Eine kleine Gartenphilosophie - Lorenza Zambon - E-Book

Eine kleine Gartenphilosophie E-Book

Lorenza Zambon

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  • Herausgeber: Mosaik
  • Kategorie: Lebensstil
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2017
Beschreibung

Von der Freude am Wachsen

Die Lektionen dieses ganz und gar außergewöhnlichen Gartenbuchs beginnen in kaum mehr als einer Handvoll Erde, um sich nach und nach dem globalen Maßstab zu nähern. Lorenza Zambon erzählt voller Neugier und mit ansteckender Freude von großen Meistergärtnern, unbeirrbaren Baumpflanzern, wiederbelebten Blumenbeeten und dem vermeintlichen "Unkraut" im Asphalt der Städte. Denn um ein Gärtner zu werden, muss man nicht notwendigerweise auch einen Garten besitzen. Man muss sich bloß umsehen, ein kleiner Flecken Grün reicht schon aus.

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Seitenzahl: 92

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Buch

Die Lektionen dieses ganz und gar außergewöhnlichen Gartenbuchs beginnen in kaum mehr als einer Handvoll Erde, um sich nach und nach dem globalen Maßstab zu nähern. Lorenza Zambon erzählt voller Neugier und mit ansteckender Freude von großen Meistergärtnern, unbeirrbaren Baumpflanzern, wiederbelebten Blumenbeeten und dem vermeintlichen »Unkraut« im Asphalt der Städte. Denn um ein Gärtner zu werden, muss man nicht notwendigerweise auch einen Garten besitzen. Man muss sich bloß umsehen, ein kleiner Flecken Grün reicht schon aus.

Autorin

Lorenza Zambon ist leidenschaftliche Gärtnerin, Regisseurin und Gründerin des interdisziplinären Kulturzentrums »Casa degli Alfieri« in in der Nähe von Turin. Sie gilt als eine der interessantesten Stimmen der Umweltbewegung in Italien.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Deutsche Erstausgabe April 2017

Copyright © 2017 Wilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

© 2014 der Originalausgabe: Adriano Salani Editore s.u.r.l. – Milano

Originaltitel: Lezioni di giardinaggio planetario

Originalverlag: Ponte alle Grazie, Milano

Illustrationen: shutterstock/Olga Korneeva

Umschlag: *zeichenpool, München

Umschlaghintergrund: shutterstock/cluckva

Umschlagmotiv: shutterstock/Olga Korneeva

Redaktion: Jacob Thomas

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

JT ∙ Herstellung: CB

ISBN 978-3-641-19136-8V002

www.mosaik-verlag.de

Für Pia und Carlo

Inhalt

Erste Lektion: Gärtnern für anonyme Revolutionäre

Methode Nummer eins: Der Steckling

Methode Nummer zwei: Das Umtopfen

Methode Nummer drei: Die Aussaat

Methode Nummer vier: Das Setzen

Zweite Lektion: Gärtnern für planetarische Gärtner

Die Erde · Der planetarische Garten ·  Die Dritte Landschaft

Dritte Lektion: Die Samen der Zukunft

Die Wiese · Ein schlafender Schatz · Blütenteppiche auf Trümmern · Betonblüten · Tragbare Gärten · Gärtnern in der Stadt · Guerilla Gardening · Befreite Samen · Die Aufgabe an den Gärtner in uns

Erste LektionGärtnern für anonyme Revolutionäre

In diesem Kapitel stellen wir vier Methoden vor, wie man sich Pflanzen beschafft, und illustrieren diese unter anderem am Beispiel einer Mutter, eines berühmten Schriftstellers und eines Mannes, der einen ganzen Wald gepflanzt hat. Es geht um nicht immer ganz legale Aktionen, um lebenslanges Engagement und um die spontane Entscheidung für revolutionäre Gartenarbeit.

Willkommen! Willkommen zu dieser Einführung in die Grundlagen des Gärtnerns.

Wir beginnen mit einigen ganz einfachen Methoden der Pflanzenvermehrung. Zuallererst aber möchte ich eines klären: Ich hege den Verdacht, dass einige unter euch das Gärtnern im Grunde für etwas Todlangweiliges halten, etwas für ältere Damen oder englische Ladys, für Spießer oder reiche Leute, die sich einen Gärtner leisten können. All diese aufgeblasenen Gartenausstellungen und diese Hochglanzzeitschriften über Gartenlust und Blütenparadiese … Wie kann man bloß so viel Zeit verplempern mit diesem Blödsinn?

