Die 7 Ausreden der Unternehmen - Ingrid Gerstbach - E-Book

Die 7 Ausreden der Unternehmen E-Book

Ingrid Gerstbach

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Beschreibung

Kunden im Mittelpunkt Kunden sind das Herzstück eines jeden Unternehmens. Um erfolgreich zu sein, muss man die Kundenbedürfnisse kennen und ständig mit den Kunden kommunizieren. Das weiß zwar eigentlich jeder – und doch tun sich viele schwer, das auch umzusetzen. In diesem Buch schildert Ingrid Gerstbach aus ihrer Beratungspraxis, welche sieben Ausreden Unternehmen am häuftigsten vorschieben, um den Kunden nicht in den Mittelpunkt zu stellen. Nach einer Problemanalyse liefert sie jeweils konkrete Tipps und Strategien auf Basis von Design Thinking, die dabei helfen, Kunden besser zu verstehen und auf ihre Bedürfnisse einzugehen. Die Fallstudien und Erfolgsgeschichten im Buch zeigen, dass die Kundenbedürfnisse der Schlüssel zum Erfolg sind!

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Cover for EPUB

INGRID GERSTBACH

DIE 7 AUSREDEN DER UNTERNEHMEN

Kunden wirklich verstehen und erfolgreich bleiben

Campus Verlag

Frankfurt/New York

Über das Buch

Kunden im MittelpunktKunden sind das Herzstück eines jeden Unternehmens. Um erfolgreich zu sein, muss man die Kundenbedürfnisse kennen und ständig mit den Kunden kommunizieren. Das weiß zwar eigentlich jeder – und doch tun sich viele schwer, das auch umzusetzen. In diesem Buch schildert Ingrid Gerstbach aus ihrer Beratungspraxis, welche sieben Ausreden Unternehmen am häuftigsten vorschieben, um den Kunden nicht in den Mittelpunkt zu stellen. Nach einer Problemanalyse liefert sie jeweils konkrete Tipps und Strategien auf Basis von Design Thinking, die dabei helfen, Kunden besser zu verstehen und auf ihre Bedürfnisse einzugehen. Die Fallstudien und Erfolgsgeschichten im Buch zeigen, dass die Kundenbedürfnisse der Schlüssel zum Erfolg sind!

Vita

Ingrid Gerstbach studierte Wirtschaftspsychologie in Hamburg sowie Betriebswirtschaft und Erziehungswissenschaft in Wien. 2010 gründete sie mit ihrem Mann Peter eine Unternehmensberatung für Design Thinking und Business-Analyse. Zu ihren Kunden zählen große Unternehmen aus Deutschland und Österreich wie AIDA, Rewe, Bofrost, Datev, dm, Merck, Raiffeisen-Banken, Pfizer u. v. m. Sie veröffentlichte mehrere Bücher und hat mit ihrem Mann den erfolgreichsten deutschsprachigen Podcast zum Thema Design Thinking.

Übersicht

Cover

Titel

Über das Buch

Vita

Inhalt

Impressum

Inhalt

Vorwort

Weil Innovation kein Zufall ist

Design Thinking

Der Design-Thinking-Prozess

Was Design Thinking nicht ist

Häufige Schwierigkeiten bei der Anwendung von Design Thinking

Kapitel Ausrede Nr. 1:

Wir kennen unsere Kunden in- und auswendig — Warum es eine neue Sicht auf den Wert von Kundenbedürfnissen braucht

Sprechen Sie mit Ihren Kunden

Der Spotlight-Effekt: Achtet wirklich jeder auf Sie?

Die extrinsische Anreiz-Verzerrung: Warum wir glauben, dass andere nur des Geldes wegen helfen

Wer nicht für eine Befragung geeignet ist

Eigen- und Fremdgruppe

Auswirkungen der Voreingenommenheit

Es ist Zeit für einen Mutausbruch

Mit Fremden spricht man doch!

Wie Sie mit jedem über alles reden können

Warum? Gute Gründe, ein Gespräch zu suchen

Wo? Die richtigen Orte, um Kunden zu treffen

Wann? Die Körpersprache für den richtigen Zeitpunkt nutzen

Die Angst, um Hilfe zu bitten

Wie können Sie effektiv um Hilfe bitten?

Wann Menschen gerne helfen

Das empathische Gespräch

Planen Sie Ihr empathisches Gespräch

Checkliste für empathische Gespräche

Beobachtung

Besonderheiten verschiedener Beobachtungsformen

Eine Beobachtung planen

Durchführung der Beobachtung

Be Your Customer

Durchführung

Kapitel Ausrede Nr. 2:

Wir haben keine Zeit, unsere Kunden zu befragen — Wie Sie erkennen, dass Sie Ihren Kunden doch nicht so gut kennen

Bekämpfen Sie Ihre Voreingenommenheit

Der Fluch des Wissens

Der Rückschaufehler

Warum kommt es zum Rückschaufehler?

Welche Auswirkungen hat der Rückschaufehler?

Wie können Sie den Rückschaufehler reduzieren?

Chauffeur- und Expertenwissen

Selbstüberschätzung mit System

So merken Sie, ob Sie bereits genug über Ihre Kunden wissen

Empathy Map

Durchführung

Persona

Vorsicht: Fallen!

Eine Persona erstellen

Die einzelnen Elemente eines Persona-Dokuments

Customer Journey Map

Visualisierung der Kundenbefragungen

Kapitel Ausrede Nr. 3:

Wir haben bereits eine Marktforschung beauftragt — Warum Forschung eine wichtige Rolle in jeder Organisation spielen sollte

Keine Angst vor Forschung

Der Einsatz externer Marktforschung

Organisationsapathie

Soziales Faulenzen

Risikoaversion

Überschätzung von externer Expertise

Das Hochstapler-Syndrom

Grundlagenforschung versus angewandte Forschung

Marktforschung versus Designforschung

Marktforschung

Designforschung

Wann sollten Sie Marktforschung und wann Designforschung anwenden?

Qualitative versus quantitative Forschung

Qualitative Forschung

Quantitative Forschung

Forschungsstrategien: Ein Blick auf die Vielfalt der Erkenntniswege

Explorative Forschung: Die Neugierde wecken

Deskriptive Forschung: Die Details enthüllen

Evaluative Forschung: Die Qualität bewerten

Ursachenforschung: Die Wurzeln aufspüren

Design Thinking in action

Phase 1: Einfühlen

Phase 2: Definieren

Phase 3: Ideen generieren

Phase 4: Experimentieren

Typische Fehler, Tipps und Tricks

Fragen Sie niemals, was die Menschen wollen

Von Stichproben und der Überbewertung quantitativer Forschung

Auswahlfehler

Soziale Erwünschtheit: Wenn Menschen nicht das sagen, was sie meinen

Bestätigungsfehler und andere Irrtümer bei uns Forschenden

Kapitel Ausrede Nr. 4:

Wir können später alles testen — Warum »je früher, desto besser« besser ist

Sunk Costs – oder der Trugschluss der versunkenen Kosten

Die nachträgliche Begründungstendenz

Die Angst falschzuliegen: Ein erlernter Zustand mit fatalen Folgen

Die Angst vor dem Scheitern

Prototyping

Prototyping baut Barrieren ab

Prototyping stellt Annahmen infrage

Prototyping deckt unerwartete Bedürfnisse auf

Prototyping eröffnet Möglichkeiten

Was genau ist ein Prototyp?

Formen des Prototypings

Wie, wo, was, wann testen?

