Cassidy - Christine Troy - E-Book

Cassidy E-Book

Christine Troy

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Beschreibung

Noel Parker ist heiß, erfolgreich, schlagfertig und verdammt charmant. Als Moderator der Show "Get up Georgia" bricht er die Herzen tausender Frauen und gilt im Süden Amerikas als Superstar. Als Cassidy Miller aus Montana den Job der neuen Wettermoderatorin annimmt, hat sie keine Ahnung, mit wem sie es zu tun hat. Nur eines weiß sie sicher: Noel geht ihr unter die Haut. Seine Anwesenheit macht sie nervös und genau das kann sie gerade gar nicht brauchen. Doch Noels Bann zu entgehen ist alles andere als ein Kinderspiel. Dann ist da noch die Sache mit der Co-Moderatorin Stella, die Cassidy offensichtlich aufs Blut nicht ausstehen kann und ihr das Leben beim Sender zur Hölle macht. War der Umzug nach Georgia doch keine gute Idee? Band 1 von 3 der Cassidy Reihe - Band 1: Cassidy: Weiß wie Schnee - Band 2: Cassidy: Schwarz wie Ebenholz - Band 3: Cassidy: Rot wie Blut

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CHRISTINE TROY

BAND 1

Copyright © 2016 Christine Troy

Alle Rechte vorbehalten.

Eine Kopie oder anderweitige Verwendung ist nur mit schriftlicher Genemigung

von Seiten der Autorin gestattet.

Lektorat: Romy Güntner, www.satzsilbe.wordpress.com

Korrektorat: Romy Güntner, www.satzsilbe.wordpress.com

Coverdesign und Satz: Michael Troy

Verwendete Fotos: © Dimec, www.shutterstock.com

© Volodymyr TVERDOKHLIB,www.shutterstock.com

© ESB Professional,www.shutterstock.com

Homepage: www.christinetroy.at

Facebook: www.facebook.com/ChristineTroyAutorin

Weitere Bücher von Christine Troy finden Sie hier: Amazon Autorenseite

Kurzbeschreibung

Noel Parker ist heiß, erfolgreich, schlagfertig und verdammt charmant. Als Moderator der Show Get up Georgia bricht er die Herzen tausender Frauen und gilt im Süden Amerikas als Superstar. Als Cassidy Miller aus Montana den Job der neuen Wettermoderatorin annimmt, hat sie keine Ahnung, mit wem sie es zu tun hat. Nur eines weiß sie sicher, Noel geht ihr unter die Haut. Seine Anwesenheit macht sie nervös und genau das kann sie gerade gar nicht brauchen. Doch Noels Bann zu entgehen ist alles andere als ein Kinderspiel. Dann ist da noch die Sache mit der Co-Moderatorin Stella, die Cassidy offensichtlich aufs Blut nicht ausstehen kann und ihr das Leben beim Sender zur Hölle macht. War der Umzug nach Georgia doch keine gute Idee?

1. Klappe die Erste

„Okay, da wären wir! Komm schon, beeil dich Kind, sie wartet!“ Mit einer rotierenden Handbewegung winkt mich meine neue Arbeitskollegin Tina in einen Raum mit der Aufschrift Maske.

„Na, wen haben wir denn da? Hallo ihr zwei!“, begrüßt uns ein zierliches, ganz in schwarz gekleidetes Mädchen Anfang zwanzig. Sie hat kurzes rabenschwarzes Haar, ist dunkel geschminkt und soweit ich das erkennen kann, stark tätowiert.

„Hi“, begrüße ich sie und reiche ihr die Hand. „Ich bin Cassidy Miller. Freut mich, dich kennenzulernen.“

„Hi Cassy, ich bin Andrea ... ich darf doch Cassy zu dir sagen, oder?“

„Klar“, grinse ich und streiche nervös das entschieden zu enge Kostüm glatt, in dem ich stecke. „Meine Freunde zu Hause in Montana nennen mich auch alle Cassy.“

„Schön“, klatscht Andrea in die Hände und bedeutet mir, auf dem pompösen Schminksessel Platz zu nehmen, der vor einem hell beleuchteten Spiegel steht.

