Butler Parker 100 – Kriminalroman - Günter Dönges - E-Book

Butler Parker 100 – Kriminalroman E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Diesen Titel gibt es nur als E-Book. Agatha Simpson sah auf den ersten Blick, daß der Fahrer offensichtlich volltrunken war. Der kleine Sportwagen raste in wilden Schlangenlinien über die schmale Straße und rasierte mehrfach die hohen Hecken, die die Fahrbahn in Richtung Torquay säumten. Das alles schien dem Mann am Steuer überhaupt nichts auszumachen. Er jagte mit seinem Sportwagen von einer Seite auf die andere und ignorierte den Gegenverkehr in beinahe selbstmörderischer Weise. Neben dem Fahrer saß ein zweiter Mann, der sich ängstlich zusammenduckte und verzweifelt festhielt. Er brüllte dem Fahrer gerade etwas zu, als es passierte. Lady Agatha sträubten sich die Nackenhaare, als die beiden Tramper aus dem kleinen Seitenweg kamen. Sie ahnte, was passieren mußte. Agatha Simpson winkte den beiden Trampern verzweifelt zu und wollte sie warnen. Sie merkten nichts, reagierten zu spät und dazu noch falsch, ließen sich von Lady Simpson ablenken und winkten lachend zurück. Bruchteile von Sekunden später war alles vorbei. Die Lady schloß die Augen und hörte ein häßliches Geräusch: das Kreischen der Bremsen, das Radieren der blockierenden Pneus und dann einen verzweifelten, erstickten Aufschrei. Als Agatha Simpson wieder die Augen öffnete, raste der Sportwagen gerade an ihr vorüber. Sie konnte das Gesicht des Fahrers deutlich erkennen. So deutlich wie bei einer Großaufnahme. Es war ein weiches, schlaffes Gesicht mit halb geschlossenen Augen und einem schmalen, arrogant wirkenden Oberlippenbärtchen. Der Fahrer kurvte auf die Lady zu, die sich mit einem wilden Satz in Sicherheit brachte. Sie landete tief in einer weichen, nachgiebigen' Hecke und brauchte einige Zeit, bis sie sich wieder zur Straße zurückgearbeitet hatte. Ihr erster Blick galt den beiden Trampern. Sie lagen in seltsam verkrümmter Haltung auf dem Asphalt und rührten sich nicht mehr.

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Butler Parker – 100 –

Stoppt den den Amokläufer

Günter Dönges

Günter Dönges

Parker stoppt den Amokläufer

Agatha Simpson sah auf den ersten Blick, daß der Fahrer offensichtlich volltrunken war.

Der kleine Sportwagen raste in wilden Schlangenlinien über die schmale Straße und rasierte mehrfach die hohen Hecken, die die Fahrbahn in Richtung Torquay säumten. Das alles schien dem Mann am Steuer überhaupt nichts auszumachen. Er jagte mit seinem Sportwagen von einer Seite auf die andere und ignorierte den Gegenverkehr in beinahe selbstmörderischer Weise.

Neben dem Fahrer saß ein zweiter Mann, der sich ängstlich zusammenduckte und verzweifelt festhielt. Er brüllte dem Fahrer gerade etwas zu, als es passierte.

Lady Agatha sträubten sich die Nackenhaare, als die beiden Tramper aus dem kleinen Seitenweg kamen.

Sie ahnte, was passieren mußte.

Agatha Simpson winkte den beiden Trampern verzweifelt zu und wollte sie warnen.

Sie merkten nichts, reagierten zu spät und dazu noch falsch, ließen sich von Lady Simpson ablenken und winkten lachend zurück.

Bruchteile von Sekunden später war alles vorbei.

Die beiden Tramper in Jeans und Pullovern sahen den Wagen, wollten noch zurückspringen, schafften es aber nicht mehr …

Die Lady schloß die Augen und hörte ein häßliches Geräusch: das Kreischen der Bremsen, das Radieren der blockierenden Pneus und dann einen verzweifelten, erstickten Aufschrei.

