Das Judas-Komplott - Uwe H Grave - E-Book

Das Judas-Komplott E-Book

Uwe H Grave

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Beschreibung

Ren Dhark sitzt in einer goldenen Falle, aus der es kein Entrinnen zu geben scheint. Dann verrät ihn auch noch einer seiner bisher treuesten Weggefährten, und der fällt dem Judas-Komplott zum Opfer.

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Ren Dhark

Bitwar-Zyklus

 

Band 6

Das Judas-Komplott

 

von

 

Uwe Helmut Grave

(Kapitel 12, 14, 16, 18, 19)

 

Achim Mehnert

(Kapitel 2, 4, 6, 8, 10)

 

Conrad Shepherd

(Kapitel 1, 3, 5, 7, 9)

 

Jo Zybell

(Kapitel 11, 13, 15, 17, 20)

 

und

 

Hajo F. Breuer

(Exposé)

Inhalt

Titelseite

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

20.

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Impressum

Prolog

Im Frühsommer des Jahres 2062 gehen drei ruhige Jahre des Aufbaus für die Erde zu Ende. Mit dem aus der Galaxis Orn mitgebrachten Wissen ist es den Menschen erstmals vergönnt, Ovoid-Ringraumer der neusten Entwicklungslinie zu bauen. Doch keinem dieser neuen Schiffe und nicht einmal der legendären POINT OF ist es noch möglich, die Galaxis der Worgun anzufliegen. Irgend etwas verhindert jeden weiteren Kontakt…

Ren Dhark ist nicht länger Commander der Planeten. Dieses Amt bekleidet nun Henner Trawisheim. Eine seiner ersten Amtshandlungen war es, Ren Dhark als Belohnung für dessen unzählige Verdienste um die Rettung der Menschheit zum privaten Eigentümer der POINT OF zu ernennen. Trawisheim glaubte, den unvergleichlichen Ringraumer auch in Zukunft für die Zwecke der terranischen Regierung einsetzen zu können, denn der Unterhalt eines Schiffes dieser Größe übersteigt Ren Dharks finanzielle Möglichkeiten bei weitem.

Doch der Großindustrielle Terence Wallis, der auf der im Halo der Milchstraße gelegenen Welt Eden seinen eigenen Staat gegründet hat, zog Trawisheim mit der Einrichtung der POINT OF-Stiftung einen dicken Strich durch die Rechnung. Denn die großzügigen Finanzmittel der Stiftung schenken Ren Dhark völlige Unabhängigkeit.

Und so bricht er im Frühjahr 2062 zu einem Forschungsflug nach Babylon auf, um endlich das Geheimnis des goldenen Salters ohne Gesicht zu lösen, der dort nun schon mehr als tausend Jahre im Vitrinensaal unter der ebenfalls goldenen Gigantstatue eines Menschen ohne Gesicht ausgestellt ist. Die Spur führt auf die vom Atomkrieg verseuchte Welt der Kurrgen – als die POINT OF einen Notruf erhält: Unbekannte Raumschiffe greifen die Zentralwelt der heute mit den Terranern verbündeten Grakos an. Die auf Grah stationierten Schiffe älterer Bauart sind für den unheimlichen Gegner keine echte Bedrohung. Als Ren Dhark eine Flotte hochmoderner neuer Ovoid-Ringraumer ins Gefecht führt, kommt es zu einer erbitterten Schlacht im All: Der unbekannte Gegner ist wesentlich stärker als vermutet!

Doch schließlich flieht er mit unbekanntem Ziel, und Ren Dhark kann seine Suche nach dem Geheimnis der Goldenen fortsetzen. Die führt ihn zu einer unbekannten Welt in den Tiefen des Alls, auf der er den Worgun Dalon trifft – jenen Boten der wohlmeinenden Mutanten, der einst vor über tausend Jahren auch Margun und Sola auf ihre Einzigartigkeit hinwies. Unbeabsichtigt verrät Dalon, daß auch Arc Doorn ein Worgunmutant ist, der seit fast zweieinhalbtausend Jahren auf der Erde wohnt!

Dhark hat mittlerweile erfahren müssen, daß die heimatliche Sonne nicht mehr genug Energie abgibt. Wenn die Entwicklung so weitergeht, wird die Erde zum Eisplaneten gefrieren! Auf der Suche nach einer Rettungsmöglichkeit folgt Ren Dhark den Spuren der Balduren, der sagenhaften Götter der Worgun – und gerät mit seinen Gefährten in eine Falle ohne Ausweg: die goldene Hölle!

1.

Der Jett, dessen Flanken auf beiden Seiten in wuchtigen Blockversalien den Schriftzug TERRA-PRESS trugen, kam von Süden und flog mit erheblicher Geschwindigkeit in Richtung New Pittsburgh. Auf Eden war es zehn Uhr vormittags. Keine Wolke stand am Himmel. Im Licht der Sonne ließen sich die Einzelheiten der Landschaft deutlich ausmachen.

