Der Schmied seines Glückes - Gottfried Keller - E-Book

Der Schmied seines Glückes E-Book

Gottfried Keller

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Beschreibung

Gottfried Keller's Werk 'Der Schmied seines Glückes' präsentiert eine meisterhafte Erzählung, die im literarischen Kontext des Realismus angesiedelt ist. Das Buch erzählt die Geschichte des jungen Schmieds Manz, der durch harte Arbeit und Geschick sein Glück selbst schmiedet. Kellers präzise und detaillierte Beschreibungen der Figuren und Schauplätze schaffen eine lebendige Welt, die den Leser in die ländliche Schweiz des 19. Jahrhunderts transportiert. Der Autor verwendet eine klare und einfache Sprache, die es dem Leser ermöglicht, tief in die Psyche der Charaktere einzutauchen und ihre Entwicklungen nachzuvollziehen. Keller nutzt subtile Ironie und Beobachtungen des menschlichen Verhaltens, um gesellschaftliche Themen wie Aufstieg, Selbstbestimmung und Moral zu erforschen. Der Schriftsteller selbst war ein bekannter Schweizer Dichter und Schriftsteller des 19. Jahrhunderts, dessen eigene Erfahrungen und Beobachtungen der Welt um ihn herum in sein Werk eingeflossen sein könnten. Mit seiner beeindruckenden Erzählkunst und tiefgründigen Charakterzeichnung empfehle ich 'Der Schmied seines Glückes' jedem, der an literarischen Werken des Realismus interessiert ist und eine fesselnde Geschichte genießen möchte, die zeitlose Themen behandelt.

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Gottfried Keller

Der Schmied seines Glückes

Ein Meisterwerk des bürgerlichen Realismus: Soziale Kämpfe und die Suche nach Selbstbestimmung im 19. Jahrhundert
Veröffentlicht im Good Press Verlag, 2024
EAN 8596547842996

Inhaltsverzeichnis

Cover
Titelblatt
Text

Der Schmied seines Glückes

Inhaltsverzeichnis
Der Schmied seines Glückes.

John Kabys, ein artiger Mann von bald vierzig Jahren, führte den Spruch im Munde, daß Jeder der Schmied seines eigenen Glückes sein müsse, solle und könne, und zwar ohne viel Gezappel und Geschrei.

Ruhig, mit nur wenigen Meisterschlägen schmiede der rechte Mann sein Glück! war seine öftere Rede, womit er nicht etwa die Erreichung bloß des Nothwendigen, sondern überhaupt alles Wünschenswerthen und Ueberflüssigen verstand.

So hatte er denn als zarter Jüngling schon den ersten seiner Meisterstreiche geführt und seinen Taufnamen Johannes in das englische John umgewandelt, um sich von vornherein für das Ungewöhnliche und Glückhafte zuzubereiten, da er dadurch von allen übrigen Hansen abstach und überdies einen angelsächsisch unternehmenden Nimbus erhielt.

Darauf verharrte er einige Jährchen ruhig, ohne viel zu lernen oder zu arbeiten, aber auch ohne über die Schnur zu hauen, sondern klug abwartend.

Als jedoch das Glück auf den ausgeworfenen Köder nicht anbeißen wollte, that er den zweiten Meisterschlag und verwandelte das i in seinem Familiennamen Kabis in ein y. Dadurch erhielt dies Wort (anderwärts auch Kapes), welches Weißkohl bedeutet, einen edlern und fremdartigern Anhauch, und John Kabys erwartete nun mit mehr Berechtigung, wie er glaubte, das Glück.

Allein es vergingen abermals mehrere Jahre, ohne daß selbiges sich einstellen wollte, und schon näherte er sich dem einunddreißigsten, als er sein nicht bedeutendes Erbe mit aller Mäßigung und Eintheilung endlich doch aufgezehrt hatte. Jetzt begann er aber sich ernstlich zu regen und sann auf ein Unternehmen, das nicht für den Spaß sein sollte. Schon oft hatte er viele Seldwyler um ihre stattlichen Firmen beneidet, welche durch Hinzufügen des Frauennamens entstanden. Diese Sitte war einst plötzlich aufgekommen, man wußte nicht wie und woher; aber genug, sie schien den Herren vortrefflich zu den rothen Plüschwesten zu passen, und auf einmal erklang das ganze Städtchen an allen Ecken von pompösen Doppelnamen. Große und kleine Firmatafeln, Hausthüren, Glockenzüge, Kaffeetassen und Theelöffel waren damit beschrieben, und das Wochenblatt strotzte eine Zeit lang von Anzeigen und Erklärungen, deren einziger Zweck das Anbringen der Alliance-Unterschrift war. Insbesondere gehörte es zu den ersten Freuden der Neuverheiratheten, alsobald irgend ein Inserat von Stapel laufen zu lassen. Dabei gab es auch mancherlei Neid und Aergerniß; denn wenn etwa ein schwärzlicher Schuster oder sonst für gering Geachteter durch Führung solchen Doppelnamens an der allgemeinen Respektabilität Theil nehmen wollte, so wurde ihm das mit Naserümpfen übel vermerkt, obgleich er im legitimsten Besitze der anderen Ehehälfte war. Immerhin war es nicht ganz gleichgültig, ob ein oder mehrere Unbefugte durch dieses Mittel in das allgemeine vergnügte Creditwesen eindrangen, da erfahrungsgemäß die geschlechterhafte Namensverlängerung zu den wirksameren, doch zartesten Maschinentheilchen jenes Creditwesens gehörte.

