Die Arbeit am Langen Zügel - Thomas Ritter - E-Book

Die Arbeit am Langen Zügel E-Book

Thomas Ritter

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Beschreibung

Langzügelarbeit liegt im Trend. Dabei ist die Methode, Pferde unterstützend zur Arbeit im Sattel vom Boden aus auszubilden, Jahrhunderte alt. Die alten Meister wussten genau um ihren positiven Einfluss: Das Pferd verbessert sich unter dem Sattel als direktes Resultat der Arbeit am langen Zügel und umgekehrt. Der Grund: Der Ausbilder kann ihm bestimmte Dinge am langen Zügel besser erklären kann, während andere im Sattel effektiver behandelt werden können. Analog dazu verbessert sich der Reiter im Sattel als direktes Resultat der langen Zügelarbeit und umgekehrt, da er am langen Zügel das sehen kann, was er unter dem Sattel fühlt. Am langen Zügel hinter dem Pferd gehend, gewinnt man einen optischen Eindruck von Rücken und Hinterhand, Biegung und Gleichgewicht. Gleichzeitig fühlt man den ganzen Pferdekörper in der Hand. Sitzt man wieder auf dem Pferd, kann man dem Gefühl in Sitz, Schenkel und Zügel das optische Bild zuordnen, das man am langen Zügel gewonnen hat. Auf diese Weise befruchten sich beide Arbeitsweisen gegenseitig und der Reiter entwickelt dadurch eine vollständigere und zugleich differenziertere Fühlpalette. Doch diese Art des Trainings für Pferd und Reiter ist anspruchsvoll. Dr. Thomas Ritter, der sich seit über dreißig Jahren mit der klassischen Langzügelarbeit beschäftigt und zahlreiche Pferde bis zu Lektionen der Hohen Schule ausbildete, erklärt in seinem Buch genau, worauf es ankommt, welche Stolperfallen auf Einsteiger lauern und wie Reiter Schritt für Schritt Die Arbeit am Langen Zügel perfektionieren können. Ein Praxisbuch, das jederzeit griffbereit auf der Bande liegen sollte. Dann klappt es mit der Langzügelarbeit - vom einfachen Übergang bis hin zur Levade.

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Autor und Verlag haben den Inhalt dieses Buches mit großer Sorgfalt und nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Für eventuelle Schäden an Mensch und Tier, die als Folge von Handlungen und/oder gefassten Beschlüssen aufgrund der gegebenen Informationen entstehen, kann dennoch keine Haftung übernommen werden.

 

 

   IMPRESSUM

 

Copyright © 2014 by Cadmos Verlag, Schwarzenbek

Gestaltung und Satz: www.ravenstein2.de Coverfoto: Shana Ritter

Fotos im Innenteil: Andreas Evertz, Maresa Mader, Shana Ritter, Dr. Thomas Ritter, Sandra Schneider

Grafiken: Alexandra Gaugl

Lektorat der Originalausgabe: Claudia Weingand

Konvertierung: S4Carlisle Publishing Services

Deutsche Nationalbibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten.

Abdruck oder Speicherung in elektronischen Medien nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung durch den Verlag.

eISBN: 978-3-8404-6195-8

INHALT

Danksagung

Einleitung

Unterschied zum Einfahren

Unterschied zur Doppellongenarbeit

Warum Langzügelarbeit?Vorteile,Gefahren, Problemgebiete

Ergänzung zum Reiten

Die Beine mit dem Boden verbinden

Langzügelarbeit bei Korrekturpferden

Weitere Vor- und Nachteile der Langzügelarbeit

Voraussetzungen für die Langzügelarbeit

Der richtige Zeitpunkt

Das Pferd

Das Größenverhaltnis

Die Reitbahn

Das Aufwärmen

Die Ausrüstung des Pferdes

Die Ausrüstung des Reiters

Haltung und Position des Reiters

Immer in Balance bleiben

Die Position des Reiters

Die Hilfen

Unterschiede zur Arbeit unterm Sattel

Die Stimmhilfen

Die Gertenhilfen

Die Zügelhilfen

Zusammenfassung

Wie fängt man an?

