Fluch des Mammons - Wolfgang Schröter - E-Book

Fluch des Mammons E-Book

Wolfgang Schröter

4,8

Beschreibung

Wolfgang Schröter schreibt in seinem Essay über die Zerstörungskraft instabil gewordene Schuldner-Gläubiger-Beziehungen. Den Vergleich zur Kunstform der Tragödie ziehend, deckt er die Gefährlichkeit der gegenwärtigen Schuldenkrise als gesellschaftliches und politisches - und nicht nur als finanzwirtschaftliches - Phänomen auf. Und konstatiert: `Die Schulden verändern inzwischen uns, nicht mehr wir sie, solange wir sie im Kern ihrer Leistungsversprechen unangetastet und damit in ihrer Höhe weiter wachsen lassen.´ Denn die Welt, in der Kredit seinen Preis verliert, wird zu einer Welt der Ausnahme, der Investitionsruinen, des wirtschaftlichen und politischen Niedergangs, der sozialen Kälte und der kaum mehr aufschiebbaren Konfrontation. `Geld und Kredit ist in seiner Ordnung und Funktionsfähigkeit immer auch essenzieller Teil politischer Machtausübung. In letzter Konsequenz seiner Unordnung dagegen führt es zur politischen Ohnmacht.´

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Welt verändern

 

Inhalt

Wolfgang Schröter | Fluch des Mammons – Schicksal und Entscheidung in der Finanzkrise

Anhang

Über den Autor

Impressum

Wolfgang Schröter Fluch des Mammons Schicksal und Entscheidung in der Finanzkrise

Normalität und Zerstörung

Geld und Kredit. – Ewige Geißel der Menschheit oder integraler Teil des Fortschritts? Wie bei zwei elektrisch aufgeladenen Polen scheiden sich hier die Geister, immer bereit, aufeinander loszugehen, hochemotional, mal mit Argumenten, mal mit Taten. Für die einen ist es die immer gleiche Erzählung von Ausbeutung der Schuldner durch die Gläubiger, verbunden mit Repression, Versklavung, Wucher, überschäumender Gier, sozialer Ungleichheit und Mega-Krisen. Für die anderen ist Geld und Kredit essenzieller Bestandteil der fortschreitenden Geschichte, verbunden mit Innovation, Arbeitsteilung, Emanzipation und Wohlstand. Wie kommt es, dass bei einem Medium des Tausches, der Wertaufbewahrung sowie gegenseitiger Ansprüche und Verpflichtungen die Interpretationen über seine Eigenschaften so weit auseinanderklaffen?

Vielleicht liegt es daran, dass Geld und Kredit schon in seinem Wesen potenzielle Gegensätze in sich trägt: etwa stabil und fragil zu sein, konkret und abstrakt, Vertrauen bildend und Vertrauen zerstörend, ausgleichend und spaltend, mächtig und ohnmächtig oder friedensstiftend und kriegstreibend. In welchem Aggregatzustand sich Geld und Kredit gerade befindet, hängt also davon ab – aber wovon genau? Allein vom Auge des Betrachters? Von der inneren Beschaffenheit des Systems? Von den Banken? Von der Politik und damit vom Staat? Von gesellschaftlichen Veränderungen? Von den internationalen Beziehungen?

Fest steht: Das Thema Geld und Kredit hat viele Facetten, und diese verändern sich ständig. Dabei nehmen wir in normalen Zeiten die darin wirkenden Kräfte kaum wahr. Mit diesem Medium bestreiten wir unseren Lebensunterhalt, lassen uns unsere Arbeit entgelten, zählen unser Vermögen, zahlen unsere Steuern, sparen für die Zukunft und verschulden uns darin über Kredit.

Genau das ist der Sinn und Zweck der monetären Welt. Ohne diese Eigenschaft der vermeintlichen Selbstverständlichkeit und Unsichtbarkeit der in ihr wirkenden Beziehungen wäre sie nie entstanden. Manche nennen das die Magie des Geldes. Es ist nicht unser bewusstes Nachdenken über den inneren Zustand, sondern die vegetative Kraft des kollektiven »Daran-Glaubens«, die Geld und Kredit in einer arbeitsteiligen Welt so attraktiv macht. Dies setzt eine für alle verständliche, rechenbare und über die Zeit beständige Ordnung in den Beziehungen unter Menschen, in den Gesellschaften sowie in und unter Staaten voraus. Es ist dann Aufgabe des Staates, der Zentralbanken, der Finanzindustrie, des Rechts und der internationalen Beziehungen, dieser Ordnung ein Siegel der Stabilität zu verleihen. So entsteht Vertrauen in unsere gegenseitigen monetären Tauschtransaktionen, Verpflichtungen und Ansprüche.

Aber wehe, wenn dieses Vertrauen auf breiter Front verloren geht. Dann entsteht aus der Magie von Geld und Kredit ganz schnell eine kollektive Phobie. Auf einmal entpuppt sich die ehemals vegetativ empfundene Normalität als ein Wust bewusst wahrgenommener Kreditbeziehungen, denen der Boden der Gewissheit entzogen wird. Geld und Kredit wird dann zum Austragungsort widerstreitender Interessen mit hohem Eskalationspotenzial. Am Ende jagen die Schuldner die Gläubiger oder die Gläubiger jagen die Schuldner oder sie jagen sich alle gegenseitig. Nach diesem Treiben weiß zumeist keiner mehr, was der tatsächliche Ursprung der daraus folgenden Katastrophe eigentlich war. Klar ist nur: Die meisten Gläubiger haben dabei einen Großteil ihrer ehemaligen Ansprüche verloren. Und die Schuldner fühlen sich verhöhnt, verarmt und versklavt.

Deshalb der seit Jahrhunderten immer gleiche Hass auf die Geldwirtschaft, wenn Banken, Währungen und die Finanzmärkte zusammenbrechen, wenn sich Vermögen in Luft auflösen und wenn sich vermeintliche Sicherheiten als trügerisch erweisen. Mit der Krise von Geld und Kredit ist immer eine Krise der Finanzindustrie verbunden. Aus stürzenden Schuldentürmen wird persönliche und kollektive Schuld einer ganzen Profession. Das war schon immer so, das gilt auch heute, und doch ist dies nur die halbe Wahrheit.