Das Labyrinth des Minotaurus - Richard Bletschacher - E-Book

Das Labyrinth des Minotaurus E-Book

Richard Bletschacher

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Beschreibung

Was haben die Etrusker, die Bildnisse von Albrecht Dürer und die Farbe Schwarz gemeinsam? Dass unendlich viel schon zu diesen Themen geforscht, gesagt und geschrieben wurde und dass sie doch so faszinierend wie unergründlich geblieben sind. Ähnlich ist es mit dem Labyrinth des Minotaurus, der Kunst des Zeichnens oder den entzückenden Kindergestalten der barocken Putten. Es sind die Rätsel und die Wunderbarkeiten der bildenden und bauenden Künste, denen sich Richard Bletschacher in diesem Essay-Band widmet. Hier schreibt ein Künstler und Kunstliebhaber ungemein kenntnisreich und ohne Furcht vor kühnen Thesen über die Mysterien der Kulturgeschichte.

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DAS LABYRINTHDES MINOTAUROS

RICHARD BLETSCHACHER

DAS LABYRINTH DES MINOTAUROS

Studien über die bauenden und bildenden Künste

Richard Bletschacher: Das Labyrinth des Minotauros.

Studien über die bauenden und bildenden Künste

Hollitzer Verlag, Wien, 2023

Coverbild: © Richard Bletschacher

Covergestaltung und Satz: Daniela Seiler

Hergestellt in der EU

Alle Rechte vorbehalten

© Hollitzer Verlag, 2023

www.hollitzer.at

ISBN Druckausgabe: 978-3-99094-165-2

ISBN ePub: 978-3-99094-166-9

DAS LABYRINTH

Eh ich beginne, muss ich eingestehen, dass zwar nicht alles, aber doch das meiste, was ich im Folgenden schreiben werde, nicht aus meinem Wissen stammt, sondern aus dem was vor mir, lange vor mir, schon viele andere niedergeschrieben haben. Und auch die haben aus uraltem Wissen geschöpft oder gegraben. Es gibt nicht vieles, das wir aus eigenem Ahnen oder Erkennen zu wissen meinen. Weitaus das meiste ist uns aus nicht immer erkannten Quellen und nicht immer auf erforschliche Weise zugetragen worden. Die alten Buchgelehrten haben es meist von anderen ihresgleichen durch Wort oder Schrift erfahren und bei den ältesten Berichten weiß niemand mehr, wer einst sie erlebt oder erfunden hat.

Ein jeder oder doch die meisten, die je mit den alten Mythen vertraut gemacht wurden, haben von dem Baumeister Daidalos gehört, den der alte König Minos von Kreta mit dem Bau eines Labyrinths betraut habe, um darin die Schande seiner Familie zu verbergen: den Sohn seiner lüsternen Gattin Pasiphae. Den habe diese, so heißt es, von einem Stier empfangen und im Palast geboren. Und er gleiche zu einem Teile einem Menschen und zum anderen einem Stier. Minotauros wird er von der Sage genannt. Das Labyrinth, dessen Eingang bekannt war, sollte in solcher Gestalt gebaut werden, dass einer, der es betreten habe, den Ausgang nicht mehr zu finden vermöchte. Dort hinein wurde, nachdem es vollendet war, der missgestaltete Sohn geführt und darin für immer den Augen der Welt verborgen gehalten. Um ihn dennoch nicht durch Hunger sterben zu lassen, wurden ihm von Zeit zu Zeit junge Menschen zugeführt, die er töten und verschlingen mochte, da sie ihm nicht entfliehen konnten.

Da sich die Untertanen des kretischen Königs bald über das Verschwinden ihrer jungen Leute empörten, entschloss sich der König, die nachbarlichen Mykener zu zwingen, ihm als Tribut ihrer Unterwerfung alle zehn Jahre zehn Jungfrauen und zehn junge Männer zu übergeben, die nun allesamt dem Minotauros zugeführt wurden zu einem Schicksal, von dem keiner je mehr erfuhr.

Als einst auch das Los die Athener traf, entschloss sich der Sohn des Aigeus, Theseus, die Schar der ausgewählten Opfer anzuführen und das Schiff nach Kreta zu besteigen, um dort im Dunkel des Labyrinths mit dem Schwert gegen den Minotauros zu kämpfen und seine Stadt und mit ihr alle anderen tributpflichtigen griechischen Städte von der Plage und mit ihr zugleich von der tyrannischen Herrschaft des Minos zu befreien. In Knossos, dem Wohnsitz des Minos, angelangt erblickte die Tochter des Königs, Ariadne, Theseus und empfand Mitleid mit ihm, gab ihm einen Wollknäuel, den sie ihm riet, am Eingang des Labyrinths zu befestigen und auf seinem Gang in die unterirdische Tiefe aufzurollen, bis er auf ihren missgestalteten Halbbruder, den Minotauros, träfe und ihn mit dem Schwert im Kampfe besiegte. Danach sollten er und seine Gefährten, durch den Faden geleitet, wieder zum Eingang zurück und an das Licht des Tages finden. Dort wolle sie ihn erwarten, um mit ihm zu entfliehen. Theseus erschlug den Minotauros, befreite seine Gefährten, kehrte zurück und entfloh gemeinsam mit Ariadne auf seinem am Ufer zurückgelassenen Schiff.

