Dragon Ninjas, Band 2: Der Drache des Feuers - Michael Petrowitz - E-Book

Dragon Ninjas, Band 2: Der Drache des Feuers E-Book

Michael Petrowitz

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Beschreibung

Diese Ninjas sind drachenstark! Die Dragon Ninjas Lian, Sui und Pepp müssen die zweite magische Waffe in ihren Besitz bringen, bevor der böse Drache O-Gonsho sie in seine Klauen bekommt. Denn wer das mächtige Blasrohr Fukiya besitzt, kann damit gewaltige Stichflammen erzeugen. Doch das Blasrohr wird von dem gierigen Drachen des Feuers in seinem Vulkanpalast bewacht. Um ihn zu überlisten, müssen die Freunde erst eine wertvolle seltene Perle finden … Ein geheimes Ninja-Internat. Vier magische Waffen. Und ein böser Drache, der sie in seinen Besitz bringen will ... Nur die Ninja-Schüler Lian, Sui und Pepp können seine Pläne durchkreuzen. Denn sie sind Dragon Ninjas! Entdecke alle Abenteuer der "Dragon Ninjas"-Reihe: Band 1: Der Drache der Berge Band 2: Der Drache des Feuers Band 3: Der Drache des Himmels Band 4: Der Drache der Erde Band 5: Der Drache der Schatten Band 6: Der Drache des Wassers

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Als Ravensburger E-Book erschienen 2020Die Print-Ausgabe erscheint im Ravensburger Verlag© 2020 Ravensburger VerlagText © Michael PetrowitzVermittelt durch die Literaturagentur Arteaga, BerlinUmschlaggestaltung und Illustrationen: Marek BláhaAlle Rechte dieses E-Books vorbehalten durch Ravensburger Verlag GmbH, Postfach 2460, D-88194 Ravensburg.ISBN 978-3-473-51068-9www.ravensburger.de

DRACHENZORN

Tief im Inneren des Bergs Ei-Nori-Mur hatten sich die Tiger Ninjas zu einem Tribunal versammelt. Sie standen im Halbkreis um einen zitternden, zwölfjährigen Jungen und warteten auf ihren Gebieter.

Endlich betrat der getigerte Drache O-Gonsho den Höhlensaal. Sämtliche Fackeln und Kerzen flammten auf. Auch der Drache begann zu glühen, wurde kleiner und verwandelte sich vor aller Augen in seine menschliche Gestalt. Sein Gesicht war im Schatten einer schwarzen Kapuze verborgen. Er trat vor den verängstigten Jungen. Es war Hiro.

O-Gonsho stampfte vor Zorn so fest auf, dass der ganze Berg bebte. „Du hast mir das falsche Schwert gebracht! Und dich von diesem Grünschnabel, diesem Lian Flemming, austricksen lassen!“, brüllte er und sah Hiro verächtlich an.

„Aber, Herr … Lian ist ein Drachenblut!“, entgegnete Hiro zu seiner Verteidigung. „Und er hatte Unterstützung von seinen Freunden aus Chipanea! Woher hätte ich wissen sollen, dass Katana-O in Wirklichkeit aussieht wie ein gewöhnlicher Stock? Es stand nichts davon in den geheimen Schriften. Ich …“

„Schweig!“, fuhr O-Gonsho den zitternden Jungen an. „Auch du bist ein Drachenblut. Und trotzdem hast du dir Katana-O vor der Nase wegschnappen lassen. Offenbar gehört mehr dazu, sich der magischen Ninja-Waffen zu bemächtigen.“

„Mächtiger O-Gonsho, bitte, gebt mir noch eine Chance!“, flehte Hiro. „Ich schwöre, dass ich alles tun werde, damit die Dragon Ninjas nicht an die anderen drei Bu-shu-kai gelangen werden. Ich bitte um Eure Gnade!“

„Gnade? Ich kenne keine Gnade. Das ist etwas für Schwächlinge!“, fauchte O-Gonsho und befahl seinen Schergen: „Packt ihn! Werft diese elende Made ins ewige Verlies!“

Sofort stürmten zwei seiner Tiger Ninjas herbei und nahmen Hiro von beiden Seiten in Hebelgriffe.

