Der neugierige Junge, der die Welt erschütterte - Jörg F. Nowack - E-Book

Der neugierige Junge, der die Welt erschütterte E-Book

Jörg F. Nowack

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Beschreibung

Lilly und Nikolas sind super aufgeregt: Sie haben in der Schulaufführung die Hauptrollen ergattert. Das Thema: 500 Jahre Reformation. Doch was genau ist das eigentlich? Wer war dieser Martin Luther? Warum hat der Zettel, den der Professor an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg gehängt hat, für solchen Wirbel gesorgt? Warum musste sich Luther auf der Wartburg verstecken? Und hat er sich wirklich in eine Nonne verliebt und sie sogar geheiratet? Lilly und Nikolas haben jede Menge Fragen. Auf der Suche nach Antworten gehen sie mit ihren Eltern auf Entdeckungstour – dort, wo alles begann. Auf einer spannenden Reise erkunden sie die Orte in Sachsen-Anhalt und Thüringen, an denen Martin Luther gelebt und gewirkt hat. Sie besuchen Luthers Geburtshaus in Eisleben, sein Elternhaus in Mansfeld, das Lutherhaus in Eisenach, das Augustinerkloster in Erfurt, die Wartburg, aber auch die Schlosskirche, das Lutherhaus und das Melanchthonhaus in Wittenberg. Unterwegs erfahren Lilly und Nikolas, wie aus einem neugierigen kleinen Jungen der Augustinermönch und schließlich der Reformator Martin Luther geworden ist, dessen Einfluss noch heute in unserem Alltag spürbar ist – nicht zuletzt in unserem Schulsystem und in unserer Sprache. Ihre abenteuerliche Reise führt Lilly und Nikolas nicht nur quer durch Mitteldeutschland, sondern auch zurück in die Zeit vor über 500 Jahren.

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Seitenzahl: 93

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Die besten Ausflugstipps auf Luthers Spuren in Thüringen und Sachsen-Anhalt

finden Sie unter www.biber-butzemann.de/reisetipps

Besuchen Sie uns im Internet unter www.biber-butzemann.de

© Kinderbuchverlag Biber & Butzemann

Geschwister-Scholl-Str. 7

15566 Schöneiche

1. Auflage, Mai 2017

Alle Rechte vorbehalten. Die vollständige oder auszugsweise Speicherung, Vervielfältigung oder Übertragung dieses Werkes, ob elektronisch, mechanisch, durch Fotokopie oder Aufzeichnung, ist ohne vorherige Genehmigung des Verlags urheberrechtlich untersagt.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.ddb.de abrufbar.

Text: Jörg F. Nowack

Illustrationen: Sabrina Pohle

Layout und Satz: Mike Hopf

Lektorat: Kati Bieber, Martina Bieber, Steffi Bieber-Geske, Nicole Grom, Simona Herzig, Juliane Just

Lektoratsassistenz: Anna Katrien Liedmeier

Korrektorat: Peggy Büttner, Jennifer Trapp

E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2017

ISBN: 978-3-95916-026-1

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Karte

1. Eine unwillkommene Ehre

2. Auf nach Eisleben

3. Eine Familie namens Luder

4. Die letzte Reise des Professors

5. Martins Kinderzeit in Mansfeld

6. Der heilige Eid des Studenten

7. Ein besonderer Traum

8. Im Augustinerkloster von Erfurt

9. Eisenach, der Reichstag zu Worms und die Übersetzung der Bibel

10. Ein Tintenfleck auf der Wartburg

11. Die Reformation geht weiter

12. 95 Thesen

13. Eine Liebesgeschichte in Wittenberg

Außerdem bei Biber&Butzemann

Der Autor/Die Illustratorin

1.

EINE UNWILLKOMMENE EHRE

„Was ist eigentlich eine Reformation?“, fragte Lilly beim Frühstück am Freitagmorgen.

„Ja, und wer war dieser Martin Luther?“, ergänzte Nikolas.

„Woher kommt denn euer plötzliches Interesse an Martin Luther und der Reformation?“ Mama war vor Überraschung fast das Brötchen aus der Hand gefallen.

