Ein letztes Lied für dich - Natasha Solomons - E-Book

Ein letztes Lied für dich E-Book

Natasha Solomons

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Beschreibung

Was, wenn die Frau deines Lebens einem anderen gehört? Und dieser andere dein Bruder ist? Grafschaft Dorset, 1946: Der 18-jährige Fox lebt mit seinen Brüdern und seinem Vater auf Hartgrove Hall. Als sein Bruder Jack ihm seine neueste Flamme vorstellt, die bekannte Sängerin Edie, verliebt Fox sich auf den ersten Blick. Doch wenngleich Edie seine Gefühle zu erwidern scheint, wird sie zweifellos Jack heiraten. Hartgrove Hall im Jahr 2000: Fox, mittlerweile über 70-jährig, blickt auf eine erfolgreiche Komponistenkarriere zurück und lebt allein auf dem großen Gut. Seine geliebte Frau ist kürzlich verstorben, und Fox ist voller Trauer. Er möchte eine letzte Symphonie für sie schreiben, doch in seinem Kopf herrscht Stille. Eine Stille, die er nur brechen kann, wenn er noch einmal zurückblickt. Auf ein Leben, in dem Schmerz und Glück so unerträglich nahe beieinanderlagen.

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Natasha Solomons

Ein letztes Lied für dich

Roman

Aus dem Englischen von Martin Ruben Becker

Ihr Verlagsname

Über dieses Buch

Was, wenn die Frau deines Lebens einem anderen gehört? Und dieser andere dein Bruder ist?

 

Grafschaft Dorset, 1946: Der 18-jährige Fox lebt mit seinen Brüdern und seinem Vater auf Hartgrove Hall. Als sein Bruder Jack ihm seine neueste Flamme vorstellt, die bekannte Sängerin Edie, verliebt Fox sich auf den ersten Blick. Doch wenngleich Edie seine Gefühle zu erwidern scheint, wird sie zweifellos Jack heiraten.

Hartgrove Hall im Jahr 2000: Fox, mittlerweile über 70-jährig, blickt auf eine erfolgreiche Komponistenkarriere zurück und lebt allein auf dem großen Gut. Seine geliebte Frau ist kürzlich verstorben, und Fox ist voller Trauer. Er möchte eine letzte Symphonie für sie schreiben, doch in seinem Kopf herrscht Stille. Eine Stille, die er nur brechen kann, wenn er noch einmal zurückblickt. Auf ein Leben, in dem Schmerz und Glück so unerträglich nahe beieinanderlagen.

Über Natasha Solomons

Natasha Solomons wurde 1980 geboren. Sie lebt mit ihrer Familie in Dorset, wo sie gemeinsam mit ihrem Mann als Drehbuchautorin arbeitet. «Ein letztes Lied für dich» ist ihr vierter Roman. Ihre Bücher wurden in siebzehn Länder verkauft.

Für Luke und seine Großeltern

Wie du mich rufst, mich rufst, Frau, die ich so vermisse.

Thomas Hardy, The Voice

 

Schlimmer als Diebe sind die Liedersammler, denn wenn sie einen Folksong erwischen und in kalte Druckschrift pressen, bringen sie ihn gleichzeitig damit um.

John Lomax, Einleitung zu American Ballads and Folksongs (1932)

März 2000

Edie sang bei ihrer eigenen Beerdigung. Anders wäre es gar nicht denkbar gewesen. Die meisten Menschen lernten von ihr zuerst ihre Stimme kennen. Neue Bekannte brauchten ein paar Wochen oder Monate, um zu begreifen, dass jene Stimme, dieses Klangwunder, zu der schmalen Frau mit den grauen Augen und der großen Handtasche gehörte. Sie war eine Singdrossel mit der Stimme einer Nachtigall. Das war einer ihrer Spitznamen – «die kleine Nachtigall» – und der, der meiner Meinung nach am besten zu ihr passte. Die Nachtigall ist nicht das, wofür wir sie halten. Anders, als die meisten Menschen denken, ist sie kein einheimischer Vogel, der in Afrika überwintert. Sie ist ein afrikanischer Vogel, der in unseren Breiten den Sommer verbringt, und ihre an englischen Sommerabenden so heiß begehrte Musik entstammt in Wahrheit dem afrikanischen Busch, ist in Guinea-Bissau so heimisch wie in den moosbewachsenen und mit Anemonen gesprenkelten Wäldchen von Berkshire und Dorset.

Edie hat mir einmal gestanden, dass ihr für die englische Landschaft immer ein wenig der Sinn gefehlt hat. Ihre winzige russische Großmutter hatte sich um sie gekümmert, während ihre Eltern den Kiosk an der Brick Lane führten, und sie erzählte Edie immer Geschichten. Im Winter kauerten sie sich neben dem Radiator in ihrer schäbigen Wohnung unter Wolldecken zusammen, ließen eine Zigarette hin- und hergehen, und Edie lauschte auf das, was ihre Bubbe erzählte. Bubbes Geschichten handelten alle von Russland und der weißen Kälte, einer Kälte, die so klirrend war, dass einem die Knochen zu Eis wurden, und wenn der Wind zu heftig blies, zersprang man in eine Million kleiner Teile und fiel taumelnd zu Boden wie ein weiterer Schneeschauer.

Im Sommer nahmen sich Edie und Bubbe Äpfel mit zu der Grünfläche, die als Park durchging, und saßen auf einem Stück Segeltuch (für eine Frau, die in Sibirien aufgewachsen war, war Edies Großmutter bemerkenswert ängstlich, was die schädliche Wirkung von taufeuchtem Gras anbelangte). An sonnigen Nachmittagen, wenn mickrige Gänseblümchen in der Wärme aufblühten, junge Männer ihre Hemden bis zum Bauchnabel aufknöpften und Mädchen sich heimlich die Strümpfe abpellten, erzählte Bubbe Geschichten voller Schnee. Edie lag auf dem Rücken, schloss ihre Augen vor dem gleißenden Funkeln der warmen Sonne und stellte sich den Schnee vor, der in Wellen über das Gras wehte und alles weiß färbte und die Sonnenbadenden bedeckte, die nur noch kurz schaudern und aufschreien konnten, bevor sie zu Eis zersplitterten.

Edie vertraute einem nur selten etwas aus ihrer Kindheit an. Sie behielt sie für sich, und im Trommelfeuer meiner Neugierde wurde sie nur noch gehemmter und fühlte sich unwohl. «Ich bin nicht so wie du. So war es bei uns nicht», sagte sie und deutete auf das Haus mit seinen überhängenden Glyzinien oder auf die zitternden Weiden am See. Es war mir dann peinlich, und ich verspürte den sehr britischen Drang, mich für das stille Privileg meiner Herkunft zu entschuldigen, das, wie Edie meinte, jedes Gefühl von Verlust oder Trauer, das in einen solchen Ort einzudringen drohte, zum Verschwinden gebracht hatte.

Auch die Gärten von Hartgrove hatten es Edie, trotz ihres Zaubers, nie so recht angetan. Sie bewunderte das Gewirr der Veilchen und die Schwertlilien in der Farbe von Schultinte, aber sie machte sich nie die Mühe, die Namen der Blumen zu lernen. Ich ließ auf der Terrasse, wo wir frühstückten, die Blumentöpfe vom Gärtner immer mit schmalblättrigen Studentenblumen bepflanzen, und deshalb bestand sie darauf, sie Marmeladenblumen zu nennen. Die kleine Clara verwirrte das ausreichend, um sich als Fünfjährige ihren Toast mit Marmeladenblumen bestreichen zu wollen.

Aber wenn es schneite, wollte Edie unbedingt nach draußen. Sie war dann aufgeregter als die Kinder. Bei der ersten Flocke zog sie sich gleich drei Mäntel auf einmal über, wickelte sich wie eine Babuschka bunte Schals um den Kopf und eilte nach draußen, starrte zum Himmel hinauf und sehnte einen Schneesturm herbei. Lange, nachdem die Mädchen schon müde und durchnässt vom Schlittenfahren auf den Feldern waren, verharrte Edie immer noch dort. Clara und Lucy ließen sich vor den Kamin in meinem Arbeitszimmer neben die dampfenden Spaniels plumpsen und präsentierten dem Kaminfeuer ihre kalten rosa Zehen. Unter dem Vorwand, den Mädchen eine Platte aufzulegen (den Nussknacker oder einen wirbelnden, mit Zimt bestreuten Wiener Walzer – der Musikgeschmack unserer Kinder war so zuckersüß wie das Naschwerk, nach dem es sie gelüstete), beobachtete ich Edie vom Fenster aus, wie sie sich zum Haus aufmachte und nach ein paar Schritten immer wieder stehen blieb und sich umdrehte, um auf die weißen Hügel und den dunklen, hingekauerten Wald zu schauen, wie eine Geliebte, die den endgültigen Abschied hinauszögert.

So viele Leute meinen, sie gekannt zu haben. Die kleine Nachtigall. Englands Perfect Rose. Aber Edie träumte nicht von Rosen im Sommer, sie träumte davon, durch den Schnee zu laufen, von den ersten Schritten an einem vereisten Morgen.

