Die Tote, die noch lebt - Manuela Kusterer - E-Book

Die Tote, die noch lebt E-Book

Manuela Kusterer

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Beschreibung

Eine Leiche wird in Schwarzenberg, einem Ortsteil von Schömberg an der Pforte zum Schwarzwald, gefunden. In Remchingen versteht eine Frau die Welt nicht mehr und in Karlsruhe stirbt eine wichtige Zeugin, bevor man sie befragen kann. Hauptkommissarin Lea Sonntag weiß mal wieder nicht, wo ihr der Kopf steht. Zudem hat sie im Moment genug private Probleme und ihr Kollege Alex macht mal wieder zusätzlichen Stress. Außerdem erweist sich die Aufklärung des Falles schwieriger als es zunächst den Anschein hatte. Ob das Polizeiteam es schaffen wird, die Fäden zu entwirren?

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Seitenzahl: 168

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Manuela Kusterer, in Pforzheim geboren, Jahrgang 1964, lebt heute mit ihrem Mann und ihren zwei erwachsenen Söhnen in der Nähe von Karlsruhe. Ihr zweiter Krimi spielt in Schömberg an der Pforte zum Schwarzwald und Umgebung. Es ist die Fortsetzung von „Das Schweigen im Schwarzwald“.

Besuchen Sie die Autorin im Internet:

www.manuelakusterer.com

oder in facebook: @autorinManuelaKusterer

Dieses Buch ist ein Roman. Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden und toten Personen sind nicht gewollt und rein zufällig.

Buch:

In Schwarzenberg im Nordschwarzwald wird ein Mann in seinem Haus vergiftet aufgefunden. Die Aufklärung des Falles erweist sich als schwierig, vor allem, nachdem eine wichtige Zeugin stirbt, bevor man sie vernehmen kann. Als sich dann auch noch das Polizeiteam aus Remchingen in einer seltsamen Angelegenheit an Leas Team wendet, ist die Verwirrung vollkommen. Dazu kommen noch die privaten Probleme, die momentan jeder einzelne des Teams mit sich herumträgt. Als dann die Kollegen trotz Leas Warnung im Alleingang in dem Fall ermitteln, scheint das Ganze zu eskalieren.

Dieses Buch widme ich meinem Vater - in Dankbarkeit

Beteiligte:

Lea Sonntag:

Kriminalinspektionsleiterin, die eine gescheiterte Beziehung hinter sich hat und sich nicht gleich ins nächste Abendteuer stürzen möchte.

Alexander Wandhoff:

Hauptkommissar, der nicht ganz schlau aus seiner Chefin wird und sich immer wieder mit neuen Verständigungsproblemen auseinandersetzen muss.

Rudolf Engel:

Hauptkommissar, der normalerweise die Ruhe in Person ist, aber dieses Mal auch an seine Grenzen stößt.

Katja Augenstein:

Oberkommissarin, die etwas von ihrer Schüchternheit verloren hat, aber erstmal ihre wahren Gefühle erkennen muss.

Karl-Heinz Rauschmayer:

Kriminaldirektor, der sich selten sehen lässt, aber des Öfteren anruft und auf eine schnelle Aufklärung der Fälle drängt.

Dr. Hans-Peter Balbach:

Der manchmal etwas brummige Gerichtsmediziner und Ex-Freund von Lea.

Saskia:

Die Sekretärin, die öfters mal nicht anwesend ist.

Heinz Weiß, der tot in seinem Haus in Schwarzenberg aufgefunden wird.

Angelika Schneider, seine geschiedene Frau, die wieder ihren Mädchennamen angenommen hat und in Karlsruhe wohnt.

Georg Weiß, der Sohn von Heinz und Angelika.

Richard Berger, der Pfleger von Heinz Weiß.

Petra Schiller, die Nachbarin von Heinz Weiß.

Erich Eckhard, der beste Freund von Heinz Weiß.

Gabriele Richter, die mit ihrer Familie in Remchingen wohnt und sich um ihre Mutter kümmert.

Robert Richter, der Ehemann von Gabriele.

Selina und Raphael, die Kinder von Gabriele und Robert.

Amelie Rapp, die Mutter von Gabriele Richter.

Elisabeth Eigner, die beste Freundin von Angelika Schneider.

Damaris Steinbinder und Klaus Kübler, die Kriminalbeamten von Remchingen.

