Foxtrott 4 - Jonathan Schnitt - E-Book

Foxtrott 4 E-Book

Jonathan Schnitt

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Beschreibung

Authentischer Insider-Report über die wirkliche Situation der Soldaten in Afghanistan

»Zehn Jahre Afghanistankrieg – ein unangenehmes, peinliches Datum«, schrieb die »Zeit« im Herbst 2011 und nannte diesen Krieg eine »schwer erträgliche Last« für den Westen. Diese Last tragen seit zehn Jahren auch deutsche Soldaten. Der Journalist Jonathan Schnitt wollte sehen, hören, spüren, was das, aus der Nähe betrachtet, bedeutet – jeden Tag, jede Nacht.
Er lebte ein halbes Jahr mit einem deutschen Bataillon nahe Kundus, das »an vorderster Front« Dienst tat, teilte mit den jungen Frauen und Männern Hitze, Dreck, Flöhe, Anstrengung, Angst. Er sprach mit ihnen über ihre Erlebnisse, Gefühle, Wünsche und über die Gefahr, dem Tod zu begegnen. Und er sah, wie der Krieg sie veränderte. Jonathan Schnitt rückt aus der Innenperspektive endlich die Soldaten in den Mittelpunkt und zeigt das ungeschminkte deutsche Gesicht des Afghanistankrieges – hautnah, illusionslos, berührend.

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Seitenzahl: 232

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Jonathan Schnitt

FOXTROTT 4

SECHS MONATE MIT DEUTSCHEN SOLDATEN IN AFGHANISTAN

C. Bertelsmann

1. Auflage© 2012 by C. Bertelsmann Verlag, München,in der Verlagsgruppe Random House GmbHUmschlaggestaltung: R·M·E Roland Eschlbeck und Rosemarie KreuzerBildredaktion: Dietlinde OrendiSatz: Uhl + Massopust, AalenISBN 978-3-641-07357-2www.cbertelsmann.de

Alles, was wir sehen, ist eine Perspektive, keine Tatsache.Alles, was wir hören, ist eine Meinung, nicht die Wahrheit.

Mark Aurel, römischer Kaiser

Inhalt

Glückwünsche und gelbe Wasserkanister

Embedded oder »tief integriert«

Der Afghanistan-Krieg der Bundeswehr

»Trockenübung« vor dem Einsatz

Dominic Schellenberger – Interview

Ein Zivi auf dem Dingo-Dach

Hannover – Termez

Termez – Kunduz

Schulstunde für Anfänger

Foxtrott 4

Einschießen bei 55 Grad

Jan-Uwe »Juwe« Schröder – Interview

Der unsichtbare Feind

Erste »Raumverantwortung«

Coca-Cola, Marlboro und Heckler & Koch

Tee und Fladenbrot

Schura und die Geschichte vom Pferd

Kunduz – Hamburg – Kunduz

Foxtrott 4 auf Höhe 432

Monotonie und Sockenwäsche

Ehrenhain und Staubwolken

Neutralität als »tief integrierter« Journalist?

Schwarzer Freitag

Die Pick Ups von Isa Khel

Teamarbeit mit Blechkuchen

Heimweh-Skizzen

Matthias Chill – Interview

Ende einer Grillparty

Kunduz – Hamburg – Kunduz

Plastikplane über dem Safe House

Präsenz zeigen

Mit der ANP in Nawabad

Kameradschaft und was sonst noch zählt

Talib oder nicht Talib?