November 1946

Hartgrove Hall gehört wieder uns. Es ist ein seltsames Gefühl, diese angebliche Heimkunft – die verlorenen Söhne, die alle auf einmal an einem verdammt kalten Novembermorgen nach Dorset zurückkehren. Wir schweigen auf der Fahrt vom Bahnhof zum Haus. Chivers lenkt den störrischen Austin mit gleichbleibenden 40 km/h, der General neben ihm auf dem Beifahrersitz in strammer, aufrechter Haltung, als wollte er die Truppen inspizieren, während Jack, George und ich auf den Rücksitz gequetscht versuchen, uns nicht anzusehen, und allesamt entschlossen aus den Fenstern starren.

Ich bin nervös, weil ich es wiedersehen werde. Hartgrove Hall ist unsere langentbehrte Geliebte, die Brieffreundin, nach der wir uns in unseren Gedanken die letzten sieben Jahren verzehrt haben, aber jeder von uns ist in einsame und stille Angst versunken bei der Aussicht auf das Wiedersehen. Wir wissen, dass das Haus einen schwierigen Krieg hinter sich hat – eine Reihe britischer Regimenter hat hier gehaust, gefolgt von den Amerikanern, alles Bewohner mit größeren Sorgen, als die Rosen zu schneiden, den Kamin im Salon zu kehren oder die Angriffe der Totenuhr zu vereiteln, die seit einer Ewigkeit die Dachsparren zernagt.

Während der Wagen höher kriecht und in den Hügelschatten gerät, sind die Äste mit Raureif drapiert wie mit Bannern, und wo sich die Bäume über der schmalen Straße treffen, tauchen wir durch einen Tunnel aus Silber und Weiß. Der Wagen biegt in die lange Einfahrt ein und da ist es, Hartgrove Hall, in den frühen Morgendunst gehüllt. Zu meiner Erleichterung ist es immer noch die Schönheit, die ich in Erinnerung habe. Im gütigen Nebel kann ich seine Schwachstellen nicht erkennen, nur die helle Wärme der Steinfassade und die dicken Kalksteinplatten auf dem Dach, die mit gilbenden Flechten beträufelt sind. Ich klettere aus dem Wagen und lasse die Vielzahl hoher Stabkreuzfenster und den eleganten Schwung des Vorbaus auf mich wirken, und aus einer kindlichen Gewohnheit heraus, an die ich mich plötzlich erinnere, zähle ich, wie viele Steinwölfe auf dem ins Mauerwerk gemeißelten Familienwappen lauern. Der Efeu verbirgt den kleinsten Fuchs zur Hälfte, sodass er seine Schnauze schüchtern zwischen den Blättern hervorzuschieben scheint. Ich bin schrecklich froh, ihn wiederzusehen. Ich dachte, ich hätte mir jede Einzelheit des Hauses eingeprägt. Ich habe mir seine Wege und Korridore jede Nacht vorm Einschlafen vor Augen gerufen und doch ist hier schon etwas, das ich ganz vergessen hatte.

Die gelbe Sandsteinfassade ist immer noch dieselbe, aber die Glyzinien sind entfernt worden und ohne sie sieht die Mauer nackt aus. Alle Fenster sind dunkel und das Haus sieht kalt aus, nicht auf Gäste vorbereitet. Doch wir sind keine Gäste, gemahne ich mich selbst. Wir sind die heimkehrende Familie. Dennoch ist es eine seltsame Heimkehr: Anstelle von Chivers oder einer der Mägde, die uns in der Vorhalle in Empfang zu nehmen pflegten, wartet ein Major der Wachtruppen auf der Eingangstreppe und stampft mit den Füßen, um sich warmzuhalten. Als er uns erblickt, hört er sofort damit auf und salutiert dem General. Der Major dankt dem General für sein ehrenwertes Opfer und seine Großzügigkeit, obwohl wir alle wissen, dass das Blödsinn ist und dass das Haus per Gesetz requiriert worden ist. Obwohl der General das Haus vermutlich in jedem Falle schon aus Pflichtgefühl übereignet hätte. Der General erfüllt mit größtem Vergnügen seine Pflicht. Je unangenehmer das Opfer, desto größer sein Vergnügen daran.

Der Major möchte unübersehbar den Abgang machen, aber Vater zwingt ihn noch gute fünfzehn Minuten lang, weiter draußen Konversation zu führen, während es zu graupeln beginnt. Wir stehen alle steif vor Kälte und Langweile da. Ich bin erstaunt, dass Jack nicht erklärt: «Scheiß drauf, ich bin dann mal weg und schau mir an, wie schlimm es um das alte Mädchen steht», und verschwindet, aber George und er sind auch erst seit einem guten Monat demobilisiert. Unter der Zivilkleidung tragen sie immer noch ihre soldatischen Tugenden, und einen Vorgesetzten stehenzulassen, wäre nicht bloß schlechtes Benehmen, sondern ein Verstoß, der Disziplinarmaßnahmen nach sich zöge.

Nach einer Ewigkeit gestattet der General dem armen Major endlich den Rückzug und marschiert ins Haus. Jack, George und ich zögern, unwillig, ihm zu folgen. Ich möchte, dass unsere Wiedervereinigung etwas Persönliches hat, und als ich zu meinen Brüdern hinübersehe, wird mir klar, dass sie dasselbe empfinden. Jack verharrt einen Augenblick lang, dreht sich dann um, geht die Treppe herunter und steuert auf den Fluss zu, während George in die entgegengesetzte Richtung strebt und die Wiese Richtung See überquert. Ich warte noch eine Minute lang und atme die kalte, frische Luft ein, spüre ihren bissigen Hauch auf meinen Zähnen und dann schlüpfe ich ins Haus. In der großen Halle ist es fast so eisig wie draußen. In der riesigen, rußgefleckten Kaminecke brennt kein Feuer. Ich bin beinahe sicher, dass dort sonst immer ununterbrochen ein Feuer gebrannt hat. Die unerlässlichen Zierfüchse starren aus den in den Stein gemeißelten Streben fröstelnd und einsam hervor. Ich nehme an, dass jetzt niemand da ist, um ein Feuer anzuzünden, und ich glaube auch nicht, dass es je wieder einer tun wird. Dann stelle ich fest, dass der Kaminsims fehlt. Ich kann mir nicht vorstellen, wie er abhandengekommen ist oder warum.

Die Wände sind nackt, es hängen keine Gemälde mehr dort. Die guten hängen seit Jahren nicht mehr. Sie wurden verhökert, jeweils ein Gainsborough und ein Stubbs, aber meine Vorfahren waren sentimentale Typen. Bis die Armee das Haus requirierte, hingen Kopien der Originale in der Halle – düstere Mahnungen an das, was an Christie’s verloren wurde, um die Erbschaftsteuer zu bezahlen, die Rechnungen der Tierärzte, die Löhne der Bediensteten und den Ersatz kaputter Fenster. Einige der Kopien waren ziemlich gut, andere weniger – merkwürdige, zerrspiegelhafte Verfälschungen des Originals. Jahrelang spielten Jack, George und ich immer «Finde den Schwindler» und versuchten zu erraten, welches der Porträts von grimmig dreinschauenden Perückenträgern eine Fälschung war. Dann erzählte uns der General, dass keins von ihnen echt war, und mit einen Schlag war das ganze Spiel sinnlos geworden.

Das letzte Gemälde, das abgestoßen werden musste, war eine liebliche Constable-Landschaft des Waldgebietes unterhalb des Hügels von Hartgrove. Der Maler steht oben auf dem Kamm und blickt hinab auf den braunen Wald, der vom Herbstlicht getüpfelt ist. Irgendwo auf dem Gemälde singt eine Nachtigall – die letzte in diesem Jahr. Die Kopie des Constables ist ziemlich gelungen. Ich habe sie immer gemocht, obwohl die Farben zweitklassig sind und die Linien verwischt – aber ich kann immer noch die Nachtigall hören, und das ist es schließlich, was zählt. George hat sie mir geschickt, zusammen mit seinem Brief, in dem er erläuterte, dass das Haus requiriert werden sollte. Ich war allein im Internat gewesen, als die Nachricht kam, und ich war untröstlich. Nur George hätte auf den Gedanken kommen können, das Gemälde zusammen mit der grässlichen Nachricht zu schicken – eine liebenswerte Erinnerung an zu Hause, die mich stärken sollte. Unweigerlich begann die gemalte Ansicht das Bild, das ich in meiner Vorstellung hegte, zu überlagern, bis ich den Hügel und den Wald aus dritter Hand zu sehen begann – Constables Vision, verschmiert vom Kopisten.

Ich kehre zum Wagen zurück, hole das Bild aus dem Kofferraum und hänge es wieder an den Nagel in der Halle. Es sieht verloren und klein aus.

Ich fröstele und bin von dem durchdringenden Modergeruch benommen. Entmutigt gehe ich wieder die Treppe hinunter und nach draußen durch das Gewirr der Gärten, bevor ich den Weg einschlage, der den Hügel hoch zum Kamm von Hartgrove Barrow führt. Ich habe einen ziemlichen Zahn drauf, bis ich, atemlos von der Anstrengung, bei der ersten grasbewachsenen Terrasse eine Pause einlege, um einen Blick zurück auf das Haus zu werfen.

Für mich ist es anders als für die anderen. Ich war erst elf, als das Haus 1939 beschlagnahmt wurde, und ich weiß nicht mehr, wie es eigentlich aussehen sollte, nicht mit der gleichen, absoluten Klarheit wie Jack oder George. Von meinem Aussichtspunkt aus kann ich den ausgebrannten Südflügel sehen. Dem Brief zufolge, den das Kriegsministerium uns schickte, war es ein Unfall mit einem Funken, der in einem ungefegten Kamin glomm, obwohl Jack Gerüchte hörte, dass es ein Spiel in der Offiziersmesse war, das schiefging. Sie hatten Furze in Brandyflaschen gefüllt – was für ein schändliches Ende für eine vierhundertjährige Geschichte: in Rauch aufgegangen wegen eines sich entzündenden Furzes.