Diese Erzählung ist der Gründungsmythos von Athen, denn es wird berichtet, dass, als Theseus siegreich heimgekehrt war, verabsäumt hatte, die dunklen Segel gegen weiße zu tauschen und dass sein Vater Aigeus, von der Spitze eines attischen Felsen dies für ein schlimmes Omen erkannte und sich hinab in die Fluten stürzte. Seinen Namen trägt seither das aigaiische Meer. Theseus aber, zum König erwählt, gilt als der Retter und Gründer der Stadt. Was unterwegs auf der Insel Naxos der mutigen Ariadne widerfuhr, ist eine schmerzensreiche und am Ende doch versöhnliche Geschichte, die hier nicht erzählt werden soll. Auch soll nicht berichtet werden, was weiter in Knossos geschah, als man was geschehen war entdeckte. Immerhin gehört es noch zu der Erzählung vom Labyrinth, dass sein Erbauer, vielleicht weil er den Zorn des alten Minos fürchtete, zwei Paare von kunstvollen Flügeln gestaltete, mit denen er gemeinsam mit seinem Sohn Ikaros sich in die Lüfte schwang und über das Meer hinfliegend entfloh. Der einst an goldenen Schätzen so reiche und ringsum im Meer so mächtige König Minos aber wurde nach seinem Tod im Hades zu einem der drei Richter der Toten bestellt, um so seine im eigenen Leben auf sich geladene Schuld mit der der nach ihm Gestorbenen zu vergleichen und zu bemessen.

Wo seither das unerforschte Labyrinth des Daidalos geblieben ist, weiß niemand mehr zu sagen. Man hat oft danach gesucht, zuletzt nach der Wiederentdeckung des verschütteten Palastes im vergangenen Jahrhundert. Zu Zeiten hat man gemeint, Spuren davon in dessen unterirdischen Gängen zu finden. Aber in Wahrheit ist es verschollen, zerstört oder hat nirgendwo anders bestanden als in den Sagen eines untergegangenen Volkes. Dort ist es besser aufbewahrt als in allem Wissen der Forscher. Denn nichts ist so gegen das Vergessen geschützt wie die uralten Mythen, die den Ahnungen und Hoffnungen der menschlichen Seele entstammen.

Mit dem Mythos von Daidalos und seinem Labyrinth hat die alte Erzählung nur einen ersten Namen erhalten, nicht aber einen Anfang genommen. Die Geheimnisse um die verborgenen Gänge im Innern der Erde reichen zurück bis jenseits allen geschichtlichen Wissens. Es gab sie, die geheimen Gänge in den ägyptischen Pyramiden und in den Gebirgen am Nil. Man hat im Lande der Maya unterirdische Gänge und Hallen gefunden, die von Menschen geschaffen wurden, von denen man heute nichts mehr weiß. Man hat Könige und Kaiser in Gebirgen wohnen lassen, um sie wieder hervortreten zu lassen, wenn die Zeit gekommen sein wird. Man hat Schätze verborgen und nach Schätzen gegraben in allen Ländern der Erde. Man hat heimliche Zeremonien gefeiert an Orten, die kein Licht je erreicht. Man hat die Unterwelt und die Hölle tief im Innern der Erde vermutet. So sehr wie man am Himmel nach Zeichen und Wegweisungen gesucht hat, so hat man sie auch unter den sichtbaren Oberflächen von Ländern und Meeren gesucht. Und die Seelenforschung sucht heute noch in einem Bereich, von dem unsere Hirne nichts wissen: im Labyrinth der Brust.

Was nun die Sage vom Labyrinth des Daidalos betrifft, so kann man mit Recht vermuten, dass sie auf der Insel Kreta, in Knossos ihren Schauplatz hat, jedoch nicht dort entstanden ist, sondern auf dem nördlich benachbarten Festland, das zu jener Zeit sich Hellas nannte. Man weiß, dass sich die hellenische Kultur, die heute als die mykenische nach ihrem berühmtesten Herrschaftssitz Mykene auf der Peloponnes bekannt ist, offenbar mit Waffengewalt gegen die Macht der minoischen zur Wehr setzte und die Oberhand für lange Zeit behielt. Kretische Kriegsbeute, die man in Gräbern in Mykene und Pylos gefunden hat, haben erst in jüngster Zeit diese These bestätigt.