„Braucht ihr mich noch?“ Tina, die nach wie vor im Türrahmen steht, die Hände in die Hüften gestemmt, wirkt gehetzt. Auf ihrer üppigen Brust haben sich Hektikflecken gebildet und ihr aufgedunsenes Gesicht ist fast so rot wie das Haar, das es in weichen Locken umspielt.

„Nein, alles gut, danke!“ Mit einer Kusshand in Richtung Tür widmet sich Andrea mir zu. „Also dann, wir haben noch genau“, sie hebt den Blick auf die Digitaluhr, die neben uns an der Wand hängt. „12 Minuten. O weia, das wird eng. Erzähl, hast du irgendwelche Vorlieben oder Farben, die du gar nicht magst?“, erkundigt sie sich, während sie eilig nach einem Papierlatz angelt, den sie mir umlegt.

„Nein, ich bin da unkompliziert. Du hast freie Hand.“ Das meine ich so, wie ich es sage. Privat verzichte ich mehr oder weniger komplett auf Schminke. Das Zeug nervt nur, ist ständig verschmiert oder hinterlässt Abdrücke.

„Na, das nenne ich mal eine angenehme Abwechslung“, freut sich die Visagistin, und bittet mich die Augen zu schließen. „Weißt du“, erklärt sie, während sie mit geübten Händen Make-up auf mein Gesicht aufträgt. „Wir haben hier sehr wenige ... sagen wir umgängliche Menschen, die ihr Make-up bedenkenlos in meine, wohl gemerkt, geschulten Hände legen. Um genau zu sein, kenne ich neben Noel niemanden, der mich einfach machen lässt. Die anderen Moderatoren haben da ihre bestimmten Vorstellungen. Und hey, die gilt es einzuhalten“, sagt sie theatralisch den Pinsel schwingend. Ihre lockere Art ist Balsam für meine zum Bersten angespannten Nerven.

„Also, du kommst aus Montana?“, will Andrea wissen.

„Mhm, aus Helena.“

„Darf ich so unverschämt sein und fragen, warum ein Mädchen aus dem hohen Norden einen Job als Wettermoderatorin in Georgia, ganz im Süden annimmt?“

Ich schmunzle, als ich mich an diesen Samstag vor zehn Tagen erinnere, an dem der ganze Wahnsinn begann. Dads Firma Original M Films, feierte den Abschluss ihres neuen Projekts, einer Komödie, die nächsten Sommer im Kino laufen soll. Jedenfalls war ich zu der Feier, die wie üblich bei Dad, traditionell am Set gefeiert wurde, eingeladen. Anja Langton, eine langjährige Bekannte und ausgezeichnete Schauspielerin, die in der Komödie die Hauptrolle ergattert hatte, führte mich herum. Am Set ihrer letzten Szene angekommen - sie sollte eine Wettermoderatorin spielen, die von ihrem dümmlichen Schwarm live vor den Kameras einen Heiratsantrag erhielt - hielten wir an. Anja erklärte, dass die Szene sie fast verrückt gemacht hatte, weil der Drehbuchautor ihr einen so umständlichen Text aufgedrückt hatte. Übermütig wie ich war, bat ich, sie möge die Szene noch einmal für mich spielen. Anja kam meiner Bitte nach. Wie schon beim Dreh, verplapperte sie sich auch jetzt wieder und brauchte fünf Anläufe, um dieZungenbrecher einigermaßen stolperfrei zu bewältigen. Es war zum Schreien komisch, wie sie mit rotem Kopf und zorniger Miene verkrampft versuchte, cool auszusehen. Dummerweise fand Anja die Sache nicht annähernd so amüsant wie ich. Die Arme vor der Brust verschränkt, verlangte sie, dass ich es besser machen soll. Ich winkte ab, meinte, dass ich keine gelernte Schauspielerin wäre. Doch sie ließ nicht locker. Also stellte ich mich schulterzuckend vor die Leinwand mit der Wetterkarte und legte los. Tja, ist echt schwer zu beschreiben, was in dem Moment mit mir geschah. Ich weiß nur, dass es sich hammermäßig angefühlt hat und ich voll in meinem Element war. Den Text, den Anja so schwer über die Lippen gebracht hatte, habe ich locker und lässig rausgehauen. Und mehr noch, als ich fertig war, setzte ich noch einen drauf. Ich improvisierte eine Wochenvorschau für Montana, mit Unwetterwarnung für den Osten, bedankte mich bei den Zuschauern und schloss mit einem „Das war´s für heute. Gute Nacht Montana, und kommen Sie gut in die neue Woche.“