Als Agatha Simpson wieder die Augen öffnete, raste der Sportwagen gerade an ihr vorüber.

Sie konnte das Gesicht des Fahrers deutlich erkennen. So deutlich wie bei einer Großaufnahme. Es war ein weiches, schlaffes Gesicht mit halb geschlossenen Augen und einem schmalen, arrogant wirkenden Oberlippenbärtchen.

Der Fahrer kurvte auf die Lady zu, die sich mit einem wilden Satz in Sicherheit brachte.

Sie landete tief in einer weichen, nachgiebigen’ Hecke und brauchte einige Zeit, bis sie sich wieder zur Straße zurückgearbeitet hatte.

Ihr erster Blick galt den beiden Trampern.

Sie lagen in seltsam verkrümmter Haltung auf dem Asphalt und rührten sich nicht mehr.

Agatha Simpson wußte sofort, was das zu bedeuten hatte. Dennoch lief sie quer über die Fahrbahn auf die beiden Menschen zu. Es zeigte sich bei dieser Gelegenheit, daß die alte Dame ungewöhnlich gut zu Fuß war.

Bevor sie die beiden Tramper erreicht hatte, erschienen zwei Passanten an der Unglücksstelle. Sie kamen aus dem schmalen Seitenweg, den die beiden Tramper verlassen hatten. Es handelte sich vermutlich um ein Ehepaar, das etwa 60 Jahre alt war.

Die Frau wurde ohnmächtig, als sie die Verunglückten sah. Der Mann konnte sie gerade noch auffangen und legte sie behutsam nieder. Inzwischen hatte Agatha Simpson die Stelle erreicht.

Auch ihr wurde flau im Magen.

Die beiden Tramper waren gnadenlos zusammengefahren worden und mußten gleich tot gewesen sein. Es waren noch junge Menschen, vielleicht knapp 20 Jahre alt.

Agatha Simpson brauchte all ihre Kraft, um nicht ihre Selbstbeherrschung zu verlieren.

*

»Konnte man inzwischen den Fahrer des Wagens ermitteln, Mylady?« erkundigte sich Butler Parker, nachdem die Detektivin ihre Geschichte beendet hatte.

Parker servierte den nachmittäglichen Tee auf der Terrasse von Lady Simpsons Haus, das oberhalb von Torquay an den Hängen eines sanften Hügels lag. Man mußte schon genau hinsehen, um nicht der Illusion zu erliegen, an der französischen Mittelmeerküste zu sein. Palmen und subtropische Pflanzen aller Art deuteten nämlich unverwechselbar darauf hin. Dennoch war die Gegend die Südküste Englands, in der Nähe von Plymouth. Und nicht umsonst erfreute sich diese Stadt der Bezeichnung »Perle der englischen Riviera«. Die ständig arbeitende Zentralheizung des Golfstroms schuf alle Voraussetzungen für persönliches Wohlbefinden.

Agatha Simpson besaß dieses Haus an der Küste seit vielen Jahren und war zusammen mit ihrem Butler und ihrer Gesellschafterin hierher gekommen, um sich von einigen aufregenden Abenteuern in Frankreich zu erholen. Mylady betätigte sich nämlich gewollt-ungewollt als sehr begabte Amateurdetektivin und wich grundsätzlich keinem Ärger aus. Dabei zeigte die Engländerin einen Mut, der in Parkers Augen schon an bodenlosen Leichtsinn grenzte.

»Dieses Subjekt entzog sich seiner Verantwortung durch Fahrerflucht«, beantwortete Mylady die Frage ihres Butlers, »und wagen Sie es nicht, Mister Parker, mich jetzt nach dem Kennzeichen des Wagens zu fragen.«

»Wie Mylady befehlen«, gab Parker gemessen zurück.

»In der ganzen Aufregung habe ich auf das Kennzeichen überhaupt nicht geachtet.«

»Zumal Sie sich ja in der Hecke befanden, Mylady«, erinnerte ihre Gesellschafterin.

