Die 7 Leben des FJS - Felix Schwarz - E-Book

Die 7 Leben des FJS E-Book

Felix Schwarz

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Beschreibung

Soldat,Musiker,Gastronom,Weltumsegler.Felix J.Schwarz zeichnet hier seine ungewöhnliche Lebensgeschichte auf.Es sind mehr als sieben Mal wo es knapp wurde mit den Überlebenschancen und es scheint so als ob eine große Zahl von Schutzengeln diesen Weg begleiten.Wie anders sollte man sich es erklären wenn es immer mal wieder hieß"wieder einmal davongekommen.

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Die sieben Leben des F.J.S.

Soldat,Musiker,Gastronom,Weltumsegler.Felix J.Schwarz zeichnet hier seine ungewöhnliche Lebensgeschichte auf.Es sind mehr als sieben Mal wo es knapp wurde mit den Überlebenschancen und es scheint so als ob eine große Zahl von Schutzengeln diesen Weg begleiten.Wie anders sollte man sich es erklären wenn es immer mal wieder hieß„wieder einmal davongekommen.

Herkunft und Jugend.

Felix J.Schwarz geboren 1927 in Bernsdorf,Landkreis Trautenau in der damaligen Tschechoslowakischen Republik.

1918 nach Beendigung des ersten Weltkrieges entstand aus einer Zusammenfügung mehrerer ethnischer Volksgruppen,der Tschechen der Slowaken und der Sudeten deutschen,ein neuer Staat Československarepublika.

Erster Präsident war Thomas Masaryk,der in Prag,im Hradschin,seinen Amtssitz hatte.Die Regierungsstruktur war Demokratisch-Republikanisch mit einer gewissen Dominanz der tschechischen Volksgruppe.

Meine Heimat lag in einem der schönsten Feriengebiete der Republik dem Riesengebirge.Trautenau,oder Trutnow - wie die Tschechen es nannten - war die Verwaltungsprovinzstadt dieser Region.Die höchste Erhebung ,die Schneekoppe, lag direkt vor unseren Augen,einen Wandertag entfernt von Bernsdorf (Tschech.Bernartice).

Dieser Ort hatte in seiner Blütezeit 1 800 Einwohner.Man lebte aus Erträgen der Landwirtschaft,oder arbeitete als Tagelöhner in den in der Nähe liegenden Kohlegruben.Als weitere Kleinindustrie gab es im Ort auch noch eine juteverarbeitende Fabrik,sowie eine Fischfabrik die Konserven und Halbkonserven herstellte.

Wohlhabende Leute gab es zu der Zeit meiner Geburt nur wenige.Verwaltung und Polizei im Ort waren Tschechen die sich aber nur schwer in die Struktur der deutschsprachigen Gesellschaft einfügten.Es gab eine tschechische Volksschule im Ort die nur von Kindern der Tschechen,die dort als Polizisten (Finanzer) oder sonstigen Beamten besucht wurde.

Die moderne deutsche Schule war für die damaligen Verhältnisse ausreichend,um der Dorfjugend mittlere Grundkenntnisse zu vermitteln.Tschechisch war Pflichtfach, Deutsch wurde als Hauptfach gelehrt.Mittelpunkt des kulturellen Lebens war die römisch katholische Kirche.Alles was sich auf dieser Ebene im Ort bewegte,musste vom Pfarrer seinen Segen bekommen.So war die Moral eine Kirchenmoral,Exzesse irgendwelcher Art kamen da gar nicht erst auf.Kriminalität gab es - trotz zum Teil bitterster Armut - so gut wie überhaupt nicht.Man lebte sehr einfach verhungert ist niemand,in der Not half auch schon einmal ein Nachbar dem anderen und gab von dem Wenigen etwas ab.

Meine Großmutter - mütterlicherseits - stammte aus dem inneren Teil der Republik,dem sogenannten Tschechischen. Obwohl sie fließend deutsch sprach hatte sie ihr Leben lang Schwierigkeiten mit der deutschen Schrift.Ihr Mädchenname Shintag klingt jüdisch,sie war aber reine Tschechin.Wir wissen es daher weil sie in der Hitlerzeit einen Arier Nachweis erbringen musste.1895 heiratete sie meinen Großvater Josef Kopper und brachte ein uneheliches Kind mit in die Ehe,meinen Onkel Ladislaus.

