Der Karatehamster hisst die Segel - Tina Zang - E-Book

Der Karatehamster hisst die Segel E-Book

Tina Zang

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Beschreibung

Auch einen Hamster packt mal das Fernweh, darum sind Neo, Lee und Chan total aus dem Häuschen, als sie mit ihren Menschen in Urlaub fahren dürfen. Während Lee sich Wellness gönnt und Chan seinen bayrischen Wortschatz erweitert, kann Neo sich mal wieder als Detektiv betätigen. Ausgerechnet das Geschenk, das Jan für Kira liebevoll in Glitzerpapier verpackt hat, ist verschwunden. Ob das unschlagbare Hamster-Kinder-Team den Fall rechtzeitig vor Kiras Geburtstag auflösen kann?

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Tina Zang

Der Karatehamster … HISST DIE SEGEL

Für meine MaskottchenMarty und Monty

Tina Zang

Der Karatehamster …HISST DIE SEGEL

Mit Illustrationen von Claudia Fries

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation

in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet

unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Neue Rechtschreibung

© 2020 by Obelisk Verlag, Innsbruck Wien

Coverentwurf: Claudia Fries

Lektorat: Regina Zwerger

Alle Rechte vorbehalten

Druck und Bindung: Finidr, s.r.o. Český Těšín, Tschechien

ISBN 978-3-85197-954-1

eISBN 978-3-99128-052-1

www.obelisk-verlag.at

INHALT

Unsre Kindheit war schwer, doch Jan freut sich sehr

Mein tiefer Sturz ist allen schnurz

Alle an Bord — dann fahren wir fort!

Auf dem Tablett reist es sich nett

Ein Hase wird zur Oase

Ein Schrei aus voller Lunge — da kommt ein netter Junge

Während Winde mich umtosen, zeig ich sportlich meine Posen

Lecker speisen und kritisch reisen

Es bleibt nur Glitter, ach wie bitter

Kira wirft Blicke auf die mürrische Zicke

Löwenzahn für alle − ist das eine Falle?

Im Nu bin ich im Schuh

Der Bürgermeister — Alois heißt er

Drahtig, dröge oder drall es geht weiter mit dem Fall

Niemand weiht mich ein. Das ist hundsgemein

Glitter im Haar? Der Fall ist klar!

Das Spiel ist aus − es gibt Applaus

Ein Jahr alt − und durchgeknallt

Nach dem Chillen kommt das Grillen

UNSRE KINDHEIT WAR SCHWER, DOCH JAN FREUT SICH SEHR

„Er ist’s!“, rief Kira so laut, dass ich vor Schreck aus dem Laufrad purzelte. Sie saß auf dem Bett, ein aufgeschlagenes Buch auf den angezogenen Knien. Weit und breit war niemand zu sehen. Von wem sprach sie? Und zu wem sagte sie es?

„Frühling lässt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte“, posaunte Kira durchs Zimmer.

„Wen meint sie bloß?“, fragte ich Lee, der auf seinem Polster hockte. „Kennen wir jemanden, der Frühling heißt?“

Lee schüttelte den Kopf.

Chan, der seinen Futtervorrat nach Körnergröße sortierte, sagte: „Wir kennen nur Frau Sommer, und bei der flattern höchstens die Ohren ihres Dackels.“

„Süße, wohlbekannte Düfte streifen ahnungsvoll das Land“, fuhr Kira fort.

Chan hob das Näschen und schnupperte. „Ich rieche nichts.“

„Veilchen träumen schon, wollen balde kommen.“ Kira seufzte. Es klopfte. „Veilchen – herein – träumen schon“, wiederholte Kira. „Wollen – hallo Jan – balde kommen.“

„Horch, von fern ein leiser Harfenton!“, sagte Jan. Was für eine merkwürdige Begrüßung.