Hiro wand sich und versuchte, sich zu befreien. „Nein, nicht, bitte! Ich verspreche, ich werde es wiedergutmachen! Bitte, vertraut mir!“

„Und was willst du tun?“, zischte Morog, der einäugige Diener O-Gonshos. „Wieso sollten wir dir noch vertrauen? Du hast unseren Herrn, den mächtigen O-Gonsho, schon einmal enttäuscht. Wieso sollte es beim zweiten Mal anders sein?“

„Deshalb!“, rief Hiro und trat den beiden Schergen auf die Füße, sodass diese vor Schreck und Schmerz ihre Griffe für einen kurzen Moment lockerten. Hiro riss sich los und zerrte eine Schriftrolle aus der Innentasche seiner Wickeljacke. „Seht her!“, rief Hiro. „Dies ist der Schlüssel zur zweiten Bu-shu-kai!“

Die Schergen packten Hiro wieder und wollten ihn wegziehen, doch O-Gonsho rief: „Halt! Zeig mir diese Schriftrolle!“ Er rollte sie aus – doch auf dem Papier war nichts zu sehen. „Soll das ein übler Scherz sein? Da steht überhaupt nichts geschrieben!“, brüllte O-Gonsho und lief vor Zorn glutrot an. „Für diese Frechheit wirst du bezahlen! Ins Verlies mit ihm!“

Die beiden Tiger Ninjas zerrten Hiro in die dunkelste Ecke des Höhlensaals. Dort klaffte ein düsteres Loch im Boden, das für gewöhnlich mit einer schweren Stahlklappe verschlossen war. Nun war die Klappe geöffnet und gab einen schwarzen Schacht frei. Die Tiger Ninjas schleiften Hiro an den Rand des Abgrunds.

Mit letzter Kraft rief Hiro O-Gonsho zu: „Halt! Die Rolle ist nicht leer! Ihr müsst auf die Rolle spucken!“

O-Gonsho gab seinen Schergen ein Zeichen, woraufhin die beiden innehielten.

„Ich soll auf die Schriftrolle spucken?“, fauchte O-Gonsho.

„Ja“, erwiderte Hiro. „Die Geheimschrift darauf wird nur durch Drachenspeichel sichtbar.“

O-Gonsho war sich nicht sicher, ob er Hiros Worten trauen sollte. Doch er spuckte auf die Rolle und wartete. Nichts geschah.

„Ihr müsst die Spucke verreiben und über das ganze Blatt verteilen!“, rief Hiro ihm zu.

O-Gonsho folgte Hiros Anweisung und wischte über die Schriftrolle, bis das Papier vollständig mit seinem Speichel bedeckt war.

„Und?“, fragte Morog ungeduldig.

Alle warteten angespannt auf das Ergebnis. Im Höhlensaal herrschte eine gespenstische Stille.

O-Gonsho stand da wie versteinert. Plötzlich fing er an zu lachen. „Tatsächlich! Der Kleine hat nicht gelogen. Lasst ihn sofort los!“

Augenblicklich ließen die Tiger Ninjas von Hiro ab.

Dieser eilte zu seinem Gebieter. „Und? Könnt Ihr lesen, was dort geschrieben steht?“

„Oh ja!“, antwortete O-Gonsho mit fanatischer Stimme. „Fukiya, das magische Blasrohr! Bald wird es mir gehören – und dann werden auch die restlichen Ninja-Waffen ihren Weg nach Ei-Nori-Mur finden. Dafür wirst du sorgen. Ich gebe dir noch eine Chance! Deine letzte Chance!“, grollte O-Gonsho.

Hiro nickte erleichtert. „Ich werde Euch nicht enttäuschen, Herr!“ Und so leise, dass nur er selbst es hören konnte, fügte er hinzu: „So, Lian Flemming … Dein letztes Stündlein hat geschlagen!“

RING DES TODES

Lian lief im Morgengrauen mit zwei gefüllten Wassereimern vom Brunnen zurück in Richtung Drachenbude – so nannten er und sein Freund Pepp das Zimmer, das sie sich auf Chipanea teilten. Pepp war eigentlich ein Wald- und Wiesendrache, konnte sich aber, wie alle Drachen, in Menschengestalt verwandeln.

