Ein überfürsorglicher Cowboy - Liz Isaacson - E-Book

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Liz Isaacson

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EIN ÜBERFÜRSORGLICHER COWBOY

EIN MULBURY BOYS-LIEBESROMAN

ROMANZE AUF DER RANCH DER EWIGEN HOFFNUNG

BUCH 1

LIZ ISAACSON

INHALT

Beschreibung des Buchs

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Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Vorgeschmack Ein Verwegener Cowboy Kapitel Eins

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Über die Autorin

BESCHREIBUNG DES BUCHS

Ted Burrows ist bereit, sein Leben neu zu beginnen, auch wenn er dazu während seiner Wiedereingliederung erstmal auf einer Ranch arbeiten muss, um den Mauern zu entkommen, die ihn die letzten dreißig Monate umgeben haben. Ein Freund von ihm arbeitet schon auf der Ranch Ewige Hoffnung, und der Tag, an dem er erfährt, dass er in das Wiedereingliederungsprogramm aufgenommen und seine restliche Strafe unter dem blauen Himmel der Ranch ableisten wird, ist der beste Tag seines bisherigen Lebens. 

Aber als er Emma Clemson trifft, verliert er völlig die Fassung. Er kennt sie … irgendwoher. Sie scheint ihn aber nicht wiederzuerkennen, und als sie anfangen, miteinander die touristischen Aktivitäten auf der Ranch zu organisieren, beginnt ihre neu gefundene Flamme aufzuflackern und zu strahlen.

Emma hat es geschafft, sich auf der Ranch zu isolieren und ihren Ex aus ihrem Leben zu halten, und sie hat endlich ein wenig Frieden und Glück gefunden. Teds Name weckt zwar tief in ihren Gedanken eine Erinnerung an etwas, aber sie schiebt es beiseite, weil sie die Vergangenheit dort lassen will, wo sie hingehört – in der Vergangenheit.

Als Emmas Ex-Freund wieder in ihr Leben tritt und sie sich daran erinnert, wer Ted ist, löst sich ihre vorsichtig geschaffene Existenz vor ihren Augen in Luft auf. Sie und Ted haben sich zuvor schonmal getroffen, und das nicht gerade unter einem glücklichen Stern. Sie ist aber nicht mehr dieselbe Frau, und sie will nicht, dass Ted sie als die Frau sieht, die sie einmal gewesen ist. Sie weiß, dass er schließlich auch nicht der gleiche Mann wie vor einem Jahrzehnt ist.

 

Als er Emmas Kummer bemerkt, zeigt sich Teds überfürsorgliche Seite – eine Seite, die ihn schon früher in Schwierigkeiten gebracht hat …

Können Ted und Emma sich ihrer Vergangenheit stellen, damit sie wirklich bereit sind, den ersten Schritt in ihre gemeinsame Zukunft zu wagen? Oder wird alles zwischen ihnen zusammenbrechen, wenn die Wahrheit ans Licht kommt?

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KAPITELEINS

Ted Burrows grinste, als er den Mann mit seinem Cowboyhut am anderen Ende des Raumes sitzen sah. Sein Herz hüpfte vor Freude, als er Nathaniel Mulburys vertrautes Gesicht erkannte, obwohl sie sich seit Monaten nicht gesehen hatten.

Er kicherte von seinem Platz ein paar Tische weiter, und Nate, der ebenfalls ein riesiges Grinsen auf seinem Gesicht trug, stand auf. „Nathaniel“, sagte Ted und umarmte Nate. Der andere Mann mochte es nicht wirklich, wenn man ihn mit seinem vollen Namen ansprach, lachte aber dennoch auch. Ted klopfte ihm ein paar Mal auf die Schulter. „Was machst du hier?“

Nate trat zurück, und seine Augen leuchteten in einem neuen Glanz. Ted erkannte es als den Glanz der Freiheit im Gesicht seines Freundes und fragte sich, wie er auf seinem eigenen aussehen würde.

Teds Entlassungstermin kam immer näher, aber er versuchte wirklich, nicht die Tage zu zählen, bis er endlich die River Bay Justizvollzugsanstalt verlassen konnte. Er zählte schon so lange die Tage bis zu seiner Entlassung, dass der Countdown automatisch in seinem Kopf ablief. Irgendwo in seinem Unterbewusstsein wusste er genau, wie viele Tage er noch hinter Gittern verbringen musste.

„Ich dachte, du würdest ins Camp geschickt werden“, sagte Nate und setzte sich wieder in den Stuhl, wo er auf Ted gewartet hatte. „Und würdest Touristen von den Schiffen zu den Restaurants und so fahren.“

„Nee.“ Ted setzte sich ebenfalls hin, obwohl die Stühle in diesem winzigen Raum, der wie eine Cafeteria aussah, zu schmal für ihn wirkten. „Die Möglichkeit wurde mir zwar angeboten, aber wenn ich ins Camp gezogen wäre, hätte ich die Möglichkeit in ein Übergangshaus zu ziehen, ausschlagen müssen.“

„Oder das Wiedereingliederungsprogramm“, sagte Nate.

