Es gibt ein Zuspät - Heinz Böhm - E-Book

Es gibt ein Zuspät E-Book

Heinz Böhm

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Beschreibung

In diesem Buch geht es um die Entscheidung für Jesus Christus. Ist es primitive Mythologie, dass ein Gottessohn durch sein Blut die Sünden der Menschen sühnt? Ist die Versöhnung eine 'automatische Tatsache'? Geschieht die Entscheidung für Christus aufgrund von Manipulation und psychologischen Tricks? Wie sieht es aus mit der Vorherbestimmung zur Gnade oder zur Verdammnis? Gibt es ein Zuspät? Dieses Buch nötigt zur Stellungnahme und macht klar, dass sich Gottes Geist nicht vor dem Zeitgeist beugt.

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Es gibt ein Zuspät

Entscheidung als Lebenswende

Heinz Böhm

Impressum

© 2014 Folgen Verlag, Wensin

Autor: Heinz Böhm

Cover: Eduard Rempel, Düren

Lektorat: Julia Mehlfeld, Köln

ISBN: 978-3-944187-23-5

Verlags-Seite: www.folgenverlag.de

Kontakt: [email protected]

Shop: www.ceBooks.de

Es gibt ein Zuspät ist früher als Buch im Brunnen-Verlag, Gießen, erschienen.

Inhalt

Es gibt ein Zuspät – Entscheidung als Lebenswende

I. Voraussetzung der Entscheidung

1. Hören und Verantwortung

2. Gottes Erwählung – unsere Entscheidung

3. Der Entscheidungscharakter des Wortes selbst

II. Im Scheinwerferlicht Gottes

1. Die unwiderrufliche Stunde

2. Der letzte Anstoß

3. Nur Wache können wecken

III. Perspektiven des letzten Gerichtes

1. Keine Entschuldigung mehr

2. Entscheidungen werden nur bestätigt

3. Es gibt ein Zuspät!

Es gibt ein Zuspät – Entscheidung als Lebenswende

»Sternstunden der Menschheit« ist der Titel eines Buches des bekannten Dichters Stefan Zweig. In diesem Buch beschreibt Stefan Zweig zwölf Ereignisse, die durch ihren weltverwandelnden Charakter als Sternstunden bezeichnet werden können. Ganz gleich, ob er die Entstehung des berühmten Messias von Händel schildert, ob er den Kampf um den Südpol in realistischer Weise nachzeichnet, oder ob er die Leser mit in die geschichtliche Stunde des großen Revolutionärs Lenin hineinnimmt.

Es geht um eine Lebenswende, nicht im individuellen Sinn, sondern um eine Wende in der Geschichte. Gewiss ist es den einzelnen Menschen damals nicht bewusst geworden, was für eine Lawine sie durch ihre Entscheidung, bzw. durch ihr Lebenswerk ins Rollen brachten.

Schauen wir uns den Weg Friedrich Nietzsches kurz an. Noch als junger, suchender Mensch kreisen seine Gedanken leidenschaftlich um den unbekannten Gott. Ihn sucht er mit ehrlichem, brennendem Herzen. Da entdeckt er diesen unbekannten Gott in dem leidenden, gekreuzigten Christus. Nun steht er vor der Entscheidung.

Anstatt sich diesem Gott zu stellen und ihn zu bekennen, wird er dessen schärfster Gegner. Bewusst geht er seinen Weg in die »Welt von tausend Wüsten« – in voller Verantwortung seiner getroffenen Entscheidung.

Diese Lebenswende kennzeichnet fortan auch sein neues Glaubensbekenntnis, das er so formuliert: »Weh dem, der keine Heimat hat.«

Um nichts anderes soll es auch in den folgenden Kapiteln gehen. Wir sind nach der Entscheidung für Gott gefragt. Allerdings – das musst unmissverständlich vorangestellt werden – jeder menschlichen Entscheidung für Gott geht Gottes Entscheidung für uns voraus. Hier gilt:

»Hättest du dich nicht zuerst an mich gehangen, ich wär von selbst dich wohl nicht suchen gangen.«

Es gibt heute eine gefährliche Art der Verkündigung, in dem man dem Menschen das Heil einfach zuspricht, ganz gleich, ob der Mensch es annimmt oder ablehnt.

