Die außerordentliche Kündigung bei Bagatelldelikten - Nadine Hammele - E-Book

Die außerordentliche Kündigung bei Bagatelldelikten E-Book

Nadine Hammele

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Beschreibung

Projektarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Jura - Zivilrecht / Arbeitsrecht, Note: 1,2, Duale Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart, früher: Berufsakademie Stuttgart, Sprache: Deutsch, Abstract: In den letzten Jahren ist in der Öffentlichkeit eine Debatte über fristlose Kündigungen bei Bagatelldelikten entbrannt. In den Medien häufen sich die Fälle, in denen Arbeitnehmer wegen des Diebstahls geringwertiger Güter entlassen werden. Diese und ähnliche Entscheidungen widersprechen dem Gerechtigkeitsempfinden vieler Bürger. Schwere sozialrechtlichen Folgen stehen dem geringen finanziellen Schaden gegenüber. Obwohl die Öffentlichkeit mit Unverständnis reagiert , führt das BAG eine strenge Linie, wenn es um Vermögensdelikte zu Lasten des Arbeitgebers geht. Es hat den Eindruck, dass zwei Welten, „die juristische Fachwelt“ und die Welt „der empörten Laien“, aufeinanderprallen. Während den Juristen der Vorwurf gemacht wird, es fehle ihnen an menschlicher Urteilskraft, wird den „Laien“ vorgeworfen, sie sollen die Urteilsgründe genauer lesen. Es stellt sich daher die Frage, welche Urteilsgründe die arbeitsgerichtliche „Höchststrafe“ rechtfertigen und seit wann diese Prinzipien angewendet werden. Außerdem ist zu erläutern, welche außerordentlichen Kündigungsgründe darüber hinaus im Arbeitsrecht gelten und ab wann ein Arbeitgeber auf eine Abmahnung verzichten kann. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Diebstahl von Gütern unter 50 Euro im Strafrecht meist ohne Konsequenzen bleibt, während die gleiche Tat einem Arbeitnehmer seine existenzielle Grundlage entzieht, stellt sich folgende Frage: Sollen Vermögensdelikte bis zu einem bestimmten Wert zu keiner Kündigung führen? Diese und weitere Fragen sollen im Folgenden beantwortet werden. Die Aufzählung außerordentlicher Kündigungsgründe erfolgt auf Grund des begrenzten Umfangs der Arbeit nicht abschließend. Es soll lediglich ein Überblick über außerordentliche Kündigungsgründe gegeben werden, um die Tendenz und Grundsätze der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung herauszuarbeiten. Entscheidungsgrundlagen und Entscheidungspraktiken zu Bagatellkündigungen sollen vor allem kritisch betrachtet werden, sodass Widersprüche in der Rechtsprechung aufgedeckt werden. Der öffentliche Aufschrei ist ein Warnzeichen, dass es momentan an der Akzeptanz der Arbeitsgerichtsbarkeit in der Gesellschaft fehlt . Es besteht daher das Bedürfnis die Frage zu klären, ob der rechtssuchenden Öffentlichkeit nur die Grundsätze der Arbeitsgerichtsbarkeit besser vermittelt werden müssen oder ob ein konkreter Änderungsbedarf besteht.

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Inhaltsverzeichnis
1 Entwicklung der Rechtsprechung zu Bagatelldelikten
1.1 Grundlegende Entscheidungen des BAG zu Bagatelldelikten
1.2 Katalog außerordentlicher Kündigungsgründe bei Bagatelldelikten.
1.2.1 Strafrechtlich relevantes Fehlverhalten
1.2.1.1 Diebstahl (§ 242 StGB) und Unterschlagung (§ 246 StGB)
1.2.1.2 Grobe Beleidigungen (§ 185 StGB)
1.2.1.3 Betrug (§ 263 StGB)
1.2.2 Nicht strafrechtlich relevantes Fehlverhalten.
1.2.2.1 Sexuelle Belästigung.
1.2.2.2 Anderes nicht strafrechtlich relevantes Verhalten.
2.1 „An sich“ wichtiger Grund
2.2 Interessenabwägung verhaltensbedingter Kündigungen
2.2.1 Das Prognoseprinzip und der Verzicht auf vorherige Abmahnung.
2.2.2 Relevante Faktoren im Rahmen der Gesamtwürdigung.
3 Auslegungsprinzipien für Bagatelldelikte in anderen Rechtsbereichen
3.1 Geringwertigkeitsgrenze im Strafrecht
3.2 Beurteilung von Bagatelldelikten bei Beamten.
3.3 Beurteilung von Bagatelldelikten bei Soldaten
4 Kritik an der bisherigen Rechtsprechung
4.1 Die Argumentationsfigur des Zweistufenprinzips
4.2 Die Argumentationsfigur des Vertrauensverlustes
4.3 Neue Entwicklung in der Rechtsprechung: das „Vertrauenskapital“

Page 1

Studienbereich: Wirtschaft

Page 3

Abkürzungsverzeichnis

Abs. Absatz AE Arbeitsrechtliche Entscheidungen (Zeitschrift) AGG Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

AiB Arbeitsrecht im Betrieb (Zeitschrift) Anm. Anmerkung AP Arbeitsrechtliche Praxis (Zeitschrift) ArbG Arbeitsgericht ArbR Arbeitsrecht (Zeitschrift) Art. Artikel AuA Arbeit und Arbeitsrecht (Zeitschrift) AuR Arbeit und Recht (Zeitschrift) BAG Bundesarbeitsgericht BB Betriebs-Berater (Zeitschrift) BDG Bundesdisziplinargesetz