Für meine, wie ich fand, bestenfalls belustigende Leistung erntete ich tatsächlich Applaus. Jedoch nicht wie vermutet von Anja, sondern einem grauhaarigen Typen im Anzug, der uns im Schatten der Kameras beobachtet hatte. Es stellte sich heraus, dass der Kerl niemand geringerer als Thomas Keylar war, Inhaber des Fernsehsender GCN. Er fand mich klasse und bat mich für ein Vorsprechen nach Atlanta, Georgia zu kommen, weil er mich als die neue Wetterfee wollte. Ehrlich, ich war so was von überrumpelt von dem Kerl! Ich meine, ich habe Germanistik studiert und hatte eigentlich bereits ein Jobangebot bei einer kleinen Zeitung, das mir zusagte. Als Dad von Mr Keylars Angebot hörte, platzte er fast vor Stolz.Er bestand darauf, dass ich mein Glück versuchte. Also flog ich nach Atlanta, nahm am Vorsprechen teil und hey, was soll ich sagen, die haben mich von der Stelle weg eingestellt. Mr Keylar bestand darauf, dass ich sofort anfing. Es war schwer, ihn zu überreden, dass ich erst heute, also am Montag starte, um wenigstens noch nach Hause fliegen und meine Sachen packen zu können.

Wenn er gewusst hätte, dass mein Flug wegen einer technischen Störung ausfällt und ich auf den letzten Drücker am Sender ankomme, hätte er zu tausend Prozent nicht eingewilligt.

„Cassy?“ Andrea hält in der Bewegung inne und ich öffne die Augen, um sie anzusehen. Mist, zerstreut wie ich bin, habe ich vergessen, ihr zu antworten.

„Gute Frage, ich habe eigentlich Germanistik studiert und hatte bislang mit Showbiz nichts am Hut“, erkläre ich rasch.

„Und wie bist du denn an den Job gekommen?“

„Ehrlich?“

Andrea nickt, ihre braunen Augen sprühen vor Neugier.

„Durch herumalbern.“

„Herumalbern ...“

Ich bin mir sicher, dass sie schon viele Erfolgsstorys gehört hat, aber keine, wie meine.

„Ich hab am Set meines Vaters mit Anja Langton herumgealbert und ihre Szene als Wettermoderatorin nachgestellt. Na ja, Mr Keylar hat uns dabei beobachtet und mich um ein Vorsprechen gebeten.

„Moment ... am Set deines Vaters? Das glaub ich jetzt nicht. Cassidy Miller, aber klar, du musst die Tochter von Frederik sein!“

„Du kennst ihn?“

„Ist das dein Ernst? Ich liebe den Mann und seine Filme!“

Wer nicht, denke ich im Stillen und lächle in Gedanken an meinen alten Herrn. Er ist einer der wenigen Gutmenschen dieser Welt. Trotz Erfolg ist er am Boden geblieben, hat sich seinen goldenen Charakter bewahrt.

„Ein Bücherwurm mit einem Regisseur als Vater und einer Wetterfee Anstellung. Lady, das nenne ich mal eine interessante Story“, lacht Andrea und wirbel ihren Pinsel durch eine Lidschattenbox.

„Augen zu“, befiehlt sie und ich gehorche.

„Und, nervös?“

„Sehr“, gestehe ich. Doch das ist nicht mal annähernd die Wahrheit. Mein Herz schmerzt vor Aufregung und mein übermüdetes Gehirn arbeitet auf Hochspannung.

