Die Sonne stirbt - Alfred Bekker - E-Book

Die Sonne stirbt E-Book

Alfred Bekker

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Beschreibung

Die terranische Regierung muß ein Geheimnis hüten, das auf keinen Fall bekannt werden darf, soll es auf der Erde nicht zu einer katastrophalen Panik kommen. Und gleichzeitig muß sie um jeden Preis etwas unternehmen, denn Die Sonne stirbt.

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Ren Dhark

Bitwar-Zyklus

 

Band 4

Die Sonne stirbt

 

von

 

Alfred Bekker

(Kapitel 2, 4, 6, 8, 16)

 

Uwe Helmut Grave

(Kapitel 1, 3, 5, 7, 9, 11)

 

Conrad Shepherd

(Kapitel 13, 15, 17, 19, 20)

 

Jo Zybell

(Kapitel 10, 12, 14, 18, 21)

 

und

 

Hajo F. Breuer

(Exposé)

Inhalt

Titelseite

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

20.

21.

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Impressum

Prolog

Im Frühsommer des Jahres 2062 gehen drei ruhige Jahre des Aufbaus für die Erde zu Ende. Mit dem aus der Galaxis Orn mitgebrachten Wissen ist es den Menschen erstmals vergönnt, Ovoid-Ringraumer der neusten Entwicklungslinie zu bauen. Doch keinem dieser neuen Schiffe und nicht einmal der legendären POINT OF ist es noch möglich, die Galaxis der Worgun anzufliegen. Irgend etwas verhindert jeden weiteren Kontakt…

Ren Dhark ist nicht länger Commander der Planeten. Dieses Amt bekleidet nun Henner Trawisheim. Eine seiner ersten Amtshandlungen war es, Ren Dhark als Belohnung für dessen unzählige Verdienste um die Rettung der Menschheit zum privaten Eigentümer der POINT OF zu ernennen. Trawisheim glaubte, den unvergleichlichen Ringraumer auch in Zukunft für die Zwecke der terranischen Regierung einsetzen zu können, denn der Unterhalt eines Schiffes dieser Größe übersteigt Ren Dharks finanzielle Möglichkeiten bei weitem.

Doch der Großindustrielle Terence Wallis, der auf der im Halo der Milchstraße gelegenen Welt Eden seinen eigenen Staat gegründet hat, zog Trawisheim mit der Einrichtung der POINT OF-Stiftung einen dicken Strich durch die Rechnung. Denn die großzügigen Finanzmittel der Stiftung schenken Ren Dhark völlige Unabhängigkeit.

Und so bricht er im Frühjahr 2062 zu einem Forschungsflug nach Babylon auf, um endlich das Geheimnis des goldenen Salters ohne Gesicht zu lösen, der dort nun schon mehr als tausend Jahre im Vitrinensaal unter der ebenfalls goldenen Gigantstatue eines Menschen ohne Gesicht ausgestellt ist. Die Spur führt auf die vom Atomkrieg verseuchte Welt der Kurrgen – als die POINT OF einen Notruf erhält: Unbekannte Raumschiffe greifen die Zentralwelt der heute mit den Terranern verbündeten Grakos an. Die auf Grah stationierten Schiffe älterer Bauart sind für den unheimlichen Gegner keine echte Bedrohung. Als Ren Dhark eine Flotte hochmoderner neuer Ovoid-Ringraumer ins Gefecht führt, kommt es zu einer erbitterten Schlacht im All: Der unbekannte Gegner ist wesentlich stärker als vermutet!

Doch schließlich flieht er mit unbekanntem Ziel, und Ren Dhark kann seine Suche nach dem Geheimnis der Goldenen fortsetzen. Die führt ihn zu einer unbekannten Welt in den Tiefen des Alls, von der sich ein gigantisches Raumschiff erhebt und die POINT OF angreift. Und dann versagt der Antrieb des Ringraumers…

Auf Grah soll eine Einheit der Schwarzen Garde die Trümmer der Roboter untersuchen, welche die Fremden zurückließen. Da nähern sich unbekannte Schiffe dem System – und verschwinden wieder. Die Gardisten folgen den Fremden, die über ein völlig andersartiges Antriebskonzept zu verfügen scheinen, mit der HAMBURG. Auf einem scheinbar verlassenen Planeten stoßen sie auf ein Kommando der Utaren, das sich an den Hinterlassenschaften eines verschwundenen Volkes zu schaffen macht. Schon sind die Fremden, die mittlerweile den Namen »Greys« bekommen haben, heran. Offenbar gehört ihnen der Planet, und sie wollen ihn nicht hergeben. Ohne Vorwarnung schießen sie die HAMBURG ab. Zwei Gardisten und ein Utare wollen mit einem kleinen Raumboot Hilfe holen. Doch sie werden von den Greys, die sich selbst Noid nennen, gefangen und an Bord ihres Flaggschiffes RUGA gebracht. Allerdings gelingt den dreien die Flucht, und fast wähnen sie sich schon in Sicherheit, als die Greys ihnen in großer Zahl auflauern…

Etwa zur gleichen Zeit hat der legendäre Raumfahrer Roy Vegas, der einst als erster Mensch den Mars betrat, das Kommando über das neue Flottenschulschiff ANZIO übernommen. Der erste Ausbildungsflug führt das Schiff und seine Besatzung in den Machtbereich der Caldarer, mit denen die Menschheit erst eine kurze, unerfreuliche Begegnung hatte. Und auch diesmal gehen die Caldarer auf Konfrontationskurs: Mehr als 60 ihrer Schiffe nehmen die ANZIO in die Zange und decken sie mit Raptor- und Pressorstrahlen ein, bis ihr Intervallfeld zusammenbricht…

1.