Der Schnellschweber transportierte drei Personen, zwei waren Männer, die dritte eine junge Frau: ein Reporterteam des größten Medienkonzerns des Sol-Systems, der mittlerweile seinen Geschäftssitz von der rund 56 000 Lichtjahre entfernten Erde nach Eden verlegt hatte. Ihr Ziel: New Pittsburgh und Terence Wallis; es sollte ein explosives Interview mit dem Tycoon geben, ganz im Stil von DYNAMITE, der Sendung, für die das Team arbeitete.

»Wenn man bedenkt, daß dieser ganze Planet de facto nur drei Leuten gehört, kommt man ins Grübeln«, sagte Cassoni versonnen.

»Laß es sein«, riet ihm Fox brummig. Der Kameramann von Terra-Press kratzte sich eingehend die Kopfhaut unter dem schütter werdenden Haar. Peter Fox war ein massiger Mann, der einen übergewichtigen Eindruck machte, aber alles an ihm waren Muskeln. »Mit dem Grübeln hast du’s nicht so«, setzte er jetzt hinzu, und ein schwaches Grinsen spielte um seinen Mund.

Obwohl unterschiedlichen Alters und offenbar auch konträrer Meinungen, waren Fox und Cassoni dicke Freunde.

Willie Cassoni stieß ein Schnauben aus. Der Toningenieur hatte in etwa die Größe des Kameramannes, war im Gegensatz zu diesem aber dünn. Er hatte lockige schwarze Haare und ein schmales, aristokratisches Gesicht, das stets ein wenig spöttisch wirkte, so als wäre er etwas skeptisch, was die Welt im einzelnen und ihre Bewohner im besonderen anging. Er rümpfte die Nase, die ihm eindeutig von seinen römischen Ahnen vererbt worden war, und sagte über die Schulter gewandt zu der Frau hinter ihm: »Oder was meinen Sie, Heather? Finden Sie diese Oligarchie nicht auch merkwürdig?«

»Wo, um alles in der Welt, sehen Sie eine Oligarchie, Willie?« fragte Heather, schüttelte die goldblonden Haare und spähte aus der Kabinenverglasung auf die unter dem Jett hinweghuschende Landschaft, als könne sie dort Hinweise auf die von Willie Cassoni erwähnte Gesellschaftsform finden.

Sie fand natürlich keinen.

Alles was sie entdecken konnte, war die parkähnliche Natur Edens.

Glatt und glitzernd wie ein Spiegel erstreckte sich unter dem Jett ein See. An seinen Ufern standen dichte Wälder hochstämmiger Palmen.

In der Tat ein idyllischer, jungfräulicher Ort.

Viele sprachen von einem Paradies.

Es stellte sich nur die Frage, wer den Part der Schlange spielte.

Eden war im Juni 2058 von dem Prospektorenehepaar Jane und Art Hooker entdeckt und für Wallis Industries in Besitz genommen worden. Als Belohnung für ihre Entdeckung wurden beide Eigentümer von 2,5 Prozent der Oberfläche, die sie sich frei auswählen durften. Die restlichen 97,5 Prozent des Planeten beanspruchte Wallis Industries für sich. Bereits ein Jahr später verlegte Terence Wallis nach Querelen mit der terranischen Regierung sein Hauptwerk von Pittsburgh nach Eden und gründete dort nach langen und zähen Verhandlungen mit Terra seinen eigenen Staat. Über eine Transmitterstraße zwischen Eden und Terra, die von Wallis in einem beispiellosen Kraftakt und mit großem finanziellen Aufwand gebaut worden war, waren seitdem fast eine Million Menschen nach Eden umgesiedelt.

Heather schüttelte erneut den Kopf.

»Nein, Willie«, ereiferte sie sich, »von einer Oligarchie kann ich beim besten Willen nichts entdecken.«

Cassoni zeigte sich erstaunt. »Was ist es dann, Ihrer Meinung nach?«

»Nichts anderes als eine Diktatur, wenn Sie mich schon fragen«, versetzte die Reporterin knapp und mit jener Bestimmtheit, die ihre Interviews zu ihrem Markenzeichen hatte werden lassen. »Die Diktatur des…«

»Proletariats?« unterbrach sie Fox und hob die Brauen.

Heather stieß einen unwilligen Laut aus.

»Des Mammons«, vollendete sie ihren Satz. »Unterbrechen Sie mich doch nicht immer, Peter.«

Heather Sheridan war 27 Jahre alt und bewegte sich mit federnder Geschmeidigkeit, wie es nur jemand fertigbringt, der seinem Körper das entsprechende Training abverlangt. Ihr schulterlanges Haar schimmerte golden wie Schwertlilien an einem Sommertag. Dunkelblaue Augen blickten aus einem schmalen, aparten Gesicht mit hohen Wangenknochen. Durch die gebräunte Haut wirkte sie, als triebe sie sich ständig in der freien Natur herum.