Chan spitzte die Ohren. „Seit wann macht Hafer Geräusche?“

„Nicht Hafer“, sagte Lee. „Harfe. Das ist ein Musikinstrument.“

Jan breitete die Arme aus. „Frühling, ja du bist’s! Dich hab’ ich vernommen!“

„Du kannst das Gedicht schon auswendig?“, staunte Kira. „Ich tue mir total schwer mit dieser Kitschpoesie.“

„Aha, ein neues Schulfach“, sagte ich zu Lee und Chan. „Das ist des Rätsels Lösung. Neben Scheißbruchrechnen und Grammatikschrott darf Kira jetzt auch Kitschpoesie lernen.“

„Mir gefällt das Gedicht“, sagte Jan zu Kira, während er die Abdeckung von unserem Glaskäfig hob und mir die Hand hinhielt, damit ich draufkletterte. „Ich finde Eduard Mörike toll.“

„Möhren!“, sagte Chan betont. „Die wären toll.“

„Ein neues Abenteuer“, sagte ich und machte es mir auf Jans Schulter gemütlich. „Das wäre toll.“

„Wollen wir das Gedicht gemeinsam aufsagen?“, fragte Kira. „Vielleicht lerne ich es dann schneller.“

„Nix da, genug geflattert!“, rief ich dazwischen, obwohl ich natürlich wusste, dass die beiden mich nicht verstanden. „Ich will sofort hinaus in den Frühling mit den süßen Düften, den träumenden Veilchen und dem leisen Harfenton, um ein Abenteuer zu erleben.“

Lee klatschte anerkennend in die Pfoten. „Toll, wie du dir den Inhalt des Gedichts gemerkt hast, Neo. Und das nach nur einem Mal hören. Du bekommst von mir eine Eins in Kitschpoesie.“ Lee war zwar nicht mein Lehrer, aber ich freute mich trotzdem.

„Ich habe schon etwas anderes vor“, sagte Jan. „Ich muss gleich wieder los.“

„Wieso bist du dann überhaupt gekommen?“ Kira wirkte etwas verärgert.

„Ich muss mir etwas von dir leihen. Und zwar deine Hamster. Nur für ein oder zwei Stündchen.“

„Wozu?“, fragte Kira.

„Das verrate ich nicht“, sagte Jan.

Kira runzelte die Stirn. „Warum nicht?“

„Weil es ein Geheimnis ist. Keine Sorge, du wirst es erfahren. Aber erst, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.“

„Na gut“, sagte Kira. „Du darfst die drei mitnehmen. Dann lerne ich das Gedicht eben allein weiter.“

Jan steckte uns in den Rucksack und machte sich auf den Weg. Ich war sehr gespannt, wohin er uns brachte und was er vorhatte.

Während wir unterwegs waren, hörte ich ein paarmal die Fahrradklingel. „Wir radeln“, sagte ich.

„Nein, wir hocken“, verbesserte Lee. „Jan radelt.“

„Was meint ihr, wo wir hinradeln?“, fragte ich.

„Du meinst, wo wir hinhocken“, sagte Chan.

Ich gab es auf, mit den beiden eine vernünftige Unterhaltung führen zu wollen.

Kurz darauf waren wir schon da. Als Jan uns aus dem Rucksack holte, befanden wir uns in einer sehr vertrauten Umgebung: In der Zoohandlung von Herrn Schmeckts.

„So, da sind wir“, sagte Jan zu Herrn Schmeckts. „Ist alles vorbereitet?“

„Ja, ich habe die kleinen Hamster vorübergehend ausquartiert, damit du den Käfig für das Fotoshooting benutzen kannst.“

Aha, Jan wollte uns fotografieren. Warum ausgerechnet hier? Er fotografierte uns doch sowieso ständig. Seit ich ihn kannte, zückte er jedes Mal sein Handy, wenn wir etwas Lustiges oder Spannendes machten. Früher hatte ich nicht gewusst, was das für ein seltsames Ding war, das er sich manchmal ans Ohr hielt und manchmal vors Gesicht. Auf dem er manchmal herumtippte und in das er manchmal hineinsprach. Inzwischen wusste ich, dass ein Handy ein wahres Wunderding war, mit dem man telefonieren, Texte versenden, Filme und Fotos machen und Antworten auf alle möglichen Fragen finden konnte. Das Ding schien einfach alles zu wissen. Es war ein noch größerer Klugscheißer als Lee.

Der Käfig, zu dem Jan uns brachte, war nicht irgendein beliebiger Käfig. Ich erkannte ihn sofort: Es war der Käfig, in dem ich mit Lee und Chan gelebt hatte, als Kira in die Zoohandlung gekommen war, um einen Hamster zu kaufen. Dann hatte sie uns gleich alle drei gekauft.