Kathy Porter, Myladys Gesprächspartnerin, war etwa 25 Jahre alt und sah mit ihren kupferroten Haaren sehr attraktiv aus. Dennoch wirkte sie stets wie ein scheues, verwundbares Reh. Sie lebte schließlich in ständiger Sorge um ihre Chefin, deren spontane Entschlüsse sie viel Nerven kosteten.

»Dafür weiß ich aber sehr genau, wie dieses Subjekt am Steuer aussieht«, redete Agatha Simpson grimmig weiter. »Dieses Gesicht werde ich wohl nie vergessen.«

»Gibt es weitere Augenzeugen, Mylady?« Parker stand höflich und würdevoll neben dem Tisch.

»Ein älteres Ehepaar«, erwiderte die Besitzerin des Hauses. »Als die Polizei am Tatort erschien, war es noch immer nicht vernehmungsfähig.«

Lady Simpson schob die Teetasse zurück und stand auf. Sie marschierte auf ihren stämmigen Beinen hinüber zur Brüstung der Terrasse und sah auf die See hinaus.

Parker ahnte, was kommen mußte.

Kathy Porter sah den Butler an und hob hilflos-ergeben die Schultern.

»Mister Parker!« Agatha Simpson hatte ihren Entschluß also gefaßt. »Mister Parker! Ich bestehe darauf, daß dieser Mörder zur Rechenschaft gezogen wird.«

»Auf die vorzügliche Arbeit der englischen Polizei können Mylady sich voll und ganz verlassen«, warf Parker ein.

»Papperlapapp«, Agatha Simpson war empört. »Diese Mühlen der Gerechtigkeit mahlen mir etwas zu langsam. Wir werden uns um den Fall kümmern.«

»Wie Mylady meinen.«

»Sie sind mit meinem Vorschlag nicht einverstanden?«

»Nicht unbedingt, Mylady, wenn ich es so freimütig ausdrücken darf. Mylady sollten sich vielleicht etwas schonen.«

»Halten Sie mich etwa für eine alte Frau?« Die Detektivin drehte sich entrüstet zu Parker um und maß ihn mit flammenden Blicken. »Mit Ihnen, Mister Parker, nehme ich es noch jederzeit auf.«

»In der Tat, Mylady!«

»Also, dann an die Arbeit«, entschied Agatha Simpson kriegerisch. »Dieses Subjekt muß doch zu finden sein.«

*

Die Sechzigjährige war schon eine sehr bemerkenswerte Dame.

Rein figürlich erinnerte sie an eine Heroine längst vergangener Theaterzeiten. Sie stand auf kräftigen Beinen voll im Leben. Und ihre großen Füße steckten in handgemachten Schuhen, deren derbe Qualität an die von einfachen Schnürschuhen erinnerte. Agatha trug mit Leidenschaft Kostüme der Haute Couture, die an ihrer majestätischen Figur allerdings immer etwas zu faltenreich herunterhingen.

Lady Simpson konnte sich diese Extravaganzen durchaus leisten.

Seit dem Tode ihres Mannes vor vielen Jahren war sie eine vermögende Frau, die mit dem Geldadel Englands verschwistert und verschwägert war. Als Schwester des inzwischen ebenfalls verblichenen Earl of Budness verfügte sie über umfangreiche Beteiligungen an Brauereiunternehmen, Reedereien und Fabriken. Die Erlöse daraus speisten einen von ihr gegründeten Fonds, aus dem begabte, junge Menschen für die Zeit ihrer Ausbildung finanziert wurden. Finanziell völlig unabhängig, war die Lady eine Globetrotterin, die von ihren Verwandten und Bekannten gefürchtet wurde. Sie galt als das »Schwarze Schaf« in der Familie und freute sich über diese Auszeichnung.

Es gab kein Fettnäpfchen, das sie übersehen hätte und in das sie mit Wonne nicht hineingetreten wäre. Sie konnte ganz Dame sein, aber sie vermochte sich auch in Sekundenschnelle in eine derbe Marktfrau zu verwandeln. Ihr Wortschatz war dann dementsprechend. Sie pfiff auf alle Konventionen und genoß ihr Alter von rund 60 Jahren. Genaues darüber war von ihr nicht zu erfahren.