Verschiedene Wege

Die portugiesische Handarbeit

Langer Zügel mit Assistent

Sequenzen von Übergängen

Die Dauer der Ausbildung

Die Reihenfolge der Ausbildungsschritte

Häufige Fehler

Gang und Körperhaltung des Reiters

Unerwünschte Reaktionen des Pferdes

Erste Hufschlagfiguren

Von der Ecke zur Schlangenlinie

Die Ecke

Zirkel und Volte

Schlangenlinien und Rechtecke

Gerade Linien ohne Anlehnung an die Bande

Handwechsel

Die Lektionen

(Fast) alles ist möglich

Die Seitengänge

Hinterhandwendung und Passade

Die Galopparbeit

Die Voraussetzungen

Missverständnisse nutzen

Das Angaloppieren

Die Reiterposition im Galopp

Die fliegenden Wechsel

Der Kontergalopp

Die Pirouette

Die hohe Schule

Die Piaffe

Die Passage

Die Levade

Schlusswort

Nicht aufgeben

Anhang

DANKE

Dr. Thomas Ritter mit Lipizzanerhengst Maestoso II Shama II. (Foto: Mader)

Ich möchte mich an dieser Stelle kurz bei all denen bedanken, die an der Verwirklichung des vorliegenden Buches beteiligt waren. Allen voran bei meiner Frau Shana, die mir seit vielen Jahren mit ihrer unermüdlichen Unterstützung zur Seite steht. In der gemeinsamen Arbeit mit den Pferden haben wir im Lauf der Jahre die in meinen Büchern beschriebene Ausbildungsmethode entwickelt. Shana hat im vorliegenden Buch vor allem den Kapiteln über Piaffe, Passage und Levade entscheidende Anstöße gegeben.

Saskia und Andreas Evertz, die Besitzer des Aischbachhofes, haben ihre wunderbare Reitanlage für viele der Fotos in diesem Buch zur Verfügung gestellt und uns auch sonst trotz ihrer großen Arbeitsauslastung immer in jeder Hinsicht tatkräftig unterstützt. Darüber hinaus sind ihre PRE Hengste Amigo, Mulan, Kabul, der PRE Wallach Furia sowie ihr Friesenhengst Richold auf den Fotos abgebildet.

EINLEITUNG

Lipizzanerhengst Maestoso II Catrina (Foto: Shana Ritter)

Ich beschäftige mich mittlerweile seit fast drei Jahrzehnten mit der Arbeit am Langen Zügel. Ich hatte das Glück, dass meine Lehrer ausgesprochene Könner in diesem Metier waren und mir sowohl ihr Wissen als auch ihre Leidenschaft dafür mitgegeben haben. Im Lauf der Jahre habe ich sehr viele Pferde der verschiedensten Typen und Rassen am Langen Zügel gearbeitet und einige davon bis in die höchsten Klassen ausgebildet. Ich habe dabei sehr viel über die individuellen Pferde und über die Dressurausbildung im Allgemeinen gelernt. Auch meine Fertigkeiten im Sattel haben durch diese Arbeit über die Jahre und Jahrzehnte hinweg wichtige Impulse erhalten. Die Arbeit am Langen Zügel wurde nach und nach zu einer meiner Spezialitäten, die ich auch immer wieder in Schaunummern vor Publikum vorgestellt habe. Alle meine Erfahrungen und Beobachtungen habe ich jetzt in dem vorliegenden Buch verarbeitet, welches schon seit Langem geplant war und sich jetzt endlich realisieren ließ.

Unterschied zum Einfahren

Die Arbeit am Langen Zügel ist traditionell eine Form des Reitens, nicht des Fahrens, wie mancherorts fälschlich angenommen wird. Daher sagt man zum Beispiel auch, dass man eine Wendung oder eine Lektion am Langen Zügel reitet. Die Arbeit am Langen Zügel wirkt versammelnd und wird vorwiegend im versammelten Trab und Galopp ausgeführt. Daher eignet sie sich im Unterschied zur Fahrschule vom Boden auch nicht für sehr junge Pferde.

Fahrpferde werden beim Einfahren vom Boden aus mit den Fahrleinen geführt, wobei der Fahrer einen relativ großen Abstand zum Pferd hält. Im Unterschied zum Langen Zügel wird beim Einfahren sehr viel im Schritt gearbeitet. Das Pferd trägt das Fahrgeschirr und den Fahrzaum. Es werden nur gerade Linien und einfache Wendungen geübt.

