Während Centurio Macro seine Wunden pflegen muss, führt Präfekt Cato eine Legion gegen die Stammeskämpfer an. Doch der Winter naht. Cato und seine Männer kämpfen gegen erbarmungslose Kälte und tödliche Schneestürme. Unterdessen kommt Macro ein schrecklicher Verdacht. Soll Catos Truppe im Zeichen einer Intrige geopfert werden? Schon bald merken die beiden Blutsbrüder, dass ihre Feinde überall lauern ...

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ZUM BUCH

Nach einer langen Zeit der Eroberungskämpfe erhält Präfekt Cato den Auftrag, die aufständischen Stämme Britanniens endgültig niederzuwerfen. Seine Mission führt ihn tief in das Reich der feindlichen Druidenstämme, während sein treuer Kampfgefährte Macro verwundet zurückbleiben muss. Doch Roms Herrschaft wankt: In den Unbilden des nahenden Winters werden die Reihen der römischen Legionäre immer weiter dezimiert. Um Sanktionen Roms zu entgehen, muss Legat Quintatus eine Erklärung für die militärische Niederlage liefern – eine Erklärung, für die Cato und seine Mannen einen tödlichen Preis zu zahlen haben …

Britannien, A. D. 52: Die westlichen Stämme planen einen Aufstand. Während Centurio Macro seine Wunden pflegen muss, führt Präfekt Cato eine Legion gegen die Stammeskämpfer an. Doch der Winter naht. Cato und seine Männer kämpfen gegen erbarmungslose Kälte und tödliche Schneestürme. Unterdessen kommt Macro ein schrecklicher Verdacht. Soll Catos Truppe im Zeichen einer Intrige geopfert werden? Schon bald merken die beiden Blutsbrüder, dass ihre Feinde überall lauern …

ZUM AUTOR

Simon Scarrow wurde in Nigeria geboren und wuchs in England auf. Nach seinem Studium arbeitete er viele Jahre als Dozent für Geschichte an der Universität von Norfolk, eine Tätigkeit, die er aufgrund des großen Erfolgs seiner Romane nur widerwillig und aus Zeitgründen einstellen musste.

Besuchen Sie Simon Scarrow im Internet unter www.scarrow.de

SIMON SCARROW

BRITANNIA

Roman

Aus dem Englischen von Norbert Stöbe

WILHELM HEYNE VERLAG

MÜNCHEN

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Die Originalausgabe BRITANNIA erschien 2015 bei Headline Publishing Group, London

Vollständige deutsche Erstausgabe 01/2017

Copyright © 2015 by Simon Scarrow

Copyright © 2017 der deutschsprachigen Ausgabe

by Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81 673 München

Redaktion: Werner Bauer

Umschlagillustration: Nele Schütz Design, München, unter Verwendung eines Motivs von © Arcangel/Collaboration

Umsetzung Ebook: Greiner & Reichel, Köln

ISBN 978-3-641-20053-4V003

www.heyne.de

Für John und Joan Prigen

KAPITEL 1

Oktober 52 n. Chr.

Was hältst du davon?«, fragte Präfekt Cato, während er auf die befestigte Siedlung hinabsah, die sich in der Talsohle erstreckte. Sie war zwar bei Weitem nicht so beeindruckend wie die Hügelfestungen, die er im Süden Britanniens gesehen hatte, doch der Stamm der Deceangli hatte wirkungsvolle Schutzwälle errichtet. Die Siedlung war nah am schnell durch das Tal strömenden Fluss auf einer kleinen Anhöhe erbaut worden. Ein tiefer Graben umgab den Rasenwall mit der stabilen Palisade. An beiden Enden der Siedlung gab es befestigte Tore, von denen aus Wachposten das Tal im Blick behielten. Cato schätzte, dass sich mehrere Hundert Rundhütten innerhalb des Walls befanden. Dort, bei den zeltähnlichen Abdeckungen der mit Steinen eingefassten Getreidegruben, die die Einheimischen nutzten, waren auch zahlreiche Tiere eingepfercht.

Neben dem jungen Offizier lag Centurio Macro, dessen wettergegerbtes Gesicht von Falten durchzogen wurde, als er in das Licht der Abendsonne spähte, das die Stoppelfelder und die dunkelgrünen Äste der Kiefern an den Hängen beiderseits der Siedlung glühen ließ. Beide Männer hatten ihre Helme abgesetzt und bei dem kleinen Spähtrupp gelassen, der auf der anderen Seite des Bergkamms wartete. Es waren dieselben Soldaten, die tags zuvor die ungewöhnlichen Vorgänge in dem Dorf gemeldet hatten. Dank ihrer mattbraunen Umhänge und einer vorsichtigen Annäherung an den Aussichtspunkt hatten Cato und Macro vermieden, vom Feind entdeckt zu werden, während sie die Vorbereitungen der deceanglischen Krieger beobachteten.

Macro, ein zäher Veteran, spitzte kurz die Lippen. »Wenn mich nicht alles täuscht, haben sie Männer aus den umliegenden Dörfern herbeigeholt. Siehst du das Gesindel bei den Pferden? Gleich neben dem Lager für die Speere und Schilde. Ich wette zehn Denare gegen einen, dass das keine Jagdgesellschaft ist.« Er unterbrach sich, während er die Stärke des Feindes einschätzte. »Können nicht mehr als fünf- oder sechshundert sein. Keine direkte Bedrohung für uns.«

Cato nickte. Macro hatte recht. Die Festung zehn Meilen weiter östlich, zu der sie entsandt worden waren, war günstig gelegen und mit den beiden Einheiten unter seinem Kommando bemannt: Macros Kohorte von Legionären aus der Vierzehnten und seine eigene, zum Teil berittene Hilfskohorte. Die Blutkrähen, wie sie wegen ihres Banners genannt wurden, waren einmal eine Kavallerieeinheit gewesen. Bei den jüngsten Schlachten in den Bergen im Westen der Provinz hatte die Armee jedoch eine Menge Pferde verloren. Das Ausbildungslager in Luntum hatte sich bemüht, junge Ersatzpferde zu liefern, aber es waren viel zu wenige, um den Bedarf der Armee zu decken. Aus diesem Grund diente nun die Hälfte von Catos Kohorte als Infanterie, und die Einheit war gemeinsam mit Macros Männern zu einem der Außenposten entsandt worden, der den Auftrag hatte, die Grenze von Kaiser Claudius’ neuer Provinz zu schützen. Frisch abkommandierte Soldaten hatten die Reihen beider Einheiten aufgefüllt, sodass sie fast die Truppenstärke wie zu Beginn des Kampfes gegen die Bergstämme erreichten. Mit über vierhundert Legionären und genauso vielen Hilfssoldaten drohte ihnen von den Kriegern, die sich in der Siedlung versammelten, keine Gefahr.

Das warf eine Frage auf.

»Was haben sie dann vor?« Cato wechselte einen kurzen Blick mit seinem Untergebenen und vermutete, dass Macros Gedanken in dieselbe Richtung gingen. »Ich lasse den Legaten benachrichtigen. Möglicherweise gibt es ähnliche Berichte von anderen Außenposten. Dann sähe es so aus, als wären die Druiden wieder im Geschäft, und auf uns käme neuer Ärger zu.«

»Diese Schweine«, zischte Macro. »Die verdammten Druiden. Wissen diese ungekämmten Scheißkerle nicht, wann sie aufgeben müssen?«

»Es ist ihr Land, Macro. Das ist ihr Volk. Würden wir anders reagieren, wenn wir in ihrer Haut steckten?«

»Dann hätten die Legionen nicht mal einen Brückenkopf auf dieser Insel.«

Cato lachte über die Überheblichkeit seines Freundes. »Ich bewundere deine Beurteilung unserer Kampfkraft, aber dein Mangel an Einfühlungsvermögen betrübt mich.«

Macro schnaufte. »Falls ich einmal Mitgefühl mit diesen haarigen Barbaren gehabt habe, ist es verschwunden, als sie hätten begreifen müssen, dass sie uns niemals schlagen können.«

»Ein paarmal standen sie kurz davor.«

Macro zog eine Braue hoch. »Wenn du es sagst, Herr.«

»Und sie haben uns ständig herausgefordert.« Cato seufzte. »Es ist nun fast zehn Jahre her, dass die Armee zum ersten Mal hier an Land gegangen ist, und wir sind der Sicherung der Provinz seitdem nicht viel näher gekommen. Es hilft natürlich nicht gerade, wenn selbst die Einheimischen, die auf unserer Seite sein sollten, kaum besser als Tiere behandelt werden.«

Macro warf ihm einen gelangweilten Blick zu. Er hatte seinen Gefährten des Öfteren so reden gehört und gab seinem Hang zum Pathos der griechischen Philosophie und einer entsprechenden Neigung zur übertriebenen Grübelei die Schuld daran. Den Griechen schien es nicht gut bekommen zu sein, sinnierte er. Schließlich war ihr Land jetzt eine römische Provinz, so wie es auch ganz Britannien eines Tages sein würde. Er räusperte sich, ehe er antwortete.

