Der duftende Garten - Scheik Nefzaui - E-Book

Der duftende Garten E-Book

Scheik Nefzaui

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Beschreibung

Der duftende Garten wurde im 16. Jahrhundert von Muhammad ibn Muhammad al-Nafzawi (auch Umar Ibn Muhammad Nafzawi, Scheik Nefzaui, Netzawi oder Nefzaw) für den Großwesir von Tunis in arabischer Sprache verfasst. Der "parfümierte" Garten hat für die arabische Welt eine ähnliche Bedeutung wie das Kamasutra für die indische Kultur. Das Werk unterscheidet sich jedoch von indischen Liebesanleitungen. Es ist ein Handbuch über Sex im mittelalterlichen Tunesien und enthält interessante, überraschende und humorvolle Einsichten in die sexuellen Sitten und Gewohnheiten, und bietet historische und anthropologische Einblicke in die mittelalterliche arabisch-islamische Gesellschaft. Neben den universellen sexuellen Anleitungen und Ratschlägen, wie zum Beispiel die Wichtigkeit von Vorspiel und Küssen, sollen die mit Humor gewürzten Anekdoten und Geschichten angenehm amüsieren und erregen.

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Der duftende Garten des Scheik Nefzaui

Scheik Nefzaui

Inhalt:

Der duftende Garten des Scheik Nefzaui

Vorbemerkungen des französischen Übersetzers

Einleitung

Allgemeine Bemerkungen über den Beischlaf

Die Entstehung dieses Werkes

Erstes Kapitel

Zweites Kapitel

Drittes Kapitel

Viertes Kapitel

Fünftes Kapitel

Sechstes Kapitel

Siebentes Kapitel

Achtes Kapitel

Neuntes Kapitel

Zehntes Kapitel

Elftes Kapitel

Zwölftes Kapitel

Dreizehntes Kapitel

Vierzehntes Kapitel

Fünfzehntes Kapitel

Sechzehntes Kapitel

Siebzehntes Kapitel

Achtzehntes Kapitel

Neunzehntes Kapitel

Zwanzigstes Kapitel

Einundzwanzigstes Kapitel

Der duftende Garten des Scheik Nefzaui

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

ISBN:9783849632595

www.jazzybee-verlag.de

www.facebook.com/jazzybeeverlag

[email protected]

Der duftende Garten des Scheik Nefzaui

Vorbemerkungen des französischen Übersetzers

Scheik Nefzaui ist der Nachwelt nur als der Verfasser des Duftenden Gartens bekannt geworden; es ist das einzige Buch, das er überhaupt geschrieben hat.

Obgleich sich in diesem Buche viele Irrtümer und Fehler finden, die größtenteils der Nachlässigkeit und Unwissenheit der Abschreiber zur Last zu legen sind, und obgleich auch der Gegenstand des Buches nicht nach jedermanns Geschmack sein wird, entstammt es doch offenbar der Feder eines Mannes von gründlicher Bildung, der auf den Gebieten der Literatur und Medizin tiefere Kenntnisse besaß, als man sie im allgemeinen bei Arabern anzutreffen gewohnt ist.

Aus der historischen Bemerkung in der Einleitung dieses Buches können wir, obgleich der Name des zu jener Zeit in Tunis regierenden Beys offenbar falsch angegeben ist, doch schließen, daß das Werk ungefähr zu Beginn des sechzehnten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung – etwa um das Jahr 925 der Hedschra – verfaßt worden ist.

Da die Araber gewöhnlich den Namen ihres Geburtsortes dem ihrigen hinzusetzen, so dürfen wir wohl mit ziemlicher Sicherheit annehmen, daß der Scheik aus der im Süden des tunesischen Reiches am See Sebkha Melrir gelegenen Stadt Nefzaua stammte. Er selber erwähnt, daß er in Tunis wohne, und höchstwahrscheinlich wurde sein Buch in dieser Stadt von ihm geschrieben.

Die Sage will wissen, daß ein eigentümlicher Umstand ihn veranlaßt habe, ein Werk zu verfassen, das sehr wenig zu seinen einfachen Lebensgewohnheiten paßte: Es sei dem Bey von Tunis hinterbracht worden, daß der Scheik in Rechtswesen, Schrifttum und Heilkunde wohl bewandert sei, und der Herrscher habe daher gewünscht, ihm das Amt eines Kadi zu übertragen. Nefzaui habe durchaus nicht gewünscht, sein zurückgezogenes Leben aufzugeben, um ein öffentliches Amt zu bekleiden, habe aber auch nicht den Bey durch eine offene Weigerung beleidigen wollen, um so weniger, da eine solche ihm selber hätte gefährlich werden können; er habe daher lediglich um einen kurzen Aufschub gebeten, um ein Buch vollenden zu können, das er gerade unter der Feder habe.

Diese Bitte sei ihm gewährt worden, und nun habe er das Buch niedergeschrieben, dessen Abfassung er schon seit längerer Zeit geplant hatte. Das Erscheinen des Werkes habe dann den Verfasser in einer Weise bekannt gemacht, daß es fortan völlig unmöglich gewesen sei, ihn als Kadi wirken zu lassen. (Vielleicht war die unter diesen Umständen verfaßte Schrift nicht das vorliegende Buch, sondern nur ein bedeutend kürzerer Vorläufer desselben mit dem Titel: Die Fackel des Weltalls).