Am Langen Zügel dagegen geht der Reiter auf Tuchfühlung mit dem Pferd, das nur auf Trense gezäumt ist. Der Lange Zügel ist kürzer als die Fahrleinen. Das Pferd kann alle Gänge und Bahnfiguren der hohen Schule, einschließlich der Seitengänge, fliegenden Wechsel, Pirouetten, Piaffe und Passage am Langen Zügel erlernen.

Unterschied zur Doppellongenarbeit

Die Arbeit am Langen Zügel unterscheidet sich auch von der Doppellongenarbeit, bei der das Pferd in der Regel einen Longiergurt trägt, durch dessen Ringe die beiden Longen geführt werden. An der Doppellonge befindet sich der Ausbilder meist auf der Mittellinie neben dem Pferd, das auf dem Zirkel um ihn herumgeht. Der Zirkel kann dann an der langen Seite entlang auf und ab verschoben werden. Das Pferd wird hier wie am Langen Zügel meist im Trab und Galopp gearbeitet.

Der Versammlungsgrad ist jedoch in der Regel geringer als am Langen Zügel. Man kann allerdings sehr leicht einen fließenden Übergang von der Doppellonge zum Langen Zügel finden, indem man sich hinter das Pferd setzt und den Abstand verringert. Daher eignet sich die Doppellonge sehr gut als Vorbereitung und Einstieg in die Langzügelarbeit.

WARUM LANGZÜGELARBEIT?

Vorteile, Gefahren, Problemgebiete

Lipizzanerhengst Maestoso II Shama II im Trab. (Foto: Shana Ritter)

 

Mancher Reiter wird sich fragen, warum er eine körperlich so anstrengende Beschäftigung auf sich nehmen sollte. Für mich selbst stand am Anfang die Faszination, dass man mit einem Pferd alle Dressurlektionen ausführen kann, ohne auf ihm zu sitzen. Wie der Zufall es wollte, war mein Lehrer ein ausgesprochener Fachmann auf diesem Gebiet und ermöglichte mir den Einstieg.

Es gibt aber über die Liebhaberei und die Traditionspflege hinaus auch praktische Gründe, die die Arbeit am Langen Zügel lohnenswert machen. Ich habe immer wieder festgestellt, dass Pferde diese Arbeit sehr gerne verrichten. Sie schafft eine engere Beziehung zwischen Mensch und Pferd, da man wortwörtlich „Seite an Seite” miteinander arbeitet und der Mensch mindestens genauso viel Energie aufwenden muss wie das Pferd.

Der Reiter kann hier sehr viel über die technischen, biomechanischen Aspekte der Pferdeausbildung lernen, da er den ganzen Pferdekörper und vor allem die Pferdebeine immer im Blickfeld hat. Indem er genau sieht, wo sich jedes Bein gerade befindet und was es tut, kann er sich das Gefühl für die richtigen Augenblicke der Hilfengebung aneignen, was ihm dann auch im Sattel zugutekommt. Da er nicht auf dem Pferd sitzt, kann er sich auf die Einwirkung mit dem Zügel konzentrieren, ohne sich um seinen Sitz sorgen zu müssen.

Ergänzung zum Reiten

Die Langzügelarbeit ist auch ein sehr gutes diagnostisches Hilfsmittel, da sich Ursache- Wirkungs-Beziehungen direkt vor den Augen des Reiters abspielen. Kommt ein Problem unter dem Sattel auf, kann man die Ursache am Langen Zügel oft schneller identifizieren. Man hat die Mechanik der Hinterhand unmittelbar vor Augen und kann Fehler nicht durch Gewichts- und Schenkelhilfen überspielen. Alle Probleme, die unter dem Sattel auftauchen, treten am Langen Zügel daher noch deutlicher zutage. Kommt es dagegen vor, dass das Pferd eine Lektion am Langen Zügel besser ausführt als unter dem Reiter, ist das möglicherweise ein Hinweis darauf, dass der Reiter im Sattel das Pferd stört.

