Die Marquise von O... - Heinrich Von Kleist - E-Book

Die Marquise von O... E-Book

Heinrich Von Kleist

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Beschreibung

Heinrich von Kleists berühmte Novelle über eine rätselhafte Schwangerschaft!Nach einer Belagering ihres Familiensitzes durch russische Truppen, stellt die verwitwete Marquise von O... fest, dass sie schwanger ist. Doch wer ist der Vater des Kindes? Die Marquise ist sich sicher, dass sie sich mit keinem Mann eingelassen hat. In einer sonderbaren Zeitungsannonce wendet sie sich an den unbekannten Vater ihres Kindes - und eine verzweifelte Suche beginnt. -

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Heinrich Von Kleist

Die Marquise von O…

Saga

Die Marquise von O…Coverbild / Illustration: Shutterstock Copyright © 1808, 2019 Heinrich von Kleist und SAGA Egmont All rights reserved ISBN: 9788726372052

1. Ebook-Auflage, 2019

Format: EPUB 2.0

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit Zustimmung von SAGA Egmont gestattet.

SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk – a part of Egmont www.egmont.com

In M . . ., einer bedeutenden Stadt im oberen Italien, liess die verwitwete Marquise von O . . ., eine Dame von vortrefflichem Ruf und Mutter von mehreren wohlerzogenen Kindern, durch die Zeitungen bekanntmachen, dass sie ohne ihr Wissen in andere Umstände gekommen sei, dass der Vater zu dem Kinde, das sie gebären würde, sich melden solle und dass sie aus Familienrücksichten entschlossen wäre, ihn zu heiraten. Die Dame, die einen so sonderbaren, den Spott der Welt reizenden Schritt beim Drang unabänderlicher Umstände mit solcher Sicherheit tat, war die Tochter des Herrn von G . . ., Kommandanten der Zitadelle bei M . . . Sie hatte, vor ungefähr drei Jahren, ihren Gemahl, den Marquis von O . . ., dem sie auf das innigste und zärtlichste zugetan war, auf einer Reise verloren, die er in Geschäften der Familie nach Paris gemacht hatte. Auf Frau von G . . . s, ihrer würdigen Mutter, Wunsch hatte sie nach seinem Tode den Landsitz verlassen, den sie bisher bei V . . . bewohnt hatte, und war mit ihren beiden Kindern in das Kommandantenhaus zu ihrem Vater zurückgekehrt. Hier hatte sie die nächsten Jahre, mit Kunst, Lektüre, mit Erziehung und ihrer Eltern Pflege beschäftigt, in der grössten Eingezogenheit zugebracht, bis der . . . Krieg plötzlich die Gegend umher mit den Truppen fast aller Mächte und auch mit russischen erfüllte. Der Obrist von G . . ., welcher den Platz zu verteidigen Ordre hatte, forderte seine Gemahlin und seine Tochter auf, sich auf das Landgut entweder der letzteren oder seines Sohnes, das bei V . . . lag, zurückzuziehen. Doch ehe sich die Abschätzung noch, hier der Bedrängnisse, denen man in der Festung, dort der Greuel, denen man auf dem platten Lande ausgesetzt sein konnte, auf der Waage der weiblichen Überlegung entschieden hatte, war die Zitadelle von dem russischen Truppen schon berennt und aufgefordert, sich zu ergeben. Der Obrist erklärte gegen seine Familie, dass er sich nunmehr verhalten würde, als ob sie nicht vorhanden wäre, und antwortete mit Kugeln und Granaten. Der Feind seinerseits bombardierte die Zitadelle. Er steckte die Magazine in Brand, eroberte ein Aussenwerk, und als der Kommandant nach einer nochmaligen Aufforderung mit der Übergabe zauderte, so ordnete er einen nächtlichen Überfall an und eroberte die Festung mit Sturm.

Eben als die russischen Truppen unter einem heftigen Haubitzenspiel von aussen eindrangen, fing der linke Flügel des Kommandantenhauses Feuer und nötigte die Frauen, ihn zu verlassen. Die Obristin, indem sie der Tochter, die mit den Kindern die Treppe hinabfloh, nacheilte, rief, dass man zusammenbleiben und sich in die unteren Gewölbe flüchten möchte; doch eine Granate, die eben in diesem Augenblicke in dem Hause zerplatzte, vollendete die gänzliche Verwirrung in demselben. Die Marquise kam mit ihren beiden Kindern auf den Vorplatz des Schlosses, wo die Schüsse schon im heftigsten Kampf durch die Nacht blitzten und sie, besinnungslos, wohin sie sich wenden solle, wieder in das brennende Gebäude zurückjagten. Hier, unglücklicherweise, begegnete ihr, da sie eben durch die Haustür entschlüpfen wollte, ein Trupp feindlicher Scharfschützen, der bei ihrem Anblick plötzlich still ward, die Gewehre über die Schultern hing und sie unter abscheulichen Gebärden mit sich fortführte. Vergebens rief die Marquise, von der entsetzlichen, sich untereinander selbst bekämpfenden Rotte bald hier- bald dorthin gezerrt, ihre zitternden, durch die Pforte zurückfliehenden Frauen zu Hilfe. Man schleppte sie in den hinteren Schlosshof, wo sie eben unter den schändlichsten Misshandlungen zu Boden sinken wollte, als, von dem Zetergeschrei der Dame herbeigerufen, ein russischer Offizier erschien und die Hunde, die nach solchem Raub lüstern waren, mit wütenden Hieben zerstreute. Der Marquise schien er ein Engel des Himmels zu sein. Er stiess noch dem letzten viehischen Mordknecht, der ihren schlanken Leib umfasst hielt, mit dem Griff des Degens ins Gesicht, dass er mit aus dem Mund vorquellendem Blut zurücktaumelte, bot dann der Dame unter einer verbindlichen französischen Anrede den Arm und führte sie, die von allen solchen Auftriten sprachlos war, in den anderen, von der Flamme noch nicht ergriffenen Flügel des Palastes, wo sie auch völlig bewusstlos niedersank. Hier — traf er, da bald darauf ihre erschrockenen Frauen erschienen, Anstalten, einen Arzt zu rufen, versicherte, indem er sich den Hut aufsetzte, dass sie sich bald erholen würde, und kehrte in den Kampf zurück.