Die selektive Wahrnehmung

Der IKEA-Effekt

Prototyping und der Bestätigungsfehler

Szenarien visualisieren

Usability-Tests – eine besondere Form des Testens

Kapitel Ausrede Nr. 5:

Wir haben bereits ein funktionierendes Produkt – wieso sollten wir etwas ändern? — Warum das Mindset der Menschen in Unternehmen entscheidend für den Erfolg ist

Kodak: Eine traurige Geschichte über verlorenes Potenzial

Was genau ist nun psychologische Sicherheit?

Früher war alles besser …

Status-quo-Verzerrung

Verlustaversion

Der Fahrradschuppen-Effekt: Warum wir uns auf triviale Dinge konzentrieren

Innovation ist risikoreich

Die Überlebenden-Verzerrung

Das Hot-Hand-Phänomen

Es gibt mehr als nur Disruption

Vier Arten der Innovation

Wie Sie Ihre Innovationsstrategie finden

Erste Schritte zur psychologischen Sicherheit am Arbeitsplatz

Kapitel Ausrede Nr. 6:

Wir müssen uns auf unsere internen Ziele konzentrieren, um erfolgreich zu sein — Wie Sie Ihren Erfolg bei der Kundenzentrierung messen und warum das wichtig für die Motivation der Mitarbeiter ist

Sandwichmanager

Interdisziplinäre Teams

Interdisziplinäres Denken

Das erweiterte Team

Schwerpunkt auf Fähigkeiten und Kompetenzen

Der Ort macht den Unterschied

Incentive-Superresponse-Tendenz

Wenn Kennzahlen zu Problemen werden – Goodharts Gesetz

Wie lässt sich Goodharts Gesetz überwinden?

Beschreibungen des Problemfelds

Erstellen von Problembeschreibungen

Die Fünf-Warum-Technik

Formulieren Sie eine Hypothese

Das Problem visualisieren

Wie man Kundenzentrierung messen kann

Kapitel Ausrede Nr. 7:

Wir müssen sowieso das tun, was von oben verlangt wird — Warum Kundenzentrierung mehr Selbstorganisation und Selbstverantwortung verlangt

Autoritätsfehler: Warum Sie nicht immer auf Ihren Chef hören sollten

Die Auswirkungen des Autoritätsfehlers

Wie Sie mit dem Autoritätsfehler umgehen können

Neue Erwartungstheorie

Endowment-Effekt

Erlernte Hilflosigkeit

Nehmen Sie ein optimistisches Mindset an.

Intern versus extern (persönlich)

Stabil versus temporär (permanent)

Global versus spezifisch (pervasiv)

SMARTe Ziele

Seid jetzt kreativ!

Kill the Company

Was wäre, wenn …?

Sketching – Ideen sichtbar machen

Machen ist wie denken, nur krasser

Wann es besser ist, um Erlaubnis zu bitten und nicht um Vergebung – und wann nicht

Manchmal ist es besser, um Erlaubnis zu bitten

Strategien, um die richtige Balance zu finden

Schlusswort

Anmerkungen

Vorwort

»Was ist Ihre Motivation?« »Wissen Sie, ich bin nur ein einfacher Straßenkehrer, und ich weiß, dass meine Straße am nächsten Tag vermutlich wieder genauso dreckig sein wird. Aber ich weiß auch, dass, wenn ich diese Arbeit nicht machen würde, dann wären die Straßen immer verdreckt, und Wien wäre nicht so lebenswert. Die Menschen würden sich nicht wohlfühlen, und ich bin stolz darauf, dass ich etwas dazu beitragen kann, dass die Menschen, die hier entlanggehen, glücklich sind, hier zu sein.«

Das Gespräch, aus dem diese Szene stammt, fand vor ein paar Jahren zwischen meinem Mann und einem Mitarbeiter der Stadt Wien statt. Wir hatten damals den Auftrag herauszufinden, was Menschen motiviert, wann sie zufrieden und glücklich bei ihrer Arbeit sind. Wann immer mein Mann diese Geschichte erzählt, fügt er hinzu, dass er arrogant davon ausgegangen sei, dass er bei diesem Gespräch nichts Neues erfahren würde. Wie sehr er sich getäuscht hatte! Dieses Gespräch hat für immer seine Perspektive auf Arbeit und auch auf Menschen geändert. Das ist die Macht von empathischen Gesprächen. Das ist der Grund, warum wir täglich für Unternehmen und in Unternehmen mit Menschen sprechen.

Mein Mann und ich sind mit Leib und Seele Unternehmensberater. Unser Ziel ist es, die Menschen in Unternehmen dabei zu unterstützen, sich mit der Realität anzufreunden. Die Realität ist, dass die Welt voller Menschen ist, die anders sind als Sie. Und als jemand, der Lösungen in Form von Produkten und Services für andere entwirft, ist es Ihre Aufgabe, die Perspektiven, Bedürfnisse und Wünsche dieser Menschen in deren realem Kontext zu verstehen.

Sich selbst und seine Arbeit dem zu öffnen, was völlig Fremde zu sagen haben, kann beängstigend sein und Ihre gesamte Weltanschauung infrage stellen. Es kann dazu führen, dass Sie festgefahrene Überzeugungen überdenken müssen. Und es kann sogar dazu führen, dass Sie die Art und Weise ändern müssen, wie Sie sich selbst durch diese Welt bewegen. Für Ihre Arbeit – Lösungen für Menschen entwickeln, Dinge erfinden, anpassen und verbessern – ist es absolut notwendig, dass Sie direkt mit Ihren Kunden sprechen. Nur so können Sie sie wirklich verstehen und ihre Perspektive einnehmen. Doch aus unserer langjährigen Erfahrung wissen wir, dass Unternehmen dazu tendieren, nicht mit ihren Kunden zu sprechen und sich in ihrer sicheren Komfortzone zu verschanzen. In diesem Buch werden wir uns ansehen, hinter welchen Ausreden sich Unternehmen dabei gerne verstecken. Wir werden diskutieren, warum es so wichtig ist, dass Sie sich trotzdem herauswagen und sich dem Abenteuer stellen.

Wenn Sie jemand sind, der für andere Menschen Lösungen erarbeitet, dann sind Sie vermutlich jemand, der das Abenteuer mag. Bei Ihrer Arbeit geht es darum, sich ins Unbekannte zu wagen, aus ständig wechselnden Informationen Neues zu erschaffen, sich täglich Kritik und Scheitern auszusetzen. Es ist ein bisschen wie Sandmalen im Sturm, nur dass buddhistische Mönche wahrscheinlich nicht herausfinden müssen, wie sie neue Schnittstellen in ihre Mandalas integrieren können.

Ich werde Ihnen Lösungen an die Hand geben, damit diese Abenteuer zwar spannend und lehrreich bleiben, aber weniger beängstigend sind, weil Sie Methoden zu ihrer Bewältigung haben und wissen, dass Sie nicht allein sind. Die Methoden, die ich Ihnen hier anbiete, sind wie ein Fernrohr, das Ihnen eine bessere Sicht auf Ihre Umgebung bietet. Sie sind sehr wirkungsvoll, wenn Sie sie mit Bedacht anwenden. Anstatt die Kosten in die Höhe zu treiben, ersparen sie Ihnen und dem Rest Ihres Teams eine Menge Zeit und Mühe.

