Hohlbein Classics - Die Hexenjäger - Wolfgang Hohlbein - E-Book

Hohlbein Classics - Die Hexenjäger E-Book

Wolfgang Hohlbein

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Jetzt zum ersten Mal als E-Book verfügbar: Die Reihe "Hohlbein Classics" versammelt die frühen Werke von Wolfgang Hohlbein, die seinerzeit im Romanheft erschienen sind.


Die Story: Damona King und Mike Hunter haben die Burg der Harpyen verlassen und sich nach Marnockfearn durchgeschlagen. Aber der scheinbare Friede, der in dem kleinen schottischen Dorf herrscht, täuscht. Die Schergen des Bösen warten schon, und Damona und Mike sitzen erneut in der Falle.


"Die Hexenjäger" erschien erstmals am 25.01.1982 unter dem Pseudonym Henry Wolf in der Reihe "Damona King".


Der Autor: Wolfgang Hohlbein ist der erfolgreichste deutschsprachige Fantasy-Autor mit einer Gesamtauflage von über 40 Millionen Büchern weltweit.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 130

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

CoverHohlbein ClassicsÜber diese FolgeÜber den AutorTitelImpressumDie HexenjägerVorschau

Hohlbein Classics

Jetzt zum ersten Mal als E-Book verfügbar: Die Reihe »Hohlbein Classics« versammelt die frühen Werke von Wolfgang Hohlbein, die seinerzeit im Romanheft erschienen sind.

Über diese Folge

Die Hexenjäger

Ein Damona King Roman

Damona King und Mike Hunter haben die Burg der Harpyen verlassen und sich nach Marnockfearn durchgeschlagen. Aber der scheinbare Friede, der in dem kleinen schottischen Dorf herrscht, täuscht. Die Schergen des Bösen warten schon, und Damona und Mike sitzen erneut in der Falle.

»Die Hexenjäger« erschien erstmals am 25.01.1982 unter dem Pseudonym Henry Wolf in der Reihe »Damona King«.

Über den Autor

Wolfgang Hohlbein ist der erfolgreichste deutschsprachige Fantasy-Autor mit einer Gesamtauflage von über 40 Millionen Büchern weltweit.

WOLFGANG

HOHLBEIN

Die Hexenjäger

Ein Damona King Roman

BASTEI ENTERTAINMENT

Aktualisierte Neuausgabe der im Bastei Lübbe Verlag erschienenen Romanhefte aus der Reihe Damona King

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Lektorat/Projektmanagement: Esther Madaler

Covergestaltung: Christin Wilhelm, www.grafic4u.de unter Verwendung von © shutterstock/Natykach Nataliia; shutterstock/Dmitry Natashin

E-Book-Erstellung: Dörlemann Satz, Lemförde

ISBN 978-3-7325-1441-0

Die Hexenjäger

Gespenster-Krimi von Henry Wolf

Die Lippen der Frau zitterten unmerklich. Sie hatte aufgehört, sich zu wehren. Ihre Schreie waren zu einem leisen, schmerzerfüllten Wimmern herabgesunken und schließlich ganz verstummt. Ihre Handgelenke waren wund und blutig, wo sie sich gegen die nassen Lederriemen, mit denen sie gefesselt worden war, geworfen hatte, und die tanzenden Flammen warfen blutrote Lichtreflexe auf ihre Haut. Ihr Gesicht war starr; eine Maske ungläubigen Schreckens, als könne sie immer noch nicht begreifen, was mit ihr geschah.

»Stirb, Hexe!«, zischte der Inquisitor. Sein Gesicht verzerrte sich vor Hass. Langsam, als wolle er jeden Augenblick seines Triumphes bis zur Neige auskosten, senkte er die Fackel und setzte den Scheiterhaufen in Brand.

Die Frau begann wieder zu schreien, als die ersten Flammen in dem Reisigbündel unter ihren Füßen aufzüngelten ...