„Wie sieht´s mit dem Text aus? Bist du ihn schon durchgegangen?“

„Ja, zwei Mal.“

„Zwei Mal ...“, echot sie ungläubig.

„Ja“, wiederhole ich und frage mich, worauf sie hinaus will.

„Und da fühlst du dich textsicher?“

„Klar!“ Andreas Tonfall klingt so ungläubig, dass ich die Augen aufschlage, um sie verwundert anzusehen. Sie hat die schmalen Brauen gehoben und dreht den Pinsel durch die nächste Farbe ihres Schminktöpfchens. Als sie meinen Blick bemerkt, erklärt sie: „Du bist die Erste, die ihren Text nach zweimaligem Durchgehen beherrscht. Das schafft nicht mal Noel, und der ist ein absoluter Profi.“ Bei der Erwähnung dieses Noel - soweit ich weiß, ist er der Moderator der Show, tritt ein eigenartiges Schimmern in ihre Augen.

„Noel?“, frage ich, weil ich wissen will, was es mit dem Kerl auf sich hat, der solch eine Wirkung auf die kleine Visagistin ausübt.

„Echt jetzt?“ Andrea misst mich mit einem Das-kann-unmöglich-dein-Ernst-sein-Blick. „Okay“, sagt sie, als ich achselzuckend die Handflächen nach außen drehe. „Ich weiß ja, dass ihr im Norden etwas anders tickt als wir hier im Süden, aber komm schon, du willst mir doch nicht ernsthaft erklären, dass du Noel Parker nicht kennst?“

„Sorry, aber ich hab absolut keinen Schimmer, wer der Kerl ist.“

„Kaum zu glauben, ihr lebt da oben echt hinterm Mond“, meint sie, während sie aus einem Körbchen, in dem sie eine Auswahl an Lipliner aufbewahrt, einen dunkelroten heraussucht.

„Mund leicht öffnen“, verlangt sie und beeilt sich, meinen Lippen Farbe zu verleihen.

„Also gut, Noel Parker ist der heißeste Junggeselle in ganz Georgia. Ich sage dir, die Ladys vergöttern diesen Mann geradezu.“

Die Ladys? Verwundert über ihre Aussage ziehe ich die Brauen zusammen.

„Was? Ich steh nicht so auf das starke Geschlecht“, sagt sie mit einer Selbstverständlichkeit, als stünde es ihr mit Textmarker auf die Stirn geschrieben. Dann schnappt sie sich den passenden Lippenstift und macht sich daran, ihn mir mithilfe eines Pinsels aufzutragen.

„Jedenfalls ist Noel ein Unikat, das kann ich dir sagen. Wenn mich die Schlangenträger nur ein wenig mehr anturnen würden, dann müsste ich ihn mir wohl oder übel krallen“, grinst sie augenbrauenwackelnd.

Ein Klopfen an der Tür lässt uns aufblicken. „Cassidy?“ Tina streckt ihren Kopf zur Tür herein. „Du hast noch vier Minuten!“ Als ihr Blick auf den Papierlatz um meinen Hals fällt, wird sie hektisch. „Andrea, verflixt, ich dachte, du bekommst das hin!“

„Hey, ganz ruhig! Sie ist ja so gut wie fertig.“

Während Tina hereinkommt, aufgebracht mit meinem Text durch die Luft wedelt und von Kameraeinstellungen und etwas von der Leinwandfunktion faselt, überkommt mich eine Woge blanker Nervosität. Meine Hände, die ich, in der Hoffnung mich zu beruhigen, aneinander reibe, sind klatschnass und mein Mund fühlt sich staubtrocken an. Andrea pinselt, tuscht und schmiert, was das Zeug hält. Im Gegenteil zu mir scheint sie sich von der hektischen Stimmung nicht anstecken zu lassen.

„Noch drei Minuten. Verflixt, das schaffen wir nie ...“

„Uuuuund fertig!“, unterbricht sie die panische Frau, reißt mir den Papierlatz vom Hals und dreht mich im Stuhl zu ihr herum.