Großvater war ein begabter Musiker der mehrere Instrumente spielte.Er komponierte und arrangierte für den Kirchenchor und das Ortsorchester.In der Kirche spielte er die Orgel,ihm unterstand das umfangreiche Kirchenorchester und der große Chor des gemischten Gesangvereins.Seinen Lebensunterhalt aber,verdiente er als Landwirt.Ein Mann von stattlichem Aussehen und Bärenkräften der imstande war den vollen Wagen samt den Zugviechern voran zu schieben wenn diese mal wieder nicht wollten.Vom Charakter her war er der gutmütigste Mensch den man sich denken kann.So wurde er von dem Ortspfarrer um jahrzehntelange aufopferungsvolle Tätigkeit,unentgeltlich versteht sich,betrogen indem man ihn kurz vor dem Erreichen der Pensionierung schnöde abservierte um ihm die winzige Pension die er dann zu beanspruchen hätte nicht auszahlen zu müssen.Einer der Gründe die mich nach meiner Volljährigkeit bewogen aus der Kirche auszutreten.

Die Eltern meines Vaters meine Großeltern,habe ich nie kennengelernt.Sie verstarben noch vor meiner Geburt wohnhaft waren sie im 4 Kilometer entfernten Albendorf. Dazwischen lag die deutsch-tschechische Grenze Schlesien war dort auf der anderen Seite.Sie betrieben einen Kolonialwarenhandel zu Reichtum sind sie aber nie gekommen.Sowohl mein Vater als auch sein Bruder Paul mussten sich Arbeit und Brot außerhalb verdienen.

Durch die große Armut starben viele an Tuberkulose,die Familie meines Vaters litt unter dieser Krankheit viele verstarben schon in jungen Jahren daran,so auch der Bruder meines Vaters Paul.

Meine Mutter wurde 1901 geboren und erlernte das Schneider Handwerk sie brachte es zur Schneider Meisterin.Schon in jungen Jahren nahm sie an den kulturellen Möglichkeiten im Dorf teil.Sie war außerordentlich begabt,Musik und Gesang lagen ihr so sehr,dass sie durch ihr Können als Sopranistin bei vielen Veranstaltungen eine tragende Rolle spielte.Dadurch war sie sehr beliebt im Ort und ihre Freunde gehörten allesamt zur Dorfprominenz.So wollte es niemand verstehen das sie meinen Vater,den stellungslosen Kellner,aus dem benachbarten Schlesien heiratete.

Mein Vater11 Jahre älter als meine Mutter war bereits verheiratet und hatte drei Kinder in Hamburg.Er war ein Draufgänger und lebte in dieser Zeit auch vom Schmuggel,eine nicht ungefährliche Art sein Geld zu verdienen an der Grenze wurde scharf geschossen,hin und wieder gab es schon öfter einmal einen Toten im Wald.

Als Soldat im ersten Weltkrieg wurde er verwundet und mit dem eisernen Kreuz geehrt.Er war bei der Marineinfanterie als Obermaat (Unteroffizier) an der Westfront und hatte das Glück,dieses Inferno zu überleben.Nach dem Krieg heuerte er als Stuart auf einem Überseeschiff an und war auf großer Fahrt in Brasilien und Südamerika.Kein Renomé für ein so kleinen Dorf wo alleine schon die Tatsache das er kein Einheimischer war dazu ausreichte ihm keine Arbeit zu geben.Als dann meine Schwester Mira geboren wurde, unehelich,lies er sich von seiner Frau in Hamburg scheiden und heiratete meine Mutter.Mira verstarb aber schon nach wenigen Wochen an einer nicht genau festgestellten Krankheit.Es gab zwar einen Arzt im Ort aber es war einfach kein Geld vorhanden,um sich diesen “Luxus“ leisten zu können.

Meine Großmutter eine kleine und zierliche Person war von einer nie ermüdenden geschäftlichen Unruhe getrieben.Leider fehlten ihr die fachlichen,sicher auch die finanziellen Möglichkeiten,irgendwann einmal etwas Gewinnbringendes zustande zu bringen.So mietete sie einen Dorfgasthof an und wollte dort,als eine von acht anderen Kneipen am gastronomischen Wettlauf um die wenigen noch zahlungskräftigen Kneipen Geher teilnehmen.Der Misserfolg lag auf der Hand,schon nach kurzer Zeit verging ihr die Lust dazu. Was blieb meiner Mutter anderes übrig,sie übernahm den Pachtvertrag und versuchte so gut es ging die Gaststätte zu führen.Ihre allgemeine Beliebtheit im Ort half ihr und auch mein Vater hatte sein Betätigungsfeld.Leider stand auch die gefüllte Schnapsflasche immer leicht zu erreichen im Regal und die Moral der damaligen Zeit versank bisweilen im Alkoholrausch.Die Pleite war so vorprogrammiert.Drei Jahre konnten sie sich halten dann kam das Aus für den unternehmerischen Seitensprung.Wir durften aber die Wohnung im ersten Stock des Hauses behalten.Dort wurde ich geboren und verbrachte die ersten acht Jahre meines Lebens.