Der alte Mythos hat aber nicht allein den Bau des Labyrinths zum Inhalt, sondern auch die Erzählung von einem Stier, der sich einer menschlichen Frau vermählte. Der Stier war fast im ganzen Vorderen Orient und in den Ländern um das Mittelmeer von alters her ein Symbol übermenschlicher Macht. Vom Apisstier sprechen die ägyptischen Hieroglyphen, vom Himmelsstier die Keilschrifttafeln der Sumerer und Babylonier. Zeus, der Herr des griechischen Olymp hat sich selbst in einen Stier verwandelt, um die phönikische Königstochter Europa zu entführen, und hat mit ihr auf Kreta eine Nachkommenschaft gezeugt, die sich heute nach dem Namen ihrer Mutter Europäer nennt. Im restaurierten Palast von Knossos kann man die Wandbilder von athletischen Stierspringern bewundern. Und um die Götter gnädig zu stimmen, wurden Stiere, oft hundert an der Zahl, geopfert. Weh kam über die Gefährten des Odysseus, die – vom Hunger getrieben – dem Sonnengott Helios geweihte Stiere schlachteten gegen des Odysseus Befehl. Der Stier war den Etruskern und den Iberern ein Objekt der Verehrung ob seiner männlichen Kraft. Man kann heute noch immer im Stierkampf, der Tauromachie, in Spanien und im südlichen Frankreich die Spur davon finden. Die geschmähte Pasiphae, die Weitblickende, wie ihr Name lautet, war wohl nicht die erste, die sich dem Stier unterwarf. Der Stier war das Wappentier und das Symbol des Südens der damals bekannten Welt, wie es im Norden der Hirsch und die Hirschkuh waren.

Um nach diesem kleinen, aber bedeutsamen Umweg zurück zum Labyrinth zu finden, sei nun berichtet von dem Fortdauern der Labyrinthe in späteren Zeiten und ferneren Ländern. Die Sage von den geheimen Gängen im Erdinneren und von den darin verborgenen Schrecknissen oder Schätzen ist zu keiner Zeit mehr verschwunden. Sie ist zu allen Zeiten und in allen Ländern immer wieder einmal ans Licht gekommen, oft ohne dass man erraten konnte woher. In den Jahrhunderten des erwachenden wissenschaftlichen Denkens hat man oft versucht, ein Gebilde ähnlich dem einst erbauten oder ersonnenen wieder erstehen zu lassen. Man hat phantasiereiche Nachbildungen zu erbauen gesucht, zuerst in Bauten, dann auch in Pflanzungen. Man hat Irrgänge unter der Erde gesucht oder Irrgärten in Parkanlagen errichtet. Man hat Versteckspiele oder geheime Versammlungen in ihnen abgehalten. Man hat ganze Städte mit geheimen Kellern und Gängen untergraben, so dass man etwa in der Stadt, in der ich dieses schreibe, in Wien, von einem Ende der einst ummauerten Inneren Stadt ans andere gelangen kann, ohne das Licht der Sonne zu sehen. Man sage nicht, dass dies überall nur geschah, um Wein oder Pulverfässer zu lagern. Man wühlte sich oft auch in die Erde, um endlich Geborgenheit zu finden oder um Dingen zu begegnen, von denen unsere Schulweisheit sich nichts träumen ließ. Und man hat endlich auch gefunden oder zu finden gemeint, dass die Natur dem Menschen mit ihren Geheimnissen sich nie ganz eröffnen will.

Ob all die Berichte, die in späteren Zeiten von Irrgängen im Inneren der Erde Nachricht geben, den einen Ursprung haben oder aus weit voneinander entfernten Quellen fließen, wer wüsste das zu sagen? Doch will ich einige davon nennen, denn unsere Literatur ist voll von ihnen. So etwa die Sage von dem im Inneren des Südtiroler Rosengartengebirges wohnenden König Laurin, der dort wunderbare Schätze gehortet haben soll. Oder die Sage des schottischen Sängers Thomas Rhymour, der von einer Elfenkönigin entführt wurde in ihr Land unter den Hügeln. Und die nordischen Sagen von den Höhlen der Trolle, zu denen Henrik Ibsen seinen von der eigenen Phantasie verfolgten Helden Peer Gynt hat reisen lassen. Von den Autoren, deren Namen uns bekannt sind, ist zunächst Dante Alighieri zu nennen, der von seinem großen Vorbild, dem Römer Vergil, in die finsteren Schächte der Unterwelt geleitet sein wollte. Dergleichen Schrecken, wie er dort schaute, hat der Sancho Pansa des Miguel Cervantes nicht erleben müssen, als er mit seinem Maultier in ein Erdloch gestürzt und in unterirdischen Gängen lange Tage fortritt, ehe er, von seinem Herrn Don Quijote freudig begrüßt, wieder an die Erdoberfläche kam.

Während ich dieses schreibe, erinnere ich mich, dass ich vor vielen Jahren selbst zwei Erzählungen verfasst habe, die von verworrenen Labyrinthen berichten.