Man folgert so: Nachdem sich Gott für den Menschen entschieden hat, sei es belanglos, ob der Mensch diese Entscheidung bejahe oder verneine. Gern verweist man auf die bekannte Bibelstelle: »Denn Gott war in Christo und versöhnte die Welt mit ihm selber« (2. Kor. 5, 19). Das stimmt. Andrerseits aber wird der Mensch auch aufgefordert, das Angebot der Liebe Gottes anzunehmen (2. Kor. 5, 20).

Hier hat man offenbar Grundlegendes übersehen bzw. unterschlagen. Man wirft Versöhnung und Errettung durcheinander. Gott hat uns versöhnt, aber diese Versöhnung wird jetzt verkündigt, nicht als eine »automatische Tatsache«, sondern als Angebot. Petrus hat in der Pfingstpredigt das Heil verkündigt. Dann fordert er die Menschen auf: »Lasset euch erretten aus diesem verkehrten Geschlecht« (Apg. 2, 40). Als Reaktion der Hörenden lesen wir: »Die nun sein Wort annahmen, ließen sich taufen« (Apg. 2, 41).

Der Mensch wird nicht zu seinem Heil gezwungen. Seine Sternstunde hat ihm Gott gegeben, doch er kann sie verpassen. Ein bekannter Evangelist unterstrich den Ernst der Entscheidung durch folgenden Satz: »Die Erweckten von heute sind die Verstockten von morgen.«

Grundsätzlich gilt: Wir könnten uns nicht entscheiden, wenn Gottes Entscheidung der unseren nicht vorausginge. Darum gibt es in der Bibel keine zu erfüllende Vorbedingung, aber sie spricht von einer Voraussetzung der Entscheidung.

I. Voraussetzung der Entscheidung

Ohne Zweifel haben wir im Neuen Testament zahlreiche Stellen, die die menschliche Entscheidung für oder gegen Jesus betonen. Sie sind uns klar und eindeutig überliefert. Unverständlich, warum heute gegen die Entscheidung und gegen den Ruf in die Entscheidung Sturm gelaufen wird!

Ist es nur Angst, durch die Forderung zur Entscheidung eine neue Art Gesetzlichkeit zu postulieren, oder weist die Entscheidung auf eine scharfe Trennung hin, die man ganz bewusst verwischen will? Fürchtet man, durch die Entscheidung die teure Gnade in die »billige Gnade« zu verfälschen, oder ahnt man, dass gerade die Entscheidungslosigkeit die »billige Gnade« nach sich ziehen muss?

Hören wir zunächst die üblichen Einwände gegen die Predigt von der Entscheidung. Nicht selten wird durch eine sprachlich geschickte Wendung der Mensch in unechter Weise beruhigt, indem man offenbar christusbezogen schließt: Christus hat alles für dich getan, du brauchst nichts mehr zu tun. Um diese Behauptung noch zu untermauern, zeigt man auf das vergebliche Tun der gesetzestreuen Juden, die durch ihre eigene Gerechtigkeit sich selbst den Blick für die Gerechtigkeit Gottes verbauten.

Greifen wir den angeführten Satz noch einmal auf: Christus hat alles für dich getan, du brauchst nichts mehr zu tun. Dieser Satz täuscht, weil er mich als Mensch in der Illusion wiegt, mein Tun könnte mit dem Tun Jesu verglichen werden.

Nach dem biblischen Zeugnis sind wir von Jesus nicht durch unser Tun, sondern durch unser Sein getrennt. Jesus hat uns nur deshalb erlösen können, weil er ein anderes Sein hatte. Nicht sein Tun, sein Verhalten, sein Glaube qualifizierten ihn zum Sohn Gottes; vielmehr geht seine Gottessohnschaft allem Tun voraus. Wäre Jesus nicht der Sohn Gottes selbst, dann bliebe sein Tun ebenso bedeutungslos wie das jedes anderen Menschen.

Hätte nur irgendein Mensch den Gedanken gefasst, sich für die Sünden aller Menschen zu opfern, dann wäre dieses Opfer über das Maß einer menschlichen Tragödie nicht hinausgekommen.