»Ja, gut, man wird sie besser behandeln, sobald sie aufhören, sich wie Tiere aufzuführen, und unsere Sitten annehmen. Aber erst müssen wir ihnen mit dem Knüppel Verstand einbläuen.« Er zeigte mit dem Daumen auf die Siedlung. »Angefangen bei den Druiden. Glaub mir, unsere Aufgabe wird viel unkomplizierter, sobald wir den letzten dieser Dreckskerle ans Kreuz geschlagen und zum Trocknen aufgehängt haben.«

»Mag sein«, überlegte Cato. Macros Feindseligkeit gegenüber dem Druidenkult hatte gute Gründe. Obwohl die Stammesreiche sich dadurch unterschieden, dass die Hälfte von ihnen schon Verträge mit Rom geschlossen hatte, bevor der erste Legionär einen Fuß in diese Gefilde gesetzt hatte, waren sie alle von Druiden beeinflusst und empfänglich für deren Aufruf, sich den Eindringlingen zu widersetzen. Cato wusste, dass zahlreiche Stämme, die angeblich unterworfen worden waren, ein Auge darauf hatten, ob die Druiden den Kampf fortführten. Viele ihrer Krieger waren über die Grenze in diese Berge geschlüpft, um sich denen anzuschließen, die sich Rom noch widersetzten. Durch den Tod des Provinzstatthalters hatte sich die Lage noch verschärft. Ostorius war ein betagter Kommandant gewesen, als er nach Britannien geschickt wurde. Zu betagt, wie sich herausgestellt hatte. Der Kampf gegen die Bergstämme hatte ihn erschöpft, und so war er während einer Offiziersbesprechung zusammengebrochen und weniger als einen Monat später gestorben.

Der Zeitpunkt war ungünstig gewesen. Die Legionen hatten soeben einen hart erkämpften Sieg über die Stammeskrieger errungen. Ihr Anführer Caratacus wurde gefangen genommen und mit seiner Familie nach Rom gebracht, und die Moral seiner Anhänger war so gut wie gebrochen. Aber dann starb der Statthalter. Die Druiden betrachteten dies als Zeichen, dass die Römer verflucht seien und die Stämme nun mit Zustimmung ihrer Götter den Kampf fortsetzen mussten. Die Außenposten an der Grenze wurden angegriffen, Versorgungskolonnen und Patrouillen wurden aus dem Hinterhalt überfallen, und die Armee war gezwungen, sich in das leichter zu verteidigende Gebiet zurückzuziehen, das die Territorien der Silurer, Ordovicer und Deceangli säumte. Der Mangel an klarer Führung hatte die römische Position geschwächt; der Ersatzstatthalter würde das Kommando wahrscheinlich nicht vor dem Frühling übernehmen. Und jetzt dieser frische Beweis, dass die Stämme sich versammelten, um die Angriffe wiederaufzunehmen.

»Ich habe genug gesehen«, beschloss Cato. »Gehen wir.«

Sie krochen zurück unter die Bäume. Sobald sie den Schatten erreicht hatten, richteten beide Männer sich auf und rückten ihre Schwerter und Umhänge zurecht. Über ihnen verloren die Äste schon ihre Blätter. Das Laub war rostbraun und gelb, und die leichte Brise ließ die spröderen Blätter herabtrudeln. Cato, der größer und schlanker gebaut war als sein Freund, erschauderte. Er war nicht angetan von dem Gedanken, die langen Wintermonate eingeschlossen in der Festung zu verbringen, die ein Scherzbold aus dem Stab des vorigen Statthalters auf den Namen Imperatoris Stultitia getauft hatte – Kaiserliche Torheit. Es war eine dieser Witzeleien, die es in den täglichen Gebrauch geschafft hatten, und die Festung wurde nun in der gesamten offiziellen Korrespondenz so bezeichnet. Das Winterwetter auf dieser Insel war schlimm genug, dachte Cato, aber in den Hügeln und Bergen war es erbarmungslos kalt, nass und windig.

Cato sehnte sich nach den Annehmlichkeiten Italiens mit seinem milderen Klima. Vor allem erwartete dort seine Frau in dem Haus, das sie in Rom gebaut hatten, seine Rückkehr. Mittlerweile musste Julia ihr erstes Kind zur Welt gebracht haben, und Cato wartete besorgt auf einen Brief von ihr. Es würde Monate, wenn nicht gar Jahre dauern, bis Britannien so weit befriedet war, dass er um seine Rückkehr nach Rom ersuchen konnte, deshalb hatte er schon beschlossen, Julia zu bitten, auf die Insel zu reisen. Die ersten Städte der neuen Provinz wuchsen schnell, und auch wenn sie noch primitiv waren, boten sie Annehmlichkeiten, die der Zivilisation im übrigen Reich kaum nachstanden. Außerdem würden er und Julia sich leichter treffen können, damit Cato ein wenig von dem Familienleben genießen konnte, nach dem es ihn so verlangte, seit er von ihrer Schwangerschaft erfahren hatte.

Macro ging durch den Wald voran den Hang hinauf. Unter seinen Stiefeln raschelten Blätter, und Zweige knackten leise. Bald hatten sie die Kuppe erreicht und stiegen auf der anderen Seite zu dem Weg hinab, auf dem die Schwadron Hilfskavallerie sie erwartete. Jetzt, da der Hügel zwischen ihnen und dem Feind lag, fühlten die Offiziere sich sicher und konnten in normaler Lautstärke miteinander reden.

»Glaubst du wirklich, dass die Dreckskerle uns noch vor dem Winter angreifen?«, fragte Macro.

Cato überlegte kurz, bevor er nickte. »Höchstwahrscheinlich. Die Druiden werden rasch zuschlagen wollen, während ihre Leute noch den Tod von Ostorius feiern. Sie werden uns das Leben schwer machen, aber ich bezweifle, dass sie stark genug sind, um uns aus den Bergen zu vertreiben. Den Göttern sei Dank, dass Caratacus sie nicht mehr anführen kann.«

»Ja, verdammte Scheiße«, knurrte Macro leidenschaftlich. »Der Dreckskerl hatte mehr Kniffe auf Lager als eine Zehn-Sesterzen-Hure.«

Cato zog amüsiert eine Braue hoch. »Sehr anschaulich.«

Macro spuckte aus. »Und wir kriegen nicht mal eine Belohnung, weil wir ihn geschnappt haben, und das sogar zweimal. Stattdessen beansprucht ein anderer glücklicher Schweinehund das Geld.«

Cato konnte die Verbitterung seines Freundes gut verstehen. Es war ungerecht, aber er hatte lang genug in der Armee gedient, um zu wissen, dass ein Soldat selten seinen Anteil erhielt. Nicht wenn ein Politiker in der Nähe war, der den Erfolg als den seinen ausgab.

»Ich frage mich, wie Caratacus empfangen wird, wenn er in Ketten in Rom ankommt«, fuhr Macro fort. »Hoffentlich bekommt er die gleiche Behandlung, die Cäsar diesem Gallier verpasst hat.«

»Vercingetorix?«

»Ja, der.«

Cato erinnerte sich an den Mann, der Julius Cäsar vor rund hundert Jahren die Stirn geboten hatte. Nachdem er bei Alesia besiegt und in Gefangenschaft genommen worden war, war er einige Jahre in einem Kerker Roms dahingesiecht, ehe er durch die Straßen geschleift und als Hauptbestandteil von Cäsars Siegesfeier erdrosselt wurde. Ein unwürdiges Ende für einen edlen Feind, dachte Cato. Er hoffte, dass Caratacus ein so elender und demütigender Tod durch Kaiser Claudius erspart bliebe. Caratacus hatte tapfer und unermüdlich gegen Rom gekämpft und verdiente die Hochachtung seiner Feinde. Auch wenn Macro das anders empfinden mochte.

»Ich hoffe es nicht.«

Macro warf ihm über die Schulter einen spöttischen Blick zu. »Mitleid mit dem edlen Barbaren?«

Cato grinste. »Könnte man so sagen.«

»Scheiße, wann begreifst du es endlich, Kamerad? Es gibt uns, und es gibt sie – die Barbaren –, die Rom und unserer Bestimmung im Weg stehen. Wenn sie schlau sind, geben sie nach. Wenn nicht, dann: selbst schuld. In dieser Welt ist kein Platz für Mitleid. Mehr muss man in unserer Sparte nicht wissen.«

Cato zuckte die Achseln. Ein so zwangloser Austausch zwischen einem Centurio und seinem befehlshabenden Offizier wurde gewöhnlich nicht gern gesehen, aber die beiden hatten Seite an Seite gedient, seit Cato vor gut einem Jahrzehnt den Legionen beigetreten war. Wenn sie unter sich waren, unterhielten sie sich noch immer ungezwungen wie in früheren Jahren, und Cato wusste das zu schätzen. Viel besser, einen Kameraden zu haben, bei dem man sich darauf verlassen konnte, dass er seine Meinung sagte, als einen, der einfach stumpf gehorchte.

»Außerdem«, fuhr Macro fort, »glaubst du etwa, dass sie uns den Gefallen erwidern würden? Sicher nicht. Sie hassen uns wie die Pest und würden uns sofort die Kehle durchschneiden, wenn sie könnten. Die Einzigen, die an edle Barbaren glauben, sind die Schriftstellertunten in Rom mit ihren verdammten Geschichten. Es gibt keine edlen Barbaren, nur Barbaren.«

»Ich dachte, dein reiches Repertoire an Schmähungen wäre allmählich erschöpft«, entgegnete Cato. »Tu mir den Gefallen, und spar dir die Puste, ja?«

Macro schürzte die Lippen und sah ihn finster an. »Wie du meinst, Präfekt.«

Die Erwähnung von Catos Rang verriet, dass Macro ein wenig gekränkt war, und Cato seufzte leise, während er seinem Freund nun schweigend folgte. Vor ihnen drang Licht durch die Bäume, und kurz darauf traten sie hinaus auf den natürlichen Pfad, der sich durch den Wald schlängelte. Sie hielten inne, atmeten schwer und sahen sich zu beiden Seiten um, aber von den Soldaten, die sie aus der Festung mitgebracht hatten, war keine Spur zu sehen.

