Die Wanderapothekerin 2 - Iny Lorentz - E-Book

Die Wanderapothekerin 2 E-Book

Iny Lorentz

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Beschreibung

Zwei verfeindete Brüder - Ein verlorener Schatz - Eine mutige junge Frau: Teil 2 der großen e-Book-Serie der Bestsellerautorin Iny Lorentz! Klara darf als erste Frau die einträglichste Strecke für Wanderapotheker übernehmen, um das Überleben ihrer Familie zu sichern. Darüber ist allerdings nicht jeder erfreut: Der Laborant Rumold Just sieht sich in seinem Revier bedrängt und schickt seinen Sohn Tobias hinter Klara her, damit dieser die Route übernehmen kann, sobald Klara aufgibt. Und das wird sie, da ist sich Rumold sicher… Begeisterte Leserstimmen: »Iny Lorentz schreibt einfach super.« »Man ist mitten in der Geschichte.« »Ganz toll, sehr spannend.«

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Seitenzahl: 117

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Iny Lorentz

Die Wanderapothekerin

Serial Teil 2

Knaur e-books

Über dieses Buch

Süddeutschland, 18. Jahrhundert:

Inhaltsübersicht

Zweiter Teil1. Kapitel2. Kapitel3. Kapitel4. Kapitel5. Kapitel6. Kapitel7. Kapitel8. Kapitel9. Kapitel10. Kapitel11. Kapitel12. Kapitel13. Kapitel14. Kapitel15. KapitelPersonenTeil 2: AufbruchGlossar
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Zweiter Teil

Aufbruch

1.

Rumold Just hieb mit der Faust auf den Tisch. »Das ist unmöglich! Wann hätte man je davon gehört, dass eine Frau als Buckelapothekerin auf Wanderschaft gegangen wäre? Mit mir ist das nicht zu machen!«

»Dann wirst du dem Amtmann mitteilen müssen, dass du den ausdrücklichen Wunsch Unseres allergnädigsten Fürsten missachtest«, antwortete sein Sohn mit einem feinen Lächeln.

»Rumold, ereifere dich nicht!«, bat Magdalena.

»Ich ereifere mich, wann ich will!«, gab der Laborant grimmig zurück. »Es ist ein Unding, einer Frau, noch dazu so einem unreifen Ding wie Klara Schneidt, eine Strecke anzuvertrauen, die zu den profitabelsten überhaupt gehört. Außerdem kann keine Frau das Reff über so viele Meilen tragen. Punkt!«

»Seine Hoheit Ludwig Friedrich hat es so bestimmt«, wandte sein Sohn ein.

Tobias passte es zwar ebenfalls nicht, dass Klara sich auf eine so anstrengende und gefährliche Wanderschaft begeben wollte. Aber insgeheim amüsierte er sich über seinen Vater, der sich den ganzen Winter über nicht um die Entscheidung des Fürsten gekümmert hatte. Nun, da der Tag bevorstand, an dem seine Wanderapotheker aufbrechen mussten, tat er so, als habe er eben erst davon erfahren.

»Was kannst du denn dagegen tun, Rumold – wenn es doch der Wunsch des Fürsten ist?«, fragte Tobias’ Mutter.

»Ich werde …«, setzte ihr Ehemann an und brach mit einem verärgerten Schnauben ab. Ihm war klar, dass er sich den Zorn des Fürsten zuzog, wenn er Klara von ihrer Wanderung abhielt.

»Es ist eine Schande, dass die Menschen dieses Landes der Laune eines einzigen Mannes ausgeliefert sind, für den nicht mehr spricht, als dass er als Sohn eines bestimmten Vaters geboren wurde«, sagte er grollend.

»Das solltest du nicht laut sagen«, warnte Tobias. »Man würde dich sonst noch als Aufrührer ansehen und verhaften!«

»Ein Aufrührer! Ich? Diese Klara ist eine Aufrührerin, weil sie glaubt, gegen die göttliche Ordnung löcken zu können. Ich dachte, es wäre nur eine vorübergehende Laune von ihr, und war sogar bereit, einen anderen Wanderapotheker auf die Reise zu schicken, bis ihr Bruder alt genug ist, um selbst aufbrechen zu können. Doch dieses Biest wagt es, mich aufzufordern, alle Heilmittel und Tinkturen für sie vorzubereiten, damit sie zusammen mit den anderen Wanderapothekern losziehen kann.«

Zornentbrannt packte Just seinen Krug und wollte ihn gegen die Wand schmettern.