Es überrascht mich nicht, dass niemand es über sich brachte, dem General die Wahrheit zu sagen. Ich habe selbst eine Menge Zeit im Krieg damit verbracht, mich dem General zu entziehen. Nicht dass es sehr aufwendig gewesen wäre – der General verbrachte den Krieg mit Klinkenputzen in Whitehall; er genoss es, an einer weiteren Schlacht teilzunehmen, wenn auch nur aus der Ferne. Zwischen der Schulzeit im Internat und den Ferien, die ich bei den Familien von Freunden vertrödelte, gelang es mir, nicht mehr als ein gelegentliches, unbehagliches Mittagessen mit ihm im Club hinter mich bringen zu müssen.

Von hier oben kann ich die freigelegten Balken sehen, die wie zerbrochene Rippen aussehen. Das Haus wirkt wackelig und schief und seine frühere Symmetrie ist ziemlich ruiniert. Ein Invalide, der sein kaputtes Bein immer noch mitschleppt. Die Wiesen sind überschwemmt und nur noch Schlamm. Die Hälfte der Linden an der Auffahrt fehlt, sodass der Weg einem Mund ähnelt, aus dem die meisten Zähne herausgeschlagen worden sind. Der Wald unterhalb des Kamms ist stellenweise gelichtet, wo Dutzende Bäume gefällt worden sind, sodass nur noch die Stümpfe übrig sind, die den Hang stoppelig erscheinen lassen.

Ich setze mich auf einen Felsen und weine, erleichtert, dass niemand mich sehen kann. Ich frage mich, wie zum Teufel wir Hartgrove Hall, das alte Mädchen, wieder flicken sollen. Es gibt keine Bilder mehr, die wir verhökern können. Keinen vergessenen Turner, der auf dem Dachboden lauert. Sogar Canning, der ältliche und grimmige Gutsverwalter, hat schon davon gesprochen, das Handtuch werfen zu wollen. Aber dann schlage ich meine Zweifel in den Wind und schwelge in dem Genuss, wieder zu Hause zu sein. Ich atme die kalte, nach Lärche duftende Luft ein. Ein Glücksgefühl steigt in mir auf, intensiv wie der Geruch von Brandy.

In der trüben Langeweile nach Weihnachten informiert uns Jack mit großem Vergnügen darüber, dass er den General dazu überredet hat, eine Silvesterparty zu geben. Der General mag keine Partys. Sie lenken ihm zufolge nur von den wichtigen Dingen im Leben ab: nämlich der Fasanenjagd und dem Fischen. Merkwürdigerweise schätzt er trotzdem einen guten Krieg, obwohl auch dieser die Beschäftigung mit derlei Dingen stört. George ist ziemlich aufgeregt – er kann gar nicht glauben, dass Jack so etwas gelungen ist. Ich bin nicht überrascht. Der General würde beinahe allem zustimmen, solange es Jack ist, der ihn darum bittet.

George und ich beginnen damit, das Haus auf Vordermann zu bringen. Eine beachtliche Leistung, denn jeden Tag entdecken wir noch mehr Schäden. Die Holztäfelung in der großen Halle ist an einigen Stellen abgerissen worden, ob aus einer Laune heraus oder um Feuerholz zu gewinnen, werden wir nie erfahren. Nicht nur fehlt der Sims in der großen Kaminecke, sondern auch ein Teil des Schornsteinkastens ist abgeschlagen worden, sodass bei Schauern der Regen den Schornstein herunterfließt und im Kamin Pfützen bildet. Vor ein paar Nächten hat jemand die Eingangstür offen gelassen, und als ich nach oben ins Bett stolperte, entdeckte ich zwei Amseln, die im Kamin ein Bad nahmen. Sie wirkten sehr von sich eingenommen, während sie planschten, und beäugten mich mit großer Herablassung, als ich mit einem Glas Whisky in der Hand an ihnen vorbeischwankte. Ich dachte, ich hätte das Ganze geträumt, aber als ich am Morgen wieder herunterkam, nicht wenig verkatert, entdeckte ich die weiße Fleckenspur ihrer Vogelscheiße, die sich quer durch die Halle zog. Der General scheint weder das Geld noch die Neigung zu haben, Reparaturen durchzuführen. Eine Party zu planen, ist vermutlich selbst für ihn eine angenehmere Aufgabe, als sich Gedanken um die weitere Zukunft des Hauses zu machen.

Am Silvestermorgen wandern George und ich trübselig von Zimmer zu Zimmer und fragen uns, wie um Himmels willen dieser Ort bis zum Abend für hundert der feinsten Leute dieses Landes tauglich gemacht werden soll. Zumindest gibt es keine großen Erwartungen, die wir erfüllen müssten. Selbst in den Jahren vor dem Krieg war Hartgrove Hall nicht gerade berühmt für das Kaliber seiner Gastfreundschaft: Es gab immer anständigen Grog, aber schon damals konnten wir uns die Bediensteten nicht leisten oder mit der Großtuerei unserer Nachbarn konkurrieren. Der Familienname ist so alt und fadenscheinig wie der Teppich aus dem sechzehnten Jahrhundert, den George und ich in einem vergeblichen Versuch, den Wind davon abzuhalten, durch die Risse im Putz in den Salon zu ziehen, an die Wand hängen.

Jack hilft uns natürlich nicht. Beim Frühstück hat er uns eine Vielzahl von Anweisungen erteilt, uns einigermaßen vage über die Zahl derjenigen informiert, die die Einladung angenommen haben («Fünfzig oder so, glaube ich – sicher nicht mehr als sechzig, höchstens hundert») und ist dann sofort zum Bahnhof gefahren – ohne Zweifel, um sein neuestes, mit Rosenwasser parfümiertes Püppchen in Empfang zu nehmen. Er meint wohl, den General davon zu überzeugen, dass er die Party billigt, sei ausreichender Beitrag seinerseits zur Organisation der Party. Ich bin hin- und hergerissen zwischen Vorfreude und Ärger auf Jack – wir waren so lange getrennt, dass seine lästigen Angewohnheiten mich noch immer überraschen. Und doch bin ich seltsam getröstet, festzustellen, dass die Armee ihn nicht verändert hat.

Eine der neuen Putzhilfen schiebt einen Feudel über den Boden, während die andere halbherzig im Kamin im Esszimmer herumstochert, dessen Feuer bereits um halb zehn angesichts des feuchten Holzes wieder jammernd zu erlöschen droht. In den letzten paar Wochen ist eine ganze Parade von Helferinnen im Haus gewesen, wobei jedes neue Mädchen noch streitlustiger war als das davor. Keines hält mehr als ein paar Tage durch. Es wird uns nie ganz klar, ob sie freiwillig gehen oder ob Chivers sie entlässt oder sie, wie Jack meint, im Rosenbeet begräbt. Wir sehen die Mädchen jedenfalls nie wieder. In den Jahren vor dem Krieg waren die Bediensteten im Haus meist Verwandte von Chivers gewesen. Er stellte sie uns immer eher unpräzise vor, sagte etwa: «Katy, Maud, Joan, die jüngste Tochter meiner Schwester in Bournemouth» oder «das Mädchen meines Cousins in Liverpool», aber ich vermute, dass selbst Chivers irgendwann einmal die Verwandten ausgegangen sind.

George und ich begutachten die beiden mürrischen Dienstmädchen, von denen keine unsere Anwesenheit zur Kenntnis nimmt. Die Tage sind lange vorüber, an denen unser Erscheinen dazu führte, dass das Personal sich errötend zurückzog (ich kann mich selbst überhaupt nicht daran erinnern, aber Jack erzählt es mir, und vielleicht stimmt es ja auch).

«Hören Sie mal, würden Sie beide uns bitte dabei helfen, dieses alte Haus für eine Fete heute Abend herauszuputzen?», sagt George mit falscher Kameraderie und einem verlegenen Lächeln. George fällt es nie leicht, mit anderen zusammen zu sein. Es überrascht mich, dass er so versessen auf die Party ist – ich habe den Verdacht, dass er nur so tut, um Jack und mir einen Gefallen zu tun. George ist ein anständiger Kerl, der beste, den ich kenne.

Die Mädchen sehen auf. Sie erwidern unser Lächeln nicht. Sie wissen auf Anhieb, dass wir Amateure sind. Ich fürchte, es ist hoffnungslos. Wir brauchen Jack. Jack hat einen solchen Charme; innerhalb von zwei Sekunden hätte er die Mädchen so weit, dass sie ihm begeistert helfen würden, nur um ihm zu gefallen.

«Wir haben schon genug zu tun», sagt das größere der Mädchen. «Wir werden nur bis zwölf bezahlt.» Sie ist stämmig und hat tiefliegende, braune Augen, wie ein Paar kleiner nasser Steine.

«Ach herrje», sagt George ernüchtert. Ich kann hören, wie er Jack im Kopf dafür verflucht, dass er einfach abgehauen ist und uns mit dieser Situation alleingelassen hat.

Ich greife in meine Tasche und hole ein paar Scheine von dem Weihnachtsgeld heraus, das mir der General gegeben hat («Geschenke sind was für Mädchen, es sei denn, es handelt sich um Waffen»). Ich stopfe es dem großen Dienstmädchen in seine knubbeligen Finger. «Dann eben anschließend, wenn Sie mit der Arbeit für den Morgen fertig sind.»