Professor Rudolf Bultmann hat aus seiner Sicht die Torheit des Kreuzes auf gezeigt:

»Welch primitive Mythologie, dass ein Mensch gewordenes Gotteswesen durch sein Blut die Sünden der Menschen sühnt.«1

Warum empören wir uns über eine solche Aussage? Aus Rudolf Bultmanns Sicht ist sie vollkommen gerechtfertigt; auch wenn sie am biblischen Zeugnis meilenweit vorbeischießt. Entsprechend denkt auch der Theologe Heinz Zahrnt, wenn er im Leben und Wirken Jesu pure Menschlichkeit – befreit von allem göttlichen Beigeschmack – entdeckt. Er schreibt:

»Für das Verständnis der ›Gottessohnschaft‹ Jesu folgt daraus, dass es sich hierbei nicht um etwas ›Übergeschichtliches‹, ›Übernatürliches‹ oder gar Unnatürliches handelt, sondern dass wir auch mit ihr im Bereich des Menschlich-Geschichtlichen zu bleiben haben. Jesus ist der Sohn Gottes nicht aufgrund einer besonderen Zeugung und damit einer besonderen physischen Qualität, sondern aufgrund seines Verhaltens.«2

Bultmann und Zahrnt sind sich darin einig, dass die von den Vätern auf gestellte Zweinaturenlehre: »Jesus Christus wahrer Mensch und wahrer Gott« unhaltbar ist. Darum ist es aus ihrer Sicht nur folgerichtig, wenn Jesus die Schuld der gesamten Menschheit nicht tilgen kann. Wenn Jesu Gottessohnschaft bestritten und aufgehoben wird, kann sein Tun keine andere Qualität haben als jedes menschliche Tun überhaupt. Hat man erst einmal Jesu Gottgleichheit ausgeschieden, dann bekommt der Satz von der »primitiven Mythologie« sogar noch einen biblischen Grund. In Psalm 49, 8–9 wird Bultmanns These scheinbar gestützt. Wir lesen da: »Kann doch keiner einen anderen auslösen oder für ihn an Gott ein Sühnegeld geben – denn es kostet zu viel, ihr Leben auszulösen; er musst davon absehen ewiglich.«

Der theologische Denker Paul Schütz hat das Geheimnis des Sohnes Gottes durch das Wunder des Heiligen Geistes erfahren, und einen nur menschlichen Jesus können wir nach seiner Erkenntnis aus unserem Denken und Leben streichen.

»An einem Christus, der ein Lehrer, ein Weiser, ein großer Mensch oder ein Religionsstifter war, habe ich kein Interesse mehr. Das war einmal, als ich die Welt noch nicht kannte und jenes ›Dogma vom Menschen‹ meine Vernunft mit der ›intellektuellen Redlichkeit‹ bei der Ehre gepackt und mich zu ihrem Knecht gemacht hatte … Wenn Christus nicht Gott selbst ist, der dem menschlichen Geschlecht zu Hilfe kommt, dann habe ich kein Interesse an ihm. Wenn er nichts anderes ist oder tut oder bringt, als was wir auch selbst sind, tun oder vermögen, dann ist er überständig, und es ist wahrlich an der Zeit, ihn abzutun.«3

Man braucht also »seinen Verstand nicht beim Küster abgeben« (H. Zahrnt), wenn man die Gottessohnschaft Jesu so glaubt, wie sie uns in der Bibel bezeugt wird. Aber man wird bereit sein müssen, die Grenzen unserer Erkenntnis als »Stückwerk« zuzugeben und Gott zu bitten, uns den Sohn selbst zu offenbaren. Sofern der genannte Einwand, Christus hat alles für dich getan, du brauchst und kannst nichts mehr tun, als Seinsaussage verstanden wird, hat er sein volles Recht, doch lehnt sich sofort die Frage an, ob die Entscheidung für Jesus als ein Tun im aufgezeigten Sinn verstanden werden kann.

Wo es um die Entscheidung geht, uns mit eigener Kraft aus den Bindungen des Teufels zu lösen, sind und bleiben wir zur Ohnmacht verurteilt, weil wir als gefallene Geschöpfe seinsmäßig von Jesu Gottsein geschieden sind.