»Sperrklappen!« entfuhr es dem jungen koreanischen Schützen Yo Ho erschrocken. »Ich spüre keinen Luftzug mehr! Die Greys schneiden uns den Rückweg ab!«

Der dreiundzwanzigjährige Leutnant Kurt Buck nickte. Angesichts der geringen Besatzungsstärke und des gewaltigen Luftvolumens an Bord des siebenhundert Meter großen Fremdraumers RUGA brauchte man die Luft nicht fortwährend umzuwälzen und konnte es sich leisten, die Klimaanlage eine Zeitlang dichtzumachen. Damit war der Hauptfluchtweg durch die Luftschächte versperrt, ausgerechnet jetzt, da die Selbstzerstörungsanlage des Absetzers aktiviert war und der gleich mitsamt dem Hangar explodieren würde. Mitsamt dem Hangar – und den drei darin befindlichen Personen.

Buck und Ho gehörten der Schwarzen Garde an, einer schnellen Elite-Eingreiftruppe des terranischen Raumkorps. In diese außergewöhnliche Kampfgruppe, deren Name sich von der weltallschwarzen Farbe ihrer schweren Kampfanzüge ableitete, wurden nur die Besten der Besten aufgenommen. Die Aufnahmebedingungen waren Mut, Entschlossenheit und überdurchschnittliche kämpferische Fähigkeiten – gepaart mit hoher Intelligenz. Offizier konnte nur werden, wer promoviert hatte. Die Schwarze Garde war die Verkörperung des alten römischen Mottos mens sana in corpore sano in Reinkultur.

Die beiden Gardisten kamen sich an Bord der RUGA vor wie Riesen im Zwergenland. Die Schiffsinhaber, die Greys oder Noid, wie sie sich selbst nannten, maßen knapp eineinhalb Meter – was nur noch von dem Utaren Kle Klenet, der Kurt Buck und Yo Ho auf ihrer Mission begleitete, um fünfzig Zentimeter unterboten wurde.

Klenets Haut-, Haar- und Augenfarbe war blau, und wie jeder Utare bevorzugte er kreischend bunte Kleidung. Die vielfarbige Kombination, die er trug, wies im Brustbereich ein Loch auf; er hatte sich im vollautomatisierten Maschinenraum aus dem Metallklauengriff eines Grey-Roboters »herausschneiden« müssen.

Die Greys wirkten auf den ersten Blick wie Kinder – unheimliche, aschgraue Kinder mit übergroßen Augenhöhlen in einem fast anmutig zu nennenden Gesicht, welches über keinen Nasenhügel verfügte, lediglich über zwei Nasenlöcher. Arme und Beine der vierfingrigen Wesen waren recht dünn, ebenso der Rumpf, weshalb es schien, als sei der haarlose Kopf, der zwar Ohren, aber keine Ohrmuscheln aufwies, etwas zu groß geraten. Weder an der Körperform noch an der Kleidung – die Noid trugen alle schlichte graue Uniformen – konnte man auf Anhieb geschlechtliche Unterschiede erkennen.

Die Noid-Flotte bestand aus insgesamt achtzehn Schiffen, die von der RUGA angeführt wurden. Der kommandierende Admiral hatte den Absetzer mit Buck, Ho und Klenet per Traktorstrahl an Bord geholt, die drei Insassen des Diebstahls bezichtigt und ohne Verhandlung zum Tode verurteilt. Seither befanden sie sich im Schiffsinneren auf der Flucht, wobei sie sich die meiste Zeit über in der nicht überwachten Klimaanlage aufgehalten hatten. Dieser Weg war ihnen nun versperrt worden.

Somit gab es nur noch eine Fluchtmöglichkeit: raus aus dem Hangar und zurück ins Schiff. Doch als Kurt Buck das Schott öffnete und mit Yo Ho nach draußen trat, standen sie einer ganzen Armada von Einmannschützenpanzern gegenüber. Diese verhältnismäßig kleinen Panzer, in denen gerade mal Platz für einen einzelnen Noid war, waren mit einer todbringenden Hauptkanone sowie Betäubungswaffen ausgestattet. Leutnant Buck hatte keinen Zweifel daran, daß die Noid hier und jetzt die Kanone einsetzen würden.

Die mit Schutzschirmen versehenen Panzeranzüge der Gardisten hielten eine Menge aus, doch unverwundbar machten sie ihre Träger nicht. Und die Multifunktionskarabiner, die Buck und Ho in den Händen hielten, waren zwar brandgefährlich (das hatten die Greys in den vergangenen Stunden mehrfach zu spüren bekommen), aber eine ganze Armee konnte man damit nicht auslöschen, auch dann nicht, wenn die Gegner ein gehöriges Stück kleiner waren als man selbst.

Yo und Kurt machten sich daher erst gar nicht die Mühe, mitten in den Panzeraufmarsch hineinzufeuern. Ohne daß sie sich vorher absprechen mußten, ergriffen beide die einzig wirksame Abwehrmaßnahme: Sie schossen Kleinstraketen auf den vordersten Panzer ab.

Als das Fahrzeug detonierte, sprangen die Gardisten zurück in den Hangar, in dem sich außer dem Absetzer keine weiteren Beiboote befanden.

»Tür zu!« rief Buck dem Utaren durch den sich ausbreitenden Rauch auf Angloter zu.

Kle Klenet hielt sich noch im Inneren des Hangars auf, in der Nähe des Schotts. Er sah, wie Buck und Ho im Schutz des Rauchs auf den Einstieg zur Klimaanlage zuliefen, und folgte ihnen.

Tür zu! waren zwei der wenigen Angloter-Worte, die Kle verstand und auch aussprechen konnte – er hatte den Befehl also klar und deutlich vernommen (und ausgeführt). Jedwede sonstige Kommunikation mit seinen Begleitern erfolgte über deren Miniaturtranslatoren.