Standish erwachte mit einem heiseren Schrei auf den Lippen. Für einen endlosen, schrecklichen Augenblick sah er flackernde rote Lichtreflexe an den Wänden, hörte er das Knistern von brennendem Reisig, das dumpfe Murmeln der gaffenden Menge ringsum. Die wimmernden Schreie, die schließlich in ein gequältes Husten übergingen und dann ganz unter dem Knistern und Prasseln des Feuers verschwanden. Für eine endlose Sekunde glaubte er, wieder den Griff seiner Peiniger zu spüren, die Hände, die seinen Kopf festhielten und ihn zwangen, die grausige Szene bis zum Ende mit …

Dann verschwand die Vision.

Standish schloss die Augen, ließ sich zurücksinken und unterdrückte krampfhaft ein Schluchzen. Seine Hände verkrallten sich in den Rand der dünnen Decke wie die eines Ertrinkenden, der sich blind an den erstbesten Halt klammert. Wieder drohten ihn die schrecklichen Erinnerungen zu übermannen.

Es kam jetzt immer öfter.

Er hatte sich eingeredet, dass es besser werden würde, wenn er nur ganz für seine Rache lebte und die Leute, die ihm dies angetan hatten, bestrafte. Aber das stimmte nicht. Es wurde nicht besser, sondern schlimmer. Statt langsam zu verblassen, kam der Albtraum jetzt jede Nacht. Und er wurde mit jedem Mal plastischer und deutlicher. Er hatte nicht mehr sehr viel Zeit.

Standish öffnete mit einem Ruck die Augen, stemmte sich auf die Ellbogen hoch und sah sich im Zimmer um. Für einen Moment hatte er Schwierigkeiten, sich zu erinnern, wo er war. Der Raum war dunkel. Durch die Ritzen der heruntergelassenen Jalousie sickerte graues Tageslicht herein, und durch die dünne Bretterwand hinter seinem Kopf konnte er ein Radio in einem der benachbarten Zimmer plärren hören. Die unsichere Beleuchtung verlieh dem Zimmer das Aussehen einer finsteren Höhle, die von bedrohlichen Schatten und geheimnisvollen Umrissen erfüllt war. Ein leicht muffiger Geruch hing in der Luft, und irgendwo am Fußende seines Bettes glaubte er die vage Andeutung von Bewegung wahrzunehmen.

»Ist ... ist da jemand?«, fragte er stockend. Seine Stimme klang fremd; krächzend und viel schriller, als er sie in Erinnerung hatte. Sein Hals schmerzte, als hätte er stundenlang mit vollem Stimmaufwand geschrien.

Statt einer direkten Antwort wiederholte sich die Bewegung. Er hörte das Rascheln von Kleidung und schürfende Schritte. Jemand machte sich am Fenster zu schaffen. Dann wurde die Jalousie mit einem Ruck hochgezogen.

Standish blinzelte, verzog das Gesicht und beschattete die Augen mit der Hand.

Jemand lachte leise. »Endlich ausgeschlafen?«

Standish nickte. Die Bewegung löste einen dumpfen, polternden Schmerz zwischen seinen Schläfen aus. Er stöhnte, schloss für die Dauer eines Herzschlags die Augen und setzte sich mit mühsamen Bewegungen auf. »Wie spät ist es?«, fragte er nach einer Weile.

»Neun«, antwortete Will, ohne auf die Uhr zu sehen. »Ich dachte schon, du wirst überhaupt nicht mehr wach.«

Standish brachte das Kunststück fertig zu grinsen, ohne dabei das Gesicht zu verziehen. Der Schmerz in seinem Kopf wurde mit jeder Sekunde schlimmer statt besser. Er versuchte aufzustehen, aber ein warnender Stich in seiner Schulter hielt ihn im letzten Augenblick davon ab.

»Du solltest mit deiner Schulter zu einem guten Arzt«, sagte Will. »Die Wunde sieht nicht gut aus.«

Standish tastete nach dem Verband unter seiner Pyjamajacke. Er fühlte sich straff und frisch an. Die Wunde pochte leise, aber solange er den Arm nicht unnötig bewegte, war es auszuhalten.