So wie die Geschichte vom Labyrinth wohl aus vielen Quellen stammt und doch alle gemeinsam aus dem Heimweh unserer Seele nach dem Schoß unserer Erde, und so wie sie keinen erkennbaren Anfang hat, so wird sie wohl auch kein Ende je finden. Denn sie ist eine Geschichte vom ewigen Forschen des Menschen, das so wie es den hellen Himmel durchstreift und ihn mit Wundern und Zeichen belebt, auch nicht ablassen kann davon, sich in das Innerste der bewohnten Erde zu wenden.

DER BAU DER PYRAMIDEN DES ALTEN REICHES

Es gibt kaum eine Betrachtung in der Geschichte der Baukunst, die öfter und von so unterschiedlichen Seiten angestellt wurde, wie die Frage der Errichtung der ägyptischen Pyramiden. Dazu ist so Unterschiedliches und oft so wenig Kompetentes gesagt und geschrieben worden, dass ein Autor, der es ernst meint mit seiner Arbeit, sich doch eigentlich hüten sollte, sich in diesen kakophonischen Chor einzumischen. Nun habe ich allerdings, nun schon vor einigen Jahrzehnten, für mich selbst einige Überlegungen angestellt und nach längerem Zögern auch niedergeschrieben, die in manchem von den vorgetragenen Vermutungen und Behauptungen abweichen. Darum habe ich mich entschlossen, sie doch in diesen Band einzufügen, auch wenn sie wahrscheinlich, ebenso wie fast alles andere bisher Veröffentlichte, vor der wahren technischen Erfindungsgabe der alten Ägypter zurückbleiben müssen.

Ehe ich aber beginne, meine Gedanken zu diesem so umstrittenen Thema darzulegen, will ich bekennen, dass ich mich keineswegs unter die Ägyptologen oder Archäologen zählen möchte, auch wenn mich wie manchen anderen nachdenklichen Menschen diese beiden Gebiete der Forschung der Menschheitsgeschichte stets angezogen und zuweilen sogar längerhin gefesselt haben. Und so habe ich mich nebenbei auch immer wieder einmal in die darauf sich beziehende Sach- und Fachliteratur versenkt, ohne darum den Anspruch auf akademisch gegründetes Wissen zu erheben. Diese Wissenschaften, die sich den ältesten historischen Gegenständen widmen, sind selbst nicht ebenso alt. Mit den ersten Ausgrabungen von Pompeji und mit Napoleons Feldzug nach Ägypten hat alles erst begonnen und man hat sich nach den ersten zeichnerischen Messungen bald auch daran gemacht, die Schriften der Alten zu prüfen, um Nachrichten aus früherer Zeit über die alten Kulturen zu entdecken. Danach setzte man den Spaten an nicht nur im Tale des Nil, sondern auch im Zwischenstromland und in anderen Ländern. Vieles überaus Staunenswerte hat man seither entdeckt. Manches ist uns ein Rätsel geblieben. Einige der Fragen, die in weiteren Kreisen immer wieder aufgeworfen wurden, haben auch mich beschäftigt. Im Vertrauen darauf, dass die Zeiten vorüber sind, in denen einem, der die Lösung eines Rätsels verfehlte, der Kopf vor die Füße gelegt wurde, soll im Folgenden der Versuch einer Antwort unternommen werden von einem, der nicht viel mehr als ein wenig Menschenverstand und ebenso viel Phantasie für sich in Anspruch nehmen kann. Bauingenieure, Statiker, Religionsforscher, Ethnologen, Historiker und Astronomen mögen es sich gefallen lassen, einer Stimme aus dem Abseits vorurteilsfrei solange zuzuhören, bis sie Argumente zur Entkräftung seiner Hypothese formuliert haben. Im Vorhinein sei jedoch darauf verwiesen, dass religiöse Beweggründe für den gewaltigen Bau ebenso wenig wie davon nicht immer abzugrenzende astrologische Ausrichtungen Gegenstand der Untersuchung sein können. Es soll genug damit sein, das Augenscheinliche und Handgreifliche dieser ungeheuerlichen Unternehmung nachprüfbar darzulegen.

