Epoxidharze - Michael Dornbusch - E-Book

Epoxidharze E-Book

Michael Dornbusch

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Beschreibung

Epoxidharze sind aufgrund ihrer hervorragenden Eigenschaften in der Beschichtungsindustrie verbreitet wie kaum eine Bindemittelklasse. In ihrem neuen Fachbuch erläutern die Autoren Dornbusch, Christ und Rasing die Grundlagen der Chemie der Epoxygruppe und vermitteln anhand konkreter Formulierungen den Einsatz der Epoxy- und Phenoxyharze in industriellen Beschichtungen - u.a. für Korrosionsschutz, Bodenbeschichtungen, Pulverlacke und Doseninnenbeschichtungen. "Epoxidharze" liefert einen qualifizierten Überblick zum Thema, der keine Fragen offen lässt!

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Michael Dornbusch

Ulrich Christ

Rob Rasing

Epoxidharze

Grundlagen und Anwendungen

Umschlagsbild: F. Schmidt – fotolia.com

Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Michael Dornbusch, Ulrich Christ, Rob Rasing

Epoxidharze: Grundlagen und Anwendungen

Hannover: Vincentz Network, 2015

FARBE UND LACK // BIBLIOTHEK

ISBN 3-86630-604-0

ISBN 978-3-86630-604-2

© 2015 Vincentz Network GmbH & Co. KG, Hannover

Vincentz Network, P.O. Box 6247, 30062 Hannover, Germany

Das Werk einschließlich seiner Einzelbeiträge aus Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urhebergesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar.

Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Gebrauchtnamen, Warenzeichen und Handelsnamen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass solche Namen ohne weiteres von jedermann benutzt werden dürfen. Vielmehr handelt es sich häufig um geschützte, eingetragene Warenzeichen.

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Tel. +49 511 9910-033, Fax +49 511 9910-029

E-mail: [email protected], www.farbeundlack.de

Satz: Danielsen Mediendesign, Hannover, Germany

ISBN 3-86630-604-0

ISBN 978-3-86630-604-2

eBook-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmundwww.readbox.net

FARBE UND LACK // BIBLIOTHEK

Michael Dornbusch

Ulrich Christ

Rob Rasing

Epoxidharze

Grundlagen und Anwendungen

Auf ein Wort

Kaum eine Bindemittelklasse ist soweit in der Beschichtungsindustrie verbreitet wie die Epoxidharze, so dass sich jeder, der sich mit Beschichtungen oder beschichteten Dingen beschäftigt, eine gute Übersicht über dieses Thema haben sollte.

Dieses Buch liefert das notwendige Wissen in dreierlei Hinsicht: Erstens wird die historische Entwicklung der Epoxidharze von der ersten Synthese im 19. Jahrhundert über die ersten Patente mit Epoxiden in Beschichtungen bis zur großtechnischen Herstellung von Epoxidharzen auf Bisphenol A-Basis kurz dargestellt. In diesem 1. Kapitel wird zudem eine eindeutige Nomenklatur auf Basis der gängigen DIN-Normen vorgeschlagen, um die Mehrdeutigkeit des Begriffes Epoxidharz in der Industrie zu beenden.

Zweitens enthält dieses Buch eine Zusammenstellung der chemischen Eigenschaften der Epoxygruppe (Oxiran-Gruppe) sowie die Polymere, die eine Epoxygruppe tragen und auch die Polymere, die aus diesen hergestellt werden (Phenoxy-Harze). Im Kapitel 2 wird zunächst die Chemie der Epoxygruppe vorgestellt, d.h. die Charakterisierung des Dreiringes und nachfolgend die Chemie, die mit dieser funktionellen Gruppe möglich ist und in der Industrie genutzt wird. Schließlich werden auf die Herstellung und Charakterisierung der Polymere mit und ohne Epoxygruppen sowie den möglichen Härtungsprozesse erläutert. Es wird eine umfassende Übersicht über alle Reaktionen der Epoxygruppe vorgestellt mit dem Focus auf Umsetzungen, die in oder für Beschichtungen relevant sind. Die Charakterisierung der Verbindungen wird einerseits mit modernen Methoden wie der NMR-, IR- oder auch NIR-Spektroskopie erklärt und zum anderen werden alle für Beschichtungen typischen Kennwerte aus der Industrie und den einschlägigen DIN-Normen vorgestellt.

Der dritte Aspekt sind die Beschichtungsstoffe und deren industrielle Anwendungen. Im Kapitel 3 wird zunächst generell auf die Anwendung der Epoxid- und Phenoxyharze in Beschichtungen eingegangen. In den Kapiteln 3.2 bis 3.5 wird der Stand der Technik der Epoxidharze in den jeweiligen industriellen Anwendungen wie Korrosionsschutz, Bodenbeschichtungen (Flooring), Pulverlacke und Doseninnenbeschichtungen (Can Coatings) vorgestellt anhand von konkreten Formulierungen und den Eigenschaftsprofilen der mit diesen Formulierungen erzeugten Beschichtungen. Speziell im Bereich Can Coatings werden die toxikologischen Eigenschaften sowie die aktuellen Reglementierungen der Bindemittel auf Bisphenol A-Basis diskutiert.

Kapitel 4 zeigt einige Trends der Märkte, in denen Epoxidharze genutzt werden. Hierzu zählen neue Anwendungen genauso wie Alternativen zum BPA in Lebensmittelverpackungen und Trends in der Beschichtungsindustrie.

Dieses Buch dient zum einen als Nachschlagewerk über die Chemie von Epoxiden und deren Eigenschaften und zum anderen als Monographie über die industrielle Nutzung der Epoxidharze mit und ohne Epoxidgruppen in Beschichtungsstoffen, die sowohl den Studenten, Entwicklern als auch den Anwendern in der Industrie gleichermaßen von Nutzen ist.

