Dark Land - Folge 007 - Logan Dee - E-Book

Dark Land - Folge 007 E-Book

Logan Dee

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Beschreibung

Eine Serie von grausamen Mordfällen hält Twilight City in Atem. Seit einigen Wochen werden an verschiedenen Orten in der Stadt immer wieder verstümmelte Männerleichen entdeckt.

Beim Twilight Evening Star wittert man bereits eine große Story. Doch es gibt etwas, was der Chefredakteur der Polizei verschweigt: Die Opfer hatten zuvor eine Kontaktanzeige in seiner Zeitung aufgegeben ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Was bisher geschah

Die Schwarze Witwe

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Timo Wuerz

Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-4344-1

www.bastei-entertainment.de

Was bisher geschah

Johnny Conolly hat seine Mutter verloren. Sie wurde von einem Dämon brutal ermordet. Als dieser Dämon durch ein Dimensionstor fliehen will, jagt Johnny ihm zwei Silberkugeln hinterher. Er trifft den Dämon! Eine der Kugeln pflügt eine tiefe Furche in den grässlichen Schnabel des Dämons. Doch sie kann ihn nicht aufhalten. Also springt auch Johnny durch das Tor und folgt dem Mörder seiner Mutter.

Kurz darauf wird das Tor für immer zerstört, sodass es für Johnny keine Möglichkeit zur Rückkehr gibt. Das Dimensionstor spuckt ihn schließlich wieder aus – in einer anderen Welt. Johnny ist in Dark Land gelandet, genauer gesagt in Twilight City, einer Stadt voller Geheimnisse – und voller Gefahren.

Die Fährte des Mörders führt ihn in einen Nachtclub, wo er allerdings herausfinden muss, dass es nicht nur einen Schnabeldämon gibt, sondern viele. Und beinahe tötet er den Falschen. Der Manager des Clubs überwältigt ihn jedoch vorher.

Die Polizei holt ihn ab, und ein Richter, ebenfalls ein Schnabeldämon, verurteilt ihn aufgrund der Geringfügigkeit seines Vergehens zu einer Geldstrafe – die er allerdings mangels hiesiger Mittel nicht begleichen kann. Daraufhin wird aus dem Bußgeld eine Haftstrafe: Fünfzig Jahre soll er einsitzen!

Er ist schon fast auf dem Weg ins Gefängnis, als ihn einer der Polizisten, die er kennengelernt hat, aus dem Transporter holt, um ihn woanders hinzubringen. Wohin und warum, das verrät ihm der unheimliche Panthermann nicht.

Auf dem Weg zu dem unbekannten Ziel kommt es zu einem Unfall. Und zwar zu einem, der absichtlich verursacht wird!

Wynn Blakeston, wie Johnny sich in dieser Welt inzwischen nennt – für den Fall, dass irgendjemand in Twilight City mit seinem Namen John Gerald William Conolly etwas anfangen kann und ihm möglicherweise Übles will –, hat gesehen, wie der andere Wagen auf sie zusteuerte. Allein am direkten Kurs des Fahrzeugs war zu erkennen, dass der Fahrer sie rammen wollte – aber mehr noch hat es sein Gesicht verraten, das Wynn in seinem letzten wachen Augenblick ganz deutlich gesehen hat: das Gesicht nicht irgendeines Dämons, sondern eines Schnabeldämons – und nicht irgendeines Schnabeldämons, sondern das Gesicht des Mörders seiner Mutter!

Er hat es eindeutig wiedererkannt an der Furche, die seine Silberkugel in dem langen Schnabel des Dämons hinterlassen hatte!

Als er nach dem Unfall erwacht, findet er sich im Haus von Sir Roger Baldwin-Fitzroy wieder, in dem auch dessen Tochter Abby und der dämonische Diener Esrath, ein sogenannter Naturalis, leben.

Sir Roger hat Wynn aus dem Gefängnis freigekauft – warum, das weiß Wynn nicht.

Doch im Moment ist auch etwas anderes für ihn wichtiger: Er will Rache am Mörder seiner Mutter!

Zusammen mit Abby begibt er sich auf die Suche nach dem Schnabeldämon. Inzwischen hat er rausgefunden, dass dieser Norek heißt und skrupelloser und gefährlicher ist als alle seine Artgenossen.