Begonnen sei mit der Behauptung, dass bisher die meisten Versuche einer Erklärung von einer Kenntnis von Technologien ausgegangen sind, die aus späteren Epochen stammen, und dennoch – oder gerade deswegen – zu keinem befriedigenden Ergebnis führten. Man suchte vor allen anderen die Frage zu beantworten, wie die riesigen Steinblöcke, die zum Bau der Jahrtausende überdauernden Werke dienten, in die Höhe gehievt und fugenlos an die ihnen zugedachten Orte gestellt werden konnten. Einige gingen dabei von der Überzeugung aus, dass sie zuerst senkrecht von unten nach oben gehoben oder gestemmt und danach seitlich verschoben worden sein mussten. Und man machte sich in der Folge Gedanken über die technischen Hilfsmittel, mit welchen diese Steine bewegt werden konnten, von denen die leichteren auf ein Gewicht von etwa 2,5Tonnen, die schwersten aber auf eines von 40Tonnen geschätzt werden. Damit scheiterten solche Überlegungen schon im Ansatz, da dergleichen Gewichte nur von Hebekränen und Seilen aus einem gehärteten Metall, vergleichbar unserem Stahl, gehoben werden können, einem Metall, das in einer Epoche, die wir in Mitteleuropa noch zur Steinzeit rechnen, auch in dem weit gegen die Bronzezeit fortgeschrittenen Ägypten nicht zur Verfügung stand. Auf die untauglichen Versuche der jüngst vergangenen Jahre, die im besten Falle zeigten, dass mit Kränen oder Wippen aus Holz und Stricken nur Steinblöcke von weit geringerem Gewicht und Umfang unversehrt auf eine Ebene von nur wenigen Metern befördert werden konnten, soll hier nicht eingegangen werden. Sie mögen für arrangierte Dokumentationen des Fernsehens recht unterhaltsam sein, können aber nichts weiter als die Hilflosigkeit der Televisionäre erweisen. Der zweite Versuch einer Antwort lautet, dass die Steinblöcke weder gehoben noch gestemmt wurden, sondern geschoben und gezogen. Aber einerseits konnte weder durch Schieben noch durch Ziehen eine Verfugung erreicht werden, die an manchen Stellen – nicht an allen – so eng ist, dass sie es keinem Grashalm erlaubt, sich zwischen die Ritzen zu drängen. Andererseits waren die Seitenwände der Quader nicht groß genug, um Zugriff für die vielen Hände, und die Standflächen auf den unteren Blöcken nicht breit genug, um Raum für die vielen Füße zu gewähren, die nötig gewesen wären, um menschliche Muskelkraft zur Verschiebung der Kuben einzusetzen. Die Steine konnten bestenfalls, wenn sie von allen Seiten frei zugänglich waren, mit Menschen- oder Tierkräften, mit Stricken und Rollen auf gleitender Fläche in sehr geringer Steigung aufwärts bewegt werden. Diese Bewegungsfreiheit aber war an dem ihnen bestimmten Standort in unmittelbarer Nachbarschaft anderer Quader nicht mehr gegeben. Die Steine konnten also am Ende ihres Weges nicht mehr geschoben oder gezogen werden. Wie aber wurden sie dann an ihre Stelle gebracht?

Die erste Überlegung zu dieser Frage führt zu der Behauptung, dass die Blöcke weder von unten noch von der Seite, sondern allein von oben auf den Millimeter genau an den richtigen Platz gefügt werden konnten. Von oben, das will heißen: Sie mussten von oben nach unten herabgesenkt und durften danach nicht weiter verschoben werden. Ein unwilliges Kopfschütteln ist hier zu erwarten. Und es klingt ja auch irritierend, wenn da einer in der Überzeugung auftritt, dass jedes Gewicht, um auf eine höhere Ebene gesenkt zu werden, erst noch um einiges höher gehoben werden muss, um danach zielgenau abgesenkt zu werden. Die Aufgabe scheint auf den ersten Blick durch eine solche Manipulation eher erschwert als erleichtert. Auf den zweiten Blick jedoch lässt sich erkennen, dass die fugenlose Einsetzung des Steinblockes auf diese – und nur auf diese Weise – ohne nachträgliche Rückungen erfolgen kann. Während ein auf dem Boden aufruhender Stein nur durch seitlich eingesetzte Riesenkräfte bewegt werden könnte, ist ein schwebender Stein mit dem kleinen Finger zu lenken. Die Schwerkraft war die stärkste der Kräfte, die beim Bau der Pyramiden eingesetzt werden konnten. Dazu musste sie jedoch zuerst überwunden werden. Wie also wurden die Steine an den höher gelegenen Ort gebracht, um sie abzusenken?