Welcher Art ist aber die notwendige Entscheidung, die uns einerseits nicht erspart wird, andrerseits aber niemals als Konkurrenz gegenüber dem Werk Christi gedeutet werden kann? Bringen wir es auf einen Nenner: Unser Tun ist vergeblich, wo es um die Versöhnung mit dem heiligen Gott geht, es wird aber notwendig, auf Jesu Ja zu uns, mit unserem Ja zu antworten.

Voraussetzung der Entscheidung ist der Verzicht auf eine Vorbedingung von menschlicher Seite. An dieser Stelle marschieren wir ein Stück weit Seite an Seite mit all denen, die eine Entscheidung für Jesus ablehnen; nämlich in der Erkenntnis, dass unserer Entscheidung das Handeln Gottes schon immer vorauseilt (Röm. 5, 8; 2. Kor. 5, 19). Unsere Wege trennen sich aber an der Stelle, wo man behauptet, weil sich Jesus für uns entschieden hat, sei die menschliche Entscheidung für ihn belanglos.

Voraussetzung der Entscheidung bleibt Gottes Tun am und durch den Sohn. Es ist keine echte Entscheidung möglich ohne den vorausgehenden Ruf des erhöhten Herrn. Erst Gottes Werk in seinem Sohn Jesus Christus gibt dem Ruf in die Nachfolge seine Schwerkraft.

Entscheidung für Jesus verändert nicht allein unser Denken; der Mensch wird aus dem Reich der Finsternis in das Reich Jesu Christi versetzt (Kol. 1, 13).

1 R. Bultmann: Kerygma und Mythos I, Seite 20

2 H. Zahrnt: Es begann mit Jesus von Nazareth, Seite 131. Gütersloher Verlagshaus G. Mohn (1960)

3 P. Schütz: Auferstehung, Seite 21. Brunnquell Verlag, Metzingen (1966)

1. Hören und Verantwortung

Anhand einer alttestamentlichen Geschichte wollen wir die Beziehung zwischen Hören und Verantwortung auf zeigen. Diese Geschichte steht im ersten Buch Samuel und schildert uns, wie Samuel dreimal von Gott gerufen wird, ohne zu erkennen, dass Gott selbst der Rufende ist. Zunächst hält er Gottes Stimme für die des alten Priesters Eli. Erst als Eli seinem jungen Tempeldiener sagt, es ist der Herr selbst, beginnt das eigentliche Reden Gottes. Samuels erste Gotteserfahrung beginnt mit dem Hören, noch präziser: mit dem Hinhören: »Samuel sprach: Rede, Herr, denn dein Knecht hört« (1. Sam. 3, 10). Ausdrücklich heißt es einige Verse vorher: »Aber Samuel hatte den Herrn noch nicht erkannt, und des Herrn Wort war ihm noch nicht offenbart« (1. Sam. 3, 7).

Gewiss hatte er sich über die Geschichte Gottes mit seinem Volk Israel gründlich informiert, aber wie das Reden Gottes konkret zu verstehen war, davon hatte er keine Ahnung. Nun wird er von Gott selbst gerufen, und aus diesem Ruf erwächst die Verantwortung.

Als die eigentliche Not des modernen Menschen wird heute seine Verstehensnot gesehen. Ist es wirklich Verstehensnot, oder sollte es nicht doch mit unserem Hören oder dem Nichthören Zusammenhängen?

Drückt Gott sich so unklar aus, dass wir in Not kommen, oder geraten wir in Not, weil sich Gott so unmissverständlich zu Gehör bringt?

Täuschen wir nur Verstehensnot vor, weil wir ihn so gut verstehen?

Mark Twain, der amerikanische Schriftsteller, schreibt: »Nicht die unklaren Stellen bereiten mir Bauchschmerzen, sondern gerade die klaren.« Je klarer Gott redet, um so größer wird unsere Verantwortung. Es ist eine Verantwortung, die durch richtiges Hören entsteht.

Wenn wir die Voraussetzung echter Entscheidung im alleinigen Handeln des Vaters am und durch den Sohn begründet sehen, so kann die Verantwortung eines biblischen Botschafters ausschließlich darin bestehen, das Zeugnis von Jesus ohne Abstriche zu verkündigen.