Der Käfig war klein und mit einem Schlafhaus und einem gelben Laufrad eingerichtet. Herr Schmeckts öffnete ihn und Jan setzte uns hinein.

„Lasst es uns schnell hinter uns bringen“, sagte Lee. „Hier drin ist es ungemütlich. Es gibt nicht mal ein Sitzpolster. So eine Bruchbude. Wie habe ich es hier während der endlosen Wochen meiner Kindheit nur ausgehalten?“

Auch Chan meckerte. „Seht euch diesen winzigen Fressnapf an. Da passt nicht mal eine vollständige Mahlzeit hinein.“

Ich trippelte ins Laufrad. War es so ruckelig und quietschig, wie ich es in Erinnerung hatte? Ich lief ein bisschen. Das Laufrad ruckelte und quietschte. „Du hast recht“, sagte ich zu Lee. „Das hier ist eine Bruchbude. Absolut nicht artgerecht.“

Jan holte sein Handy aus der Hosentasche, ging vor dem Käfig in die Hocke und sagte zu Herrn Schmeckts: „Es wäre prima, wenn die drei sich genau so verhalten würden wie damals, als Kira sie gekauft hat.“

Lee dachte nach und meinte dann: „Ich glaube, ich habe mich immer gerne tot gestellt, weil ich hoffte, dass Herr Schmeckts dann einen Tierarzt holt.“ Er legte sich auf den Rücken, streckte die Pfoten von sich und wurde stocksteif.

„Und ich habe immer den Napf geleert, damit Herr Schmeckts ihn auffüllt“, sagte Chan und begann, sich die Backen vollzuschlagen. „Ja, genau scho war dasch“, nuschelte er zufrieden.

„Und ich habe mich damals beschwert, dass ich zu wenig Abwechslung hatte“, sagte ich. „Immernur fressen, schlafen, putzen, das ist doch kein Hamsterleben!“

Lee hob den Kopf: „Du sollst nicht quatschen, sondern posen. Das ist ein Fotoshooting, kein Hörspiel.“ Er schloss die Augen und hielt wieder still.

Sportliche Posen waren meine leichteste Übung. Ich hatte damals versucht, oben auf dem Laufrad zu laufen, war aber in hohem Bogen in den Fressnapf geflogen. Diesmal würde es sicher gelingen, schließlich hatte ich fast ein Jahr lang trainiert. Ich kletterte die Gitterstäbe hoch, schwang mich von oben aufs Laufrad und wetzte los. Es lief wie geschmiert. Ein tolles Gefühl. Damit Jan außer dem fressenden Chan und dem herumliegenden Lee noch ein bisschen Action für sein Foto hatte, beschloss ich, einen Sprung zu wagen. Ich stieß mich mitten im Lauf ab, flog über den Fressnapf und den Wassernapf hinweg, prallte am Käfiggitter ab und landete auf Lee.

„Aaaaaah“, kreischte Lee.

Jan lachte. „Super“, sagte er und steckte das Handy weg. „Ich habe eine Serienaufnahme gemacht, da ist bestimmt etwas Geeignetes dabei.“

Er holte uns aus dem Käfig, bedankte sich bei Herrn Schmeckts, kaufte eine Packung Nagisan und machte sich auf den Heimweg.

„Grässlich“, sagte Lee unterwegs. „Absolut grauenvoll. Ich weiß nicht, wie ich mich jemals wieder davon erholen soll.“

„War es so schlimm, als ich auf dir gelandet bin?“, erkundigte ich mich besorgt.

„Nein, aber es war schlimm, sich daran zu erinnern, was für eine schwere Kindheit wir hatten. Es grenzt an ein Wunder, dass aus uns trotzdem normale, gesunde Hamster geworden sind.“

MEIN TIEFER STURZ IST ALLEN SCHNURZ!

Wieder bei Kira angekommen, setzte Jan Lee und Chan in den Käfig und mich auf seine Schulter.

Lee hockte sich auf sein Polster. „Noch nie hat mein Hintern es so sehr zu schätzen gewusst wie jetzt.“

Chan schmiegte sich an den Fressnapf. „So ein schöner, großer Napf“, schwärmte er.