Im Verhältnis zu heute herrschten,was die Natur anging,paradiesische Zustände.Saubere Luft die Wälder und die grünen Felder die Natur mit ihrer reichen Flora und Fauna war unsere Spielwiese.Fuhr schon einmal ein Auto die Dorfstraße entlang lief der ganze Ort zusammen.Der Bach und der Wald nebenan war unser täglicher Aufenthaltsort.Die Ernährung war einfach Fleisch gab es nur selten,man lebte von dem was um das Haus herum wuchs.Tomaten,Paradeiser von uns genannt,galten schon fast als exotische Früchte.

Mein Vater erzählte oft von seinen Reisen mit dem Schiff und spielte dazu auf seiner Zieharmonika meistens immer das gleiche Lied," im Schwarzwald steht´ne Mühle ".Die finanzielle Basis der Familie Schwarz war schlecht,um nicht zu sagen katastrophal.Licht hatte man uns wegen Zahlungsunfähigkeit abgestellt,so musste eine Petroleum Funzel den dürftigen Komfort erhellen.Auch Bargeld war eine Rarität,meine Mutter verdiente mit ihrer Schneiderei gerade mal das Notwendigste um zu überleben meistens in Naturalien wie Milch,Butter,Mehl oder Kartoffeln.Mein Vater versuchte auf alle nur mögliche Art Arbeit zu bekommen,er schreckte vor keiner auch noch so schwererer Arbeit zurück - aber für ihn als "Ausländer" gab es einfach keine Möglichkeit irgendeine Arbeit im Ort zu bekommen. So verdingte er sich in seinem Heimatdorf in einer Kalkbrennerei.Nach einem halben Jahr kam er mit allerschwersten Verbrennungen am ganzen Körper in ein Krankenhaus und lag dort lange eingewickelt in Mullbinden von Kopf bis Fuß.

1929 wurde mein Bruder Horst,1931 meine Schwester Ilina geboren.Die Misere wurde dadurch nicht gerade vermindert.Ich erinnere mich an einen Silvesterabend,wo meine Mutter am Herd stand und bitterlich weinte.Es war nichts anderes vorhanden als einige Kartoffeln,diese wurden in Scheiben geschnitten und auf dem Herd gebraten,ohne Fett, das war unser Silvestermenü.

Mein Großvater gab mir Violin Unterricht,in der Familie wurde musiziert.Es war die einzige Form sich kulturell zu betätigen.Kultur fand eben damals im kleinen Kreis statt.Als mein Onkel Josef heiratete sang ich in der Kirche bei der Trauung das „Ave Maria“.Mein Opa begleitete mich auf der Orgel ich war gerade mal 6 Jahre alt.Es schien so als ob damit schon die Weichen für mein späteres Leben gestellt wurden sollten.

1933 Hitler kam im "Reich" an die Macht und es änderte sich allerhand.Die Tschechen wurden unfreundlicher zu uns,Grenzbefestigungsanlagen wurden gebaut und sogenannte spanische Reiter mit Stacheldraht wurden überall im Gelände aufgestellt.Man sprach von Krieg.

An einem ersten Mai pilgerten wir über die Grenze nach Schlesien in das kleine Städtchen Liebau dort hörten wir aus einem Lautsprecher Hitler reden.Ich verstand von all dem natürlich nicht viel,mir imponierten aber die stramm angetretenen Arbeitsdienstmänner die mit ihrem blankgeputzten Spaten exerzierten.Und natürlich auch die Soldaten an der Gulaschkanone nach der Hitler Rede gab es Eintopf für das Volk.Ein Festtag wie ich ihn noch nicht erlebt hatte.

Parolen schwirrten in den Köpfen der Leute herum.Der Westwall wurde gebaut,es entstanden Autobahnen und dafür brauchte man Arbeiter,massenhaft.Mein Vater meldete sich,er ging nach Pirmasens zum Westwall Bau.Endlich verdiente er etwas Geld.Pakete schickte er nach Hause mit uns völlig unbekannten Köstlichkeiten.Es ging aufwärts,so meinten wir.

Damals lief eine Aktion an wonach sudetendeutsche Kinder,deren Eltern einen reichsdeutschen Pass hatten,zu Familien nach Deutschland verschickt werden konnten.Meine Mutter stellte den entsprechenden Antrag und er wurde positiv entschieden.Meine Ferien 1936 erlebte ich dann in Recklinghausen im Rheinland reiche Hoteliers hatten mich aufgenommen.