Seine Verantwortung erwächst aus dem Hören, und zwar in doppelter Hinsicht. Als Hörender hat er zuerst für sich selbst gehört, entgeht also der Gefahr, beziehungslos zu verkündigen. Zweitens wird er als existentiell Betroffener keine andere Botschaft verantworten können als die Botschaft Jesu, durch die er selbst gerettet worden ist.

Diese enge Verknüpfung zwischen Hören und Verantwortung schützt den Zeugen Jesu vor jeder falschen Anpassung oder dem trügerischen Entgegenkommen der Welt gegenüber. Weil sich alle Verantwortung erst aus dem Hören formt, kann er niemals verkündigen, was man hören will, sondern was man hören muss. Die heute so beliebte Angleichung unter dem Deckmantel, man müsse die Botschaft des Evangeliums zeitgemäß bringen, ist, mit Sören Kierkegaard gesprochen, der Judas Nummer zwei.

Wir werden kaum verhindern können, dass eine kompromisslose Botschaft unter dem Begriff pietistische Verengung u. ä. läuft. Doch das alles steht in keinem Verhältnis zu der Verantwortungslosigkeit, wenn wir den modernen Menschen zum Ausgangspunkt unserer Verkündigung machen. Bestünde der ursprüngliche Zweck des Evangeliums darin, die Menschen nur zu informieren, d. h. ihnen von Gottes Liebe zu erzählen, ob sie diese Liebe annehmen oder verwerfen, dann hätten die Apostel höchstens ein paar Strohfeuer angezündet.

Aber es ist genau umgekehrt. Wir halten die verzehrende Glut Gottes für ein harmloses Strohfeuer. Dass wir das Anliegen der Apostel nicht mehr begreifen, liegt niemals an Lessings berühmtem »garstigen Graben«, sondern wir haben zwischen Gott und uns eine Wand aufgerichtet, die uns Gottes Wirklichkeit verbirgt.

Die Morphiumthese, man brauche sich nicht für Jesus zu entscheiden, bezieht ihre Weisheit aus rein menschlichen Erwägungen. In der Tiefe verstandenes Evangelium ist nicht nur Mitteilung, sondern Generalangriff auf eine im Todesschlaf liegende Welt.

Evangelium wird zum Dolchstoß, der mitten ins Herz dringt. Verantwortliches Hören prägt mein Zeugnis, und damit umfasst meine Verantwortung auch den Nächsten. Quelle des Zeugnisses ist allein das Gehörte.

Wer etwas anderes sagt, als er hört, ist ein falscher Zeuge: »Wir würden aber auch erfunden als falsche Zeugen Gottes, weil wir wider Gott gezeugt hätten, er habe Christus auferweckt, den er nicht auferweckt hätte, wenn doch die Toten nicht auferstehen« (1. Kor. 15,15).

Wir dürfen es nicht verschweigen, dass richtiges Hören zu einer drückenden Last für den Hörenden werden kann. In der genannten Samuelgeschichte empfindet Samuel diese Last und leidet darunter. Seine Bitte: »Rede, denn dein Knecht hört« hat unheimliche Konsequenzen. Gott hat beschlossen, das Haus des Eli durch ein unwiderrufliches Gericht heimzusuchen, und Samuel soll dieses Gericht verkündigen: »Denn ich habe es ihm angesagt, dass ich sein Haus für immer richten will um der Schuld willen, dass er wusste, wie sich seine Söhne schändlich verhielten, und ihnen nicht gewehrt hat. Darum habe ich dem Hause Eli geschworen, dass die Schuld des Hauses Eli nicht gesühnt werden solle, weder mit Schlachtopfern noch mit Speisopfern immerdar« (1. Sam. 3, 13–14). Die Reaktion des Samuel auf diese Botschaft ist Furcht (1. Sam. 3,15). Einen der überzeugendsten Hinweise, dass Evangeliumsverkündigung mehr als bloße Information ist, haben wir im dreizehnten Kapitel der Apostelgeschichte. Der Apostel hat den Juden die frohe Botschaft von Jesus gebracht, und ihre Reaktion: Neid, Widerspruch bis hin zur Lästerung (Apg. 13, 45). Wie verhält sich der Apostel?