Inhaltsverzeichnis

Montag

Schömberg

Schwarzenberg

Gran Canaria

Remchingen

Schömberg

Karlsruhe

Schwarzenberg

Schömberg

Dienstag

Schömberg

Remchingen

Schömberg

Oberlengenhardt

Mittwoch

Schömberg

Remchingen

Pforzheim

Donnerstag

Schömberg

Remchingen

Schömberg

Remchingen

Schömberg

Remchingen

Schömberg

Freitag

Schömberg

Schwarzenberg

Schömberg/Oberlengenhardt

Schömberg

Remchingen

Karlsruhe - Schömberg

Schwarzenberg

Schömberg

Remchingen

Schömberg

Allgäu

Schwarzenberg

Schömberg

Schwarzenberg

Samstag

Schömberg

Karlsruhe

Schömberg

Pforzheim

Schömberg

Sonntag

Montag

Montag

Schömberg

Oberkommissarin Katja Augenstein ging beschwingten Schrittes die etwa 300 Meter bis zum Supermarkt. Das Polizeirevier befand sich in derselben Straße. Sie hatte Mittagspause und war ziemlich gut gelaunt. Der Sommer stand vor der Tür. Es war Juni und ein herrlicher Frühsommertag. Die Sonne schien den ganzen Tag und es hatte angenehme 20 Grad. Es gab keine schweren Verbrechen, nur kleinere Anzeigen und Diebstähle, was wollte man mehr. Ihr lagen noch die letzten zwei Fälle vom Februar dieses Jahres schwer im Magen. Sie war einfach nicht geschaffen für den Polizeiberuf. Das hatte sie aber leider zu spät bemerkt. Aber was soll´s, hier in Schömberg passierte zum Glück normalerweise nicht allzu viel und sie fühlte sich im Moment sehr wohl mit ihren Kollegen. Ihre aussichtslose Schwärmerei für Alexander Wandhoff hatte sich ja komplett gelegt, darüber war sie sehr froh. Außerdem verstand sie sich gut mit Rudolf Engel, der gerne eine Beziehung mit ihr anfangen würde, aber akzeptierte, dass sie nicht zu mehr bereit war, als zu einer guten Freundschaft mit ihm. Sie gingen in letzter Zeit ziemlich oft zusammen essen oder waren einfach mal abends gemeinsam auf einen Drink unterwegs. Sie hatte ihre schöne Wohnung in der Pforzheimer Innenstadt und war einfach nur glücklich. »So kann es ewig bleiben«, dachte sie. Katja wollte gerade den Supermarkt betreten, um etwas zum Essen einzukaufen, als sie vom Klingeln ihres Handys aus ihren Gedanken gerissen wurde. Da sie sah, dass es ein Anruf aus dem Revier war, nahm sie das Gespräch entgegen: »Hallo.«

»Katja, komm bitte gleich zurück. Wir haben gerade einen Anruf bekommen. Ein Toter in Schwarzenberg. Er ist, so wie es bis jetzt aussieht, vergiftet worden«, sagte ihr Kollege Rudi.

In Katjas Kopf schlug es Purzelbäume. Das konnte doch nicht wahr sein, bis gerade eben war doch die Welt noch in Ordnung gewesen. Aber es half alles nichts, sie musste zurück auf ihre Dienststelle und zwar auf dem schnellsten Weg.

Als sie im Revier ankam, kam ihr Hauptkommissarin Lea Sonntag, ihre Chefin schon aufgeregt entgegen. Katja seufzte leise vor sich hin. Eigentlich war Lea zu ihren Kollegen immer freundlich und gerecht, außer zu Alex. Die beiden waren nicht immer einer Meinung und gerieten manchmal auch in einen regelrechten Streit und das meistens nur wegen Kleinigkeiten.

Im Februar war ein Zahnarzt aus Offenbach in Schömberg tot aufgefunden worden. Als Alex zu diesem Zeitpunkt eine Beziehung mit Andrea Luz einging, konnte er noch nicht wissen, dass sie dafür verantwortlich war. Nach der Aufklärung des Falles war Lea mit Alex etwas trinken gegangen, weil sie sich Sorgen um ihn gemacht hatte. Darüber waren alle ziemlich erstaunt gewesen. Aber gerade deswegen hofften sie, dass diese ewigen Streitigkeiten nun aufhören würden. Nur leider war das Gegenteil der Fall. Zudem hatte Lea, nachdem sie ihre Beziehung mit dem Gerichtsmediziner Hans-Peter Balbach beendet hat, ziemlich schlechte Laune und tiefe Schatten unter den Augen. Balbach wollte nicht akzeptieren, dass der Beruf für seine Freundin das Wichtigste war. Lea war im Februar zur Kriminalinspektiosleiterin befördert und nach Schömberg versetzt worden. Ihrem Kollegen Alex gefiel das überhaupt nicht, denn er hatte selbst auf diese Beförderung gehofft. Seine Laune war dementsprechend auch nicht viel besser und das trübte die normalerweise gute Stimmung im Polizeirevier doch erheblich.