In dieser für mich großen Stadt weit weg von Zuhause bekam ich zum ersten Mal den Eindruck einer ganz anderen Welt.Ein Kaufhaus gab es dort,riesig gross,einen Tierpark, Straßenverkehr und Geschäfte jeglicher Art.Reiche Leute mit ihren Autos in prächtigen Villen.Sechs Wochen lebte ich das Leben einer begüterten Familie als ob ich da hineingeboren war wenn das Heimweh nicht so stark gewesen wäre es hätte gerne so weitergehen können.Aber die Zeit ging zu Ende über die Reichshauptstadt ging es wieder nach Hause.Hatte mich dieser Ort im Ruhrgebiet schon beeindruckt so war Berlin einfach phänomenal.Hier zu leben erschien mir wie ein Märchen aus einer anderen Welt....wie schnell sollte dieser Traum in Erfüllung gehen .

Meine Heimat kam mir vor wie ein Albtraum.Plumpsklo und ungepflasterte Strassen, Pferdewagen statt Autokarossen und die schon bekannte Armut verstärkte den riesigen Unterschied zwischen dem Schlaraffenland im Westen und der halb verfallenen Bude in der wir lebten.Selbst die Dorfprominenz beeindruckte mich nun nicht mehr der so viel bewunderte Radioapparat bei meiner Paten Tante verlor seine Faszination.

In der Schule versammelten sich immer eine Menge Freunde wenn ich von meiner Exkursion erzählte.Der Lehrer aber meint ,ich solle mich lieber auf mein Lernen konzentrieren als da herum zu fabulieren.Hin und wieder sauste auch schon mal der Rohrstock auf meinen Hintern um dem auch Nachdruck zu verleihen. Der Beste war ich ohnehin nicht in der Klasse außer in Gesang,Musik und Tschechisch waren meine Leistungen eher mäßig.

Das Jahr ging herum und als die Sommerferien näher rückten versuchte meine Mutter wieder so eine Reise zu arrangieren und sie hatte auch dieses Mal Erfolg.Es ging nach Norddeutschland,über Hamburg nach Dithmarschen dort in einen neu erschlossenen Koog (Landgewinnung durch Eindeichung der Marsch und Watten Landschaft an der Elbmündung).In den Adolf Hitler Koog.Kurz vor meiner Ankunft dort ist dieser Name dem Ort durch Hitler selber verliehen worden.Ausgesuchte Nationalsozialisten bekamen Haus und Grundstück zu Vorzugspreisen angeboten.

Die Familie die mich aufgenommen hatte bewirtschaftete den einzigen Kolonialwarenladen mit angeschlossener Kneipe.Die Leute hatten keine Kinder und wünschten sich so sehr einen Sohn,ich war zwar nur ein schwacher Ersatz aber sie mochten mich gern.Es fehlte mir dort an nichts Ich wurde eingekleidet und lebte dort in meinem Reich Strand,Angeln und Bootsfahren,Schwimmen und Wattwandern das Heim- weh plagte mich auch nicht mehr so sehr.Als die Ferien zu Ende gingen einigten sich meine Pflegeeltern mit meiner Mutter,ich sollte weiter bleiben und dort auch zur Schule gehen und so blieb ich über den Winter während meine Mutter den Umzug nach Berlin organisierte.

Mein Vater hatte inzwischen bei einer Baufirma in Berlin als Hilfsarbeiter eine Arbeit gefunden.Eine Wohnung hatten wir noch nicht aber Tante Mieze,die verwitwete Schwägerin meines Vaters,hatte noch ein Zimmer frei für uns.Mit Sack und Pack zog meine Mutter mit meinem Bruder und der kleinen Schwester in die Hauptstadt.Sobald sie dort waren sollte ich dann nachkommen.

Mein Pflegevater,Onkel Andersen nannte ich ihn,brachte mich nach Berlin.An einem kalten Frühjahrs Abend kamen wir dort an und ich sah nach langer Trennung meine Lieben wieder.

Wohnten wir in unserer Heimat ärmlich hier war es ein primitives,kahles und auch winziges Zimmer in dem zu allem Überfluss auch noch unsere gesamten Habe unter gebracht waren.Die Wohnung war schmutzig und die Wanzen liefen die Wände hinauf und herunter.Da wir eine eigene Wohnung nicht bezahlen konnten blieb uns nichts weiter übrig ,als dieses triste Verlies als vorläufige Bleibe anzusehen.Gott sei Dank hatte mein Vater Arbeit und auch unsere Mami machte sich nützlich und besserte den Leuten im Haus - gegen geringe Bezahlung ihre Garderobe aus.