»Ich erkenne die Stelle nicht wieder«, murmelte Cato. »Wir müssen weiter hinten losgegangen sein.«

»Welche Richtung?«

Cato sah zur Hügelkuppe auf und entdeckte einige Felsen, die ihm bekannt vorkamen. »Nach links. Gehen wir.«

Sie schritten schnell den Pfad entlang, während die Äste der Bäume zu beiden Seiten im Wind schwankten. Bald wand sich der Weg um den Hügel, und dort, fünfzig Schritte vor ihnen, stand die Patrouille. Zehn Männer warteten bei ihren Reittieren, während einer sowohl die Pferde der Offiziere als auch sein eigenes hielt. Ihre Umhänge, die Gamaschen, die Stiefel und die Flanken der Pferde waren mit Schlamm bedeckt. Sobald Decurio Miro die Offiziere sichtete, warnte er seine Männer vor, und sie machten sich zum Aufsitzen bereit.

»Du hattest recht, Decurio«, sagte Cato, als sie die Patrouille erreichten. »Da braut sich was zusammen.«

Miro neigte bestätigend den Kopf und wirkte erleichtert, dass der Kommandant seine Einschätzung teilte. »Deine Befehle, Herr?«

»Zurück zur Festung. Dann berichten wir dem Legaten, was wir gesehen haben.«

Miro sah ihn an. »Und was, glaubst du, wird Quintatus unternehmen, Herr?«

»Es steht uns nicht zu, die Entscheidungen des Legaten zu hinterfragen, Decurio.« Cato zog sich am Sattel hoch, schwang das rechte Bein über den Rücken des Pferdes und gab den Befehl. »Aufsitzen!«

Die übrigen Männer stiegen, begleitet von einem vielstimmigen Ächzen, dem Quietschen des Leders und dem Schnaufen der stämmigen Reittiere, in ihre Sättel. Sobald die Soldaten die Zügel in die linke Hand genommen und ihre Speere in die Halterungen am Sattel gelegt hatten, winkte Cato mit der Hand und ließ sein Pferd den Weg entlangtraben. Der Pfad war so schmal, dass die Römer hintereinander reiten mussten, bis sie den Wald verließen und in offenes Gelände kamen. Dort lenkte Macro sein Pferd neben das des Präfekten.

»Wir müssen die Burschen marschbereit machen, Herr. Falls Quintatus den Befehl gibt.«

»Das ist mir bewusst. Ich will, dass du eine vollständige Inventur unserer Vorräte einleitest. Ich sorge dafür, dass das Hauptquartier die Lücken auffüllt. So ein Blödsinn wie neulich darf nicht noch einmal geschehen.«

Macro nickte entschlossen. Die beiden Einheiten unter Catos Kommando waren beauftragt worden, den Tross zu bewachen, und der Versorgungsoffizier hatte sie ans Ende der Warteschlange gesetzt, was den Nachschub betraf. Da hatte Cato den jungen Tribunen zur Rede gestellt und ihm eine ordentliche Standpauke gehalten, sodass die Trosseskorte schließlich erhielt, was sie benötigte. Falls Quintatus zu einem neuen Feldzug gezwungen wurde, war es entscheidend, dass die Blutkrähen und Macros Legionäre anständig für die Härten des Kampfes in den Bergen ausgerüstet wurden.

Plötzlich riss Cato den Arm hoch und zog die Zügel. Bevor Macro reagieren konnte, war sein Pferd eine Länge voraus. Die übrigen Reiter kamen ebenfalls zum Stillstand, während Cato sich im Sattel vorbeugte und einen Felsvorsprung musterte, der weiter vorn über dem Weg aufragte.

»Was gibt’s, Herr?«, fragte Macro.

»Da hat sich etwas bewegt. Ich habe jemanden zwischen den Felsen gesehen.«

Macro starrte einen Moment lang hinauf, dann blies er die Wangen auf. »Ich kann niemanden …«

Ehe er den Satz beenden konnte, richtete sich eine schlanke Gestalt in einer Wolltunika auf und spannte ihren Bogen. Macro griff instinktiv nach seinem Schwert, doch dann hielt er inne und stieß ein höhnisches Lachen aus, als er sah, dass es sich um einen dürren Jungen handelte.

»Verschwinde! Bevor ich dir das Fell gerbe!«

Nun, da die Anspannung nachgelassen hatte, kicherten die römischen Soldaten nervös. Der Junge brüllte trotzig etwas in seiner Sprache und ließ den Pfeil von der Sehne. In hohem Bogen flog das Geschoss auf die Reiter zu und verschwand im Gras neben dem Weg.

»Frechheit!«, schnaufte Macro. »Ich bring dem kleinen Scheißer Manieren bei, bevor wir ihn gefangen nehmen.«

Unter dem Beifall einiger Hilfssoldaten gab er seinem Pferd die Sporen und trieb es auf die Felsen zu. Der Junge zog einen weiteren Pfeil hervor, legte ihn an die Sehne, hob den Bogen und zielte auf den galoppierenden Reiter.

Cato legte die hohle Hand an den Mund und rief eine Warnung. »Macro! Pass auf!«

Der zweite Pfeil schnellte aus dem Bogen, und Cato sah, dass der Junge gut gezielt hatte oder angesichts des sich bewegenden Ziels einfach Glück hatte. Macro zuckte im Sattel. Das Pferd verfiel in den Trab und blieb schließlich ganz stehen, als der Centurio sich vorbeugte, um sein Bein zu untersuchen.

»Scheiße … Der verdammte kleine Dreckskerl hat mich getroffen.« Er klang eher verblüfft als schmerzerfüllt, und Cato trieb sein eigenes Reittier nach vorn. Der Junge stand mit offenem Mund über ihnen, überrascht angesichts dessen, was er angerichtet hatte. Dann war der Bann gebrochen, und er ließ den Bogen sinken und wandte sich zur Flucht.

»Folgt ihm!«, grölte Decurio Miro.

Cato zügelte sein Pferd neben Macro und sah den dunklen Schaft aus der ledernen Reithose am Oberschenkel seines Freundes ragen. Blut pulsierte schon aus der Wunde, floss an seinem Bein herab und tropfte auf den Weg. Der Centurio schüttelte verwundert den Kopf und fletschte mit einem schiefen Grinsen die Zähne. »Er hat mich gut erwischt, der kleine Lümmel. Ein Glückstreffer.«

Cato schwang sich aus dem Sattel und kam näher, um die Wunde zu untersuchen. In seinem Bauch breitete sich Übelkeit aus, als er sah, wie ungehemmt das Blut floss. Er nahm die dunklen Umrisse der Reiter wahr, die unter Miros Führung an ihm vorbeijagten, um dem Eingeborenenjungen zu folgen, und war so geistesgegenwärtig, zurückzutreten und dem Decurio nachzurufen:

»Lass den Jungen! Decurio! Ruf deine Männer zurück!«

Die Hilfssoldaten brachen widerwillig die Verfolgung ab und beobachteten, wie der Junge flink die Felsen zum Gipfel des Hügels erklomm. Es wäre vergebliche Mühe, ihn zu verfolgen. Der Junge war gerissen genug, um sich im Gelände zu halten, das für Pferde unpassierbar war, und falls sie ihm in ihrer schweren Rüstung zu Fuß nacheilten, würde er ihnen problemlos davonlaufen. Cato wandte sich wieder zu seinem Freund um.

»Wir müssen die Blutung stillen, Macro. Es ist schlimm.«

»Das sehe ich selbst, danke.«

Cato sog scharf die Luft ein. »Du weißt, was ich tun muss.«

»Bringen wir es einfach hinter uns.«

»Gut.« Cato schloss die linke Hand um den Schaft und winkelte den Arm an. Dann packte er mit der Rechten den Pfeil weiter unten. Er spannte die Muskeln an. »Bereit? Bei drei.«

Macro nickte und richtete den Blick nach oben.

»Eins …« Plötzlich brach Cato den Schaft ab. Sein Freund brüllte vor Schmerz und warf ihm aus dem Sattel einen wilden Blick zu.

»Du bist ein betrügerischer Mistkerl, Herr!«

Blut quoll am Ende des Schafts aus Macros Oberschenkel, und Cato löste eilig sein Halstuch und klemmte ein Ende unter das Bein des Centurio, ehe er den Rest oberhalb und unterhalb des Schafts um den Oberschenkel wickelte und so straff wie möglich zog. Dunkle Flecken bildeten sich auf dem Stoff, als er ihn festknotete. Cato streckte die Hand nach oben. »Gib mir deins.«

Macro wickelte den Stoff von seinem kräftigen Hals, und Cato band ihn über sein eigenes Halstuch. Trotz des Drucks blutete die Wunde noch, und er begriff, dass Macro zu schnell zu viel Blut verlor. Er musste ihn sofort zurück zur Festung schaffen, damit der Wundarzt der Garnison ihn behandeln konnte.