Trotz der Sperrklappen, auf die sie voraussichtlich sehr bald stoßen würden, krochen Buck und Klenet erneut in die Klimaanlage. Yo Ho folgte den beiden und bildete somit diesmal das Schlußlicht. Diese Reihenfolge würde vorerst so bleiben. Überholen war nur in den breiteren Luftschächten möglich, allerdings gab es für Ho und Klenet keinen vernünftigen Grund, sich vorzudrängeln.

Kurt Buck hingegen wußte genau, warum er vorn liegen wollte: Er hatte Informationen, die die anderen nicht hatten.

Um ihre weiße, gelbe und blaue Haut zu retten, mußten die drei Männer so viele Meter wie möglich zwischen sich und den Hangar bringen, denn dort würde es gleich gewaltig krachen. Buck wählte zahllose offene Abzweigungen, und seine Begleiter folgten ihm voller Vertrauen. Sobald er auf eine Sperrklappe stieß, änderte er zwangsläufig die Richtung. Immer wieder fand er wichtige Zugänge verschlossen vor, dennoch bemühte er sich, in der verwinkelten Schachtanlage wenigstens halbwegs die Fluchtrichtung beizubehalten. Kurt wußte, wohin er wollte, und würde sich nicht so ohne weiteres von seinem Weg abbringen lassen.

Zugang zu einem kleineren Seitenarm verschaffte er sich durch einen harten Stiefeltritt – die Klappe war glücklicherweise aus leicht nachgiebigem Material gefertigt worden, vermutlich einer dünnen Blechplatte. Der dahinterliegende Schacht entpuppte sich als schmale Röhre, durch die sich Buck und Ho mühevoll hindurchschlängelten, mit vielen Drehungen und Wendungen. Klenet hingegen hatte kein Problem damit. Insgeheim lachte er die anderen aus.

Hinter dem Seitenarm lag ein etwas breiterer, nach unten führender Schacht, durch den sie sich hinabgleiten ließen. Eine Weile ging es abwärts, dann wieder geradeaus, bis sie vor der nächsten Sperrklappe stoppen mußten.

Kurt schaute auf sein Vipho mit eingebautem Chronometer und drehte sich zu seinen Begleitern um.

»Jetzt?« fragte Yo Ho, der wußte, was die Stunde geschlagen hatte.

»Jetzt«, antwortete Buck und zog den verblüfften Klenet ganz nahe an sich heran.

»Viel Spaß, ihr Turteltäubchen«, sagte Ho, der insbesondere in brenzligen Situationen stets einen flotten Spruch auf den Lippen hatte – das half ihm, seine Angst zu unterdrücken.

Der Koreaner aktivierte den Prallschirm seines Anzugs. Kurt Buck tat das gleiche. Klenet verfügte über keinen Schutzanzug, nur über eine Kombination mit Loch. Buck hüllte ihn mit in seinen Schirm ein. Dadurch dehnte sich der Schirm zwar mehr und wurde etwas schwächer, doch Kurt ging davon aus, daß Yo Ho, der sich hinter ihm befand, eh das meiste abbekommen würde.

Mittlerweile waren mehrere kleine Panzer durch das offenstehende Schott in den Hangar gerollt. Einige bewaffnete Noid stiegen aus, um nachzusehen, ob sich die Flüchtenden im Absetzer verbargen…

*

Als der Absetzer mit höllischem Getöse explodierte, jagte ein gewaltiger Feuersturm durch das Klimasystem. Für mehrere Sekunden wurden die Luftschächte zu Backöfen mit unterschiedlichen Leistungseinstellungen. In den hinteren Schächten reichte es bestenfalls zum Auftauen von Tiefkühlkost, in der Mitte hätte man Pizza backen können, und in Hangarnähe war die Grillstufe aktiviert. Dank der stabilen Prallschirme und der vielen vorangegangenen Abzweigungen überlebten die drei Männer die Explosion. Ihr Herz schlug merklich schneller, sie waren ein wenig benommen, aber sonst ging es ihnen gut.

Buck bezweifelte, daß die Noid, die sich direkt vor dem Hangar befunden hatten, genauso glimpflich davongekommen waren. Zwar hatte er Klenet befohlen, das Schott zu schließen, um den Panzerfahrern die Verfolgung zu erschweren und sie gleichzeitig vor allzu harten Auswirkungen der Explosion zu bewahren, aber die Druckwelle hatte das Schott mit Sicherheit aus der Verankerung gerissen und die vordere Panzerreihe im Flammensturm hinweggefegt.

Seit Buck und Ho gezwungenermaßen auf der Flucht waren, zogen sie eine Spur der Verwüstung und des Todes durch das Schiff. Sie hatten keine andere Wahl, schließlich wollte man sie umbringen, dennoch hatte Ho allmählich Gewissensbisse bekommen. Buck hatte ihm daraufhin den Kopf zurechtgerückt – insgeheim wußte er jedoch, daß der Schütze recht hatte. Yo Ho und er hatten die Besatzung erheblich dezimiert.

Und wenn schon! dachte Buck, und er verspürte ein Rachegefühl, das sich nur schwer unterdrücken ließ. Beim Abschuß der HAMBURG kamen zahlreiche Kameraden und Freunde ums Leben! Manch einer hatte sich noch so viel vorgenommen… und überhaupt: Haben wir die Greys etwa gebeten, uns zu jagen und mitsamt dem Absetzer auf ihr Flaggschiff zu verschleppen?

Dem Admiral war es völlig egal gewesen, ob sie unschuldig waren oder nicht. Auf seinem Schiff galten seine Gesetze; das Todesurteil hatte von vornherein festgestanden… trotzdem hoffte Kurt, daß er durch das Schließen des Schotts etlichen Noid den Feuertod erspart hatte.