Stimmt alles, trotzdem bin ich der Meinung, dass Gärtnern nicht gleich Gärtnern, vor allem aber Gärtner/in nicht gleich Gärtner/in ist. Das will ich euch anhand einiger grundlegender Methoden der Pflanzenvermehrung beweisen und dazu jeweils das Beispiel und die Einsichten einiger – etwas ungewöhnlicher – Gärtner/innen anführen.

Vermehrung von Pflanzen also, das heißt für uns: Wie beschaffen wir uns Pflanzen?

Methode Nummer eins: Der Steckling

Stecklinge benutzt man zum Beispiel dann, wenn man von einer Pflanze, die einem gefällt, einen Ableger haben will. Man nimmt die Spitze eines möglichst jungen und kräftigen Zweigleins, das man genau unterhalb eines Knotens abschneidet (der Knoten ist die etwas dickere Stelle am Ansatz des Zweigleins). Man entfernt die unteren Blätter, damit sie nicht die Feuchtigkeit verbrauchen, füllt einen Blumentopf mit lockerer Blumenerde (besser halb Sand, halb Erde) und macht in die Mitte ein kleines Loch, aber auf keinen Fall mit dem Steckling selbst, denn der könnte dabei Schaden nehmen, und dann wäre es das schon gewesen mit dem Ableger. Besser bohrt man das Loch mit einem Stäbchen oder einem Bleistift, senkt den Steckling tief hinein, lässt die oberen Blätter aber draußen und drückt die Erde fest an. Jetzt wird er noch etwas begossen, ins Freie in den Schatten gestellt und immer schön feucht gehalten, ohne dabei die Blätter zu benetzen. Dann muss man abwarten. Wenn sich neue Blätter bilden, heißt das, dass der Steckling Wurzeln geschlagen hat. Wenn nicht, geht er ein … und das merkt ihr ganz schnell.

Die Pflanzendiebin

Meine Mutter war keine feine Dame, sondern eine »sioretta«, wie man in Venetien sagt, eine »sioretta« der Vorstadt. Für Pflanzen gab sie kein Geld aus – wo kämen wir denn da hin! –, bestenfalls kaufte sie ein paar Geranien für den Balkon auf dem Markt. Nein, meine Mutter hat ihre Pflanzen einfach gestohlen. Ich erinnere mich noch genau, wie sie mich damit in Angst und Schrecken versetzte. Wenn sie durch unser Viertel zum Einkaufen oder in die Messe ging, trug sie immer einen Mantel, die Haare waren in exakten dauergewellten Locken um den Kopf herum drapiert, wie es damals Mode war, und darüber thronte ein Hut – nicht wirklich ein Hut, sondern eine dieser von Modistinnen ausgetüftelten Kreationen, die das Gesicht sanft umschmeicheln. In der einen Hand hielt sie die Einkaufstasche, an der anderen mich. Mehr Wohlanständigkeit geht kaum. Und doch strich sie immer besonders nah an den Gittertoren der Einfamilienhäuser und den Vorgärten der Mietshäuser entlang, um ganz unauffällig Pflanzen auszuspionieren, die sie interessierten. Hatte sie etwas erspäht, ging sie darauf zu und brach mit den festen, stets perfekt lackierten Nägeln von Daumen und Zeigefinger – zack – ein Zweiglein ab, das sofort in der Tasche verschwand. Ich schämte mich zu Tode. »Die Leute sehen dich doch, Mama!« Sie aber war nicht zu bremsen. Manchmal benutzte sie sogar mich, um an ihr Ziel zu gelangen: »Komm setz dich hier auf das Mäuerchen, damit ich dir die Sandalen zumachen kann.« Sie tat dann so, als nestelte sie an meinen Schuhen, und dabei wanderte das nächste Diebesgut – zack, zack – ab in die Tasche. Manchmal, wenn ein Gartentor offen stand, betrat sie sogar fremde Grundstücke. Und ich weiß noch, einmal habe ich mich sogar richtig geekelt, weil sie auf ihr weißes Stofftaschentuch gespuckt (ja, gespuckt!) hat, um den »Trieb«, wie sie ihre Beute nannte, darin verschwinden zu lassen … Wenn es ihr doch einmal nicht gelang, den »Trieb« zu stehlen, ging sie sogar so weit, wildfremde Menschen in den Gärten anzusprechen und um ein Zweiglein zu bitten! Einzig bei diesen Gelegenheiten machte sie dann das Gesicht eines reizenden kleinen Mädchens und fragte mit unschuldigem Augenaufschlag: »Entschuldigen Sie bitte, könnten Sie mir nicht einen Trieb von dieser Pflanze geben? Sie gefällt mir so gut.« Und die Angesprochenen antworteten stets: »Aber natürlich, gnädige Frau, sehr gerne.« Da wurde sie gleich wieder herrisch wie immer und betrat mit den Worten »Das mache ich lieber selbst« den Garten. Zu Hause dann steckte sie ihre Trophäe mit einem zufriedenen »Wenn’s klappt, klappt’s« in den Blumentopf.