»Miro! Ich will, dass auf jeder Seite des Centurio einer deiner Männer reitet. Sie sollen ihn fest im Sattel halten.«

Als die Männer ihre Plätze einnahmen, schüttelte Macro den Kopf. »Ich brauche keine verdammten Kindermädchen. Ich schaffe das allein.«

»Halt den Mund, und tu, was ich dir sage«, blaffte Cato, während er sich auf sein Pferd schwang und die Zügel nahm. Als er aufblickte, sah er den Jungen in einiger Entfernung über ihnen. Er war stehen geblieben, um den Römern Schmähungen zuzurufen, und seine durchdringende Stimme hallte von den Felsen wider. Bald würde in der Siedlung Alarm geschlagen werden, und die Stammeskrieger würden die Patrouille zweifellos verfolgen. »Wir müssen hier verschwinden.«

Mit einer Anwallung von Besorgnis sah er, dass Macro leicht im Sattel schwankte. Offenbar hatten der Schock und der Blutverlust schon einen Schwindel ausgelöst. Dann verwandelte sich Catos Sorge in Angst. Angst, dass er infolge dieses absurden Aufeinandertreffens und des Zufallstreffers des Jungen seinen engsten Freund verlieren könnte. Die Ironie des Schicksals, dass Macro von einem dürren Jungen niedergestreckt werden könnte, obwohl er einige der gewaltigsten Feinde des Reichs besiegt hatte, war fast zu viel für Cato.

»Scheiße, Scheiße«, murmelte er, während er den flackernden Blick seines Freundes auffing. »Nicht du. Nicht jetzt. Nicht hier.«

»Auf keinen Fall«, knurrte Macro zurück. »Zerbrich dir darüber nicht den Kopf, mein Junge.«

Cato nickte und drehte sich zu Decurio Miro um. »Zurück zur Festung! Kein Halt, egal, was geschieht. Los!«

KAPITEL 2

Schafft ihn auf den Tisch«, befahl der Wundarzt, als die Hilfssoldaten das Behandlungszimmer des kleinen Lazaretts neben dem Hauptquartier betraten. Macro hatte die Arme über die Schultern der beiden Männer gelegt und hing schlaff zwischen ihnen. Er war kaum bei Bewusstsein, und sein Kopf baumelte herab. Cato war entsetzt, wie weiß und ausgelaugt sein Gesicht aussah. Draußen neigte sich der Tag dem Ende entgegen, und eine Trompete hatte soeben den Wachwechsel verkündet. Die Garnison ließ sich von dem kleinen Drama, das sich ereignete, als die Patrouille durch das Haupttor galoppierte, nicht in ihrem gewohnten Ablauf stören.

Der Wundarzt Pausinus war einer der wenigen medizinischen Offiziere, die weder griechischer Herkunft waren noch aus einer der östlichen Provinzen stammten, in denen medizinisches Wissen leichter zu erlangen war. Man hatte ihn aus den Mannschaftsrängen ausgewählt, um Verletzte zu versorgen, bevor er in seine gegenwärtige Stellung aufgestiegen war, in der er viele Jahre Erfahrung in der Behandlung von Wunden und Krankheiten der Soldaten gesammelt hatte.

Der Untersuchungstisch hatte an einem Ende ein dünnes Lederpolster, auf das die Patienten ihren Kopf legen konnten. Die Männer, die Macro stützten, hievten den Centurio auf die harte Oberfläche, und Cato trat zur Seite, als Pausinus das Kommando übernahm.

»Zieht ihm Harnisch und Rüstung aus. Die Stiefel auch. Lasst ihm nur die Tunika an.«

Während die Hilfssoldaten den Anordnungen folgten, murmelte Macro mit flatternden Augenlidern und hin und her rollendem Kopf Flüche vor sich hin. Der Wundarzt nahm seinen Koffer und wählte sorgsam einige Instrumente aus, die er auf einen Hocker neben dem Tisch legte. Er rief einem seiner Pfleger zu, er solle Leinenverbände, Essig und seine Kräuterkiste holen, dann öffnete er die Fensterläden auf Macros anderer Seite, um so viel Licht wie möglich einzulassen.

»Aus dem Weg!« Er schob einen der Hilfssoldaten zur Seite. »Tretet zurück.« Er sah zu Macro und neigte den Kopf. »Du natürlich nicht, Herr. Bleib einfach auf der anderen Seite, ja?«

Cato nickte und stellte sich so hin, dass er das blasse Gesicht seines Freundes sehen konnte, ohne den Wundarzt oder seine Untergebenen zu behindern.

Sobald Macros Rüstung entfernt worden war, löste Pausinus die Halstücher und warf die blutgetränkten Stoffstreifen in einen Holzeimer unter dem Tisch. Er beugte sich vor, um den Stumpf des Pfeils zu inspizieren, dann richtete er sich auf und wandte sich an Macro.

»Ich muss deine Reithose aufschneiden, um an die Wunde zu gelangen, Herr.«

»Nein …«, protestierte Macro kläglich. »Ich habe sie gerade erst eingetragen …«

»Was für ein Pech.« Pausinus nahm eine kleine Schere und schnitt das Leder bis zur Wunde auf, dann arbeitete er sich vorsichtig um den Pfeilschaft herum und bis zur Hüfte hinauf, sodass die Reithose komplett durchtrennt war und von Macros Bein gezogen werden konnte. Getrocknetes und frisches Blut war um die Schwellung an der Wunde verschmiert. Der Wundarzt tastete das Fleisch in der Umgebung ab, und Macro stieß ein tiefes Stöhnen aus.

»Hmmm. Übel. Ich kann die Pfeilspitze nicht spüren. Sie ist tief eingedrungen.« Pausinus strich sich über sein stoppliges Kinn und hinterließ dunkelrote Schlieren auf der Haut.

»Was wirst du tun?«, fragte Cato.

»Es ist recht eindeutig, Herr. Eine progressive Extraktion sollte das Mittel der Wahl sein.«

Cato seufzte und zog die Brauen hoch. »Könntest du das erklären?«

»Ja, während ich arbeite, Herr. Der Centurio verliert immer noch Blut, deshalb gilt es, keine Zeit zu vergeuden.« Pausinus wandte sich den Hilfssoldaten zu. »Dreht ihn auf die Seite und haltet ihn fest. Wenn ich anfange, darf er sich nicht mehr bewegen. Verstanden? Gut! Also los.«

»Ich mache das.« Cato schob einen der Hilfssoldaten zur Seite und packte Macro an den Schultern.

Pausinus warf ihm einen erstaunten Blick zu, dann zuckte er die Achseln. »Wie du wünschst, Herr. Bereit? Jetzt.«

Unter Anleitung des Wundarztes drehten sie Macro vorsichtig auf die Seite, sodass das verletzte Bein zuoberst lag und der Pfeilschaft in den Raum zeigte.

»Haltet ihn unten«, wies Pausinus sie an, während er ein Bronzeskalpell nahm und sich ansah, in welchem Winkel der Pfeil im Oberschenkel steckte. Er atmete tief durch und bohrte die Spitze des Skalpells auf der gegenüberliegenden Seite in Macros Bein. Hellrotes Blut strömte aus der frischen Wunde und floss über Macros Haut auf den Tisch. Der Centurio gab erneut ein Stöhnen von sich und versuchte sich zu bewegen. Cato hielt seinen Freund an den Schultern fest, während der Hilfssoldat die Beine niederdrückte. Er spürte, wie Macro unter seinen Händen zitterte.

»Wenn er ohnehin Blut verliert, warum schneidest du ihm dann eine neue Wunde?«

Ohne aufzublicken oder innezuhalten, entgegnete der Wundarzt gelassen: »Wie gesagt, das Geschoss ist tief eingedrungen. Außerdem kann ich fühlen, dass es eine breite Spitze hat. Ein Jagdpfeil sehr wahrscheinlich. Wenn ich eine regressive Extraktion versuchen und den Pfeil auf dem Weg herausziehen würde, auf dem er sich hineingebohrt hat, würde das viel größeren Schaden und Blutverlust bewirken. Der Kniff ist also, einen Schnitt auf der gegenüberliegenden Seite anzusetzen und den Pfeil von dort herauszuziehen.« Er sah auf. »Natürlich ist das schwieriger, als es sich anhört. Kein Wunder, dass Celsus immer darüber geklagt hat. Ich vermute, du hast sein Werk nicht gelesen.«

»Ich habe den Namen schon mal gehört.«

»Den Namen gehört zu haben und sein Werk zu kennen ist nicht ganz dasselbe, Herr«, bemerkte Pausinus trocken, während er mit seinem Schnitt fortfuhr. »De medicina ist das Standardwerk für Armeeärzte. Celsus deckt die meisten Gebiete ab, aber Erfahrung ist unersetzlich. Es ist, wie Hippokrates sagte: ›Einzig der Krieg ist die wahre Schule der Chirurgie.‹ Und dank der langwierigen Kämpfe, die wir in Britannien geführt haben, habe ich mehr Erfahrung als die meisten meiner Profession. Gewiss mehr als einige.« Er nickte dem Pfleger zu. »Sei versichert, der Centurio ist in guten Händen.«

Er zog das blutige Skalpell heraus, legte es auf den Hocker und griff nach einer Sonde. »Jetzt kommt der heikle Teil.«

Mit den Fingern der linken Hand öffnete er vorsichtig den Schnitt, sodass der bloße rote Muskel zum Vorschein kam. Das Blut strömte ungehindert.