Sie können die von mir beschriebenen Techniken und Methoden verwenden, um:

festzustellen, ob Sie am richtigen Problem arbeiten;

zu erfahren, wie Sie Ihre Kunden davon überzeugen können, sich für Ihr Unternehmen und Ihr Angebot zu interessieren;

zu sehen, wo Sie Ihre blinden Flecken und Vorurteile behindern;

herauszufinden, wer in einer Organisation Ihr Projekt voraussichtlich unterstützen wird;

Ihre besten Wettbewerbsvorteile zu entdecken;

kleine Veränderungen zu identifizieren, die einen großen Einfluss haben könnten;

zu erkennen, dass Sie bereits sehr gute Arbeit leisten.

Am Ende dieses Buches werden Sie genug Wissen besitzen, um tatsächlich gefährlich zu sein. Denn sobald Sie anfangen, Antworten zu finden, werden Sie auch immer mehr Spaß daran haben, die Dinge bewusst zu hinterfragen. Und diese Einstellung ist wertvoller als jede Methode.

Die Kapitel dieses Buches folgen einem bestimmten Aufbau: Zu Beginn steht eine reale Fallstudie, die die jeweilige Ausrede verdeutlichen soll. Manche Ausreden kommen geschickt verkleidet daher, während andere einfach zu entlarven sind. Die Ursachen, die hinter der jeweiligen Ausrede stecken, sind allerdings immer dieselben. Es sind gängige Denkfehler und unsere blinden Vorannahmen, die ich Ihnen genau vorstellen werde. Am Ende des jeweiligen Kapitels werden Sie wissen, wie Sie ihnen entgehen können. Die Methoden basieren hauptsächlich auf der Innovationsmethode Design Thinking. Diese Disziplin bietet viele Anwendungen. Die Kernpraktiken sowie grundlegende Ideen und Techniken lernen Sie im Laufe der Lektüre kennen.

Gemeinsam mit meinem Ehemann führe ich eine Unternehmensberatungsagentur, die auf Design Thinking und Business-Analyse spezialisiert ist. Alle Fallbeispiele in diesem Buch stammen aus diesem Umfeld und wurden mit den Methoden erfolgreich gelöst. Ich bin fest davon überzeugt, dass es eine gute Sache ist, mit Menschen zu sprechen, um herauszufinden, wie die Welt für sie aussieht, klingt und sich anfühlt – was sie für sie bedeutet. Und ich bin fest davon überzeugt, dass es Ihr Standardvorgehen sein sollte.

Hinweis

In diesem Buch wurden sämtliche Fallstudien sorgfältig anonymisiert und verfremdet, um die Privatsphäre und Vertraulichkeit real existierender Organisationen und Personen zu wahren.

Weil Innovation kein Zufall ist

Seit jeher sind die Menschen fasziniert von Mythen über Innovation und Geschichten über magische Aha-Erlebnisse. Aber wenn Sie hinter die Fassaden schauen, wenn Sie einzelne Innovationen auch nur kurz aus der Nähe betrachten, werden Sie erkennen, dass keine davon Einzelarbeit oder ein Zufallsprodukt war. Um wirklich zu verstehen, wie Innovation funktioniert, braucht es eine praktischere Sichtweise.

Als ich vor vielen Jahren begann, mich mit dem Thema »Innovation in Unternehmen und Kundenbedürfnisse« ernsthaft auseinanderzusetzen, war Design Thinking die Methode meiner Wahl. Damals gab es im deutschsprachigen Raum noch keinen richtigen Leitfaden zu Design Thinking, der erklärte, was genau zu tun ist, wie die Zusammenhänge sind, wie man die Ergebnisse kommuniziert oder verschiedene Forschungsaktivitäten ausprobiert. Dabei war die Idee von Design Thinking gar nicht neu, sie entstand bereits in den 1980er Jahren in Stanford und hat Techniken aus vielen anderen Bereichen übernommen.

Kein Unternehmen hat unendlich viel Zeit oder Geld, um einfach irgendwelche Ideen auszuprobieren. Daher gilt es, Probleme schnell zu identifizieren, Verbindungen herzustellen und umsetzbare Erkenntnisse und Lösungen zu liefern. Etwas auf den Markt zu bringen, das scheitert, ist ein Luxus, den sich kein Unternehmen leisten kann. Die Spannung zwischen dem Raum zum Lernen und der Zuversicht voranzukommen macht diesen Wachstumsprozess, den Design Thinking anbietet, für mich äußerst interessant. Ich möchte Ihnen daher in diesem Kapitel einen kurzen Einblick in die Welt des Design Thinkings und die zugrunde liegende Denkweise geben.1,2

Design Thinking

Eine einheitliche Definition von Design Thinking gibt es nicht. Für mich umfasst es eine Denkweise und verschiedene Aktivitäten, die vor allem die Zusammenarbeit fördern, die wiederum nötig ist, um Probleme auf menschenzentrierte Weise zu lösen.

Der Begriff Design Thinking setzt sich zusammen aus den Worten design, was vom lateinischen Verb designare für »zeichnen oder bezeichnen« abgeleitet ist, und thinking, to think, das für »überlegen und berücksichtigen« steht. Design Thinking ist also eine Art zu denken: Durch die Befolgung einzelner Schritte werden Probleme nachhaltig gelöst.

Die Besonderheiten von Design Thinking, gerade in Abgrenzung zu anderen Methoden, sind folgende:

Design Thinking nutzt Kreativität und analytisches Denken in iterativen Schleifen.

Design Thinking behandelt Probleme jeglicher Größenordnung.

Design Thinking hat menschliche Bedürfnisse und Verhaltensweisen im Fokus.

Design Thinking untersucht zunächst das Problemumfeld und stellt dann die Frage nach dem zu lösenden Problem.

Der Design-Thinking-Prozess

In der Literatur gibt es verschiedene Ansätze, den Design-Thinking-Prozess in Phasen zu unterteilen. Manches Mal werden Ihnen sieben Phasen begegnen, ein anderes Mal sind es nur fünf oder auch sechs Phasen. In der Praxis hat es sich für mich als unerheblich erwiesen, wie viele Phasen tatsächlich verwendet werden, denn allen Phasen ist gemein, dass sie nebeneinander existieren und iterativ – je nach Bedarf und Natur des Projektes – angewendet werden können. Sie können ein Projekt damit beginnen, dass Sie einen Prototyp entwerfen und danach erst die Welt des Nutzers erkunden. Oder Sie machen es genau umgekehrt. Jedes Projekt hat seinen eigenen Zyklus und seine eigene Geschwindigkeit.

Ich verwende in der Praxis vier Phasen:

Einfühlen,

Definieren,

Ideen generieren,

Experimentieren.

Abbildung 1: Der Design-Thinking-Prozess

Phase 1: Einfühlen

Die erste Phase gleicht oft dem Startschuss zu einem spannenden Abenteuer: Ein Problem taucht auf und fordert von Ihnen eine gründliche Erforschung und Analyse aus verschiedenen Perspektiven. Ihr Ziel hierbei ist es, tief in die Welt des Nutzers einzutauchen, für den Sie eine Lösung entwickeln möchten, um zu verstehen, in welchem Kontext er sich befindet. In diesem Stadium liegt der Schwerpunkt darauf, das Umfeld Ihrer Fragestellung zu erforschen und die Schlüsselakteure darin zu identifizieren. Hier beginnt Ihre Reise in das Unbekannte, auf der Sie die Rätsel Ihrer Herausforderung Stück für Stück lösen werden.