Friesenhengst Richold im Galopp. Die Arbeit unter dem Sattel und am Langen Zügel ergänzen sich sehr gut gegenseitig. (Foto: Evertz)

Das Pferd verbessert sich unter dem Reiter als direktes Resultat der Arbeit am Langen Zügel und umgekehrt. Man kann ihm bestimmte Dinge am Langen Zügel besser erklären, während andere im Sattel effektiver behandelt werden können. Analog dazu verbessert sich der Reiter im Sattel, da er am Langen Zügel sehen kann, was er unter dem Sattel fühlt. Sitzt er wieder auf dem Pferd, kann er dem Gefühl in Sitz, Schenkel und Zügel das Bild zuordnen, das er am Langen Zügel gewonnen hat. Auf diese Weise befruchten sich beide Arbeitsweisen gegenseitig und der Reiter entwickelt eine vollständigere und differenziertere Fühlpalette.

 

Alle Fehler und Probleme, die unter dem Sattel auftauchen, treten am Langen Zügel meist noch deutlicher zutage.

Ganz grundsätzlich sollte die Arbeit unter dem Sattel diejenige am Langen Zügel immer sinnvoll ergänzen und umgekehrt. Es ist möglich, dem Pferd bestimmte Lektionen ohne Reitergewicht erst am Langen Zügel beizubringen, bevor man sie unter dem Sattel nachreitet. Am Langen Zügel kann man schon Erlerntes verbessern, sodass das Pferd die Lektion unter dem Sattel korrekter ausführt. Umgekehrt lassen sich bestimmte Aspekte sinnvoller vom Sattel aus erarbeiten, sodass das Pferd anschließend am Langen Zügel besser geht.

Die Langzügelarbeit unterliegt genau denselben Gesetzmäßigkeiten und folgt denselben Prinzipien wie die Dressur unter dem Sattel. Daher beschränke ich mich in diesem Buch aus Platzgründen auf die Darstellung der speziellen technischen Aspekte der Arbeit am Langen Zügel und verweise für allgemeine Ausbildungsfragen auf mein Buch „Klassisches Reiten auf Grundlage der Biomechanik” (Cadmos, 2010).

Die Impulse werden von den Hinterbeinen erzeugt und zum Maul weitergeleitet (blau). Die Reiterhilfen schicken diese Impulse gezielt in den Boden (rot). (Foto: Shana Ritter)

Die Beine mit dem Boden verbinden

Ein Vorteil der Arbeit am Langen Zügel besteht darin, dass die Beine des Pferdes noch effektiver mit dem Boden verbunden werden können als im Sattel. Einerseits ist der Pferderücken nicht durch das Reitergewicht belastet und der Mensch steht andererseits mit seinen eigenen Beinen auf dem Boden. Dazu finden Sie detaillierte Ausführungen in meinem Buch „Klassisches Reiten auf Grundlage der Biomechanik”. Ich möchte daher an dieser Stelle nur ganz kurz zusammenfassen: Der Ausbilder stellt Verbindungen zwischen den verschiedenen Körperteilen des Pferdes, den Hilfen und dem Boden her.

Eine funktionierende Verbindung erkennt man daran, dass Energieimpulse frei und ungehindert in alle Richtungen fließen können: von hinten nach vorn, von vorn nach hinten, von rechts nach links und von links nach rechts. Die Impulse werden von den Hinterbeinen erzeugt und durch die Muskulatur und die Wirbelreihe nach vorne zum Maul weitergeleitet (siehe Foto links). Die Reiterhilfen formen und dirigieren die Bewegungsenergie des Pferdes. Sie können beispielsweise das Pferd wie einen Basketball in den Boden drücken, indem sie einem Stützbein den Hauptteil des Körpergewichts zuweisen. Der Boden federt dann das Pferd wie ein Trampolin wieder nach oben. Es ist für den Glanz der Bewegungen, die Versammlung und die Durchlässigkeit unabdingbar, dass der Reiter den Boden jederzeit durch alle Pferdebeine mit seinen Hilfen erreichen kann. Eine Verbindung kommt nicht zustande, wenn ein Muskel verspannt ist (Blockade) oder nicht genug Tonus, also Spannung, besitzt (falscher Knick). Im ersten Fall wird der Bewegungsspielraum des betroffenen Gelenks eingeschränkt.

 

Der Boden ist das wichtigste Hilfsmittel des Reiters, da er die Hilfen verankert und dem Reiter erlaubt, das Pferd wie ein Bildhauer zu modellieren.