„Das auch“, sagte Ted. „Aber ich habe auch nur noch dreieinhalb Monate übrig. Ich denke, sie stecken eher Leute in diese Programme, die noch mehr Zeit absitzen müssen.“

„Nun, ich lasse mich nicht nochmal durchsuchen“, sagte Nate mit einem Lächeln. „Also schätze ich, dass das hier das letzte Mal ist, dass du mich siehst, bevor du auf die Ranch kommst.“ Er griff in seine hintere Hosentasche und zog ein gefaltetes Papier heraus. Es war zu einem engen Quadrat gefaltet, und er hatte Mühe, es wieder auszufalten. Als er es endlich geschafft hatte, strich er es auf dem Tisch glatt und schob es zu Ted herüber.

Teds Herz schlug schnell in seiner Brust, weil er es nicht gewagt hatte, zu hoffen, dass er die Chance bekommen würde, auf die gleiche Ranch wie Nate zu kommen. Sein Freund hatte so oft darüber gesprochen, wie sehr es ihm dort gefiel, und wie überzeugt er davon war, dass es auch Ted gefallen würde. Den Cowboyhut würde er aber trotzdem nicht tragen. Er sah den dunkelgrauen Hut an, der fest auf Nates Kopf saß. Es wirkte auf Ted gleichzeitig vollkommen natürlich und unnatürlich, und Nate bemerkte, dass er ihn ansah.

„Du musst den Hut nicht tragen.“

„Nein?“

„Du hast dir das Papier noch gar nicht angesehen.“

„Will ich mir das Papier ansehen?“

„Ja, Ted“, sagte Nate und klang etwas verblüfft. „Du willst dir das Papier ansehen.“

Ted sah seinen besten Freund noch einen weiteren Moment an, und blickte dann auf das Formular, das Nate auf den Tisch gelegt hatte. Sie hatten beide viel Zeit im Gefängnis damit verbracht, ihre Urteile und Petitionen durchzulesen, und das Schreiben, das die Ranch Ewige Hoffnung als Ort für sein Wiedereingliederungsprogramm benannte, war vergleichsweise leicht zu verstehen.

Zudem war Ted schließlich in seinem früheren Leben Anwalt gewesen, und er wusste immer noch, wie man komplizierte Dokumente las.

Als er das Datum sah, atmete er tief ein, was Nate nicht entging. Er lachte erneut und sagte: „Wir werden also Montagmorgen hierherkommen und dann sehen, wie lange du es wirklich ohne den Hut aushältst.“ Er grinste, als ob er etwas wusste, das Ted nicht wusste. Was natürlich definitiv möglich war.

Teds Leben hatte sich in den letzten Jahre sehr stark verändert, und einer dieser Schlüsselmomente war der Tag gewesen, an dem Nathaniel Mulbury im Gefängnis zu ihm gestoßen war. Sie waren schnell Freunde und Blutsbrüder geworden, hatten immer aufeinander Acht gegeben, und eine Gruppe von Männern gegründet, mit denen man sich nicht anlegte. Sie verursachten keine Probleme. Sie äußerten keine Drohungen. Ihre Mission war, Sicherheit und Schutz für alle in River Bay zu gewährleisten, und da es sich um eine Einrichtung mit niedriger Sicherheitsstufe handelte, sicherte ihre starke Präsenz jedem hier ein relativ einfaches Leben zu.

Das Leben in einem Gefängnis mit niedriger Sicherheitsstufe ähnelte auf vielen Arten einer Highschool. Es gab ein paar eingeschworene Cliquen, aber die meiste Zeit kam jeder mit jedem aus. Es gab nicht viel Drama und nur ein paar Streitereien, je nachdem, wer hier auf wen traf, und wie lange man sich schon kannte.

„Montag?“ Ted sah auf und versuchte, sich daran zu erinnern, welcher Tag heute war. Es musste Freitag oder Samstag sein, weil das die Besuchstage waren. Es war definitiv kein Feiertag.

„Nur noch vier Tage, Kumpel“, sagte Nate und sah auf, als ein Wärter an ihrem Tisch vorbeiging. „Hallo, Percy.“

Der Wärter drehte sich überrascht um, und in seinem Gesicht zeigte sich ein breites Lächeln, als er Nate wiedererkannte. „Nate“, sagte er. „Wow.“ Er sah Ted an, als er seine Hand ausstreckte, um Nates zu schütteln. „Wie ist das Leben da draußen?“

„Echt toll“, sagte Nate. „Ich bin jetzt verlobt, und Connor lebt tatsächlich auch noch.“

Percy lachte, und auch Ted stimmte leise ein. „Wow, verlobt.“

Nate warf Ted, der das natürlich schon wusste, einen Blick zu. „Ja, ihr gehört die Ranch, wo ich meine Wiedereingliederung abgeleistet habe.“

„Und du gehst auch dahin, oder Ted?“, fragte Percy.

„Ich schätze schon“, sagte Ted, und war etwas genervt, weil Percy es vor ihm selbst gewusst hatte. Aber er wusste auch, dass die Dinge im Büro der Gefängnisse einfach so liefen. Der Gefangene war immer der Letzte, der von seinem Schicksal erfuhr. So schien es zumindest.