Für diese Überlieferung ist jedoch keinerlei Bestätigung in den Geschichtswerken jener Zeit zu finden; und da nach ihr der Scheik Nefzaui als ein Mann von geringer Charakterfestigkeit erscheinen würde, so dürfte sie nur mit großer Vorsicht aufzunehmen sein. Man braucht nur einen flüchtigen Blick in das Buch zu werfen, um die Überzeugung zu gewinnen, daß der Verfasser von den löblichsten Absichten beseelt war und daß er für sein Werk nicht nur keinen Tadel verdient, sondern im Gegenteil mit der Abfassung desselben der Menschheit einen dankenswerten Dienst erwiesen hat. Merkwürdigerweise findet sich in der Literatur der Araber kein einziger Kommentar zu diesem Buch; der Grund für diese Erscheinung ist vielleicht darin zu suchen, daß der Gegenstand, den es behandelt, ernste und gelehrte Männer abgeschreckt hat – was übrigens nach unserer Meinung durchaus nicht nötig gewesen wäre. Denn gerade dieses Werk wäre wie kein anderes dazu geeignet, mit Erläuterungen versehen zu werden; ernste Fragen werden darin behandelt, und ein weites Feld eröffnet sich dem Studium und dem Nachdenken.

Denn was könnte wichtiger sein als das Studium der Grundfragen, auf deren Lösung die Glückseligkeit von Mann und Weib in ihren wechselseitigen Beziehungen beruht? Diese Beziehungen sind ja abhängig von Charakter, Gesundheit, Gemütsanlage und körperlicher Beschaffenheit, und solche Fragen zu studieren ist recht eigentlich die Aufgabe des Philosophen. Ich habe mich bemüht, diese Unterlassung einigermaßen gutzumachen, indem ich eine Anzahl von Anmerkungen beigefügt habe, die zwar – das weiß ich sehr wohl – unvollständig sind, trotzdem aber einen gewissen Anhalt bieten können.

Bei zweifelhaften und schwierigen Stellen, wo die Meinung des Verfassers nicht deutlich ausgedrückt zu sein schien, habe ich unbedenklich bei den Gelehrten der verschiedensten Glaubensbekenntnisse mich nach Aufklärung umgesehen, und mit ihrer freundlichen Beihilfe wurden in der Tat manche von mir im Anfang für unüberwindlich gehaltene Schwierigkeiten überwunden. Es ist mir eine Freude, diesen hilfreichen Geistern hiermit meinen Dank aussprechen zu können.

Von den Schriftstellern, die sich mit ähnlichen Gegenständen abgegeben haben, läßt kein einziger sich in allen Einzelheiten mit unserem Scheik vergleichen; denn sein Buch erinnert den Leser zu gleicher Zeit an Aretino, an den Verfasser der »Ehelichen Liebe« und an Rabelais; die Ähnlichkeit mit letzterem ist zuweilen so auffallend, daß ich gelegentlich der Versuchung nicht widerstehen konnte, Parallelstellen aus Gargantua und Pantagruel anzuführen.

Was aber die Abhandlung des Scheiks zu einem in seiner Art einzigartigen Buch macht, ist der Ernst, womit die laszivsten und obszönsten Gegenstände dargestellt sind. Offenbar ist der Verfasser von der Wichtigkeit seines Themas durchdrungen und kennt keinen anderen Beweggrund als den Wunsch, durch das Niederschreiben seines Buches seinen Mitmenschen einen Dienst zu erweisen.

Um seinen Ratschlägen mehr Gewicht zu verleihen, spart er nicht mit Zitaten aus religiösen Schriften und ruft in manchen Fällen unbedenklich sogar die Autorität des Koran an, der das heiligste Buch der Moslim ist. Obwohl sein Werk keineswegs eine Kompilation darstellt, so kann doch ohne weiteres zugegeben werden, daß es nicht ausschließlich dem Geiste des Scheik Nefzaui entsprossen ist, sondern daß mehrere Abschnitte von arabischen und indischen Schriftstellern entlehnt worden sind. So ist z.B. die ganze Erzählung von Moçailama und Chedja dem Werke des Mohammed Ben Djerir el Taberi entnommen; die Beschreibung der verschiedenen beim Coitus einzunehmenden Stellungen sowie der in jedem einzelnen Fall angemessenen Bewegungen rührt aus indischen Werken her; endlich scheint in dem Kapitel über die Auslegung von Träumen das Buch des Azeddin el Mocadecci »Vögel und Blumen« zu Rate gezogen zu sein. Hieraus ist dem Autor aber keineswegs ein Vorwurf zu machen, sondern sicherlich ist im Gegenteil ein Schriftsteller zu loben, wenn er die Erleuchtungen von Gelehrten vergangener Zeiten sich zunutze macht, und es wäre undankbar, wollte man nicht anerkennen, daß er seinen Lesern, die in der Kunst des Liebens noch Anfänger waren, aus den von ihm benutzten Büchern manchen lehrreichen Wink mitgeteilt hat.

Zu bedauern ist nur, daß das in mancher Hinsicht so ausführliche Buch des Scheiks eine große Lücke aufweist, indem ein unter den Arabern allgemein verbreiteter Brauch überhaupt nicht erwähnt wird. Ich meine die auch von den alten Griechen und Römern bestätigte Vorliebe für den geschlechtlichen Verkehr mit Knaben, die sogar dahin führte, daß in manchen Fällen Weiber behandelt wurden, wie wenn sie Knaben gewesen wären.