So nah und doch so fern

Ehrungen zur Heiligen Nacht

Neujahrskater

Noch 18 Tage

Goldene Fahrt

Daniel »Gina« Wild, zehn Tage vor der Heimreise – Interview

Abschied

Alles, was wir sehen, ist eine Perspektive, keine Tatsache

Foxtrott 4 nach dem Einsatz

Dank

Register

Bildnachweis

Bildteil

Oktober 2010. Anruf Oberstleutnant Siegfried Houben aus dem Presseinformationszentrum des Heeres: »Guten Tag, Herr Schnitt. Ich nehme an, Sie haben in Hamburg eine gemütliche, saubere und warme Wohnung …?«

»Doch ja, ich kann nicht klagen …«

»Schön. Genießen Sie das noch. Sie werden sich nämlich demnächst ziemlich umstellen müssen. Sie sind an Bord. Für ein halbes Jahr als Journalist bei den deutschen Soldaten in Afghanistan. Ihre Einheit ist die 3. Kompanie des Panzergrenadierlehrbataillons 92 aus Munster. Panzergrenadiere, Kampfkompanie. Ab Juli 2011 sind Sie mit dieser Einheit in der Region Kunduz. Na dann: Glückwunsch!«

Glückwünsche und gelbe Wasserkanister

Provinz Kunduz, Nord-Afghanistan

Ein Jahr und einen Monat nach diesem Telefonat stehe ich mit deutschen Soldaten morgens um 8 Uhr an einer Brücke in Nord-Afghanistan. Die Brücke führt über ein ausgetrocknetes Flussbett und ist noch im Bau. Temperatur: 45 Grad. Und natürlich trage ich eine schwere Schutzweste samt Helm wie die anderen Männer um mich herum. Alles Soldaten der Bundeswehr im Auslandseinsatz.

Ich bin »embedded« bei der sogenannten Task Force Kunduz und habe einen Platz auf dem Dingo mit der Funk-Bezeichnung »Foxtrott 4« – also dem vierten Fahrzeug des Foxtrott-Zuges. Die Soldaten sollen an diesem Morgen den Fortschritt am Bau einer Brücke untersuchen und im Anschluss daran eine Patrouille durchführen. Die Bauarbeiten laufen schleppend, die afghanischen Vertragspartner haben die Vorgaben der Deutschen nicht eingehalten. Der Ingenieur der Bundeswehr bemängelt die Bauweise. Die afghanischen Bauarbeiter begreifen nicht, was er meint, und verweisen auf den Bauleiter. Worte werden ausgetauscht, doch verstehen tun beide Seiten sich nicht. Die Stimmung ist gereizt. Deutsche Gründlichkeit trifft auf afghanische Improvisation, deutsches Wunschdenken auf afghanische Realität. Nicht das erste Mal und nicht das letzte Mal in diesem Einsatz. Heute am Beispiel eines zivilen Aufbauprojekts.

Mitten hinein in die Besprechung rauscht es aus dem Funkgerät von Oberfeldwebel Schröder: »Mögliche IED im Bewässerungsgraben hinter uns.«

IEDs sind »Improvised Explosive Devices«, selbstgebaute Sprengfallen. Erst ein paar Minuten ist es her, da hat unser Zug mit allen Fahrzeugen die Fundstelle passiert.

Nun hat der Pionier des Zuges in einem Abwasserrohr einen gelben Wasserkanister entdeckt. »Wahrscheinlich wirklich nur ein Wasserkanister, dann war der Aufwand mal wieder umsonst. Aber untersuchen müssen wir es … Ich hasse gelbe Wasserkanister!«

IEDs, diese verborgenen oder als harmloser Abfall kaschierten Sprengfallen, sind derzeit die größte Gefahr für die Soldaten in Afghanistan. Einerseits habe die Situation sich beruhigt, sagt Kompanie-Chef Hauptmann Schellenberger, andererseits verschärft: »Vor einem halben Jahr herrschte bei den Vor-Vorgängern noch beinahe tagtäglich hochintensives Feuergefecht vor. Das haben wir heute nur noch sehr selten. Dafür setzen die Aufständischen jetzt viel mehr IEDs ein. Immer aus der Deckung heraus, das macht eine Aufklärung in dem Bereich so schwer.«

Vergraben, versteckt, schwer zu entdecken, leicht herzustellen – geringer Aufwand, schreckliche Wirkung. Die meisten Verwundungen und Todesfälle deutscher Soldaten gehen auf den Einsatz dieser selbstgebauten Sprengsätze zurück.