Nach dem Universitätsabschluß in Medienwissenschaften hatte sie ein zweijähriges Volontariat in den Holovisionsstudios von Terra-Press begonnen, um sich danach mit dem dabei verdienten Geld ihrer Dissertation zu widmen. Bereits während ihrer Studentenzeit hatte sie fotografiert, geschrieben und intensiv in der Presseabteilung ihrer Universität mitgearbeitet. Was lag näher, als auf diesem Weg weiterzumachen? Sie arbeitete hart, schleppte Kabel in den Studios, versorgte Redakteure und Nachrichtensprecher mit Kaffee, betätigte sich als Kameraassistentin, vertrat erkrankte Mitarbeiter und sprang auch schon mal ein, wenn gerade mal keine Reporterin für den Außendienst greifbar war. Schnell machte sie sich einen Namen, und ehe sie sich versah, bot man ihr einen unbefristeten Job als Redakteurin bei einer Magazinsendung an (von denen Terra-Press eine Vielzahl ausstrahlte), die den reißerischen Titel DYNAMITE trug und in London produziert wurde. Eine einmalige Gelegenheit für eine junge, von Sendungsbewußtsein erfüllte junge Frau, sehr schnell sehr viel Geld zu verdienen.

DYNAMITE erschien jede Woche einmal auf sämtlichen Holokanälen des Terra-Press-Konzerns und erreichte zirka zwanzig Millionen Zuschauer. Das war wenig angesichts der Höhe der Erdbevölkerung; die Macher von DYNAMITE waren sogar der Meinung, daß diese Zahl verschwindend gering war angesichts des ungeheuren Potentials an neuen Konsumenten, das in den terranischen Kolonien steckte. Was lag näher, als die Produktion nach »draußen« zu verlegen, um näher am »Puls der Zeit« zu sein, wie es die Abteilungsleiter formulierten.

»Draußen« hieß in diesem konkreten Fall Eden, denn nach dorthin verlegte die größte Nachrichtenagentur des Sol-Systems ihren Geschäftssitz. Lediglich die Redaktionszentrale verblieb in Alamo Gordo – und Bert Stranger, der als Chefredakteur die Geschicke dieses hydraköpfigen Nachrichten- und Unterhaltungsmolochs leitete.

Auch DYNAMITE wurde kurzerhand vom Hauptressortleiter nach Eden verlegt, und mit der Verlagerung der Produktion das gesamte Team.

Heather Sheridan hatte den abrupten Wechsel noch immer nicht ganz verdaut, und sie dachte mit einem gewissen Zorn an jene Tage und Wochen zurück, als sie der Abteilungsleiter dazu abkommandierte, ihre Redaktion auf einem Planeten zu etablieren, der in einem Kugelsternhaufen im Haar der Berenike lag. Daran änderten auch die nochmals erhöhten Bezüge nichts, die sie insgeheim nur als »Schmerzensgeld« für das Verlassen der Erde empfand.

»Oho«, ließ sich Fox vernehmen, »schweres Geschütz, junge Dame.«

Der Kameramann war in einem Alter, das ihm erlaubte, von Heather Sheridan als junger Dame zu sprechen, ohne befürchten zu müssen, ihren Zorn herauszufordern. Sie konnte fuchsteufelswild werden, wenn sie merkte, daß ihr jemand gönnerhaft kam. »Sind Sie nicht ein wenig übers Ziel hinausgeschossen?« schloß er.

Sie wandte sich ihm zu, sah ihn ruhig an. »Peter, wie lange arbeiten wir schon zusammen?«

Der Kameramann hob die breiten Schultern, schwieg aber auf die Frage.

Sie wartete noch ein paar Sekunden, ehe sie fortfuhr: »Offenbar nicht lange genug, sonst wüßten Sie, daß besser niemand in meiner Nähe sein sollte, wenn ich wirklich mal übers Ziel hinausschieße.«

Während der Kameramann den Eindruck zu vermitteln suchte, als wäre er soeben der Weißen Frau von Castle Skull begegnet, grinste Cassoni offen. »Ich habe dich gewarnt«, sagte er zu Fox, ohne näher zu erläutern, wovor genau er Peter Fox gewarnt hatte. »Sie ist nicht auf den Mund gefallen, unsere Chefin.«

Heather sagte ohne Betonung: »Leute, redet in meiner Anwesenheit nicht immer so, als wäre ich nicht anwesend. Ich kaNN das nicht leiden.«

Ein Außenstehender hätte wohl mit einigem Recht vermuten können, zwischen den drei herrsche eine gespannte Atmosphäre. Die Annahme war so falsch wie sonst was und nichts weiter als eine Art Ritual, das sich während der Arbeit eingebürgert hatte, als sie erkannten, wie nützlich es mitunter gegenüber den anderen Teams sein konnte.

Tatsächlich hatte sich Heather Sheridan mit den beiden Männern fast auf Anhieb angefreundet, nachdem sie ihr zugeteilt worden waren.

»Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, Edens Verfassung als demokratisch anzusehen«, nahm die junge Reporterin den Faden wieder auf. »Offen gesagt finde ich die augenblicklichen Verhältnisse sogar zum Kotzen«, gestand sie unverblümt. »Für mich ist dieser Terence Wallis nichts weiter als ein Diktator, das läßt sich schon daran festmachen, daß er keine politischen Parteien zuläßt, die aber nun einmal die Grundpfeiler einer demokratischen Ordnung darstellen.«

Worauf sich Heather Sheridan bezog, war, daß die politische Macht ausschließlich in den Händen der Bürger Edens lag. Bürger von Eden konnte aber laut Verfassung nur der werden, der über Grundbesitz verfügte.

Was darauf hinauslief, daß nur Terence Wallis und die Hookers über Bürgerrechte verfügten und somit de facto die legislative und administrative Gewalt auf Eden ausübten.