Die Klingel erklang und Nate stand auf. „Das gehört dir, Ted. Ich sehe dich am Montag.“

Ted stand auf und umarmte Nate noch einmal. Er erkannte, dass er nur noch drei Tage runterzählen musste. Er beobachtete Nate, als er mit den anderen Besuchern zum Ausgang ging, und plötzlich erfüllte ihn ein tiefes Gefühl von Dankbarkeit und Wertschätzung für den Mann.

Ted bekam nicht oft Besuch, da seine Familie hunderte Kilometer entfernt wohnte und keiner seiner Eltern die Fahrt noch bewältigen konnte. Sie schrieben sich aber immer noch E-Mails, und er telefonierte jede Woche mit seiner Mutter, auch wenn ihr Gespräch nur fünfzehn Minuten dauerte.

Er wartete in dem Besuchsraum, bis die Wärter sie gehen ließen. Er musste sich entscheiden, ob er an dem KFZ-Mechanik-Kurs am Nachmittag teilnehmen wollte. Wenn ja, würde es das letzte Mal sein, dass er daran teilnahm, und das hatte er heute Morgen wirklich noch nicht geahnt.

Er würde daher wohl hingehen, auch weil Dallas den Kurs leitete, und der Mann, der auch zu den Mulbury Jungs gehörte, nie irgendwohin ging, ohne dass ihm der Geruch nach Öl folgte. Er liebte es, den Kurs zu leiten, und er hatte sogar die Sondererlaubnis, auch dann in der Werkstatt zu arbeiten, wenn er keine Kurse gab. Das war das Schöne an einem Gefängnis mit niedriger Sicherheitsstufe.

Es gab aber natürlich auch viele Regeln, und Ted hatte sich ihnen zuerst widersetzt. Er war schon eine Weile in dem Bereich gewesen, bevor Nate aufgetaucht war. Seine Augen waren groß gewesen, und seine Hände hatten sich zu Fäusten geballt, als er den Bereich das erste Mal betreten hatte.

Ted erinnerte sich genau daran, wie es gewesen war, das Gefängnis das erste Mal zu betreten, und er und Nate hatten danach versucht, jedem Neuankömmling den Übergang so leicht wie möglich zu machen.

Da er erst in ein paar Stunden an einem Motor herumbasteln würde, und jetzt noch nicht nach draußen gehen wollte, ging er fürs Erste in den Schlafsaal zurück. Der Frühling hatte in Texas Einzug gehalten, und Ted fragte sich, wie die Luft auf der Ranch wohl riechen würde. Nate hatte ihm von den Bienen erzählt, die auf der Ranch gezüchtet wurden, und Ted schloss die Augen und konnte fast ihr Summen hören und den Honig schmecken.

Fast.

Ted hatte sein ganzes Leben mit dem Wort fastauf seiner Zunge gelebt. Die Tatsache, dass er fast ein Messer in dem Kampf genutzt hatte, in den er geraten war, und der ihn ins Gefängnis gebracht hatte, war das größte. Jap, das war ein ziemlich großes Fast.

„Ich habe Nate gehen sehen“, sagte ein Mann und Ted öffnete seine Augen. Slate Sanders stand vor ihm. Er war den Mulbury Jungs sofort beigetreten als er eingeliefert wurde  und er hatte die Gruppe perfekt ergänzt, weil er ein bisschen älter, ein bisschen weiser, und sehr gelassen war.

„Jap“, sagte Ted. „Er kam, um mich zu besuchen. Ich gehe zur Ewigen Hoffnung.“

Ein Lächeln formte sich auf Slates Gesicht, obwohl Ted auch das Verlangen und die Sehnsucht in seinen Augen sehen konnte. Da er aber nur eine Strafe von dreißig Monaten erhalten hatte, würde er in zehn Monaten sowieso draußen sein. Er könnte auch im Camp sein, aber er blieb lieber hier, weil es hier so viele Möglichkeiten gab. Für die meisten Leute bestand der Vorteil in der medizinischen Versorgung und den unendlich vielen Kursen und Möglichkeiten, etwas zu lernen.

Slate würde sich eine neue Arbeit suchen müssen, wenn er das Gefängnis verließ, und er wollte seine Chance nutzen, so viele Kurse wie möglich zu absolvieren, um etwas zu finden, das er nach seiner Haftstrafe draußen tun können würde.

Er kam auch aus dem Finanzsektor, wie Nate, aber Slate war ein Aktienmakler in Dallas gewesen, und Nate ein Investmentbanker in Houston.

Dallas war vorher Chirurg gewesen, und hatte gerne am Wochenende Motoren auseinandergenommen. Hinter Gittern hatte er seine mechanischen Fähigkeiten weiter ausgebaut. „Das ist großartig“, sagte Slate.