Düsseldorf im Oktober 2014

Michael Dornbusch

Inhalt

1 Einleitung

1.1 Historie

1.2 Anwendungen von Epoxidharzen

1.2.1 Beschichtungsstoff

1.2.2 Werkstoffe

1.2.3 Klebstoffe

1.3 Begriffe und Märkte

1.3.1 Nomenklatur

1.3.2 Märkte

1.4 Literatur

2 Grundlagen der Chemie der Epoxygruppe

2.1 Eigenschaften und Reaktionen von Epoxygruppen

2.1.1 Reaktionen mit Nucleophilen

2.1.2 Reaktionen unter Säurekatalyse

2.1.3 Eigenschaften der Epoxygruppe

2.2 Herstellung und Eigenschaften von Epoxidharzen

2.2.1 Herstellung und Eigenschaften der Monomere

2.2.1.1 Epichlorhydrin

2.2.1.2 Bisphenole

2.2.1.3 Epoxide auf Basis von Olefinen

2.2.1.4 Glycidylester

2.2.1.5 Aliphatische Glycidylether

2.2.2 Herstellung und Eigenschaften der Oligomere

2.2.2.1 Bisphenol-Epoxidharze

2.2.2.2 Epoxid-Novolake

2.3 Kennzahlen von Epoxidharzen

2.3.1 Epoxidäquivalente von Epoxidharzen

2.3.2 OH-Zahl von Epoxidharzen

2.3.3 Chloridgehalte von Epoxidharzen

2.3.4 Bestimmung der Kristallisationsneigung von Flüssigharzen

2.3.5 Nachweisreaktionen

2.4 Struktur und Eigenschaften von Polymeren auf Basis von Epoxidharzen und deren Härtungsprozesse

2.4.1 Polyetherpolyole und Phenoxyharze

2.4.2 Polyetherpolyole mit Epoxygruppen

2.4.2.1 Katalytische Härtung von Epoxidharzen

2.4.3 Wässrige Epoxidharze

2.4.4 Bindemittel für Hybride mit Polymeren auf Basis von Epoxidharzen

2.4.4.1 Epoxidacrylat

2.4.4.2 Epoxidalkyd, Epoxyester

2.4.4.3 Epoxid-Siloxan/Silicon

2.4.4.4 Epoxid-Polyamidimid

2.5 Literatur

3 Epoxide in Beschichtungen

3.1 Epoxygruppen als verknüpfte Bausteine

3.1.1 Übersicht über Epoxidharze und deren Härter

3.1.2 Epoxygruppen in UV-härtenden Lacksystemen

3.1.3 Epoxygruppen in Tauchlackierungen

3.2 Korrosions- und Oberflächenschutz (Protective Coatings)

3.2.1 Industrielacke

3.2.2 Korrosionsschutz

3.2.2.1 Schwerer Korrosionsschutz

3.2.2.2 Genormter Korrosionsschutz

3.3 Angewandte Bodenbelagstechnologie

3.3.1 Beton

3.3.2 Anwendung von Epoxid-Duroplasten mit Härtung bei Raumtemperatur

3.3.3 Bodengestaltung und Einbau

3.3.4 Leistungsmerkmale von Industrieböden

3.3.5 Leistungsfähige industrielle Bodenbeschichtung

3.4 Pulverlacke

3.4.1 Epoxid-Pulverlacke

3.4.1.1 Härtung mit Dicyandiamid (DICY)

3.4.1.2 Härtung mit Phenolharzen

3.4.1.3 Härtung mit Anhydriden

3.4.2 Epoxidharz-Polyester-Pulverlacke oder Hybrid-Pulverlacke

3.4.3 Polyester-Pulverlacke

3.4.4 Acrylat-Pulverlacke

3.5 Can und Coil Coatings

3.5.1 Doseninnen- und Außenbeschichtungen – Can Coatings

3.5.2 Kontinuierliche Metallbandbeschichtung – Coil Coating

3.6 Literatur

4 Trends und Ausblick

4.1 Gesetzliche Anforderungen an Gesundheits-, Arbeits- und Umweltschutz

4.2 Neue Produktentwicklungen

4.2.1 Epoxidharze – zukünftig auch für Deckbeschichtungen

4.2.2 Neue wasserverdünnbare 1K-Epoxidtechnologie für hochwertige Korrosionsschutzsysteme

4.2.3 Verbesserung des Korrosionsschutzes von 2K-Epoxid-Beschichtungen durch aktive Korrosionsschutzpigmente und Barrierepigmente

4.2.4 Trends bei Epoxid-basierten Pulverlacken

4.3 Potenzieller Austausch von BPA im Can Coating-Bereich

4.3.1 BPA-Austausch durch Derivate des Bisphenols

4.3.2 BPA-Austausch durch neue Epoxidkomponenten

4.3.3 BPA-Austausch durch andere Bindemittel

4.4 Epoxide als Bausteine für die synthetische Nutzung von anthropogenem Kohlendioxid

4.5 Ausblick – starkes Wachstum für Epoxidharze prognostiziert

4.6 Literatur

Autoren

Index

1 Einleitung

Michael Dornbusch

1.1 Historie

Die Geschichte der Epoxidharze beginnt im Jahr 1854 mit der erstmaligen Herstellung von Epichlorhydrin durch Berthelot mit der Umsetzung von Glycerin mit Phosphortrichlorid [19–21].

Formel 1.1: Chlormethyl-oxiran (Epichlorhydrin)

Der nächste entscheidende Schritt erfolgte im Jahr 1891 mit der erstmaligen Beschreibung des 2,2-Bis-(4-hydroxyphenol)-propans (Bisphenol A) durch Dianin [2], der die Verbindung mit Verunreinigungen herstellen konnte [10].

Formel 1.2: 2,2-Bis-(4-hydroxyphenyl)-propan (Bisphenol A)

Erst 16 Jahre später, im Jahre 1905, konnte Zincke in Marburg Bisphenol A (BPA) aus Aceton und Phenol rein synthetisieren [10].

Im Jahre 1909 sezte der russische Chemiker Prileschajew zahlreiche Olefine mit Peroxybenzoesäure zu Epoxidverbindungen um [8, 22].

Formel 1.3: Herstellung von Epoxiden nach Prileschajew [22]

Im gleichen Jahr erscheint ein Patent für einen Beschichtungsstoff auf Basis von Eiweißsubstanzen von Horn[9], der Epichlorhydrin im Verhältnis 1:1 mit Eiweißsubstanzen wie Protalbin oder Albumose in alkoholischer Lösung vermischte und dann ohne Trübung Leinöl der Formulierung zusetzen konnte. Dies wird wohl der erste epoxidbasierte Beschichtungsstoff gewesen sein, der patentiert worden ist.

Als Erfinder der Epoxidharze gilt jedoch Schlack[15], der in seinem Patent der I.G. Farben von 1934 die Umsetzung von Bisphenol A mit Epichlorhydrin zu Epoxidharzen beschreibt [3, 8]. Diese Harze wurden mit Ethylendiamin gehärtet. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Entwicklungsaktivitäten intensiver.

In den Patenten von Castan aus dem Jahre 1938 der schweizer Firma De Trey AG wird die Herstellung eines Harzes aus Bisphenol A und Epichlorhydrin beschrieben, welches mit Phthalsäureanhydrid gehärtet wird. Die Härtung kann auch in Schritten erfolgen, so dass die Masse gießfähig verarbeitet und dann vernetzt werden kann [5]. Die Firma De Trey AG stellte als erste Epoxidharze für zahnmedizinische Zwecke her [3], jedoch konnte De Trey die Produkte am Markt nicht platzieren [18].