Was diesen von Mylady beobachteten Fall von Fahrerflucht nun anbetraf, so hielt Josuah Parker seinen Einsatz für sinnlos. Der Polizei standen wesentlich bessere Mittel zur Verfügung, den offensichtlich angetrunkenen Mann ausfindig zu machen. Er konnte zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen, wie gründlich er sich täuschte.

»Sind Mylady schon von der Polizei verhört worden?« erkundigte sich Parker, nachdem Agatha Simpson sich für diesen neuen Fall starkgemacht hatte.

»Nur vage«, gab sie zurück, »man traute mir nach diesem Doppelmord wohl nicht soviel Nervenkraft zu. Der zuständige Inspektor will noch im Lauf des Nachmittags hier vorbeikommen.«

»Falls der Fahrer sich inzwischen nicht schon gemeldet hat«, warf Kathy Porter ein.

»Ausgeschlossen, Kindchen«, sagte die Lady. »Dieses Subjekt wird sich nie melden. Ich sehe das Gesicht noch genau vor mir. Ich besitze einige Menschenkenntnis. Dieser junge Laffe …«

»Sie bezeichnen den Fahrer als einen jungen Laffen, Mylady?« Parker war hellhörig geworden.

»Und damit untertreibe ich nur noch«, redete Agatha weiter. »Ich kenne diese Art von Gesichtern. Arrogant, aufgeblasen. Normalerweise würde ich den Besitzer eines solchen Gesichtes einen dummen Flegel nennen.«

Parker hatte nur noch halb hingehört, denn auf dem kiesbestreuten Weg quer durch den Park kam ein junger, elastisch aussehender Mann, etwa 30 Jahre alt. Er trug eine dunkelgraue Kombination, die von der Stange stammte.

»Die Polizei scheint Mylady einen Besuch machen zu wollen«, stellte Parker fest.

»Was auch Zeit wird«, gab Agatha Simpson gereizt zurück. »Die Herren von der Polizei scheinen es nicht gerade eilig zu haben. Führen Sie den Mann hierher auf die Terrasse, Mister Parker!«

Parker ging dem Besucher entgegen und meldete Mylady kurz darauf einen gewissen Detektiv-Sergeant Fielding.

»Setzen Sie sich, junger Mann«, herrschte die Dame des Hauses den Sergeant an, der einen etwas unsicheren Eindruck machte. »Haben Sie diesen Mörder inzwischen festgenommen?«

»Mörder, Mylady?« Der Sergeant war irritiert.

»Wer zwei Menschen niederfährt, sich im Vollrausch befindet und dann auch noch Fahrerflucht begeht, der ist in meinen Augen ein Mörder«, stellte Agatha Simpson grimmig fest. »Sie wollen mir doch hoffentlich nicht widersprechen, oder?«

»Natürlich nicht, Mylady. Ah, Sie haben den Fahrer erkannt? Sie würden ihn wiedererkennen?«

»Dieses Gesicht vergißt man nicht! Ich würde ihn unter Tausenden erkennen.«

»Auch den Beifahrer, Mylady?« Er sah Agatha Simpson in gespannter Erwartung an.

»Diesen Mann nicht. Ich sah nur das Gesicht des Fahrers. Sie haben ihn bereits festnehmen können?«

»Der Wagen ist wie vom Erdboden verschwunden«, erklärte der Detektiv-Sergeant achselzuckend. »Es handelte sich um einen …«

»… Triumph«, fiel Kathy Porter Mylady in die Rede. »Neuestes Modell.«

Lady Simpsons Gesellschafterin wußte aus Erfahrung, daß ihre Herrin sich in Wagentypen nicht auskannte.

»Sagte ich doch«, behauptete die Lady und sah Kathy Porter strafend an. »Unterbrechen Sie mich nicht immer, Kindchen, das macht mich ganz nervös!«

»Und wer waren die Opfer?« schaltete Josuah Parker sich in das Gespräch ein.