Da Alex aber seit einer Woche in Urlaub auf Gran Canaria weilte, war das Betriebsklima im Moment ganz entspannt. Aber nun kam etwas Hektik auf, weil Saskia, die Sekretärin ausgerechnet heute frei hatte, um einen Arzttermin wahrnehmen zu können. Das war immer so, wenn etwas passierte, war Saskia im Urlaub oder sonst wo. Das Problem war nur, dass immer eine Person im Polizeirevier bleiben sollte. Deshalb sagte Lea jetzt auch zu Katja: »Dir ist es doch sicherlich recht, wenn du hierbleiben kannst, ich fahre jetzt mit Rudi nach Schwarzenberg.«

Die Kollegen wussten alle, dass Katja nicht gut damit zurechtkam, wenn sie sich Leichen am Tatort ansehen musste und versuchten deshalb, wenn es möglich war, ihr das zu ersparen.

Sie nickte auch sofort und antwortete: »Kein Problem, einer muss ja hier bleiben«, und dankte Saskia insgeheim dafür, dass sie heute diesen Termin ausgemacht hatte.

Als Rudi beim Hinausgehen an Katja vorbei ging, legte er ihr die Hand auf die Schulter und meinte: »Jetzt entspann dich erstmal ein bisschen, bevor der große Stress losgeht.«

Er hatte immer die Ruhe weg. Nachdem Rudi und Lea das Revier verlassen hatten, setzte sich Katja auf das kleine Sofa, vor dem Verhörraum und atmete ein paar Mal tief ein und aus.

Rudi fuhr auf der Bad Liebenzeller Straße durch Schömberg, Richtung Bad Liebenzell und Lea saß auf dem Beifahrersitz von Rudis inzwischen schon etwas älterem Audi. Sie sprachen nicht viel. Lea betrachtete gedankenverloren rechts und links die grünen Wiesen. Das satte Grün wurde stellenweise von wild wuchernden, bunten Feld- und Wiesenblumen unterbrochen. Die Sonne schien und es war herrliches Wetter. Nach ungefähr einem Kilometer änderte sich das Landschaftsbild. Sie fuhren noch kurz durch ein kleines Waldstück und mussten dann im Wald links in Richtung Schwarzenberg abbiegen.

Lea unterbrach die Stille: »Wenn man diese Idylle hier sieht, kann man sich kaum vorstellen, dass Menschen sich einfach gegenseitig umbringen. Aber wie sagt Alex immer so schön, das Leben ist kein Ponyhof.«

Rudi grinste nur, denn normalerweise gab seine Kollegin nicht allzu viel auf das, was Hauptkommissar Alexander Wandhoff sagte.

Inzwischen waren sie im Eulenweg angekommen, der sich am Ende von Schwarzenberg befand. Lea sah schon das Auto von Hans-Peter Balbach vor dem Haus des Toten stehen und seufzte tief. »Hätte nicht wenigstens heute ein anderer Gerichtsmediziner kommen können«, dachte sie. Ein unbehagliches Gefühl breitete sich in ihr aus, denn das war das erste Zusammentreffen mit ihm seit ihrer Trennung. Lea hatte im Winter vorgehabt, mit Hans-Peter in den Urlaub zu fliegen, als in Schömberg eine Leiche gefunden und kurz danach auch noch eine Frau entführt wurde.

Sie entschied sich aber zu diesem Zeitpunkt für ihre Arbeit und ihr Freund war deshalb alleine in den Urlaub geflogen. Nach seiner Rückkehr stellte er sie vor die Entscheidung, entweder mit ihm zusammenzuziehen oder die Beziehung zu beenden. Lea, die gerne in Schömberg wohnte, ihre Wohnung liebte und nicht zu Hans-Peter nach Karlsruhe ziehen wollte, entschied sich für den Beruf.