Was er nicht ahnte: Kle Klenet hatte seinen Befehl ignoriert. Von ihm aus konnten sämtliche Noid mit einem Schlag das Zeitliche segnen, je mehr, desto besser. Sie hatten ihn entführt, betäubt, ausgezogen, eingesperrt, gedemütigt… und ausgerechnet die beiden Terraner, denen er die ganze Zeit über hochnäsig die kalte Schulter gezeigt hatte, hatten ihn gerettet, was die Demütigung noch schlimmer machte. Gnade kannte er daher gegenüber seinen Verfolgern nicht.

Überall im Schiff gellten Alarmsirenen. Es kam zu einer Veränderung der Schwerkraftstärke und Schwerkraftausrichtung. Einfacher ausgedrückt: die Schwerkraft wackelte. In vielen Bereichen des Schiffes hing man zeitweise irgendwie in der Luft, im wahrsten Sinne des Wortes. Wurde das Problem behoben, ging es ohne Vorwarnung wieder abwärts, was teilweise zu erheblichen Verletzungen führte.

Nun zeigte sich, wie sinnvoll es war, zahllose kleinere Apparaturen und Einrichtungsgegenstände, die nicht unmittelbar benötigt wurden, in Wand, Boden und Decke zu versenken. Überall im Schiff gab es solche »Einbaugeräte«, die man bei Bedarf mittels Sensorschalter hervorholte und nach Gebrauch wieder in die Aufbewahrungskammer zurückstellte, frei nach der Devise: Aus den Augen, aus dem Sinn. Dadurch wirkten die Kabinen stets aufgeräumt. Außerdem hatte man mehr Platz zum Arbeiten, was sich beispielsweise im Labor als überaus praktisch erwies.

Chaos brach aus. Die überlebenden Noid hatten alle Hände voll damit zu tun, ihr Schiff und sich selbst zu retten. Ihre Hatz auf die drei Flüchtenden wurde vorerst eingestellt; die Einleitung der Notfallmaßnahmen hatte jetzt oberste Priorität.

Auch Buck, Ho und Klenet blieb keine Zeit zum Ausruhen. Dichter schwarzer Rauch zog durch das Klimasystem und breitete sich bis in den letzten Winkel aus. Höchste Zeit also, das Labyrinth der Schächte zu verlassen, schließlich trug der Utare keinen Schutzanzug.

Die Hitze und der überdehnte Prallschirm hatten die Sperrklappe verbogen. Dennoch mußte Kurt mehrmals zutreten, um den Weg freizumachen. Die Klappe saß wesentlich fester in ihrer Halterung als die, die er zuvor mit einem einzigen Tritt beseitigt hatte, außerdem war sie um zirka zwei Zentimeter dicker. Eine andere Richtung einzuschlagen kam für ihn nicht in Frage. Er wußte ungefähr, wo sie sich gerade befanden; weitere Abzweigungen hätten ihn nur durcheinandergebracht.

Mit ausgeschalteten Prallschirmen kletterten die drei wenig später am nächstmöglichen Ausstieg aus der Klimaanlage. Buck und Ho öffneten ihre Visiere.

»Wenn ich unseren Fluchtweg richtig nachvollzogen habe, befinden wir uns jetzt auf dem Deck, das unterhalb des Hangars liegt«, bemerkte Yo Ho. »Die Explosion dürfte hier einigen Schaden angerichtet haben.«

Kurt Buck nickte. »Davon gehe ich auch aus. Auf den oberen Decks ist es garantiert sicherer, dennoch müssen wir hierbleiben.«

»Warum?« fragte Klenet. »Gibt es hier unten etwas Besonderes? Ich sehe keinen Unterschied zu den übrigen Decks.«

In der Tat sahen die röhrenartigen Gänge und Tunnel auf der RUGA überall gleich aus, wie triste Hotelflure, von denen sich einer kaum vom anderen unterschied. Selbst die geschlossenen Metalltüren links und rechts schienen samt und sonders aus demselben Guß gefertigt worden zu sein.

Kurt Buck wußte dennoch in etwa, wo er langzugehen hatte. Als er vom Maschinenraum aus den Bordrechner »angezapft« hatte, hatte er sich die schematische Darstellung der RUGA auf dem Bildschirm so gut wie möglich eingeprägt, insbesondere die Anordnung der Decks. Sein Ziel war ein bestimmter geschützter Bereich im unteren Teil des Raumschiffs: eine kleine, von Alarmanlagen umgebene Halle. Von dort aus konnten sie möglicherweise den Doppelkugelraumer verlassen. Um bei seinen Begleitern keine falschen Hoffnungen zu erwecken, hatte er ihnen seine Entdeckung bislang verschwiegen.

Die Zeit drängte. An vielen Orten waren kleinere Brände ausgebrochen. In den Gängen roch es nach Rauch. Die Alarmsirene jaulte in einem fort wie ein gequältes Tier. Buck hätte sie zu gern mit einem gezielten Schuß von »ihrem Leiden« erlöst.

Ein Roboterlöschtrupp war damit beschäftigt, Flammen einzudämmen, die aus einer der vielen Kabinen schlugen. Wie groß der Raum war, vermochte Buck nicht zu sagen, schließlich hatte er sich nicht jedes Detail merken können, aber er wußte, daß sich auf diesem Deck überwiegend kleinere Lagerräume befanden. Quartiere oder Arbeitszimmer gab es hier nicht, und es handelte sich auch um kein Übungsdeck, so daß es nahezu ausgeschlossen war, hier einem Noid über den Weg zu laufen.

Das Material der Türen bestand aus demselben unbekannten Metallverbundstoff wie die Wände, die Einrichtung und fast sonst alles auf dem Schiff, mit Ausnahme der Sperrklappen in der Klimaanlage. Die Noid schienen regelrecht vernarrt in dieses Metall zu sein, möglicherweise deshalb, weil es sich leicht verarbeiten ließ. Buck fragte sich, ob es zudem besonders widerstandsfähig war.