Um Punkt zwölf erscheinen sie wieder im Salon. Beinahe lächeln sie sogar. Ich frage mich, wie viel von meinem Weihnachtsgeld ich ihnen wohl überlassen habe, aber es ist mir im Grunde egal. Ich möchte, dass es ein rauschendes Fest wird. Jack und George haben Partys im Kasino gefeiert und sind gereist, sie haben schon alles Mögliche gesehen. Schreckliche Dinge vielleicht, aber zumindest sind sie schon mal irgendwo gewesen, haben etwas getan. Ich hingegen habe den ganzen Krieg in der Schule verbracht. Während wir in allen vier Ecken des Hauses nach Stühlen suchen, die nicht zerbrochen sind, versuche ich wieder einmal, George auszufragen. Ich habe schon bei verschiedenen Gelegenheiten mit beachtlichem Misserfolg versucht, Jack und George zu überreden, mich mit Details zu versorgen.

«Wie war es denn nun wirklich? Ich finde es echt blöd, dass du mir nie etwas erzählst.»

Er zuckt mit den Schultern. «So viel gibt es nicht zu erzählen. Die meiste Zeit war es furchtbar langweilig.»

«Und in den anderen Zeiten?»

«Unangenehm.»

«Langweilig oder unangenehm, ist das alles?», frage ich ungläubig.

«Meistens ja. Manchmal, wenn wir besonders viel Pech hatten, war es langweilig und unangenehm.»

Ich frage mich, ob er sich über mich lustig macht, aber so ist George gar nicht. Er mag es selbst nicht, wenn man ihn neckt, und macht deshalb selten Witze auf Kosten anderer. Wir stellen ein kleines und nur leicht fleckiges Sofa in die Ecke des Salons und halten einen Augenblick inne, um zu Atem zu kommen.

«Ich kann mir dich als Soldat gar nicht richtig vorstellen, George.»

Er lächelt. «Nein, das konnte ich auch nicht. Ich glaube, das war ein Teil des Problems.»

«Was war der andere Teil?»

Er kichert, antwortet aber nicht.

«Es ist so schön, wieder zu Hause zu sein», sagt er schließlich. «Ich habe den Regen vermisst. Hätte nie gedacht, dass das möglich sein könnte, aber so ist es. Sonnenschein ist ja was Schönes, aber ich habe entdeckt, dass das, was ich am liebsten mag, der Moment ist, wenn nach dem Regen plötzlich die Sonne rauskommt.»

Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Eisregen klatscht gegen die Fenster, dringt durch die schiefen Läden herein und bildet kleine Pfützen auf den Simsen. Wir könnten jetzt etwas überraschenden Sonnenschein ziemlich gut gebrauchen.

«Wie waren denn die anderen Typen so?»

«Oh, eine bunte Mischung. Da war alles Denkbare vertreten, weißt du.»

Ich weiß es überhaupt nicht. Ich seufze und gebe meine Fragerei auf.

Cambridge gefällt mir ganz gut – es sind anständige Jungs dort, genau die Sorte, die ich schon aus der Schule kannte –, aber ich sehne mich nach etwas anderem, weniger Vertrautem. Ich darf nicht Musik studieren (Leute wie wir studieren keine Musik. Das kommt einfach nicht vor, sagt Vater), also erscheint mir das ganze Theater völlig sinnlos, wie eine grässliche Verlängerung der Schulzeit. Wenn der Krieg immer noch anhielte, wäre ich mittendrin, statt dazu verdammt zu sein, gemütliche kleine Seminare in Kaminzimmern über mich ergehen zu lassen und den gesammelten Triumphen sämtlicher Tudors zu lauschen. Und wenn ich schon keine Musik haben kann, dann hätte ich gern ein bisschen Krieg. Ich kann das nur niemandem sagen. Selbst Jacks launisches Grinsen würde sofort erlöschen, und George, nun ja, George würde stillschweigend weggehen, mit gesenktem Kopf. Dem General allerdings würde diese Empfindung gefallen, und das wäre das schlimmstmögliche Urteil von allen.

 

Die Gäste treffen exakt zu spät um Viertel vor neun ein. Im Dunkeln sieht das Haus nicht ganz so heruntergekommen aus. Kerzenlicht, Holunderzweige und sorgfältig platzierte Mistelkugeln verbergen das Ärgste. Mit Hilfe der beiden Mädchen haben George und ich alles ziemlich hübsch hergerichtet. Es gibt eine überraschende Menge Wein. Als das Haus requiriert wurde, machte der General keine Anstalten, die Teppiche oder Möbel in Sicherheit zu bringen (sowieso alles drittklassig – eher altersschwach als antik), aber Chivers und er ließen die guten Flaschen verschwinden. Sie ließen vom Gärtner im Weinkeller eine falsche Wand einbauen und während die Soldaten Obszönitäten an die Toilettenwand im Untergeschoss pinselten, entweihten sie nicht den Vorkriegs-Burgunder, sodass der Ort in den Augen des Generals im Wesentlichen unversehrt überdauert hat.

Die Nacht ist kalt, mehrere Grad unterhalb des Gefrierpunkts, und schon vor Mitternacht funkelt der Boden, mit einer dicken Frostschicht überzogen. Die Taxushecken haben in den Jahren der Vernachlässigung gewuchert und sind mit Weiß verziert wie der unrasierte Bart eines Betrunkenen. Für Autos ist es zu glatt – jedenfalls für die, die überhaupt noch eins besitzen –, und die meisten Menschen ziehen es vor, zu Fuß zu kommen. Wir haben entlang der Auffahrt Fackeln aufgestellt, Banner roter Flammen in der Finsternis. Die Düsternis setzt allem eine Maske gelungener Restaurierung auf, und von außen sieht das Haus wieder prächtig aus. Man kann nicht erkennen, dass der südliche Flügel ausgebrannt ist oder dass mehrere Fenster in der Fassade zugenagelt und die Wiesen nur von Schafen gemäht worden sind, die im Moment im Schutze der Gartenmauer schlummern. Was die Party-Gäste wahrnehmen, ist das gelbe Licht, das aus den intakten Erkerfenstern auf die Terrasse fällt, den Efeu, der den Sandstein-Vorbau mit einem Muster verziert, und den Frost, der das Schieferdach mit Gefieder schmückt. Stillschweigend schwöre ich, dass ich, sollte ich je reich werden, Hartgrove Hall wieder seiner früheren Schönheit zuführen werde, sodass es immer so aussehen wird, selbst bei Tageslicht. Ich trinke ein Glas Schlehenschnaps und betrachte den Fluss, ein schwarzes Band, das sich jenseits des Gartens entrollt.

«Jack ist immer noch nicht zurück, verdammt.» George ist wütend. Nun ja, so wütend, wie jemand wie George eben sein kann. Ich kann ihn mir wirklich nicht als Soldat vorstellen, der sich voller Zorn in den Kampf stürzt. Er sieht sich in der Menge der Eintreffenden um, angespannt, mit Schweiß auf der Stirn. Wir brauchen Jack, damit er den Gastgeber spielt. Keiner von uns beiden ist dieser Aufgabe gewachsen. George schnaubt und murrt. «Jedes Mal. Jedes verdammte Mal. Er schwebt herein, gibt seine Befehle und schwebt wieder davon. Ich bin es so leid, Fox. Nächstes Mal kann er sich selbst mal die ganze Mühe machen. Wo zum Teufel ist er überhaupt hin?»

Ich sage nichts. Jack ist ohne Zweifel in irgendeinem Pub, hat sich mit seiner neuesten Mieze neben ein gemütliches Kaminfeuer gekuschelt und nach seinem zweiten oder dritten Pint jedes Zeitgefühl verloren. Wir gehen hinein und sind sofort in Pelz gehüllt. Die Mädchen der Grafschaft haben sie wieder hervorgeholt, jetzt, wo der Krieg vorbei ist und sie nicht mehr vulgär und unpassend wirken. Ich bin ganz umnebelt von dem Kampfergeruch von Mottenkugeln und Achselhöhlen.

«Vivien. Caroline. Wie schön, euch zu sehen.»

Die Mädchen halten mir ihre Wangen hin, um sich küssen zu lassen.

«Eisig heute, nicht? Wo ist Jack?»

Ich sacke in mich zusammen. Nicht einmal ein einziger Kommentar zu der hübschen Anordnung der Kerzen, die wir hervorgezaubert haben, oder zu dem riesigen Kloben, den wir hineingehievt haben und der nun in dem simslosen Kamin faucht und knackt. Ein Grammophon, das schon vor dem Krieg nicht neu war, bringt krächzend eine Melodie hervor, aber es ist nicht laut genug, um die Stimmen zu übertönen. Niemand tanzt. Ein halbes Schwein liegt mit einem Tennisball in der Schnauze auf dem riesigen Tisch in der Eingangshalle. Chivers waltet mit einem Messer darüber, das so lang ist wie ein Schwert, aber mir fällt auf, dass nur die Männer essen. Die Frauen, ein wenig abgestoßen, wenden sich von dem Spektakel ab. Wir haben nicht daran gedacht, für irgendetwas anderes zu sorgen. George und ich haben angenommen, dass ein Schwein schon das Passende wäre. Gemüse schien uns gänzlich überflüssig.