Man wird sich mit der Antwort darauf ein wenig gedulden und uns gestatten müssen, noch einmal zurück zu treten, um die Bedingungen des Landes und der Zeit darzulegen, unter welchen das Werk bewältigt wurde. Vorab ist dabei eine Überlegung anzustellen die Werkzeuge, die Baumaterialien und die Bewegungskräfte betreffend, die den Menschen dieser Epoche vor etwa viertausendsiebenhundert Jahren zur Verfügung standen. (Dass die Erbauung der Pyramiden gar vor sieben- oder mehr tausend Jahren geschehen sein soll, wie einige phantasievolle Theoretiker neuerdings vermuten, die sich mehr an astronomischen Kombinationen als an historischen Erkenntnissen orientieren, wollen wir beiseitelassen.) Die Epoche, mit der wir uns hier zu befassen haben, ist das so genannte Alte Reich der Ägypter, das von ungefähr 2880 bis 2220 währte und danach vermutlich durch einen Wandel des Klimas und nachfolgende Revolutionen in einer chaotischen Wirrnis und Zersplitterung endete, die man später als erste Zwischenzeit bezeichnet hat. Einzig in der Epoche des Alten Reiches wurden Pyramiden unterschiedlicher Form und Größe erbaut. Unser Augenmerk richtet sich jedoch nicht auf die älteren und wesentlich kleineren Stufenpyramiden und die Bauten des südlichen Sakkara, sondern allein auf die Werke der vierten Dynastie und hier vor allem auf die erste und größte der Pyramiden von Gizeh am Unterlauf des Nils, dem damaligen Zentrum des Reiches. Setzen wir nun aber einmal mit der klassischen Ägyptologie voraus, dass die älteste der drei Pyramiden von Gizeh, die des Cheops – auf ägyptisch nannte er sich Chufu – während der Jahre 2700 bis 2630 vor unserer Zeitrechnung gebaut wurde, so befinden wir uns noch in einer vorbronzezeitlichen Epoche. Die einzig vorhandenen metallenen Werkzeuge, Hämmer, Beile, Winkelmaße und Meißel, waren aus dem weicheren Kupfer geschmiedet. Daneben dienten den Erbauern Pflöcke und Balken aus Zedernholz, aus Pflanzenfasern gewundene Stricke und Seile sowie geschärfte und geschliffene Feuersteine als Hilfsmittel. Die gebräuchlichen Baumaterialien waren, wie auch heute noch vor Ort zu überprüfen ist, Steine, Sand und Wasser, die in großen Mengen verfügbar waren, und das teure Holz, das vor allem aus dem Libanon eingeführt werden musste. Die Kräfte, die zur Bewegung dieser Materialien eingesetzt werden konnten, waren zunächst einmal die zahlloser durch Befehl gedrungener oder durch Versprechungen gedungener Arbeiter, die, um den Göttern oder dem Pharao zu dienen, sich mit ihren Familien in großen, aus Nilschlammziegeln gemauerten Siedlungen niederließen und oft ihr ganzes Leben am Bau verbrachten. Denn die durchschnittliche Lebenserwartung eines ägyptischen Handwerkers oder Bauern zu jener Zeit wird auf nicht mehr als dreißig bis fünfunddreißig Jahre geschätzt, Pharaonen und Hofbeamte dagegen wurden oft sehr viel älter. Die Erbauer der Pyramiden waren freie Ägypter, nicht fremde Helfer oder unterworfene Kriegsgefangene.

Es ist in diesem Zusammenhang vielleicht von Interesse, die bereits in der Frühzeit dokumentierten Handwerksberufe anzuführen. Neben den Töpfern, Webern und Korbflechtern waren dies vor allem die Werkzeugmacher, Schmiede und Steinmetze. Alles, was mit der Nahrungsbeschaffung und -zubereitung verbunden war, wurde vermutlich im Verband der Familien oder Sippen geleistet. Während der vier Monate, etwa von Mitte Juni bis Anfang Oktober, in welchen der Nil das Tal überschwemmte, konnten die Bauern auf den Feldern nicht arbeiten. Um zu pflügen, zu sähen und zu pflanzen, mussten sie das Abfließen der Gewässer abwarten. Sie konnten also in dieser Zeit für die Arbeiten am Bau eingesetzt werden, zumal auch andererseits durch den hohen Wasserstand des Nil der Transport der Steine auf Booten oder Flößen erst ermöglicht wurde. Die angeworbenen Arbeiter, seien es nun Bauern, Flussschiffer oder Handwerker, wurden in Gruppen eingeteilt, die untereinander wetteiferten. Man schätzt, dass es sich dabei um fünf durch eigene Namen unterschiedene Gruppen zu jeweils etwa tausend Männern handelte. Offenbar scheint es gelungen zu sein, sie vom Sinn dessen, was sie taten, zu überzeugen. Die Sklaverei war während der Dynastien des Alten Reiches unbekannt. Erst etwa neunhundert Jahre später, in der 12. Dynastie unter Pharao Sesotris, begann man Kriegsgefangene als Arbeitskräfte beim Bau von Bewässerungskanälen einzusetzen. Aus den in den ausgegrabenen Siedlungen gefundenen Essensresten konnte man schließen, dass die Ernährung der Arbeiter keinesfalls mangelhaft war. Größere Kräfte aber und längere Ausdauer als von Menschen konnte man von Tieren erwarten, vornehmlich Ochsen, Eseln und Büffeln. Pferde, und Maultiere wurden erst ab etwa 1700 in Ägypten von den östlichen Kriegsvölkern übernommen. Diese menschlichen und tierischen Kräfte jedoch waren nicht die entscheidenden. Als weitaus stärkste aller am Bau wirkenden Kräfte wurde – wir haben es schon gesagt – die Schwerkraft genutzt, die Anziehungskraft der Erde.