»Ich habe den Verband gewechselt, während du geschlafen hast«, erklärte Will auf Standishs fragenden Blick. Er grinste flüchtig. »Du hast einen Schlaf wie ein Toter. Ich glaube, dich kann man wegtragen, ohne dass du es merkst.« Standish verzog das Gesicht. »Du bist ziemlich fürsorglich zu mir, wie?«

»Wie eine Mutter«, nickte Will. Er grinste immer noch, aber seine großen, dunklen Augen blieben ernst. »Ich habe die Wunde versorgt, so gut ich konnte. Aber ich bin kein Arzt. Du wirst Ärger kriegen, wenn du dich nicht drum kümmerst.« Standish sah den jungen Mann mit gemischten Gefühlen an. Er wusste immer noch nicht, was er von Will halten sollte. Vor wenigen Stunden erst hatten sie sich geprügelt. Standish hatte keine sehr gute Figur dabei abgegeben, und eigentlich war es nur Wills Gutmütigkeit zu verdanken, dass er mit einer geprellten Rippe und ein paar blauen Flecken davongekommen war.

»Hast du die ganze Nacht hier gesessen?«, fragte er.

Will klaubte eine halb leere Zigarettenpackung aus den unergründlichen Taschen seiner Lederjacke, bot Standish eine Zigarette an und nickte. »Nicht die ganze Nacht«, sagte er, während Standish sich bediente und ungeschickt versuchte, mit nur einer Hand ein Streichholz anzureißen. »Aber lange genug.«

Standish gab auf, ließ das Streichholzbriefchen fallen und beugte sich vor, als Will ein Feuerzeug aufschnappen ließ. »Lange genug wozu?«, fragte er.

»Um mich davon zu überzeugen, dass du gestern Abend die Wahrheit gesagt hast.« Standish blinzelte überrascht. »Hm?« »Du sprichst im Schlaf«, sagte Will. »Hat sich deine Frau nie darüber beschwert?« Er zuckte unmerklich zusammen, als ihm einfiel, wie schmerzhaft die Erinnerung an seine Frau für Standish sein musste.

Aber Standish reagierte nicht. »Was habe ich gesagt?«

»Eine Menge. Du hast fantasiert, aber du hast auch genug erzählt, dass ich dir endgültig glaube. Das heißt aber nicht, dass ich dir endgültig glaube. Das heißt aber nicht, dass ich das, was du vorhast, gutheiße«, fügte er hastig hinzu.

Standish nahm einen tiefen Zug, stand behutsam auf und ging zum Fenster. Die Scheiben waren beschlagen und im unteren Drittel mit Eisblumen bewachsen. Der Winter fiel jetzt offenbar mit Macht über das Land herein.

»Und warum nicht?«

Will zögerte. Standish hörte, wie er im Zimmer herumging und sich schließlich auf den Bettrand setzte. Die Federn quietschten hörbar.

»Was du vorhast, ist Mord«, sagte er. Standish lachte rau. »Möglich. Aber was geschehen ist ...« »War auch Mord, ich weiß«, sagte Will. »Ich sagte schon, ich verstehe dich. Sehr gut sogar. Aber verlang nicht, dass ich dir helfe.«

Standish drehte sich langsam um. Für einen Moment bohrte sich sein Blick in die Augen des Jüngeren. Aber er hielt dem stummen Duell nicht lange stand. Die Ruhe und Überlegenheit, die in diesen viel zu großen schwarzen Augen geschrieben stand, sprach dem jugendlichen Äußeren Wills Hohn. Irgendwie hatte Standish plötzlich das Gefühl, dass Will ihm längst nicht alles über sich erzählt hatte.

»Warum bist du dann überhaupt noch hier?«, fragte er.

Will sog an seiner Zigarette und blies einen Rauchring in die Luft. »Ich werde dir nicht helfen, weitere Morde zu begehen«, sagte er betont. »Aber ich bin genauso daran interessiert, diesen Morticah in die Hände zu bekommen wie du. Nur möchte ich dabei nicht das Leben von Unschuldigen riskieren.«

»Du meinst diesen Hunter und die Frau?«

Will nickte. »Ja. Ich kann mir ziemlich genau vorstellen, was du vorhast. Du willst sie als Köder benutzen, als Lockvogel, um über sie an Morticah heranzukommen, stimmt’s?«

Standish nickte stumm.

»Ich habe nichts dagegen. Aber ich werde nicht dabeistehen und die Hände in den Schoß legen, wenn sie in echte Gefahr geraten.«

Standish zuckte mit den Schultern. »Solange du mir dabei nicht in die Quere kommst, mach’ was du willst.«

Die Worte hatten drohend klingen sollen, aber irgendwie schienen sie bei Will ihre Wirkung zu verfehlen.