Lian freute sich auf den vor ihm liegenden Tag. Heute standen wieder ein paar seiner Lieblingsfächer auf dem Stundenplan: Drachenkunde, Giftmischerei und Ninjufu, die Kampfkunst der Dragon Ninjas.

Als Lian an der Insel der vollkommenen Stille vorbeikam, blieb er stehen und hielt einen Moment inne. Hier herrschte um diese Zeit tatsächlich absolute Ruhe. Er stellte die Eimer ab. Obwohl Lians Arme in den letzten Wochen durch das Training viel kräftiger geworden waren, schmerzten seine Hände. Die eisernen Henkel der Eimer hatten tiefe Abdrücke in seinen Handflächen hinterlassen. Lian rieb sich die Hände und sah sich um.

Chipanea war wirklich ein außergewöhnlicher Ort. Lian fühlte sich auf dem Internat pudelwohl. Hier brachte man ihm alles bei, was ein Dragon Ninja können musste. Aber das Schönste war, dass er mit Sui und Pepp die besten Freunde der Welt gefunden hatte.

Lian ließ seinen Blick über den Teich schweifen. Die bunten Zierkarpfen schwammen flink hin und her, ohne dabei ein einziges Mal zusammenzustoßen. Er beugte sich über das Wasser, um sie besser beobachten zu können.

In diesem Moment entdeckte er den Ninja!

In der Spiegelung auf der Wasseroberfläche sah er die schwarz vermummte Gestalt über ihm im Baum hocken. Ein Tiger Ninja? Lian wagte nicht, seinen Blick nach oben zu richten. Obwohl sein Herz vor Aufregung so schnell pochte wie die Kriegstrommeln von Ei-Nori-Mur, versuchte er, ruhig zu bleiben. Hatte der Ninja im Baum es auf ihn abgesehen?

Lian wusste, dass die Tiger Ninjas hinter ihm her waren. Seit er Hiro das magische Schwert Katana-O vor der Nase weggeschnappt hatte, war dieser zu seinem verbitterten Feind geworden. Hier auf Chipanea hatte Lian sich bisher sicher gefühlt. Aber ausgerechnet jetzt war weit und breit kein anderer Dragon Ninja zu sehen, der ihm hätte helfen können.

Der fremde Ninja setzte zum Sprung an.

Lian hechtete in den Teich. Platsch! Das Wasser spritzte. Hastig kraulte Lian ein paar Züge und tauchte dann ab. Würde er dem Ninja auf diese Weise entkommen? Nach ein paar Metern tauchte er kurz auf und sah sich um. Da erblickte er die anderen Ninjas. Einige standen im Schilf, andere kamen ans Ufer gelaufen. Das waren keine feindlichen Tiger Ninjas … das waren die älteren Schüler, die sich zu einer frühmorgendlichen Übung versammelt hatten! Auch die schwarz vermummte Gestalt, die im Baum über ihm gehockt hatte, stand nun am Ufer und hatte die Maskierung abgenommen. Es war Henry, ebenfalls einer der älteren Schüler auf Chipanea.

„He, Lian, was soll das werden?“, rief Henry. „Morgenwäsche im Teich?“

Die älteren Schüler lachten und wateten zu Lian ins Wasser.

Lian lief vor Scham rot an. Was für eine Blamage! Seine Mitschüler für feindliche Tiger Ninjas zu halten!

Henry klopfte ihm kumpelhaft auf die Schulter. „Ist schon in Ordnung, Grünschnäbelchen. Kann jedem mal passieren!“

Und Maarten fügte hinzu: „Besser etwas übervorsichtig sein, als vom Feind geschnappt zu werden.“

Lian fühlte sich trotzdem elend. Voller Bewunderung schaute er den älteren Schülern hinterher. Sie hielten einen Lederring umfasst und wateten immer tiefer in den Teich hinein.

„Was macht ihr da?“, fragte Lian.