Ebenfalls im Jahr 1938 wurde von Stein und Flemming der I.G. Farben eine verbesserte Synthese des Epichlorhydrins patentiert [17], was die Kommerzialisierung der Epoxidharze wohl erleichterte, da die Ausbeute des Prozesses deutlich gesteigert werden konnte.

Im Jahre 1939 patentierten Bock und Tischbein[14] der I.G. Farben die Umsetzung von Diepoxiden mit Polyamiden und nutzen die resultierenden Verbindungen als Textilhilfsmittel.

Im Patent von 1943 beschreibt Castan die Härtung durch katalytische Mengen an Basen [6]. Im selben Jahr wurde in den USA von Greenlee[16] die Umsetzung von Bisphenol A mit Epichlorhydrin und die Nutzung dieser Harze in Beschichtungsstoffen patentiert, womit die Grundlagen für die industrielle Nutzung der Epoxidharze in den USA gelegt wurde.

Ab dem Jahr 1945 (in [18] 1946) begann die industrielle Herstellung von Bisphenol A aus Aceton und Phenol [2]. In Europa entwickelt die Ciba AG mit Lizenen der De Trey-Patente Produkte mit dem Handelsnamen Araldit, wobei unabhängig von einander in den USA die Firmen De Voe & Raynolds analoge Produkte entwickelten [3].

Die Vermarktung der Harze durch die Ciba AG in Europa und den Firmen in den USA führte ab 1947 zu einem ständigen Anstieg der Epoxidharzproduktion [8].

Ende der 1940er Jahre begannen Shell und Union Carbide Corp. (später Bakelite Co.) mit Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten im Bereich der Bisphenol A basierten Epoxidharze [18]. Zu diesem Zeitpunkt war Shell der einzige Produzent von Epichlorhydrin und Bakelite einer der größten Anbieter für Phenolharze und Bisphenol A [18].

In den 1950er Jahren beginnt die Nutzung des Bisphenol A für Polycarbonate [2], was die Produktion des Bisphenol A noch weiter ansteigen ließ.

Im Jahre 1955 führte eine Kreuzlizensierung der vier Epoxidharzproduzenten der USA zum Einstieg von Dow Chemical Co. und Reichhold Chemicals, Inc., die sich am Patenten-Pool beteiligten [18].

In den 1960er Jahren vergrößerte sich das Angebot an Epoxidharzen dramatisch. Die Ciba AG stellte glycidierte o-Kresol-Novolakharze her, während Dow Chemical Co. glycidierte Phenol-Novolakharze produzierte und schließlich führten Shell mit mehrfach glycidierten tetrafunktionellen Phenolen und Union Carbide mit triglycidierten p-Aminophenolen mehrfach funktionalisierte Epoxide in den Harzmarkt ein [18].

Ebenfalls in den 1960er Jahren konnte durch die Ciba AG in Europa und durch Union Carbide in den USA die Epoxidierung von Olefinen durch die Prileschajew-Reaktion mit Hilfe der Peressigsäure industriell genutzt werden, so dass die Ciba AG cycloaliphatische Epoxidharze ab 1963 auf den Markt brachte und zudem in 1965 Lizenzen für weitere Harze von Union Carbide erwarb [18].

Schließlich entwickelte in den 1970ern die Ciba-Geigy AG Epoxidharze auf Basis von Hydantoin und Shell entwickelte Harze auf Basis von hydriertem Bisphenol A, wobei beide Produktgruppen nur mäßigen Erfolg am Markt hatten [18].

Historisch ist auch die heute als toxikologische Eigenschaft gesehene hormonelle Wirkung des Bisphenol A [4]. Die britischen Chemiker Dodds und Lawson[11, 12] suchten 1936 nach Chemikalien, die in der Lage waren, in der medizinischen Therapie das natürliche Östrogen zu ersetzen. Im Tierversuch identifizierten sie Bisphenol A als Substanz mit schwacher östrogener Aktivität. Diese schwache Wirkung konnte von den beiden Chemikern durch potentere Mittel wie dem Diethylstilbestrol [13] deutlich gesteigert werden, so dass die hormonelle Wirkung des Bisphenol A keine Anwendung in der Pharmazie fand [7]. Mittlerweile sind diese Ergebnisse mehrfach bestätigt worden [4], wobei die Konsequenzen hieraus sehr kontrovers diskutiert werden.

1.2 Anwendungen von Epoxidharzen

Die hervorragenden Eigenschaften wie die Stabilität gegen Feuchtigkeit und Chemikalien, die gute Haftung auf vielen Untergründen und guten mechanischen Eigenschaften machen Epoxidharze zu einem vielseitigen Werkstoff und Beschichtungsstoff [18].

Die Anwendung von Epoxidharzen lassen sich grob in drei Bereiche unterteilen:

• in die Beschichtungsstoffe,

• in die Klebstoffe und

• in die Werkstoffe.

Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über die Anwendungen geben.

1.2.1 Beschichtungsstoffe

Bei den Beschichtungen ist die Nutzung im schweren Korrosionsschutz (siehe Kapitel 3.2) wohl die bekannteste Anwendung [8]. Hierunter sind insbesondere der Schiffs-, Brücken- und Stahlhochbau zu nennen, in dem sowohl lösemittelbasierte, wässrige- und lösemittelfreie Epoxidharzsysteme zum Einsatz kommen, welche mit verschiedensten Aminen gehärtet werden [8].

In der Automobilindustrie werden Bindemittel auf Basis von Epoxid-Amin-Addukten, hergestellt aus Epoxidharzen, genutzt (siehe Kapitel 3.1.3). Die mit Amingruppen versehenen Bindemittel können protoniert werden, und diese kationisch geladenen Bindemittelteilchen werden mit Hilfe von kathodischer Polarisation auf einem Werkstück abgeschieden [8] und mit verkappten (blockierten) Polyisocyanaten bei 170 bis 190 °C eingebrannt, d.h. kovalent vernetzt werden [8]. Dieser als kathodischer Tauchlack (KTL) bezeichnete Beschichtungsstoff erzeugt den Korrosionsschutz einer modernen Automobilkarosse (siehe Kapitel 3.1.3).

Eine wichtige Anwendung der Epoxidharze ist im Bereich der Pulverlacke zu finden (Kapitel 3.4). Werden die Epoxidharze mit geeigneten Härtungsmitteln wie Dicyandiamid (DICY) (siehe Kapitel 2.1.1), Säureanhydriden (siehe Kapitel 2.4.2), Phenolnovolaken (siehe Kapitel 2.4.1) oder Polyisocanaten (siehe Kapitel 2.1.1) kombiniert, ergeben sich thermodure Pulverlacksyteme mit hervorragenden Eigenschaften [8].