»Wir sind seit gestern Abend Partner, ob es dir passt oder nicht.«

»Partner?«

Will lächelte. »Sicher. Glaubst du, ich würde jetzt alles vergessen, was ich erfahren habe?«

»Und was willst du tun?«

Will setzte sich mit einem Ruck auf. »Ich habe schon angefangen, etwas zu tun«, sagte er. »Während du wie ein Baby geschlafen hast, habe ich mich ein bisschen in der Stadt umgehört. Du hattest recht. Dem Hades-Kult scheint eine Menge an diesen beiden Fremden gelegen zu sein. Insgesamt sind zehn Fremde in Marnockfearn. Dich nicht mitgerechnet.«

»Und was tun sie?«

»Nichts«, sagte Will achselzuckend. »Sie warten. Genau wie wir. Und wahrscheinlich werden sie auch nichts tun, ehe dieser Hunter mit seiner Freundin nicht hier auftaucht.« Er stand auf, drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus und warf Standish Hemd und Hose herüber. »Zieh dich an. Wir gehen frühstücken. Nach einer heißen Tasse Kaffee wirst du dich wohler fühlen. Und ich auch.«

Standish begann sich umständlich anzuziehen.

»Was machen wir, wenn sie nicht kommen?«, fragte er.

Will wiegte den Kopf. »Wir haben immer noch Bennison«, sagte er. »Er scheint der Kopf der hiesigen Splittergruppe zu sein. Aber sie werden kommen.«

»Bist du sicher?«, fragte Standish. »Immerhin – selbst ich habe schon eine Menge Geschichten über King’s Castle gehört, und ..."

»Sie werden kommen«, sagte Will.

Standish sah ihn einen Herzschlag lang durchdringend an und fuhr dann fort, sich anzuziehen. Mit nur einem Arm war das gar nicht so leicht. Aber es ging.

Er setzte sich, griff nach seinen Schuhen und stieg hinein. Aber seine Gedanken waren woanders.

***

Mike blieb keuchend stehen. Der Wald hörte vor ihnen wie abgeschnitten auf. Dahinter lag ein weites, frisch gepflügtes Feld. Der Schnee, der in der vergangenen Nacht gefallen war, hatte die Furchen geglättet und alle Unebenheiten zugedeckt, sodass sie den Eindruck hatten, vor einer riesigen, vollkommen flachen Ebene zu stehen, an deren anderem Ende sich die ersten Häuser von Marnockfearn erhoben.

»Noch eine halbe Stunde«, sagte er, »und wir haben es geschafft.« Seine Worte klangen undeutlich. Die beißende Kälte ließ seine Lippen taub werden, und die Erschöpfung tat ein Übriges. Er fror, und er hatte das Gefühl, keine fünf Meter mehr gehen zu können. Nach allem, was sie durchgestanden hatten, erschienen ihm die letzten Meter bis Marnockfearn wie eine Unendlichkeit. Er würde im Stehen einschlafen, wenn er nicht Acht gab.

Damona vergrub zitternd die Hände in den Jackentaschen. Die Kälte machte sich jetzt, als sie aus dem Schutz des Waldes heraus waren, stärker bemerkbar. Sie schauderte. Ihre Haut war mit unzähligen Kratzern und Schnitten übersät. Aber sie hatte keinen Grund, sich zu beschweren – sie hatten trotz allem Glück gehabt. Schon ein einziger der höllischen Vögel, die King’s Castle beherrschten, konnte einem Menschen zum Verhängnis werden. Und sie hatten sich ihren Weg in die Freiheit mitten durch das Hauptquartier der schwarzen Höllenbestien erkämpft! Aber der Preis, den sie für ihre Rettung bezahlt hatten, war hoch gewesen.

Fast zu hoch.

»Versuch es zu vergessen«, sagte Mike leise. Er schien zu spüren, was in Damona vorging.