„Ring des Todes“, antwortete Henry. „Ist eine Tauchübung. Wirst du später auch mal machen, wenn du in deiner Ausbildung etwas fortgeschrittener bist.“

Ring des Todes? Lian war sofort Feuer und Flamme. „Und wie funktioniert das?“

„Ist eine uralte Disziplin in der Tauchausbildung der Dragon Ninjas“, erklärte Maarten. „Zwei oder mehr Ninjas tauchen bis zum Grund und halten sich an einem Lederring fest, dem Ring des Todes. Wer als Letzter mit dem Ring auftaucht, hat gewonnen.“

Lian nickte beeindruckt.

„Es soll Ninjas gegeben haben, die so lange festgehalten haben, bis sie ertrunken sind. Nur weil sie sich nicht die Blöße geben wollten, als Erste aufzutauchen“, fügte Henry hinzu.

„Darf ich mitmachen?“, fragte Lian.

„Du bist noch zu jung dafür!“, antwortete Henry und machte sich zum Abtauchen bereit.

„Aber ich bin ein guter Schwimmer!“, warf Lian ein.

„Dann schwimm doch ein bisschen mit den Karpfen um die Wette!“, entgegnete Henry. Die älteren Schüler lachten.

Lian wandte sich an Maarten. „Kann ich es nicht wenigstens mal probieren?“

„Geht leider nicht, du bist echt zu jung dafür. So sind die Regeln“, antwortete Maarten. Sein Ton machte Lian klar, dass die Entscheidung endgültig war.

Auf Maartens Kommando holten die älteren Schüler tief Luft und tauchten gemeinsam mit dem Ring unter.

Ohne zu zögern, holte Lian ebenfalls tief Luft und tauchte ihnen hinterher. Am Grund des Teichs zwängte er sich zwischen die älteren Schüler und klammerte sich ebenfalls an dem Lederring fest. Er war sich sicher, dass er es mit ihnen aufnehmen konnte.

Unter Wasser schien die Zeit langsamer zu verstreichen als an Land. Trotzdem würde Lian sicher schon bald die Luft ausgehen. Doch mit jedem Herzschlag, den er länger unter Wasser ausharrte, erfüllte ihn eine immer tiefere Ruhe. Die Zeit schien wie in Zeitlupe zu vergehen. Lian nahm kaum wahr, wie ein Ninja-Schüler nach dem anderen den Ring losließ und auftauchte. Er selbst harrte weiter aus.

Plötzlich tauchte ein bekanntes Gesicht vor Lian auf und riss ihn aus seiner Trance. Es war Shidoshi Rodriguez, einer der Lehrer auf Chipanea! Er packte Lian am Arm und zerrte ihn an die Oberfläche.

Als Lian mit dem Ring auftauchte, hatten sich seine Mitschüler am Ufer des Teichs versammelt. Sie tuschelten aufgeregt miteinander und zeigten ehrfürchtig auf Lian. Auch Pepp und Sui kamen herbeigelaufen und staunten. Lian genoss die bewundernden Blicke. Er hatte es tatsächlich geschafft, als Letzter mit dem Ring aufzutauchen! Doch die Freude dauerte nur kurz.

„Was fällt dir ein?!“, brüllte Shidoshi Rodriguez Lian an. „Der Ring des Todes hat seinen Namen nicht ohne Grund! Du hättest ertrinken können!“

Lian nickte und senkte den Blick. Wahrscheinlich war es tatsächlich leichtsinnig von ihm gewesen, an einem solchen Wettkampf teilzunehmen.

„Ihr anderen, macht euch gefälligst fertig für die Morgenversammlung!“, rief der Shidoshi den Schaulustigen zu. Doch an Lian gewandt, befahl er: „Melde dich sofort bei Sensei Sun im Pavillon der zehntausend Blumen! Du kannst froh sein, wenn er dich nicht sofort aus Chipanea wirft für diese Dummheit!“

KÄUZCHENPOST

Im Pavillon der zehntausend Blumen sah es aus wie in einer uralten Apotheke. Kräuter und Gräser hingen in Bündeln zum Trocknen von der Decke. In offenen Regalen, die die Wände säumten, standen unzählige gläserne Gefäße mit Wurzeln, Blättern und getrockneten Insekten.