»Zwei junge Londoner. Ein Mann und eine Frau. Beide knapp 20 Jahre alt«, antwortete Fielding hastig. »Sie kamen von einem Campingplatz hier in der Nähe der Küste.«

»Schrecklich!« Agatha Simpson stand auf und marschierte wieder zur Brüstung der Terrasse. »Ich begreife einfach nicht, wieso der Wagen so plötzlich verschwinden konnte. Hat man denn nicht alle Straßen abgesperrt?«

»Natürlich, Mylady«, verteidigte sich der Sergeant. »Straßensperren überall. Vielleicht steht der Triumph inzwischen in einer Garage.«

»Hat das Ehepaar weitere Anhaltspunkte liefern können?« wollte die Detektivin dann wissen.

»Die beiden alten Herrschaften sind noch nicht vernehmungsfähig«, erwiderte der Sergeant, der sich während der Unterhaltung ein paar Notizen gemacht hatte. »Vielen Dank für die Auskünfte, Mylady! Sie werden noch von uns hören.«

»War das alles?« entrüstete sich die Gastgeberin.

»Haben Sie sonst noch etwas Konkretes zu berichten?« wollte der Sergeant wissen. »Das Kennzeichen haben Sie doch nicht registriert, oder?«

»Natürlich nicht. Und darüber ärgere ich mich am meisten. So etwas hätte mir nicht passieren dürfen. Nun gut, junger Mann, tun Sie Ihre Pflicht!«

Sie entließ Fielding mit einem gnädigen Kopfnicken. Der Sergeant verbeugte sich und ließ sich von Parker zurück in den Garten bringen.

»Lassen Sie nur, den Rest schaffe ich schon allein«, sagte er, als am Eingang zum Park ein zweiter Mann erschien. »Jetzt kommt wahrscheinlich die Presse.«

»Mylady gibt keine Interviews«, stellte Parker fest und deutete eine knappe Verbeugung an, als der Mann ihm zuwinkte und dann ging. Parker blieb höflich abwartend stehen, bis der zweite Mann ihn erreicht hatte. Er sah ihn kühl und distanziert an.

»Detektiv-Inspektor Mervins«, stellte der Neuankömmling sich knapp vor. »Ich möchte Lady Simpson sprechen.«

»Sind Sie sicher, Detektiv-Inspektor zu sein?« erkundigte sich Parker höflich.

»Vollkommen«, gab der Mann zurück, der etwa 40 Jahre alt war und einen sehr zivilen Eindruck machte, »aber ich weise mich auch gern aus.«

Parker schluckte und wußte im gleichen Moment, daß man Mylady und ihn genasführt hatte. Er beeilte sich, den bereits verschwundenen Detektiv-Sergeant Fielding noch einzuholen, blieb aber schon nach wenigen Schritten stehen. Das Aufheulen eines Motors sagte ihm, daß er es niemals schaffen würde.

*

»Das hätte Ihnen einfach nicht passieren dürfen, Mister Parker.«

Agatha Simpson sah den Butler mit einem strafenden Blick an.

»Sehr wohl, Mylady«, gab Parker zurück, während sein Gesicht unbewegt blieb.

»Aber vielleicht werden Sie auch nur alt«, stichelte die Lady und gab sich milde.

»Wie Mylady meinen«, lautete Parkers Antwort.

»Nun, reden wir nicht mehr davon«, fuhr Agatha Simpson fort. »Vergessen wir, daß Sie sich von einem Journalisten haben hereinlegen lassen.«

Inspektor Mervins war nach seiner kurzen Unterhaltung mit der Hausherrin und Kathy Porter wieder gegangen. Er hatte sich ordnungsgemäß ausgewiesen und war ebenfalls der Ansicht, ein Reporter habe sich mit diesem Sergeant-Trick Zugang zu Informationen verschafft.

»Hat es Ihnen die Sprache verschlagen, Mister Parker?« erkundigte sich Lady Agatha, als Parker auf jeden Kommentar verzichtete.

»Ich fürchte, daß wir es nicht mit einem Reporter zu tun gehabt haben«, erwiderte der Butler würdevoll.