Hierüber sowie über den geschlechtlichen Verkehr zwischen Weibern, sogenannte Tribaden, hätte sich wohl manches Lehrreiche sagen lassen. Die Sodomie oder der geschlechtliche Umgang mit Tieren ist vom Verfasser ebenfalls mit Stillschweigen übergangen worden. Indessen erzählt er zwei Geschichten, von denen die eine von gegenseitigen Liebesbezeigungen zweier Weiber handelt, während in der anderen berichtet wird, wie ein Weib sich die Liebkosungen eines Esels zu verschaffen weiß. Hieraus geht hervor, daß dem Autor auch diese Erscheinungen wohl bekannt waren. Es ist daher ein unentschuldbarer Mangel, daß er auf diese Einzelheiten nicht ausführlicher eingegangen ist. Gewiß wäre es für uns interessant gewesen, von unserem Scheik zu erfahren, welche Tiere durch ihre natürliche Veranlagung und körperliche Beschaffenheit am besten geeignet sind, einem Manne oder einem Weibe zur Erregung von Liebeswonne zu dienen, und welche Folgen solcherlei geschlechtliche Verbindungen haben können. Endlich spricht der Scheik ebenfalls nicht von den Genüssen, die der Mund oder die Hand eines schönen Weibes zu bereiten vermögen.

Warum mag wohl der Scheik diese Lücken gelassen haben? Auf Unwissenheit ist sein Schweigen sicherlich nicht zurückzuführen, denn seine Schilderungen offenbaren einen derartigen Umfang und eine so große Mannigfaltigkeit seiner Kenntnisse, daß ein Zweifel an seinem Wissen ausgeschlossen ist.

Vielleicht liegt die Ursache in der Verachtung, womit der Moslem in Wirklichkeit über die Weiber denkt; vielleicht mag er der Meinung sein, es entspreche nicht seiner Manneswürde, zu Liebkosungen herabzusteigen, die nicht den Gesetzen der Natur entsprechen. Vielleicht unterließ der Verfasser die Erwähnung derartiger Themata, um nicht in den Verdacht zu geraten, Geschmacksverirrungen erlegen zu sein, die von manchen Leuten als ein Zeichen von Entartung angesehen werden.

Wie dem auch sein mag – das Buch enthält viele nutzbringende Belehrungen und teilt eine große Menge kurioser Vorkommnisse mit. Ich habe mich der Übersetzung unterzogen, weil ich der Meinung bin, daß Scheik Nefzaui recht hat, wenn er in seiner Vorrede sagt: »Ich schwöre bei Gott: wahrlich, die Kenntnis dieses Buches ist notwendig. Nur ein schamloser Ignorant oder ein Feind aller Wissenschaft wird es nicht lesen oder sich darüber lustig machen, nachdem er es gelesen hat.«

Einleitung

Allgemeine Bemerkungen über den Beischlaf

Gepriesen sei Gott, der zu des Mannes größter Wonne die Geschlechtsteile des Weibes schuf und die Geschlechtsteile des Mannes dazu bestimmte, dem Weibe den höchsten Genuß zu gewähren.

Er hat die weiblichen Zeugungsteile so gemacht, daß sie keines Genusses und keiner Befriedigung teilhaftig werden können, ehe sie nicht von dem Werkzeug des Mannes durchbohrt worden sind. Gleicherweise können auch die geschlechtlichen Organe des Mannes weder Ruh noch Rast finden, bis sie sich mit denen des Weibes vereinigt haben.

Daher ist der Vorgang ein gegenseitiger Austausch von Genüssen. Zwischen den beiden handelnden Personen findet ein Ringen statt, ein Verschlingen, eine Art von lebhaftem Kampfe. Infolge des Aneinanderreibens der beiden Unterleiber bleibt der Genuß nicht lange aus. Der Mann arbeitet wie mit einem Mörserstämpfel, während das Weib ihm mit wollüstigen Bewegungen zu Hufe kommt; schließlich erfolgt der Samenerguß.

Der Kuß auf den Mund, auf die beiden Wangen, auf den Hals, nicht minder auch das Saugen an frischen Lippen sind Gottesgaben, die die Bestimmung haben, im geeigneten Augenblick Erektionen hervorzurufen. Gott war es auch, der des Weibes Busen mit Brüsten zierte, der ihr das Doppelkinn gab (dem Orientalen ist bei seiner bekannten Vorliebe für »schöne Gliedermassen kolossaler Weiblichkeit« ein Doppelkinn ein besonders wertvolles Schönheitsattribut) und ihren Wangen glänzende Farben verlieh.

Er schenkte ihr auch ihre Augen, die Liebe einflößen, und ihre Wimpern, die gleich blanken Klingen sind.

Er gab ihr den gewölbten Bauch, den schönen Nabel, das majestätische Hinterteil; und alle diese Wunder ruhen auf den Stützen der Lenden. Zwischen diesen Lenden hat Gott den Schauplatz des Liebeskampfes geschaffen; wenn diese Stelle mit reichlichem Fleisch ausgestattet ist, gleicht sie dem Haupte eines Löwen. Sie heißt »Grotte«.

O! Wie viele Männer gingen durch diese Grotte in das Reich des Todes ein. Und von diesen Männern – wie viele starben als Helden!