Eines der Mädchen weht herüber. Ihr Kleid ist aus einem feinen, gazedünnen Stoff und auf ihrem Arm entdecke ich Gänsehaut.

«Hallo, Fox. Wunderbar gemacht. Es ist alles wirklich ganz reizend.»

«Wirklich, Vivien?»

Sie lacht. «Nein. Eigentlich nicht. Aber ihr habt euch eine unglaubliche Mühe gegeben und das ist schon bestechend. Aber in einem reinen Männerhaushalt, was soll man da schon erwarten?»

«Magst du nicht ein bisschen Schweinefleisch? Wenn du was isst, dann machen es die anderen Mädchen vielleicht auch.»

Sie nimmt meinen Arm. «In Ordnung, aber nur, wenn du mir sagst, wo dein niederträchtiger Bruder sich versteckt hat.»

Zumindest gibt es genug zu trinken. Alles ballt sich in der Nähe des Kamins, der zu qualmen beginnt. Ich stelle das Grammophon ab, das dauernde Kratzen führt dazu, dass mir die Ohren jucken. Es ist erst halb elf. Der Himmel weiß, wie wir es bis Mitternacht schaffen sollen. Jeder scheint auf irgendetwas zu warten, aber wir haben nichts weiter eingeplant.

Der General schiebt sich durch die Menge, in einer Hand eine Zigarre (selbst während des Krieges schien er nie auf sie verzichten zu müssen; ich frage mich, was der arme Chivers alles anstellen musste, um den Nachschub sicherzustellen), und versucht sich in Small Talk. Hätte ich nicht eine solche Angst, dass die Party völlig misslingt, würde mich das amüsieren. Die Mädchen lauschen mit zu einem Lächeln gefletschten Zähnen, die zu ihren kleinen schimmernden Perlenketten passen – sie sind alle viel zu gut erzogen, um offen zu zeigen, wie gelangweilt sie sind, und außerdem haben alle noch immer Angst vorm General. Er ist ein alter Hund, aber man ahnt jederzeit hinter dem hübsch gekräuselten Schnurrbart das Knurren und seine üble Laune.

Und dann, ganz plötzlich, verwandelt sich das verklemmte Plaudern in befreites Gelächter. So wie der Applaus des Publikums die Ankunft des Dirigenten signalisiert, so weiß ich, ohne mich umzudrehen, dass Jack eingetroffen ist. Das Mädchen in seiner Begleitung kann ich nicht genau erkennen. Sie ist klein und halb verdeckt von der Traube, die sich sofort um ihn gebildet hat.

«Genau. Führt mich zu den Getränken», ruft er aus.

Die Menge teilt sich, um ihn durchzulassen, und jetzt erblicke ich ein schmales, dunkelhaariges Mädchen, das sich mit seiner kleinen behandschuhten Hand bei ihm untergehakt hat. Jack gibt mir ein Zeichen. Ich durchquere den Raum. Dann bleibe ich stehen, ganz erstarrt. Jetzt habe ich sie erkannt.

«Fox. Das ist Edie. Edie Rose.»

«Natürlich. Ja. Edie. Miss Rose. Eine echte Freude. Ein Vergnügen, Sie kennenzulernen.»

Zu meinem eigenen Erschrecken spüre ich, wie mir die Farbe die Wangen hochsteigt. Edie lächelt bloß.

Unweigerlich sind alle Mädchen, die ich mag, bereits Jacks Mädchen. Jedes Mal, wenn er auf Urlaub war, tauchte er zum Mittagessen mit einem neuen großäugigen, langbeinigen Wesen auf, das ihm mit einem tränennassen Taschentuch nachwinkte, wenn sein Zug aus dem Bahnhof fuhr, und ihm anschließend Briefe schrieb, die Jack vermutlich ohnehin nie las. Ich habe natürlich Fotos von Edie gesehen. Ich habe sogar eine Postkarte von ihr in meiner Schultruhe – sie ist der Liebling der Nation, und jetzt, so scheint es, auch Jacks –, aber als ich sie hier mitten in unserer heruntergekommenen Eingangshalle stehen sehe, zwischen all den Mädchen in ihren abgetragenen Kleidern und den Jungs mit ihrem rauen Gelächter und ihren lehmigen Schuhen, vergesse ich beinahe zu atmen. Sie ist kleiner, als ich sie mir von ihrem Foto her vorgestellt habe. Selbst durch den Nebel meiner Bewunderung hindurch erkenne ich, wie müde sie aussieht.

Jack, der mich am Ellbogen hält, steuert mich durch die Menge auf eine Ecke zu, während Edie immer noch seinen anderen Arm hält.

«Es gibt ja gar keine Musik, Fox.» Er runzelt bedrückt die Stirn.

«Nein, das Grammophon ist kaputt.»

«Verdammt, Fox. Das Ding ist doch sowieso völlig unbrauchbar. Du hättest eine Band besorgen sollen.»

Ich sacke in mich zusammen und will mich gerade entschuldigen und zugeben, dass das eine ganz tolle Idee gewesen wäre, als mir wieder einfällt, dass Jack uns einfach mit allem alleingelassen hat. Ich will ihn schon meinerseits anschnauzen und ihn fragen, womit ich denn eine Band hätte anheuern sollen, da der General ja nicht gerade im Geld schwimmt, aber Jack hat sich schon abgewandt und fleht leise Edie an.

«Nun komm schon, Liebling, sei ein Schatz. Nur einen.»

«Du weißt doch, dass es nie bloß bei einem bleibt, Jack.»

«Also gut, dann zwei.» Er grinst und streichelt ihr die Wange. «Für unseren jungen Fox hier würde es die Welt bedeuten.»

Jack versucht, Edie davon zu überzeugen, dass sie singen soll. Ich bin vollkommen hin- und hergerissen. Ich möchte sie singen hören, das möchte ich wirklich sehr, aber sie sieht so erschöpft aus. Sie runzelt die Stirn und kaut in einem plötzlichen, kindlichen Impuls an ihrem Fingernagel, dann seufzt sie ein wenig auf.

«Ja, in Ordnung, ich mache es. Aber nur ein kurzes Set. Kein Wunschkonzert. Keine Zugaben.»

Ich habe noch nie ein Mädchen so entschieden mit Jack sprechen gehört. Er drückt ihr einen ernsten Kuss auf die Lippen.

«In Ordnung, Madam.»

«Und nun, du hast mich hierhergelockt mit dem Versprechen, dass es Champagner gibt. Machst du bloß große Worte, Jack Fox-Talbot?»

Mit gespieltem Protest führt er sie weg und bietet ihr ein Glas vom besten Vorkiegs-Veuve-Cliquot des Generals an. Ich muss ihnen einfach hinterherstarren. Edie mag die Berühmtheit sein, aber Jack umgibt die gleiche glanzvolle Aura. Als wir Kinder waren, spielte unsere Großmutter verschiedene Spiele mit uns, aber ihr Lieblingsspiel war, eine Butterblume zu pflücken und sie uns unters Kinn zu halten. Wenn sie einen gelben Schein warf, erklärte sie: «Ja, der kleine Fox mag Butter wirklich sehr gern», und wir kreischten vor Begeisterung. Mein Bruder lebt permanent in diesem hellen Glanz.

Während ich Edie und Jack dabei zusehe, wie sie am Kamin konspirieren, wirken sie wie von allen anderen losgelöst – wie Figuren auf dem Gemälde eines alten Meisters in einer Galerie voller dilettantischer Werke – , und ich verspüre einen Anflug von Neid, heiß und stechend. George registriert, in welche Richtung ich blicke. George registriert das immer.

Er kichert. «Vergiss es, Fox. Keine Chance.» Ich schaue weg und tue so, als hätte ich ihn nicht verstanden.

Den Rest des Abends bin ich unkonzentriert. Die Minuten vergehen. Edie Rose wird uns in das Neujahr hinübersingen. Und schon verwandelt dieser feuchte Flop von einer Party sich in einen Triumph. In den kommenden Jahren wird alle Welt immer wieder davon sprechen. Die Kirchenglocken läuten halbstündlich, und ich sehe mich nach Edie um, kann sie aber nicht entdecken.

«Hallo. Harry, nicht wahr?»

Sie steht neben mir.

«Ja. Richtig.»

Mir fällt auf, dass sie auf ihrer linken Wange einen Leberfleck hat, ich möchte die Hand danach ausstrecken und mit meinen Fingern darüberstreichen. Ich frage mich, ob Jack das schon getan hat.

«Jack hat mir erzählt, dass Sie singen und Klavier spielen können.»

«Ja.»

Stillschweigend verfluche ich mich selbst. Ich möchte flott und intelligent erscheinen, aber in ihrer Gegenwart bin ich offenbar zu nicht mehr in der Lage, als ein paar Einsilber zu stottern.

«Könnten Sie für mich spielen, Harry? Ich bin schrecklich müde. Ich möchte heute Abend nicht allein singen.»

«Das würde ich. Aber – das Klavier. Sie ist nicht in allzu guter Verfassung. Ich fürchte, sie hatte einen eher harten Krieg.»

Edie lacht. «Sie?»

«Entschuldigung. Ich denke immer, dass es eine Sie ist, es …»

Edie streckt die Hand aus und berührt mich am Arm. «Das ist furchtbar rührend von Ihnen.»

Ich bin verärgert. Ich möchte nicht, dass sie mich rührend findet. Ich bin kein Kind mehr.