 

Die Hinterbeine erzeugen Energieimpulse, die durch die Muskulatur und die Wirbelreihe nach vorn weitergeleitet werden.

Die Reiterhilfen greifen diese Impulse auf und schicken sie gezielt durch die Pferdebeine in den Boden, der dann wie ein Trampolin das Pferd wieder nach oben federt.

 

Saskia Evertz auf PRE Hengst Mulan im Trab. Dadurch, dass der Ausbilder das Pferd am Langen Zügel führt, kann die Reiterin die Zügelhilfen fühlen. (Foto: Mader)

Im zweiten Fall ist das Gelenk instabil und schwer kontrollierbar. In beiden Fällen geht die Hilfe nicht durch den Pferdekörper bis in den Boden, sondern bleibt stecken, und somit kann der Gang nicht elastisch federnd werden.

Es ist also die Aufgabe des Reiters, sowohl die Muskelverspannungen als auch die falschen Knicke aufzuspüren und zu korrigieren, damit alle theoretisch denkbaren Verbindungen in der Praxis auch tatsächlich zustande kommen.

Langzügelarbeit bei Korrekturpferden

Bei der Korrektur verrittener Pferde kann der Lange Zügel neben dem Longieren, der Handarbeit und der Doppellongenarbeit gute Dienste leisten. Er eignet sich dabei am besten für Pferde, die gut vorwärtsgehen und große Steifheiten im Körper aufweisen. Bei Pferden, die sich verhalten, ist er das falsche Hilfsmittel, weil sie sich dann meist noch mehr verhalten und unter Umständen gefährlich werden können. Der Ausbilder kann den Reiter zudem mit dem Langen Zügel in bestimmten Situationen sehr effektiv von unten unterstützen, insbesondere wenn ein Pferd die Paraden nicht respektiert oder sich nicht biegen lässt.

Weitere Vor- und Nachteile der Langzügelarbeit

Im Unterricht kann der Schüler das Gefühl für das Gleichgewicht und den schwingenden Rücken kennenlernen, wenn der Ausbilder das Pferd am Langen Zügel führt. Er fühlt dabei die Zügelhilfen des Lehrers im eigenen Oberschenkel. Das ist auch eine sehr gute Methode, dem Schüler Dressurlektionen näherzubringen und die Hilfengebung erfühlbar zu machen.

Pferde, die von einer Verletzung in die Arbeit zurückkehren und nur sehr vorsichtig belastet werden dürfen, profitieren ebenfalls von der Arbeit am Langen Zügel. Manchmal sage ich auch, nur halb im Scherz, dass die Langzügelarbeit ein sehr gutes Fitnessprogramm für den Reiter darstellt. Wer sie regelmäßig intensiv betreibt, verbrennt eine Menge Kalorien und eignet sich Ausdauer an.

 

Alle Formen der Arbeit sollten einander grundsätzlich sinnvoll unterstützen.

Ein gewisser Nachteil der Arbeit am Langen Zügel besteht darin, dass es schwieriger ist, eine gute Seitenbiegung auszuarbeiten als unter dem Sattel. Und da dem abgesessenen Reiter gewisse Geschwindigkeitsgrenzen gesetzt sind, besteht die Gefahr, dass das Pferd anfängt sich zu verhalten und steifer zu werden. Daher sollte die Langzügelarbeit nicht ausschließlich betrieben, sondern das Pferd auch regelmäßig unter dem Sattel gearbeitet werden, damit die Seitenbiegung und der Vorwärtsdrang nicht verloren gehen und sich beide Methoden sinnvoll ergänzen können.

VORAUSSETZUNGEN

für die Langzügelarbeit

Wallach Furia mit Andreas Evertz. Das war Furias vierte Einheit am Langen Zügel und sein erster Galopp! (Foto: Shana Ritter)

Der richtige Zeitpunkt

Da der größte Teil der Arbeit am Langen Zügel im versammelten Trab und Galopp stattfindet, sollte nicht zu früh damit begonnen werden. Die Klasse L ist ein guter Anhaltspunkt. Pferde, die in ihrer Ausbildung noch nicht bis dahin gediehen sind, können sich noch nicht genug versammeln, was der Reiter dann ausgleichen muss, indem er selbst mit dem Arbeitstrab und Arbeitsgalopp Schritt hält. Bei kleineren Pferden ist das innerhalb gewisser Grenzen oft noch möglich, vor allem wenn der Reiter groß ist. Überschreitet das Stockmaß jedoch eine bestimmte Höhe, wird es schwierig. Auch besitzt nicht jeder Reiter die hierfür notwendige Fitness, Bein- oder Schrittlänge.