Gott gab diesem wonnigen Ding einen Mund, eine Zunge (die Clitoris) und zwei Lippen; es gleicht der Spur, die der Huf der Gazelle im Sande der Wüste läßt.

Das Ganze wird getragen von zwei Wundersäulen, die ein Zeugnis sind von Gottes Macht und Weisheit; sie sind weder zu lang noch zu kurz, und ihren anmutigen Schmuck bilden Knie, Waden, Knöchel und Fersen, auf denen kostbare Ringe ruhen.

In ein Meer von Glanz, Wollust und Wonne tauchte der Allmächtige das Weib; er hüllte sie in köstliche Kleider, umschlang sie mit glänzenden Gürteln und gab ihr ihr lockendes Lächeln.

So laßt uns denn preisen und erheben Ihn, der das Weib und seine Schönheiten schuf; er gab ihr das liebreizende Fleisch, er gab ihr duftendes Haar, eine schöne Gestalt, einen Busen mit schwellenden Brüsten, er gab ihr das verliebte Anschmiegen, das im Manne Begehren erweckt.

Ihnen hat der Herr des Weltalls das Reich der Verführung zugewiesen; alle Männer, nicht nur die schwachen, sondern auch die starken, verfallen der Schwachheit durch die Liebe zum Weibe. Um der Weiber willen schließen wir uns zu geselligem Verein zusammen oder zerstreuen uns in Einsamkeiten; um der Weiber willen wählen wir feste Wohnsitze oder wandern in der Wüste umher.

In der Niedergeschlagenheit, in der die Liebenden, die von dem Gegenstande ihrer Sehnsucht getrennt sind, sich befinden, verzehrt die Herzen die Glut des Liebesfeuers; es bedrückt sie ein Gefühl von Knechtschaft, Verachtung, Elend; sie leiden unter den wechselnden Stimmungen ihrer Leidenschaft: und alles dieses ist eine Folge ihrer brennenden Sehnsucht nach körperlicher Vereinigung.

Ich, Gottes Knecht, bin meinem Herrn dankbar, daß jeder Mann in schöne Weiber sich verlieben muß und daß niemand der Sehnsucht nach ihrem Besitze sich erwehren kann, weder durch Flucht noch durch Trennung.

Ich bekenne: es ist nur ein Gott und er hat keine Götter neben sich. An diesem kostbaren Bekenntnis werde ich festhalten bis zum Tage des Jüngsten Gerichts.

Gleicherweise bekenne ich mich zu unserem Herrn und Meister Mohammed, dem Knecht und Boten Gottes, dem größten der Propheten – (Gottes Segen und Liebe sei mit ihm, mit seinen Nachkommen und seinen Schülern!) Gebete und Segensprüche bewahre ich auch für den Tag der Wiedervergeltung, jenen furchtbaren Augenblick.

Die Entstehung dieses Werkes

Ich schrieb dieses herrliche Werk auf Grund eines Büchleins betitelt »Die Fackel der Welt«, worin die Geheimnisse der Zeugung behandelt werden.

Dieses Werkchen kam zur Kenntnis des Wesirs unseres Herrn Abd-el Aziz, des Beherrschers von Tunis. Dieser erlauchte Wesir war sein Dichter, sein Genosse, sein Freund und Geheimschreiber. Er war wacker im Rat, treu, klug und weise, der gelehrteste Mann seiner Zeit und wohl bewandert auf allen Gebieten. Er nannte sich Mohammed ben Uana ez Zonaui. Er war in Algier aufgewachsen, und in dieser Stadt hatte unser Herr Abd-el Aziz el Hafsi seine Bekanntschaft gemacht.

An dem Tage, da Algier erstürmt wurde, floh der Herrscher mit ihm nach Tunis – möge Gott dieses Land beschützen bis zum Tage der Auferstehung! – und ernannte ihn zu seinem Großwesir. Als er das oben erwähnte Buch in die Hände bekam, sandte er zu mir und lud mich dringend ein ihn zu besuchen. Unverzüglich begab ich mich in sein Haus, und er empfing mich auf höchst ehrenvolle Weise.

Drei Tage später kam er zu mir, zeigte mir mein Buch und fragte: »Ist dies dein Werk?« Und da er mich erröten sah, fuhr er fort: »Du brauchst dich dieses Buches nicht zu schämen; alles, was du darin gesagt hast, ist wahr; niemand braucht sich über deine Worte zu entrüsten. Übrigens bist du nicht der erste, der diesen Gegenstand behandelt hat; und ich schwöre bei Gott: wahrlich, die Kenntnis dieses Buches ist notwendig. Nur ein schamloser Ignorant oder ein Feind aller Wissenschaft wird es nicht lesen oder sich darüber lustig machen, nachdem er es gelesen hat. Aber es sind verschiedene Dinge, mit denen du dich noch wirst beschäftigen müssen.« Ich fragte, was für Dinge das seien, und er antwortete: »Ich wünsche, daß du deinem Buch noch einen Anhang beifügst, worin du die Heilmittel behandelst, von denen du noch nichts gesagt hast; führe alle Tatsachen an, die in dieses Kapitel hineingehören, und lasse nichts aus. Du wirst darin beschreiben, wie der Akt der Zeugung zustande kommt, sowie auch, wie er sich verhindern läßt. Du wirst die Mittel anführen, durch die das zeitweilige Unvermögen behoben wird, sowie die Mittel, durch die man das männliche Glied, wenn es zu klein ist, größer macht und ihm einen stattlichen Anblick verleiht. Ferner wirst du angeben, wie man den unangenehmen Geruch der weiblichen Achselhöhlen und Schamteile beseitigt und wie man die Schamteile enger macht. Ferner wirst du von der Schwangerschaft sprechen, damit dein Buch vollkommen und lückenlos sei. Mit einem Wort: wenn dein Buch allen Wünschen entspricht, dann erst wird deine Arbeit beendigt sein.«