»Sie sehen das aus einer falschen Perspektive«, warf Cassoni ein. Peter Fox ergänzte: »Eden ist kein Staat im herkömmlichen Sinne, sondern ein Mega-Konzern, in dem politische Parteien nichts zu suchen haben. Sie wären im Gegenteil sogar schädlich. Dennoch existiert eine freiheitliche Grundordnung nach den Prinzipien alter preußischer Tugenden.«

»Friedrich der Große läßt grüßen«, unterbrach ihn Heather Sheridan. »Danke.«

Ungerührt fuhr der Kameramann fort: »Wallis hat dafür gesorgt, daß es allgemeinverbindliche Gesetze und unabhängige Gerichte gibt, denen auch er sich strikt unterwirft, also ist von diktatorischen Ambitionen weit und breit nichts zu sehen.«

»Wer mit den Gegebenheiten hier nicht zufrieden ist, hat ja jederzeit die Möglichkeit, Eden zu verlassen«, ließ Cassoni wissen, »um sein Glück anderswo zu versuchen.«

Heather schaute nachdenklich. »So wie ihr beiden mir Eden schmackhaft zu machen versucht, scheint es sich ja wirklich um ein Paradies zu handeln. Nicht doch ein klitzekleiner Kratzer auf dem Hochglanzfoto?«

Peter Fox grinste. »Schauen Sie sich um. Auf dem ganzen Planeten gibt es keine oberirdischen Industrieanlagen, die irgendwelche Gifte in die Umwelt ableiten könnten. Es existieren weder Chemieabfälle noch radioaktiver Müll. Die Lebensqualität ist ungleich höher als auf der Erde, keinerlei Abgase verpesten die Luft. Die Urbanisierung erstreckt sich auf eine lockere Bebauung durch Städte, die mehr ausgedehnten Villenvororten gleichen, was durch den schloßähnlichen Baustil noch unterstrichen wird. Jeder Schwerlastverkehr ist bis auf wenige Ausnahmen in den Untergrund verbannt, um den parkähnlichen Charakter von Edens Oberfläche nicht zu zerstören. Die klimatischen Bedingungen sind einfach perfekt.«

»Wir werden sehen«, versetzte Heather Sheridan. »Wo viel Licht ist, existiert erfahrungsgemäß auch tiefer Schatten. Allerdings gebe ich Ihnen in einem recht, Peter. Das Wetter ist auf Eden entschieden besser als in London.« Sie schwieg, während die Männer verständnisvoll grinsten. »Wie lange noch?« gab sie dem Gespräch eine andere Wendung.

»Wir werden New Pittsburgh jeden Moment zu Gesicht bekommen«, versicherte der Toningenieur nach einem Blick auf das in die Steuerung integrierte Chrono.

Stumm nahm Heather seine Worte zur Kenntnis.

»Da ist es!« sagte Willie Cassoni etwas später und deutete durch die Kabinenverglasung nach vorn.

Heather hob den Blick in Fahrtrichtung und runzelte leicht die Stirn. Fox’ etwas euphorische Behauptung, es existiere auf Eden keine oberirdische Industrie, entsprach nicht ganz der Wahrheit, wie sie nun einschränkend erkennen mußte. Direkt voraus erhoben sich die riesigen Anlagen von New Pittsburgh, des Stammsitzes von Wallis Industries, wie ein Krebsgeschwür aus der idyllischen Natur des Planeten.

»Mein Gott«, entfloh es Heathers Lippen, »was für ein häßlicher Moloch! Ich verstehe nicht…« Sie verstummte.

»Warum Wallis sein Stammwerk nicht auch unter die Oberfläche verbannt hat?« spann Fox ihren Gedankengang weiter. »Vielleicht aus Sentimentalität oder als Mahnmal für spätere Generationen. Wer kann schon in einen Menschen hineinsehen? Möglich, daß Sie es bei Ihrem Interview herausfinden. Vielleicht ist er Ihnen gegenüber aufgeschlossener. Wie es heißt, hat er eine Schwäche für Frauen. Und wenn sie dann noch so gut aussehen wie Sie, Heather – wer weiß.«

»Danke für das Kompliment!« Heather lächelte unverbindlich. »Aber dieser Fragenkomplex steht nicht auf meiner Liste.«

Für den Rest der Strecke verfiel sie in Schweigen und ließ New Pittsburgh auf sich wirken.

Auf Terence Wallis’ Firmengelände, das schätzungsweise achtzig Quadratkilometer umfaßte, erstreckten sich unzählige Gebäude- und Hallenkomplexe, die in keinem erkennbaren Muster angeordnet waren. New Pittsburgh war zweifelsohne das ausgedehnteste und häßlichste Industriekonglomerat der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts, das Heather Sheridan je zu Gesicht bekommen hatte.

So langsam wurde sie nun doch neugierig auf den Mann, der die Geschicke dieses Wirtschaftsimperiums in seinen Händen hielt und den sie nur vom Hörensagen sowie durch Berichte aus den Archiven von Terra-Press kannte.