Im letzten Augenblick hielt Magdalena Just seine Hand auf. »Bitte, Rumold! Jetzt beruhige dich doch! Du darfst den Befehl des Fürsten nicht missachten. Also lass alles für Klara herrichten. Vielleicht bewältigt sie ihre Strecke ja sogar.«

»Gar nichts wird die bewältigen! Ich sage dir, was sie tun wird. Nach zwei oder drei Tagen wird ihr das Reff mit all seinen Tiegeln und Töpfen zu schwer, und dann wird sie alles stehen und liegen lassen und nach Hause zurückkehren.«

»Das bringt dir doch keinen Verlust, denn sie hat genug Geld vom Amtmann erhalten, um nicht nur ihre Schulden zu begleichen, sondern auch die Ware bezahlen zu können, die sie mitnehmen will«, erklärte Tobias.

»Aber ich verliere die Kunden auf der Strecke, weil sie behaupten werden, der Laborant Just sei zu unzuverlässig, um weiterhin bei ihm kaufen zu können!« Rumold Just verfluchte in Gedanken das Mädchen, das den Fürsten beschwatzt hatte, so einen Unsinn zu befehlen.

»Ich wollte, sie wäre dem Köhler nicht entwischt«, entfuhr es ihm.

»Rumold, sag so etwas nicht! Nicht, dass der Herrgott dich dafür straft«, rief Magdalena Just erschrocken.

»Ich meine das doch nicht ernst. Es ist nur gut, dass dieser Schurke seine gerechte Strafe erhalten hat. Aber hätte diese kleine Nervensäge sich nicht etwas anderes wünschen können, denn als Wanderapothekerin gehen zu dürfen? Der Fürst und der Amtmann tun sich leicht damit, es ihr zu erlauben. Der Einzige, der den Schaden hat, bin ich!« Just schnaubte kurz und musterte dann seinen Sohn mit einem schwer zu deutenden Blick.

»Ich werde jedoch zu verhindern wissen, dass meine Geschäfte deswegen schlechter laufen. Du hast mir im Herbst angeboten, Martin Schneidts Strecke zu übernehmen, bis dessen jüngerer Sohn dazu in der Lage ist. Bei Gott, ich werde auf dein Angebot zurückkommen!«

»Und wie willst du Klara daran hindern, dass sie selbst geht?«, fragte Tobias mit einem spöttischen Auflachen.

Magdalena Just sah den sich anbahnenden Streit zwischen ihrem Mann und ihrem Sohn mit Sorge. »Jetzt haltet doch beide inne«, bat sie. »Unser Herrgott im Himmel wird schon verhindern, dass Klara unterwegs Schaden nimmt.«

»Gott hat Wichtigeres zu tun, als sich um ein kleines Mädchen zu kümmern. Dafür wird Tobias Sorge tragen. Mein Sohn, du gehst mit Klara! Nach außen hin soll es so aussehen, als wolltest du unterwegs ein paar Apotheker aufsuchen und ihnen unsere Arzneien vorstellen. Doch in dem Augenblick, in dem ihr das Reff zu schwer wird und sie aufgibt, wirst du ihren Part übernehmen. Zahl einem Fuhrmann einen halben Taler, damit er die Kleine wieder nach Hause bringt, und geh dann hurtig weiter. Ich will doch sehen, wie du dich als Buckelapotheker machst.« Nun hatte Just seine gute Laune wiedergefunden und lachte.

Magdalena schüttelte empört den Kopf. »Du kannst unseren Jungen doch nicht einfach so losschicken! Er ist das Reff nicht gewohnt. Es wird ihn drücken und schwer auf seinen Schultern lasten.«

»Das hoffe ich sogar!«, antwortete ihr Mann sichtlich zufrieden mit seiner Entscheidung.

Da Tobias Klara damals in Rudolstadt nicht daran gehindert hatte, dem Fürsten ihre Bitte vorzutragen, erschien es ihm gerecht, dass sein Sohn die Suppe auslöffeln musste, die ihnen das Mädchen eingebrockt hatte.

»Mein armer Junge!« Magdalena Just schlang die Arme um Tobias, so als wolle sie ihn nie mehr loslassen.

»Keine Sorge, Mutter! Du weißt doch, Unkraut vergeht nicht«, antwortete ihr Sohn lächelnd.