Ich antwortete dem Wesir: »O! mein Herr und Meister, alles, was du hier gesagt hast, ist nicht schwer zu machen, wenn es Gott in der Höhe gefällt.«

Unverzüglich ging ich an die Abfassung dieses Buches, nachdem ich Gott um seinen Beistand angefleht hatte – (möge er seinen Segen über seinen Propheten ausströmen, und möge Glückseligkeit und Gottes Liebe bei diesem weilen!).

Ich nannte dieses Werk: »Der duftende Garten für die Erlustigung der Seele« (Er Roud el Aater p'nezaha el Khater).

Würdige Männer

Wisse, o Wesir – möge Gottes Segen auf dir ruhen! –, es gibt verschiedene Arten Männer und Weiber, und unter diesen sind einige lobenswert, andere aber verdienen Tadel.

Wenn ein leistungsfähiger Mann in die Nähe eines Weibes kommt, so wächst sein Glied, wird steif, kräftig und hart; es entladet sich nicht zu schnell, und nach dem Zittern, das durch das Ausspritzen des Samens verursacht wird, ist es bald wieder steif.

Solch ein Mann wird von den Weibern geliebt und hochgeschätzt; denn das Weib liebt den Mann nur der Begattung wegen. Darum sollte das Glied jedes Mannes von stattlicher Dicke und Länge sein. Ein Mann, wie ihn die Weiber gern haben, sollte breit von Brust und kräftig von Lenden sein; er sollte die Entleerung des Samens nach Belieben zu regem wissen und stets zu neuer Erektion bereit sein; sein Glied sollte bis ans Ende der weiblichen Scheide reichen und diese in allen Teilen vollkommen ausfüllen. Solch ein Mann wird von den Weibern innig geliebt sein; denn wie der Dichter sagt:

Weiber sah ich an jungen Männern suchen,

Was des völlig gereiften Mannes Zier ist:

Schönheit, Frohsinn, Bedachtsamkeit und Stärke;

Langes Glied, das langen Genuß gewähret;

Schwere Lenden, doch eine Brust, die leicht wie

Kork auf den Wogen ihres Busens schwimmet.

Langsam muß des Samens Ergießung kommen,

Daß recht lange der Liebe Wonne daure;

Schnell zu neuem Kampfe bereit das Glied sein,

Um sie wieder und wieder zu durchbohren.

Solchen Mannes Werbung gefällt den Weibern,

Hoch stets werden sie ihn in Ehren halten.

Eigenschaften, die das Weib vom Manne verlangt

Man erzählt, daß eines Tages Abd-el-Melik ben Meruan seine Geliebte Leilla (Abd-el-Melik herrschte um das Jahr 700 n. Chr. als Kalif in Damaskus über Arabien, Syrien und einen Teil von Kleinasien; seine Geliebte Leilla war zu jener Zeit als Dichterin berühmt.) besuchte und verschiedene Fragen an sie richtete. Unter anderem fragte er sie, welche Eigenschaften die Weiber an den Männern zu finden wünschten.

Leilla antwortete ihm: »Oh, mein Geliebter, ihre Wangen müssen sein wie deine.« – »Und was noch?« fragte Meruans Sohn; sie fuhr fort: »Und ihre Haare wie die deinigen; mit einem Wort, sie sollten sein wie du, o Beherrscher der Gläubigen; denn gewiß: wenn ein Mann nicht kräftig und reich ist, wird er bei den Weibern nichts erreichen.«

Länge des männlichen Gliedes

Ein männliches Glied, das Weibern gefallen soll, darf höchstens zwölf Fingerbreiten oder drei Handbreiten lang sein; mindestens aber muß seine Länge sechs Fingerbreiten oder anderthalb Handbreiten betragen.

Es gibt Männer mit Gliedern von zwölf Finger-oder drei Handbreiten; andere mit Gliedern von zehn Finger- oder zweieinhalb Handbreiten. Andere erreichen nur ein Maß von acht Finger- oder zwei Handbreiten. Ein Mann, dessen Glied nicht die Länge von sechs Fingerbreiten erreicht, kann den Weibern nicht gefallen.

Anwendung von Wohlgerüchen beim Beischlaf

Die Geschichte von Moçailama

Die Anwendung von Wohlgerüchen regt Männer sowohl wie Weiber zur Begattung an. Das Weib, das die Düfte einatmet, mit denen sich der Mann parfümiert hat, fällt in eine Art von Ohnmacht; darum hat der Gebrauch solcher Düfte sich für manchen Mann schon als eine starke Hilfe erwiesen und dazu beigetragen, ein von ihm begehrtes Weib in seinen Besitz zu bringen.