Paulus »reagiert« nicht enttäuscht oder verärgert; sein ernstes Gerichtswort an seine jüdischen Brüder wurzelt in der Botschaft Jesu, den er verkündigt.

Weil er zuvor richtig gehört hat und das Gehörte ohne Abschwächungen weitergibt, geht die Last auf die Hörenden über. Mit der ihm verliehenen Vollmacht belastet er seine jüdischen Hörer. Bevor er sich den Heiden zuwendet, stellt er noch einmal den Vorzug heraus, den Israel hatte, indem es zuerst die Botschaft von Jesus hören sollte: »Euch musste zuerst das Wort Gottes gesagt werden; nun ihr es aber von euch stoßt und achtet euch selbst nicht wert des ewigen Lebens, siehe, so wenden wir uns zu den Heiden« (Apg. 13, 46).

Unsere Väter haben den Entscheidungscharakter des Evangeliums besser erkannt als wir aufgeklärten Leute des 20. Jahrhunderts. Sie hatten die Freiheit (nicht zu verwechseln mit Überheblichkeit), nach einer EvangelisationsVersammlung den Zuhörern zuzurufen: So wie ihr unter das Wort gekommen seid, geht ihr nicht wieder nach Hause. Durch das Hören des Evangeliums seid ihr mit einer Verantwortung befrachtet, die euch niemand abnehmen kann.

Gewiss sollten wir diese besondere Stunde in Antiochien nicht verallgemeinern und jede Interesselosigkeit sofort auf ähnliche Weise zu erschüttern suchen.

In Römer 9 lässt uns der Apostel einen Blick in sein Herz tun, und es erscheint uns beinahe unfasslich, dass ein Mensch trotz des Hasses der Juden nächtelang für sein Volk gebetet hat. Er bezeugt selbst, wie er um sein Volk gerungen hat, damit sie Jesus als ihren Messias erkennen möchten: »Ich sage die Wahrheit in Christus und lüge nicht, wie mir Zeugnis gibt mein Gewissen in dem Heiligen Geist, dass ich große Traurigkeit und Schmerzen ohne Unterlass in meinem Herzen habe. Ich selber möchte verflucht und von Christus geschieden sein meinen Brüdern zugut, die meine Stammverwandten sind nach dem Fleisch« (Röm. 9, 1–3).

Es mag ihm selbst ein Rätsel gewesen sein, als er erleben musste, wie sich unter der Verkündigung die Herzen seines Volkes fast sichtbar verhärteten, während die Heiden das lebendige Wasser des Evangeliums begierig aufnahmen.

Es gehört zur Eigenständigkeit des Evangeliums, dass wir als Verkündiger es nicht beeinflussen können, wie es die Herzen erreicht und wie es in ihnen wirkt. Darum bleibt unsere Verantwortung, die Botschaft unverändert zu verkündigen, für die Folgen kommt die Botschaft selbst auf. Ein Verkündiger sollte immer in der heiligen Spannung leben, dass durch seine Botschaft etwas geschieht, aber was geschieht, kann er weder steuern noch beeinflussen. Wäre Paulus ein Opportunist moderner Prägung gewesen, dann hätte er in Antiochien sicherlich geschwiegen.

Geschwiegen, schweigen, verschweigen: hier zeigt sich die Verantwortung von einer völlig anderen Seite. Wir tragen nicht nur Verantwortung für das, was wir sagen, sondern auch in gleicher Weise für das, was wir verschweigen.

Da sehen wir das Verhängnis mancher Verkündigung. Martin Luther konnte das »entdeckte Evangelium« nicht verschweigen, darum sein berühmtes »Ich kann nicht anders« vor dem Reichstag zu Worms.

Heute wird dieser Satz des Reformators nicht selten verändert: Hier stehe ich; ich kann auch anders. Dieses Anderskönnen ist schon Verschweigen der Botschaft, nur verhüllt sich dieses Verschweigen in raffiniertem Reden.

