Die Verfassung des deutschen Reiches vom 28. März 1849 - Günter Regneri - E-Book

Die Verfassung des deutschen Reiches vom 28. März 1849 E-Book

Günter Regneri

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Beschreibung

Die 'Frankfurter Reichsverfassung' von 1849, besser bekannt als 'Paulskirchenverfassung', war die erste Verfassung eines 'deutschen Gesamtstaates', konkret des Deutschen Bundes, die in einem demokratischen Vorgang formuliert und parlamentarisch beschlossen wurde. Für diese E-Book-Ausgabe wurden alle Unterzeichner namentlich angefügt.

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Impressum

Die Verfassung des deutschen Reiches vom 28. März 1849 Für diese Ausgabe zusammengestellt von Günter Regneri Veröffentlicht im heptagon Verlag Berlin 2013 ISBN: 978-3-934616-94-3 Diesem E-Book liegt die »offizielle«, im Reichs-Gesetz-Blatt. 16tes Stück. Ausgegeben Frankfurt a. M., den 28. April 1849 veröffentlichte Textfassung zugrunde.

Das Cover zeigt einen Ausschnitt des von Philip Veit (1793-1877) geschaffenen Gemäldes Germania

Editorische Notiz

Die »Frankfurter Reichsverfassung« von 1849, besser bekannt als »Paulskirchenverfassung«, war die erste Verfassung eines »deutschen Gesamtstaates«, konkret des Deutschen Bundes, die in einem demokratischen Vorgang formuliert und parlamentarisch beschlossen wurde.

Der Deutsche Bund war 1815 von den europäischen Fürsten im Wiener Kongress als loses Staatengebilde geschaffen worden. Die in der Bevölkerung weit verbreiteten Erwartungen nach einem einheitlichen deutschen Nationalstaat befriedigte der Bund nicht, ebensowenig wie andere Forderungen der Bürger; Demokratie war nicht vorgesehen. Entsprechend prägten politische Unruhe und staatliche Repression die folgenden Jahrzehnte in Deutschland.

Mit der Revolution von 1848 schien sich diese Situation grundlegend zu verändern. Am 20. März 1848 forderte der Bundestag zu Frankfurt – die Vertretung der Abgesandten der deutschen Fürsten – die Staaten des Bundes auf, Wahlen für eine verfassungsgebende Versammlung anzuberaumen. 585 der 649 Wahlkreise entsandten ihre Abgeordneten in die Frankfurter Paulskirche, wo diese Nationalversammlung am 18. Mai 1848 zu ihrer Eröffnungssitzung zusammenkam.

Die Parlamentarier erarbeiteten die hier vorliegende Verfassung in insgesamt 230 Sitzungen, nicht eingerechnet die Sitzungen der zuarbeitenden Kommissionen und Ausschüsse. Am 28. März 1849 wurde die Reichsverfassung verkündet und damit rechtskräftig; am 28. April 1849 wurde sie im Reichsgesetzblatt abgedruckt. In der politischen Realität konnte sie jedoch nicht gegen die Fürsten der deutschen Länder durchgesetzt werden. Der vom Parlament zum (Erb-)Kaiser der Deutschen gewählte preußische König Friedrich Wilhelm lehnte die ihm angebotene Krone ab. Zudem führten die »Landesherren« unter Führung Preußens de facto einen Militärputsch durch, als sie die von der Nationalversammlung initiierte Verfassungskampagne militärisch niederschlugen.

Mag den Zeitgenossen vor allem die Präferenz für eine »kleindeutsche« Gestaltung des deutschen Nationalstaates – Deutschland unter preußischer Führung ohne Österreich – besonders wichtig erschienen sein; für die nachfolgenden Generationen lag die größte Bedeutung der Verfassung von 1849 jedoch in der Ausgestaltung der individuellen Grundrechte. Die Weimarer Reichsverfassung wie auch das Grundgesetz der Bundesrepublik griffen diese – teilweise in wörtlicher Übernahme – auf. So regelte die Paulskirchenverfassung in ihrem VI. Abschnitt in 14 Artikeln mit 60 Paragrafen so fundamentale Rechte wie die Abschaffung der Todesstrafe, die rechtliche Gleichstellung aller ihrer Bürger, die Unverletzlichkeit der Wohnung, die Gewährleistung des Briefgeheimnisses, das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit, die Religionsfreiheit, die Freiheit der Wissenschaft, das Recht, Vereinigungen zu bilden, aber auch die kulturellen Minderheitenrechte der nicht-deutschen Volksgruppen.

Verfassung des deutschen Reiches vom 28. März 1849

Die deutsche verfassunggebende Nationalversammlung hat beschlossen, und verkündigt als Reichsverfassung:

Verfassung des deutschen Reiches

Abschnitt I. Das Reich

Artikel I.

§ 1.

Das deutsche Reich besteht aus dem Gebiete des bisherigen deutschen Bundes.

Die Festsetzung der Verhältnisse des Herzogthums Schleswig bleibt vorbehalten.

§ 2.

Hat ein deutsches Land mit einem nichtdeutschen Lande dasselbe Staatsoberhaupt, so soll das deutsche Land eine von dem nichtdeutschen Lande getrennte eigene Verfassung, Regierung und Verwaltung haben. In die Regierung und Verwaltung des deutschen Landes dürfen nur deutsche Staatsbürger berufen werden.