Moçailama (dieser Moçailama war einer der gefährlichsten Nebenbuhler des Propheten. Er kam als Führer einer Abordnung seines Stammes im Jahre 9 der Hedschra zu Mohammed und bekehrte sich zum Islam), der Betrüger, der Sohn des Kaiss – den Gott verfluchen möge! –, behauptete die Gabe der Weissagung zu besitzen und ahmte dem Propheten Gottes nach – Heil ihm und Gruß! Dadurch haben er und eine große Zahl von Arabern sich den Zorn des Allmächtigen zugezogen. Moçailama, der Betrüger, der Sohn des Kaiss, fälschte auch den Koran durch seine Lügen und Betrügereien; und nachdem der Engel Gabriel – er sei gegrüßt! – ein Kapitel des Koran dem Propheten – Heil sei ihm und Gottes Gnade! – überbracht hatte, gingen Menschen, die schwach im Glauben waren, zu Moçailama, der ihnen erzählt hatte: »Auch mir hat der Engel Gabriel ein solches Kapitel überbracht.«

Moçailama hat durch seine Lügen und Betrügereien mehrere Kapitel des Koran besudelt. Es war aber ein Weib vom Stamme der Beni-Temim; sie hieß Chedja et Temimia und behauptete eine Prophetin zu sein. Sie hatte von Moçailama gehört und er von ihr. Dieses Weib besaß große Macht, denn die Beni- sind ein volkreicher Stamm. Sie sagte: »Das Prophetenamt kann nicht zwei Menschen gehören. Entweder ist es ein Prophet, und dann will ich mit meinen Anhängern seinen Gesetzen folgen; oder ich bin eine Prophetin, und dann muß er mit seinen Gefolgsmännern meine Gesetze anerkennen.«

Dies begab sich nach dem Tode des Propheten – Gottes Gruß und Gnade sei mit ihm! Chedja aber schrieb an Moçailama einen Brief, worin sie sagte: »Es ist nicht recht, daß zwei Menschen zu gleicher Zeit auf die Würde des Prophetenamtes Anspruch erheben: nur einer allein kann Prophet sein. Wir wollen zusammenkommen, begleitet von unseren Leuten, und einander prüfen. Dann wollen wir uns aussprechen über das Buch, das uns von Gott gegeben wurde, und die Gesetze dessen, der als der wahre Prophet wird anerkannt werden, wollen wir alle befolgen.«

Sie faltete diesen Brief und siegelte ihn und übergab ihn einem Boten, indem sie zu ihm sprach: »Begib dich mit diesem Sendschreiben nach Jemen und überbringe es Moçailama, dem Sohne des Kaiss. Ich selber folge dir mit meinem Heere.«

Am nächsten Tage stieg die Prophetin zu Pferde, und die Reiter ihres Stammes taten dasselbe, und sie folgten der Spur ihres Boten. Als dieser zu Moçailamas Lagerplatz gelangte, grüßte er ihn und gab ihm den Brief.

Moçailama öffnete diesen und las ihn und nahm von dem Inhalt Kenntnis. Der Vorschlag der Prophetin war ihm verdrießlich, und er begann mit den Kriegern seines Stammes zu beratschlagen, indem er einen nach dem anderen zu sich berief; aber er fand in ihren Ansichten und Ratschlägen kein Mittel, das ihn aus seiner Verlegenheit hätte befreien können.

Als er in diesem Zustande der Ratlosigkeit sich befand, kam einer der angesehensten Männer seines Stammes zu ihm und sprach: »O Moçailama, beruhige deine Seele und kühle dein Auge! Ich will dir raten, wie ein Vater seinem Sohne rät.«

Moçailama antwortete ihm: »Sprich, und mögen deine Worte wahr sein!«

Und der andere sagte: »Morgen früh errichte vor dem Tore der Stadt ein Zelt aus farbigem Brokat und lasse seidene Ruhebetten aller Art hineinbringen. Dann fülle das Zelt mit allen möglichen stark duftenden Parfüms: Ambra, Moschus, mit wohlriechenden Pflanzen, wie zum Beispiel Rosen, Orangeblüten, Jonquillen, Jasmin, Hyazinthen, Nelken und anderen Blumen. Dann lasse mehrere goldene Räuchergefäße aufhängen und fülle sie mit grüner Aloe, grauem Amber, Räucherkerzen usw. Laß die Zeltwände sorgfältig befestigen, so daß kein Hauch dieser Wohlgerüche aus dem Zelt entweichen kann. Wenn dann der Duft so stark ist, daß das Wasser den Geruch annimmt, so setze dich auf deinen Thron und sende der Prophetin Botschaft, sie möge kommen und dich in deinem Zelte besuchen, wo du mit ihr allein sein werdest. Wenn ihr nun dort miteinander zusammen seid, wird sie voll Entzücken die Düfte einatmen, alle ihre Glieder werden sich in einer süßen Erschlaffung lösen, und schließlich wird sie einer Ohnmacht nahe sein. Wenn du siehst, daß es so weit mit ihr gekommen ist, bitte sie, sie möge dir ihre Gunst erweisen; sie wird ohne Zögern dazu bereit sein. Wenn du sie einmal besessen hast, wirst du von der Verlegenheit befreit sein, in die sie mit ihrem Stamme dich versetzt hat.«

Moçailama rief aus: »Du hast wohl gesprochen. So wahr Gott lebt, dein Rat ist gut und weise ersonnen.«

Und er ließ alles herrichten, wie ihm der Mann geraten hatte.