»Würden Sie das noch mal wiederholen, Mister Parker?« Agatha Simpson sah ihren Butler freudig, gespannt und erwartungsvoll an.

»Ein Reporter hätte sich mit größter Wahrscheinlichkeit eine sehr genaue Personenbeschreibung geben lassen«, schlußfolgerte Josuah Parker. »Dies aber war, wie Mylady sich erinnern werden, keineswegs der Fall.«

»Richtig«, bestätigte die Detektivin. »Warum ist Ihnen das nicht früher eingefallen, Mister Parker?«

»Meine innere Alarmanlage muß zeitweilig ausgefallen sein«, gab der Butler zurück.

»Also, fassen wir doch noch mal zusammen, dieser Fielding ist weder Detektiv-Sergeant noch Reporter«, sagte Lady Agatha. »Was ist er dann?«

»Dies, Mylady, wird und muß die nahe Zukunft erweisen. Wenn Sie gestatten, möchte ich gern das ältere Ehepaar aufsuchen.«

»Sie glauben, dieses Subjekt Fielding sei auch dort aufgetaucht?«

»Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, Mylady.«

»Angenommen, es ist so: Was steckt dahinter? Ich weiß, daß Sie sich bereits eine Theorie gebildet haben, Mister Parker.«

»Zur Zeit horche ich noch in mein Inneres«, redete der Butler sich heraus. »Ich möchte Mylady aber warnen und bitten, das Haus vorerst nicht zu verlassen.«

*

Josuah Parker saß am Steuer seines hochbeinigen Monstrums und befand sich auf dem Weg, dem älteren Ehepaar einen Besuch abzustatten. Bei diesem hochbeinigen Monstrum handelte es sich um ein ehemaliges Londoner Taxi, das nach seinen speziellen Wünschen und Vorstellungen umgebaut worden war.

Parkers Privatwagen war im Grund eine reichhaltig ausgestattete Trickkiste auf vier Rädern. Schon mancher Gangster hatte in der Vergangenheit diesen Wagen verflucht.

Parker machte sich Sorgen.

Natürlich hatte er sich bereits eine Theorie gebildet.

Der Fahrer des Triumph, der die beiden Tramper getötet hatte, mußte über gewisse Verbindungen und über großen Einfluß verfügen. Nur solch einem Menschen war es möglich, einen Spitzel vorzuschicken, der die Lage sondierte.

Wie richtig der Butler mit seiner Vermutung lag, sollte sich schon sehr bald zeigen.

Hinter ihm auf der Straße rollte ein Hillman, dessen Fahrer eine große Sonnenbrille trug. Das Nummernschild war derart verdreckt und unkenntlich, daß man nur noch von Absicht sprechen konnte.

Parker ließ sich selbstverständlich nichts anmerken, aber er dachte nicht daran, diesen Verfolger auf die richtige Spur zu lenken. Der Butler wußte schließlich, was er seinem Wagen abverlangen konnte. Und er kannte zu dem eine Reihe von Tricks, um Schatten dieser Art loszuwerden.

Er minderte also überraschend das Tempo seines hochbeinigen Monstrums, als ein Lastwagen vor ihm erschien. Der kleine Hillman mußte notgedrungen aufschließen und befand sich dann plötzlich in einer schwarzen Wolke.

Diese Wolke bestand aus an sich harmlosem Ruß, der aus einer Düse unterhalb von Parkers Wagen ausgestoßen worden war. Der Fahrer des Hillman hatte schlagartig eine völlig geschwärzte Windschutzscheibe vor sich und mußte seinen Wagen gegen seinen Willen bis zum Stillstand abbremsen.

Im Rückspiegel sah Parker, daß der Fahrer nach einer Schrecksekunde ausstieg und sich verzweifelt daran machte, die Windschutzscheibe wieder zu säubern. Parker überließ den Mann dieser unfreiwilligen Freizeitbeschäftigung und fuhr sofort wieder an. Er überholte den Laster und schuf sich einen Vorsprung, der nicht mehr einzuholen war.

Zehn Minuten später stand Josuah Parker vor einem hübschen kleinen Haus, das an einer schmalen Hangstraße stand.