„Na endlich!“ Keuchend packt mich Tina an der Hand und eilt mit mir aus der Maske und den Flur hinab. Als wir einen abgedunkelten Raum betreten, an dessen Seitenwänden Stative, Reflektoren, Softboxen und sogar Kameras stehen, drückt sie einen Finger an die Lippen. Die Bedeutung verstehend folge ich ihr schweigend bis ans Ende des Raums. Vor einer Doppelflügeltür, über der ein rotes Leuchtschild mit der Aufschrift Aufnahme -Ruhe bitte, prangt, bleibt sie stehen. Die Hand an der Klinke sieht sie mich an.

„Alles okay bei dir?“

„Alles gut“, lüge ich und gebe mich taff. Dabei ist mir sowas von speiübel, dass ich weinen möchte. Was, wenn ich mich da drinnen vor den laufenden Kameras übergeben muss? Dieses Worst Case Szenario verdrängend, richte ich mich kerzengerade auf, rücke den engen Rock zurecht und rede mir selbst ein, dass ich das schaffe. Klappe die Erste, predige ich in Gedanken Dads Leitspruch, den er bei wichtigen Ereignissen stets zu sagen pflegt.

„Eine Minute.“ Tinas Worte klingen wie der Countdown einer Atombombe. Vermutlich ist sie der Überzeugung, dass ich das Ding vermassele. Was keinesfalls verwunderlich wäre, schließlich hatte ich so gut wie keine Zeit mich vorzubereiten. Ihr Zweifel an mir bestärkt mein Vorhaben, mir alle Mühe zu geben und nicht zu versagen.

„Ich bin so weit“, sage ich, mit einem ernsten Blick auf das Gesicht der runden Dame. Ihre Wangen sind mit roten Stressflecken gesprenkelt, als sie nickt und die Klinke herunter drückt.

„Einfach rechts um die Ecke - Tobi erwartet dich bereits“, erklärt sie und öffnet die Tür. Mit einem Herzen, das mir davonzugaloppieren droht, eile ich hinaus und rechts den Flur hinab. Ich bin kaum um die Ecke, als mich jemand am Arm packt und hinter sich her durch einen weiteren Raum zieht. Bevor ich mich versehe, finde ich mich im Studio wieder, vor einer Leinwand, auf der die Landkarte von Georgia mit den Temperaturangaben für den heutigen Tag zu sehen ist.

2. In’s kalte Wasser

Blinzelnd orientiere ich mich, lasse meinen gehetzten Blick durch den Saal schweifen. Ich befinde mich auf einem länglichen Podest in der hinteren rechten Ecke. Vor mir ist eine Zuschauertribüne, die randvoll besetzt bis unter das Dach reicht. Einige Zuschauer starren mich argwöhnisch an oder zeigen mit dem Finger auf mich. Am Fuße der Tribüne sind vier große Kameras aufgebaut, zwischen denen ein duzend Leute stehen. Ich erkenne Kameramänner, Tontechniker und eine Hand voll anderer Menschen, wo ich keinen Schimmer habe, was sie tun. Links von mir ist ein kleines Podest, auf dem ich einen Barhocker und ein Ständermikrophon entdecke. Und da, gleich hinter der Bühne befindet sich ein stylisch eingerichtetes Wohnzimmer, mit Bücherregalen, einem Sideboard und einer riesigen schneeweißen Ledercouch mit schwarzen Nieten. Obwohl das Teil unglaublich elegant aussieht, wird es den beiden Moderatoren, die darauf sitzen kaum gerecht.

„Also dann Noel, ich habe gehört, es gibt Neuigkeiten aus unserer Wetterzentrale“, sagt die hübsche Moderatorin, deren braune Lockenpracht ein wahrer Eyecatcher ist. Mit einem strahlend weißen Lächeln wendet sie sich ihrem Kollegen, einem hochgewachsenen Mann zu. Er hat haselnussbraunes, an den Seiten kurzes und oben längeres Haar, das so perfekt gestylt ist, dass man es am liebsten durcheinanderbringen möchte.