Als er sah, daß der Dunst der Wohlgerüche dick genug war, um seinen Duft dem Wasser mitzuteilen, das er in Kübeln im Zelte hatte auf stellen lassen, setzte er sich auf seinen Thron und sandte zur Prophetin.

Sobald sie eintraf, gab er Befehl, sie zu ihm in das Zelt zu führen. Sie trat ein und blieb mit ihm allein, und er begann mit ihr zu plaudern. Während Moçailama zu ihr sprach, verlor sie alle Geistesgegenwart und wurde aufgeregt und verstört.

Als er sie in diesem Zustande sah, erkannte er, daß sie nach der Umarmung eines Mannes verlangte, und er sprach: »Komm, steh auf und laß mich dich besitzen: Dieses Zelt ist zu diesem Zweck errichtet worden. Wenn es dir beliebt, so magst du dich auf den Rücken legen, oder du kannst dich auf Hände und Knie niederlassen oder auch hinknien wie zum Gebet, so daß deine Stirn den Boden berührt und deine Lenden emporragen und du die Figur eines Dreifußes bildest. Sprich, welche Stellung du vorziehst, und dein Wunsch wird erfüllt werden.«

Die Prophetin antwortete: »Ich wünsche, daß es auf alle drei Arten geschehe. Lasse die Offenbarung Gottes auf mich herniederkommen, o Prophet des Allmächtigen!«

Sofort stürzte er sich auf sie und vergnügte sich mit ihr nach seinem Gefallen. Hierauf sprach sie zu ihm: »Wenn ich von dir gegangen bin, verlange von meinem Stamm, daß er mich dir zum Weibe gebe.«

Als sie das Zelt verlassen hatte und wieder bei ihren Leuten war, fragten diese: »Was ist das Ergebnis der Verhandlungen, o Prophetin Gottes?« Und sie antwortete: »Moçailama hat mir die Offenbarung bewiesen, die ihm zuteil wurde, und ich fand, daß sie die Wahrheit ist. Darum sollt ihr ihm gehorchen!«

Moçailama aber verlangte sie von ihrem Stamm zur Ehe, und sein Begehren wurde ihm erfüllt. Als aber der Stamm ihn fragte, welchen Preis er für sein künftiges Weib zahle, antwortete er: »Ich entbinde euch von der Verpflichtung, das Nachmittagsgebet zu sagen.«

Seit jener Zeit sagen die Beni-Temim das Nachmittagsgebet nicht mehr, und wenn man sie nach dem Grunde fragt, so antworten sie: »Es unterbleibt auf Geheiß unserer Prophetin; sie allein weiß den Weg zur Wahrheit.« Und in der Tat haben sie niemals eine andere Prophetin anerkannt.

Hierüber hat ein Dichter gesagt:

Ein weiblicher Prophet ist uns erstanden;

Wir halten ihr Gesetz – den andern Menschen

Sind als Propheten Männer nur erschienen.

Moçailamas Tod war vorausverkündet durch die Weissagung Abu Bekrs – möge Gott ihm gnädig sein! Er wurde von Zeid ben Khettab getötet. Andere sagen, die Tat sei von einem seiner Jünger namens Ucha vollbracht worden. Gott aber allein weiß, ob Ucha es getan hat.

Dieser selbst sagt darüber: »Ich tötete in meiner Unwissenheit den allerbesten Menschen, Haman ben Abd-el-Mosaleb, und dann tötete ich den allerschlechtesten, Moçailama. Ich hoffe, daß Gott mir die Sünde der einen Tat in Anbetracht des Verdienstes der anderen verzeihen wird.«

Die Worte: »Ich habe den allerbesten Menschen getötet« wollen besagen, daß Ucha, bevor er den Propheten kannte, Hamsa – möge Gott ihm gnädig sein! – getötet hatte; nach seiner Bekehrung zum Islam tötete er Moçailama. Chedja et Temimia bereute durch Gottes Gnade ihre Verfehlung und bekehrte sich zum islamitischen Glauben; sie heiratete einen von des Propheten Anhängern – möge Gott ihrem Gatten gnädig sein!

So endet die Geschichte.

Weibergunst verdient, nach Ansicht der Weiber, der Mann, der sich bemüht, ihnen zu gefallen. Er muß von stattlicher Erscheinung sein, an Schönheit die Männer seiner Umgebung übertreffen, gut gewachsen und von ebenmäßigem Gliederbau sein. In seinen Gesprächen mit Weibern sei er ehrlich und aufrichtig; desgleichen sei er freigebig und tapfer, kein ruhmrediger Prahler, aber ein angenehmer Plauderer. Er sei ein Sklave seiner Versprechungen, halte stets sein gegebenes Wort, spreche immer die Wahrheit und tue, was er gesagt hat.

Der Mann, der sich seiner Beziehungen zu Weibern rühmt, der mit seinen Bekanntschaften und den genossenen Gunstbezeigungen prahlt – der ist ein Jämmerling. Von solchen wird im nächsten Kapitel die Rede sein.

Eine Erzählung berichtet uns, daß einst ein König namens Mamum (Abdallah ben Mamum war einer von den Söhnen des Kalifen Harun al Raschid; er wurde im Jahre 178 nach der Hedschra Kalif von Bagdad) lebte; er hatte einen Hofnarren namens Bahlul, dessen Streiche Fürsten und Wesire ergötzten.