*

Entgegen Heathers Erwartungen reflektierte das Verwaltungsgebäude auf dem Werksgelände wenig von der unermeßlichen Wirtschaftsmacht, die Wallis Industries in der Galaxis repräsentierte. Es war nicht höher als gerade mal drei Stockwerke und ging zwischen den ausgedehnten Labortrakts, den Hangars und Werkshallen, den Energieversorgungsanlagen und Fertigungsstraßen regelrecht unter.

Willie Cassoni brachte den Jett auf dem ihnen zugewiesenen Landeplatz vor dem Eingang des Firmensitzes auf den Boden herab.

»Heather Sheridan«, ließ die Reporterin den Werkschutzmann hinter seinem Empfangspult wissen. »Von Terra-Press. Mein Büro hat unser Kommen avisiert. Wir werden erwartet.«

Der Uniformierte nickte und drückte ein paar Knöpfe.

»Gedulden Sie sich einen Augenblick, Sie werden abgeholt«, verkündete er.

»Wie schön«, grummelte Cassoni. »Wir könnten uns ja verirren.«

Seine Laune besserte sich, als sie von einer ausnehmend hübschen Assistentin in den dritten Stock gebracht wurden, die seinen Signalen nicht ganz abgeneigt schien.

Die Assistentin führte das Team von DYNAMITE durch eine Reihe heller Glaskastenbüros, in denen die Angestellten der Firmenzentrale ihrem Broterwerb nachgingen, in die Tiefe des Raumes und hielt vor einer Doppeltür. Sie wandte etwas den Kopf und sagte: »Mister Wallis!«

Die Stimme hatte einen sonoren Klang und kam aus einem Akustikfeld links von ihr. »Ja, Cenda?«

»Das Team von Terra-Press.«

»Ich lasse bitten.«

Cenda führte sie durch eine Tür, sagte: »Mister Wallis – Miß Sheridan und Anhang«, und zog sich zurück.

Terence Wallis erhob sich aus seinem bequemen Bürosessel, ging um den Schreibtisch herum auf das Team zu. Wallis war groß, von sportlicher Statur und hatte langes, schon etwas schütteres Haar, das er zu einem Pferdeschwanz gebunden trug, was ihm einen Anstrich von Verwegenheit gab.

»Miß Sheridan?«

»Die nämliche«, bekannte Heather, während sie mit einem Blick die schlichte Nüchternheit des großen Raumes registrierte. Ein nicht Eingeweihter hätte niemals vermutet, sich in der Zentrale von Wallis Industries zu befinden. Die Einrichtung war streng und ausschließlich funktionell. Lediglich an der Wand über der Sitzgruppe hing ein gutes Dutzend Holographien mit verschiedenen Planetenlandschaften, auf denen Raumschiffe der Wallis Star Mining den Vordergrund dominierten: Prospektorenschiffe, die diese Welten kartiert hatten. Dann konzentrierte sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf Wallis, der jetzt vor ihr stehenblieb und sie um gut zwanzig Zentimeter überragte. Sie mußte den Kopf in den Nacken legen, um zu ihm aufzuschauen. »Ich komme von Terra-Press«, fügte sie hinzu, »und bin verantwortlich für eine Reihe von Sendungen über herausragende Persönlichkeiten des 21. Jahrhunderts.«

»Richtig, das Interview mit DYNAMITE. Ihr Büro hat mich deswegen kontaktiert. Willkommen bei Wallis Industries Eden, Miß Sheridan! Meine Herren!« Er nickte Fox und Willie Cassoni zu, richtete seine Aufmerksamkeit jedoch sofort wieder auf die Reporterin. »Ich weiß um Ihre Profession, sehe sogar hin und wieder Ihre Sendung, Miß Sheridan. Doch, doch«, sagte er, als ein spöttischer Zug um ihre Lippen erschien, um dann seine Behauptung zu relativieren: »Wann immer ich Zeit dazu habe, natürlich.«

»Natürlich«, versetzte Heather. »Zeit ist ja bekanntlich Geld, oder so.«

Der Multimilliardär musterte sie mit einem undefinierbaren Ausdruck im Gesicht; er schien unschlüssig darüber zu sein, wie er die Bemerkung der Reporterin auffassen sollte.

Er räusperte sich. »Aber setzen wir uns doch.«

Heather und ihre Begleiter setzten sich brav auf die Couch, während es sich Wallis ihnen gegenüber bequem machte.

»Wo bleiben nur meine Manieren«, sagte er plötzlich, breitete seine Hände in einer um Verzeihung bittenden Geste aus und blickte in die Runde. »Darf ich ihnen etwas zu trinken anbieten?«

»Dagegen wäre nichts einzuwenden«, übernahm Peter Fox als der älteste am Tisch die Initiative.

Ein Fingerschnippen von Wallis rief einen mechanischen Diener auf den Plan; beflissen hantierte der Roboter mit Flaschen und Gläsern und servierte jedem, was der sich bestellte.

»Noch einmal willkommen«, sagte Wallis und hob sein Glas.

»Auf die Wahrheit! Alter Journalistentrinkspruch«, sagte Heather unverbindlich lächelnd, während sie ihn über den Rand ihres Glases hinweg musterte.