„Ja“, stimmte Ted zu. Er hatte wirklich keine Ahnung, ob die Ranch großartig war, oder nicht. Nate tat so, als wäre sie es, aber Ted hatte so viel Zeit im Gefängnis verbracht, dass er sich irgendwie daran gewöhnt hatte, dass man für ihn entschied, wie sein Tag laufen, welche Mahlzeiten er essen, und welche Kleider er tragen würde. Er konnte sich kaum an sein Leben ohne Gitter erinnern, und er fühlte sich plötzlich sehr nervös. „Ich sehe dich später“, sagte Slate, und ging so schnell, wie er gekommen war. Ted seufzte und schloss seine Augen wieder, während Bilder durch seine Gedanken zogen. Er war nicht sicher, ob es Erinnerungen oder Einbildungen waren, weil er hier viel Zeit hatte, um tagzuträumen. Tatsache war: Ted konnte kaum zwischen dem, was real war und dem, was es nicht war, unterscheiden. Er konnte kaum einen Unterschied ausmachen, wie sein Leben wirklich gewesen war, bevor er ins River Bay gekommen war, und wie er es sich einfach gewünscht hatte.

Drei weitere Tage sagte er zu sich selbst.

Und dann waren es nur noch zwei Tage. Dann einer.

Am Montagmorgen hatte Ted schon alles gepackt und war bereit, zu gehen, bevor die Sonne überhaupt aufgegangen war. Die Türen zum Schlafsaal öffneten sich immer um fünf Uhr morgens für die Auszählung, aber dieses Mal trat stattdessen Gregory Fellows ein.

„Bereit, Ted?“ Der Bereichsmanager lächelte, aber Ted wusste nicht ganz, ob er es erwidern sollte.

Er sah die Männer an, die er zurücklassen würde. Er hatte sich schon von allen verabschiedet, und er traf erst Dallas Blick, dann Slates und dann Lukes.

„Ja“, sagte er, und schulterte die Tasche, die all seine weltlichen Besitztümer enthielt. Er würde sie überreichen müssen, wenn er ging, damit sie sie durchsuchen konnten. Das machte ihm nichts aus. Er hatte nichts zu verbergen. All seine Geheimnisse, all seine dreckige Wäsche, war bereits offengelegt worden, und Ted hatte es tatsächlich überlebt.

Gestärkt von diesem Gedanken folgte er Greg aus dem Schlafsaal, während die Männer, die seinen Schlaf- und Lebensort geteilt hatten, ihm zujubelten und für ihn klatschten.

Draußen im Flur jubelte und applaudierte keiner, aber Ted nutzte die Energie, die die anderen Insassen ihm gegeben hatten. Jeder Schritt brachte ihn weiter von dem Schlafsaal weg, und sein Herz schlug schneller, als er mit den Wärtern nach draußen ging. Sie legten ihm ein Paar Handschellen an, bevor sie mit ihm die Treppen zu dem Pfad zwischen den Gebäuden heruntergingen.

Ted hasste das Klirren der Fesseln, hielt aber dennoch still, als der Bereichsbeamte sie um seine Knöchel legte. Als sie ihm alle Fesseln angelegt hatten, ging er die Treppe hinunter und auf den Pfad, während er sich wunderte, wer hinter der Tür auf ihn wartete. Der Direktor? Nate und Ginger, eine Frau, die er noch nie im echten Leben getroffen hatte? Sein Anwalt?

Greg öffnete die Tür mit einer Schlüsselkarte, und Ted trat ein paar Schritte zurück, damit die Beamten zuerst hineingehen konnten, bevor er ihnen folgte. Sein Anwalt stand dort. Er nahm Teds Tasche und gab sie ein paar Beamten, die mit Handschuhen an ihren Händen den Reißverschluss öffneten. Ted versuchte, deswegen nicht angespannt zu sein, und das war er tatsächlich auch nicht.

Das Gefängnis hatte ihm alle Wut genommen. Dann schüttelte Jarrell Rose seine Hand, und Ted verspürte zum ersten Mal beim Anblick seines Anwalts keinen Hass. Als er festgenommen worden war, hatte er gedacht, dass sein Anwalt ihm helfen konnte. Schließlich war Ted selbst in seinem früheren Leben ein Anwalt gewesen. Er hatte gedacht, dass es sein Job war, Leuten zu helfen.

Aber Ted hatte während seines Prozesses und seiner anschließenden Inhaftierung einige Lektionen lernen müssen, und in diesem Zuge seinen Glauben an Anwälte fast komplett verloren.

Der Direktor trat in den Raum, und der ganze Papierkram wurde nochmal geprüft. Ted hatte in den Jahren gelernt, geduldig zu sein und sehr ruhig zu bleiben. Er hatte sich eine Maske angeeignet, hinter der er all seine Emotionen verbergen konnte, wenn er es wollte.  In seinem Inneren jedoch verlangte alles in ihm danach, dass jemand etwas sagte, oder tat.

Endlich sah Direktor Dickerson auf und sagte: „Alles klar, Jungs. Er ist so weit.“ Der Direktor führte ein strenges Regiment, und pflegte keine persönlichen Verbindungen zu den Insassen. Ted hatte ihn nie etwas anderes tragen sehen, als einen Anzug und eine Krawatte, genauso wie er es jetzt auch tat, obwohl es noch früh an einem Montagmorgen war.