Eine der ältesten Anwendungen ist die Innenbeschichtung von Emballagen [8]. Die aufgrund ihrer starken Vergilbung als Goldlacke (siehe Kapitel 3.5) bezeichneten Lacke für Doseninnenbeschichtungen, die auf Epoxidharzen basieren und mit Kresolresolen unter erhöhter Temperatur vernetzt werden [8].

Auch in spezielleren Anwendungen, wie den UV-härtbaren Epoxidharzsystemen (siehe Kapitel 3.1.2), die in Photolötstop- und Schutzlacken für gedruckte Schaltungen, insbesondere für Feinleiterplatten und Multilayer [1] zum Einsatz kommen, werden Epoxidharze erfolgreich eingesetzt.

Diese Aufzählung lässt sich beliebig fortführen nicht nur mit Anwendungen mit Epoxidharzen, sondern auch mit Kombinationen mit anderen Bindemittelklassen. Wichtige Kombinationen sind die mit Alkydharzen, die mit Epoxidharzen verethert werden können, Polyacrylatharze, die mit den OH-Gruppen mit Epoxidharzen reagieren können, Aminoharze, wie z.B. Melamine, die auf verschiedene Arten mit den Epoxidharzen reagieren können [8].

1.2.2 Werkstoffe

Bei den Werkstoffen lassen sich ebenfalls zwei Gruppen bilden, wobei erstere die Nutzung von Epoxidharzen zumeist in Kombination mit anderen Werkstoffen (Fasern) zur Herstellung von Bauteilen bildet. Außerdem werden Epoxidharze in der Elektronik und Elektrotechnik eingesetzt.

Die Hauptanwendung von Epoxidharzen als Werkstoff sind sogenannte Verbundwerkstoffe.

„Verbundwerkstoffe sind immer dann das Material der Wahl, wenn eine Kombination von Eigenschaften gefragt ist, die ein Material allein nicht besitzen kann“ [1]. Faserverstärkte Epoxidharze sind Verbundwerkstoffe, die z.B. mit Glasfaserverstärkung (GFK) zur Herstellung der Flügel von Windkraftanlagen oder für Bauteile im Flugzeugbau verwendet werden [1], d.h. insbesondere im Leichtbau haben sich die Verbundwerkstoffe auf Epoxidharzbasis durchgesetzt.

Epoxidharze werden ferner mit anderen Materialien wie Graphit, Bor, Kevlarfasern und anderen Werkstoffen kombiniert [18], um jeweils exakt eingestellte Eigenschaftsprofile zu erzeugen.

Ein breites Spektrum an Anwendungen zeigen die Epoxidharze im Bereich der Elektronik und Elektrotechnik.

In der Elektronik werden Epoxidharze in Umhüllungssystemen, Laminierharze für das Basismaterial gedruckter Schaltungen und als Hilfsstoff in der Leiterplattenfertigung genutzt [1]. Die in quasi allen elektrischen Geräten genutzten Platinen bestehen aus Glasfaser verstärkten Epoxidharzmassen, die mit Kupfer kaschiert werden. Die Härtung der Epoxidharze erfolgt mit Dicyandiamid (DICY), Aminen oder Imidazolen [18].

Im Allgemeinen domininiert in der Elektronik und Elektrotechnik die Härtung mit Anhydriden [1], da die niedrige Viskosität, die lange Topfzeit und die geringe Exothermie bei der Härtung für diese Anwendungen sehr günstig sind [1].

In der Elektrotechnik sind Epoxidharze bereits seit 60 Jahren, also kurz nach der Einführung der Epoxidharze in der Industrie im Einsatz. Die Anwendungen sind hauptsächlich im Wandlerbau, der Fertigung von Isolatoren und den Trockentransformatoren zu finden [1].

Eine hervorragende Übersicht zu diesem Thema liefert Möckel und Fuhrmann in ihrem Buch Epoxidharze [1].

1.2.3 Klebstoffe

Einen starken Verbund zwischen zwei gleichen oder verschiedenen Werkstoffen wie Metalle, Glas, Keramiken, Holz, Fasern und vielen Kunststoffen kann mit Epoxidharz basierten Klebstoffen erreicht werden [18]. Diese Anwendung mit den dazu gehörigen Rohstoffen und Prozessen wird ausführlich in ‚Formulierung von Kleb- und Dichtstoffen‘ von Müller/Rath in Kapitel II-2 vorgestellt [29].

1.3 Begriffe und Märkte

1.3.1 Nomenklatur

Die Nomenklatur der Epoxide ist zum Teil verwirrend, da verschiedene Bezeichnungen nebeneinander genutzt werden.

Epoxide tragen Epoxygruppen, d.h. Dreiringe mit einer Etherfunktion (siehe Kapitel 2.1), die nach der Union of Pure and Applied Chemistry (IUPAC) und den Chemical Abstracts (CA) als Oxirane bezeichnet werden [23]. Die systematische Bezeichnung hat sich insbesondere im Lackbereich nicht durchgesetzt, so dass weiterhin von Epoxiden gesprochen wird.

Die in der Industrie genutzten Epoxide werden vornehmlich aus Epichlorhydrin hergestellt, so dass eine Oxiranmethylgruppe resultiert, die als Glycidylgruppe bezeichnet wird. Hauptsächlich werden Glycidylether oder Ester verwendet [23].

Formel 1.4: Typische Oxiranverbindungen bei Epoxidharzen

Gemäß DIN EN ISO 7142 ist ein Epoxidharz „ein synthetisches Harz mit Oxirangruppen (Epoxygruppen), im Allgemeinen hergestellt aus Epichlorhydrin und Bisphenol“ und die DIN 16 945 beschreibt es im Bezug auf die Reaktivität als „Epoxidharze (im folgenden kurz „EP-Harze“ genannt) sind Reaktionsharze mit einer zur Härtung ausreichenden Anzahl von Epoxidgruppen.“

Die genaueste Definition liefert [8] mit Bezug auf die DIN 7728 „Epoxidharze sind oligomere Verbindungen mit mehr als einer Epoxidgruppe pro Molekül“. An den Zitaten wird ebenfalls offensichtlich, dass die Schreibweisen auch vielfältig sind.

Die Klassifizierung nach DIN EN ISO 3673-1, die Epoxidharze in Gruppen „einstuft“ wird in Kapitel 3.1 erläutert, genauso wie die entsprechende Klassifizierung der Härter nach DIN EN ISO 4597-1, die ebenfalls in Kapitel 3.1 beschrieben wird.