Die Versammlungsfähigkeit des Pferdes diktiert, wie sehr man vorwärtsreiten muss (unter dem Sattel genauso wie am Langen Zügel), damit es nicht hinter die Hilfen gerät und sich keine Steifheiten einschleichen. Kommt der Reiter nicht mit dem Mindesttempo des Pferdes mit, hält er es unvermeidlich mit der Hand zurück und schafft damit innerhalb kürzester Zeit Probleme. In solchen Fällen muss man die Versammlungsfähigkeit des Pferdes erst unter dem Sattel weiter fördern und die Langzügelarbeit vorerst zurückstellen.

Das Pferd

Vor vielen Jahren wurde einer meiner Lehrer nach einer Reitstunde am Langen Zügel von einem Zuschauer gefragt, was für eine Art Pferd denn für diese Art der Arbeit geeignet sei, woraufhin er antwortete: „Ein ehrliches.” Das ist ein äußerst wichtiger Punkt. Pferde, die eine Neigung zum Schlagen haben, sollte man selbstverständlich nicht am Langen Zügel arbeiten. Man muss allerdings ganz realistisch feststellen, dass jedes Pferd eine gewisse Toleranzgrenze hat. Wird diese überschritten, dann schlägt auch das bravste Pferd aus. Bei manchen ist diese Toleranzgrenze sehr hoch, bei anderen ist sie ausgesprochen niedrig.

Derselbe Lehrer sagte mir auch, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis man einmal einen Fehler macht und ein Pferd ausschlägt, wenn man viel am Langen Zügel arbeitet. Aus diesem Grund sollte man auch nur solche Pferde an den Langen Zügel nehmen, die hinten unbeschlagen sind.

Falls einmal etwas schiefgehen sollte, ist es am besten, wenn man entweder außer Reichweite hinter dem Pferd oder direkt neben der Hinterhand geht, damit der Schlag des Hinterbeins nicht seine volle Kraft entwickeln kann und nur den Oberschenkel streift.

 

Alle Pferde schlagen aus, wenn ihre Toleranzgrenze überschritten wird!

Ich warne auch davor, die Langzügelarbeit mit einem Pferd auszuprobieren, das man noch nicht gut kennt. Es ist wichtig, dass man ein Vertrauensverhältnis zum Pferd aufbaut, bevor man sich in Reichweite der Hinterbeine begibt. Es ist notwendig, dass der Reiter die Reaktionen des Pferdes genau kennt und dass andererseits das Pferd mit der Persönlichkeit und der Art der Hilfengebung des Reiters vertraut ist, sodass es keine unliebsamen Überraschungen gibt.

Das Pferd sollte vertraut sein mit dem Longieren, der Doppellonge und der Handarbeit, bevor man mit der Langzügelarbeit beginnt.

VOR DEN TREIBENDEN HILFEN

Wie alle fortgeschrittenen Arbeitsmethoden funktioniert auch die Langzügelarbeit nur mit Pferden, die vor dem Schenkel beziehungsweise vor der Gerte sind. Pferde, die sich verhalten, sind gefährlich. Sie scheinen zwar faul und müde zu sein, aber der Eindruck täuscht. Solche Pferde entladen ihre aufgestaute Energie sehr leicht durch Ausschlagen, wenn man sie vorwärtstreiben will.

Bemerkt man also, dass das betreffende Pferd sich hinter den treibenden Hilfen verhält, dann wechselt man die Strategie und bringt es erst durch andere Formen der Arbeit wieder ehrlich vor Schenkel und Gerte, um die Verletzungsgefahr zu verringern, bevor man sich wieder an den Langen Zügel heranwagt. Lebhafte Pferde, die von sich aus gut vorwärtsgehen, eignen sich deshalb besser für die Langzügelarbeit.