»Wir müssen das stillen. Pfleger, ich brauche Essig!«

Sein Helfer beugte sich über die Wunde, zog den Korken aus einem Fläschchen, goss großzügig Essig heraus und wischte das Blut sowie die überschüssige Flüssigkeit ab, ehe er mehr davon direkt in den Schnitt spritzte. Macro zuckte unter Catos Händen und brüllte: »Scheiße! Das … tut … weh …«

Mit einem Stöhnen erschlaffte er. Cato blieb beinahe das Herz stehen. »Was ist passiert?«

»Er hat nur das Bewusstsein verloren. Nicht gerade überraschend. Er ist ein harter Bursche, dieser Centurio. Die meisten wären schon früher durch den Blutverlust und den Schock ohnmächtig geworden. Vermutlich hat der Essig ihm den Rest gegeben.« Pausinus zog das Fleisch weiter auseinander und führte vorsichtig die Sonde ein. Mit zusammengebissenen Zähnen stocherte er in der Wunde herum, bis er schließlich nickte. »Gefunden. Setz die Wundhaken an, dann gib mir den Extraktor.«

Der Pfleger zögerte, und Pausinus stieß ein verärgertes Zischen aus. »Den da, mit der Einkerbung.«

Mit dem Instrument in der Hand sah der Wundarzt Cato an. »Jetzt wird es interessant. Ich glaube, du hast eine ruhigere Hand als dieser Narr.« Er nickte zu dem Pfleger hin. »Würdet ihr die Plätze tauschen, Herr? Ich muss jemanden haben, auf den ich mich auch unter Belastung verlassen kann.«

Cato schluckte. »Wenn es von Nutzen ist.«

Er ließ Macro los, und der Pfleger übernahm seine Aufgabe. Pausinus reichte Cato die Wundhaken: zwei lange, dünne Instrumente mit gebogenen Enden. »Du musst den Einschnitt offen halten, damit ich an die Pfeilspitze herankomme. Nicht so weit, dass der Centurio zusätzliche Verletzungen erleidet, aber weit genug, dass ich sehe, was ich tue. Ist das klar?«

»Ich glaube schon.«

Pausinus sah ihn prüfend an und sagte sanft: »Er ist nicht nur ein Kamerad, oder? Es muss mehr sein. Ein Freund?«

»Der beste«, entgegnete Cato. »Ich kenne ihn, seit ich bei der Armee bin.«

»Verstehe. Dann solltest du Folgendes wissen: Wenn wir das Beste für ihn tun wollen, dürfen wir uns von seinem Leid nicht beeinträchtigen lassen. Wir müssen tun, was nötig ist, um ihn zu retten.«

»Ich verstehe.«

»Dann an die Arbeit! Öffne die Wunde und gehe mir so weit wie möglich aus dem Weg, während ich den Rest erledige.« Als er Catos Zögern bemerkte, nickte er zu dem Schnitt hin. »Er öffnet sich nicht von allein, Herr.«

»Hol dich der Teufel.« Cato drückte die Haken in das aufgeschnittene Fleisch und zog langsam die Haut auseinander, um den dunkelroten Muskel zu entblößen. Augenblicklich spülte Pausinus die Öffnung erneut mit Essig.

»Halte die Hände ruhig, Herr.«

Cato fasst die Wundhaken fester und spannte die Arme an, während Pausinus zur Seite rückte, damit das Licht vom Fenster in den Schnitt fallen konnte. Dann führte er dieselbe Sonde wie zuvor ein und schob die Muskeln auseinander, während er erneut nach der Pfeilspitze suchte. Da er von seinem ersten Eindringen die ungefähre Lage kannte, dauerte es nur einen Augenblick.

»Da bist du ja, mein kleiner Freund. Siehst du, Herr?«

Er hielt die faserigen Muskelstränge auseinander und wies mit dem Extraktor auf die Eisenspitze.

»Sehr schön«, sagte Cato, dem ein wenig übel war. »Wie geht es laut Celsus weiter?«

Pausinus antwortete zunächst nicht, sondern schob den Extraktor über die Pfeilspitze, drehte ihn, damit die Einkerbung sich dort verhakte, und zog möglichst sanft.

»Verdammt …«

»Was ist?«

»Wie ich befürchtet habe. Ein Jagdpfeil. Die Spitze ist abgeflacht und mit Widerhaken versehen. Wenn ich versuche, sie so herauszuziehen, verschlimmere ich die Verletzung. Aber halb so wild. Ich muss nur ein anderes Werkzeug verwenden.« Er legte den Extraktor neben dem Einschnitt ab und griff nach einer dünnen Zange. Während er sich erneut auf die Wunde konzentrierte, befahl er dem Pfleger, den Schaft festzuhalten.

Der Mann gehorchte, und der Wundarzt führte die Zange ein und schob den verletzten Muskel zur Seite, sodass der erste Haken zu sehen war. Er packte das in spitzem Winkel abstehende Metallstück und kniff es so dicht wie möglich an der Pfeilspitze ab.

»Hier ist der erste.« Er zog den Haken heraus und hielt ihn hoch, damit Cato ihn sehen konnte, bevor er ihn in den Eimer unter dem Tisch warf. »Jetzt der nächste.«

Er wiederholte die Prozedur, dann legte er die Zange zur Seite und nahm wieder den Extraktor. »Jetzt können wir die Sache zu Ende bringen.«

Cato sah mit morbider Faszination zu, wie der Wundarzt erneut das Bronzeinstrument einführte, es über die flache Pfeilspitze schob und drehte, bis es Halt fand.

»Auf geht’s«, murmelte Pausinus, als er begann, die Pfeilspitze herauszuziehen. Das Eisen war durch das Blut schlüpfrig, und der Extraktor rutschte ab. Geduldig befestigte der Arzt die Pfeilspitze wieder am Extraktor und zog weiter, bis sie zwischen den Wundhaken aus dem Einschnitt ragte. Fast zwanzig Zentimeter blutbedecktes Holz tauchten auf, dann war der abgebrochene Pfeil mit einem leisen Plopp ganz heraus. Der Wundarzt richtete sich auf und hielt ihn hoch. »Sehr übel, in der Tat.«

Cato nickte, während er die breite flache Metallspitze mit den Überresten der Widerhaken betrachtete. Es war nun einleuchtend, warum Pausinus diese Vorgehensweise hatte wählen müssen. Jeder Versuch, den Pfeil von der Seite herauszuziehen, auf der er eingetreten war, hätte Macros Oberschenkel schwer beschädigt und Muskeln und Blutgefäße zerrissen.

»Jetzt müssen wir die Wunde säubern und verschließen«, verkündete Pausinus. Er nahm ein Stück Mull aus der Arzneitruhe, legte ihn in eine kleine Messingschüssel und tränkte ihn mit Essig. Als das Stoffstück gesättigt war, zog er es heraus und drückte es fest in den Schnitt, dann tat er dasselbe an der Eintrittswunde.

»Du kannst die Wundhaken jetzt wegnehmen, Herr.«

Cato löste die dünnen Bronzestäbe vorsichtig und legte sie auf den Tisch. Währenddessen tränkte Pausinus zwei Schwämme und reichte sie dem Pfleger. »Press sie auf die Wunden, bis ich es dir sage.«

»Ja, Herr.«

Als der Pfleger übernommen hatte, erhob sich der Wundarzt und lockerte seine Schultern. »Viel besser hätte es nicht laufen können. Es ist uns gelungen, keine weiteren Schäden anzurichten. Wenn die Wunde nicht brandig wird und er ruht und sie heilen lässt, sollte er sich gut erholen. Sein Bein wird einige Monate ein wenig steif sein, aber das ist kein Grund zur Beunruhigung. Einen Jagdpfeil im Oberschenkel kann man nun einmal nicht mit einem Achselzucken abtun. Gehört er zu den Männern, die schlecht Bettruhe einhalten können?«

Cato verzog das Gesicht. »Das kann man wohl sagen.«

»Dann solltest du ihm befehlen, meine Anweisungen zu befolgen, Herr. Nur weil er ein Offizier ist, hat er nicht das Recht, meine harte Arbeit zu gefährden. Du solltest ihn streng ermahnen zu tun, was ich sage, bis er sich erholt hat.«

»Ich kümmere mich darum.« Cato konnte sich vorstellen, wie Macro das aufnehmen würde. Trotzdem, Befehle waren Befehle, und sein Freund würde sich damit abfinden müssen.

»Dann lasse ich ein Bett im Schlafsaal für ihn herrichten.« Pausinus richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf seine Arzneitruhe und nahm eine Nadel und ein Stück gedrehten Darm heraus. Sobald er den Darm eingefädelt hatte, legte er drei geschlossene Heftnadeln zu den vorbereiteten Materialien. »Die Eintrittswunde ist so klein, dass man sie zunähen kann«, erklärte er. »Die Fibeln dienen dazu, die Austrittswunde zu verschließen. Das Schöne daran ist, dass man sie herausziehen und wieder hineinstecken kann, wenn man die Verletzung untersuchen muss. Natürlich tut es höllisch weh, aber das lässt sich nicht vermeiden. Gut, nimm die Schwämme weg.«

Der Pfleger nahm die Hände von den Wunden und warf die Schwämme in den Eimer, während Pausinus vorsichtig den Mull herauszog. Er lächelte. »Da! Alles schön sauber. Keine sichtbaren Gerinnsel. Es wird welche geben, das ist immer so, aber es kommt alles heraus, wenn wir in den nächsten Tagen den Eiter aus der Wunde fließen lassen. Es wird kein schöner Anblick sein, und es wird Entzündungen geben. Das ist normal, und leichte Entzündungen sind sogar gut. Zu starke deuten auf Wundbrand hin. Wenn das geschieht …« Er sog die Luft zwischen den Zähnen ein. »Vielleicht solltest du Asklepios für den Centurio ein Opfer darbringen.«