Phase 2: Definieren

In dieser Phase vertiefen Sie Ihre Analyse der Antworten aus der ersten Phase, in der Sie sich bereits intensiv mit Ihrer Zielgruppe auseinandergesetzt und neue Erkenntnisse gewonnen haben, um das eigentliche Problem besser zu begreifen. Das Hauptziel der Definieren-Phase besteht darin, allen Teammitgliedern ein einheitliches Verständnis des Problems zu vermitteln. Das geschieht durch Diskussion und Zusammenfassung der bereits gesammelten Daten und Informationen. Das Ergebnis dieser Phase nennt sich »Design Challenge«. Dabei wird eine gemeinsame Fragestellung erarbeitet, die den Fokus auf den Kern des Problems legt und vor allem die drei Schlüsselelemente – den Kunden, den Bedarf und die Erkenntnisse – zusammenführt.

Phase 3: Ideen generieren

Willkommen in der dritten Phase, wo die Devise lautet: Bringen Sie so viele Lösungen und Ideen wie nur möglich hervor, um dann die Diamanten aus dem Rohmaterial zu schleifen und schließlich eine herausragende Lösung in einen Prototyp zu verwandeln. Im Design Thinking hat sich ein Prinzip bewährt: Fünf Köpfe, die einen ganzen Tag lang gemeinsam an einem Problem arbeiten, bringen meist weitaus brillantere Antworten hervor als eine Person, die fünf Tage lang isoliert an der Herausforderung tüftelt.

Bisher haben Sie unermüdlich Informationen gesammelt, diese visuell dargestellt, geclustert, diskutiert und analysiert. Jetzt ist die Zeit gekommen, kreative Gedanken im Team zu schmieden und zu ordnen. In der ersten Hälfte dieser Phase steht die schiere Masse an Ideen im Vordergrund. Hier zählt nicht die Qualität, sondern die Quantität. Erst in der zweiten Hälfte dieser Phase werden die unterschiedlichen Ideen sorgfältig ausgesiebt und Sie beginnen zu überlegen, welche von ihnen am besten geeignet ist, um Ihr Problem zu lösen. Dieser aufregende Prozess stellt die Weichen für Ihren Prototyp.

Phase 4: Experimentieren

Prototyping verleiht Ihren Ideen Gestalt und vereinfacht die Kommunikation erheblich. Obwohl es oft als letzte Etappe im Design Thinking angesehen wird, ist es wie schon gesagt keineswegs ungewöhnlich, ein Projekt mit einem Prototyp zu beginnen. In dieser Phase geht es darum, Ihre Lösungen so zu visualisieren, dass Sie Antworten auf Fragen erhalten, die Sie bisher noch nicht einmal gestellt haben. Hier nähern Sie sich Ihrer Lösung, indem Sie einen Prototyp entwickeln, der grob skizziert, wie Sie Ihr Problem bewältigen werden.

Während dieser Phase werden Sie wahrscheinlich einige Male von vorn beginnen, um sicherzustellen, wirklich die passende Lösung zu finden. Es ist auch nicht unüblich, in die erste Phase zurückzukehren, um das Umfeld und das eigentliche Problem erneut zu analysieren, da der Prototyp neue Erkenntnisse geliefert hat. Doch jetzt kommt die Herausforderung: Sie müssen Ihrem inneren Perfektionisten in dieser Phase unbedingt den Zutritt verwehren! Hier zählt Geschwindigkeit und Anpassungsfähigkeit, nicht Perfektion und Design.

Erst wenn Sie die richtige Antwort gefunden und diese mit Ihrem Zielkunden getestet haben, kommt Ihre Lösung in die Umsetzung.

Was Design Thinking nicht ist

Manchmal ist es hilfreich, sich bewusst zu machen, was Design Thinking nicht ist.

Design Thinking ersetzt keine Strategie. Der Begriff Strategie wird von Menschen unterschiedlich eingesetzt. Für mich bedeutet Strategie, auf einer hohen Ebene Probleme anzugehen, ohne unbedingt eine konkrete Richtung für ein Produkt oder eine Dienstleistung vorzugeben. Bei einer Strategie liegt der Schwerpunkt darauf, den Weg nach vorn zu ebnen, ohne sich dabei zu sehr auf das Verständnis eines Problems oder gar dessen Details zu konzentrieren. Design Thinking erfordert allerdings Planung und einen Blick nach vorn. Es hilft Ihnen dabei, Ihr Problem zu verstehen, den Kontext zu sehen und Lösungsansätze zu visualisieren, um dann konkret in die Umsetzung zu gehen.

Design Thinking ist nicht Brainstorming. Eine der häufigsten Annahmen, denen ich begegne, ist, dass es sich bei Design Thinking um eine Anhäufung von kreativen Techniken handle, die alle gemeinsam das Ziel haben, Ideen zu generieren. Aber Design Thinking bedeutet mehr als nur Brainstorming: Es geht um Recherche und Planung, Analyse und Abstimmung. Neue Ideen zu generieren, ist tatsächlich Teil des Design-Thinking-Prozesses, aber darauf liegt nicht der Fokus.

Design Thinking ist keine Methodik. Im Design Thinking wechseln sich analytische mit kreativen Methoden ab, die wir je nachdem, was das Team braucht, um das Ziel zu erreichen, einsetzen. Design Thinking erfordert daher viel Erfahrungswissen. Diese Entwicklungspraktiken bevorzugen ein inkrementelles Vorgehen, sehr kleine Zeiteinheiten und wenig Formalität. Kreativität gedeiht dann, wenn man ihr die Möglichkeit gibt, sich zu entfalten. Die Probleme, die wir damit lösen, sind für jemanden wichtig. Und diese Menschen verdienen unsere besten Ideen.

Design Thinking ist am ehesten ein Kompromiss, eine Möglichkeit, das, was wir über Kreativität wissen, in das zu integrieren, was wir in der Wirtschaft brauchen. Es handelt sich nicht um eine vorgeschriebene Methodik, sondern um einen Rahmen, um eine Lernmentalität in die bestehenden Prozesse zu integrieren.

Häufige Schwierigkeiten bei der Anwendung von Design Thinking

Der erste Schritt in jedem Prozess ist schwierig. Das ist bei Design Thinking nicht anders. Die Lernmentalität anzunehmen, bedeutet, sich in eine verletzliche Lage zu begeben. Sie geben aktiv zu, dass Sie nicht genug wissen, um das Problem allein zu lösen. Das stellt für jeden Menschen eine Herausforderung dar. Da Sie aber zunächst oft nicht wissen, was Sie eigentlich nicht wissen, konzentrieren Sie sich möglicherweise auf unwichtige Details oder verfolgen zunächst die falsche Fragestellung. Es ist daher leicht, sich zu verlaufen.

Dogmatische Haltung

Design Thinking verwendet unterschiedliche Techniken und Methoden. Es ist branchenunabhängig und bietet unterschiedliche Möglichkeiten, sich einem Problem zu nähern. Aber: Kein Werkzeug ist für jede Situation oder Umgebung immer das richtige. Manches Mal gibt es einen besseren Ansatz oder eine wirkungsvollere Methodik, um ein Problem zu lösen. Sie haben vermutlich wenig beziehungsweise gar keine Kontrolle darüber, wie Ihr Unternehmen funktioniert, und Probleme passen nicht immer zu den in Büchern beschriebenen Modellen, die den Anspruch erheben, Ihnen den »richtigen« Weg zu zeigen.