Die Hologramme, die Heather von Wallis gesehen hatte – persönlich war sie ihm nie begegnet –, hatten nicht gelogen: Der Mann sah wirklich gut aus, großgewachsen, schlank und sportlich. Während seines Studiums hatte er in der Schulmannschaft Basketball gespielt. Heute, das wußte Heather Sheridan von ihren Recherchen, bevorzugte Wallis Golf. Mit seinen knapp fünfzig Jahren war er nachweislich der reichste Mann des 21. Jahrhunderts, kleidete sich gern mit vornehmer Eleganz, erlaubte sich aber häufig genug als sichtbaren Beweis seiner vorhandenen Nonkonformität den herrschenden gesellschaftlichen Regeln oder Zwängen gegenüber, ausnehmend farbenfrohe Westen zu tragen. Wo immer er sich in der Öffentlichkeit zeigte, Wallis war stets von der Aura des Erfolgreichen umgeben – und von schönen Frauen.

An diesem Punkt ihrer Überlegungen angekommen, rief sich Heather Sheridan zur Ordnung. Allerdings mit einem winzigen Bedauern, das sie tief in sich fühlte. Wider Willen mußte sie sich eingestehen, daß sie Wallis charmant und vor allem attraktiv fand, aber sie würde den Teufel tun und ihn das spüren lassen.

Wallis stellte das Glas ab.

»Wissen Sie«, sagte er, »daß Sie zu den privilegierten Menschen auf diesem Planeten gehören?«

Sie zeigte sich verhalten interessiert. »Ach ja? Wie das?«

»Normalerweise gebe ich keine Interviews dieser Art mehr«, bekannte Terence Wallis. »Ich habe die Erfahrung gemacht, daß sie reine Zeitverschwendung sind. Zumal das Ergebnis in den meisten Fällen von den Erwartungen des Interviewten abweicht.«

»Und weshalb dann die Ausnahme für DYNAMITE?«

»Aus mehreren Gründen. Einmal Ihr Ruf in der Branche. Sie gelten als unbestechlich und stets der Wahrheit verpflichtet. Außerdem haben mich einige Ihrer Beiträge neugierig gemacht.« Seine Augen in dem gebräunten Gesicht musterten sie mit sichtlichem Interesse.

Neugierig worauf? dachte sie. Wirklich auf meine Arbeit oder mehr auf mich? Sie nahm sich vor, Vorsicht walten zu lassen.

»Ist das so, oder wollen Sie mir nur schmeicheln?«

»Seien Sie versichert, Verehrteste, daß ich es nicht nötig habe, jemandem zu schmeicheln.«

Für einen Moment kam der über dem gemeinen Volk stehende, unermeßlich reiche Wirtschaftsmagnat durch. Dann lag wieder das verbindliche Lächeln um seinen Mund, das allerdings nicht bis zu den Augen reichte, wie Heather registrierte. Er sagte: »Testen wir doch gleich einmal, ob Sie Ihre Hausaufgaben gemacht haben, Miß Sheridan, oder darf ich Heather sagen?«

Sie nickte.

»Also, Heather, was wissen Sie über Terence Wallis?«

Heather Sheridan zählte auf: »Er ist Amerikaner, geboren am 6. Dezember 2012. Industrieller, reichster Mann der Erde. Er hat sein Vermögen durch geschickte Investitionen und Firmenkäufe gemacht. Man bezeichnet ihn allgemein als einen Mann großer Visionen mit einem Hang zu praktischen Lösungen. Großer Bewunderer Ren Dharks. Man sagt ihm nach, daß er ehrlich bis ins Mark sei, obwohl er mitunter auch sehr undurchsichtig erscheint. Geht unkonventionelle Wege, weil er von der klassischen Politik und ihrem Beziehungsgeflecht nichts hält. Seine größte Begabung liegt darin, die Begabungen anderer Menschen zu erkennen und jeden dementsprechend einzusetzen. Habe ich etwas vergessen?«

Wallis räusperte sich.

»Sie hätten vielleicht noch hinzufügen können, daß dieser Mann ein Gourmet ist und viel übrig hat für gutes Essen und schottischen Whisky. Aber ansonsten ist es genau das Bild, das die Öffentlichkeit von mir hat.«

»Und das so nicht stimmt?«

Heather beugte sich interessiert vor, während sie aus den Augenwinkeln sah, wie Willie Cassoni seinen Ton überprüfte; Peter Fox hatte längst seine Aufnahmeeinheit mit der Schläfenkamera übergestreift und nahm abwechselnd Wallis und Sheridan in den Fokus des vor dem linken Augen heruntergeklappten winzigen Schirmes.

Wallis, dem das nicht entgangen war, fragte: »Ist das jetzt schon Teil des Interviews?«

»Wenn Sie so wollen, ja.«

Er zuckte die Achseln.