Über Funk ruft Schellenberger die Sprengstoffbeseitiger, die sogenannten EODs (Explosive Ordnance Disposal), aus der drei Kilometer entfernten Polizeistation von Chahar Darreh. Dort ist der deutsche Außenposten, in dem wir seit acht Tagen und Nächten leben. Die Soldaten räumen die Umgebung des Fundorts, ein ausgetrockneter Bewässerungsgraben am Rand einer Staubpiste.

Nach einer Viertelstunde treffen zwei Kampfmittelbeseitiger in ihrem Fuchs-Transportpanzer ein. »Falls es wirklich nur ein Kanister ist – tut mir leid«, sagt der Pionier. Die EODs winken ab. Ran an die Arbeit. Einer der beiden klettert in den Abwassergraben, in dem die Sprengfalle liegen soll. Der andere steht hundert Meter entfernt und hält Funkkontakt. Wir, die Soldaten und ich, stehen weit entfernt. Die EODs arbeiten immer so: in einer menschenleeren Blase. Sie gelten unter den Soldaten als die Verrückten. »Verrückt ist der, der nicht weiß, was er tut«, so sehen die EODs das.

Der Erste von ihnen taucht wieder aus dem Graben auf: »Definitiv eine IED.« Der Zweite funkt die Meldung weiter: »Wir haben eine IED im Wassergraben.« Die Blase um die beiden jungen Männer wird nun noch etwas größer.

Warum der Sprengsatz nicht explodiert ist, als wir mit den Fahrzeugen vorbeifuhren? »Keine Ahnung«, sagt der EOD: »Könnte an den Schutzmaßnahmen am Auto liegen, oder der Typ am Auslöser hat verschlafen. Wir werden das Ding jetzt entschärfen und dann sprengen.« Kleine Pause. »Da haben wir aber heute alle ein Scheiß-Glück gehabt.«

Die Detonation ist gewaltig: Gesteinsbrocken fliegen herum, Erdballen, Staubwolken. Hätte unser Dingo-Radpanzer dem standgehalten? Keiner von uns spricht die Frage aus, die in unseren Köpfen umgeht: Was wäre gewesen, wenn …

Embedded oder »tief integriert«

Hamburg, Deutschland

7600 und ein paar mehr Kilometer sind es von Hamburg, wo ich lebe, nach Kunduz. Warum fahre ich über Sprengfallen, die – »Scheiß-Glück« – heute nicht explodiert sind? Ich bin kein Soldat, war nicht einmal beim Bund. Ich habe als Zivi auf einem Ökobauernhof mit Behinderten gearbeitet. Warum zum Teufel bin ich also hier?

Weil ich wissen will, was genau die deutschen Soldaten in Afghanistan machen, wie im Einzelnen ihr Alltag hier abläuft und weil ich erfahren will, ob sie sich – so wie ich – fragen, warum sie in diesem kargen Land sind.

Über ein Jahr lang hat sich unser Team bemüht, eine Genehmigung für dieses Projekt zu bekommen. Nach vielen Gesprächen in Bonn, in Berlin und in Munster kam endlich die Zusage. »Eine Zensur findet nicht statt, die journalistische Freiheit wird gewahrt», sagte man uns. Im Gegenzug sicherten wir dem Ministerium und den Soldaten zu, »sensibel« zu filmen und Vertrauliches als solches zu behandeln. Das war auslegbar und würde sich im Praxistest beweisen müssen. Damit stand unser Projekt: den sechsmonatigen Einsatz einer Bundeswehr-Einheit in der Region Kunduz langfristig und aus der Nähe zu begleiten. Sich vor Ort ein Bild zu machen und es in diesem Buch und dem Film »Foxtrott 4 – sechs Monate Afghanistan« an Leser und Zuschauer weiter zu geben.