Friesenhengst Richold. Jedes Pferd kann einmal ausschlagen. Daher ist bei der Arbeit immer Vorsicht geboten. (Foto: Shana Ritter)

Pferden mit einem dünnen Schwanenhals bekommt die Arbeit am Langen Zügel eher nicht, da sie dazu neigen, sich einzurollen. Das ist am Langen Zügel viel schwerer abzustellen als unter dem Sattel.

Das Größenverhältnis

Je größer der Reiter und je kleiner das Pferd, desto leichter hat es der Reiter. Es gibt hierbei naturgegebene Grenzen. Der Reiter muss selbst im Schritt mitgehen können, wenn das Pferd versammelt trabt und galoppiert. Je kürzer die Beine des Reiters sind, desto schwieriger wird es. Je größer das Pferd ist, desto mehr muss es sich versammeln lassen, damit der Reiter nicht ins Laufen gerät. Das Laufen sollte so weit wie möglich vermieden werden, da der Reiter während der Schwebephase keine Verbindung mehr mit dem Boden hat und dadurch auch die Hilfen in dem Moment nicht reell durchkommen können.

Traditionell sind die Langzügelpferde eher klein. Ich selbst bevorzuge Pferde, die circa 1,50 m bis 1, 60 m Stockmaß haben.

Die Reitbahn

Die Standardvierecke 20 m mal 40 m und 20 m mal 60 m sind für die Langzügelarbeit am besten geeignet. Der Belag soll fest, aber elastisch federnd sein. Ist man gezwungen, in tiefen Sandböden zu arbeiten, dann rutscht die Fußspitze bei jedem Abdrücken ein paar Zentimeter zurück, was die Arbeit mühsam macht. Sehr wichtig ist, zumindest im Anfangsstadium, eine feste Bande, da sie dem noch unerfahrenen Pferd einen guten optischen Anhaltspunkt bietet und es auch dem ungeübten Reiter erleichtert, das Pferd auf dem Hufschlag zu halten und geradeaus gehen zu lassen. Abgesehen davon kann das Pferd dann nicht weit davonlaufen, sollte einmal etwas schiefgehen und es sich losreißen.

Das Aufwärmen

Die Aufgabe der Aufwärmphase besteht darin, das Pferd in einen Zustand des psychischen und physischen Gleichgewichts zu versetzen, damit es sich mental auf das Training einstellen kann. Es soll behutsam auf die Hilfen abgestimmt werden, so wie ein Musikinstrument gestimmt wird, bevor man anfängt zu spielen. Die Muskeln werden aufgewärmt und gedehnt, wozu sich das Biegen in der Bewegung oft am besten eignet.

Es ist wichtig, dass man beim Aufwärmen die Beine schont und keine Energie verschwendet, denn das Pferd braucht seine Kraft und Frische für die eigentliche Arbeitsphase, in der es etwas Neues lernen und eine, seinem Ausbildungsstand entsprechende, Leistung bringen soll.

Mit einem erschöpften Pferd ist das unmöglich. Hinzu kommt, dass müde Muskeln das Skelett nicht mehr abstützen können. Dann übernehmen automatisch die Sehnen und Bänder diese Aufgabe. In der Folge können Überlastungsschäden und Verletzungen auftreten, die sogar die Karriere des Pferdes beenden können oder zumindest eine mehrmonatige Pause erfordern.

Viele Reiter begehen dennoch den Fehler, ihre Pferde viel zu lange „aufzuwärmen”. Wenn sie dann endlich mit der eigentlichen Arbeitsphase anfangen, sind die Pferde nass geschwitzt, müde und steif, eine sinnvolle Arbeit unmöglich. Am schlimmsten ist das Abjagen des steifen und unausbalancierten Pferdes im Trab und Galopp. Das ist der schnellste Weg zur permanenten Lahmheit!

Andererseits darf das Pferd nicht vor Übermut und überschüssiger Energie aus allen Nähten platzen. Sonst kann es zu leicht passieren, dass es aus lauter Lebensfreude Bocksprünge macht und auskeilt, was für den Reiter bei der Langzügelarbeit lebensgefährlich werden kann.

Die Langzügelarbeit selbst kann verwendet werden, um das Pferd vor dem Reiten aufzuwärmen. Soll der Lange Zügel die Arbeitsphase ausfüllen, schadet es nicht, das Pferd ein paar Minuten vorher zu