»Ich kümmere mich persönlich darum.«

»Gut. Dann bringen wir die Angelegenheit zu Ende.« Pausinus drückte das aufgerissene Fleisch um die Eintrittswunde zusammen und bohrte die Spitze der Nadel in Macros Haut. »Man muss tief genug hineinstechen, damit die Naht nicht ausreißen kann. Ich verwende einen Faden aus gedrehtem Schafsdarm. Der ist stabil genug.« Er setzte vier Stiche, dann schnitt er den Faden ab und verknotete ihn. Als Nächstes widmete er sich dem Einschnitt und verschloss ihn mit den Fibeln, zog jedoch eine wieder heraus, um eine Korrektur vorzunehmen, und stach sie ein letztes Mal in Macros Fleisch. Schließlich nickte er zufrieden. »So. Pfleger, leg den Verband an.«

Cato sah zu, wie das Leinen um Macros Oberschenkel gewickelt wurde. »Und nun?«

Pausinus durchquerte das Behandlungszimmer und ging zu der Schüssel und dem Wasserkrug, die in der Ecke auf einem Tisch standen. Er wusch sich das Blut von den Händen, während er mit seinem Vorgesetzten sprach. »Nun? Wir müssen abwarten und sehen, ob es deinem Freund besser geht. Abgesehen von der Gefahr eines Wundbrands wird er heftige Schmerzen erleiden. Gewöhnlich gebe ich meinen Patienten einige Tropfen Opiumtinktur. In den östlichen Provinzen ist sie leicht erhältlich, aber hier in Britannien ist sie so selten wie Geschwüre am Hintern der Venus. Ich habe meinen Vorrat schon vor Monaten aufgebraucht. Der Centurio muss sich mit in warmem Wein getränkter Alraunwurzel zufriedengeben. Das wird den Schmerz dämpfen und ihn müde machen. Wenn er schläft, lässt er zumindest die Wunden in Ruhe.«

»Wann wissen wir, ob er sich erholt?«

Der Wundarzt trocknete seine Hände an einem Streifen Leinen. »In der Regel am fünften Tag. Dann sehen wir am Grad der Entzündung alles, was wir wissen müssen. Wenn sie schlimm ist, ist wahrscheinlich etwas in der Wunde zurückgeblieben, das die Schwierigkeiten verursacht. In diesem Fall muss ich sie wieder öffnen, mit Essig reinigen, mit in warmem Wasser gelöstem Honig spülen und erneut zunähen.«

»Ich verstehe.« Cato kam ein Gedanke. »Und wenn es keine Entzündung gibt, ist Macro auf dem Weg der Besserung.«

»Wohl kaum. Wenn es keine Anzeichen von Entzündung gibt, dann ist das immer ein schlechtes Zeichen.«

»Wirklich?« Cato konnte der Logik des Wundarztes nicht folgen. »Warum?«

»Es bedeutet, dass das Fleisch abstirbt. Wenngleich ich das auch schon am Geruch der Wunde erkennen kann. In diesem Fall kann ich ihm nur noch die Zeit bis zu seinem Tod so angenehm wie möglich gestalten.« Pausinus stellte sich vor seinen Patienten, während der Pfleger ihn auf den Rücken drehte. Er tippte dem Centurio mit dem Finger auf das Schienbein. »Wenn die Wunde weiter unten wäre, könnte ich das abgestorbene und sicherheitshalber auch ein wenig des gesunden Fleischs wegschneiden, den Knochen zersägen und das Bein amputieren. Seine Tage als Soldat wären gezählt, aber er hätte vernünftige Aussichten, es zu überleben. Ohne Amputation hingegen wäre es sein sicherer Tod. Aber so weit oben ist es schwierig. Der Vorgang dauert länger, und der Blutverlust ist größer.« Er dachte einen Moment lang nach und zuckte die Achseln. »Lass uns beten, dass Asklepios uns wohlgesonnen ist und Macro sich vollständig erholt.«

Cato wurde des Benehmens des Wundarztes ein wenig überdrüssig, deshalb fuhr er ihn mit kühler Miene an: »Ich mache dich persönlich für Macros Heilung verantwortlich. Du kümmerst dich darum, dass er ordentlich versorgt wird. Essen, Trinken und Körperpflege. Ich wäre, zurückhalternd ausgedrückt, verärgert, wenn er stirbt. Es fällt mir nicht schwer, einen Platz an vorderster Front für einen ehemaligen Wundarzt zu finden. Habe ich mich deutlich ausgedrückt?«

Pausinus sah ihm unerschrocken in die Augen. »Es gibt keinen Grund, mir zu drohen, Herr. Ich nehme meine Verantwortung genauso ernst wie du. Und ich bevorzuge keinen meiner Patienten. Sie werden alle so gut versorgt, wie es mir möglich ist, unabhängig von ihrem Rang. Darauf gebe ich dir mein Wort.«

Cato suchte in seinem Gesicht nach Anzeichen von Unaufrichtigkeit, aber er fand keine und lenkte ein. »Gut. Halte mich über seinen Fortschritt auf dem Laufenden.«

»Ja, Herr.« Pausinus neigte den Kopf.

Cato wandte sich noch einmal zu Macro um, bevor er den Raum verließ. Der Atem seines Freunds ging flach, aber regelmäßiger als zuvor, und an seinem Hals war das Pochen des Pulses zu sehen. Cato tätschelte sanft seine Schulter. »Mach’s gut, mein Freund«, sagte er leise.

Er ging zur Tür und verließ das kleine Lazarett. Draußen fiel das letzte Licht des Tages auf die Festungsmauern, und lange Schatten senkten sich über die Garnisonsgebäude mit ihren Holzschindeldächern. Er überquerte die breite Durchgangsstraße, schritt auf den Eingang des Hauptquartiers zu und salutierte vor den Wachen am Tor. Seine persönlichen Räumlichkeiten bestanden aus einer bescheidenen Zimmerflucht am Ende des Hauptgangs. Sobald er im Büro angekommen war, streifte er den Umhang ab und rief nach seinem Diener. Thraxis, ein mürrisch dreinblickender Thraker mit kurz geschorenem schwarzem Haar, erschien eilig aus seiner Schlafkammer.

»Präfekt?«

»Hilf mir, die Rüstung abzulegen.«

Cato hob die Arme, beugte sich zu Thraxis und wand sich, während sein Diener das Schuppenhemd zusammenraffte und ihm über den Kopf zog. Dann folgte die Polsterschicht. Mit einem erleichterten Ächzen richtete er sich auf und dehnte die Schultern. Er sah Streifen getrockneten Blutes auf den Metallschuppen und blickte auf seine Finger, die ebenfalls blutverkrustet waren.

Macros Blut.

Es dauerte einen Augenblick, bevor er die Angst um seinen Freund abschütteln konnte. Er räusperte sich und wandte sich an seinen Diener.

»Ich will Fleisch, Brot und Wein. Und entzünde ein Feuer in der Schale. Du kannst meine Montur später säubern.«

»Ja, Herr. Wird Centurio Macro dir Gesellschaft leisten?«

Cato zögerte. Er war zu erschöpft, um es zu erklären. »Heute Abend nicht.«

»Gut, Herr.«

Der Thraker ließ ihn allein. Cato blickte eine Weile stumm auf seine Hände, bevor er dem Beispiel des Wundarztes folgte und sich mithilfe der Schüssel und des tönernen Wasserkrugs auf dem Klapptisch gegenüber seinem schmucklosen Schreibtisch die Hände wusch. Er musste sich das getrocknete Blut mit den Fingernägeln von der Haut kratzen. Als seine Hände sauber waren, starrte er in das schmutzige Wasser und seufzte missmutig. Was hatte Macro sich nur dabei gedacht, als er auf den jungen Eingeborenen zustürmte? Es war tollkühn gewesen, und er hatte einen hohen Preis für diese Torheit bezahlt. Falls er starb, wäre es ein unwürdiges Ende. Aber viele Soldaten erlitten ein solches Schicksal. Es starben mehr von ihnen an Unfällen und Krankheiten als im Kampf. Aber Cato hatte sich nie vorstellen können, dass sein Freund einmal anders enden könnte als an der Spitze seiner Kohorte. Das passte nicht zu seinem Wesen.

Er trocknete sich die Hände und setzte sich auf den Stuhl an seinem Schreibtisch. Da Macro für unbestimmte Zeit bettlägerig war, brauchten seine Männer vorläufig einen neuen Kommandanten. Centurio Crispus war der naheliegende Anwärter. Ein Riese von einem Mann, dessen körperliche Präsenz nur noch von seiner Übellaunigkeit übertroffen wurde. Aber es half nichts, Crispus war die beste Wahl. Cato beschloss, es ihm mitzuteilen, sobald er gegessen hatte.

Aber es gab noch eine andere Angelegenheit, die keinen Aufschub duldete. Cato hob eine der unbeschriebenen zusammengeklappten Tafeln von seinem Schreibtisch, schlug sie auf und nahm den Bronzegriffel, der daneben lag. Thraxis hatten das Wachs gut präpariert, sodass die Oberfläche glatt und makellos war. Einen Moment lang saß Cato reglos da und blickte auf die gegenüberliegende Wand, während er sich auf das besann, was er in der Eingeborenensiedlung gesehen hatte, dann beugte er sich über die Tafel.