Mit dem Ideengenerieren einfach loslegen

Design Thinking ist mehr als eine wilde Sammlung von Anforderungen. Ein Teil des Prozesses besteht darin, bewusst Ihr Wissen zu erweitern: den Nutzer und seine Umgebung zu verstehen und verschiedene Anforderungen auch in diesem Licht zu interpretieren. Dadurch werden Anforderungen von einer langen Liste an Wünschen, was die Lösung sein sollte, in eine zusammenhängende Vision umgewandelt, die das Team letztlich umsetzen kann.

Den Kontext nicht beachten

So wie ein Teil des Design-Thinking-Prozesses darin besteht, Anforderungen im Kontext zu verstehen, ist ein anderer Teil die Erkundung von unterschiedlichen Lösungen, um diese Anforderungen zu erfüllen. Durch die Spannung zwischen dem Versuch, das Problem zu verstehen, und dem Versuch, das Problem zu lösen, erhält das Team eine klare Vorstellung von der Richtung.

Wir sind fertig

Wenn Sie in einer typischen Geschäftsumgebung arbeiten, ist Design Thinking vermutlich als ein Projekt angelegt – mit einem Start und einem Ende. Meilensteine sind für die Führungskräfte von Projekten und die Budgetplanung nützlich, daher müssen Sie möglicherweise Zugeständnisse machen. Allerdings ist Design Thinking nie »fertig«, Ihr Unternehmen aber auch nicht. Sie können jederzeit mehr über ein Problem erfahren, neue Lösungen erkunden oder Ihre Pläne verfeinern.

Den Einfühlen-Teil auslassen

In manchen Unternehmen herrscht die Befürchtung, Zeit und Ressourcen zu verschwenden, wenn man sich zu viel Zeit mit dem Erforschen des Problems lässt. Das führt dazu, dass dieser Teil gleich ganz ausgelassen und in den Lösungsteil gesprungen wird. Diese Entscheidung lässt sich leicht rationalisieren: Man kennt die Kunden schon seit Jahren, es ist ein einfaches Produkt oder es gibt keine externen Stakeholder. Vielleicht hat das Unternehmen auch das Gefühl, dass es nichts zu lernen hat. Das ist nie richtig – und selbst wenn es so wäre, bedarf es der Problemerforschung, um das Team zu einer einheitlichen Vision dessen zu führen, was es eigentlich lösen soll. Sich in solchen Situationen wiederzufinden, kann eine Herausforderung sein. Selbst wenn Sie alles aus diesem Buch ignorieren oder vergessen, denken Sie bitte zumindest daran: Alles ist eine Einstellung.

Nicht als Einheit arbeiten

Bei Design Thinking geht es um Vieles: Es geht darum, zu verstehen, zu recherchieren, zu entscheiden, Ideen zu generieren und auszuprobieren. Sie müssen zusammen mit dem Rest des Teams von Anfang an gut verwoben sein – niemand ist dabei entbehrlich. Oft ist das ein Problem, weil die Ressourcen knapp sind und in den meisten Unternehmen die Menschen in unterschiedlichen Projekten eingesetzt sind. Sie haben aber einen Joker: Investieren Sie jetzt Zeit, dann können Sie spätere Rückschritte vermeiden. Aber es gibt noch ein wichtigeres Argument: Sie und Ihr Team werden durch das gemeinsame Lernen und Verstehen wachsen und zu besseren Mitarbeitern werden.

Auf Diversität verzichten

Unterschiedliche Perspektiven helfen Ihrem Team, neue Ideen zu erkunden, die richtigen Prioritäten zu setzen und das Problem auf unterschiedliche Weise zu betrachten. Laden Sie unterschiedliche Personen ein, die sich am Prozess beteiligen, erforschen und analysieren Sie gemeinsam Ideen und entdecken Sie den Mehrwert von unterschiedlichen Zielen und Prioritäten. Gesunde Konflikte sind für gute Lösungen von entscheidender Bedeutung. Durch die gemeinsame Durcharbeitung der Details werden Ihre Kommunikationsfähigkeiten und das Endprodukt gestärkt. Sie erfahren dadurch auch, was Ihren Kollegen am Herzen liegt und wie Sie am besten zusammenarbeiten.

In den Analyse-Paralyse-Wahnsinn verfallen

Wenn Sie sich auf die Reise begeben, kann es passieren, dass Sie in die Analyse-Paralyse verfallen: Sie beschäftigen sich dann zu sehr mit den gesammelten Informationen, wollen noch weitere Gespräche und Beobachtungen durchführen und hören nicht auf, Prototypen zu bauen. Für all das gibt es eine passende Zeit und einen passenden Ort. Aber es gibt auch eine Zeit, um konkrete Schritte zu unternehmen. Nutzen Sie einen einfachen Test: Hilft Ihnen Ihre momentane Tätigkeit dabei, bessere Entscheidungen zu treffen? Die Ergebnisse Ihrer Bemühungen sind Werkzeuge für den weiteren Prozess. Wenn Ihre Arbeit nicht zu besseren Werkzeugen führt, ist es an der Zeit weiterzugehen.

Keine gemeinsame Sprache entwickeln

Im Design Thinking beschäftigen wir uns mit komplexen Problemen. Manches Mal müssen wir uns für eine Lösung auf abstraktes und philosophisches Terrain begeben. Umso wichtiger ist die Definition der Begriffe. Nicht selten stellen wir zu Beginn eines Projektes fest, dass verschiedene Mitglieder des Teams die Stakeholder unterschiedlich identifizieren. Design Thinking gibt Ihrem Team nicht nur die Möglichkeit, verschiedene Perspektiven kennen zu lernen, Lösungswege zu erkunden und etwaige Probleme zu lösen, sondern es hilft vor allem, dass das Team ein gemeinsames Wording und Gefühl für das Ergebnis und den Prozess entwickelt.

Das Experimentieren auslassen

Im Design-Thinking-Prozess gibt es immer eine Phase, die sich mit dem Experimentieren der neuen Ideen und verschiedenen Möglichkeiten auseinandersetzt. Es geht darum, neue Ansätze auf die verschiedenen Probleme anzuwenden oder umgekehrt. Diese Experimente können für Außenstehende manchmal etwas überzogen wirken, so wie Gedankenübungen, die nirgendwohin führen. Dabei ist es wirklich essentiell und wichtig, Ihre Gedanken auf die Probe zu stellen: Sie eliminieren auf diese Weise Konzepte, die nicht funktionieren, und stärken gleichzeitig das Vertrauen des Teams, dass Sie den richtigen Ansatz gewählt haben.

Verharren

Abschließend ist es wichtig, dass Sie sich bewusst machen, dass Sie jederzeit den Weg oder Ihre Meinung ändern können. Der Design-Thinking-Prozess gibt Ihnen eine Richtung vor, aber es ist kein definierter Pfad. Sie können jederzeit über Ihre Entscheidungen oder Annahmen nachdenken und bei Bedarf weitere Informationen sammeln. Es geht um Lernen und Entdecken, deswegen ist Design Thinking auch ein iteratives Vorgehen. Je mehr Sie lernen, desto sicherer finden Sie die Lösung.

Der ständige Informationsfluss im Design Thinking erhöht das Verständnis im gesamten Team. Wenn Sie etwas Neues lernen, müssen Sie entscheiden, ob es relevant ist und wie es sich auf die Erarbeitung Ihrer Lösung auswirkt. Sie benötigen jede dieser einzelnen Phasen, um einen sinnvollen Ausgangspunkt für Ihre spätere Lösung zu schaffen. Und Sie brauchen die richtige Einstellung, um diesen Ansatz anzunehmen.

Wie dieses Hin und Her für Ihr Projekt oder Vorgehen aussieht, hängt von verschiedenen Faktoren ab:

Welche Aktivitäten passen in Ihren Projektplan?