Abbildung 1.1: Produktionsmengen an wässrigen und Lösemittelbasierten Lacken in Deutschland[25,26,27]

Schließlich werden auch Bindemittel als Epoxide bezeichnet, die überhaupt keine Epoxygruppen beinhalten. Hierbei handelt es sich um Polyetherpolyole, die in der Regel aus Epichlorhydrin und Bisphenol A hergestellt werden und keine nachweisbaren Epoxygruppen tragen, so dass diese lediglich aus Epoxiden hergestellt werden [8]. Diese Bindemittelklasse wird auch als Phenoxyharze (Kapitel 2.4.1) bezeichnet und diese Bezeichnung wird auch in diesem Buch genutzt.

1.3.2 Märkte

Die Produktion an Lacken entwickelte sich in Deutschland in den letzten fünf Jahren wie in Abbildung 1.1 dargestellt.

Die Weltwirtschaftskrise in 2008/2009 zeigt sich deutlich in den Produktionsmengen an Lacken, aber auch die schnelle Erholung in den Folgejahren. Dagegen zeigen die Produktionsmengen der Epoxidharze sowohl für den Klebstoffbereich als auch für die Beschichtungen kaum ein „Krisenverhalten“ (Abbildung 1.2). Einzig die Produktionsmengen an wässrigen Lacken (Abbildung 1.3) sind nach 2007 deutlich reduziert.

Demzufolge kann man bei den Epoxidharzen von einem stabilen Markt sprechen. Im Gegensatz hierzu schrumpft der Gesamtlackverbrauch in Deutschland seit der Jahrtausenwende bzw. benötigt der Lackmarkt ein Wirtschaftwachstum von über 2 %, um einen Anstieg verzeichnen zu können, da der Lackmarkt seit 2000 immer geringer wächst als das Bruttoinlandsprodukt (BIP) [28]. Dies ist ein deutsches Phänomen, da global der Lackmarkt den gleichen Anstieg verzeichnet wie das globale BIP und somit einen Wachstumsmarkt darstellt.

Abbildung 1.2: Produktionsmengen an Epoxidharzen in Deutschland[25–27]. Für 2010 lagen keine Daten für Epoxidharze vor.

Abbildung 1.3: Produktionsmengen an Epoxidharzlacken und Elektrophorese bzw. Wasserlacken in Deutschland[25–27]

Der globale Epoxidharz-Markt soll laut einer Studie von Global Industry Analysts Inc. (European Coatings, 19.10.2010) in 2010 bis zum Jahr 2015 auf bis zu 1,93 Millionen Tonnen anwachsen. Dieses Wachstum wird getrieben von Marktsegmenten wie dem „Electrical Laminate“ und „Decorative Powder Coatings“. Die Region Asia-Pazifik ist der größte Wachstumsmarkt in der Welt, obwohl in der Wirtschaftskrise 2008 bis 2009 zahlreiche Anlagen in der Region geschlossen wurden.

1.4 Literatur

[1] J. Möckel, U. Fuhrmann, Epoxidharze, Die Bibliothek der Technik Band 51, Verlag Moderne Industrie AG & Co., Landsberg/Lech, 1990

[2] Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie 4. Auflage, Band 18, Petrosulfonate bis Plutonium, Verlag Chemie, Weinheim, 1979, S. 215

[3] Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie 4. Auflage, Band 10, Dentalchemie bis Erdölverarbeitung, Verlag Chemie, Weinheim, 1975, S. 572

[4] Dissertation, M. Gehring, Verhalten der endokrin wirksamen Substanz Bisphenol A bei der kommunalen Abwasserentsorgung, Technische Universität Dresden, 2004

[5] CH000000211116A und DE000000749512A

[6] DE000000943195B

[7] Umweltbundesamt, Bisphenol A, Massenchemikalie mit unerwünschten Nebenwirkungen, Juli 2010

[8] H. Kittel, Lehrbuch der Lacke und Beschichtungen Band 2, S. Hirzel Verlag, Stuttgart, 1998, S. 267–318

[9] DE000000217508A

[10] Th. Zincke, Justus Liebigs Annalen der Chemie 1905, 343, 75–99

[11] E.C. Dodds, W. Lawson (1935). Molecular Structure in Relation to Oestrogenic Activity. Compounds without a Phenanthrene Nucleus. Proceedings of the Royal Society 125 (839): 222–232

[12] E.C. Dodds, W. Lawson (1936). Synthetic Oestrogenic Agents without the Phenanthrene Nucleus. Nature 137: 996

[13] E.C. Dodds, L. Goldberg, W. Lawson (1938). Oestrogenic Activity of certain Synthetic Compounds. Nature 141 (3562): 247-8

[14] DE000000731030A

[15] DE000000676117A

[16] US000002456408A

[17] DE000000735477A

[18] Encyclopedia of Polymer Science and Engineering, Vol. 6: Emulsion Polymerisation to Fibres, Manufacture, John Wiley & Sons, New York, 1986, S. 322–382

[19] Beilstein Handbuch der Organischen Chemie 4. Aufl.,17. Band, Heterocyclische Reihe, Springer, 1938, S. 6

[20] Berthelot, Annales de Chimie et de Physique, 1854, XLI, 299f

[21] Berthelot, Justus Liebigs Annalen der Chemie 1857, 101, 67

[22] N. Prileschajew, Ber. Dtsch. Chem. Ges. 42, 1909, 4811–4815

[23] Z.W. Wicks, F.N. Jones, S.P. Pappas, Organic Coatings: Science and Technology, Vol. 1, John Wiley & Sons, New York, 1992, S. 162f

[24] Ullmanns Encyclopedia of Industrial Chemistry, 5th Edition, Volume A9, Dithiocarbamic Acid to Ethanol, VCH, Weinheim, 1987, S. 531–563

[25] Welt der Farben, Juli/August 2010, S. 38f., Quelle Statistisches Bundesamt, Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie

[26] Welt der Farben, Juni 2012, S. 28f., Quelle Statistisches Bundesamt, Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie

[27] Welt der Farben, Juni 2013, S. 26f., Quelle Statistisches Bundesamt, Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie

[28] Farbe und Lack, 7/2013, 119, 6–9

[29] B. Müller, W. Rath, Formulierung von Kleb- und Dichtstoffen, 2. Auflage. Vincentz Network, Hannover 2009

2 Grundlagen der Chemie der Epoxygruppe

Michael Dornbusch

2.1 Eigenschaften und Reaktionen von Epoxygruppen

Epoxide (Oxirane) sind cyclische Ether, die sich durch eine hohe Ringspannung auszeichnen. Beim Oxiran liegt diese bei 114 kJ/mol [1, 2] und beim Oxetan bei 106 kJ/mol [1], während die Cyclischen Kohlenwasserstoffe mit dem Cyclopropan, 115 kJ/mol [1], und Cyclobutan, 111 kJ/mol [1], ähnlichere Ringspannungen aufzeigen.