BeckRs Beck-Rechtsprechung (Zeitschrift) BGB Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerwG Bundesverwaltungsgericht BVerwGE Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts DB Der Betrieb (Zeitschrift) dbr Der Betriebsrat (Zeitschrift) DM Deutsche Mark DÖV Die Öffentliche Verwaltung (Zeitschrift) EUR Euro EzA-SD Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht. Schnelldienst FA Fachanwalt Arbeitsrecht (Zeitschrift) g Gramm

Page 4

gem. gemäß GG Grundgesetz

GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung HGB Handelsgesetzbuch

JR Juristische Rundschau (Zeitschrift) jurisPR juris Praxis Report k.A. keine Angabe KSchG Kündigungsschutzgesetz

LAG Landesarbeitsgericht LAGE Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte NJW Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Nr. Nummer NZA Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (Zeitschrift) NZA-RR Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Rechtsprechungs-Report (Zeitschrift) NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (Zeitschrift) öAT Zeitschrift für das öffentliche Arbeits- und Tarifrecht (Zeitschrift) OLG Oberlandesgericht RdA Recht der Arbeit (Zeitschrift) RGBl. Reichsgesetzblatt Rn Randnummer RzK Rechtsprechung zum Kündigungsrecht (Zeitschrift) S. Seite/n sog. sogenannte StGB Strafgesetzbuch

VGH Verwaltungsgerichtshof vgl. vergleiche ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik (Zeitschrift)

Page 1

Einleitung

In den letzten Jahren ist in der Öffentlichkeit eine Debatte über fristlose Kündigungen bei Bagatelldelikten entbrannt. In den Medien häufen sich die Fälle, in denen Arbeitnehmer wegen des Diebstahls geringwertiger Güter entlassen werden.1Besonders der Fall der Kassiererin Barbara E. („Fall Emmely“) sorgte für Unruhe und Empörung in der Öffentlichkeit, als der Verdacht der Unterschlagung zweier Pfandbons, im Wert von 1,30 Euro, zu einer fristlosen Kündigung führte. Diese und ähnliche Entscheidungen widersprechen dem Gerechtigkeitsempfinden vieler Bürger. Arbeitnehmer werden wegen scheinbar unbedeutenden Anlässen, wie der Mitnahme von sechs Maultaschen oder dem Aufladen eines Handy-Akkus trotz langjähriger Betriebszugehörigkeit entlassen. Schwere sozialrechtlichen Folgen stehen dem geringen finanziellen Schaden gegenüber. Häufig wird in diesen Entlassungen ein Vorwand des Arbeitgebers gesehen, um unliebsame Mitarbeiter loszuwerden. Es wird kritisiert, dass soziale Verantwortung und Menschlichkeit unberücksichtigt bleiben.2Die Entscheidung zum „Fall Emmely“ bezeichnete der Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse sogar als „ein barbarisches Urteil von asozialer Qualität.“3

Obwohl die Öffentlichkeit mit Unverständnis reagiert4, führt das BAG eine strenge Linie, wenn es um Vermögensdelikte zu Lasten des Arbeitgebers geht. Es hat den Eindruck, dass zwei Welten, „die juristische Fachwelt“ und die Welt „der empörten Laien“, aufein-anderprallen. Während den Juristen der Vorwurf gemacht wird, es fehle ihnen an menschlicher Urteilskraft, wird den „Laien“ vorgeworfen, sie sollen die Urteilsgründe genauer lesen.5Es stellt sich daher die Frage, welche Urteilsgründe die arbeitsgerichtliche „Höchststrafe“ rechtfertigen und seit wann diese Prinzipien angewendet werden. Außerdem ist zu erläutern, welche außerordentlichen Kündigungsgründe darüber hinaus im Arbeitsrecht gelten und ab wann ein Arbeitgeber auf eine Abmahnung verzichten kann. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Diebstahl von Gütern unter 50 Euro im Strafrecht meist ohne Konsequenzen bleibt, während die gleiche Tat einem Arbeitnehmer seine existenzielle Grundlage entzieht, stellt sich folgende Frage: Sollen Vermögensdelikte bis zu einem bestimmten Wert zu keiner Kündigung führen? Diese und weitere Fragen sollen im Folgenden beantwortet werden. Die Aufzählung außerordentlicher Kündigungsgründe erfolgt auf Grund des begrenzten Umfangs der

1Vgl. Langen, M. (2010), S. 20.

2Vgl. Schrep, B. (2009), S. 46.

3Langen, M. (2010), S. 20.

4Vgl. Schlachter, M. (2005), S. 433.

5Vgl. Hüpers, B. (2010), S. 52.

Page 2

Arbeit nicht abschließend. Es soll lediglich ein Überblick über außerordentliche Kündigungsgründe gegeben werden, um die Tendenz und Grundsätze der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung herauszuarbeiten. Entscheidungsgrundlagen und Entscheidungspraktiken zu Bagatellkündigungen sollen vor allem kritisch betrachtet werden, sodass Widersprüche in der Rechtsprechung aufgedeckt werden. Der öffentliche Aufschrei ist ein Warnzeichen, dass es momentan an der Akzeptanz der Arbeitsgerichtsbarkeit in der Gesellschaft fehlt6. Es besteht daher das Bedürfnis die Frage zu klären, ob der rechtssuchenden Öffentlichkeit nur die Grundsätze der Arbeitsgerichtsbarkeit besser vermittelt werden müssen oder ob ein konkreter Änderungsbedarf besteht.

6Vgl. Fischer, U. (2009), Anm. 1.