Was brauchen Sie, um voranzukommen?

Wo haben Sie blinde Flecken, die Sie dabei behindern, Ideen auszuloten?

Wie viel Zeit haben Sie, um Informationen zu sammeln?

Die kommenden Kapitel sollen Ihnen bei der Beantwortung dieser Fragen helfen und Sie vor Denkfehlern bewahren, die Ihre Projekte gefährden.

Kapitel Ausrede Nr. 1:Wir kennen unsere Kunden in- und auswendig

Warum es eine neue Sicht auf den Wert von Kundenbedürfnissen braucht

»Die wichtigste Fähigkeit im zwischenmenschlichen Bereich ist es, die Welt durch die Augen des anderen zu sehen.«

– Henry Ford

Falls Sie auch zu den Menschen gehören, die, wie ich, in Büchern gerne mal das Vorwort auslassen, bitte ich Sie, diesmal eine Ausnahme zu machen. Und weil es in diesem Buch um Ausreden geht: Meine Ausrede, warum ich Vorworte überspringe, lautet, dass in einem Vorwort oft nichts Interessantes steht. Das ist natürlich wie alle Ausreden nur ein Vorwand – und in diesem Buch ist es nicht anders. Also blättern Sie bitte ein paar Seiten zurück, und lesen Sie den ersten Absatz des Vorworts. Jetzt!

Haben Sie die Episode über den Wiener Straßenkehrer gelesen? Sie hat die Art und Weise, wie mein Mann über Gespräche mit Fremden denkt, für immer verändert. Wenn wir Unternehmen dabei helfen, die Bedürfnisse ihrer Kunden besser zu verstehen, dann sind mein Mann Peter und ich immer selbst ganz vorn mit dabei. Denn nirgends lernen Sie so viel Neues und bekommen so interessante Einblicke von neuen Perspektiven wie bei der Befragung potenzieller Kunden auf der Straße. Eine Befragung ist aber immer ein Teamsport, deswegen müssen sich bei uns die Mitarbeitenden der Unternehmen selbst aufs Feld wagen. Es reicht nicht, sich zurückzulehnen und eine Agentur diese Arbeit machen zu lassen. Um wirklich Verständnis für Kunden aufzubauen, um wirklich zu verstehen, wie die Menschen ticken und was sie bewegt, muss jeder selbst Erfahrungen machen. Dazu müssen wir aber zunächst die Teilnehmer unserer Workshops motivieren und überzeugen, den Sprung ins kalte Wasser zu wagen und Gespräche mit Fremden zu führen. Denn vielen Menschen ist es unangenehm, solche Gespräche zu suchen. Das sind dann die Momente, in denen wir die Ausreden dieses Buchs hören, beispielsweise »Ich muss doch niemanden fragen. Wir kennen unsere Kunden in- und auswendig«. Damit die Teilnehmer ein wenig demütiger werden, erzählt Peter dann die Geschichte des Straßenkehrers aus Wien, der ihn gelehrt hat, was Motivation bei der Arbeit für jemand anderen bedeuten kann. (Sie erinnern sich? Sie finden die Geschichte im Vorwort.)

Vor kurzem hat er mir ein Geheimnis verraten: Obwohl er selbst ein großer Verfechter dieser Methode ist, obwohl er erfolgreich die Teilnehmer unserer Workshops dazu bringt, über ihren Schatten zu springen, obwohl er diese Kundengespräche immer wieder selbst führt – hat er jedes Mal am Anfang ein ungutes Gefühl dabei und muss sich selbst dazu zwingen, es zu tun. Wenn wir dann aber unsere Erlebnisse und Erkenntnisse aus den Gesprächen teilen und er mir von neuen Einblicken in die Welt der Kunden erzählt, sehe ich es an seinen glänzenden Augen, dass es sich wie damals beim Straßenkehrer wieder einmal gelohnt hat. Die glänzenden Augen unserer Workshopteilnehmer sind einer der schönsten Aspekte meiner Arbeit. Und von so einem Erlebnis möchte ich Ihnen erzählen, in der Hoffnung, dass es Sie motiviert, selbst die Sache in die Hand zu nehmen und in die Welt einer fremden Person einzutreten.

Viele Ausreden

Bei diesem Auftrag ging es um die Mobilität der Zukunft einer Metropolregion. Sie brauchen nur einen kurzen Blick in die Tageszeitungen oder die sozialen Medien zu werfen, um das große Potenzial für Konflikte zu erahnen, was dieses Thema bietet: Klimaaktivisten fordern eine umweltbewusste Mobilität für unser aller Zukunft, Autofahrer fühlen sich abgehängt und sehen die Zukunft der europäischen Industrie in Gefahr, LKW versus Bahn, Auto gegen Fahrrad, Menschen gegen Politik, Politiker gegen Aktivisten. Zu allem Überfluss wird dazu natürlich nicht mit Kritik, Übertreibung und Anfeindung gespart.

Kann man bei einer solch verfahrenen Situation mit einer Methode wie Design Thinking, die auf Empathie und Verständnis baut, erfolgreich sein? Gerade dort, wo Unverständnis herrscht, hilft Empathie ganz besonders. Wo Gegensätze aufgebaut werden, gibt es kein besseres Gegenmittel als zuhören und verstehen.

Wie sieht es nun mit Empathie und Verständnis in der Praxis aus? In unseren Projekten erklären wir am Anfang den Design-Thinking-Prozess, bei dem es zuerst einmal darum geht, das eigentliche Problem zu verstehen. Dazu befragen und beobachten wir in der ersten Phase, dem sogenannten Einfühlen, unsere Kunden und Stakeholder. Das Ziel ist, ein richtig nahes und authentisches Gefühl für die Menschen zu entwickeln, für die wir Lösungen erarbeiten.

Wenn wir beispielsweise einen Lebensmittelproduzenten bei einer Produkteinführung beraten, dann gehen wir in Lebensmittelmärkte und erheben dort die Bedürfnisse unserer Zielgruppe. Wenn wir die Dienstleistung einer Immobilienvermittlung verbessern, befragen wir Käufer und Verkäufer beziehungsweise Mieter und Vermieter in ihren Wohnungen und Häusern, was sie stört und was sie sich wünschen. Wenn wir ein Krankenhaus dabei unterstützen, die Gesundheitsleistungen zu verbessern, gehen wir zu den Patienten und Mitarbeitern in Gesundheitseinrichtungen, um herauszufinden, was am Status quo verbessert werden kann. In jedem Fall sprechen wir mit den Menschen, für die wir eine Lösung erarbeiten, und zwar auch direkt an dem Ort, wo die Probleme evident sind: in den Lebensmittelmärkten, den Wohnhäusern, den Krankenhäusern.

Bei unserem Auftrag rund um die Mobilität der Zukunft war dieser Ort die Stadt und insbesondere die Verkehrswege. Der Auftrag in der Einfühlen-Phase lautete daher, mit Menschen über Mobilität zu sprechen, die gerade nach einer stressigen Autofahrt einen Parkplatz ergattert hatten, die mit ihrem LKW in ihrer Tour schon in Verzug waren oder die gerade mit dem Fahrrad nur knapp einem Nahtod-Erlebnis entkommen waren.