Nikolas zog ein missmutiges Gesicht. „Wir sollen in der Schule zum 500. Jubiläum der Reformation ein Theaterstück aufführen.“

„Und ausgerechnet Nikolas soll diesen Martin Luther spielen“, erklärte Lilly.

„Und Lilly haben sie für seine Frau Katharina von Borna ausgesucht!“ Nikolas seufzte tief.

„Du meinst sicher Katharina von Bora“, schmunzelte Mama. Nikolas nickte.

„Uiuiui“, meinte Papa. „Wisst ihr denn schon, worum es bei dem Theaterstück genau geht?“

„Eigentlich wissen wir nur, dass wir das Stück irgendwann im Sommer aufführen sollen, kurz vor den Ferien“, sagte Nikolas.

„Alle Familien sollen eingeladen werden!“, jammerte Lilly. „Ich bekomme bestimmt keinen einzigen Ton raus. Und ich weiß gar nicht, ob ich diese Katharina überhaupt spielen will, vielleicht ist sie ja total doof. Deshalb will ich unbedingt mehr darüber wissen – und zwar so schnell wie möglich, nicht erst bei den Proben. Immerhin muss ich noch den ganzen Text auswendig lernen.“

„Na, dann müssen wir euch wohl ein bisschen darüber erzählen“, stellte Mama fest. Sie stand vom Tisch auf und ging zum Bücherregal, aus dem sie ein großes, altes Lexikon zog. Das Buch war ganz in Leder gebunden. Mama setzte sich in den Sessel und schlug das Buch bei „Lu“ auf. „Luftschiff … Lupo … Lust … Luther – hier ist es!“, rief sie. „Luther, Martin, Reformator. Geboren und gestorben in Eisleben, Sohn eines Bergmanns …“

„Moment mal, Schatz“, warf Papa ein. „Ich habe einen anderen Vorschlag. Vor uns liegt ein langes Wochenende. Was haltet ihr davon, wenn wir dorthin fahren, wo Martin Luther gelebt und gearbeitet hat? So erfahren wir sicher mehr über ihn als aus dem alten Lexikon. Ich könnte mir vorstellen, dass eine Entdeckungstour ziemlich interessant sein könnte.“

„Das ist eine gute Idee“, sagte Mama und schlug das Buch zu. „Ich habe ja heute schon frei und kann unsere kleine Reise vorbereiten. Dann können wir morgen früh aufbrechen. Ich denke nämlich, wir müssen ein ganzes Stück fahren, um auf Luthers Spuren zu wandeln.“

So wurde es beschlossen. Lilly und Nikolas nahmen ihre Schultaschen und machten sich fröhlich mit Papa auf den Weg. Sie freuten sich sehr auf den spontanen Kurzurlaub. Mama las zuerst die Biografie Martin Luthers in dem dicken Lexikon zu Ende und setzte sich dann an den Computer, um die Route für ihre Forschungsreise zu planen.

2.

AUF NACH EISLEBEN

Am Samstagmorgen klingelte der Wecker sehr früh. Lilly sprang trotzdem sofort aus den Federn und lief ins Bad, während Nikolas sich erst noch mal kurz unter die Decke kuschelte. Einige Zeit später zog der Duft von frischen Brötchen durch die Wohnung. Schon bald fanden sich die vier am Frühstückstisch ein.

„Alle Städte, die wir auf unserer Tour besuchen werden, tragen den Namenszusatz ‚Lutherstadt‘“, erklärte Mama. „Zuerst fahren wir nach Eisleben. Dort wurde Martin Luther geboren und dort ist er auch gestorben. Anschließend geht es weiter nach Mansfeld, wo er einen großen Teil seiner Kindheit verbracht hat. Sein Elternhaus ist heute ein Museum.“

Eine halbe Stunde später startete Papa das Auto und es ging los. Kaum waren sie auf der Autobahn, fragte Lilly: „Wann sind wir eigentlich da?“