Schwarzenberg

Als Lea und Rudi das Wohnzimmer, in dem der Tote auf dem Fußboden lag, betraten, hob Balbach seinen Kopf und streifte vor allem Lea nur mit einem kurzen Blick. Er murmelte ein kurzes „Hallo“ und fing auch sogleich an Rudi gewandt mit seinem Bericht an: »Also, das ist Heinz Weiß, 71 Jahre alt. Da er überall Einblutungen hat - das sieht man auch an den Schleimhäuten - deutet alles auf eine Vergiftung hin. Ich tippe auf Cumarin. Das kommt natürlicherweise in Steinklee vor, aber die chemischen Abkömmlinge - Cumarinderivate, die in Rodentizide enthalten sind - werden vor allem zur Bekämpfung von Schadnagern eingesetzt. Die ältere Generation des Rattengiftes wirkt innerhalb 14 Stunden. Genaueres kann ich Ihnen erst nach der Obduktion mitteilen. Den Todeszeitpunkt kann ich auch noch nicht genau bestimmen. Aber wahrscheinlich irgendwann gestern im Laufe des Nachmittags.

Die Spurensicherung ist gerade dabei in der Küche Lebensmittelreste zu sichern, um sie auf Gift zu untersuchen.« Das alles murmelte Hans-Peter ziemlich brummig vor sich hin. Man war aber eigentlich von ihm nichts anderes gewöhnt. Nur in den paar Wochen, als er mit Lea zusammen war, hatte er meistens gute Laune. Diese war inzwischen ganz blass. »Ach ja und das ist der Sohn Georg Weiß.« Hans-Peter deutete in die andere Ecke des ziemlich unordentlichen Wohnzimmers. Lea und Rudi schauten nun in Richtung des Mannes in der Zimmerecke und gingen auf Georg Weiß zu. Sie hatten ihn vorher nicht bemerkt. Er stand ziemlich teilnahmslos da und schaute ihnen nun mit einem leeren Gesichtsausdruck entgegen. »Guten Tag Herr Weiß, mein Name ist Lea Sonntag, Kripo Schömberg und das ist mein Kollege Rudolf Engel«, stellte Lea sich und ihren Kollegen vor.

»Herzliches Beileid!« Ich weiß, dass Sie im Moment wahrscheinlich keinen klaren Gedanken fassen können, trotzdem wäre es sehr wichtig, wenn Sie uns ein paar Fragen beantworten könnten«, fuhr Lea fort.

»Wie bitte? Natürlich«, fasste sich Georg. »Bitte nehmen Sie doch Platz!« Er deutete auf die alte braune Eck-Ledercouch, die auf der anderen Seite des Zimmers stand. Sie kamen der Aufforderung nach und setzten sich. Georg nahm auf dem kurzen Teil des Sofas Platz.

»Wohnen Sie hier mit ihrem Vater zusammen?«, wollte Lea wissen.

»Nein, ich wohne in Schömberg. Sein Pfleger hat ihn heute morgen tot aufgefunden und mich dann natürlich sofort angerufen.«

»Wann haben Sie Ihren Vater zuletzt lebend gesehen?«, fuhr Rudi mit der Befragung fort.

Georg musste kurz nachdenken, bevor er antwortete: »Das war vor ungefähr zwei Wochen, soviel Kontakt hatten wir leider nicht. Unser Verhältnis war nicht das Beste.«

»Gibt es dafür einen Grund?«

»Er hat meine Mutter nicht gut behandelt. Sie hat ihn dann vor drei Jahren verlassen«, antwortete Georg zögerlich. »Aber trotzdem, oder gerade deshalb habe ich regelmäßig so alle zwei bis drei Wochen nach ihm geschaut. Ich hab es ja nicht weit, in fünf Minuten bin ich hier.«

»Hat er sie geschlagen?«, fragte Lea nun.

»Ja, ziemlich oft und brutal sogar«, antwortete er leise. »Sie hat es dann nicht mehr ausgehalten und ist eines Nachts einfach zu einer Freundin gegangen und kurz danach hat sie sich eine Wohnung in Karlsruhe genommen.«

»Wohnt sie da heute noch?«

»Ja.«

»Hat Ihr Vater Sie auch geschlagen?«, wollte nun Rudi wissen.