Ted stand still, während sie die Fesseln lösten, und einer der Beamten gab ihm seine Tasche. „Ihre Kleidung“, sagte der Mann und Ted sah zu, wie sie alle den Raum verließen. 

Er zog sich schnell um, um endlich das Gefängnisblau und Orange loszuwerden. Er wollte es nie wiedersehen. Die Kleider in der Tasche waren die, die er getragen hatte, als er eingeliefert      wurde, und sie schienen nicht mehr richtig zu passen. Die Ärmel des Hemds passten ihm nicht, und er fühlte sich wie ein übergroßer Mann, der versuchte, Kinderkleidung anzuziehen.

Niemand kam, um ihn zu holen, und Ted war nicht sicher, ob er einfach rausgehen sollte.

Zum Glück klopfte Jarrell genau in diesem Moment an. Er kam wieder in den Raum, nahm Ted am Ellenbogen und ging mit ihm aus dem Büro, durch den Flur und direkt aus dem Gebäude. Ein großer, schwarzer Pick-up wartete in der Zufahrt, und das frühe Morgenlicht glitzerte auf dem Chrom. Jarrell ging darauf zu, und reichte der Person, die drinnen saß, den dicken Stapel Papierkram.

Nate stieg auf der Beifahrerseite aus und nahm die Akte mit den Worten: „Danke, Jarrell“, entgegen. Sein Blick fiel auf Ted, und ein Lächeln erhellte sein Gesicht. „Bist du bereit?“

Ted schätzte, dass er das wohl sein musste und nickte. Er entspannte sich, als Nate ihn wieder umarmte. Er stieg in den Pick-up, nachdem Nate in die Mitte gerutscht war, und Jarrell versprach ihm, ihn in ein paar Wochen anzurufen.

„Ted“, sagte Nate. „Meine Verlobte, Ginger Talbot.“ Er sah von Ted zu Ginger. „Ginger, das ist Ted Burrows, mein bester Freund.“

 „Schön, dich kennenzulernen“, sagte Ginger, und schenkte ihm auch ein echt nettes Lächeln, als ob sie es wirklich so meinte.

„Gleichfalls“, sagte Ted, weil man ihm schließlich Manieren beigebracht hatte. Er war immerhin Texaner. Er ließ sich in den bequemen Sitz sinken, und Nate sagte, dass sie eine dreieinhalbstündige Fahrt vor sich hatten.

„Und wir haben dir neue Kleidung gekauft“, sagte er. „Das Hemd sieht etwas klein aus.“

Ted war seine schlecht sitzende Kleidung und die lange Fahrzeit völlig egal; er hatte River Bay endlich verlassen, und als Ginger durch die Straßen und schließlich auf die Autobahn fuhr, neben der links das Wasser lag, konnte Ted nur aus dem Fenster starren.

Nate versuchte zum Glück nicht, Ted in ein Gespräch zu verwickeln, da Ted sich fühlte, als wäre er gar nicht mehr in seinem Körper. Der Himmel war so blau. Das Wasser war so schön. Das Sonnenlicht war so hell.

Schließlich erreichten sie die Stadt Sweet Water Falls und Ted dachte, dass selbst der Name zu schön war, um wahr zu sein.

Dann fuhr Ginger auf den Feldweg, der zur Ranch führte. Die Einweisungen begannen in diesem Moment, und er lernte, wo er leben würde, wo die Frauen auf der Ranch wohnten, und wann er sich mit Ginger treffen würde.

Sie fuhr in eine Garage mit drei Toren, die es ihr ermöglichten, direkt auf einen der drei Stellplätze zu fahren, die das Wohnhaus der Frauen – den Westflügel – von dem Wohnhaus der Männer – dem Anbau – trennten.

„Dein Zimmer ist direkt neben meinem“, sagte Nate. „Und Connors. Wir teilen uns ein Badezimmer.“

Ted schien die Fähigkeit zu sprechen, verloren zu haben, daher murmelte er nur seine Zustimmung. Er hatte Connor bereits getroffen, weil Nates Bruder ihn früher zu seinen Besuchen mitgebracht hatte.

„Emma wird das Mittagessen schon fertig haben“, sagte Ginger und öffnete die Tür. „Hast du Hunger, Ted?“

Er sah sie an und nickte. „Ich hatte kein Frühstück.“

„Wir hätten anhalten sollen“, sagte Nate. „Warum hast du nichts gesagt?“

„Es geht mir gut”, sagte Ted, obwohl er mürrisch wurde, wenn er nicht genug aß. Sein Magen knurrte, obwohl er eigentlich dachte, dass er besser nichts essen sollte, weil er nervös war und sein Magen nicht wissen würde, wie er das Essen verdauen sollte, das er ihm zuführte.