»Na gut, habe nichts dagegen. Ich bekomme sowieso den Zusammenschnitt des Interviews, bevor der Beitrag auf Sendung geht.«

Da wäre ich mir nicht so sicher, dachte Heather und sagte laut: »Es ist eigentlich nicht üblich. Aber ich vermute mal, daß mein Chef…«

»Gabriel Tarrant«, unterbrach sie Wallis. »Ich mußte gerade lebhaft an ihn denken. Guter Mann. Ich spiele ab und an mit ihm Golf. Sein Handikap ist besser als das meine. Aber ich habe Sie unterbrochen, fahren Sie doch bitte fort!«

»Daß mein Chef bei Ihnen eine Ausnahme macht«, nahm sie den Faden wieder auf. Ihr Tonfall klang eine winzige Spur resigniert. Innerlich verhärtete sie sich. Die Veränderung in Wallis’ Verhalten gefiel ihr nicht. Sie beschloß, noch vorsichtiger zu sein und jedes ihrer Worte einer Prüfung zu unterziehen, ehe sie es ihm gegenüber aussprach.

Wallis tat so, als würde er nicht bemerken, was in der jungen Reporterin vorging.

Heather stellte das Glas zurück und wandte sich an Wallis. »Sie sprachen vorhin von mehreren Gründen, weshalb Sie diesem Interview zustimmten. Welche anderen sind das, außer daß Sie Ihr Bild in der Öffentlichkeit zurechtrücken möchten?«

»Dazu wollte ich gerade kommen«, bekannte Wallis und lächelte offen.

»Schießen Sie los, Mister Wallis. Ich höre.«

»In aller Kürze: Ich habe mich dazu entschlossen, Ihnen eine sensationelle Story zu liefern. Ich habe bisher so gut wie nichts über mein Privatleben in die Medien dringen lassen. Dies möchte ich jetzt ändern und Ihnen Einblicke in meine Privatsphäre gewähren.« Er sagte es so ruhig, als sei es das natürlichste der Welt.

Heather schaute Wallis an. Sie wirkte überrascht, dann sagte sie: »Es wäre eine wirkliche Sensation, insofern gebe ich Ihnen recht, Mister Wallis. DYNAMITE bietet seinen Zuschauern exklusiv eine Insiderstory über den größten Industriellen und begehrtesten Junggesellen der Galaxis, wow! Das schlüge ein wie eine Bombe, aber…«

»Aber was?« Verwundert fixierte Wallis die Reporterin. »Sie sehen nicht gerade überwältigt aus.«

»Allein mir fehlt der Glaube, daß Sie es ernst meinen«, sagte sie in aller Offenheit und blickte zweifelnd.

Wallis glaubte, sich verhört zu haben. Das mußte er erst einmal verdauen. Er holte tief Luft. »Und weshalb nicht?«

»Wäre es an dem, wie Sie sagten, hätten Sie uns in Ihr Privathaus gebeten und nicht hierher.«

Wallis blickte zunächst verblüfft, dann begann er zu lachen. »Weibliche Logik, ich vergaß. Na gut. Damit Sie sehen, daß ich es ernst meine, lassen Sie sich von mir entführen.«

*

Ein luxuriöser Bodenschweber, von Wallis persönlich gesteuert, brachte das Team von DYNAMITE zu einem Ziel, dem Heather mit einiger Spannung entgegensah.

»Wie ist Ihr Eindruck von Eden?« erkundigte sich Wallis während der Fahrt und deutete mit dem Kopf nach draußen.

»Meinen Sie Eden als Planet oder als Institution?« stellte sie die Gegenfrage.

Er lachte verhalten. »Gehört nicht beides zusammen?«

Sie überlegte einen Moment, während sie an einer Fertigungshalle vorbeizogen, die kein Ende zu nehmen schien.

»Hatten Sie eigentlich große Schwierigkeiten, Ihr Imperium hier zu etablieren?« wechselte sie scheinbar das Thema.

Wallis runzelte kurz die Stirn. Dann sagte er: »Am Anfang lief’s zäh, das gebe ich zu. Aber als wir wußten, wie wir’s anzupacken hatten, ging es rasch voran. Und jetzt läuft es fast von allein. Aber Sie haben meine Frage nicht beantwortet!«

»Ein Jammer«, stellte sie fest, nachdem sie einen Moment lang nachdenklich nach draußen geblickt hatte.

Verwundert blickte er sie von der Seite an. »Wie bitte?«

»Daß Eden vermutlich in absehbarer Zukunft ebenso übervölkert sein wird und mit den gleichen Problemen zu kämpfen hat wie Terra.«

»Das glaube ich jetzt weniger«, versetzte Wallis.

»Wie wollen Sie das verhindern?« ereiferte sich die junge, von Sendungsbewußtsein erfüllte Reporterin. »Wenn man sich vor Augen hält, daß Eden seit seiner Entdeckung im Jahre 2058, also vor fast exakt vier Jahren, bereits jetzt schon eine Bevölkerungszahl von fast einer Million Seelen aufweist, läßt sich an fünf Fingern abzählen, wann die Welt aus allen Nähten platzt.«

Wallis blieb unverändert freundlich.

»Das wird nicht geschehen«, sagte er und wich ein paar wild hupenden Tiefbett-Schwebeplattformen aus. »Ich werde nicht mehr als maximal 300 Millionen Menschen auf diesen Planeten lassen, um den paradiesischen Charakter mein… dieser Welt zu erhalten.«

»Ein großer Anspruch«, sagte Heather mit einem schmalen Lächeln; ihr war die Freudsche Fehlleistung des Mega-Industriellen nicht entgangen.