Am 1. Juli 2011 soll ich mit einer Gruppe deutscher Soldaten nach Afghanistan verlegt werden: 180 junge Männer und Frauen zwischen 19 und 34 Jahren. Die Panzergrenadiere aus Munster (Lüneburger Heide, Niedersachsen) ziehen für sechs Monate in den Krieg – und ich fahre mit. Ich werde das Gleiche essen wie die Soldaten, werde neben ihnen schlafen, mit ihnen auf Patrouille fahren, mit ihnen schwitzen und frieren und, vermutlich, auch Angst mit ihnen haben. Das halbe Jahr in Kunduz ist Thema dieses Buches.

Insofern ist die Erzählperspektive eine distanzlose Perspektive – es ist die der Soldaten. In Hamburg oder München oder Straubing lesen wir im Sessel oder am Küchentisch über sie und ihren umstrittenen Einsatz in der Zeitung. Oder wir sehen sie auf dem TV-Bildschirm im Hintergrund, wenn die Kanzlerin oder der gerade amtierende Verteidigungsminister ihnen einen Besuch im Feldlager Kunduz oder Mazar-i Sharif abstattet. Alles weit weg für uns, und alle irgendwie so adrett in Uniform und militärisch-strammer Haltung.

In diesem Buch sollen die Soldaten in der ersten Reihe stehen. Im Vordergrund. Mit allem, was dieser militärische Einsatz von ihnen an persönlichem Einsatz verlangt, wie er sich für sie anfühlt und was er mit ihnen macht. Von all dem haben die, die in ihrem sicheren Zuhause sitzen – Familien, Landsleute, ich und auch die meisten Politiker – noch heute, zwei Jahre vor dem geplanten Abzug der deutschen und aller alliierten Kampftruppen in Afghanistan, wenig Ahnung. Das möchte ich ändern.

Und deshalb soll dies kein Feldlager-Report werden. In den sechs Monaten, in denen ich sie begleite, werden die Soldaten immer wieder außerhalb des Camps Stellung beziehen und dabei unter primitivsten Bedingungen leben und ihren Dienst tun – Hitze, Staub, Ungeziefer, Gestank, ein Rucksack für das Nötigste und ein Feldbett als Schlafplatz.

Was sie erleben, fühlen, denken, vermissen, will ich miterleben und mit ihnen darüber reden. Sie werden körperliche und psychische Hochs und Tiefs durchstehen müssen – mir wird es ähnlich ergehen. Sie werden ihren Job tun in diesem Krieg in Afghanistan – ich werde diesen Job beschreiben.

Deshalb bin ich »eingebettet« oder, auf Englisch, »embedded«. Diesen Terminus schätzt man bei der Bundeswehr nicht besonders, vielleicht klingt er zu sehr nach Daunenkissen, also bin ich nach offizieller Sprachregelung »tief integriert«. Aber derlei Wortklaubereien spielen für mich und die Soldaten keine Rolle. Ich wurde einer Einheit der Task Force Kunduzzugeteilt. Meine nächsten Bezugspersonen bildet eine Gruppe aus vier Soldaten und einem Gruppenführer. Sie stellen die Besatzung eines Dingo-Radpanzers, Funkname des Fahrzeugs im NATO-Alphabet: Foxtrott 4. Insgesamt fünf solcher Fahrzeuge bilden den Foxtrott-Zug der 3. Kompanie. Ihr Auftrag: den Norden Afghanistans durch Patrouillen zu sichern und ihn durch Aufenthalte auf Außenposten und Patrouillen langfristig zu stabilisieren. Nur in ihrer »Freizeit« hält sich die Besatzung des Foxtrott 4 im Feldlager Kunduz auf.