Jan überreichte Kira die Nagisan-Packung. „Als Dankeschön fürs Ausleihen. Wenn du magst, helfe ich dir jetzt mit dem Gedicht.“

Doch in dem Moment klopfte es an der Tür und Sandra Putz erschien. „Kira, kann ich dich kurz sprechen? Es ist wichtig, denn es geht um ein Last-Minute-Angebot für eine Woche in einem Luxusresort auf Sardinien.“

Kira fragte: „Fliegen wir in den Osterferien in Urlaub?“

Sandra räusperte sich. „Nicht wir alle, nur dein Vater und ich. Wir wollen unsere Hochzeitsreise nachholen, die wir nach unserer Heirat nicht machen konnten.“

„Ach ja“, sagte Kira. „Damals wurde das Dojo gerade renoviert und es ging drunter und drüber.“ Dann runzelte sie die Stirn. „Moment mal, heißt das, ich muss auf Heiko aufpassen, während ihr verreist seid?“

„Nein, Heiko wird so lange bei seinem Vater wohnen“, antwortete Sandra. „Dein Vater findet, dass du alt genug bist, um allein zu bleiben. Was meinst du?“

„Und was ist mit meinem Geburtstag?“, fragte Kira. „Der ist dieses Jahr am Ostersonntag. Soll ich den etwa ohne euch feiern?“

Sandra machte ein schuldbewusstes Gesicht. „Deine Geburtstagsfeier holen wir nach, sobald wir wieder zurück sind.“

„Hm.“ Kira dachte eine Weile nach. „Richtig toll finde ich das nicht, aber was soll’s. Ihr könnt eure Hochzeitsreise gerne nachholen.“

„Super, danke“, rief Sandra. „Dann buche ich jetzt.“ Sie lief aus dem Zimmer.

„Eigentlich gar nicht schlecht“, sagte Kira zu Jan. „Dann haben wir bald eine Woche lang sturmfreie Bude und können jeden Tag alles unternehmen, was wir wollen.“

Sturmfreie Bude? Kapierte ich nicht. In Kiras Zimmer gab es kein Wetter, auch wenn es darin manchmal aussah, als wäre ein Wirbelsturm hindurchgefegt.

„Ich fürchte, daraus wird nichts“, sagte Jan und zuckte bedauernd mit den Schultern. Anscheinend bedauerte er das ganz gewaltig, denn er zuckte so sehr, dass ich fast hinunterpurzelte. Ich konnte mich im letzten Moment an seinem Ohrläppchen festhalten. „Wir verreisen in den Osterferien nämlich auch. Wir fahren an den Walchensee.“

Wie, Jan wollte schon wieder verreisen? Er war doch erst vor einem halben Jahr in den Herbstferien in einem Westernreitkurs gewesen. Diese ewige Reiserei wurde allmählich zur Seuche. Und wieso verreisten alle immer ohne uns? „Ich will mit!“, rief ich und bearbeitete Jans Ohrläppchen mit den Krallen.

„Autsch.“ Jan nahm mich von der Schulter. „Man könnte meinen, es passt Neo nicht, dass ich verreisen will.“

„Mir passt es auch nicht“, sagte Kira.

„Aber wenigstens misshandelst du mich deswegen nicht.“ Jan sah mich vorwurfsvoll an. Ich schmiegte mich in seine Handfläche, als wäre ich mir keiner Schuld bewusst.

Kira lachte und gab Jan einen Kuss aufs Ohrläppchen.

Jan wurde rot. „Wenn ich ehrlich bin, passt es mir auch nicht. Eine Woche ohne dich ist voll doof. Aber vielleicht … Hier, halt mal.“ Er setzte mich auf Kiras Schulter und holte sein Handy heraus. „Ich frag meine Mutter, ob wir dich mitnehmen können.“

Kira wippte begeistert auf und ab. Wieder konnte ich mich nur vor einem Absturz retten, indem ich schnell ihr Ohrläppchen packte. Echt praktisch, dass Menschen die Ohren seitlich am Kopf haben und nicht wie Hunde weiter oben. Dort würden sie mir als Griff überhaupt nichts nützen.

Jan ging zum Telefonieren in den Flur. Kira füllte inzwischen Futter in unsere Näpfe. Ich trippelte auf Kiras Schulter ungeduldig von einer Pfote auf die andere.