Formel 2.1: Wichtige cyclische Ether mit systematischen und Trivialnamen

Die Ringspannung resultiert aus den viel geringeren Bindungswinkeln von 60° gegenüber dem Tetraederwinkel von 109,5° bzw. dem Bindungswinkel des Sauerstoffs in Ethern von 110° [7].

Alkylgruppen an kleinen Ringen stabilisieren diese; so ist 2-Methyloxiran um 4 kJ/mol stabiler als Oxiran [1]. Aufgrund dieser Ringspannung sind Epoxide im Gegensatz zu anderen cyclischen Ethern sehr reaktionsfähige Substanzen. Die Ringspannung des Oxetans ermöglicht ebenfalls noch Reaktionen unter milden Bedingungen, wobei die Reaktivität zwischen dem Oxiran und den offenkettigen Ethern liegt [1]. Die höheren Homologen der cyclischen Ether sind dagegen als Lösemittel gut geeignet und weitestgehend inert.

Die wichtigsten Reaktionen der Epoxide können in zwei Gruppen aufgeteilt werden:

• die Reaktion von Epoxiden mit Nucleophilen in neutraler Lösung und

• die Basenkatalyse sowie die säurekatalysierten Reaktionen.

2.1.1 Reaktionen mit Nucleophilen

Ether sind in der Regel völlig inert gegenüber Basen, was die Anwendung zahlreicher Ether als Lösungsmittel in vielen organischen Reaktionen begründet. Epoxide dagegen können unter milden Bedingungen mit Nucleophilen wie Alkylaminen unter Ringöffnung reagieren, wobei formal eine Addition ohne Abspaltung erfolgt, siehe Formel 2.2.

Formel 2.2: Ringöffnung eines Oxirans mit einem Nucleophil

Orientierung der Epoxid-Ringöffnung

Unter basischen oder neutralen Bedingungen erfolgt die Ringöffnung an dem weniger substituierten Kohlenstoffatom mit einer Inversion gemäß einer SN-2 Reaktion [1], wobei ein Übergangszustand entsteht, der eine Polarisierung der C-O-Bindung erzeugt, aber der Ort des Angriffs des Nucleophils ist durch rein sterische Effekte definiert [5].

Formel 2.3: Mechanismus der Epoxid-Ringöffnung bei einem Angriff eines Nucelophils

Der Angriff eines Nucleophils erfolgt am weniger substituierten Kohlenstoff und es wird nur ein Produkt erhalten [2, 3]. Im Folgenden werden für die Beschichtungstechnologie wichtige Reaktionen der Epoxide unter basischen oder neutralen Bedingungen vorgestellt.

Reaktionen mit Ammoniak, primäre und sekundäre Amine

Ammoniak reagiert mit Epoxiden zu Mono-, Di- oder Trialkanolaminen, je nach molaren Verhältnis der Edukte [3].

Die Reaktion eines Epoxides mit einem primären Amin liefert zunächst ein Hydroxyamin mit einer sekundären Amin- und Alkoholgruppe. Das sekundäre Amin reagiert erneut mit einer Epoxygruppe, so dass ein tertiäres Amin und zwei sekundäre Alkoholgruppen resultieren [4].

Formel 2.4: Reaktion von Aminen mit Epoxiden

Sekundäre Amine reagieren entsprechend zu tertiären Aminen und einer sekundären Hydroxylgruppe.

Die Alkoholgruppen zeigen keinerlei Reaktionen mit den Epoxiden zu Ethern, wenn ein stöchiometrisches Verhältnis oder ein Überschuss an Amin gewählt wird und keine Katalysatoren zugesetzt werden [4]. Diese Tatsache, die lange bezweifelt wurde, konnte durch aufwendige spektroskopische Untersuchungen von Umsetzungsprodukten und deren Derivate bei Reaktionstemperaturen von 20 bis 120 °C definitiv bewiesen werden [21, 55, 56].

Primäre Amine reagieren doppelt so schnell mit Epoxiden wie sekundäre Amine [4].

Hydroxylgruppen können die Reaktion zwischen Epoxid und Amin katalysieren. Hierzu wird der Mechanismus in Formel 2.5 vorgeschlagen [57].

Formel 2.5: Mechanismus der Hydroxidgruppenkatalyse bei der Reaktion von Aminen mit Epoxiden[4]

Monofunktionelle aliphatische Alkohole zeigen kaum katalytische Wirkung; diese korreliert mit der Anzahl an Hydroxylgruppen, so dass polyfunktionelle Alkohole die beste Wirkung haben [4], wobei Phenole ebenfalls eine gute katalytische Wirkung aufzeigen [13] (siehe auch Kapitel 2.4.2).

Tertiäre Amine und tertiäre Phosphine sind in der Lage, Epoxide katalytisch zu öffnen und eignen sich demnach sehr gut für Homopolymerisationen (Details siehe Kapitel 2.4.2) [3].

Bei hohen Temperaturen können tertiäre Amine mit Epoxiden quartäre Ammoniumsalze bilden gemäß der Formel 2.6[13].

Formel 2.6: Bildung von quartären Ammoniumsalzen aus tertiären Aminen und Epoxiden

Eine weitere Möglichkeit ist die Umsetzung von Halogenalkanen mit den tertiären Aminen gemäß einer Menshutkin-Reaktion[58], die ebenfalls zu quartären Ammoniumsalzen führt.

Dicyandiamid

Das im Jahre 1862 erstmals von Haag hergestellte Dicyanamid (DICY) ist sehr polar mit einem Schmelzpunkt von 205 °C und bei Raumtemperatur unlöslich in den wenig polaren Epoxidharzen, was die Eigenschaft des DICY als latenter Härter begründet [4, 12, 13]. In Lösung liegen zwei tautomere Formen des DICY vor [8], siehe Formel 2.7.

Formel 2.7: Tautomere des Dicyandiamids

Die Konzentration des weniger polaren aber reaktiveren Amino-Imino-Dicyandiamids ist wegen der so geringen Löslichkeit bei Raumtemperatur in Epoxidharzen (Bisphenol A-basiert) so gering, dass DICY-Epoxidharz-Systeme bei Raumtemperatur lagerstabil sind [8].