All das erklärten wir den Teammitgliedern unseres Auftraggebers. Während sie uns zuhörten, wurden ihre Augen immer schmaler und ihre Haltung verriet Ablehnung. Wir konnten uns eines Lächelns nicht erwehren, denn wir kennen diese Situation nur zu gut. Es passiert wirklich jedes Mal, wenn wir die Leute in unseren Workshops hinaus auf die Straße schicken, um Gespräche mit den tatsächlichen Kunden beziehungsweise Stakeholdern zu führen. Noch bevor wir die Methode genau erklären können, bekommen wir bereits eine Menge Ausreden zu hören:

»Wir kennen unsere Stakeholder in- und auswendig, wir brauchen doch niemanden zu befragen!«

»Aber ich kann doch nicht wildfremde Menschen auf der Straße einfach so ansprechen!«

»Die Leute haben doch gar keine Zeit und Lust, meine Fragen zu beantworten!«

»Reicht es nicht, wenn ich einfach ein paar Freunde oder Kollegen befrage?«

In dieser Situation sind wir unerbittlich: Nein, ihr kennt die Bedürfnisse eurer Stakeholder nicht! Doch, es funktioniert ganz ausgezeichnet, wildfremde Menschen anzusprechen! Im Gegenteil, sie werden eure Fragen mit Begeisterung beantworten! Und nein, Freunde und Kollegen gelten nicht und bringen nicht die Ergebnisse, die wir benötigen.

Das Einzige, was meistens tatsächlich fehlt, sind lediglich ein paar Tipps und Tricks und natürlich das Wissen über Erhebungsmethoden. Und genau das präsentiere ich Ihnen in diesem Kapitel.

Sprechen Sie mit Ihren Kunden

Die meisten Unternehmen behaupten, sie würden ihre Kunden in- und auswendig kennen. Das Gute ist, dass es Ihnen, wenn Sie mit Ihren Kunden vertraut sind, bestimmt auch leichtfällt, jemanden zu finden, mit dem Sie sprechen können. Denn sofern Ihr Wissen über den Kunden nicht aus einer kürzlich durchgeführten Analyse stammt, die speziell dazu aufgesetzt wurde, um Ihre aktuelle Anfrage zu beantworten, ist ein frischer Blick immer hilfreich. Vertrautheit führt nämlich zu Annahmen und blinden Flecken. Und wer ist in diesem Fall von »Wir kennen unsere Kunden in- und auswendig« eigentlich dieses »Wir«? Ohne eine gedankliche Verschmelzung werden die Erfahrungen des Unternehmens mit den Personen, die befragt werden, oder das eigentliche Problem nicht auf diejenigen übertragen, die letztlich an der Lösung arbeiten. Oft ist es die Marketing- oder Vertriebsabteilung, die das Wissen über den Kunden und Nutzer hat. Wenn Sie also nur mit jemandem sprechen, der die Forschung betrieben und die Kunden befragt hat, erfahren Sie lediglich, wie diese Person das Gesagte interpretiert. Sie bekommen eine gefilterte Sicht auf die Aussage. Was Sie aber brauchen, ist ein gemeinsames Verständnis innerhalb des Teams, das befragt und das später gemeinsam an einer Lösung arbeiten wird.

Bei einer Befragung in der realen Umgebung Ihrer Zielperson geht es im Grunde darum, sich mit der Realität anzufreunden. Und die Realität ist, dass die Welt voller Menschen ist, die anders sind als Sie. Als jemand, der Produkte, Dienstleistungen, Services und Lösungen für Menschen entwickelt, ist es Ihre Aufgabe, deren Perspektiven, Bedürfnisse und Wünsche in deren realem Kontext zu verstehen. Natürlich kann es beängstigend sein, sich selbst und seine Arbeit dem zu öffnen, was völlig fremde Personen dazu zu sagen haben. Diese Aussagen können Ihre gesamte Weltanschauung infrage stellen. Sie können dazu führen, dass Sie festgefahrene Überzeugungen fallen lassen müssen. Und sie können sogar dafür sorgen, dass Sie die komplette Art und Weise ändern, wie Sie sich durch die Welt bewegen. Die Gespräche liefern auch immer nur einen Teil des Inputs. Eine fundierte, zielgerichtete Iteration ist der Schlüssel zu einem erfolgreichen Ergebnis. Das bedeutet, Sie brauchen mehr als nur ein einzelnes Gespräch, um wirklich etwas zu erfahren.

Ich bin fest davon überzeugt, dass es für Unternehmen und Organisationen eine sehr gute Sache ist, sich mit ihren Kunden, Nutzern und Stakeholdern wirklich mal zu unterhalten. Mit Menschen zu sprechen, um herauszufinden, wie die Welt für sie wirkt, aussieht und sich anfühlt – was die Welt für genau diese Menschen bedeutet –, sollte Ihr Standardvorgehen sein. Auf Fragen und Einwände reagieren zu müssen, noch bevor man mit der eigentlichen Arbeit beginnt, mag sich anfangs wie Zeitverschwendung anfühlen. Es ist aber die Basis für erfolgreiche Lösungen. Anders gesagt: Für Ihre Arbeit, in der Sie für andere Menschen Produkte, Services oder auch Dienste entwickeln, in der Sie neue Ideen erfinden, bestehende Prozesse anpassen und veraltete verbessern, führt kein Weg an einer direkten Befragung vorbei.

Das, was Sie entwickeln, wird also stellvertretend für Sie mit den Menschen sprechen und arbeiten, daher ist es nur fair, dass Sie zunächst stellvertretend für Ihre Lösung mit den späteren Kunden sprechen. Nur so können Sie genau verstehen, was die Menschen wirklich brauchen, was sie bewegt, was sie interessiert – und ob Sie sie mit Ihrer Lösung überhaupt erreichen können. In vielen Köpfen herrscht nach wie vor die Vorstellung des geborenen Genies, das alles weiß und niemals falschliegt. Wieso sollte man also bei unbekannten Personen nachfragen, wenn das womöglich noch als Zeichen von Schwäche oder mangelndem Selbstvertrauen empfunden wird?

Leider gibt es weder dieses Wunderwesen, noch ist die Bitte um Hilfe ein Zugeständnis der eigenen Unfähigkeit. Im Gegenteil, das Stellen von Fragen ist vielleicht furchterregend, es ist aber vor allem ein Zeichen von Mut und Intelligenz. Bedenken Sie: Je schneller sich herausstellt, dass Sie mit Ihrer Annahme womöglich falschliegen, desto weniger Zeit werden Sie damit verbringen, an der falschen Lösung zu arbeiten.

Das Team erklärte sich bereit, unserem Vorschlag zu folgen und einer Befragung zumindest eine Chance zu geben. Aber zunächst mussten wir noch einige Sorgen aus dem Weg räumen. Was würde zum Beispiel geschehen, wenn eines der Teammitglieder während des Gesprächs etwas Falsches sagt? »Dann müssten doch alle denken, wie dumm ich sei oder wie dumm das Unternehmen sei, mich überhaupt einzustellen. Das wäre ja für alle superpeinlich.« Diese Sorge ist vollkommen unbegründet.

Der Spotlight-Effekt: Achtet wirklich jeder auf Sie?