Sensei Sun stand an einem runden Tisch in der Mitte des Pavillons und erhitzte eine giftgrüne Flüssigkeit über einem Petroleumbrenner. Behutsam füllte der Lehrmeister die Flüssigkeit in ein braunes Glasfläschchen und verschloss es sorgfältig mit einem Korken.

„Es … es tut mir sehr leid!“, stammelte Lian und schaute beschämt zu Boden. Gleich würde der Sensei ihm eine Standpauke halten.

Sensei Sun stellte das Glasfläschchen beiseite, löschte die Flamme am Petroleumbrenner und zog eine Sanduhr hervor. „Wirklich bemerkenswert“, säuselte er und tippte auf die Sanduhr. „Fast fünf Minuten warst du unter Wasser!“ Er hatte offenbar alles vom Fenster des Pavillons aus beobachtet.

„Es soll nicht wieder vorkommen“, versprach Lian reumütig.

„Da bin ich mir sicher“, antwortete Sensei Sun. „Ich wette, das nächste Mal schaffst du es, noch länger unten zu bleiben!“

Lian schaute verblüfft auf. Wo blieb die Schelte? Wo die Strafe?

„Eigentlich bilden sich die besonderen Talente eines Drachenbluts nur langsam und über viele Jahre hinweg aus. Doch bei dir scheinen es die Mächte eilig zu haben.“

„Sie meinen, das Tauchen ist eine meiner neuen Fähigkeiten? So wie Hitze mir nichts mehr ausmacht und ich auch im Dunkeln gut sehen kann?“, fragte Lian vorsichtig.

„Da bin ich mir absolut sicher. Hättest du nicht noch länger unter Wasser bleiben können? Du wirktest nicht besonders atemlos, als Shidoshi Rodriguez dich rausgezogen hat.“

Lian nickte. „Aber sind Sie gar nicht böse?“

„Nein. Auch wenn du eine Regel gebrochen hast, so geschah es doch nicht aus böser Absicht. Dein junges Herz ist noch wild, mein Junge!“, antwortete Sensei Sun und lächelte milde.

Dann veränderte sich sein Gesichtsausdruck schlagartig. „Achtung! In Deckung!“

Lian duckte sich. Etwas flog pfeilschnell durch das kleine Fenster des Pavillons und streifte ihn am Kopf. Als Lian aufsah, erkannte er, dass es ein Käuzchen gewesen war. Nun saß es auf Sensei Suns Schulter und öffnete immer wieder lautlos seinen Schnabel, als wollte es etwas mitteilen. In einer seiner Krallen hielt es ein Stück Baumrinde.

Der Sensei nahm das Rindenstück entgegen. Offenbar enthielt es eine Botschaft, denn er schien etwas darauf zu lesen. Dann machte er ein bedrücktes Gesicht.

„Haben Sie eine schlechte Nachricht bekommen?“, fragte Lian.

Sensei Sun schüttelte den Kopf. „Nein, nein! Kein Grund zur Aufregung. Alles wird sich fügen.“ Er lächelte Lian an. Seine Augen verrieten jedoch, dass er in großer Sorge war. Der Sensei legte das Rindenstück beiseite, griff nach dem braunen Glasfläschchen und geleitete Lian aus dem Pavillon. „Bringe diese Tinktur bitte zu den anderen Heilmitteln auf die Krankenstation. Und Giftmischerei fällt heute leider aus.“

Lian verabschiedete sich und machte sich auf den Weg. Aus dem Augenwinkel sah er, wie Sensei Sun eilig in Richtung Hauptgebäude verschwand.

Als Lian die Krankenstation wieder verließ, hörte er Kunoichi Synjawa und Shidoshi Rodriguez, die aufgeregt miteinander tuschelten.

Lian beobachtete die beiden neugierig. Was ging hier vor sich? Kurzentschlossen folgte er den beiden Lehrern. Gemeinsam mit Sensei Sun, der offenbar gerade aus dem Yuki-Turm zurückkehrte, verschwanden sie in dessen Gemächern. Lian versteckte sich hinter einem der steinernen Drachen, die den Eingang zu den Zimmern des Sensei säumten, und lauschte.