»An den Legaten Gaius Quintatus von der Vierzehnten Legion, sei gegrüßt. Ich bitte um Erlaubnis, berichten zu dürfen …«

KAPITEL 3

Wie geht es dir?«, fragte Cato an einem frühen Morgen des folgenden Monats, während er einen Hocker heranzog und sich neben Macro setzte. Letzterer lehnte mit dem Rücken an einem mit Heidekraut und Stroh gefüllten Schlafsack. Sein verbundenes Bein hatte er ausgestreckt, und Cato stellte erfreut fest, dass sich keine dunklen Flecke auf dem Leinenstoff abzeichneten. Wenige Tage zuvor hatte Pausinus berichtet, Macros Verletzung sei frei von Wundbrand, und eine gesunde Menge Eiter sei mit einer weiteren Essigspülung entfernt worden, bevor man ihm einen frischen Verband angelegt habe. Macro müsse nur, wie verordnet, Alraunwurzel mit Wein einnehmen und ruhen, dann könne man seine vollständige Genesung erwarten. Den Wein trank er mit Vergnügen, obwohl er den Geschmack des Wurzelextrakts widerwärtig fand.

»Wie es mir geht?« Der Centurio stieß einen tiefen Seufzer aus. »Ich langweile mich zu Tode. Das ist kein Ort für einen Soldaten.«

»Doch, wenn sich der fragliche Soldat gerade von einem Beinschuss mit einem Jagdpfeil erholt.« Cato grinste. »Außerdem kommt die Armee gut einen Monat ohne dich zurecht.«

»Glaubst du?« Macro zog eine Braue hoch. »Ich habe gehört, du hast Crispus das Kommando über meine Kohorte übertragen, solange ich hier bin. Wie macht er sich?«

»Gut genug. Er ist aus dem gleichen Holz geschnitzt wie du, aber ihm fehlt deine warmherzige und einnehmende Art.«

»Sehr witzig.« Macro warf Cato einen finsteren Blick zu, ehe dieser fortfuhr.

»Im Ernst. Er macht seine Sache gut. Du brauchst dir keine Sorgen um deine Männer zu machen. Sie gehen nicht vor die Hunde. Crispus schleift sie für den bevorstehenden Feldzug. Wenn er nicht gerade Proviant sortiert oder sich darum kümmert, dass wir genügend Rüstzeug, Karren und Maultiere haben, sobald wir den Marschbefehl bekommen.«

»Das kann er gern machen. Ich mochte den Papierkram noch nie.«

»Das bringt der Rang mit sich, Centurio Macro. Was glaubst du, warum du so viel mehr Sold bekommst als ein einfacher Legionär?«

»Ich dachte immer, das läge an meiner warmherzigen und einnehmenden Art.«

Sie lachten beide, aber dann wurde Macros Miene ernst. »Quintatus wird die Armee also in die Berge schicken?«

»Ich glaube schon. Es gab außer meinem noch weitere Berichte, dass die Stämme ihre Krieger versammeln. Anscheinend haben die Deceangli und die Ordovicer einen Pakt gegen uns geschlossen. Zweifellos vermittelt durch die Druiden. Der Legat hat die Zwanzigste und die Vierzehnte und die Hilfskohorten – einschließlich der Blutkrähen – angewiesen, die nötigen Vorbereitungen zu treffen.« Cato schnalzte mit der Zunge. »Eine Schande, dass du uns nicht begleiten kannst.«

Macro drückte sich von dem Schlafsack hoch, bis er aufrecht dasaß. »Scheiß drauf! Ich komme mit. Setz mich einfach in einen der Vorratswagen, bis es meinem Bein besser geht. Ich kann trotzdem kämpfen, wenn es sein muss.«

Cato schüttelte den Kopf. »Ich habe die Befehle schon geschrieben. Du bleibst hier. Der Legat lässt Reserveeinheiten kommen, die die Festungen an der Grenze bemannen, während er die übrigen gegen den Feind ins Feld führt. Zwei Centurien der Achten Illyrischen werden hierher entsandt, wenn wir losmarschieren. Du wirst in meiner Abwesenheit das Kommando übernehmen, sobald du wieder auf den Beinen bist. Versuche, ihnen das Leben nicht allzu schwer zu machen, ja?«

Macro schnaufte. »Die Achte Illyrische? Ich habe gehört, dass es ein nutzloser Haufen ist. Milchbärte, Invaliden und Veteranen, die aus anderen Einheiten zusammengekratzt wurden und entlassen werden, sobald der Kaiser sein Einverständnis gegeben hat. Die Götter mögen mir beistehen …«

Cato tätschelte seinem Freund die Schulter. »Dann bist du genau der richtige Mann, um sie auf Trab zu bringen.«

»Ich bin kein schlechter Ausbilder. Aber ich kann keine verdammten Wunder vollbringen.«

»Niemand verlangt Wunder von dir, tu einfach deine Pflicht. Außerdem hast du dich doch über Langeweile beschwert. Bald wirst du genug Beschäftigung haben.«

Schritte auf dem Gang draußen unterbrachen sie, und kurz darauf trat ein atemloser Hilfssoldat in den Schlafsaal und salutierte.

»Der wachhabende Optio lässt grüßen, Herr. Eine Gruppe von Reitern nähert sich der Festung.«

Cato stand auf. »Aus welcher Richtung?«

»Von Osten, Herr. Auf dem Weg von Viroconium.«

Cato überlegte kurz. Wahrscheinlich waren es Römer, die aus der Festung kamen, wo der Großteil der Armee lagerte. Dennoch konnte es auch eine List sind. Es war bekannt, dass der Feind erbeutete Rüstungen verwendete. »Unsere oder ihre Männer?«

»Ich konnte es nicht erkennen, Herr. Wir haben sie in der Ferne gesehen, bevor sie im Nebel am Grund des Tals verschwanden.«

»Verstehe.« Cato kratzte sich am Kinn. »Und wie viele waren es?«

»Ich würde sagen … mindestens dreißig, Herr.«

»Dann sind sie keine direkte Bedrohung. Gut, geh zurück auf deinen Posten und sag dem Optio, ich bin gleich bei ihm.« Er wandte sich zu Macro und zuckte entschuldigend mit den Schultern. »Ich komme so bald wie möglich zurück.«

»Keine Sorge, Herr. Ich gehe nirgendwo hin, leider.«

Cato folgte dem Hilfssoldaten aus dem Lazarett und eilte zu seinem Quartier, um Thraxis zu sagen, er solle seine Rüstung, die Waffen und den Umhang zum östlichen Torhaus bringen. Dann durchquerte er ruhigen Schritts die Festung, obwohl er den Drang verspürte loszulaufen. Er war ein Anhänger der Lehre, dass es den Männern guttat, wenn ihr kommandierender Offizier jederzeit ruhig und gelassen blieb. Als er die Stufen am Fuß des Wachtturms erreichte, hörte er, wie der Optio den Befehl gab, den Rest der Einheit herauszurufen. Der durchdringende Klang einer Trompete schallte durch die Festung. Drei schnelle Stöße, dann eine Pause, bevor das Signal wiederholt wurde. Die Offiziere scheuchten die Männer mit barschen Rufen und Beschimpfungen aus den Baracken. Die Türen der einzelnen Abteilungen flogen auf, als die Männer ins Freie stürmten, wo sie sich gegenseitig halfen, ihre Kettenhemden anzulegen, bevor sie den Rest ihrer Ausrüstung nahmen und auf ihre Posten an den Festungswällen eilten.

Cato erklomm die Leiter zur Plattform über dem Tor, wo ihn der diensthabende Optio und eine weitere Wache an der hölzernen Brüstung erwarteten. Nachdem sie salutiert hatten, wandte Cato den Blick dem Weg zu, der von der Festung ins Tal hinabführte. Es war ein kühler Morgen, und die Sonne war hinter Wolken verborgen, die der wilden Landschaft einen düsteren Anstrich gaben. Wie der Wachposten gesagt hatte, lag dichter Nebel in der Senke und umgab den Hügel, auf dem die Festung erbaut worden war, wie ein aschgrauer Strom. Der Feind könnte leicht in Bogenschussweite des äußeren Grabens gelangen, ohne entdeckt zu werden, vermutete Cato. Er wandte sich zu dem diensthabenden Optio aus Miros Schwadron um.

»Es war richtig, dass du die Männer in Bereitschaft versetzt hast.«

Der Soldat ließ sich kurz die Freude über das Lob anmerken. »Wir haben sie nicht mehr gesehen, seit ich nach dir geschickt habe, Herr.«

Auf dem Turm war es still, während die Stiefel der Soldaten, die ihre Stellungen an den Festungsmauern bezogen, über die Bohlenwege polterten. Als der Letzte von ihnen seinen Platz eingenommen hatte, lehnte Cato sich nach vorn an das Holzgeländer und lauschte. Plötzlich hörte er das ferne Trommeln von Hufen und kurz darauf das Klirren von Zaumzeug und anderer Ausrüstung.

»Wir werden früh genug erfahren, wer sie sind«, sagte er und verfluchte sich sofort für diese unnötige Bemerkung. So viel zum Thema gelassener Kommandant, tadelte er sich selbst.

Die Leiter knarrte, als Thraxis mit Catos Ausrüstung auf die Plattform geklettert kam. Schwer atmend legte der Thraker seine Last ab, dann half er Cato in seinen Schuppenpanzer und hängte ihm den Schwertgurt über die Schulter. »Und der Umhang, Herr?«

Cato schüttelte, ganz auf den Nebel konzentriert, den Kopf.