Die Reichsverfassung und Reichsgesetzgebung hat in einem solchen deutschen Lande dieselbe verbindliche Kraft, wie in den übrigen deutschen Lindern.

§ 3.

Hat ein deutsches Land mit einem nichtdeutschen Lande dasselbe Staatsoberhaupt, so muß dieses entweder in seinem deutschen Lande residiren, oder es muß auf verfassungsmäßigem Wege in demselben eine Regentschaft niedergesetzt werden, zu welcher nur Deutsche berufen werden dürfen.

§ 4.

Abgesehen von den bereits bestehenden Verbindungen deutscher und nichtdeutscher Länder soll kein Staatsoberhaupt eines nichtdeutschen Landes zugleich zur Regierung eines deutschen Landes gelangen noch darf ein in Deutschland regierender Fürst, ohne seine deutsche Regierung abzutreten, eine fremde Krone annehmen.

§ 5.

Die einzelnen deutschen Staaten behalten ihre Selbstständigkeit, soweit dieselbe nicht durch die Reichsverfassung beschränkt ist; sie haben alle staatlichen Hoheiten und Rechte, soweit diese nicht der Reichsgewalt ausdrücklich übertragen sind.

Abschnitt II. Die Reichsgewalt

Artikel I.

§ 6.

Die Reichsgewalt ausschließlich übt dem Auslande gegenüber die völkerrechtliche Vertretung Deutschlands und der einzelnen deutschen Staaten aus.

Die Reichsgewalt stellt die Reichsgesandten und die Consuln an. Sie führt den diplomatischen Verkehr, schließt die Bündnisse und Verträge mit dem Auslande, namentlich auch die Handels- und Schifffahrtsverträge, so wie die Auslieferungsverträge ab. Sie ordnet alle völkerrechtlichen Maaßregeln an.

§ 7.

Die einzelnen deutschen Regierungen haben nicht das Recht, ständige Gesandte zu empfangen oder solche zu halten.

Auch dürfen dieselben keine besonderen Consuln halten. Die Consuln fremder Staaten erhalten ihr Exequatur von der Reichsgewalt.

Die Absendung von Bevollmächtigten an das Reichsoberhaupt ist den einzelnen Regierungen unbenommen.

§ 8.

Die einzelnen deutschen Regierungen sind befugt, Verträge mit anderen deutschen Regierungen abzuschließen.

Ihre Befugniß zu Verträgen mit nichtdeutschen Regierungen beschränkt sich auf Gegenstände des Privatrechts, des nachbarlichen Verkehrs und der Polizei.

§ 9.

Alle Verträge nicht rein privatrechtlichen Inhalts, welche eine deutsche Regierung mit einer andern deutschen oder nichtdeutschen abschließt, sind der Reichsgewalt zur Kenntnißnahme und, insofern das Reichsinteresse dabei betheiligt ist, zur Bestätigung vorzulegen.

Artikel II.

§ 10.

Der Reichsgewalt ausschließlich steht das Recht des Krieges und Friedens zu.

Artikel III.

§ 11.

Der Reichsgewalt steht die gesammte bewaffnete Macht Deutschlands zur Verfügung.

§ 12.

Das Reichsheer besteht aus der gesammten zum Zwecke des Kriegs bestimmten Landmacht der einzelnen deutschen Staaten. Die Stärke und Beschaffenheit des Reichsheeres wird durch das Gesetz über die Wehrverfassung bestimmt.

Diejenigen Staaten, welche weniger als 500.000 Einwohner haben, sind durch die Reichsgewalt zu größeren militärischen Ganzen, welche dann unter der unmittelbaren Leitung der Reichsgewalt stehen, zu vereinigen, oder einem angrenzenden größeren Staate anzuschließen.

Die näheren Bedingungen einer solchen Vereinigung sind in beiden Fällen durch Vereinbarung der betheiligten Staaten unter Vermittelung und Genehmigung der Reichsgewalt festzustellen.

§ 13.

Die Reichsgewalt ausschließlich hat in Betreff des Heerwesens die Gesetzgebung und die Organisation; sie überwacht deren Durchführung in den einzelnen Staaten durch fortdauernde Controle.

Den einzelnen Staaten steht die Ausbildung ihres Kriegswesens auf Grund der Reichsgesetze und der Anordnungen der Reichsgewalt und beziehungsweise in den Grenzen der nach § 12 getroffenen Vereinbarungen zu. Sie haben die Verfügung über ihre bewaffnete Macht, soweit dieselbe nicht für den Dienst des Reiches in Anspruch genommen wird.

§ 14.

In den Fahneneid ist die Verpflichtung zur Treue gegen das Reichsoberhaupt und die Reichsverfassung an erster Stelle aufzunehmen.

§ 15.

Alle durch Verwendung von Truppen zu Reichszwecken entstehenden Kosten, welche den durch das Reich festgesetzten Friedensstand übersteigen, fallen dem Reiche zur Last.

§ 16.

Über eine allgemeine für ganz Deutschland gleiche Wehrverfassung ergeht ein besonderes Reichsgesetz.

§ 17.

Den Regierungen der einzelnen Staaten bleibt die Ernennung der Befehlshaber und Offiziere ihrer Truppen, soweit deren Stärke sie erheischt, überlassen.