Irgendwann gelang es meiner Mutter uns eine kleine Wohnung im Parterre eines Nachbarhauses zu besorgen.Die Miete war derart gering das auch wir sie bezahlen konnten.Der Grund der billigen Miete war ersichtlich vor dem Hause gab es eine Straßenbahn Endhaltestelle dort rangierten die Straßenbahnen,unter Ohren betäubendem Krach, vom frühen Morgen bis in die späte Nacht.

Welch Wunder es gab sogar eine Innentoilette mit Wasser Spülung als Badewanne diente ein Holztrog den wir im Wohnzimmer unterbrachten und der bei Nichtgebrauch als Bank herhielt.

Manchmal gingen wir auch „shopping“ ohne etwas zu kaufen versteht sich denn Geld war mehr als knapp.Eines Abends,es war in der Bergstraße in Neukölln nur so um die Ecke, blieben wir vor einem Radiogeschäft stehen.Ein Radio der Marke "Volksempfänger" wurde dort angeboten.

Hitler hatte angeordnet das jeder Volksgenosse,wie man die schlichten Bürger so nannte, ein Radio zu Hause haben sollte.Der Sinn war klar ersichtlich damit sollte die ständige Berieselung mit Propaganda an die Leute herangebracht werden.Alle möglichen Erleichterungen bei der Abzahlung wurden angeboten nur 3 Reichsmark hatten wir pro Monat für das gute Stück zu bezahlen.

Meine Eltern überlegten lange,ob wir uns das leisten konnten zu guter Letzt willigte mein Vater ein im Triumph wurde dieser Inbegriff an Lebenskomfort nach Hause gebracht.Andächtig lauschten wir den Klängen die aus dem krächzenden Lautsprecher des Bakelit Kasten heraus dröhnten,nun waren wir endlich "WER" und standen fast schon auf einer Stufe mit den "Reichen" in unserem Heimatdorf.

Noch einmal fuhr ich nach Dithmarschen zur Familie Andersen.Fast ein halbes Jahr blieb ich dort als ich zurück kam sprach ich „Plattdütsch“ wie die Einwohner von Dithmarschen.

Inzwischen waren meine Eltern in einen neuerbauten Block in den Nordosten Berlins eingezogen.Eine vergleichsweise moderne Wohnung mit eigenem Bad, Wohnzimmer,Schlafzimmer und Küche,mit Grünanlagen,Sandkasten zum Spielen für Kinder in einer ruhigen Seitenstraße,im Vergleich mit unser Neukölner Behausung die reinste Luxusherberge.

Und alles das hat Hitler uns gebracht.Meine Eltern lassen nichts,aber auch gar nichts,auf diesen Herren kommen. Seine Reden im Radio wurden andächtig angehört und wehe einer von uns Kindern wagte da etwa zu stören.Auf die Juden wurde geschimpft,die Plutokraten vor allem in England allen voran Churchill,sie waren allesamt Halunken.Wen wundert es wenn man so aus aller bitterster Armut plötzlich ein Licht am Horizont sieht,auch wenn es dahinter blutrot Wetterleuchtet.In die Hitlerjugend musste ich die fesche Uniform bekam ich geschenkt.Noch war ich nicht einmal 12 Jahre alt und schon marschierte ich im Gleichschritt Marsch und sang Nazilieder.

Meine Mutter war eine Löwin wenn es darum ging für ihre Kinder irgendwo einen Vorteil herauszuholen.So hörte sie im Rundfunk das Jungen und Mädchen für die Rundfunk Spielschar der Hitlerjugend gesucht wurden,da mussten wir hin egal wie.Als wir dort ankamen waren an die 300 Leute mit ihren Kindern versammelt sie alle wollten “in den Rundfunk" ,wie sie sagten.Aber nur ein Dutzend sollte ausgesucht werden in einer Auslese durch eine Prüfung mit Vorsingen.

Als ich den Haufen Aspiranten sah bekam ich es mit der Angst zu tun."Mami das schaffe ich nie die sind alle viel schlauer ,viel schöner und viel besser gekleidet als ich und singen können die sicher alle wie die Nachtigallen,lass uns nach Hause gehen.Hier geblieben und unterstehe dich ja nicht daneben zu singen dein Großvater ist ein großer Musiker,was soll der denken ?.

Als ich an der Reihe war sang ich irgend ein Volkslied.Ob ich auch noch etwas anderes singen könne."Na ja vielleicht das Ave Maria" .“Dann sing mal los“.Ein Pianist schlug mir einige Akkorde vor und dann begann ich vor dem ganzen Auditorium zu singen.Es muss sehr schön gewesen sein denn meine Mutter weinte und die Leute klatschten wie in einem Konzert.Ich wurde angenommen als einziger,bei den anderen Knaben und Mädchen war es nur eine Vorentscheidung ein Teil davon musste noch einmal antreten.