„Eisleben liegt etwa drei Autostunden von Berlin entfernt, hinter Halle an der Saale“, erklärte Papa. Lilly und Nikolas waren beruhigt, weil es nicht quer durch Deutschland ging, und verfolgten den Weg auf der Karte. Als sie die Landesgrenze zwischen Brandenburg und Sachsen-Anhalt überquerten, zeigte Nikolas auf das Schild, das am Rand der Autobahn stand. „Schaut mal, dort steht: ‚Sachsen-Anhalt – Ursprungsland der Reformation‘! Wir sind also auf dem richtigen Weg!“

„Was ist denn nun eigentlich eine Reformation“, fragte Lilly neugierig. „Das Wort ‚Reformation‘ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet ‚Wiederherstellung‘ oder ‚Erneuerung‘“, erklärte Papa. „Am Anfang hatte diese Bewegung das Ziel, die römisch-katholische Kirche zu erneuern, also zu verbessern. Letztendlich führte sie aber zur Spaltung der christlichen Religion in zwei Untergruppen: die katholische und die evangelische.“

„Soll ich euch ein bisschen was über die Zeit erzählen, in der Luther lebte?“, fragte Mama.

„Au ja!“, riefen Nikolas und Lilly wie aus einem Mund.

„Damals, vor etwas mehr als 500 Jahren, gab es nur wenige Städte und schon gar keine so großen, wie wir sie heute kennen“, begann Mama. „Städte wie Erfurt und Leipzig zählten zu den größten und einflussreichsten Städten, die es in der Mitte Europas gab. Sie lagen an der Via Regia, einer bekannten Handelsstraße, die quer durchs Land führte und unter dem Schutz der Kaiser und Könige stand. Erfurt hatte damals etwa 20.000 Einwohner. Zum Vergleich – in Berlin wohnen heute etwa dreieinhalb Millionen Menschen. Damals gab es viele Dörfer, in denen die Bauern dafür sorgten, dass die Menschen – auch die in den Städten – genug zu essen hatten. Sie pflügten mit Ochsengespannen den Boden und ernteten das reife Korn, indem sie es mit Sensen mähten. Anschließend banden sie die Kornähren zu dicken Bündeln, den sogenannten Garben, luden sie auf ihre Pferdewagen und brachten sie in die Scheunen. Dort droschen sie mit Dreschflegeln die Körner aus dem Stroh. Das war eine sehr schwere, gefährliche und undankbare Arbeit, denn die Bauern mussten den Zehnten, also etwa ein Zehntel ihres Erlöses, als Steuer bei ihrem jeweiligen Landesherrn abliefern.“

„Aber Luther war doch kein Bauer, oder?“, wandte Nikolas ein.

„Nein, er war Mönch und später Professor“, sagte Mama. „Aber die meisten Menschen lebten damals auf dem Land. Und auch das Leben in den Städten war damals ganz anders als heute. Innerhalb der Stadtmauern gab es kaum befestigte Straßen. Der Müll und der Inhalt der Nachttöpfe wurden einfach auf die Straße gekippt.“

„Echt? Die haben das Pipi und so einfach auf die Straße gekippt? Wie eklig!“ Lilly schüttelte sich.

„Das stimmt“, sagte Mama. „Überall tummelten sich Mäuse, Ratten und anderes Ungeziefer. Es muss ganz widerwärtig gestunken haben. Fließendes Wasser gab es nur an den Flüssen und Bächen, es gab keine Elektrizität und deshalb auch keine Kühlschränke. Die Lebensmittel wurden also schnell schlecht, wenn man keinen kühlen Keller besaß.“

„Was haben die Kinder denn damals gespielt?“, fragte Nikolas neugierig.

Mama musste lachen. „Der Spielplatz der Kinder in jener Zeit hieß ‚draußen‘. Sie zogen gemeinsam durch Wälder und Felder und beschäftigten sich mit dem, was die Natur zu bieten hatte. Die Mädchen spielten viel mit Puppen, die Jungs mit Murmeln, Kreiseln oder mit dem, was gerade zur Hand war – falls die Kinder überhaupt Zeit zum Spielen hatten. Gerade in den ländlichen Gegenden mussten sie oft auf dem elterlichen Hof helfen. Noch schlimmer war es bei den Tagelöhnern. Diese Familien besaßen kein eigenes Land, das sie bewirtschaften konnten, und so mussten sie nicht selten tageweise Arbeiten verrichten, die kein anderer tun wollte. Nur dann hatten sie etwas zu essen.“

„Das ist ja furchtbar!“, seufzte Lilly.