Damona lächelte schmerzlich. »Vergessen?«

Sie drehte sich langsam um, nahm die Hände aus den Taschen und sah Mike an. »Vergessen?«, fragte sie noch einmal. »Weißt du eigentlich, was du da verlangst?«

Mike nickte. »Ja. Aber du machst Henry nicht wieder lebendig, wenn du dich mit Selbstvorwürfen quälst.«

Damona schluckte mühsam. Mikes Worte hatten die kaum verheilte Wunde in ihrem Inneren wieder aufgerissen. »Er hat gewusst, was er tat, Mike«, sagte sie leise. »Er hat sich geopfert, damit wir entkommen konnten. Er hat sein Leben weggeworfen. Und du verlangst von mir, dass ich das vergessen soll?«

»Er hat es nicht weggeworfen«, widersprach Mike. »Er ...« Er brach ab, biss sich auf die Lippen und starrte einen Moment zu Boden. Als er weitersprach, spürte Damona deutlich, wie schwer es ihm fiel, die Worte hervorzustoßen.

»Sieh es doch einmal anders, Damona. Henry war ein alter Mann. Er hätte so oder so nur noch ein paar Jahre gelebt. Und er hat die letzten zwei Jahrzehnte seines Lebens praktisch als Gefangener dieser Bestien verbracht. Ich glaube, er hat ganz genau gewusst, was er tat. Und vielleicht ..." Er stockte, sah auf und wich Damonas Blick aus. »Vielleicht hat er es sogar gerne getan.«

»Gerne?«

Mike nickte und trat unruhig auf der Stelle. »Es hört sich unmenschlich an, ich weiß. Aber ich kenne Henry fast so gut wie du, vergiss das nicht. Und ich bin sicher, dass er in dem Bewusstsein gestorben ist, dass sein Leben schließlich doch noch einen Sinn gehabt hat. Es war ihm lieber, so zu sterben, alsGefangener dieser Bestien weiterleben zu müssen und hilflos mit anzusehen, wie sie das Land und die Menschen hier terrorisieren.«

Damona starrte ihn schweigend an. Sie schluckte krampfhaft, und in ihren Augenwinkeln schimmerten plötzlich Tränen. »Du verstehst nicht, was Henry für mich bedeutet hat, Mike«, schluchzte sie. »Ich ... ich bin mit ihm aufgewachsen. Er hat mich auf den Knien geschaukelt, als ich ein Baby war. Er hat mir die Flasche gegeben, mir bei den Schulaufgaben geholfen ... er war wie ein Vater zu mir, Mike. Ich ... ich habe diesen alten Mann geliebt.«

Mike nickte erneut. Er trat auf Damona zu, zog sie an sich und legte ihr sanft den Arm um die Schulter. »Deswegen ist es wichtig, dass wir die Ungeheuer kriegen, die hinter all dem stecken.«

Damona machte sich fast gewaltsam aus seiner Umarmung los und starrte nach Norden. Über den schneebeladenen Wipfeln des Waldes erhob sich die Silhouette von King’s Castle. Ein mächtiger, schwarzer Umriss, der selbst in dieser Entfernung noch finster und bedrohlich wirkte.

»Ich werde sie kriegen«, sagte Damona leise.

Mike schauderte. Zum ersten Mal, seit er Damona kannte, spürte er Hass in ihrer Stimme.

Er trat zurück, starrte einen Herzschlag lang über das Feld und sah dann Damona wieder an.

Der Ausdruck in ihren Augen ließ ihn frösteln.

»Gehen wir«, sagte er mühsam.

Es kostete Damona sichtliche Anstrengung, sich vom Anblick der Burgruine loszureißen. Sie drehte sich um, ballte stumm die Fäuste und ging dann mit schnellen Schritten an Mike vorbei. Sie schien es plötzlich eilig zu haben, aus der Nähe der Burg zu kommen.

Sie traten aus dem Wald heraus. Der eisige Wind traf sie hier mit voller Stärke. Damona zog die Jacke enger um die Schultern, vergrub die Hände in den Jackentaschen und stolperte mühsam vor Mike her. Der frisch gefallene Schnee hatte die Furchen zugedeckt; das Gehen war mühsam und gefährlich. Die Luft war eisig, es roch nach Schnee, und eine fast unnatürliche Stille hatte sich über dem Feld und der angrenzenden Ortschaft ausgebreitet.