Hier an diesem Abend entschied sich praktisch alles das was später einmal mit meiner musikalischen Laufbahn zu tun hatte.Vielleicht sogar mein Leben denn zu einem nicht geringen Teil hat die Musik dazu beigetragen das ich später die Gefangenschaft überhaupt überlebte.

In der nächsten Zeit hatte ich dann zwei Mal in der Woche Dienst im Rundfunkhaus.Die fremde Atmosphäre dort und auch die vielen neuen Eindrücke hoben mich empor.Eine Spezialuniform,die so gänzlich anders war als eine normale Hitlerjugend Uniform,erregte Aufmerksamkeit wenn ich in der S Bahn zum Dienst fuhr.Mein Tagesablauf damals spielte sich zwischen der Schule,die ich gar nicht gerne mochte,dem Dienst in der Rundfunkspielschar und den Stunden am frühen Abend auf der Straße zusammen mit den Spielkameraden,meinem Bruder Horst und meiner Schwester ab.

Wir träumten von einem Paddelboot.Die erforderliche Finanzierung dafür war allerdings aus der Familienkasse nicht zu schaffen.Mein Vater war strikt gegen so eine Ausgabe und Mami gab zu bedenken das dafür einfach kein Geld da war.

Bei einer Ausgabestelle der Berliner Zeitung wurden Zeitungsausträger gesucht. Morgens und Abends waren da an die 100 Zeitungen auszutragen.Etwas für Leute denen das Treppensteigen leicht fiel.In einem Monat konnte man etwa 20 Reichsmark damit verdienen.Ein schmaler Verdienst für die vielen Treppen aber immerhin rückte der Traum vom eigenen Boot damit in erreichbare Nähe.So organisierte ich diese nicht einfache Aufgabe alle mussten helfen.Mein Bruder, meine Schwester und auch noch Freunde die im Haus wohnten Deutsche aus Brasilien.Die Hälfte des Geldes ging in die Familienkasse,einen Teil bekam unser Hausnachbar und 5 Reichsmark blieben dann noch übrig um die monatliche Rate für ein gebrauchtes Paddelboot,das wir als Gelegenheit für 30 Reichsmark,erstanden hatten,zu bezahlen.So verdienten wir das erste eigene Geld. Hundemüde kamen wir des Abends von der Zeitungstour und das Spielen auf der Straße trat in den Hintergrund.

Das Boot lag in Tegel am Tegeler See.Die Miete im Bootshaus war gering und die Arbeiten an dem Holzboot machten wir mit viel Eifer an den Wochenenden.Mutter nähte uns aus alten Bettlaken ein Segel.So hatten wir unsere Beschäftigung und kamen auch nicht auf dumme Gedanken wie unser Papa immer sagte.

1939 im Sommer ging die Rundfunkspielschar in ein Lager an der Ostsee.Gesungen und gespielt wurde da wenig um so mehr gab es Geländespiele und militärischen Drill.Nicht gerade meine Sache man konnte sich aber auch nicht ausschließen.Im August kam es dann zum Krieg wir erfuhren es bei einem Morgenappell durch unseren Spielscharführer. Begeistert war da keiner es herrschte eine Stimmung wie vor einem Gewitter.Die Erfolge der Deutschen Wehrmacht in Polen machten die Sache auch nicht besser und es hiss das die älteren von uns sich schon einmal darauf vorbereiten sollten das Vaterland mit der Waffe zu verteidigen.Von Ehre und Ruhm war da die Rede und da wir ja diesen Krieg sowieso gewinnen würden,wagte auch niemand daran zu zweifeln.

In Berlin begann man damit die Keller als Luftschutzkeller auszubauen,die Fenster zu verdunkeln und sich Notverpflegung zu besorgen.Der Sinn all dieser Dinge wollte mir nicht eingehen wenn man die täglichen Rundfunkberichte so hörte.Hitler und Goebbels redeten vom baldigen Endsieg warum also all diese Anstrengungen wenn schon alles so sicher schien.

In der Straßenbahn und auf der Straße tauchten Menschen auf die krampfhaft mit einer Zeitung einen gelben Judenstern mit der Aufschrift JUDE zu verdecken suchten.Ältere Juden standen bisweilen vor Kindern in der Bahn auf um ihnen den Platz anzubieten. Freuen konnte man sich über all diese Dinge nicht.