„Ja, das war es. Die Kinder wuchsen in bitterer Armut auf und waren oft schon im Alter von unter zehn Jahren gezwungen, hart zu arbeiten, damit die Familie überleben konnte. Zum Beispiel trugen viele Kinder damals als Viehhirten zum Unterhalt der Familie bei – und wehe, ein Stück Vieh ging verloren! Dann musste die Familie für Ersatz sorgen und das bedeutete, alle hungerten. Und das nicht nur für einen Tag.“

„Wie schrecklich! Mussten die Kinder denn gar nicht zur Schule gehen?“, wollte Lilly wissen.

„Zur Schule gehen konnten nur die Kinder von reichen Leuten. Der Unterricht wurde auf Latein gehalten. Auch in den Kirchen wurde ausschließlich Latein gesprochen, was kaum jemand verstand. In jener Zeit konnten nur sehr wenige Menschen hierzulande lesen und schreiben. Deshalb sind in vielen Kirchen die Fenster mit bunten Bildern versehen. Diese Abbildungen zeigen oft die Zehn Gebote. Sie galten als wichtigste Regeln im Umgang miteinander. Auf ihnen ist zum Beispiel auch unser Grundgesetz aufgebaut. Damals dienten die Kirchenfenster als eine Art Bilderbuch für das einfache Volk. Deshalb sind in diesen Fenstern oft auch Heiligengeschichten zu sehen.“

„Gingen denn die Menschen damals oft in die Kirche?“, fragte Nikolas.

„Oh ja, sehr oft sogar. Das ganze Leben der Menschen war sehr stark vom Einfluss der Kirche geprägt, die strenge Regeln für das Zusammenleben aufstellte. Wer diese Regeln brach, den erwarteten furchtbare Strafen.

Die Menschen glaubten außerdem fest an ein Leben nach dem Tod. Vor allem die armen Leute erhofften sich ein besseres Leben im Jenseits – weit weg von Armut und Hungersnot. Sie glaubten, dass man, abhängig davon, wie man sich zu Lebzeiten verhielt, durch das Fegefeuer hindurch in den Himmel kam oder zu ewiger Verdammnis in der Hölle verurteilt war. In diese Zeit wurde Martin Luther hineingeboren.“

„Und zwar hier in Eisleben“, mischte sich Papa ein. „Gleich sind wir da. Eisleben ist eine alte Bergbaustadt, die durch den Abbau von Kupfer reich wurde. Seht mal, dort könnt ihr eine der mitteldeutschen ‚Pyramiden‘ sehen!“

„Echt, hier gibt es Pyramiden?“, wunderte sich Nikolas.

„Ja, aber sie wurden nicht aus Steinen errichtet. Es sind vielmehr kegelförmige Gesteinsreste des Bergbaus, die immer weiter in den Himmel wuchsen. Rings um Eisleben gibt es mehrere davon.“

„Sind die aber hoch!“, staunte Nikolas, als sie näherkamen. „Wie viele Jahre mag es gedauert haben, bis die Bergleute so viele Gesteinsreste abgebaut hatten?“

„Hier im Mansfelder Revier wurde zirka 800 Jahre lang Bergbau betrieben. In dieser Zeit wurden 110 Millionen Tonnen Kupferschiefer gefördert. Daraus gewann man nicht nur Kupfer, sondern auch Silber. Aber wie lange die einzelnen Abraumhalden brauchten, um so weit in den Himmel zu wachsen, weiß ich leider nicht“, erklärte Papa. „Du weißt ja aus unseren Bergwerksbesuchen im Erzgebirge, im Saarland und im Schwarzwald, wie schwer die Arbeit der Bergleute überall war. Hier im Kupferbergbau war sie noch schwerer, da die Stollen sehr, sehr niedrig waren.“