Für Tests blieb ihm keine Zeit, sie mußten weiter – vorbei an den Robotern.

Das Standardmodell eines Roboters der Noid war geformt wie eine Röhre, die eine Länge von 1,20 Metern aufwies; hinzu kamen etwa 30 Zentimeter für das Prallfeld, auf dem sie schwebten – somit waren sie nicht größer als ihre Erbauer. Über Köpfe oder nachgeformte Gesichter verfügten die Röhrenroboter nicht, nur über zwei ausfahrbare Metallarme sowie zwei zu kurz geratene, dicke Metallbeine, die allerdings nicht zum Laufen dienten. Die fußlosen Beine waren Energiestrahlwaffen. Solange der Abstrahlpol nach unten gerichtet war, bestand keine unmittelbare Gefahr. Brenzlig wurde es erst, wenn die Roboter die Beine in die Waagerechte bewegten…

Bucks Einschätzung nach ging von den Robotern keine Gefährdung aus. Schon in der Maschinenhalle hatte sich gezeigt, daß sich die Arbeitsroboter der Noid grundsätzlich auf die ihnen zugewiesene Tätigkeit konzentrierten; alles übrige um sie herum kümmerte sie nicht. Die Jagd nach den Flüchtigen war ausschließlich Sache der Wachroboter.

Nur eines hatten weder Buck noch seine beiden Begleiter bedacht: Roboter konnte man jederzeit umprogrammieren…

Die Hälfte des Löschtrupps widmete sich weiter dem Feuer. Die anderen legten überraschend ihr Löschgerät beiseite, stellten ihre Beine waagerecht und richteten die Abstrahlpole ihrer Waffen auf die drei Männer.

Die Noid hatte zahlreiche ihrer schwebenden Helfer inzwischen darauf programmiert, noch eine Zusatzaufgabe auszuführen. Der neue Programmbefehl lautete: Tötet die Fremden!

*

Wenn man in einem Hotelflur wahllos irgendeine Tür öffnet, ist das wie das Aufreißen einer Wundertüte. Drinnen kann man auf etwas ganz Phantastisches stoßen – oder auf eine unangenehme Überraschung. Oder aber die Tür bleibt zu, da Hotelgäste ihre Zimmer abzuschließen pflegen.

Auch auf der RUGA reihte sich Tür an Tür auf mäßig beleuchteten, einfallslosen Gängen. Jede war aus der eigenartigen grauschimmernden Metallegierung gefertigt, sie waren alle gleich groß, unbeschriftet und geschlossen.

Geschlossen – aber nicht verschlossen. Mit Ausnahme des Maschinenraums nebst angrenzendem Ersatzteillager, dem Zugang zur Kommandozentrale und der kleinen Halle, zu der Buck wollte, war an Bord alles offen zugänglich. Kein Noid brauchte seine Unterkunft abzuschließen, niemand mußte befürchten, von einem anderen Noid bestohlen zu werden… denn die Strafe für Diebstahl war der Tod – wie für fast alle sonstigen Verbrechen. Diese konsequente Haltung hatte das ohnehin zahlenmäßig nicht sonderlich große Volk anfangs erheblich dezimiert, hatte aber auch dazu geführt, daß bei den Noid mittlerweile so gut wie keine Straftat mehr begangen wurde.

Kamen Fremde an Bord, wurden sie schwer bewacht, um ihnen erst gar keine Gelegenheit zu geben, etwas Verbotenes zu tun. Niemand, der nicht zum Volk der Noid gehörte, durfte sich frei auf den Schiffen bewegen. Die Flucht der drei zum Tode verurteilten Gefangenen war sozusagen eine Premiere – so etwas war bisher noch nie vorgekommen, schon gar nicht auf dem gefürchteten Flaggschiff.

Buck, Ho und Klenet waren allerdings keine gewöhnlichen Gefangenen. Jeder Gardist war eine Einmannarmee, sogar dann, wenn er keinen Panzeranzug mit angeschlossenem Multikarabiner trug. Und der Utare, dessen waren sich die beiden Soldaten sicher, stapelte absichtlich tief, wenn er behauptete, lediglich für die Sicherheit der Arbeiter und der Baustelle zuständig zu sein – jener Baustelle, die überhaupt erst zu dem Schlamassel geführt hatte, in dem die drei nun steckten.

Hätten die Utaren von vornherein ihre Finger von der gewaltigen Industriestadt auf Spug im Walim-System gelassen, statt dort Ausgrabungen vorzunehmen und aus der Stadt alle möglichen Fundgegenstände zusammenzutragen, hätten Buck, Ho und Klenet nicht hier und jetzt den Kampf gegen die Noid-Roboter aufnehmen müssen. Und Kle Klenet hätte ganz bestimmt nicht die nächstliegende Tür geöffnet, um sich im vermeintlichen Lagerraum dahinter in Sicherheit zu bringen…

*

Kurt und Yo schlossen die Helme, aktivierten die Prallschirme und richteten ihre Karabiner auf die Roboter. Schützend stellten sie sich vor Klenet, der zwar bewaffnet, aber schirmlos war.

Die Strahlenwaffen der Roboter und der Gardisten wurden gleichzeitig abgefeuert. Offenbar hatten die Röhrenroboter aus dem Löschtrupp keine Möglichkeit, Schutzschirme aufzubauen, zumindest aktivierten sie keine. Ihre Energiestrahlen belasteten die Schirme der Gegner, brachten sie aber nicht zum Zusammenbruch.

Buck und Ho schmolzen die schwebenden Maschinen so zusammen, daß sie handlungsunfähig waren, aber der Kern nicht explodierte. Der Geruch von verschmorten Chips und Kabeln breitete sich aus. Die Gardisten merkten nichts davon; selbst wenn es nach »Chips und Fisch« gerochen hätte, wäre es ihnen unter ihren Helmen nicht aufgefallen.