„Lasst uns etwas essen gehen.“ Nate stieg auf der Fahrerseite aus, und Ted schaffte es endlich, sich zu bewegen. Ginger war in das Haus vor ihnen gegangen, und Nate sah Ted an. „Es wird ein wenig überwältigend sein. Aber der Ort hier ist toll, das schwöre ich, und du wirst genau dasselbe hier machen, was du auch in River Bay gemacht hast.“

„Und das wäre?“

„Einen Tag nach dem anderen anpacken.“ Nate schenkte ihm ein weiteres Lächeln und sagte: „Okay, du wirst ein paar Leute auf einmal kennenlernen. Versuch nicht, dir all ihre Namen gleich zu merken. Du musst nur Gingers kennen.“

„Ginger“, wiederholte Ted. „Verstanden.“ Er vergaß nie ein Gesicht, aber Namen vergaß er gelegentlich schonmal.

Nate stieg ein paar Stufen empor und öffnete die Tür, während Ted ihm folgte. Er war ein wenig verwirrt, dass seine Schritte nicht von dem Klirren von Fesseln begleitet wurden. Genauso wie er sich an das Leben in River Bay hatte gewöhnen müssen, würde er herausfinden müssen, wie er sich an das Leben auf der Ranch Ewige Hoffnung gewöhnen konnte.

„Alles klar, Leute“, sagte Ginger über das Geplapper einiger Leute drinnen, die miteinander redeten. Ted sah ein paar weitere Männer mit Cowboyhüten. Und Frauen, die Cowgirlhüte trugen. Eine mit einer Schürze. Und alle sahen froh und glücklich aus, fast als ob sie glühten.

Ted fühlte sich komplett fehl am Platz und er wünschte, er hätte Ginger gebeten, kurz zu warten, damit er sich umziehen konnte. Er stand halb hinter Nate, als Ginger fortfuhr: „Das ist Ted Burrows, unser neuer Cowboy. Ich erwarte, dass alle ihn auf der Ranch Ewige Hoffnung willkommen heißen, wie wir es immer machen.“

Er fragte sich, wie sie es immer machten, und Nate sah ihn mit fragenden Augen an.

„Ich muss mich umziehen“, zischte Ted und Verständnis leuchtete in Nates Gesicht auf.

„Emma hat deine Kleider.“ Er deutete auf eine Brünette, die mit dem größten Lächeln auf ihren Lippen zu ihm kam. „Ted, das ist Emma Clemson.“

Ted blinzelte sie an, weil er ihr Gesicht erkannte, und ihr Name etwas in seinem Unterbewusstsein erweckte. Er kannte diese Frau. Er kannte das schmale Gesicht mit dem leicht spitzen Kinn. Er kannte die dunklen Augen mit den langen Wimpern. Er kannte ihre schmalen Schultern, und die hohen Wangenknochen und das dunkle Haar, das auf der rechten Seite gescheitelt war und glatt über ihre Schultern fiel.

Seine Augen sahen sie eindringlicher an, weil sie nicht ganz wie die Frau aussah, die er schon mal gesehen hatte. Sie trug zum einen viel Make-up, und Ted war sich sicher, dass sie das in der Vergangenheit nicht getan hatte. Er hatte die Dinge aus seiner Vergangenheit allerdings in Schubladen gesteckt, und war sich daher nicht mehr wirklich sicher, was er wusste und was er nicht wusste.

Emma lächelte ihn an und alles in Teds Welt schien heller und schöner zu werden. Sie hatte ein wunderbares Lächeln, mit geraden, weißen Zähnen und einem inneren Licht, das aus ihren dunklen Augen schien. Sie trug ein ärmelloses, lila Shirt zu einem Paar Jeans und sagte: „Ich zeige dir, wo du dich umziehen kannst.“

Ihre Stimme kam ihm nicht bekannt vor, und er fragte sich, ob sie mal eine Klientin seiner Kanzlei gewesen war. Oder ob sie eine Zeugin gewesen war, die er nicht selbst interviewt hatte. Irgendwas … Irgendwas regte sich in seinem Bewusstsein, und er wusste, dass es irgendwie mit seinem alten Job zusammenhing.

Er folgte Emma, während eine andere Frau allen erklärte, was es alles zum Essen gab. Emma führte ihn aus dem Getümmel heraus, und Erleichterung machte sich in Ted breit. Er wollte wirklich von der Menge weg. Er hatte zu lange mit Dutzenden von anderen Menschen auf engem Raum gelebt, und wollte einfach nur mal allein sein.

„Das ist für dich“, sagte sie, und gab ihm einen offensichtlich brandneuen Rucksack.

Ted nahm ihn, zögerte jedoch. „Sind wir uns schon mal begegnet?“

Ein Schatten legte sich kurz über ihr Gesicht, aber ihr Lächeln blieb genau da, wo es war. „Ich glaube nicht.“

„Natürlich nicht“, sagte er und fühlte sich dumm, weil er gefragt hatte. Aber er hatte ihr Gesicht definitiv schon einmal gesehen. Zumindest glaubte er das. „Danke.“

Er eilte ins Bad, schloss die Tür und verriegelte sie hinter sich. Und endlich war es still.

KAPITELZWEI

Emma Clemson starrte auf die geschlossene Badezimmertür, und ihr Herz schlug wie wild in ihrer Brust. Sie hätte Ted Burrows nicht von jedem anderen Mann unterscheiden können, der ihr auf den Straßen von Sweet Water Falls begegnete. Er hätte einer der Touristen sein können, die zur Ranch Ewige Hoffnung kamen, um an der jährlichen Wildschweinjagd teilzunehmen, oder in den Vogelwarten saßen, in der Hoffnung, einen Blick auf die seltensten Vögel der texanischen Küste zu erhaschen.