Diese genannten und keine anderen Baumaterialien und Bewegungskräfte bestimmten die Dauer der Arbeit und die äußere Form des zu schaffenden Werkes. Die Gestalt der Pyramiden erscheint uns heute so ungewöhnlich, wie sie damals wohl selbstverständlich erschien. Etwas Vergleichbares zu schaffen wären wir heute mit den uns gebräuchlichen Werkstoffen und Bewegungskräften kaum mehr imstande. Damals aber, vor fast fünftausend Jahren, hätte kein anderes Gebäude von ähnlichen Ausmaßen entstehen können als eben dieses in vier Seitenflächen gleichförmig nach oben sich verjüngende wundersame Gebilde der Grabmäler der Pharaonen. Und hinzugefügt sei, dass ohne die Nachbarschaft des Nilstromes, als Träger der schwersten Gewichte, und ohne die erstaunliche frühzeitige Technik der Wasserkraftnutzung der Plan eines solch monumentalen Baus gar nicht hätte gefasst werden können.

Der überwiegende Teil der zu verbauenden Steine wurde in unmittelbarer Nähe der Pyramiden am Westufer gewonnen, wie durch petrographische Untersuchungen festgestellt werden konnte. Die Tatsache aber, dass der feine Kalkstein für die äußere Verkleidung der Pyramiden in den etwa fünfzehn Kilometer weit entfernten Steinbrüchen auf dem Ostufer des Nil gebrochen werden musste, führt unabweisbar zu der Schlussfolgerung, dass deren Verladung allein auf dem Wasser geschehen konnte. Während das Brechen und Behauen der Steine das ganze Jahr über geschehen konnte, wurde eine Verschiffung vermutlich am besten zu den Zeiten der alljährlich wiederkehrenden Überschwemmungen bewerkstelligt, wobei möglicherweise durch Aushebung von – später wieder zugeschütteten – Kanälen eine größere Annäherung an die vorgesehenen Baustellen erreicht wurde. Dies mag auch für die Bausteine der westlichen Steinbrüche gelten, nachdem man einmal erkannt hatte, dass ihre Fortbewegung auf dem Wasser leichter zu bewältigen war als auf dem Lande. Dieser Gedanke ist keineswegs neu, zumal man auch an anderen Orten im Ägypten des Alten Reiches die verblüffenden Kenntnisse des Kanalbaues immer schon sehr wohl studieren konnte. Für den Transport auf dem Wasser benutzte man vermutlich Flöße aus starken, runden Holzstämmen, die man bei der späteren Beförderung der Blöcke recht gut als Rollen wiederverwenden konnte.

Nach beträchtlichen Mühen war man nun also mit den ersten Bausteinen am Ort des Geschehens angelangt. Dort hatte man den Grundriss der geplanten Bauten auf den gewachsenen Felsboden geritzt oder gezeichnet und ihn nach den Sternbildern des Nachthimmels ausgerichtet, in einer Weise, die von den Archäoastronomen auch heute noch bestaunt wird. Im Messen und Peilen waren die alten Ägypter die unnachahmlichen Meister. Es war ihnen gelungen, die Ausrichtung der Seitenwände der Pyramiden nach den Zirkumpolarsternen des Nordhimmels und die Stellung der drei ältesten Pyramiden zueinander nach dem Sternbild des Orion mit einer Genauigkeit zu bestimmen, die uns auch heute noch in staunende Bewunderung versetzt. Auf diesen Aspekt, der für die Ägypter von höchster Bedeutung war, und in weiterer Folge auch die Ausrichtung der Grabkammern und Lichtschächte bestimmte, soll hier nicht weiter eingegangen werden. Die Theorien hierüber füllen zahlreiche Bücher. Festgehalten jedoch muss werden, dass die ägyptischen Gelehrten nicht nur was die Gestirne betrifft große Meister der Vermessung waren. Die alljährlichen Überschwemmungen des Nil hatten zur Folge, dass alle Grundstücke innerhalb des fruchtbaren Landes Jahr für Jahr neu zu vermessen waren und aller Besitz neu zugeteilt werden musste. Dies konnte nur durch Peilung von wenigen festen Bezugspunkten aus geschehen. Und wenn die Messungen und Rechnungen, die dem Bau der Pyramiden voraus gingen, großes Wissen, große Geduld und Sorgfalt erforderten, so gaben die Monumente nach ihrer Fertigstellung allem Messen und Rechnen ein neues Richtmaß für spätere Zeiten.

Hatte man nun auf dem Plateau von Gizeh die Fundamente des felsigen Bodens für alles Weitere vorbereitet und sie durch die Anlegung einer Wasserrinne aufs Genaueste waagrecht ausgerichtet, so rückte man die erste Schicht der Grundsteine an ihren Platz: immer von innen nach außen bauend, die inneren Steine zuerst und die Ecksteine zuletzt.