Da die übrigen Löschroboter keine Anstalten machten, anzugreifen, ließ man sie ungeschoren; offensichtlich waren sie nicht auf Kampf umprogrammiert worden. Buck war es nur recht, daß sie ihre Arbeit fortsetzten. Wenn sich die Brände bis zur Maschinenhalle durchfraßen, konnte es zu weiteren Explosionen auf der RUGAkommen – vielleicht sogar zur totalen Vernichtung des Schiffes.

Der Leutnant und der Schütze deaktivierten ihre Prallschirme. Um sich in den Panzeranzügen ungehindert und möglichst schnell bewegen zu können, mußte man etwas Kraft und Geschick aufwenden – eine Frage des Trainings und der Gewohnheit. War der Schirm eingeschaltet, wurde die Bewegungsfreiheit noch weiter eingeschränkt, weshalb er nur in Ausnahmefällen im Dauerbetrieb lief. Im übrigen verbrauchte der Schutzschirm nicht gerade wenig Energie, die man unter Umständen für wichtigere Zwecke benötigte.

Buck drehte sich nach Klenet um. Der Utare war spurlos verschwunden. Eine der Türen stand offen…

*

Als Ho und Buck eintraten, fanden sie sich in einem merkwürdigen, fast leeren Raum wieder. Zur linken und zur rechten Seite ragten mehrere schräggestellte schlichtgraue Metallplatten aus den Wänden – etwa zwei Meter hoch, einen Meter breit und zehn Zentimeter dick. Die Mitte des Zimmers war frei. Dort saß Kle Klenet wie ein Häufchen Elend auf dem Fußboden.

»Klenet?« Kurt Buck schaute ihn durchs Helmvisier fragend an. »Was, zum Kuckuck, machen Sie hier?«

Sekundenbruchteile später läutete seine innere Alarmglocke. Fast zeitgleich ging auch Yo Ho ein Licht auf. Die beiden waren ein gutes Team, das sich hervorragend ergänzte. Leider reagierten sie zu spät.

Hinter den Metallschirmen traten bewaffnete Greys hervor. Einige richteten ihre Waffen auf die Gardisten, andere auf den Utaren. Die eineinhalb Meter messenden Greys befanden sich zweifelsfrei in der besseren Position: Sie konnten jederzeit wieder hinter den Zweimeterplatten in Deckung gehen, während Kurt und Yo völlig deckungslos im Raum standen, umzingelt von ihren Feinden.

»Scheißspiel!« fluchte der Leutnant. »Wir haben uns verhalten wie Anfänger!«

Damit die angespannte Lage nicht durch eine unbedachte Handlung eskalierte, ließen Yo Ho und er demonstrativ die Karabiner sinken, ohne sie aus der Hand zu legen. Ein Rückzug war nur möglich, indem sie die Prallschirme aktivierten und ohne Rücksicht auf Verluste auf die Noid feuerten – eine solche Aktion hätte Klenet jedoch das Leben gekostet.

Der Utare sah die beiden schuldbewußt an. »Tut mir leid, ich konnte ja nicht ahnen, daß hinter der Tür gerade eine Besprechung stattfand. Auch ich habe mir einen Teil des Schemas eingeprägt und hatte erwartet, hier drinnen auf Regale oder Kisten zu stoßen, nicht aber auf Noid, die um einen runden Tisch sitzen. Alles ging ganz schnell. Man nötigte mich mit Waffengewalt zum Hinsetzen. Gleichzeitig verschwand die komplette Einrichtung um mich herum im Boden, und aus den Wänden schoben sich die schräggestellten Metallplatten. Die Noid versteckten sich dahinter…«

Ein Grey gab unwirsche Laute von sich und brachte damit den aufgeregten Utaren zum Schweigen.

Buck ersparte sich jeden Kommentar. Statt dessen suchte er fieberhaft nach einem Ausweg.

Von der Decke schwebte ein klobiger Apparat herab, ein unförmiger, zu allen Seiten hin verschweißter Metallklotz, den Kurt und Yo bereits kannten: Es handelte sich um einen Translator der Greys. Admiral Seldar Buuhul hatte ihn beim Verhör der Gefangenen eingesetzt.

Der Translator blieb in der Luft »hängen«, bewegte sich nicht mehr. Im selben Augenblick trat der greise Admiral höchstpersönlich hinter einem der Metallschirme hervor. Man erkannte ihn an seinen faltigen Gesichtszügen und an dem besonderen Emblem auf seiner grauen Uniformbrust: ein dunkelgraues Gewächs auf hellgrauem Hintergrund. Die übrigen Grey trugen ähnliche Abzeichen, die allerdings wesentlich bescheidener ausfielen. Vermutlich handelte es sich um höhere Offiziere, da die Uniformen der Mannschaftsdienstgrade ohne solchen »Brustschmuck« auskommen mußten.

Triumphierend schaute Admiral Buuhul Leutnant Buck und Schütze Ho an.

»Hier ist Ihre Flucht zu Ende«, sagte er mit seiner etwas fiepsig klingenden Stimme, die vom Translator übersetzt wurde.

*

Die Minitranslatoren der Gardisten waren zwar aktiviert, allerdings hatte sich noch keine Gelegenheit ergeben, sie auf die Grey-Sprache zu justieren – dies holten die kleinen Geräte jetzt automatisch nach.