Auch Sir Roger und Esrath sind auf der Suche nach Norek, denn Sir Roger hat noch eine Rechnung mit dem Dämon offen.

Davon ahnt Wynn nichts. Er setzt die gefährliche Suche nach Norek fort. Dabei weicht ihm Abby inzwischen nicht mehr von der Seite – sehr zum Ärger von Sir Roger …

Die Schwarze Witwe

von Logan Dee

Der Vampir bleckte die Zähne. Unter der Oberlippe schoben sich zwei spitze Hauer hervor. Er konnte seinen Blutdurst kaum mehr zügeln. Er hatte die Frau schon seit mehreren Nächten heimlich verfolgt. Er hatte keine Ahnung, was sie in den verlassenen Gassen von Red Chapel zu suchen hatte. Kaum ein Mensch wagte sich hierher.

Selbst schuld,dachte er. Heute Nacht würde er sie anfallen …

Bei dem Gedanken lief ihm der Geifer die Mundwinkel herab. Natürlich würde er sie nicht töten. Das wagte er nicht. Die Strafe, die ihn erwarten würde, wenn man ihn schnappte, war einfach zu drastisch. Schon so begab er sich in höchste Gefahr. In Twilight City verstand man keinen Spaß, wenn Vampire wie er einem Menschen Blut abzapften …

Kurz kam ihm der Gedanke, wie verkommen und degeneriert seine Art war. Der Durst nach Blut wurde als Verbrechen geahndet. Also verzichteten die meisten darauf, auf Menschenjagd zu gehen. Dabei war es die natürlichste Sache der Welt. Zumindest für ihn, Arkholm.

Er konzentrierte sich wieder auf sein Opfer. Ihre hohen Absätze klackerten auf dem Kopfsteinpflaster. Die Frau war attraktiv, dabei war sie nicht die Jüngste. Aber sie hatte Klasse. Und aus Erfahrung wusste er, dass das Blut reiferer Menschen oft schmackhafter war als das von Jungen.

So wie mit dem Wein, der ja auch mit den Jahren der Lagerung immer besser und vollmundiger wurde.

Er kannte ihren Weg, wusste, wohin es sie zog. In den letzten Nächten war er ihr bereits hinterhergeschlichen. Ihr Ziel war ein verfallenes Haus in einer der Seitengassen.

Was sie dort trieb, hatte er nicht herausgefunden. Es interessierte ihn auch nicht.

Es interessierte ihn nur, dass sie allein war. Nacht für Nacht. Ein leichtes Opfer für ihn.

Wie in den letzten Nächten auch schlich er ihr hinterher. Doch diesmal würde er sie nicht davonziehen lassen. Diesmal war sie fällig …

Vielleicht hatte sie sogar Spaß daran, wenn er ihr Blut soff. Es gab Menschen, die diesen besonderen Kick sogar suchten und dafür bezahlten. Hatte er jedenfalls gehört.

Die Frau bog in die menschenleere Gasse ein, in der das Haus stand, in das sie jedes Mal verschwand. Sie sah sich nicht einmal um, ahnte nichts von der drohenden Gefahr.

Arkholm stürmte los, wie ein Panther, so geschmeidig und lautlos, und setzte zum Sprung an, wobei er ihren schlanken Hals anvisierte.

Noch einen Meter, und …

Da wirbelte sie plötzlich herum. Ein Fauchen drang aus ihrem Mund.

Dann begann sie sich zu verwandeln.

Arkholm wollte fliehen, doch der Anblick ließ ihn erstarren.

Erst als sie sich über ihn beugte und ihre spitzen Giftzähne in seine Brust versenkte, schrie er gellend auf vor Schmerz und Todesangst.

Sein Schrei verstummte abrupt nach wenigen Sekunden.

***

»Wo hast du dich die Nacht herumgetrieben?«, donnerte die Stimme.

»Das geht dich gar nichts an!«, schrie die andere zurück.

Wynn kannte sie beide. Die eine Stimme gehörte Sir Roger, die andere Abby.