»Da!« Die Wache neben dem Optio zeigte auf den Weg jenseits des Tores. Der Präfekt und der Optio folgten seinem Finger und sahen die Umrisse der Reiter vage durch den Nebel schimmern. Cato erkannte die Form einer römischen Standarte, und gleich darauf tauchte der erste Reiter in dem offenen Gelände vor dem Tor aus dem Nebel auf. Die Anspannung auf dem Wachtturm ließ nach, bis Cato den gefiederten Helm und die vergoldete Brustplatte des Reiters kurz hinter der Standarte sah.

»Es ist Legat Quintatus.«

»Soll ich die komplette Ehrenformation ausrufen, Herr?«

»Zu spät, um Eindruck zu schinden. Lass einfach das Tor öffnen.«

Der Optio ging zur Rückseite des Turms und brüllte zu der Abteilung von Hilfssoldaten hinab, die hinter dem schweren Gebälk wartete. Cato eilte hinab und trat aus dem Torhaus, als die Soldaten ächzend die Torflügel nach innen zogen.

»Stillgestanden!«, blaffte er, dann stellte er sich steif neben das Tor, während die Männer ihre Schwerter und Schilde hoben und zu seiner Linken eine Reihe bildeten. Donnernder Hufschlag erfüllte die Luft, bis die Reiter vor der Festung ihre Pferde zügelten und sie durch das Tor führten. Zuerst kam eine berittene Schwadron Legionäre von der Vierzehnten herein, folgte ein Stück dem Hauptweg, bildete eine Reihe an der Seite und stellte ihre Pferde in Reih und Glied auf. Dann folgte die persönliche Standarte des Legaten und schließlich Quintatus selbst, dessen Gesicht von der Anstrengung des Ritts an diesem kühlen Morgen gerötet war. Er war der ranghöchste der vier Legionskommandanten in Britannien und hatte nach Ostorius’ Tod die Kontrolle über die Provinz übernommen. Cato betrachtete ihn als durchaus fähigen Soldaten, aber wie viele Männer seines Standes hegte er politische Ambitionen, bisweilen auf Kosten der Soldaten unter seinem Kommando.

Cato holte tief Luft. »Präsentiert die Waffen!«

Die Hilfssoldaten streckten dem amtierenden Statthalter Britanniens ihre Speere entgegen. Quintatus schwang ein Bein über den Sattel und glitt zu Boden. Während der Standartenträger nach den Zügeln griff, näherte sich der Legat Cato mit einem entspannten Lächeln.

»Präfekt Cato, schön dich wiederzusehen. Wie ist die Lage? Weitere Zeichen feindlicher Aktivitäten?«

»Nein, Herr, aber die Gegenseite hat Trupps ausgesandt, um unsere Patrouillen zu drangsalieren und sich vom Leib zu halten.«

Quintatus nickte. »Ein weiterer Hinweis, dass sie etwas planen.«

»Ja, Herr.«

»Und umso mehr Grund, bald zuzuschlagen. Bevor sie die Initiative ergreifen. Das wird eine gute Gelegenheit für deine Kolonne, weiteren Kriegsruhm zu ernten, nicht wahr?«

Cato antwortete nicht. Es gab bessere Gründe, in den Krieg zu ziehen, als die Aussicht auf solchen Lohn. Quintatus sah sich um. »Und wo ist der Feuerfresser Centurio Macro? Er kann sicher kaum erwarten, sich auf den Feind zu stürzen.«

»Der Centurio erholt sich von einer Verletzung, Herr. Er ist im Lazarett.«

Quintatus runzelte die Stirn. »Oh? Nichts Ernstes, hoffe ich.«

»Eine Pfeilwunde, Herr. Er genest gut. Der Wundarzt sagt, er kann Ende nächsten Monats wieder leichten Dienst tun.«

»Wie schade. Der ganze Spaß entgeht ihm.«

»Ja, Herr.« Cato zeigte auf das Hauptquartier im Herzen der Festung. »Darf ich dir ein Getränk in meinen Räumen anbieten?«

»Gern. Geh voran. Aber zuerst möchte ich eine kurze Führung durch die Festung, um deine Männer zu inspizieren.«

Während sie mittig den Hauptweg entlangschritten, befahl der kommandierende Offizier der Eskorte seinen Männern, abzusitzen und die Pferde zu tränken. Das Signal zur Aufhebung des Alarms hallte durch die Festung. Quintatus warf einen geschulten Blick auf die Soldaten und die ordentlich instand gehaltene Festung.

»Was ist mit den Männern?«

»Herr?«

»Sind sie guten Mutes? Sie waren dieses Jahr an vorderster Front und haben schwere Verluste hinnehmen müssen. Ich weiß, dass die meisten von ihnen Ersatz sind. Kann man sich auf sie verlassen?«

Cato sammelte seine Gedanken, bevor er antwortete. »Ich vertraue ihnen, Herr. Allen. Die Veteranen sind so stark wie eh und je, und sie setzen den Maßstab. Centurio Macro und ich haben hart mit den neuen Männern gearbeitet, und sie machen sich gut.«

»Schön.« Quintatus nickte vor sich hin. »Das wollte ich hören. Du fragst dich vielleicht, warum ich dir einen Besuch abstatte.«

Cato warf ihm einen kurzen Blick zu. »Es ist mir durch den Kopf gegangen, Herr.«

Der Legat lächelte, doch dann wurde seine Miene ernst. »Die meisten Außenposten an der Grenze haben mir ähnliche Berichte geschickt wie du. Der Feind zieht zweifellos seine Kräfte zusammen. Ich bin sicher, dass die Stämme zuschlagen wollen, bevor der neue Statthalter eintrifft. Und ich beabsichtige, zuerst zuzuschlagen. Aber den Rest erzähle ich dir, wenn wir unter uns sind.«

Später in Catos Quartier stellte Thraxis ein Tablett mit einer Glaskaraffe und zwei silbernen Kelchen ab, verbeugte sich vor dem Legaten und ließ ihn mit seinem Vorgesetzten allein. Cato füllte die Kelche und reichte Quintatus einen, ehe er den anderen nahm und sich auf den Hocker neben dem Schreibtisch setzte, während Quintatus den bequemeren Stuhl belegte. Als er an dem Wein nippte, wurde ihm bewusst, dass es der letzte Falerner aus seinem Vorrat war, und er seufzte innerlich bei dem Gedanken an den billigen gallischen Wein, von dem er noch einige Krüge in seinen persönlichen Beständen hatte.

Quintatus zog anerkennend die Brauen hoch, ehe er seinen Kelch auf den Tisch stellte und Cato ansah.

»Wir haben die Möglichkeit, unseren Feinden einen Schlag zu versetzen, von dem sie sich wohl nicht erholen werden, Cato. Wenn sie dumm genug sind, ihre Krieger zu versammeln, und uns so die Mühe ersparen, sie zu jagen, dann sollten wir die Gelegenheit nutzen. Du glaubst gar nicht, wie satt ich es habe, ständig von ihnen überfallen zu werden und sie zu verfolgen, nur damit die Mistkerle uns in den Bergen entwischen. Deshalb habe ich vor, die Armee neu aufzustellen, in das Herz ihres Territoriums vorzustoßen und jeden, der sich uns in den Weg stellt, zu töten. Vor allem die Druiden. Wenn wir die Druiden bedrohen, werden sie all ihre Verbündeten herbeirufen und uns die mühsame Aufgabe ersparen, sie einzeln zur Strecke zu bringen.«

»Das heißt, wir müssen den Unterschlupf der Druiden auf Mona einnehmen, Herr.«

»Deshalb habe ich einer der Kriegsflotten befohlen, an der Küste zu uns zu stoßen und den Angriff auf die Insel zu unterstützen. Wenn wir fertig sind, werden die Deceangli nur noch eine Erinnerung und die letzten Spuren der Druiden und ihrer Heiligen Haine vom Angesicht der Erde getilgt sein.« Er pausierte, um seine Worte wirken zu lassen. »Sobald die Silurer und die Ordovicer vom Schicksal ihrer nördlichen Nachbarn erfahren, werden sie nach Frieden streben. Und dann haben wir endlich für Ruhe und Ordnung in der Provinz gesorgt.«

Cato drehte seinen Kelch langsam in der Hand. »Bei allem Respekt, Herr. Das hat auch Ostorius versucht. Aber statt den Feind zu Verhandlungen zu zwingen, hat es nur seine Entschlossenheit gestärkt, uns zu bekämpfen.«

»Da war Caratacus noch hier, um sie zu führen. Ohne ihn gibt es niemanden, der die Stämme vereinen könnte.«

»Außer den Druiden.«

»Ja, das ist wahr, aber ich meinte, keine einzelne Galionsfigur, hinter der sich alle zusammenfinden. Niemand mit genügend Charisma, um diese Barbaren daran zu hindern, sich gegenseitig an die Kehle zu gehen, solange sie gegen uns kämpfen. Wenn wir an den Deceangli ein Exempel statuieren, begreifen die übrigen Stämme auf dieser Insel vielleicht, dass sie vor der Wahl stehen, sich dem Willen Roms zu unterwerfen oder vernichtet zu werden.«

Cato lachte nervös. »Vernichtet? Meinst du das ernst, Herr?«

Quintatus erwiderte seinen Blick mit frostiger Miene. »Todernst, Präfekt. Bis zum letzten Kind und Tier.«

»Aber warum?«

»Manchmal zeigen nur die härtesten Lektionen Wirkung.«

»Und was, wenn es sie etwas völlig anderes lehrt, Herr? Hat Ostorius nicht auch versucht, wofür du plädierst? Das einzige Ergebnis war, dass er ihren Widerstand gegen Rom befeuert hat.«