»Auf diesem Deck habe ich mit Ihrer Anwesenheit überhaupt nicht gerechnet, Admiral«, räumte der Leutnant offen ein – seine Stimme kam aus dem Helmlautsprecher. »Befindet sich das Offiziersdeck nicht viel weiter oben?«

Seldar Buuhul zögerte ein wenig mit der Antwort, er schien zu überlegen. »In dieser Hinsicht haben Sie sich schwer getäuscht«, sagte er schließlich mit geheimnisvoller Miene. »Auf der RUGA ist nicht alles so, wie es scheint.«

Yo Ho seufzte laut und vernehmlich. »Wenn ich etwas hasse, dann sind es versteckte Andeutungen! Jeder Hanswurst, der sich ein bißchen wichtig machen will, tut so, als habe er ein Geheimnis zu verbergen, aber meist kommt hinterher nur heiße Luft dabei heraus.«

Buck ahnte, was er vorhatte. Sein Kamerad wollte den Anführer der Greys provozieren, ihn wütend machen. Wer zornig war, dachte nicht nach, handelte viel zu spontan, machte Fehler…

Der Admiral schaute jedoch nur verwundert drein. Offenbar hatte der Translator erhebliche Schwierigkeiten, »Hanswurst« in die Sprache seines Volkes zu übersetzen. Hos frischjustierter Miniaturtranslator funktionierte wesentlich besser und fand eine passende Formulierung – was aus Buuhuls beleidigtem Gesichtsausdruck hervorging. Richtig wütend wurde er allerdings nicht, er behielt sich unter Kontrolle, so wie jeder gute Anführer.

Admiral Buuhul »entließ« seinen unfähigen Translator fristlos. Er betätigte einen in der Wand verborgenen Sensorschalter, und der klobige Metallklotz entschwebte wieder nach oben, wo er in einer Deckenöffnung verschwand.

Kurt Buck tauschte einen Blick mit Yo Ho. Beide hatten dieselbe Idee, wie sie aus diesem Raum entkommen konnten. Dafür brauchten sie jedoch Kle Klenets Unterstützung.

Klenet signalisierte mit einem unauffälligen Augenaufschlag, daß auch er begriffen hatte…

Na bitte, dachte der Leutnant. Ich habe ihn nicht überschätzt. Sicherheitsbeauftragter für Baustellen – daß ich nicht lache!

Klenet mochte kein Held sein, und zeitweise hatte er sich wie ein richtiges Ekel aufgeführt – aber er war beileibe kein Dummkopf. Das Panzerschott zur Maschinenhalle war mit einer ganz speziellen Sicherung ausgestattet; Klenet hatte sie blitzsauber ausgetrickst. Außerdem hatte er im Alleingang ohne Waffen einen gefährlichen Kampfroboter ausgeschaltet und einen bewaffneten Wachmann gleich mit dazu. Und ohne seine Mitwirkung hätten es die Terraner nie geschafft, vom Rechner im Maschinenraum in den übergeordneten Bordrechner einzudringen.

Auf diesen Zwischenfall kam Buuhul jetzt zu sprechen, denn selbstverständlich hatte man in der Zentrale mitbekommen, daß sich Unbefugte am Bordrechner zu schaffen gemacht und eine schematische Darstellung des Schiffes aufgerufen hatten.

»Ich weiß nicht, wie Sie es geschafft haben, den untergeordneten Rechner im Maschinenraum derart zu manipulieren, daß er Daten aus dem Rechner in der Kommandozentrale entnehmen konnte, aber die gestohlenen Informationen hätten Ihnen bei der Fortsetzung Ihrer Flucht nur unwesentlich weitergeholfen. Das Schema, das Sie sich auf den Bildschirm geholt haben, ist längst überholt, andernfalls hätte es der Hauptrechner nie preisgegeben. Schon vor längerer Zeit wurde das Offiziersdeck im Zuge größerer Umbauarbeiten komplett nach hierher verlegt. Noch deutlicher: Auf diesem Schiff befindet sich nichts mehr dort, wo es einmal war, deshalb vergessen Sie am besten alles, was Sie sich mühselig vor dem Bildschirm eingeprägt haben.«

Er stieß Laute aus, die entfernt an ein Lachen erinnerten.

Das Lachen verging ihm, als Klenet plötzlich und unerwartet aufsprang und mit einem gekonnten Überschlag hinter einer der schräggestellten Metallplatten verschwand – so wieselflink, daß der dort postierte Offizier erst gar nicht zum Schuß kam. Klenet war selbst für einen Noid ein viel zu kleines und viel zu bewegliches Ziel; man brauchte wenigstens zwei, drei Sekunden, um ihn ins Visier zu nehmen, doch so lange hielt er nicht still.

*

Buck und Ho traten einen Schritt zurück. Nun konnten sie die Wände links und rechts vom Türrahmen berühren. Sie streckten je eine Hand nach hinten aus. In der anderen Hand hielten sie ihre Multikarabiner, weiterhin mit dem Lauf nach unten.

»Lassen Sie das!« warnte sie Buuhul. »Finger weg von den Wänden!«

Seine Stimme schwankte, er war für einen Moment verunsichert. Erst als es bereits zu spät war, wurde ihm klar, was seine Gefangenen vorhatten…

Lautlos glitten die Metallplatten in ihre Wandöffnungen zurück. Fast zeitgleich kam aus dem Fußboden ein runder Metalltisch mit den dazugehörigen Sitzmöbeln zum Vorschein.

Buuhul gab Feuerbefehl. Doch Buck und Ho eröffneten schon ihrerseits das Feuer und streckten einige Offiziere nieder. Ihre blitzartig aktivierten Schirme hielten den gegnerischen Energiestrahlen stand.

An verschiedenen Stellen schoben sich nun unterschiedliche Möbel, Geräte und andere Gegenstände aus den Wänden und dem Fußboden, und selbst der klobige Translator schwebte plötzlich wieder im Raum. Klenet, der an seinem Standort fingerfertig einen Sensorschalter nach dem nächsten ausfindig machte, leistete ganze Arbeit.

Erst als ein Noid seine Waffe auf ihn anlegte, setzte er sich in Bewegung und krabbelte wie ein aufgescheuchtes Eichhörnchen auf den Ausgang zu. Im Gurt eines toten Offiziers steckte der Blaster, den man Kle abgenommen hatte; er nahm ihn rasch an sich und kroch auf allen vieren weiter. Die Gardisten gaben ihm Feuerschutz.