„Ganz recht, Stella, die gibt es. Das GCN-Team hat Verstärkung bekommen. Die junge Dame heißt Cassidy Miller, stammt aus Helena, Montana und wird für Theresa, die, wie Sie ja wissen, demnächst ihre Zwillinge erwartet, einspringen. Was sagt ihr, Leute, begrüßen wir unser neues Mitglied mit einem tobenden Applaus?“ Mit einem Lächeln, das einen Eisberg schmelzen lassen könnte, wendet sich der Moderator mir zu. Der Klang seiner tiefen Stimme und wie er sich artikuliert ist so speziell, dass er mich tatsächlich einen Moment von der Nervosität ablenken konnte. Im Augenwinkel sehe ich, wie drei der vier Kameras auf mich schwenken und möchte am liebsten nach Luft schnappen. Um Himmels willen, Cassidy Miller, was hast du dir bei dieser Sache nur gedacht?! Steif wende ich den Kopf auf das tobende Publikum. Okay Cassy, du wolltest das hier, jetzt heißt es durchbeißen, komm schon, Mädchen, du schaffst das. Auch wenn es ein Sprung ins kalte Wasser ist, du schaukelst das Kind schon, bete ich mir in Gedanken vor. Meine Schultern straffend, lege ich mein Hallo-Welt-hier-bin-ich Lächeln auf, oder wie Dad es nennen würde, mein man-muss-dich-einfach-lieb-haben-Lächeln.

„Herzlichen Dank“, beginne ich und merke zu meiner Bestürzung, dass meine Stimme zittrig klingt. Nein, nein, nein, Cassy, du wirst jetzt nicht schwächeln, komm schon, du bist Frederik Millers Tochter, wenn das jemand packt, dann du!

„Und einen wunderschönen guten Morgen Georgia“, lächle ich in die Kamera Nummer Eins, deren rotes Licht mir verrät, dass sie die Richtige ist.

„Mit einem ungetrübt sonnigen Tag starten wir in die Woche ...“, lese ich den Text vom Prompter, dem Monitor auf dem Kameraobjektiv. Meine Stimme klingt mit jedem Wort sicherer und das steife Gefühl in meinen Gliedern schwindet. Wie beim Herumalbern mit Anja damals überkommt mich eine nicht zu erklärende Sicherheit. Es ist, als würde ich mein Leben lang schon moderieren. Und so lese ich den Text mit einer Selbstverständlichkeit, die selbst mich überrascht. Meine Haltung ist locker und das Lächeln offen.

„... am Mittwoch gilt es dann die Winterjacken noch einmal hervorzuholen, denn da zieht ein Tief von Südwesten, der Küstenebene herein und bringt Starkregen und Höchsttemperaturen, von 7-14 Grad.“ Zur Verdeutlichung wende ich mich der Leinwand zu und beuge mich etwas vorn über, um mit einer kreisförmigen Handbewegung die besagte Region zu markieren. Dabei spüre ich, wie der Rock des marineblauen Kostüms, das ich trage, hochrutscht und meine kompletten Oberschenkel preisgibt. Fuck! Die Situation ist zum Schreien unangenehm. Ich meine zu spüren, wie sich die Blicke der Zuschauer in meine Haut fressen. Peinlich berührt, richte ich mich wieder auf, weiß, dass ich den Rock, der immer noch verrutscht ist, nicht in Ordnung bringen darf. Also beeile ich mich, meinen Part so schnell es geht zu beenden.

„Also gut, Georgia, das war’s vom Wetter, ich wünsche Ihnen allen einen angenehmen Tag und kommen Sie gut in die Woche.“ Obwohl ich in meiner Verlegenheit einen komplett anderen Text angesagt habe, als auf dem Prompter steht, wende ich mich breit lächelnd an die Moderatoren. „Damit zurück zu dir, Noel“, sage ich und die Kameraleute verstehen. Schon springt das Licht von Kamera vier, die die ganze Zeit auf die Moderatoren gerichtet blieb, an. Während Stella aussieht, als hätte man ihr einen Witz erzählt, den sie nicht verstanden hat, schaltet Noel sofort.