Eines Tages erschien dieser Spaßmacher vor dem König, der mit seinen Hofleuten allerlei Kurzweil trieb. Der König ließ ihn Platz nehmen und fragte ihn darauf: »Was willst du hier, du Hurensohn?«

Bahlul antwortete: »Ich kam, um zu sehen, wie es unserem Herrn geht, den Gott siegreich machen möge.«

»Und wie geht es dir?« versetzte der König. »Wie wirst du denn mit deinem neuen, deinem alten Weibe fertig?« Denn Bahlul, nicht zufrieden mit einem Weibe, hatte ein zweites geheiratet.

»Ich bin nicht glücklich«, antwortete der Narr; »weder mit meiner alten noch mit meiner neuen Frau; außerdem bedrückt mich die Last der Armut.«

Der König fragte: »Kannst du einige Verse über den Gegenstand vortragen?«

Der Narr bejahte, und Mamum befahl ihm, alle Verse herzusagen, die er kenne. So begann denn Bahlul wie folgt:

Armut hält mich in Ketten; Elend quält mich,

Mitleidlos verfolgen mich Mißgeschicke,

Unglück stößt mich in Leiden und Gefahren,

Daß die Menschen verächtlich nur mich ansehn,

Einem Armen, wie mir, ist Gott nicht gnädig,

Darum sehen die Menschen auch mich scheel an.

Unglück hat und Elend seit langer Zeit schon

Mich in Banden gehalten – ohne Zweifel

Kennt man bald im eigenen Haus mich nicht mehr.

Mamum fragte ihn: »Wo willst du damit hinaus?«

Er erwiderte: »Zu Gott und seinem Propheten, o Beherrscher der Gläubigen.«

»Das ist recht!« rief der König. »Wer seine Zuflucht bei Gott und seinem Propheten sucht und dann sich an uns Könige wendet, der wird willkommen geheißen werden. Aber kannst du mir jetzt noch einige Verse mehr über deine beiden Weiber sagen und wie es dir mit ihnen ergeht?«

»Gewiß«, sagte Bahlul.

»Dann laß uns hören, was du zu sagen hast!«

Da begann Bahlul mit Worten voll dichterischen Schwunges:

Weil ich ein Dummkopf war, nahm ich zwei Weiber. –

»Was beklagst du dich nun, du Doppelgatte?« –

Also sprach ich zu mir: »In ihrer Mitte

Werd ich rah'n wie ein Lämmchen an dem Busen

Meiner beiden geliebten weißen Schafe.«

Aber ach, wie ein Widder zwischen zween

Weiblichen Schakalen, so schlepp' ich Armer

Mich von Nacht zu Nacht und von Tag zu Tage,

Und mich drücket tages ihr Joch und nächtens:

Lach ich der einen zu, dann weint die andre.

Und so gibt es vor diesen zwei Megären

Kein Entrinnen – ich bin und bleib im Elend.

Willst du heiter und freien Herzens leben,

Ohne stets die Fäuste geballt zu halten,

O, dann heirate nicht – doch geht's nicht anders,

Dann begnüge mit einer einzigen Frau dich:

Eine genügt, zwei Heere tot zu machen.

Als Mamum diese Worte hörte, begann er zu lachen, daß er beinahe von seinem Throne gefallen wäre. Hierauf schenkte er, zum Beweise seiner freundlichen Gesinnung, Bahlul sein goldenes Kleid, ein wunderbar schönes Gewand.

Bahlul aber ging mit Freude im Herzen fort, und als er in die Nähe des Hauses kam, das dem Großwesir gehörte, stand gerade dessen Gattin Hamdonna auf der Zinne ihres Palastes und sah ihn.

Sie sagte zu ihrer Negerin: »Beim Gott des Sturmes von Mekka! Da kommt Bahlul in einem goldgewirkten Kleide! Wie kann ich es anfangen, dieses in meinen Besitz zu bringen?«

Die Negerin sagte: »Oh, meine Herrin, dieses Kleid zu erhalten, wird dir nie gelingen.«

Hamdonna antwortete: »Ich habe eine List ausgedacht, durch die es mir gelingen muß, und ich werde das Kleid von ihm erhalten.«

»Meine Gebieterin, Bahlul ist ein Schlaukopf«, versetzte die Negerin. »Die Leute denken, sie können sich über ihn lustig machen; aber, bei Gott, er treibt mit ihnen seinen Spaß. Gib den Gedanken auf, o Herrin, und nimm dich in acht, daß du nicht in die Grube fällst, die du ihm graben willst.«

Aber Hamdonna rief abermals: »Es muß gemacht werden!« Hierauf sandte sie ihre Negerin zu Bahlul und ließ ihm sagen, er möchte zu ihr kommen. Er antwortete: »Beim Segen Gottes! Es heißt in den Überlieferungen Mohammeds: Der dich ruft, dem sollst du Antwort geben!« Hiermit begab er sich zu Hamdonna.

Diese hieß ihn willkommen und sagte: »O Bahlul, ich glaube, du kommst, um mich singen zu hören.« Er antwortete: »Ganz gewiß, o Herrin! Du besitzest ja in wunderbarem Maße die Gabe des Gesanges.« – »Ich glaube auch«, fuhr sie fort, »daß du gerne einige Erfrischungen annehmen wirst, nachdem du meine Lieder gehört hast.« – »Ja«, sagte er.