Meine Eltern hingen geradezu am Lautsprecher wenn Hitler seine Reden hielt die von Mal zu Mal aggressiver und bösartiger gegenüber seinen Feinden wurden.Schiffe wurden versenkt und Städte in England zerbombt.Jedes Mal gab es,durch Fanfarenklänge eingeleitet,Sondermeldungen im Rundfunk.

Da ja alles so nach Sieg aussah kam ich gar nicht auf die Idee das sich das Blatt einmal wenden könnte und,speziell wir hier in der Hauptstadt Berlin,die Bomben auf den Kopf bekommen könnten.Meine Jugendfreundin,Edith aus dem Nachbarhaus,flüsterte mir manchmal ins Ohr das sie Angst hätte weil ihre Eltern meinten,wir würden den Krieg verlieren.Wir wussten es alle es waren Kommunisten diese Familie G..Nur nicht darüber reden wir wollten die netten Leute von nebenan auf keinen Fall verraten.Viel später als der Krieg zu Ende war hat gerade Edith eine Menge dazu beigetragen das ich nach der Gefangenschaft einen erfolgreichen Weg gehen konnte.Sie wurde Sekretärin beim ersten DDR Präsidenten Wilhelm Pieck.

Es dauerte auch nicht lange und die ersten Bomben flogen uns um die Ohren.Meistens des Nachts heulten die Sirenen und wir mussten schleunigst in den Luftschutzkeller.Wenn es dann in der Nähe einschlug duckten wir uns und hatten Angst.Große Bomben,Luftmienen genannt,rasierten ganze Häuserblocks weg und erschlugen die Leute,hauptsächlich Frauen und Kinder.

Nach der Entwarnung gingen wir "Splittersuchen".Bomben und Geschütz Splitter wurden getauscht,je größer der Splitter umso wertvoller war er.10 kleine gegen einen großen. Bombensplitter waren besonders wertvoll.Ein Spiel mit den Helfern des Todes.Einmal wurde ein Feindflugzeug abgeschossen und der Bomberpilot landete ganz in der Nähe von uns in einem Schrebergarten mit dem Faltschirm.Die Menschen waren so wütend das sie ihn umbrachten.Was konnte das arme Schwein dafür,er hätte sicher lieber seine Füße unter den heimatlichen Tisch gestreckt als da im Granathagel,mitten in der Nacht,Städte in Schutt und Asche zu legen.

Die Lage in Berlin war besonders dramatisch.Hier konzentrierten sich die Anstrengungen der Alliierten diesem totalen Kriegsvolk der Germanen das Grausen beizubringen. Pausenlose Luftangriffe zerbombten die Stadt egal wo man wohnte.Freunde meiner Mutter aus der Heimat legten ihr nahe doch wenigstens eines der Kinder zu ihnen zu schicken.So kam ich in den Sudeten Gau der inzwischen in das Reich "heimgeführt" worden war.In Güntersdorf nicht weit von meinem Geburtsort entfernt,kam ich zu der Lehrerfamilie Mann.

War ich bis dahin ein eher mäßiger Schüler gewesen,der gerade mal von einer in die nächste Klasse versetzt wurde,konnte das natürlich nicht mehr so weiter gehen.Der in der Lehrerfamilie integrierte Junge aus Berlin war natürlich etwas Besonderes Vorbild und Oberschlau sollte er sein.Von wegen Schule schwänzen oder Hausaufgaben verschludern kam da nicht in Frage.Ich büffelte und lernte wie es sich für einen Angehöriger einer Lehrers Familie gehört.Zwar war ich nicht der allerbeste der Schule aber mein Zeugnis konnte sich sehen lassen.Leider wurde ich schwer krank eine Lungen und Rippenfellentzündung lies mich wochenlang am Rande des Todes entlang leben.

Meine Oma kam und sass viele Tage und Nächte neben mir.Sie war eine Pflanzen kundige Frau und kannte für jede Krankheit ein Kraut,einen Umschlag, oder eine Salbe,die sie selber aus Baumharz, Arnika,Honig und wer weiß was noch für Zutaten herstellte.Als ich wieder gesund war dauerte es noch lange bis ich meine Kräfte wieder hatte.

Meine Mutter gab es nicht auf.Ihre Weitsicht und ihr Optimismus ließen sie nicht ruhen. Gegen den ausdrücklichen Wunsch meines Vaters meldete sie mich,als ich die Schule beendet hatte,in der Orchesterschule an der Hochschule für Musik in Berlin an. Im Sommer-Semester 1941 sollte es losgehen.Vorher aber war noch eine Prüfung abzulegen.Viel brachte ich,außer meiner Musikalität,nicht mit und mein Vater meinte das sie mich mit einer Tracht Prügel auf die Straße jagen werden weil ich,mit meiner dürftigen Kratzerei auf der Violine,die Ohren der gelehrten Professoren beleidigen könnte.