„Herzlichen Dank, Cassidy“ die übereinandergeschlagenen Beine lösend, strahlt er in die Kamera. „Das war’s für heute von uns. Machen Sie’s gut und schalten Sie auch morgen wieder ein, wenn es heißt: Get Up, Georgia!“

Noel tippt sich wie ein Soldat zwei Finger an die Schläfe und zwinkert in die Kamera. Tobender Applaus brandet auf und mischt sich mit der Erkennungsmelodie der Sendung. Stella und Noel halten ihr strahlendes Lächeln weiterhin auf die Kamera gerichtet. Schließlich ruft einer der Typen, von denen ich keine Ahnung habe, was sie tun „Uuuund wir sind raus!“ Augenblicklich erstirbt Stellas Lächeln und ihr Kopf springt zu mir herüber. Shit! Wenn Blicke töten könnten! Unbehaglich schluckend lächle ich sie entschuldigend an. Doch die Co-Moderatorin schnaubt nur verächtlich, steht auf und stöckelt mit wutverzerrter Miene hinter die Bühne. Na toll, mein erster Arbeitstag und schon habe ich mich unbeliebt gemacht, denke ich. Hoffentlich ist Stella wie meine beste Freundin Miranda, in fünf Sekunden von Null auf Hundert aber auch genauso rasch wieder auf Null.

„Mr Parker, Noel, bitte ein Autogramm!“, höre ich ein paar Frauen, die sich gegen die Männer der Security gedrückt auf die Bühne zu drängen versuchen. Mein Blick springt auf diesen Parker, der mich mit undurchsichtiger Miene mustert. Jetzt verstehe ich, warum er der begehrteste Junggeselle in ganz Georgia ist, Gott, sieht der gut aus! Die dichten Brauen, die schmale Nase und dieses dunkle, unglaublich volle Haar. Irgendwie erinnert er mich an Christian Bale - in jungen Jahren, versteht sich. Mein Herz verkrampft sich in der Brust, als ich sehe wie seine Züge sich verfinstern. Scheiße noch eins, ist er etwa auch sauer auf mich? Parker hält noch einen Wimpernschlag lang meinem Blick fest, dann erhebt er sich, streicht seinen Maßanzug glatt und geht mit seinem 1. 000 000 $ Lächeln auf die inzwischen kreischenden Frauen zu.

„Ladys“, sagt er, die Arme einladend gespreizt, „nur Geduld, Sie bekommen alle ihr Autogramm.“

Was für ein ekelhafter Schmiri, denke ich und beeile mich, von der Bühne zu kommen. Meinen verfluchten Rock zurechtrückend, laufe ich durch einen kleinen Raum und den schmalen Gang, der zu dem Vorraum mit dem Equipment führt, in den mich Tina gebracht hat. Die Hand auf der Klinke, will ich gerade hinauseilen, als mich eine Stimme innehalten lässt.

„Hey, Montana!“

Es ist Stella, die Co-Moderatorin. Mit einem na-warte-Blick stöckelt sie von der anderen Seite des Gangs auf mich zu. Möchte zu gern wissen, wohin sich dieses Flursystem überall verstrickt. Vermutlich um den gesamten Bühnen und Backstagebereich.

„Was sollte das?“, keift die geschätzte 1,80m Frau, als sie mit wutverzerrter Miene vor mir stehen bleibt.

„Ich ...“, mehr schaffe ich nicht zu sagen, weil sie mir direkt ins Wort fällt.

„Du hättest die Sendung abmoderieren sollen. Was ist los mit dir, hm? Lernt ihr da oben in Montana nicht richtig lesen, oder was?“

„Tut mir leid, ich wollte nicht ... mein Rock ...“

„Ja, der ist dir hochgerutscht, na und? Wäre vielleicht mal eine Idee ein paar Pfund abzuspecken. Dass du mit dem Arsch den Job überhaupt bekommen hast ... unglaublich. Was hat sich Thomas nur dabei gedacht? Jedenfalls ...“ Sie sticht mit ihrem rot lackierten Finger in Richtung meiner Brust, „wirst du dich von nun an besser vorbereiten und dir Klamotten aussuchen, wo du Fleischberg auch reinpasst. Denn wenn du noch einmal meine Sendung sabotierst, bist du raus, verstanden? Verdammte Anfänger!“ Schnaubt sie, wirbelt herum und lässt mich total überrumpelt stehen. Was um alles in der Welt war das denn? Mechanisch streiche ich meinen Rock glatt. Ja, ich bin kein Size Zero Mädchen, sondern trage eine weibliche 40. Aber das hat mich nie gestört. Im Gegenteil, ich liebe meine Kurven, weiß sie in Szene zu setzen. Dieses bescheuerte Teil hier wurde mir vom Sender aufgedrückt. Was also kann ich dafür?