«Die Armee hat das Klavier in die Bar der Mannschaftsmesse verfrachtet. Ich möchte gar nicht wissen, was da alles auf die Tasten geflossen ist. Gar nicht zu reden von der allgemeinen Feuchtigkeit. Als ich versucht habe, sie zu stimmen, ist eine der Saiten gerissen.»

«Bitte spielen Sie für mich, Harry.»

«Gut. Aber –» Ich denke daran, dass sie gesagt hat, keine Publikumswünsche.

«Was denn?»

«Würden Sie eins Ihrer früheren Lieder singen? ‹The Seeds of Love› oder ‹The Apple Tree›? Ich mag natürlich auch die Songs aus der Kriegszeit.»

Das ist eine Lüge. Ich mag ihre Hits aus der Kriegszeit absolut nicht. Sie sind patriotischer Mumpitz. Melodien, so grellrot wie Briefkästen. Einmal habe ich ein Café wieder verlassen, obwohl ich schon bezahlt hatte, als «A Shropshire Thrush» im Radio kam.

Edie wirft mir einen seltsamen Blick zu. «Die werden das nicht mögen.»

Sie blickt auf die versammelte Menge, und es freut mich, dass sie mich nicht länger dazuzählt. Jack hüpft herbei und küsst sie auf die Wange, wobei er ihr mit lässiger Vertrautheit eine Locke hinters Ohr streicht.

«Es ist Zeit, meine Liebe. Oder möchtest du zuerst das?» Mit einer schwungvollen Bewegung zaubert er aus seiner Tasche ein sich auflösendes Sandwich mit Fischpaste hervor. Edie schüttelt den Kopf, und ich zeige traurig auf das Schwein, das auf dem Tisch hockt. «Was ist denn verkehrt an meinem Schwein? Niemand scheint etwas davon zu wollen.»

«Es ist bestens, Fox. Nur eben nicht Edies Geschmack.»

Sie wendet sich mir zu. «Also, Harry? Sollen wir?»

 

Edie singt meinen Song nicht. Ich sitze am klapprigen Klavier und ringe den Tasten so etwas wie eine Begleitung ab, mit einem Gefühl, als würde ich auf einer halbtoten Schindmähre reiten, die in jedem Moment entweder hochgehen oder in die Hecke stürzen könnte. Edie ist ein echter Profi und lässt sich von meiner absurden Begleitvorstellung nicht durcheinanderbringen. Sie beschwichtigt die Landprominenz mit ihrer honigsüßen Stimme, während sie die Kriegshits runtersingt, die sie berühmt gemacht haben, aber die ich nicht ausstehen kann. Ich schwitze unter der Mühe, das Klavier zum Gehorsam zu zwingen, und kriege Kopfschmerzen. Mitternacht ist vorbei, wir sind ins Jahr 1947 geglitten, und ich habe es nicht einmal bemerkt. Ich brauche einen Drink und ein sauberes Hemd. Die Gäste jubeln Edie zu und gratulieren ihr und dann auch mir, als sie mich dazu bringt, mich zu erheben. Selbst der General hebt das Glas.

«Schnell raus hier», flüstert sie schmallippig, während sie dem Publikum einen spielerischen Knicks darbietet.

Wir stürzen nach draußen, bevor sie die Menge mit ihrem gutgeölten Enthusiasmus ersticken kann. Sie zündet mir eine Zigarette an und ich nehme sie, irgendwie ist es mir peinlich zuzugeben, dass ich gar nicht rauche. Ich kann nicht aufhören, sie anzustarren. Sie lächelt mich an, und ihr Lächeln ist ein bisschen schief, als denke sie an einen schelmischen und ganz unpassenden Witz. Das ist schrecklich attraktiv.

«Also, wie kommt es, dass Sie der einzige der Jungs sind, der ‹Fox› genannt wird, obwohl Sie alle drei Fox mit Nachnamen heißen?»

Ich schlucke den Rauch herunter, versuche nicht zu husten, dankbar, dass sie im Dunkeln nicht sehen kann, wie mir die Tränen in die Augen treten.

«Ich war immer ‹der kleine Fox›, aber jetzt, wo ich achtzehn und fast eins achtzig groß bin, wirkt es, na ja, ein bisschen albern. Deshalb heiße ich jetzt bloß noch Fox.»

«Ich verstehe. Fox passt zu Ihnen. Obwohl ich den Namen Harry auch immer schon mochte.»

Ich frage mich, ob sie mit mir flirtet, aber ich habe so wenig Erfahrung damit, dass ich das nicht entscheiden kann.

«Sie brauchen ein neues Klavier», sagt sie.

«Und ein neues Dach und noch hundert andere Sachen. Aber ich meine, ich habe sie tapfer bespielt.»

«Mit vollkommener Ritterlichkeit. Ein Geringerer hätte es, verzeihen Sie, mitten im Spiel zu Kleinholz zerhackt.»

«Versuchst du hier, den jungen Fox zu bezaubern?», fragt Jack, der so dermaßen unbeeindruckt von dieser Möglichkeit an meiner Seite auftaucht, dass ich völlig erledigt bin.

Ein Mädchen-Trio und seine Verehrer betreten in Jacks Fahrwasser die Terrasse. Er zieht selbstvergessen Menschen mit sich, als wären sie der Schweif hinter einem Kometen. Man sagt, er sei einer der besten Offiziere in seinem Bataillon gewesen und dass seine Männer ihm überallhin gefolgt wären und alles für ihn getan hätten. Ich glaube das sofort.

Die unteren Balustraden der Terrasse sind zerstört, aber mit Frost überzogen schimmern sie im Licht.

«Ich habe aber mein Lied nicht bekommen», beschwere ich mich. Der Alkohol hat mich mutig gemacht.

«Jetzt sind Sie erst mal dran», sagt Edie. «Jack sagt, Sie können singen.»

«Das kann er, das kann er sehr wohl. Er ist klasse», sagt Jack. Mein Bruder besitzt die großzügige Güte des unerschütterlich von sich selbst Überzeugten.

«Gut. Was soll ich singen?»

«Das, was du für George und mich komponiert hast. Ich mag es. Er ist wahnsinnig begabt, er hat das Lied selbst geschrieben.»

Angesichts seiner Begeisterung zucke ich zusammen. Jack bezieht sich auf ein derbes und ziemlich schmutziges Liedchen, das ich geschrieben habe, um George und ihn zu amüsieren, aber jetzt ist es zu spät, und Edie hat sich mir erwartungsvoll zugewandt.

«In diesem Fall verlange ich ein Harry-Fox-Talbot-Original. Weniger akzeptiere ich nicht.»

Ich zerbreche mir den Kopf, um etwas weder zu Schlichtes noch zu Unhöfliches zu sagen. Andere haben sich auf der Terrasse versammelt, aber das stört mich nicht. Ein Publikum für etwas Musik hat mich noch nie gestört. Meine Brüder erzählen gelegentlich, dass ich, bevor meine Mutter starb, immer im Schlafanzug die Treppe herunterkam und für die abendlichen Gäste sang. Ich hoffe, Jack hat das Edie nicht erzählt. Ich kann ihn kaum bitten, es nicht zu tun, weil er es dann mit Sicherheit erst recht tun wird. Ich räuspere mich.

«In Ordnung. Also hier kommt es. Das stammt streng genommen nicht von mir, aber ich habe es mal gehört und hier folgt eine echte Variation auf ein Thema.»

Ich bin kein herausragender Sänger, aber ich habe eine gefällige Stimme und auch eine ganz ausdrucksvolle. Ich kann ein paar Instrumente dazu bringen, dass sie sagen, was ich denke – Klaviere, Kirchenorgeln und meine eigene Stimme. Ich bin nicht ganz eins achtzig groß, und richtig gut aussehend bin ich auch nicht. Meine Augen sind nicht so blau wie die meiner Brüder, aber mir ist aufgefallen, dass die Mädchen, wenn ich singe, vergessen, dass ich nicht so groß bin, wie sie gedacht, und nicht so gut aussehend, wie sie gehofft haben.

Ich singe ohne Begleitung. Ich sehe Edie oder die anderen Mädchen nicht an. Die Frostschicht ist so dick wie Schnee, und ich sehe, wie der Gesang wie Dampf von meinen Lippen strömt. Ich habe noch nie zuvor ein Lied fliegen gesehen. Die Wörter schweben über den Rasen. Es ist einer von Edies alten Songs aus der Vorkriegszeit. Ich singe die Namen der Blumen, und sie strömen in die Dunkelheit hinaus – gelbe Primeln und Veilchen, die sich leuchtend von dem winterlichen Boden abheben. Ich singe ein oder zwei Strophen, und dann höre ich auf. Ich kann die Leute für kurze Zeit an der Nase herumführen, aber ich weiß, wenn ich zu lange singe, kann meine Stimme sie nicht fesseln. Das verlangt echte Könnerschaft und eine echte Stimme. Eine Stimme wie Edies.

«Wirklich gut. Verdammt großartig», ruft Jack und klopft mir auf den Rücken.

Die anderen applaudieren und die Mädchen lächeln und versuchen zum ersten Mal an jenem Abend einen Blick von mir zu erhaschen. Ich sollte das Beste daraus machen – es ist eine vorübergehende Begnadigung von der Unsichtbarkeit. Die Wirkung eines Liedes ähnelt in vielem der von einem Glas Champagner und hält auch ungefähr genauso lange an. Ich blicke zu Edie hinüber. Sie sieht mich nicht an, und sie klatscht auch nicht zusammen mit den anderen.