Endlich kam Jan zurück. „Es klappt! Du kannst mitkommen.“

„Juchhu!“, rief Kira.

„Juchhu!“, rief auch ich. „Wir fahren in den Urlaub. Lee, Chan, packt schon mal eure Koffer.“

„Äh, was für Koffer?“, fragte Chan.

„Ist nur so eine Redensart der Menschen“, erklärte ich.

Kira umarmte Jan. „Das ist mega cool. Weißt du, was echt spitze wäre? Wenn wir im Urlaub in einem Fall ermitteln könnten.“ Kira löste sich von Jan und runzelte die Stirn. „Es gibt nur ein Problem. Wo bringe ich die Hamster unter?“

Wie? Unterbringen? Natürlich in unserem Transportkäfig.

„Du könntest Petra fragen, ob sie einmal am Tag herkommt, um sie zu füttern“, schlug Jan vor.

Kira griff zum Handy.

„Häh?“ Ich verstand überhaupt nichts mehr. „Wie soll Petra uns füttern, wenn wir gar nicht da sind?“

„Neo“, sagte Lee, „du musst dir den Urlaub abschminken. Ganz offensichtlich hat Kira vor, uns hier zu lassen.“

„Hier? Allein? Ohne niemanden? Ohne Abenteuer? Ohne nix?“ Ich konnte mein Entsetzen kaum in Worte fassen.

„Ohne Kofferpacken?“, fragte Chan. „Schade. Aber immerhin – jedes Mal, wenn Petra herkommt, bringt sie bestimmt Mariechen mit.“

Nun gut, einmal am Tag Mariechen zu sehen, war ein Trost. Doch auch der wurde im nächsten Moment zunichtegemacht. Kira hatte das Telefonat beendet und sagte zu Jan: „Klappt nicht. Petra hat in den Ferien schon etwas vor.“

„Dann probieren wir es mit Stiefelschmitts“, sagte Jan. „Das wäre sogar noch besser. Wir könnten die Hamster hinbringen. So haben sie Urlaub bei netten Menschen und können sich mit Vincent vergnügen.“

Mit Vincent WAS? Mit diesem Blödwuschel hatte ich mich noch nie vergnügt! Im Gegenteil. Niemand auf der ganzen Welt konnte mich schneller auf die Palme bringen als dieser arrogante Fusseldepp. Da war Dauerstress vorprogrammiert. Von Urlaub keine Spur.

Auch Lee und Chan sahen alles andere als vergnügt aus. „Neo, tu etwas!“, rief Lee mir zu. „Bring die Kinder zur Vernunft, bevor sie uns drei ins Unglück stürzen.“

Nun gut, dann musste ich zu drastischen Maßnahmen greifen. Kira stand nah genug am Käfig. Mit etwas Anlauf konnte ich es schaffen, hineinzuspringen. Ich stieß mich von ihrem Ohr ab, machte drei schnelle Schritte und sprang in den Glaskäfig, wo ich knapp neben dem Laufrad landete.

„Was soll das denn?“, fragte Lee.

Ich rappelte mich auf. „Ich habe Kira gezeigt, dass sie mich ins Unglück stürzt.“

Kira sah verwundert auf mich herab. „Gefällt es dir auf meiner Schulter nicht?“

Ich wälzte mich auf dem Boden. „Ich bin unglücklich. Entsetzlich unglücklich!“, jammerte ich. Kapierte sie es jetzt?

„Da stimmt etwas nicht“, sagte Jan und griff nach mir. „Hoffentlich hat er sich beim Sprung nicht verletzt.“

„Das war kein Sprung“, rief Lee. „Sondern ein astreiner Sturz! Direkt ins Unglück.“

Die Kinder verstanden immer noch nichts. Jan untersuchte mich und meinte: „Nichts gebrochen.“

Ich drehte mich auf seiner Hand auf den Rücken und fasste mir an die Brust. „Doch, mein Herz ist gebrochen, weil ihr wegfahrt und mich in den Klauen meines plüschigen Erzfeinds zurücklasst.“

Jan kitzelte mich am Bauch.

„Hör sofort auf mit dem kindischen Getue“, schimpfte ich.