Während er noch einen Moment auf dem unteren Treppenabsatz verharrte, begriff Wynn, dass es höchste Eile war, einzugreifen. Hoffentlich war es nicht schon zu spät!

Er hörte, wie die Tür mit einem lauten Knall zugeschlagen wurde. Dann ein Schrei. Abby! In höchster Not!

Für Wynn gab es nun kein Halten mehr. So schnell er konnte, raste er zur Haustür.

Nach nur wenigen Metern wurde sein Lauf jäh gestoppt. Er stieß mit voller Wucht mit Esrath zusammen, der ebenso wie er zur Eingangspforte hatte laufen wollen. Der dämonische Diener hatte also auch erkannt, dass Gefahr im Verzug war.

Wynn hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten, während Esrath den Zusammenstoß fast stoisch hinnahm und sich dadurch kaum aufhalten ließ.

Nein! Wynn biss die Zähne zusammen. Er musste vor Esrath bei den beiden Streithähnen sein. Er war sich nicht sicher, auf welcher Seite Esrath stehen würde. Das heißt, eigentlich war er sich sicher. Esrath hatte zwar immer wieder bewiesen, dass er an Abby hing, aber trotz allem gehorchte er Sir Roger.

Mit einem fast verzweifelten Schrei sprang Wynn vorwärts. Mit beiden Händen griff er nach Esraths Livree, bekam den glatten Stoff kaum zu fassen, rutschte ab, griff noch einmal zu und krallte sich darin fest.

Mit einem Grollen wandte sich der Diener zu Wynn herum. Jeden anderen Gegner hätte allein dieser Laut genügend Angst eingeflößt, um die Flucht anzutreten. Aber Wynn ließ sich nicht einschüchtern. Er war nun lange genug in Sir Rogers Haus, um den dämonischen Diener einzuschätzen. Esrath würde nicht die Hand gegen ihn erheben.

Es sein denn, Sir Roger befahl es ihm.

Weiter, hämmerten seine Gedanken.

Abby schrie nun wie am Spieß. Vor Schmerz! Während Sir Rogers lautes Organ noch immer pausenlos Verwünschungen ausstieß.

Wynn zog sich, noch immer die Livree festhaltend, an Esrath vorbei. Er kam sich vor wie bei einem Fußballspiel. Wie jemand, der den Gegner absichtlich am Trikot festhielt, damit der am entscheidenden Torschuss gehindert wurde.

Einen Moment lang sah er in die schwarze Grimasse seines Kontrahenten. Die Augen darin blitzten vor Wut.

Dann hatte er es geschafft. Er ließ den Diener los und lief die letzten Schritte, als ginge es um sein Leben.

Als Sir Roger und Abby in sein Blickfeld gerieten, gefror für den Bruchteil einer Sekunde alles zu einer grotesken Szene. Sir Rogers zorngerötetes Gesicht war zu einer Fratze verzerrt. Er thronte wie ein Rachegott über seiner Tochter Abby, die mit einem Bein auf dem Läufer kniete, während sie mit dem anderen verzweifelt versuchte, wieder aufzuspringen. Sir Roger hatte sie fest im Griff. Er hatte ihr den Arm auf den Rücken gedreht, und an Abbys verzerrtem Gesicht erkannte Wynn, welche Schmerzen sie erlitt.

Ob nur Gast oder nicht, Wynn sah rot.

Mit einem Schrei stürzte er sich auf Sir Roger und stieß ihn beiseite. Nur einen Sekundenbruchteil später erhielt er einen Schlag im Nacken, der ihn zu Boden schleuderte. Mit voller Wucht kam er auf den Dielen auf. Ein stechender Schmerz durchfuhr seinen rechten Arm und durchflutete seinen gesamten Körper.

Er erwartete einen weiteren brutalen Hieb, rollte sich ächzend herum, um dem zu entgehen, und musste erkennen, dass sich Esrath längst Sir Roger zugewandt hatte und ihm auf die Beine half.

Abby dagegen war aufgesprungen. Wie eine Raubkatze stand sie da, sodass Wynn fürchtete, sie würde sich im nächsten Moment auf ihren Vater stürzen und ihm die Augen auskratzen.