Mai 2000

Ich wusste, dass die Mädchen sich Sorgen um mich machten. Ich konnte es immer schon im Voraus sagen, wenn sie mir wieder einen Vortrag halten wollten. Clara rief gewöhnlich an und informierte mich darüber, dass sie zum Tee kämen, sodass ich in den Schränken nach den guten Keksen suchte. Abend- oder Mittagessen mit sämtlichen Enkelkindern und Claras fahrigem Ehemann waren reine Höflichkeitsbesuche, aber Tee mit beiden Töchtern konnte nur eins bedeuten.

Bei dieser Gelegenheit setzten sie sich nebeneinander auf das Edwardianische Sofa, hockten sogar fast ein bisschen aufeinander, da beide den Platz am Kamin scheuten, Edies Platz. Niemand konnte es ertragen, dort zu sitzen. Ich war versucht, es zu tun, weil sie dann reinkommen und mich wegscheuchen müsste, wie sie es immer getan hatte, aber ich wusste, dass das töricht war. Sie hockten da, zwei Vögel auf einem Ast, Lucy, mein kleiner Buchfink, zart und dunkel mit ihren flatternden, unsicheren Händen. Ich habe diese Bewegung einmal nachgeahmt, als ich Debussy dirigierte und wollte, dass die Streicher eine Art Kräuseln wie von Wasser durchliefe. Ich habe es Lucy nicht erzählt. Sie hätte es nicht als Kompliment verstanden.

Clara lehnte sich mit gespielter Gelassenheit gegen die Kissen, die Fesseln sorgsam gekreuzt, die teure Handtasche neben ihr auf dem Boden. Edie hat diese Kissen vor hundert Jahren bei einer Einkaufstour bei Liberty gekauft, und ich habe sie nie gemocht. Ein bisschen kitschig, wenn Sie mich fragen. Aber natürlich hat sie mich nicht gefragt, und jetzt würde ich mich nie mehr von ihnen trennen. Lächerlich, wie sehr hässlicher Tinnef plötzlich kostbar und mit Empfindungen aufgeladen wird.

Beide Mädchen saßen mir gegenüber, die Porzellan-Teetassen perfekt auf ihren Knien balancierend (ich weiß nie, wie sie das machen, das muss eines der vielen Dinge sein, die ihre Mutter ihnen beigebracht hat), und informierten mich darüber, dass ich ein Hobby bräuchte. Ablenkung. Neue Freunde. Sie waren voller guter Ratschläge und Ideen – ich könnte doch beim Bridge-Club mitmachen oder Gemüse anbauen. Als ich vorschlug, mich dem örtlichen Women’s Institute als Gentleman-Ehrenmitglied anzuschließen und mich an Biskuitkuchen zu erproben, erntete ich einen strengen Blick von Clara, die eindeutig fand, dass ich das Ganze nicht ernst genug nahm. Also hörte ich mir höflich ihre Ratschläge an (ich höre immer aufmerksam zu, bevor ich dann genau das tue, was ich will – Kinder, selbst wenn sie über vierzig sind, werden nicht gern ignoriert).

«Kannst du denn im Moment überhaupt komponieren?», fragte Lucy, deren Stirn vor lauter Sorge regelrecht gekerbt war.

«Im Moment nicht. Noch ein Keks?» Ich hielt ihr den Teller hin, nahm selbst einen Keks und schob ihn mir in einem Stück in den Mund, sodass ich auf keinen Fall noch mehr Fragen hätte beantworten können. Sie verstand die Anspielung nicht.

«Aber du spielst doch Klavier, Papa, oder nicht?»

Ich zeigte auf meine sich ausbeulenden Wangen, aber die Mädchen lächelten bloß höflich und warteten, bis ich fertig war.

«Nein, mein Schatz, ich spiele nicht.»

Ich habe Lucy noch nie gut anlügen können. Schon als Kind starrte sie mich mit ihren riesigen, arglosen, grauen Augen an und glaubte, dass jedes Wort, das ich sagte, die reine und unverrückbare Wahrheit war, sodass ich es schließlich nicht mehr über mich brachte, sie auch nur ein kleines bisschen anzuflunkern. Ich wollte so wahrhaftig sein, wie sie mich wahrnahm.

Seit dem Tag, an dem Edie starb, hatte ich nicht mehr Klavier gespielt. Ich hatte es versucht. Ich hatte den Deckel geöffnet, als ich nach der Beerdigung nach Hause kam. Ich schlich mich von den Trauergästen und ihren handlichen Erinnerungen an Edie weg, die sie alle so bemüht waren, bei Sandwiches und Pastetchen loszuwerden und miteinander zu teilen, sodass sie sich in ihren Autos auf dem Nachhauseweg damit trösten könnten, ihre Pflicht getan und dem armen alten Witwer ein schönes Andenken beschert zu haben. Ich verschwand mit einem Glas gutem Scotch und einer Zigarre ins Musikzimmer und schloss die Tür, dankbar für die Einsamkeit, aber als ich die Tasten vor mir sah, zögerte ich – meine Hände waren sich plötzlich nicht mehr sicher, wo sie sich niederlassen sollten.

Ich hatte nie über das Klavierspielen nachdenken müssen, so wenig, wie ich darüber nachdenken musste, wie ich mit meinem Mund die Wörter formen sollte, wenn ich sprach.

Meine Finger waren schrecklich kalt, und ich kam zu keinem Schluss, welches Stück das passende für diese Gelegenheit war. Da ich für Edie spielen würde, musste es die perfekte Wahl für eine beiläufige Gelegenheit sein, aber meine Gelenke waren schwer und steif. Als ich in meinem Gedächtnis nach Bach kramte, war er nicht da, auch Schubert nicht. Selbst das kleine Chopin-Nocturne, das ich zum Scherz gespielt hatte, als sie nicht schlafen konnte, versteckte sich irgendwo in einem Winkel meines Gehirns. Schließlich schloss ich den Klavierdeckel wieder und verkündete dem leeren Zimmer, dass ich morgen spielen würde. Ich würde etwas speziell für Edie komponieren und es für sie spielen. Als allerdings der nächste Tag gekommen war, entdeckte ich, dass mein Geist, auch wenn meine Finger nicht mehr kalt und ungelenk waren, irgendwie steif blieb und dass die Melodien sich mir allesamt entzogen.

Lucy nahm meine Hände in ihre: warm und klein – hübsch, aber für das Klavierspiel gänzlich unbrauchbar. Ohnehin hat keine meiner Töchter je die geringste Neigung für Musik erkennen lassen. Nein, das stimmt nicht. Als Clara fünfzehn war, wohnte während der Konzert-Reihe im Juli ein hübscher junger Trompeter bei uns, und Clara erklärte, dass sie Trompete lernen wollte. Ihre Leidenschaft für den Jungen und die Trompete schwand allerdings zusammen mit den langen Sommernächten.

Es wäre schön gewesen, wenn die Mädchen wenigstens ein amateurhaftes Interesse entwickelt hätten, ein bisschen Talent. Ich hatte jeder von ihnen Unterricht auf einer Reihe von Instrumenten angeboten. Lucy, die immer bereiter war, mir einen Gefallen zu tun, hatte sich mit einer absolut erstaunlichen Unbegabtheit durch das gesamte Arsenal von Holzblasinstrumenten durchgearbeitet, bis weder ich noch ihr Lehrer mehr davon ertrug. Eines Samstagmorgens, als sie ungefähr zwölf war, brachte ich sie, statt sie zu ihrem Musiklehrer zu fahren, zum Tennisunterricht, wo sie, zu jedermanns tiefer Erleichterung, eine deutlich bessere Figur machte.

Jetzt war Clara an der Reihe, mich mit einem strengen Blick zu fixieren. «Also, Papa, wenn du weder komponierst noch spielst, dann ist es noch wichtiger, dass du dir ein Hobby zulegst.»

Die Sache ist die, dass ich mir sogar eine Art Hobby zugelegt hatte, wobei es wohl nicht das war, was sich meine Töchter darunter vorgestellt hatten. Ich hatte begonnen, zu Ärzten zu gehen. Ich war schon bei den verschiedensten Ärzten gewesen. Ich hatte jeden einzelnen Arzt in meiner Gemeinschaftspraxis konsultiert und war sogar in die Stadt gefahren, um einen Spezialisten an der Harley Street aufzusuchen, was sehr teuer wurde (den Mädchen sagte ich, ich ginge in die Oper, was bedeutend billiger gewesen wäre). Ich brauchte eine Diagnose. Da stimmte eindeutig etwas überhaupt nicht mit mir. Mir war immer kalt, selbst wenn ich direkt vor dem Kamin saß. Ich konnte nichts essen. Ich konnte weder komponieren noch spielen. Wenn sie mir nur irgendeine Tablette geben könnten, damit ich wieder heil würde. Allerdings hatten alle Ärzte das Gleiche gesagt – ich war kerngesund, körperlich fehlte mir gar nichts. Ich sollte etwas mehr essen und etwas weniger trinken, und daraufhin hatte ich gleich gewusst, dass sie alle nur Quacksalber waren. Die verdammten Ärzte hatten überhaupt keine Ahnung.

Schließlich ging ich zu einem neuen Arzt in der örtlichen Praxis. Ich versuchte, es ihm zu erklären.

«Ein großer Teil von mir ist verloren gegangen», wollte ich sagen. «Ich bestehe mehr aus Löchern als aus Menschheit.» Aber es war alles verkehrt herausgekommen. «Ich bin ein löchriger Jarlsberg», erklärte ich. Der junge, erschöpft aussehende Arzt starrte mich an. Ich begann zu schwitzen und versuchte es noch einmal. «Ich bin voller Löcher wie ein Jarlsberg.»