Erleidet die Botschaft des Evangeliums eine Einbuße, wenn wir sie verändern und entschärfen? Hat sie nicht eine eigene Kraft, unabhängig davon, ob wir sie verantwortungsvoll oder verantwortungslos weitersagen? Ohne Zweifel, die Sprengkraft des Wortes liegt in dem Wort selbst, und unzählige Menschen sind durch das bloße Lesen – ohne mündliche Verkündigung – zum Glauben gekommen. Anderseits gehört die mündliche Verkündigung zum Hauptauftrag, den der erhöhte Herr seinen Aposteln und darüber hinaus der Gemeinde Jesu zu allen Zeiten gab. »So kommt der Glaube aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort Christi« (Röm. 10,17).

An dieser Stelle dürfen die Rollen nicht vertauscht werden. Auch wenn wir es kaum ermessen können, dass Jesus diese Verantwortung in die Hände der Menschen legt. Niemals erhält die Botschaft ihren Wert durch die Botschafter; vielmehr bleibt der Botschafter immer an die ihm anvertraute Botschaft gebunden, sowohl hinsichtlich seines eigenen Glaubens als auch seiner Verkündigung.

In der Offenbarung des Johannes werden wir vor einer verhängnisvollen Verwechselung gewarnt: »Ich bezeuge allen, die da hören die Worte der Weissagung in diesem Buch: Wenn jemand etwas dazusetzt, so wird Gott zusetzen auf ihn die Plagen, die in diesem Buch geschrieben stehen. Und wenn jemand etwas davon tut von den Worten des Buchs dieser Weissagung, so wird Gott abtun seinen Anteil vom Baum des Lebens und von der heiligen Stadt, davon in diesem Buch geschrieben steht« (Offb. 22, 18–19).

Zum Abschluss einige Fragen an den Leser:

Ist die Behauptung, man brauche sich für Jesus nicht zu entscheiden, da er sich für uns entschieden hat, das Ergebnis ernsten biblisdien Nachforschens? Oder wird ganz bewusst darauf hingearbeitet, die biblische Entscheidung zu unterschlagen, weil man fürchtet, dass sich die Wirkung des göttlichen Wortes unserer menschlichen Kontrolle entzieht?

In Solschenizyns berühmtem Roman »Krebsstation« findet zwischen zwei Männern ein Gespräch statt. Es dreht sich um den Tod. Der eine von beiden, Pawel Nikolajewitsch, will nicht an den Tod denken, weil er das schreckliche, ganz persönliche Erleiden des Todes fürchtet. Im Kollektiv gab es eine relative Geborgenheit. Sein Mitpatient Kostoglotow aber lässt sich nicht den Mund verbieten. Ob es der andere hören will oder nicht, er musst seine Gedanken einmal aussprechen:

»Was hämmern wir den Menschen ein Leben lang ein? – Du bist ein Teil des Kollektivs, du bist ein Teil des Kollektivs! Das ist richtig, solange sie leben. Aber wenn es ans Sterben geht, werden sie aus dem Kollektiv entlassen. Mag jeder Mensch zum Kollektiv gehören, sterben musst er allein. Und die Geschwulst überfällt ihn allein, nicht das ganze Kollektiv.«4

Dieses Gespräch, auf unsere Situation übertragen, erlaubt die Folgerung, ob nicht das »Kollektiv« der Menschen, denen man die Entscheidung Jesu für alle bedenkenlos zuspricht, das Individuelle fürchtet?

Der Tod reißt uns ungefragt aus dem »Kollektiv« und stößt uns in die Nacht der Angst. Sollte Jesus jeden in das »Kollektiv« der Geretteten hineinziehen, ob er will oder nicht?

Darin sind wir uns einig: Zu unserer Errettung konnten und können wir nichts tun, aber wir haben die Freiheit, den Ruf Jesu zu überhören.

Jesus hat uns zuerst erwählt (Joh. 15, 16). Schließt das aber unsere Entscheidung aus?

4 A. Solschenizyn: Krebsstation I, Seite 127. Rowohlt Nr. 1395/1396 (1971)

2. Gottes Erwählung – unsere Entscheidung

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3. Der Entscheidungscharakter des Wortes selbst

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II. Im Scheinwerferlicht Gottes

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1. Die unwiderrufliche Stunde

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2. Der letzte Anstoß

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3. Nur Wache können wecken

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1. Keine Entschuldigung mehr

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2. Entscheidungen werden nur bestätigt

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3. Es gibt ein Zuspät!

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