Bei 150 °C (Modelltemperatur in [8]) löst sich ein erheblicher Teil des DICY im Epoxidharz und die Konzentration des reaktiveren Tautomers steigt an, jedoch verbleiben DICY-Agglomerate im Epoxidharz ungelöst. Beide tautomere Formen reagieren mit den Epoxygruppen.

Bei 170 °C verschiebt sich das tautomere Gleichgewicht weit auf die Seite des reaktiveren Amino-Imino-Dicyandiamids, wobei immer noch beide tautomere Formen vorhanden sind und beide mit den Epoxygruppen reagieren.

Bei erhöhter Temperatur sind neben den parallel ablaufenden Ringschlussreaktionen nach Gilbert[11] und Zahir[10] auch offenkettige Umsetzungen beider Tautomere möglich. Die von Zahir diskutierte Harnstoffbildung erfolgt durch die Reaktion der Nitrilgruppen mit Hydroxylgruppen (Formel 2.10) erst bei 170 °C und ist bei niedrigeren Temperaturen nicht zu beobachten. Eine ebenfalls in der Literatur diskutierte Urethanbildung konnte zumindest von Gaukler[8] nicht nachgewiesen werden. Reaktionen auf Basis der Vorschläge von Saunders[9] und anderen finden ebenfalls nicht statt, was durch infrarotspektroskopische Untersuchungen gezeigt werden konnte [8].

Formel 2.8: Mögliche Reaktionen des Diamino-Dicyandiamids mit Epoxiden bei 170 °C[8]

Formel 2.9: Mögliche Reaktionen des Amino-Imino-Dicyandiamids mit Epoxiden bei 170 °C[8]

Neben den direkten Reaktionen finden bei 170 °C noch Umsetzungen der sich bildenden oder bereits bestehenden OH-Gruppen mit den Nitrilgruppen statt, siehe Formel 2.10.

Formel 2.10: Mögliche Reaktion der Nitrilgruppe mit Hydroxiden und Epoxiden[8, 18]

Demnach ist das DICY bei tieferen Temperaturen zweiwertig gegenüber den Epoxygruppen und bei höheren Temperaturen vierwertig gegenüber den Epoxygruppen und einwertig gegenüber der Hydroxygruppen durch die Umsetzung mit der Nitrilgruppe. Üblicherweise spricht man beim DICY von einer Dreiwertigkeit gegenüber Epoxiden [14], da wie oben beschrieben, nicht die gesamte Menge an DICY gelöst wird und mit den Epoxygruppen reagieren kann.

Wird einem Gemisch von DICY und Epoxiden noch ein Beschleuniger wie 1-Methylimidazol zugegeben, dann verkompliziert sich die ohnehin komplexe Situation noch weiter [8].

Reaktion mit Wasser, Alkohol und Phenol

Epoxygruppen reagieren mit Wasser mit Basenkatalyse zu 1,2-Diolen und mit Alkoholen und Phenolen zu den β-Hydroxyethern mit entsprechender Regiochemie [3, 7, 13], Formel 2.11.

Formel 2.11: Reaktion von OH-Gruppen mit Epoxiden

Die Umsetzung mit Alkoholen kann durch geeignete Basen gesteuert werden. An der Modellsubstanz Phenylglycidylether wurde folgende Reihenfolge der Reaktivitäten verschiedener Alkohole wie in Formel 2.12 dargestellt erkannt [19, 20].

Formel 2.12: Allgemeiner Trend der Reaktivitäten von Alkoholgruppen mit Epoxiden[19, 20]

Insbesondere die Reaktivität von primären und sekundären Alkoholen ist von Interesse, da bei der Umsetzung immer sekundäre Hydroxygruppen entstehen.

Es wurden zahlreiche Basen wie LiOH, Mg(ClO4)2, Amine und andere Hydroxide hinsichtlich der Selektivität untersucht, die sich zum Teil stark unterscheiden [20].

So reagiert der Diglycidylether des Bisphenol A mit Butandiol unter Mg(ClO4)2 nur zu 25 % tatsächlich mit dem Diol und zu 75 % mit den nach Ringöffnung gebildeten Alkoholgruppen [54].

Die Umsetzung mit Alkoholen lässt sich auch mit Aluminiumoxid soweit katalysieren, dass sie bei 25 °C mit hohem Umsatz ablaufen kann [17]. Mit dieser Katalyse erhält man Produkte gemäß der Regiochemie der SN-2-Reaktion und in cyclischen Verbindungen nur trans-Produkte.

Reaktionen mit Schwefelverbindungen

Unter Basenkatalyse reagiert Schwefelwasserstoff mit Epoxygruppen zu β-Hydroxythiolen, die in der Regel zu Bis-(β-hydroxyalkyl)-sulfiden weiter reagieren [3].

Entsprechend erhält man mit Sulfiten die β-Hydroxysulfonate [3]. Um einen guten Umsatz zu erhalten, verwendet man ein Gemisch von Natriumhydrogensulfit und Natriumsulfit [16], so dass diese Reaktion zur Bestimmung von Epoxygruppen genutzt werden kann [15], wobei zu beachten ist, dass organisch gebundenes Chlor ebenfalls reagiert (siehe Kapitel 2.3).

Formel 2.13: Reaktion von Sulfiten mit Epoxygruppen

Thiole reagieren insbesondere bei tiefen Temperaturen schneller als Amine mit Epoxiden zu β-Hydroxysulfiden, wobei die Reaktion durch primäre und sekundäre Amine noch beschleunigt werden kann. Die Reaktionsgeschwindigkeit nimmt mit steigender Basizität des Amins zu [4].

Formel 2.14: Reaktion von Thiolen mit Epoxsygruppen

Isocyanate

Isocyanate reagieren mit Epoxiden zu Oxazolidonen [4]. So erhält man mit Phenylisocyanat das N-Phenyloxazolidon, wobei es sich um eine Cycloaddition an die polare N=C-Bindung im Isocyanat handelt [3].

Formel 2.15: Reaktion von Isocyanaten mit Epoxiden

Carbanion-Spezies

Epoxygruppen bilden mit Malonesterderivaten oder Acetoacetatestern fünfgliedrige Lactone [3].

Formel 2.16: Reaktion von Carbanion-Spezies mit Epoxiden

2.1.2 Reaktionen unter Säurekatalyse

Unter der katalytischen Wirkung von Säuren reagieren Epoxygruppen mit nucleophilen Reagenzien unter Öffnung des Ringes. Diese Reaktion gleicht der Etherspaltung mit HBr, verläuft aber unter viel milderen Bedingungen.