Ach, hätte ich damals doch meine Zeit nicht damit vertan, mich für meine Mutter zu schämen und mit hochrotem Kopf auf meine Schuhe zu starren, und stattdessen genau aufgepasst, wie sie es gemacht hat … Denn bei ihren Trieben klappte es immer, bei allen! Unsere Terrasse und der Garten unseres Hauses quollen über von Pflanzen aller Farben und Formen. Bei mir ist das leider nicht so, und ich bin mir ganz sicher: Sie wusste etwas, was ich nicht weiß …

Methode Nummer zwei: Das Umtopfen

Man topft eine Pflanze, zum Beispiel unseren Steckling, um, wenn die Wurzeln den ganzen Blumentopf ausfüllen und nach mehr Platz verlangen, und außerdem immer dann, wenn man eine meist noch ganz junge Pflanze an die Stelle platzieren will, wo sie schließlich weiterwachsen soll.

Wenn die Pflanze bereits in einem Blumentopf steht, ist das mitunter ganz einfach. Man nimmt einfach einen größeren Topf, füllt ihn am Boden und am Rand mit Erde auf und drückt den Topfballen fest an, damit an den Wurzeln keine Hohlräume bleiben. Wenn es sich dagegen um eine Beetpflanze handelt, muss man vor allem beim Ausgraben der Pflanze sehr vorsichtig sein, denn die Wurzeln dürfen nicht beschädigt werden. Am besten sticht man mit einer Schaufel oder einem Spaten in einigem Abstand um die Pflanze herum und gräbt sie mit dem ganzen Wurzelballen aus. Der Ballen muss möglichst kompakt bleiben und sofort in lockere Erde eingebettet werden … Das alles macht man am besten während der Vegetationsruhe.

Der Meister des Umtopfens

Als einen Meister des Umtopfens möchte ich euch den Schriftsteller Mario Rigoni Stern vorstellen. Seit 1962 bis zu seinem Tod 2008 bewohnte er ein selbst gebautes Haus in dem Weiler Valgiardini im Hochtal von Asiago nördlich von Vicenza. Einst war das Land dort bestellt, aber als er 1962 dorthin kam, waren die winzigen Felder, auf denen die Bergbauern in ferner Vergangenheit mühsam Gerste und Kartoffeln gezogen hatten, schon längst von Gestrüpp überwuchert und von Steinen übersät. Der nahe Wald hatte sich immer noch nicht von den Verwüstungen des Ersten Weltkriegs erholt. Damals hatten die Österreicher unter den alten Bäumen eine Batterie von sechs 10-cm-Gebirgshaubitzen versteckt, doch im Frühjahr 1918 zerstörte schweres italienisches Geschütz sowohl die Haubitzen als auch die Bäume und Soldaten. In der Gegend heißt es, es sei auch Gas eingesetzt worden, und deshalb hätten sich die Bäume nicht mehr erholt, sondern seien ab einer gewissen Höhe eingegangen. Wenige Hundert Meter von seinem Haus entfernt fand Rigoni Stern noch die Reste der Unterstände, der Laufgräben und die Zeichen zahlloser Geschützeinschläge. Es war unendlich mühselig, das Terrain zu ebnen, den Stacheldrahtverhau und die abgestorbenen Baumstümpfe zu entfernen … Aus der frisch umgegrabenen Erde traten immer wieder Granatsplitter, Bleikugeln, Kartuschen und sogar Knochen zutage.

Im Herbst war der Boden endlich leer geräumt und bereit. Mit seinem Sohn machte sich Rigoni Stern auf die Suche nach Pflanzen, und sie brachten als ersten Baum, der bei dem Haus gepflanzt werden sollte, eine nur wenige Zentimeter große Kiefer mit, die es geschafft hatte, sich zwischen den Felsbrocken durchzuzwängen. Sie wiesen ihr ihren Wohnsitz zu und achteten besonders darauf, dass sie genauso zur Sonne ausgerichtet war wie an ihrem Geburtsort. Noch vor dem ersten Schneefall fanden sie einige Wochen später an einer Stelle, wo einst ein Gletscher gewesen war, zwei kleine Birken. Die Wurzeln polsterten sie zu Hause mit fruchtbarer Erde aus und pflanzten sie in der richtigen Entfernung zu der Kiefer ein. Schon jetzt malte sich Rigoni Stern aus, wie schön die hellen, schlanken Birken neben der dunklen, ausladenden Kiefer aussehen würden.