»Nein, ich habe es auch nie gesehen, wenn er meine Mutter schlug. Er achtete immer darauf, dass ich das nicht mit ansehen musste. Aber es war für mich schlimm genug, wenn ich sie dann mit Prellungen und blauen Augen gesehen habe. Deshalb liebte ich meinen Vater auch nicht gerade. Aber trotzdem geht sein Tod, vor allem die Tatsache, dass er ermordet wurde, mir sehr nahe.«

»Das kann ich verstehen«, meinte Lea.

»Hatte Ihr Vater Feinde?«

»Nein, er hatte nur wenig Kontakte. Vor einigen Wochen stürzte er und hatte sich dabei einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen. Da er nach der Operation nicht in eine Reha gehen wollte, kam seit ungefähr fünf Wochen zweimal am Tag Richard Berger, sein Pfleger, zu ihm ins Haus, um ihm beim An- und Auskleiden zu helfen.«

»Und wer hat für ihn gekocht?«

»Ach so, ja, die Nachbarin, Frau Schiller hat das übernommen und ich habe für ihn alle zwei Wochen einen Großeinkauf gemacht. Frühstück und Abendessen konnte er sich alleine zubereiten.«

»Gut, dann bräuchten wir jetzt die Adresse Ihrer Mutter und die des Pflegers. Die Nachbarin werden wir ja selbst finden. Ist es das Haus rechts oder links?« Lea stand auf und Georg holte einen Zettel und einen Kugelschreiber, um die Adresse seiner Mutter und die des Pflegers, der ebenfalls in Schwarzenberg wohnte, aufzuschreiben.

»Frau Schiller wohnt, wenn Sie rausgehen, gleich links«, antwortete er.

Sie gingen zur Tür und Rudi erhob sich ebenfalls und folgte ihnen. Lea sah sich suchend um, aber Hans-Peter hatte stillschweigend den Tatort verlassen. Ein Gefühl der Traurigkeit breitete sich in ihr aus.

Die Spurensicherung war noch bei der Arbeit. Rudi und Lea verabschiedeten sich von Georg Weiß und riefen noch „Tschüss“ zu den Kollegen, aber die waren so in ihre Aufgabe vertieft, dass sie gar nicht antworteten.

Gran Canaria

Alex lag am hoteleigenen Strand von Gran Canaria und dachte nach. Er war in einem Hotel untergekommen, das mit seinen 100 Betten nicht ganz so groß war, wie die meisten anderen. Er lag etwas abseits unter einer Palme. Normalerweise liebte er es, alleine Urlaub auf den kanarischen Inseln zu machen, vor allem, wenn er zuvor einen schwierigen Fall zu lösen hatte. Aber dieses Mal kam er nicht zur Ruhe. Die kurze Beziehung mit Andrea hatte ihn doch ganz schön aus der Bahn geworfen. Er war an einem Punkt angekommen, an dem er das Singledasein satt hatte und er war richtig verliebt in sie gewesen. Als sich dann herausstellte, dass sie den in Schömberg tot aufgefundenen Mann aus Notwehr getötet hatte, war er aus allen Wolken gefallen. Andreas Strafe wurde zwar zur Bewährung ausgesetzt, aber die Beziehung war einfach noch nicht so gefestigt, dass sie das ausgehalten hätte. Außerdem hatte sie ihm das alles verschwiegen und mit ihm eine Beziehung angefangen, damit kam er nicht klar. Vor allem war er zutiefst verletzt, dass sie so wenig Vertrauen zu ihm hatte. Wenn sie sich ihm anvertraut hätte, dann wäre das eine Chance für die Beziehung gewesen, aber so nicht.

Dann war da noch die Sache mit Lea. »Schluss jetzt!«, rief er sich zur Vernunft. »Ich will mir ja hier nicht den ganzen Urlaub vermiesen.«

»Mal schauen, ob die nette Sibylle vielleicht Lust hat mit mir einen Kaffee zu trinken«, überlegte er sich, stand auf und schlenderte Richtung Hotel. Er hatte gestern an der Bar ein paar Worte mit ihr gewechselt. Da sie mit ihren 34 Jahren nur ein paar Jahre jünger, als er war und ebenfalls ihren Urlaub hier alleine verbrachte, hatte sich das angeboten.