Unter sauren Bedingungen verläuft die Ringöffnung gemäß einer SN-2 Reaktion mit beträchtlichem SN-1-Charakter [5, 7]. Andere Autoren sprechen von einer Mischung von SN-2 und SN-1-Reaktionen [1], wobei ein klarer SN-1-Mechanismus bei benzylischen Substituenten oder zweier Alkylsubstituenten an einem Ringkohlenstoff [2] vorhanden ist, da dann die Bildung eines Carbeniumions durch die elektronenschiebenden Gruppen stabilisiert wird.

Die Reaktion nach einem SN-1-Mechanismus führt zu Produkten mit einer Substitution an dem stärker sterisch gehinderten Kohlenstoffatom, da hier die Stabilisierung des Carbeniumions am größten ist.

Liegt nur ein Alkylsubstituent, wie bei Produkten auf Basis des Epichlorhydrins vor, dann verläuft die Reaktion über ein Oxoniumion [3], welches entweder über einen SN-2- oder einen SN-1-Mechanismus reagieren kann.

Formel 2.17: Mechanismus der sauren Katalyse der Ringöffnung von Epoxiden

Da beide Reaktionsmechanismen gleichzeitig ablaufen, werden Gemische beider Regioisomere erhalten.

Umsetzung mit Halogenwasserstoffen

Halohydrine werden bei der Umsetzung von Epoxiden mit Halogenwasserstoffen erhalten [3]. Diese Reaktion läuft insbesondere mit HBr quasi quantitativ, so dass sie zur Bestimmung der Epoxidgruppenzahl genutzt wird (siehe Kapitel 2.3.1).

Formel 2.18: Reaktion von Epoxiden mit Halogenwasserstoffen[7]

Umsetzung mit Carbonsäuren

Mit Carbonsäuren reagiert die Epoxygruppe zu β-Hydroxyestern, wobei diese Reaktion unter Zusatz von basischem Aluminiumoxid unter sehr milden Bedingungen mit guter Ausbeute abläuft [3]. Ohne Katalysator sind Temperaturen über 150 °C notwendig, um einen guten Umsatz zu erhalten.

Bezüglich der Orientierung der Ringöffnung werden Gemische erhalten, wobei bei den Glycidylen bevorzugt die SN-1-Produkte gebildet werden [7].

Formel 2.19: Redktion eon Cdrbonsäuren mit Opoxiden

In [13] wird die Verbindung nach dem SN-2-Mechanismus als Hauptprodukt angenommen, wobei ein Gemisch beider Regioisomere erhalten wird.

Die durch diese Reaktion gebildete Hydroxylgruppe kann entweder mit einer Carbonsäure verestern oder mit einer Epoxygruppe zu einem Ether reagieren und das gebildete Wasser liefert mit der Epoxygruppe unter Ringöffnung Diole [4] (siehe Formel 2.22).

Umsetzung mit Phosphorsäure, Phosphonsäure und Derivaten

Die Umsetzung von Phosphorsäure oder Phosphaten liefert mit Epoxiden Phosphorsäureester, wobei je nach Stöchiometrie Mono-, Di- oder Triester erhalten werden können [30–33].

Formel 2.20: Reaktion von Phosphorsäure mit Epoxiden[30]

Diese Reaktion soll nach der Beschreibung in den Patenten [31–33] auch mit Phosphonsäuren und Phosphinsäuren ebenfalls analog ablaufen, jedoch finden sich keine Beispiele für diesen Reaktionsablauf.

Mit Phosphonsäuren erhält man dagegen mit Epoxygruppen cyclische Phosphonsäurediester [3].

Formel 2.21: Reaktion von Phosphonsäuren mit Epoxiden

Sehr wahrscheinlich kann man die Reaktionsführung jedoch wie oben beschrieben so steuern, dass bevorzugt die offenen Monoester entstehen (siehe auch Kapitel 3.5.1).

Umsetzung mit Wasser, Alkohol und Phenolen

Unter saurer Katalyse entstehen die gleichen Produktklassen mit Alkoholen und Phenolen wie unter basischen Bedingungen, jedoch mit einer anderen Regiochemie, wobei meistens Produktgemische erhalten werden [7].

Formel 2.22: Reaktion von OH-Gruppen unter saurer Katalyse mit Epoxiden

Eine Übersicht über die wichtigsten Reaktionen sowohl unter basischer als auch unter sauren Bedingungen der Epoxide liefert die Übersicht in den Formeln 2.23 und 2.24.

2.1.3 Eigenschaften der Epoxygruppe

Die Charakterisierung der Epoxygruppe ist mit vielen spektroskopischen Methoden möglich.

Bezüglich der Beschichtungstechnologie sind vor allem Methoden interessant, die an Oberflächen durchgeführt werden können, so dass die IR-Spektroskopie mit der ATR-Methode breite Anwendung gefunden hat. Mit dieser Methode können sowohl flüssige Beschichtungsstoffe wie auch feste Beschichtungen an Oberflächen charakterisiert werden. Die NMR-Spektroskopie eignet sich zur Charakterisierung von Polymeren in Lösung und liefert bekanntlich strukturelle Daten über die Verbindungen. Des Weiteren werden in diesem Kapitel wichtige spektroskopische und chemische Eigenschaften der Epoxide vorgestellt.

Infrarotspektroskopie der Epoxygruppe

Die Infrarotspektroskopie (IR-Spektroskopie) eignet sich hervorragend zur Analyse von Epoxiden, da die Ringspannung Schwingungsfrequenzen verschiebt und Substituenten am Ring einen großen Einfluss auf die Schwingungsfrequenzen haben, die sich im mittleren Infrarot befinden [1] (NIR-Spektroskopie in Kapitel 2.2.2).

Formel 2.23: Reaktionen von Epoxygruppen I

Formel 2.24: Reaktionen von Epoxygruppen II

Tabelle 2.1: IR-Schwingungsfrequenzen einiger Oxirane und Oxetane

Kleine Ringe zeigen eine Verschiebung der asymmetrischen C-H-Streckschwingung zu höheren Wellenzahlen (3080 bis 3000 cm-1), wobei die Wellenzahl mit steigender Ringgröße abnimmt, wie es an den Werten für Oxiran (3052 cm-1), Oxetan (2978 cm-1) und Tetrahydrofuran (2958 cm-1) zu erkennen ist [1]. Analog ist die Ringschwingung beim Oxiran zu höheren Wellenzahlen verschoben im Vergleich zum Oxetan. Tabelle 2.1 zeigt wichtige Resonanzfrequenzen.

Die meisten Autoren beschreiben die „Epoxid-Bande“ des Glycidylrestes (Ether und Ester) bei ungefähr 920 cm-1