Aber dann sah sie zu ihm. Ihre Blicke trafen sich. Sofort änderte sich ihr Gesichtsausdruck. Sie trat zu Wynn, beugte sich zu ihm herab und schrie: »Was hat Esrath dir angetan?«

Wynn standen die Tränen in den Augen. Trotzdem ebbte der Schmerz langsam ab. Er versuchte, sich mit dem gesunden Arm hochzuhieven. Abby half ihm dabei.

Das nennt man eine aus dem Ruder geratene Situation, dachte er. War hier überhaupt noch etwas zu retten? Oder würden sie sich gleich alle gegenseitig zerfleischen? Er und Abby auf der einen Seite. Sir Roger und sein allmächtiger Diener Esrath auf der anderen. Um den Ausgang eines solchen Gemetzels vorherzusagen, bedurfte es keiner Kristallkugel.

»Ich glaube, wir haben uns alle einen Augenblick lang nicht in der Gewalt gehabt.« Die Worte kamen ausgerechnet von Esrath.

Zwei, drei Sekunden herrschte bis auf die erregten Atemzüge aller Beteiligten Stille.

»Ich habe mich in der Gewalt gehabt!«, sagte Abby wütend. »Ich bin über niemanden hergefallen und habe ihm den Arm halb abgerissen!« Sie sah ihren Vater an, und ihr Blick war derart geringschätzig, dass selbst Wynn ein weiteres Donnerwetter befürchtete.

Umso verwunderter war er, als er sah, dass Sir Roger die Schultern hängen ließ. Seine ganze angespannte Haltung fiel in sich zusammen. Als hätte jemand plötzlich die Luft aus ihm gelassen. Seine eben noch vor Zorn verzerrte Fratze machte einem fast verzweifelten Gesichtsausdruck Platz.

»Ich … es tut mir leid, Abby«, stammelte er. »Aber ich …« Er suchte vergebens nach den richtigen Worten, während Wynn seinen Ohren nicht zu trauen glaubte. Sir Roger entschuldigte sich? Er hätte nie geglaubt, das zu erleben.

»Und dieses … dieses Monster hat Wynn verletzt!«, schrie Abby voller Wut.

Wynn glaubte zu sehen, wie Esrath zusammenzuckte. Das Wort Monster war für ihn ein Schimpfwort.

»Es geht schon wieder«, log Wynn. Er wollte nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen. Dennoch konnte er den rechten Arm nicht bewegen. Er hing wie ein totes Ding an seiner Seite herab.

»Das sagst du nur, damit ich mich nicht aufregen soll«, erkannte Abby. Wieder funkelte sie ihren Vater an: »Wenn du mich noch einmal anfasst, ziehe ich aus!«

Sir Roger hielt den Kopf gesenkt, sagte nichts. Er mahlte mit den Zähnen, seine Gesichtsmuskeln zuckten. Wynn vermochte nicht zu sagen, ob er nach wie vor seine Tat bereute oder längst wieder vor einem neuerlichen Wutausbruch stand.

»Das Frühstück ist angerichtet«, sagte Esrath. »Wenn die Herrschaften sich zu Tisch begeben möchten.«

»Mir ist der Appetit vergangen!«, zischte Abby. Sie wandte sich um und lief zur Treppe. Nachdem sie die Stufen hinaufgerannt war, hörte man kurz darauf die Tür zu ihrem Zimmer zuschlagen.

Sir Roger bückte sich. Er hob eine Zeitung vom Boden auf. Wynn erkannte, dass es sich um den Twilight Evening Star handelte.

»Dachte ich’s mir doch«, murmelte Sir Roger.

Was er sich dachte, konnte Wynn nur ahnen.

Auf einmal war Esrath an seiner Seite. »Darf ich mir den Arm kurz ansehen?«, fragte er. Nichts in seiner Stimme und an seinem Verhalten erinnerte mehr an den Berserker, der ihm den Schlag versetzt hatte. Aber auch kein Mitleid schwang in seiner Stimme. Eher kühle Professionalität.

Ohne Wynns Antwort abzuwarten, griff er mit seinen weiß behandschuhten Händen nach dem verletzten Arm. Wynn fühlte gar nichts, als Esrath ihn abtastete, trotzdem glaubte er, dass der Arm inzwischen wie ein Reifen angeschwollen war.