»Dem Lümmel tut es ganz gut, hinter deinem Schürzenzipfel hervorzukriechen und etwas von der Welt zu sehen«, setzte ihr Mann hinzu. Sichtlich ruhiger fuhr er fort: »Dann kann er beweisen, ob er zu mehr taugt, als Salben zu rühren und Zahlen aufzuschreiben. In meiner Jugend habe ich das Reff so leicht wie eine Feder empfunden und bin jeden Tag meine sieben Meilen gewandert, ohne auch nur ein Mal in Schweiß zu geraten. Mal sehen, wie Tobias zurechtkommt.«

Sein Sohn lächelte nur. Ein solcher Schwächling, wie sein Vater tat, war er wahrlich nicht. Zudem glaubte er eines mit Sicherheit ausschließen zu können, nämlich dass Klara so einfach aufgab. Sie war ein ebenso beherztes wie starrsinniges Mädchen und würde nicht nur seinen Vater überraschen, sondern auch alle anderen, die ihr diese Wanderung nicht zutrauten. Er sagte jedoch nichts dergleichen, sondern erklärte nur, dass er, wenn Klara nicht weitergehen wollte, selbstverständlich ihre Strecke übernehmen würde.

2.

Nicht nur Rumold Just, auch Johanna Schneidt war entsetzt, weil ihre Tochter hartnäckig daran festhielt, den Spuren des Vaters und Bruders zu folgen. Sie rang verzweifelt die Hände und wandte sich, als Klara weiterhin darauf bestand, an ihren Schwager.

»Alois, sag du ihr doch, dass es nicht geht!«

»Würde ich ja gerne«, erwiderte Alois Schneidt grimmig. »Dieses unglückselige Ding hat jedoch den Fürsten dazu gebracht, allen zu befehlen, es ziehen zu lassen. Ich würde mir seinen Zorn zuziehen, sollte ich versuchen, Klara daran zu hindern.«

Im letzten Herbst hatte Schneidt sich bereits am Ziel seiner Wünsche gesehen, doch dann hatte Klara ihm einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Da er im Vorgefühl baldigen Reichtums sein Geld mit vollen Händen ausgegeben hatte, war er gezwungen gewesen, den Winter über ungewohnt sparsam zu leben. Trotzdem hatte er Just nicht den üblichen Vorschuss auf die Arzneien zahlen können, und nun lasteten noch größere Schulden auf seinen Schultern als je zuvor.

In trüben Augenblicken verfluchte Alois Schneidt den Köhler Görch, in dessen Macht es gelegen hätte, ihn von seiner Nichte zu befreien. Doch statt Klara den Garaus zu machen, hatte Görch sich von ihr übertölpeln lassen. Nicht zuletzt deshalb war Schneidt zur Hinrichtung des Köhlers nach Rudolstadt gewandert und hatte dem Mann alle Qualen, die dieser erlitten hatte, von Herzen gegönnt. Nun aber sah die Sache für ihn wieder besser aus. Klara wollte mit dem Reff auf Wanderschaft gehen, und das gab ihm die Gelegenheit, sich auch ihrer zu entledigen.

»Es hat keinen Sinn zu klagen, Schwägerin. Fürst Ludwig Friedrich hat beschlossen, dass Klara die Strecke ihres Vaters bereisen darf. Selbst der Laborant Just verfügt nicht über die Macht, sie davon abzuhalten, wiewohl er mit dieser Tatsache hadert«, setzte Schneidt nach einer vermeintlichen Bedenkpause hinzu.

»Wenn du wenigstens auf sie achtgeben könntest!«, rief die Witwe seines Bruders unter Tränen. »Ich habe Angst, dass sie mir ebenso verlorengeht wie mein Martin und mein lieber Gerold.«

Die Angst ist nicht unbegründet, dachte Alois Schneidt mit grimmiger Zufriedenheit. Nach außen hin mimte er jedoch den besorgten Verwandten. »Ich wollte, ich könnte es, Schwägerin. Doch Klara und ich reisen nur die ersten Tage zusammen und treffen uns erst wieder am Ende unserer Strecken. Zwar wird Just unterwegs zwei Depots einrichten, an denen wir neue Arzneien erhalten, doch es ist ungewiss, ob wir uns dort begegnen.«

»Aber Klara kann doch nicht allein durch die Welt ziehen! Was kann ihr da alles zustoßen!« Johanna Schneidt klammerte sich an ihre Tochter, als wolle sie diese nie mehr loslassen.