Augenblicke später befanden sich die drei wieder auf dem Gang und setzten ihre Flucht fort. Selbstverständlich aufrechtgehend.

Die Kabinen auf dem Schiff waren nicht nur mit beweglichen Gegenständen aller Art ausgestattet, sondern auch mit zahllosen versteckten Sensorschaltern zum Versenken oder Hervorholen jener Gegenstände. Nach dem Schalter zur Entfernung der Metallplatten hatte Klenet nicht lange suchen müssen. Bei seiner Gefangennahme hatte er beobachtet, auf welche Stelle in der Wand einer der Noid seine vier Finger gelegt hatte, kurz bevor die Zweimeterplatten zum Vorschein gekommen waren. Diesen Vorgang hatte Kle kurzerhand wieder rückgängig gemacht und bei dieser Gelegenheit noch diverses anderes Verborgenes ans künstlich erzeugte Licht befördert.

Buck und Ho hatten die hinter ihnen liegende Wand nach dem Zufallsprinzip abgetastet. Auf ähnliche Weise hatten sie schon einmal für Aufregung unter den Noid gesorgt – als man sie im Labor gewaltsam einem »Wahrheitstest« hatte unterziehen wollen. Leider hatte kaum einer der Labormitarbeiter diese blutige Auseinandersetzung überlebt…

»Waffen auf Paralyse stellen!« befahl Buck im Laufen.

Yo Ho kam dem Befehl sofort nach. Auch er fand, daß es an der Zeit war, zu humaneren Mitteln zu greifen, um sich die Noid vom Leib zu halten. Beim Kampf mit den Löschrobotern hatten sie ihre Multikarabiner auf volle Leistung gestellt – und dabei war es bei dem anschließenden kurzen, aber harten Gefecht mit den Offizieren geblieben. Es hatte mehrere Tote gegeben, darunter vermutlich Seldar Buuhul, der mit einem gequälten Aufschrei zu Boden gegangen war.

Buck wollte unter allen Umständen ein weiteres Gemetzel vermeiden, ordnete aber an: »Sollten wir als nächstes wieder auf Roboter treffen, schaltet zurück aufs volle Programm.«

»Wo wollen Sie überhaupt hin?« rief Klenet ihm atemlos zu.

Mit seinen kurzen Beinen kam er kaum noch mit.

Buck entschloß sich, die Katze endlich aus dem Sack zu lassen. »Ich bin auf der Suche nach einer unmittelbar an der Außenhülle gelegenen kleinen Halle, die mit auffällig vielen Alarmvorrichtungen gesichert ist. Leider konnte ich dem Hauptrechner nur spärliche Informationen darüber entlocken, bevor es auf dem Bildschirm dunkel wurde, aber wenn ich die Hinweise richtig gedeutet habe, handelt es sich um eine Transmitterstation. Natürlich kann ich mich auch irren, doch welche andere Wahl haben wir sonst?«

»Moment mal!« keuchte Klenet und blieb stehen. »Habe ich das richtig verstanden? Sie suchen nach einem Raum, den Sie auf dem veralteten Schema ausgemacht haben? Der Transmitter, beziehungsweise das, was Sie für einen Transmitter halten, könnte in der Zwischenzeit ganz woanders stehen. Haben Sie denn nicht gehört, was der Faltengesichtige gesagt hat?«

»Admiral Buuhul hat gelogen«, erwiderte Kurt Buck.

Er öffnete den Helm und blieb stehen, um Klenet etwas Zeit zu geben, zu Atem zu kommen.

»Falls sich tatsächlich ein Transmitter an Bord befindet, steht er garantiert schon seit einer Ewigkeit ›festgemauert in der Erden‹ an ein und derselben Stelle, nämlich hier auf dem Unterdeck, exakt dort, wo er auf dem Schema eingezeichnet ist. Der Admiral ahnte wohl, daß wir nach dorthin unterwegs sind, deshalb tischte er uns dieses an den Haaren herbeigezogene Märchen von den Umbauten und der Verlegung des kompletten Offiziersdecks auf.«

»Aber warum? Es gab für ihn keinen Anlaß, uns anzulügen, schließlich befanden wir uns eben noch in seiner Gefangenschaft.«

»Aus der wir schon einmal entkommen sind. Admiräle denken halt vorausschauend.«

»Wenn Sie recht haben, Leutnant, müßten sich auf diesem Deck massenhaft Lagerräume befinden, wie es auf dem Schema dargestellt war«, mischte sich Yo Ho ein, der ebenfalls sein Visier geöffnet hatte. »Das läßt sich ja leicht überprüfen.«

Ohne um Erlaubnis zu fragen, öffnete er eine der Türen – und zuckte erschrocken zusammen. Jemand hielt sich in dem Raum auf und starrte ihn aus großen Augen an.

»Ich weiß, wer du bist«, sagte der Jemand mit angstvoller Stimme. »Ihr hättet mich beinahe umgebracht, dein Freund und du.«

2.

Arlon. Kor Tranc. Dalon.

Ein gesichtsloser goldener Salter, ein Tel und ein Worgun.

Drei Wesen, deren Schicksalslinien auf dem zwölften Planeten des namenlosen roten Riesen zusammengetroffen waren. Die Suche nach den geheimnisumwitterten Balduren hatte den ersten von ihnen hergeführt: Arlon, dessen Körper jetzt in einer Vitrine innerhalb des großen Goldenen von Babylon lag, zusammen mit einem Datenspeicher, der eigentlich Arlons auf seinen Expeditionen gesammeltes Wissen über die Balduren enthalten sollte. Aber Kor Tranc hatte dieses Wissen gestohlen und war Arlons Route gefolgt.

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