Wenn auch meine instrumentale Darbietung nicht gerade Konzertformat hatte ich bestand die Prüfung.Allerdings das es von vorne herein klar war,jedes halbe Jahr werden Semester Prüfungen abgehalten wer sich nicht anstrengt fliegt raus.

Meiner Mutter fuhr der Schreck in die Glieder.Das nach der Meinung meines Vaters zum Fenster hinausgeworfene Geld,von dem es doch bei uns so wenig gab,musste sich lohnen.Das erste Semester konnte ja gerade noch bezahlt werden danach sollte auf jeden Fall ein Stipendium nachfolgen mein Vater war nicht bereit sein Geld für diesen Hokuspokus auszugeben.Musiker war für ihn kein Beruf sondern ein Vergnügen.Geld sollte ich nach Hause bringen,irgendwie,möglichst bald.Er kam zum Militär und seine Kommentare bezüglich seines ältesten Sohnes,Bubi sagte er immer zu mir,klangen aus der Ferne nicht mehr ganz so ernst.

Als Hauptfach wurde mir Fagott empfohlen.Fagottisten gibt es wenige,meinte der Fagott Professor.Streicher,Violine, Bass und Bratsche gibt's wie Sand am Meer sagte man. Im Nebenfach belegte ich Violine und als Pflichtfach hatte ich auch noch Klavier zu pauken.Eine Plackerei die mir nicht besonders lag.

Wichtigste Person für mich an der Schule war mein Hauptfachlehrer Professor Glass. Ausser,dass er an der Schule Fagott lehrte,war er Solo Fagottist an der Berliner Staatsoper. Er war,mit Sicherheit,einer der besten Fagottisten Deutschlands.Er war davon überzeugt dass ich sehr begabt für dieses Instrument bin und ich es sicher zu einer Koryphäe bringen würde denn nach dem Endsieg stehe uns Deutschen die ganze Welt offen.Er war absolut überzeugter Nazi und lief ständig mit seinem Parteiabzeichen herum. "GutenTag " wollte er nicht hören "heil Hitler" hatte ich zu grüßen.Was Wunder,wenn er sich mit meiner Mami vom ersten Moment an hervorragend verstand.Sie war zwar nicht in der Partei hatte aber absolut keinen Zweifel daran dass die braune Partei genau das Richtige ist was ein Mensch so braucht.

Für mich war sie die beste Mutter der Welt und ganz stolz auf ihr Mutterkreuz das ihr vom Staat verliehen wurde.Sie wollte und sie musste aus mir das Vorzeigestück der Familie machen es gab keinen Pardon.So sehr sie mich liebte von dem Moment des Eintritts in die Orchesterschule hatte ich keine Ruhe mehr.Ich musste üben das mir die Musik zum Hals, Nase und Ohren herauskam.Zur Semester Prüfung hatte ich einer der zehn Besten zu sein denn nur diese bekamen ein Stipendium.

Mein Vater hatte klar zu verstehen gegeben das,wenn ich kein Stipendium bekomme,ich die Schule verlassen sollte.Das teilte meine Mutter meinem Professor mit.Der wiederum wollte auf keinen Fall einen aus seiner Fagott Klasse verlieren,sie waren sich einig auch wenn ich Blut und Wasser schwitzte,ich musste da durch.

Eingesperrt hat mich meine Mutter in mein Zimmer und da ja mein Tun mit Geräusch verbunden war konnte sie genau kontrollieren wenn ich da mal eine Pause machte. Mein Professor legte sich mächtig ins Zeug er machte im Sekretariat klar das er wünscht,das mir mein Studium bezahlt wird und wenn er selber etwas drauflegen müsste.Um ehrlich zu sein meine Mutter tat so manches Gutes um diesen gewaltigen Musikus bei Laune zu halten.Da mein Vater,als Kurier bei Admiral Dönitz,fast jede Woche einmal von Belgien nach Berlin kam brachte er immer allerhand Leckereien,so auch Kaffee und Tabak mit,die meine Mutter dann auf dem Schwarzmarkt verscherbelte.So fiel auch manchmal etwas für den,zwar gutverdienenden Professor ab der aber,wie jeder andere auch,nur mit seiner Lebensmittelkarte auskommen musste.Gute Beziehungen waren in dieser Zeit eben alles. Mein Stipendium ging klar jetzt musste ich nur fleißig sein und in meinen Leistungen nicht nachlassen.