Nachdem sie einen weiten Platz überquert hatten, endete die Fahrt vor einem glasverspiegelten Gebäudekomplex.

»Wer arbeitet hier?« fragte Heather und bedeutete Peter Fox, ein paar Schnappschüsse von der Anlage zu machen.

»Das Gehirn von Wallis Industries«, kam die Antwort von Terence Wallis.

Heathers Brauen wölbten sich fragend. »Ja?«

»Was Sie vor sich sehen, sind die Laboratorien der Gruppe Saam.«

»Oh, Ihr norwegisches Genie.«

Wallis nickte zustimmend. Etwas schien ihn zu amüsieren. »Aber gehen wir doch hinein!«

Er übernahm die Führung.

Der Gebäudekomplex wirkte verlassen.

Stille hing in den Korridoren und schien sich zu langweilen.

Ihre Schritte verursachten klappernde Geräusche auf dem glänzenden Fußboden.

Heather rief sich ins Gedächtnis, was sie über Robert Saam, den Leiter der Wallis-Forschungsgruppe, wußte. Saam war Norweger. Jahrgang 2032. Während der Giant-Invasion hatte er sich als Immuner ohne jeglichen Kontakt zu anderen Menschen im Keller der Universitätsbibliothek von Uppsala versteckt und die ganzen endlos langen drei Jahre nur mit Lernen verbracht, um in seiner Isoliertheit nicht wahnsinnig zu werden. Er hatte sich dabei mehr Wissen angeeignet als die meisten Menschen. Nach dem Verschwinden der Giants kehrte er an die Universität zurück – als ein Genie, das allen anderen Kommilitonen weit voraus war. Seine Prüfungen machte er so en passant, während er bereits in die unterschiedlichsten Forschungen vertieft war. Wie niemand sonst repräsentierte er die neue, junge Generation von technischen Genies, die direkt aus den Hörsälen der Universitäten in die Industrie vermittelt werden konnten. Terence Wallis’ Talentsucher hatten ihn für das größte Industriekonglomerat der Erde verpflichtet, sobald sie seiner habhaft wurden. Seitdem war Saam der Motor für alle bahnbrechenden Erfindungen und technischen Innovationen sowie Leiter des Entwicklungsstabes von Wallis Industries – und damit einer der wichtigsten Köpfe im Imperium des milliardenschweren Unternehmers. Saam galt als genial mit einem leicht gestörten Verhältnis zur Wirklichkeit – wie alle Genies…

Heathers Gedankengänge erfuhren eine Unterbrechung. Sie schüttelte den Kopf und glaubte zu träumen. War da nicht ein Kinderlachen irgendwo in der Tiefe des Gebäudes zu hören gewesen? Quatsch, rief sie sich in Gedanken zur Ordnung. Nichts als Halluzinationen eines überarbeiteten Gehirns. Ihre Freundin Maeve würde jetzt wahrscheinlich spöttisch darauf hinweisen, daß sie lediglich in ein gewisses Alter gekommen sei, in dem derartige Wünsche schon mal an die Oberfläche kommen konnten. Maeve mit ihrem Psychoquatsch!

Doch halt! Da war es wieder! Eindeutig Kinderlachen!

»Sagen Sie«, wandte sie sich an Wallis, der sie amüsiert von oben herab ansah, seine Schritte jedoch nicht verlangsamte, »kann es sein, daß…« Sie verstummte; es erschien ihr nun doch zu blöd.

»Ja?«

»Es ist nichts«, wehrte sie ab. »Ich habe vermutlich nur Probleme mit meinem Gehör.«

Jetzt lachte er offen. »Nein, nein. Sie haben schon richtig gehört.«

»Was?« Heather blickte ihn von der Seite an, wartete aber vergeblich auf eine Erklärung.

»Kommen Sie«, sagte Wallis lediglich.

Inzwischen hatten sie das Ende des breiten Korridors erreicht, vor ihnen versperrten zwei Schwingtüren den Weg. Wallis stieß sie schwungvoll auf.

Die Flügeltüren klappten hinter ihnen zu, nachdem sie eingetreten waren.

Und Heather sah mit großen Augen auf das Bild, das sich ihren Blicken darbot.

2.

»… kommt aber gar nicht in die Tüte!«

Ich blieb stehen, sehr zu Avatars Überraschung, wie mir nicht entging. Zwar besaß der menschengroße goldene Roboter, der auf der Basis einer Gedankensteuerung kommunizierte, kein Gesicht, in dem sich eine Regung ablesen ließ, doch sein verwunderter Impuls sprach eine deutliche Sprache. Er hatte erwartet, daß ich aus Sorge um meine eigene Sicherheit das dunkelgoldene Quadrat betreten und verschwinden würde.

Warum bringst du dich nicht in Sicherheit? Du weißt, daß es keine andere Rettung für dich gibt. Ob nun mit dir oder ohne dich, deine Begleiter werden verhungern oder verdursten.

Ich verstand ihn gut. Anscheinend gab es keinen Ausgang aus dieser sogenannten goldenen Hölle, die Avatar nur als das »Hier« bezeichnete.

»Trotzdem lasse ich meine Kameraden nicht im Stich«, gab ich zurück. »Wir sind zusammen hergekommen, also gehen wir auch zusammen wieder.«

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