Remchingen

Gabriele Richter saß mit geschlossenen Augen auf ihrem Sofa und dachte nach. Sie müsste unbedingt nach ihrer Mutter schauen. Diese wohnte in Wilferdingen und wurde immer nervös, wenn sie länger als zwei Tage nichts von ihrer Tochter gehört hatte und bestand zudem darauf, sie oder zumindest ihre Enkelkinder Raphael und Selina, mindestens zweimal in der Woche zu sehen. Es war ja wirklich nicht weit. Gabriele, die von allen Gabi genannt wurde, wohnte in Singen und brauchte nur fünf Minuten zu ihr, da sie in Wilferdingen wohnte und beides Ortsteile von Remchingen, einem beschaulichen Ort zwischen Karlsruhe und Pforzheim, waren.

Gabi war gerade von der Arbeit nach Hause gekommen und wollte sich ein paar Minuten ausruhen, bevor die Kinder von der Schule nach Hause kamen und der Trubel losging. Sie arbeitete in einer kleinen Bäckerei in Karlsruhe. Das bereitete ihr viel Freude, vor allem, weil das Geschäft einer Freundin gehörte. Nur die ständige Bahnfahrerei ging ihr auf die Nerven. Mit der Bahn fuhr sie eine halbe Stunde dorthin, viel schneller wäre sie mit dem Auto auch nicht dort und es bestand die Gefahr, in einen Stau zu geraten. Deshalb zog sie es meistens vor, mit der Bahn zu fahren.

Ihre Kinder waren mit ihren sechs und neun Jahren zwar nicht mehr so klein, trotzdem brauchte sie vor allem für die kleine Selina viel Zeit. Diese war in der ersten Klasse und hatte von Anfang an keine Lust gehabt, in die Schule zu gehen. Ein Junge war an ihr verloren gegangen. Sie konnte bei den Hausaufgeben nicht lange ruhig am Schreibtisch sitzen bleiben und war ein richtiger Wildfang. Wenn sie den Nachmittag mit ihren Freunden draußen verbracht hatte, kam sie oft mit kleineren Verletzungen nach Hause. Zum Glück war Raphael mit seinen neun Jahren dafür schon sehr vernünftig. Von ihrem Mann Robert konnte sie nicht viel Unterstützung erwarten, da der meistens erst spät abends von der Arbeit nach Hause kam. Er arbeitete in einer Computerfirma und vergaß dort oft die Zeit, wenn es viel zu tun gab. Gabi sprang entschlossen auf, um zunächst einen Spaziergang mit ihrem Hund zu machen und stolperte sogleich über ihn. Er hatte sich vor ihre Füße gelegt und wartete geduldig, bis sein Frauchen bereit war mit ihm Gassi zu gehen. Sie fluchte laut vor sich hin. Der helle Labrador hatte aber auch fast die gleiche Farbe wie der Parkettboden. Er nahm es ihr aber nicht übel und sprang freudig bellend um sie herum. Gabi nahm die Hundeleine vom Haken neben der Eingangstür und verließ mit Max das Haus. Sie wohnten unten im Ort, deshalb musste sie zuerst den langen Berg hinauf laufen, um auf die Felder zu gelangen. Aber so hatte sie wenigstens täglich ihre Bewegung und rostete nicht ein. Außerdem konnte sie nirgends so gut abschalten wie beim Spaziergang mit dem Hund und heute war es ein herrlicher Frühsommertag. Oben am Feld angekommen, ließ sie Max von der Leine - auf ihn konnte sie sich verlassen, er hörte aufs Wort - und hing gleich darauf weiter ihren Gedanken nach. So konnte sie am besten nachdenken und planen. Sie beschloss, sich heute um ihren Haushalt zu kümmern und morgen würde sie dann mit den Kindern ihre Mutter besuchen.

Schömberg

Das Polizeiteam saß im Besprechungszimmer am Tisch um den Fall und die weitere Vorgehensweise zu besprechen. Lea erhob sich von ihrem Stuhl und ging zur Magnettafel, die sich an der Stirnseite des nicht allzu großen Zimmers befand. Sie befestigte dort ein Foto des Opfers und sagte: »Viel haben wir noch nicht. Das ist Heinz Weiß aus Schwarzenberg, 71 Jahre alt.« Sie nahm einen für die Tafel geeigneten Stift in die Hand und schrieb die Namen der bisher bekannten Personen um das Bild herum. »Da ist zunächst sein Sohn Georg Weiß, seine geschiedene Frau, Angelika Schneider aus Karlsruhe, die Nachbarin Petra Schiller - sie ist alleinstehend - und der Pfleger Richard Berger. Dann haben wir inzwischen die