»Es ist nichts gebrochen«, sagte Esrath. »Sie sind ungünstig aufgekommen …«

Ja, weil du mich hinterrücks zu Boden geschlagen hast, dachte Wynn, aber er verkniff sich jeden Kommentar.

»Nichts, was nicht durch eine Salbe und ein paar Kräuter rasch wieder zu heilen ist«, fuhr Esrath fort.

»Kümmere dich um ihn«, schnappte Sir Roger, der trotz des forschen Tons noch immer mit seinen Gedanken halb abwesend war. Und zu Wynn: »Ich muss dich sprechen, mein Junge. Sei in einer halben Stunde wieder hier unten. Es geht um Abby.«

Natürlich, um wen soll es sonst gehen! Meistens ging es um Abby.

Er sah Sir Roger nach, wie der mit nach wie vor hängenden Schultern und müden Schritten Richtung Küche schlurfte. Fast tat ihm der Hausherr leid. Aber dann dachte er, wie er mit Abby umgegangen war, und das Mitgefühl schmolz wie ein Eiswürfel in einem auflodernden Kaminfeuer.

***

Nachdem Esrath seinen Arm verarztet hatte, ging Wynn hinunter in die Küche. Eigentlich hatte er das schon vor einer halben Stunde vorgehabt. Der Hunger hatte ihn frühzeitig aus dem Bett getrieben. Aber dann war alles anders gekommen …

Er konnte den rechten Arm wieder bewegen, als sei dieser nie lädiert gewesen. Wynn vermutete, dass die rasche Heilung nicht nur an der Salbe und den Kräutern lag, sondern in erster Linie Esraths geheimnisvollen magischen Kräften zuzuschreiben war.

Als er die Küche nun betrat, stand Esrath bereits im Hintergrund, regungslos und stumm, als sei er nichts anderes als Sir Rogers gehorsamer Diener.

Sir Roger blickte nur kurz von seiner Zeitung auf, während Wynn am anderen Tischende Platz nahm. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass Sir Roger ihn gleich damit überfallen würde, was er ihm zu sagen hatte. Und da es um Abby ging, war er sogar gespannt darauf.

Aber nun, da Sir Roger offensichtlich mehr Wert auf die morgendliche Zeitungslektüre als auf eine Aussprache legte, wandte auch Wynn sich nach einem knappen Morgengruß dem Frühstück zu. Und das war üppig wie immer. Es gab nichts, was Wynn von seiner Heimatwelt vermisste: Eier und Bacon, Beans und Würstchen, mehrere Marmeladen und Aufstriche, sogar den unvermeidlichen Black Pudding, den er verabscheute wie die Pest, weil es sich um nichts anderes als um einen mit Schweineblut und Gewürzen gebackenen Mehlteig handelte. Dabei fiel ihm ein, dass er in Twilight City noch niemals ein Schwein gesehen hatte.

Im Gegensatz zu ihm schaufelte Sir Roger den Black Pudding normalerweise genießerisch in sich hinein. Heute schien ihm der Appetit vergangen. Vielleicht hatte er auch schon gefrühstückt.

Esrath trat an den Tisch heran und schenkte ihm Kaffee ein. Es war wirklich verrückt. Nicht zum ersten Mal hatte Wynn einen Streit in diesem Hause erlebt. Als ob die Mauern selbst dazu beitrugen, dass eine einfache Meinungsverschiedenheit blitzschnell zu einem hasserfüllten Streit hochloderte. Genauso schnell beruhigten sich die Gemüter wieder. Als würde viel Schmutz einfach schnell unter den Teppich gekehrt, um bei nächstbester Gelegenheit wieder aufgewirbelt zu werden.

»Wusste ich’s doch!« Die donnernde Stimme Sir Rogers riss ihn aus seinen Gedanken. »Hier, Esrath! Sag mir, dass ich nicht träume!«

Der dämonische Diener trat gehorsam heran und beugte sich hinunter zu der aufgeschlagenen Zeitung, die sein Herr ihm hinhielt.

»Was liest du da?«

»Ich lese zwei Buchstaben, Sir!«

»Und wie lauten diese?«

»A und B, Sir!«