Bevor wir aber zu erklären versuchen, auf welche Weise die mehr als zwei Millionen gewaltigen Steine von Stufe zu Stufe immer höher gelangten, wollen wir noch einmal festhalten, dass nicht allein die Ausrichtung des Grundrisses und die Neigung der Seitenflächen der Pyramide im Vorhinein festgelegt, sondern dass auch das verwinkelte System der inneren Gänge und die Lage der Grabkammern genau bestimmt werden mussten. Es ist nicht auszudenken, welche Arbeit zu bewältigen gewesen wäre, wenn eine Aushöhlung dieser Räume bei steter Einsturzgefahr erst im Nachhinein mit Hämmern und Meißeln hätte geschehen müssen. Ein jeder Hohlraum musste durch einen tragenden Stein überdeckt werden, der seitlich so gut abgestützt war, dass er weder verrücken noch einbrechen konnte unter der gewaltigen Last, die nach und nach auf ihn geschichtet wurde. Statiker haben hieran gewiss auch heute noch einiges zu bestaunen. Zur Abdeckung der Grabkammer des Königs etwa wurden die gewaltigsten Blöcke mit einem geschätzten Gewicht von jeweils 40Tonnen eingefügt. Dass vor allem an dieser Stelle die viel bewunderte fugenlose Maßarbeit durch genaue Vorausberechnung der Position der von oben abzusenkenden Steine gewahrt wurde, erkennen wir noch heute, wenn wir die glatten, unverputzten Wände und Decken der Gänge und Kammern betrachten. Mit welcher Präzision dabei gearbeitet wurde, lässt uns ein Bericht des Herodot erahnen, der etwa 2300Jahre nach Fertigstellung der Pyramiden Ägypten bereiste. Er will gesehen haben, dass die Grabkammer des Cheops im Innersten der Pyramide von einem Wasserteich umgeben war. Da nicht anzunehmen ist, dass abrinnendes Wasser über all die Jahrhunderte immer wieder ersetzt worden ist, muss die Verfugung der Steine nicht nur vollkommen lückenlos, sondern auch wasserdicht ausgeführt worden sein.

Die Baumeister und ihre Helfer standen nach Errichtung des Fundaments nun also vor der entscheidenden Aufgabe, die zweite und alle folgenden Reihen der Steine an den ihr vorbestimmten Ort zu bewegen. Die einzige Kraft, die dazu imstande sein konnte, war – wir haben es schon betont – die Schwerkraft. Wenn man diesen uns heute so schwer zu fassenden Gedanken, diesen Rösselsprung der Phantasie, einmal gewagt hat, sind die danach folgenden Schritte schon etwas leichter zu erkennen. Und während die Experten weiterhin die Köpfe schütteln, wagen wir diese Schritte nun und behaupten: Die bereits gesetzten Steine wurden mit Sand zugeschüttet, bis sie vollkommen bedeckt waren. Sand war und ist auch heute noch in unübersehbarer Menge vorhanden. Und so wurden die nachfolgenden Reihen der Steinquader sprichwörtlich und tatsächlich in den Sand gesetzt. Nicht anders als man das auch heute noch mit den um so vieles kleineren Granitsteinen eines Kopfsteinpflasters zu machen pflegt. Diese Methode, Straßen zu bauen, ist so lange üblich, wie es gepflasterte Straßen gibt. Sie ist vielleicht ebenso alt wie die Pyramiden. Hände für eine solche Arbeit gab es genug, um den Sand in Körben oder Tüchern aus der Wüste dorthin zu tragen, wo er dienen sollte. Über das auf solche Weise aufgeschüttete Polster aus Sand wurden die Steinblöcke geschoben – und auf der ersten Wegstrecke auch wohl gezogen – vermutlich auf den Rollen der Baumstämme, die aus dem Verbund der Flöße gelöst worden waren. Dabei war darauf zu achten, dass die Steinquader am Bau jeweils von innen nach außen aufgereiht wurden unter besonderer Berücksichtigung der auszusparenden Hohlräume für Gänge und Kammern. Der genaue Zielort der Bausteine wurde von oben vermessen, vermutlich von Holzgerüsten aus, durch Lote und genormte Metallstäbe, die in den Sand gesteckt wurden. Und wenn die senkrechte Ausrichtung und Senkung fixiert war, wurde von vielen Händen der Sand neben dem Steinblock beiseite gekehrt. Er rinnt unter dem Gewicht der Blöcke hervor. Man braucht dazu nicht unter den Stein zu greifen. Es genügt, ihn seitlich zu entfernen. Er rinnt und rieselt durch das Gewicht, das ihn presst, bis auf das letzte Korn. Wo nicht, dort wurde mit Wasser nachgeholfen, um ihn auszuschwemmen. Das ist eine Arbeit auch für schwache Hände. Und es steht zu befürchten, dass die Bauaufseher keine Skrupel kannten, auch Frauen und Kinder zu diesen Diensten einzusetzen. Ein jedes Kind hat das Spiel mit dem rieselnden Sand schon einmal mit leichteren Gewichten im Sandkasten erprobt. Der Stein senkt sich durch den schwindenden Sand an seinen vorbestimmten Platz und braucht nicht weiter verschoben zu werden, wenn zuvor genau gemessen wurde.