Vielleicht kennen Sie dieses Gefühl, dass Sie in einen Raum kommen und alle Augen nur auf Sie gerichtet sind. Dieses psychologische Phänomen, dass wir überschätzen, wie sehr wir auffallen, wird Spotlight-Effekt genannt und kann zu Befangenheit und Angstzuständen führen. Während wir in sozialen Situationen oft das Gefühl haben, im Rampenlicht zu stehen, haben etliche Studien nachgewiesen, dass andere Menschen dem, was wir tun, tatsächlich viel weniger Aufmerksamkeit schenken, als wir denken. Wir neigen dazu zu überschätzen, wie sehr Menschen die kleinen Details wahrnehmen, die wir unverhältnismäßig groß in unseren Köpfen aufbauen. Unser Gehirn greift auf diese kognitive Verzerrung zurück, da der einzige Standpunkt, zu dem wir direkten Zugang haben, unser eigener ist. Das bedeutet, dass unsere Interpretation einer Situation zunächst durch unsere eigenen Erfahrungen, Gedanken und Gefühle gefiltert wird. Es ist eigentlich nicht verwunderlich, dass wir manchmal vergessen, dass wir nicht im Mittelpunkt der Realität aller anderen stehen.

In den späten 1990er Jahren führte der Psychologe Thomas Gilovich folgendes Experiment durch: Fünf Studenten saßen in einem Raum, während ein sechster Student in einem anderen Raum gebeten wurde, eines von drei T-Shirts auswählen, jedes mit dem Gesicht einer anderen Kultfigur: Bob Marley, Jerry Seinfeld oder Martin Luther King Jr. Nachdem er sich das T-Shirt angezogen hatte, wurde er in die Gruppe mit den anderen Studenten geführt. Kurz nachdem der Student mit dem T-Shirt das Zimmer betrat, wurde er mittels einer fadenscheinigen Ausrede auch schon wieder aus dem Raum geführt. Anschließend wurden alle Studenten gebeten, einen kurzen Fragebogen auszufüllen, der Gilovichs Frage beantworten sollte, ob der Student, der sich freute, vor der Gruppe ein neues, cooles T-Shirt zu tragen, überschätzte, wie viele Leute es bemerkten. Die Antwort lautete: Eindeutig ja. Nur durchschnittlich zwei von fünf Studenten bemerkten das T-Shirt, das der Proband ausgewählt hatte. Der Student, der das T-Shirt ausgewählt hatte, schätzte wiederum, dass sich mindestens vier Personen an seine Wahl erinnern würden. Mit anderen Worten: Die Probanden überschätzten die Aufmerksamkeit ihrer Kollegen um das Doppelte1.

Betrachten wir den Spotlight-Effekt durch die Linse des Problemlösers beziehungsweise des Design Thinkers. Als Design Thinker ist es unsere Aufgabe, Stunden und manchmal sogar Tage damit zu verbringen, für unsere Kunden nachhaltige Lösungen zu finden. Dazu müssen wir als Erstes direkt dorthin, wo unsere potenziellen Kunden sind, um mit ihnen direkt zu reden. Was uns in diesen Momenten oft nicht bewusst ist, ist, dass die Mehrheit der Menschen, die wir dabei ansprechen, nicht über uns nachdenkt oder uns, unser Verhalten oder Aussehen in irgendeiner Weise bewertet. Die Wahrheit sieht also so aus, dass andere Menschen sich nicht annähernd so sehr um uns kümmern, wie wir denken. Manchmal reicht es aus, sich nur an diese Tatsache zu erinnern, um dem Spotlight-Effekt entgegenzuwirken. Wenn das aber nicht reicht, probieren Sie einen der folgenden Tricks aus.

Tipp

Tauschen Sie in Gedanken die Rolle. Wenn Sie sich vor einer Befragung lange Gedanken machen, ob irgendetwas, das Sie sagen, Sie bei Ihrem Gegenüber in einem schlechten Licht erscheinen lässt, nehmen Sie sich einen kurzen Moment Zeit und überlegen Sie, wie Sie sich fühlen würden, wenn Sie auf der anderen Seite dieser Interaktion wären. Mit Sicherheit waren Sie selbst schon oft in einem Meeting, in dem einer der Kollegen einen Fehler gemacht hat. Ganz sicher haben Sie diese Episoden aber auch ganz schnell wieder vergessen. Dasselbe gilt genauso für Ihre jetzige Situation: Auch wenn es sich für Sie vielleicht wie das Ende der Welt anfühlen mag – die anderen denken vermutlich nicht einmal darüber nach.

Versuchen Sie es mit einer kognitiven Umstrukturierung. Suchen Sie nach Beweisen, die Ihre Gedanken unterstützen, dass andere Sie tatsächlich beurteilen. Danach suchen Sie nach Gegenbeweisen, die Ihre Angst nicht stützen. Wenn Sie für beide Seiten Argumente gefunden haben, überlegen Sie sich ein »Mittelding«: Wenn Sie zum Beispiel zu jemandem etwas Unüberlegtes sagen, könnte der Spotlight-Effekt Sie dazu bringen zu denken: »Jetzt müssen alle glauben, dass ich dumm sei.« Ein Mittelding-Gedanke könnte lauten: »Vielleicht haben die anderen meinen Fehler bemerkt, aber selbst wenn, haben sie sich sicher nicht viel dabei gedacht.«

Bitten Sie andere um deren Meinung. Um einen Tunnelblick zu vermeiden, ist es hilfreich, mit anderen zusammenzuarbeiten. Es kann eine erfrischende Abwechslung sein, Erkenntnisse von jemandem zu erhalten, der nicht so stark in ein Projekt involviert ist wie Sie. Ihre Ideen und Konzepte mit anderen zu teilen, um aus der Zone der Selbstzweifel herauszukommen, ist immer eine gute Idee.

Es ist natürlich in Ordnung, sich zu überlegen, wie Sie jemanden ansprechen, und sich auf ein Gespräch vorzubereiten. Aber wenn Sie sich zu sehr damit beschäftigen und die Dinge verkomplizieren, wird irgendwann der langsame Untergang Ihres Unternehmens im Rampenlicht stehen. Arbeiten Sie daran, den gedanklichen Lärm auszublenden und zu ignorieren, dann wird es Ihnen leichter fallen, die negativen Auswirkungen des Rampenlichts zu vermeiden.

Das Unternehmen war nicht um Ausreden verlegen. Kaum hatten wir geklärt, dass es keinen Grund gebe, sich bei der Befragung davor zu fürchten, im Mittelpunkt zu stehen, kam als Nächstes der Einwand, dass die Befragten gar keine Zeit und Lust hätten, Fragen zu beantworten. Wie ließe sich das ändern? Als Erstes kam die Idee auf, den Befragten Geld im Tausch gegen ihre Zeit anzubieten. Unserer Erfahrung nach ist das keine gute Idee – und auch nicht notwendig.

Die extrinsische Anreiz-Verzerrung: Warum wir glauben, dass andere nur des Geldes wegen helfen

Die extrinsische Anreiz-Verzerrung ist die Tendenz, die Motive anderer Menschen eher auf extrinsische Anreize wie Geld als auf intrinsische Anreize wie das Erlernen neuer Dinge zurückzuführen. Wir gehen bei anderen Menschen selten von den edelsten Beweggründen aus. Wir glauben vielmehr, dass Menschen, die in einer Bank arbeiten, von Geldgier getrieben sind, dass alle Politiker von Macht besessen sind und dass die Menschen in den sozialen Medien nur auf Likes aus sind.

Wenn man jedoch die Menschen nach ihren wahren Beweggründen fragt, zeichnen ihre Antworten ein anderes Bild auf als die extrinsischen Anreize, die viele als primären Faktor vermuten. So sagen viele Banker, dass sie vom Markt fasziniert seien, die Politiker wollen oft etwas bewegen und Menschen auf Facebook freuen sich, über diesen Kanal mit Menschen, die weit weg wohnen, in Kontakt zu bleiben und Erinnerungen auszutauschen.