„Er weiß nicht, wer du bist“, hatte sie sich selbst mindestens ein halbes Dutzend Mal zugeflüstert, obwohl er mit dieser einen Frage ein halbes Dutzend Türen geöffnet hatte.

Sind wir uns schon mal begegnet?

Emma hatte sich schon lange nicht mehr mit jemandem befassen müssen, der dachte, dass er sie kannte. Das Leben auf der Ranch Ewige Hoffnung war friedlich und einfach geworden. Ihr Leben war ganz normal, und sie lebte weit weg von jedem, der jemanden aus ihrer Vergangenheit kennen könnte.

Ted war nicht der erste Gefangene, den Ginger über das Wiedereingliederungsprogramm auf die Ranch gebracht hatte. Er war nicht einmal der Zweite. Emma hatte sich wirklich noch nie Sorgen darum gemacht, dass jemand, der aus einem Gefängnis mit niedriger Sicherheitsstufe kam, sie kennen oder wiedererkennen könnte.

Schließlich war die Verbrecherbande Knight in ein Gefängnis mit maximaler Sicherheitsstufe eingewiesen worden, und die meisten von ihnen sogar in Einzelhaft oder in den Todestrakt. Ted konnte keinem von ihnen begegnet sein.

Zum Glück war Emma es auch nicht. Zumindest nicht in den letzten zehn Jahren, seit sie ihren Beruf als Lehrerin an den Nagel gehängt und hier die Buchhaltung übernommen hatte, die Cowboys bezahlte und Schulausflüge nur noch organisierte – für die Ranch Ewige Hoffnung.

Früher war sie mit ihren Schülern hierhergekommen, um die Aktivitäten des Monarchfalters auf der Ranch zu studieren. Jetzt organisierte sie die Kurse, rief die Lehrer an, buchte die Busse und stellte sicher, dass alle eine tolle Zeit erlebten.

Niemand hatte sie jemals mit einem solchen Interesse in seinen Augen angesehen, und Emma hatte Ted auch noch gut aussehend und mysteriös gefunden, als er halb hinter Nate gestanden hatte. 

Sie drehte sich von der Tür weg und ging durch den Flur. Auch wenn Ted gut aussehend und mysteriös war – und das war er wirklich -, würde sie sich auf keinen Fall auf ihn einlassen. Das durfte sie nicht, und sie wusste es.

Sie konnte seine Gehaltszahlungen vornehmen und sicherstellen, dass das Geld auf das richtige Konto überwiesen wurde. Sie konnte ihm schreiben, wenn er sich mit Ginger treffen musste, weil sie auch das für ihre beste Freundin managte. Sie konnte seine Anwesenheit bei den gemeinsamen Mittag- und Abendessen auf der Ranch ertragen. Sie musste sich nicht mit ihm anfreunden, und sie musste ihm auch nichts erklären.

Zufrieden mit ihrem Entschluss, der wirklich, wirklich stark war, ging Emma zur Party zurück, und setzte wieder ihr fröhliches Lächeln auf. Sie sagte sich, dass sie alleine besser dran war, und dass sie im letzten Jahrzehnt auch gut damit gefahren war. 

Sie hatte niemanden in der ganzen Zeit gedatet, und niemand auf der Ranch fand das merkwürdig. Ewige Hoffnung war wirklich der beste Ort für Emma, weil sie alle Hoffnung brauchte, die sie bekommen konnte. Vielleicht konnte sie in einem Jahrzehnt, wenn ihre Tochter erwachsen war, darüber nachdenken, nochmal einen Mann in ihr Leben zu lassen.

Bis dahin hatte sie einfach zu viele Geheimnisse, die sie mit niemandem teilen wollte, auch nicht mit einem Partner.

Teds Augen, so intensiv und dunkel und voller Fragen, kamen ihr in den Kopf. Er hatte alles von ihr wissen wollen, und sie hatte sich dabei ertappt, es ihm erzählen zu wollen. 

Das würde sie aber nicht. Emma hatte nicht einmal Ginger von ihrer Tochter erzählt, und sie kannte die andere Frau seit dreizehn Jahren. Sie lebte seit zehn Jahren auf der Ranch, und ihre Tochter würde diesen Winter elf Jahre alt werden.

Einen Monat später würde Emmas elftes Jahr auf Ewige Hoffnung gefeiert werden. Ihre Gedanken wanderten wie von selbst zu dem Moment vor elf Jahren zurück, und zu dem Gefühl, wie schwer es ihr gefallen war, Missy zum ersten Mal zurückzulassen. Selbst jetzt, wenn sie sie an den Wochenenden besuchte, weinte Emma manchmal den ganzen Weg zurück zur Ranch, obwohl es Missy gut ging und sie aufblühte. 

Du hast getan, was du tun musstest, sagte sie zu sich selbst, als jemand ihren Namen sagte.