Für John Kabys aber konnte der Erfolg einer solchen Hauptveränderung nicht zweifelhaft sein. Die Not war jetzt gerade groß genug, um diesen lang aufgesparten Meisterstreich zur rechten Stunde zu führen, wie es einem alten Schmied seines Glückes geziemt, der da nicht in den Tag hinein hämmert, und John sah demgemäß nach einer Frau aus, still, aber entschlossen. Und siehe! schon der Entschluß schien das Glück endlich heraufzubeschwören; denn noch in derselben Woche langte an, wohnte in Seldwyla mit einer mannbaren Tochter eine ältere Dame und nannte sich Frau Oliva, die Tochter Fräulein Oliva. Kabys-Oliva! klang es sogleich in Johns Ohren und widerhallte es in seinem Gemüthe! Mit einer solchen Firma ein bescheidenes Geschäft begründet, mußte in wenig Jahren ein großes Haus daraus werden. So machte er sich denn weislich an die Sache, ausgerüstet mit allen seinen Attributen.

Diese bestanden in einer vergoldeten Brille, in drei emaillirten Hemdeknöpfen, durch goldene Kettchen unter sich verbunden, in einer langen goldenen Uhrkette, welche eine geblümte Weste überkreuzte, mit allerlei Anhängseln, in einer gewaltigen Busennadel, welche als Miniaturgemälde eine Darstellung der Schlacht von Waterloo enthielt, ferner in drei oder vier großen Ringen, einem großen Rohrstock, dessen Knopf ein kleiner Operngucker bildete in Gestalt eines Perlmutterfäßchens. In den Taschen trug, zog hervor und legte er vor sich hin, wenn er sich setzte: ein großes Futteral aus Leder, in welchem eine Cigarrenspitze ruhte, aus Meerschaum geschnitzt, darstellend den auf’s Pferd gebundenen Mazeppa; diese Gruppe ragte ihm, wenn er rauchte, bis zwischen die Augbrauen hinauf und war ein Cabinettsstück; ferner eine rothe Zigarrentasche mit vergoldetem Schloß, in welcher schöne Cigarren lagen mit kirschroth und weiß getigertem Deckblatt, ein abenteuerlich eleganter Feuerzeug, eine silberne Tabaksdose und eine gestickte Schreibtafel. Auch führte er das komplicirteste und zierlichste aller Geldtäschchen mit unendlich geheimnißvollen Abtheilungen.

Diese sämmtliche Ausrüstung war ihm die Ideal-Ausstattung eines Mannes im Glücke; er hatte dieselbe, als kühn entworfenen Lebensrahmen, im Voraus angeschafft, als er noch an seinem kleinen Vermögen geknabbert, aber nicht ohne einen tieferen Sinn. Denn solche Anhäufung war jetzt nicht sowohl das Behänge eines geschmacklosen eiteln Mannes, als vielmehr eine Schule der Uebung, der Ausdauer und des Trostes zur Zeit des Unsterns, sowie eine würdige Bereithaltung für das endlich einkehrende Glück, welches ja kommen konnte wie ein Dieb in der Nacht. Lieber wäre er verhungert, als daß er das geringste seiner Zierstücke veräußert oder versetzt hätte; so konnte er weder vor der Welt, noch vor sich selbst für einen Bettler gelten und lernte das Aeußerste erdulden, ohne an Glanz einzubüßen. Ebenso war, um nichts zu verlieren, zu verderben, zu zerbrechen oder in Unordnung zu bringen, eine fortwährend ruhige und würdevolle Haltung geboten. Kein Räuschchen und keine andere Aufregung durfte er sich gestatten, und wirklich besaß er seinen Mazeppa schon seit zehn Jahren, ohne daß an dem Pferde ein Ohr oder der fliegende Schweif abgebrochen wäre, und die Häkchen und Ringelchen an seinen Etuis und Necessaires schlossen noch so gut als am Tage ihrer Schöpfung. Auch mußte er zu all’ dem Schmucke Rock und Hut säuberlich schonen, sowie er auch stets ein blankes Vorhemdchen zu besitzen wußte, um seine Knöpfe, Kettchen und Nadeln auf weißem Grunde zu zeigen.

Freilich lag eigentlich mehr Mühe darin, als er in seinem Spruche von den wenigen Meisterschlägen zugestehen wollte; allein man hat ja immer die Werke des Genies fälschlich für mühelos ausgegeben.