Klara fühlte sich schlecht. Zwar wollte sie das Privileg des Wanderapothekers in der Familie halten, doch es tat ihr in der Seele weh, die Ängste ihrer Mutter zu sehen. Unsicher strich sie dieser über die nassen Wangen. »Es wird alles gut werden, Mama. Ich komme im Herbst zurück, und dann haben wir so viel Geld, dass uns der Winter nicht mehr schrecken kann.«

»Es wäre auch leichter gegangen, Schwägerin, wenn du vernünftig gewesen wärst!«, antwortete Alois Schneidt, um die Witwe an den versteckten Schatz ihres Mannes zu erinnern.

Klaras Mutter nickte unter Tränen. »Ich hätte nicht auf Klara und damals auch nicht auf Gerold hören sollen, dann wäre mein Junge noch da.«

»Gerold wäre trotzdem als Wanderapotheker auf die Reise gegangen«, wandte Klara ein.

Ihr Onkel hob belehrend den Zeigefinger. »Das hätte er dann nicht mehr tun müssen.«

»Wenn du zurückkommst, erledigen wir das, gleichgültig, was Klara sagt«, versprach die Witwe.

Ihr Schwager nickte erfreut. »Das ist ein Wort, Johanna!«

Dann aber warf er Klara einen kurzen Blick zu und las Abwehr auf ihrem Gesicht. Wenn das Mädchen von seiner Strecke zurückkam und tatsächlich genug Geld mitbrachte, würde die Mutter wieder auf ihre Tochter hören und nicht auf ihn.

»Sie wird verschwinden«, murmelte Alois Schneidt, nahm sein Reff auf den Rücken und den Stock in die Hand. Laut sagte er: »Wir müssen aufbrechen, wenn wir rechtzeitig in Königsee sein wollen. Kommen wir zu spät zum Eid, lässt uns der Amtmann nicht mehr losziehen.«

Klara atmete tief durch, umarmte dann die Mutter und anschließend ihre Geschwister. »Gebt gut auf Mama acht!«, flüsterte sie den beiden zu. »Und seid brav!«

Das Letzte galt in erster Linie Albert, der immer stärker darauf pochte, das einzige männliche Wesen im Haushalt zu sein, und sich daher nichts mehr sagen lassen wollte.

Mit entschlossener Miene wuchtete Klara sich ihr Reff auf den Rücken. Der Wagner hatte es aus extra leichtem Holz für sie angefertigt, so dass sie die gleiche Menge an Arzneien mitnehmen konnte wie Alois Schneidt. Im Augenblick aber waren die Spanschachteln, die Flaschen und der Tonkrug, in den der am besten verkäufliche Balsam gefüllt werden sollte, noch leer. Dafür hatte sie ihre Ersatzkleidung, den gewachsten Kapuzenmantel, der sie gegen Regen schützen sollte, und den Mundvorrat für die nächsten Tage aufgeschnallt.

Auch ihre Kleidung war der langen Wanderung angemessen. An den Füßen steckten dicke Wollstrümpfe und derbe, doppelt genähte Schuhe, statt eines Kleides trug sie einen wadenlangen Lederrock und über dem Hemd ein mit Waid gefärbtes Mieder. Dazu kam ein Überrock, der denen der Männer glich, und ein breitkrempiger, schwarzer Hut.

Klara wusste, dass sie ein seltsames Bild bot, hoffte aber trotzdem auf eine erfolgreiche Reise. Auch sie nahm nun ihren Stock zur Hand, dessen Eisenspitze Schutz gegen Wölfe wie auch gegen aufdringliche Reisende versprach, und folgte dem Onkel, der bereits mehrere Dutzend Schritte vorausgeeilt war. Am Rand des Dorfes blieb sie noch einmal stehen, drehte sich um und winkte. Ihre Mutter hob nur kurz die Hand, während die kleine Liebgard mit beiden Armen wedelte und Albert es ihr nach kurzem Zögern gleichtat.

Noch nie war Klara länger als zwei Tage von ihrer Familie getrennt gewesen. Aber nun würde sie die Mutter und die Kleinen mehrere Monate lang nicht sehen. Bei dem Gedanken schossen ihr Tränen in die Augen. Am liebsten wäre sie zu ihnen zurückgelaufen und hätte die Wanderung gar nicht erst angetreten. Doch dann wäre ihr Onkel im Herbst am Ziel und würde den Schatz, den ihr Vater so lange gehütet hatte, an sich raffen. Dann aber würde ihre Base Reglind noch überheblicher auftreten, während sie selbst und die Mutter froh sein durften, wenn sie nicht als Mägde für die Verwandten arbeiten mussten.