Sie wandte sich zu Jessica Morales, einer weiteren Frau, die im Westflügel zusammen mit Emma und Ginger lebte. „Oder?“, fragte Jess.

Emma hatte die Frage überhaupt nicht mitbekommen, und sie warf einen Blick zu Nick und Spencer, die beide Cowboys auf der Ranch waren, und die sie erwartungsvoll ansahen. „Es tut mir leid. Ich habe gerade nicht zugehört.“ Ihr Puls raste. Wussten sie von ihrer Tochter?

„Ich habe gesagt, der Dip besteht aus vielen Milchprodukten“, sagte Jess und Emmas Magen hörte auf, sich zu drehen. „Oder? Nick hat gesagt, er glaubt, er sei laktoseintolerant, aber er stürzt sich auf den Dip, als ob er nur aus Gemüse bestünde.“ Sie grinste den jungen Cowboy an, und Emma lachte jetzt auch.

Das Geräusch erfüllte den Raum mit Glück, obwohl Emma nichts davon in sich verspürte. Sie hatte so hart und so lange daran gearbeitet, ihre dunkle Vergangenheit zu verbergen, dass es jetzt einfach natürlich für sie war, so zu tun, als sei sie glücklich.

Niemand, der sie kannte, würde je auf die Idee kommen, dass sie eine zehn Jahre alte Tochter hatte, die sie vor einem Verbrecherboss versteckte. Und nicht nur das, Robert Knight war auch der Vater einer ihrer Grundschüler vor elf Jahren gewesen.

Sie hätte ihren Job verloren, wenn jemand von ihrer Beziehung und die daraus resultierende Schwangerschaft erfahren hätte. Stattdessen hatte sie gekündigt, das Baby auf die Welt gebracht, ohne dass es jemand wusste, und Missy dann bei einem Paar in San Antonio gelassen.

„Ganz viele Milchprodukte“, stimmte sie zu. „Saure Sahne, Milch, Mayonnaise.“ Sie wusste gar nicht, ob Mayo als Milchprodukt gezählt wurde. Sie wurde aus Eiern gemacht, also wahrscheinlich nicht. Dennoch war der Dill-Dip definitiv nicht laktosefrei.

Nick nahm sich noch etwas mehr mit seinem Sellerie. „Ich gehe das Risiko ein.“ Er grinste und biss von dem Sellerie mit dem Dip ab, woraufhin Spencer nur seinen Kopf schüttelte.

„Du bist einfach süchtig nach Dill“, neckte Jess Nick, und er zuckte mit den Achseln, weil er es nicht verneinen konnte. Spencer sagte etwas über Jess‘ Haselnusssucht, und sie lachten wieder. 

Jess aß fast jeden Morgen ein Nutella-Banane-Sandwich zum Frühstück und erklärte, dass schließlich Obst drin war, und dass es fast das Gleiche war, als hätte man nur Toast zum Kaffee.

Sie war groß und schlank, weil sie jeden Tag zwanzigtausend Schritte ging, während Emma die meiste Zeit ihrer Arbeitsstunden an einem Schreibtisch verbrachte. Sie arbeitete morgens und abends in den Ställen, weil sie die jungen Fohlen fütterte, die erst vor ein paar Wochen geboren worden waren. Aber ansonsten konnte Emma Stunden verbringen, ohne einen einzigen Schritt zu machen, wenn sie keine Smartwatch tragen würde. Deswegen aß Emma auch kein Frühstück. Ihr Intervallfasten legte das Mittagessen als erste Mahlzeit fest, und sie vertraute darauf, dass das Fasten ihr Gewicht in Schach hielt.

Ted kam aus dem Flur, und er sah in dem neuen Paar Bluejeans und dem weißen Poloshirt mit blauen und grünen Streifen viel entspannter aus. Sie starrte ihn an, weil sie gar nicht anders konnte. 

Zum Glück war sie nicht die einzige. Spencer hörte auf, mit Jess zu flirten, und sie beobachteten beide, wie er zu Ginger und Nate ging und etwas zu ihnen sagte.

Nate grinste, und klopfte dem gleich großen Mann auf die Schulter. Dann drehte er sich um und hob einen schwarzen Cowboyhut auf, den er Ted mit hochgezogenen Augenbrauen überreichte.

Ted sah zweifelnd drein, aber nachdem Nate ein paar Sekunden später etwas sagte, das Emma nicht hören konnte, nahm Ted den Hut und setzte ihn auf seinen Kopf.

Sie hielt den Atem an, weil der Cowboyhut ihn nur noch attraktiver machte. Ihr Blut kochte bis zu einem Punkt, wo sie fühlen konnte, wie es ihr Inneres verbrannte und sie furchtbar rot wurde, und sie senkte schnell den Kopf und steckte sich die Haare hinter die Ohren, als Ted ihr zunickte.

Ginger rief Jess etwas zu, und diese sagte: „Ich muss los. Ich wusste, dass sie es mir übertragen würde.“

„Du machst das schon“, sagte Spencer und Nick ging ebenfalls mit Jess, da Ginger ihn gerade auch der Arbeit mit den Pferden zugeteilt hatte.

---ENDE DER LESEPROBE---