Der Arzt lächelte und ließ sich mit einem professionellen Ausdruck geduldiger Anteilnahme in seinem Stuhl zurücksinken. «Ach ja, der Schweizer Käse. Ich weiß. Meine Tochter hat den immer in ihrem Lunchpaket. Meine Frau kauft ihn geschnitten bei Marks & Spencer.»

Ich starrte ihn einen Moment lang an, dann griff ich nach meinem Hut und fragte mich, warum wir jetzt über Käse redeten statt darüber, welches verheerende Leiden mich ereilt hatte. Es war mit Sicherheit Krebs. In dem Augenblick war ich mir ganz sicher und hatte beschlossen, dass das alles gar nicht so schlimm sei. Ich könnte ohnehin nicht lange dagegen ankämpfen, nicht ohne Edie. Für die Mädchen würde es schwer werden, aber sie waren erwachsen und letztlich wäre es am besten so, obwohl ich es vorzog, nicht leiden zu müssen. Ich war entschieden gegen Leiden. Ich wollte schon anfangen, zu überlegen, welches die passenden Stücke für meine Beerdigung waren – Bach, auf jeden Fall musste Bach gespielt werden – als der Arzt seinen Füller weglegte und die Brille abnahm. Er hatte blassblaue Augen und sah so aus, als wäre er etwa in Claras Alter.

«Sie sind nicht krank, Mr. Fox-Talbot. Sie sind traurig.»

Ich holte beleidigt und scharf Luft. Traurig war das falsche Wort. Es war traurig, eine alte Schnulze anzuschauen, wenn es draußen regnete, oder am ersten Januar den Weihnachtsbaum abzuschmücken oder im Wissen, dass anschließend alle Musiker abreisten und das Haus viel zu still sein würde, das letzte Konzert der Saison zu hören. Ich wollte aufstehen und den jungen Arzt darüber informieren, dass ich ihm seinen unpassenden Sprachgebrauch wirklich übelnahm, aber aus irgendeinem Grund konnte ich meine Beine nicht bewegen und meine Zunge war trocken und dick und klebte mir am Gaumen fest.

Alles, was ich schließlich herausbrachte, war: «Das war nicht der Plan. Frauen leben länger als Männer. Jeder weiß das. Das war überhaupt nicht der Plan.»

«Nein, natürlich nicht», stimmte mir der Arzt zu.

Er saß geduldig einige Minuten lang da, während ich zu meiner tiefen Bestürzung laut und unelegant weinte. Als meine Tränen nachließen, reichte er mir schweigend ein Papiertaschentuch. Ich schnäuzte mich, verdrossen und entnervt von meiner eigenen Vorstellung; es stellte sich heraus, dass ich über gar nichts mehr eine Kontrolle hatte, nicht einmal über mich selbst.

Er fragte: «Haben Sie versucht, irgendetwas aufzuschreiben über –»

«Edie. Ihr Name war Edie.»

«Haben Sie versucht, etwas über sie aufzuschreiben?»

Ich schüttelte den Kopf. «Ich werde eine Symphonie für sie komponieren. Also, das wollte ich eigentlich tun. Aber ich bin derzeit etwas blockiert.»

«Wie wäre es, wenn Sie mit etwas weniger Ambitioniertem anfangen? Sie könnten ein paar Erinnerungen notieren.»

Ich runzelte die Stirn. «Das ist doch alles sehr persönlich.»

«Na und? Es muss doch niemand sonst lesen.»

«Nein danke.»

Er hatte wieder angefangen, Notizen auf seinen Block zu kritzeln. «Wie Sie meinen. Manche Leute finden, dass es hilft.»

Er sagte nichts von Beileid, wofür ich dankbar war, und kurze Zeit später verließ ich die Praxis mit einem Rezept für Schlaftabletten – auch wenn mir auffiel, dass er mir nicht zu viele aufschrieb, damit ich nichts Unbedachtes tat. Als ich an der Rezeption vorbeiging, rief mir die Sprechstundenhilfe etwas zu.

«Mr. Fox-Talbot? Darf ich Ihre Daten auf den neuesten Stand bringen?»

Ich wartete am Tresen, während sie an ihrem Computer herumfummelte.

«Wir scheinen keine aktuelle Telefonnummer zu haben, Mr. Fox-Talbot.»

«Ja, natürlich. Das ist die –»

Und dann stellte ich fest, dass ich mich nicht an sie erinnern konnte. Ich bin ein ganz guter Mathematiker – wie die meisten Musiker. Aber ich konnte mich nicht an meine eigene Telefonnummer erinnern. Ich konnte mich an unsere allererste erinnern, die wir 1952 erhalten hatten, als wir einen Telefonanschluss für unser Haus bekamen, aber unsere aktuelle Nummer war verschwunden.

«Das macht nichts, nehmen Sie sich einen Moment Zeit», sagte die Sprechstundenhilfe.

Ich musterte sie mit ihrem orangefarbenen Lippenstift und ihren viel zu vielen Ohrringen, als sie plötzlich ganz geschäftig wurde und auf ihrer Tastatur herumhämmerte, und ich begriff, dass ich ihr leidtat. Ich war zu einem alten Mann geworden, der erst seine Frau und dann auch noch seine Telefonnummer verloren hatte.

 

Ein paar Tage später, als ich in meinem Sessel saß und mich meinen Töchtern gegenübersah, fragte ich mich einen Moment lang, ob die Arzthelferin sie angerufen hatte, aber dann nahm ich doch an, dass sie das gar nicht dürfte – ärztliche Schweigepflicht und das alles. Einen Augenblick lang sah ich die Mädchen dann vor mir, wie sie einmal gewesen waren, nicht, wie sie jetzt waren. Clara, ernst und makellos gekleidet in ihrem Partykleid und den glänzenden Lackschuhen, ihre langen blonden Haare zu zwei perfekt leuchtenden Zöpfen geflochten, mit denen sie herumwirbelte, während sie sprach. Lucy, klein und still, in dem gleichen blauen Kleid, der es aber gelang, so unordentlich darin auszusehen, wie ihre Schwester ordentlich war, ihr dunkles Haar, das aus ihren Zöpfen hervorquoll, und ihre kleinen Füße, die sie vor sich ausgestreckt hatte und die zwei nicht zueinander passende Socken bekleideten und keine Schuhe.

Dann ersetzten meine erwachsenen Töchter wieder die Erscheinungen aus der Vergangenheit. Ich schob die Kekse Clara zu, die ablehnte, und dann Lucy, die zwei davon nahm.

«Hört auf, euch Sorgen zu machen. Es wird schon wieder alles gut werden», sagte ich, nicht, weil ich das wirklich glaubte, sondern, weil sie es sich so wünschten.

«Wirst du mal zu diesem Tanzabend gehen? Der ist für Senioren. Sie brauchen immer Männer.»

«Nein, Liebes, das werde ich nicht tun. Ich werde sicher nicht mit Fremden in der Dorfaula Foxtrott tanzen.»

«Wann willst du denn mit der Organisation des Festivals anfangen?», fragte Lucy.

«Ich dachte, ich lasse es dieses Jahr mal aus. Ich bin ein bisschen müde», sagte ich und sah sie nicht an.

Ich wusste sofort, dass ich das Falsche gesagt hatte. Ich konnte spüren, wie sie scharf die Luft einsogen. Ich wünschte, ich hätte geflunkert und etwas darüber erzählt, dass das Thema dieses Jahr Verlust und Hoffnung wäre oder irgend so ein Unsinn, selbst wenn ich wusste, dass ich das niemals angehen würde und in ein paar Monaten behaupten müsste, dass alle Solisten, die ich eingeladen hätte, in diesem Jahr seltsamerweise ungeheuer beschäftigt gewesen wären. Aber ich überlegte nicht schnell genug, und als die Worte meinen Mund verließen, wusste ich schon, dass ich geliefert war. Die Operation «Den Papa aufmuntern» würde sich unweigerlich noch intensivieren.

Ich wartete eine Woche lang, aber nichts passierte, außer den üblichen Anrufen von Clara von ihrem Autotelefon aus, während sie die Kinder zur Schule brachte, die im Fond von vergessenem Schwimmzeug und unerledigten Hausaufgaben kreischten. Clara rief mich immer an, wenn sie mit etwas anderem beschäftigt war, als wollte sie uns allen beweisen, wie viele Dinge sie auf einmal erledigen konnte. Ich wünschte, sie würde nicht so oft anrufen, und nur dann, wenn sie wirklich Zeit zum Reden hatte.

Von Lucy gab es Nachrichten auf dem Anrufbeantworter, die, da bin ich sicher, immer dann anrief, wenn sie wusste, ich würde nicht da sein oder unter der Dusche stehen. Sie wollte mich wissen lassen, dass sie an mich dachte, zog es aber vor, nicht persönlich mit mir reden zu müssen, wenn das Gespräch sowohl vorhersehbar als auch unangenehm werden würde.

Lucy: «Wie geht es dir heute?»

Ich: «Es ging mir schon mal besser.»

Lucy: «Hast du denn mal wieder gespielt?»

Ich: «Nein.»

Ich hätte es auch vorgezogen, Nachrichten auf meinem Anrufbeantworter zu hinterlassen und einem Gespräch aus dem Wege zu gehen.