„Ich muss meiner Kollegin recht geben“, erklingt hinter mir die tiefe Stimme des Moderators. Verlegen wende ich mich zu ihm um. Na toll, die nächste Rüge. Parker steht mit der Schulter an die Wand gelehnt, die Hände in den Hosentaschen vergraben da. Als ich zu ihm aufsehe, stößt er sich ab und kommt die paar Schritte zu mir. So aus der Nähe sieht der etwa 1,90m Mann noch schärfer aus. Sein Auftreten ist so selbstsicher, so dominant, dass ich mich neben ihm noch kleiner fühle, als ich 1,65m Zwerg ohnehin bin.

„Noel Parker“, er hält mir seine große Hand hin. „Aber nenn mich Noel.“

„Cassidy Miller“, antworte ich und greife nach ihm. Meine Finger legen sich gerade um seine, als ich es spüre - als ich ihn spüre. Dieses Prickeln, das von seiner Haut auf meine übergeht. Unfähig zu sprechen fühle ich, wie mein Körper bis in die letzte Zelle auf diesen Mann reagiert. Nicht imstande wegzusehen, starre ich ihn mit offenem Mund an. Sehe dieses dunkle Grün seiner Augen, die blauen Sprenkel darin und die Pupillen, die sich weiten. Etwas huscht über seine Züge und zerstört den Moment.

„Freut mich dich kennenzulernen“, sagt er und entzieht mir die Hand. Noel klingt plötzlich distanziert, fast unhöflich. Was ist denn jetzt los?

„Noel?“ Ein Mann mit Headset und Klemmbrett kommt hinter uns um die Ecke. „Wir wären dann soweit für den Einspieler für morgen früh.“

„Ist gut, Larry, ich bin gleich da“, erklärt der Moderator im Kumpelton. Gott, dieser Mann ist ein Emotions-Chamäleon - passt sich binnen Sekunden der gewünschten Lage an.

Während der Headsettyp umdreht und zurück ins Studio geht, wendet sich Noel noch einmal zu mir um und beugt sich so weit zu mir herunter, dass sein Gesicht, nur wenige Zentimeter von meinem entfernt ist.

„Du tust gut daran, dich besser auf die Sendungen vorzubereiten, Schneewittchen.“ Sein nach Minze duftender Atem streicht über meine Haut und schickt mir einen Schauer über den Rücken. Der dunkle Blick hält mich noch eine Sekunde lang gefangen, dann wendet er sich ab und folgt ohne ein weiteres Wort dem Techniker.

3. Rüge

 

Schneewittchen? Ernsthaft? Ungläubig in den Spiegel meines Umkleidezimmers starrend, drehe ich mein Gesicht hin und her. Ja, ich habe ebenholzschwarzes Haar und ja, meine Haut ist weiß wie Schnee, aber hey, das war’s dann auch. Weder sind meine Lippen blutrot, noch bin ich adeliger Herkunft.

„Schneewittchen“, wiederhole ich kopfschüttelnd und öffne mein zum Dutt gebundenes Haar, das mir weich auf die Schultern fällt „Na toll, das ganze Glätten für die Katz“, jammere ich und greife nach der Bürste, um mir die Schnittlauchlocken, die ich nun dank der Frisur habe, auszukämmen. Genervt lasse ich mich auf den Stuhl fallen. Was für ein Tag, was für eine grauenvolle erste Sendung! Würde mich nicht wundern, wenn sich Mr Keylar nach diesem Patzer doch noch gegen mich entscheiden würde. Was für ein Mist!