Der Afghanistan-Krieg der Bundeswehr

Die Bundeswehrsoldaten in Kunduz sind Teil der ISAF (International Security Assistance Force), der sogenannten Sicherheits- und Aufbaumission unter NATO-Führung im Rahmen des Krieges in Afghanistan seit 2001. Die Aufstellung erfolgte auf Ersuchen der Teilnehmer der ersten Afghanistan-Konferenz 2001 an die internationale Gemeinschaft und mit Genehmigung durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (Resolution 1386 vom 20. Dezember 2001). Der Einsatz ist keine friedenssichernde Blauhelm-Mission, sondern ein sogenannter friedenserzwingender Einsatz unter Verantwortung der beteiligten Staaten. Das Mandat für die Beteiligung deutscher Soldaten am ISAF-Einsatz wurde am 22. Dezember 2001 erteilt. In Deutschland wird die ISAF häufig auch als (Internationale) Afghanistan-Schutztruppe bezeichnet.

Seit gut zehn Jahren kämpfen deutsche Soldaten in Afghanistan, um dort beim Wiederaufbau und bei der Stabilisierung des Landes zu helfen und um deutsche Interessen zu vertreten, seien es außenpolitische oder sogar wirtschaftliche Interessen, wie der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler einmal angedeutet – und sich dafür Kritik eingehandelt – hat.

Für die Soldaten und ihren Einsatz machen diese politischen Begründungen keinen großen Unterschied. Sie haben einen Auftrag, und wenn die eigene Einheit in den Auslandseinsatz geschickt wird, gehen die meisten mit ihren Kameraden. Wie auch immer man die Notwendigkeit des Afghanistan-Einsatzes begründet, ob man ihn befürwortet oder nicht, Tatsache ist: Die Soldaten führen einen langwierigen, zermürbenden Kampf als Teil der ISAF. 52 deutsche Soldaten sind seit 2001 getötet worden. Die meisten von ihnen in der Region Kunduz.

Die Soldaten, die ich begleiten werde, gehören zum »Ausbildungs- und Schutzbataillon Kunduz«. So werden sie aber nur in Deutschland genannt. Es ist ein zu umständlicher Name, kaum zu übersetzen, und er spiegelt nur teilweise den tatsächlichen Auftrag der Einheit wider. Es werden weniger Afghanen ausgebildet als vielmehr Operationen und Gefechte zusammen mit den afghanischen Sicherheitskräften geführt, um die Sicherheitslage im jeweiligen Gebiet zu stabilisieren. Die Soldaten sprechen also von einem sogenannten Gefechtsverband, der »Task Force Kunduz«. Ähnlich nennen auch die Amerikaner ihre entsprechenden Gefechtsverbände. Die Einheit soll als Teil der Task Force zusammen mit der afghanischen Armee und der Polizei die Aufständischen vertreiben und anschließend die freigekämpften Stellungen auch halten. In der Vergangenheit war ihnen das nicht immer gelungen.

Ich möchte die theoretischen Ausführungen kurz halten. Dieses Buch handelt von den Soldaten und nicht von Militärtheorie, aber eine kurze Erklärung zu den Grundlagen der militärischen Strategie, die dem internationalen Einsatz in Afghanistan zugrunde liegt, ist notwendig. Die Bekämpfung von Aufständischen durch reguläres Militär bildet einen eigenen Zweig in der Militärtheorie. Die Strategie der ISAF in Afghanistan beruht letztlich auf einem ziemlich klugen Buch von General David H. Petraeus und Lt. General James F. Amos. 2006 gaben die beiden amerikanischen Generäle ein Handbuch für Aufstandsbekämpfung mit dem Titel »Counterinsurgency Field Manual« heraus, das ab Anfang 2007 bei der Besetzung des Iraks erfolgreich angewandt wurde. Die darin beschriebene Strategie wird in Afghanistan auch als Partnering bezeichnet. Nach dieser Strategie sollen militärisches Vorgehen und Aufbauhilfe möglichst genau aufeinander abgestimmt sein. Ziel ist, dass die Zivilbevölkerung zeitnah mit dem Auftauchen von Soldaten spürbare Verbesserungen ihrer Lebensqualität erfährt. Ab Herbst 2010 wurde mit der Kommandoübernahme der ISAF durch David H. Petraeus die Strategie auch in Afghanistan verfolgt. Damit sind auch deutsche Soldaten mit der Umsetzung betraut. Der Einsatz in einem Land wie Afghanistan, wo der Feind keine reguläre Armee ist, gliedert sich demnach in vier Phasen:

Shape (Gestalten)

Dient der Vorbereitung des Einsatzes. Hier wird vor allem der Bedarf an Hilfsgütern ermittelt. Einflussreiche Einheimische wie Dorfälteste, Bürgermeister usw. werden gefragt.

Clear (Säubern)

Feindliche Kräfte werden aus dem Zielgebiet vertrieben. Zeitgleich werden die benötigten Mittel für schnell umsetzbare Hilfe eingesetzt. Um möglichst wenig Zeit mit Bürokratie zu verschwenden, werden diese Hilfen den Soldaten in bar zur Verfügung gestellt.

Hold (Halten)

Das Gebiet wird gehalten; nach und nach soll den einheimischen Sicherheitskräften die Kontrolle übergeben werden, bis sie die volle Verantwortung tragen und die Sicherheit garantieren können.

Build (Aufbauen)

In der letzten Phase wird in die langfristige Entwicklung des Gebiets investiert. Nach dem Plan soll die Situation stabil bleiben, und größere Projekte sollen angegangen werden können.

Für mich war das »Counterinsurgency Field Manual« zunächst Pflichtlektüre und die darin enthaltenen Strategien graue Theorie. In Gesprächen mit Offizieren der Bundeswehr und insbesondere mit Hauptmann Schellenberger habe ich gelernt, dass die Kräfte in Kunduz sich zwischen der Phase »Hold« und »Build« befinden. Auf mehrfache Nachfrage hört man heraus, dass sich einige Gebiete im Bereich auch noch in der »Clear«-Phase befinden. Die Übergänge sind fließend, Begrifflichkeiten unsauber, Bewertungsgrundlagen unklar, und natürlich werden Berichte mit Blick auf das politische Berlin positiv gestrickt. Diese Bewertungen kann man in der Presse lesen, und man hört sie auch raus, wenn man sich mit Offizieren der Bundeswehr unterhält. Etwas völlig anderes ist es, dort zu sein, wo diese Strategien umgesetzt werden. Die Soldaten vor Ort sollen Kampftruppe, Diplomat und Aufbauhelfer in einem sein. Die Überforderung scheint mir schon in der Auftragsbeschreibung angelegt zu sein. Anders gesagt: der Soldat als eierlegende Wollmilchsau.

»Partnering« heißt also das Konzept der Zusammenarbeit, das offiziell schon länger praktiziert wird. Die fließende »Übergabe in Verantwortung« afghanischer Sicherheitskräfte wurde im Januar 2010 auf der Londoner Afghanistan-Konferenz beschlossen. Tatsächlich lief »Partnering« in Kunduz aber eher stockend an. Das Problem: Es gab zu wenige afghanische Sicherheitskräfte, um in der »Hold«-Phase zuvor geräumte Geländeabschnitte an diese übergeben zu können. Zudem waren die afghanischen Soldaten für größere Operationen noch nicht ausreichend ausgebildet. Zwischenfälle wie der vom 18. Februar 2011 – ein afghanischer Soldat feuerte innerhalb des Stützpunktes OP North auf Bundeswehrsoldaten, drei von ihnen starben: Hauptfeldwebel Georg Missulia (30), Stabsgefreiter Konstantin Alexander Menz (22) und der Hauptgefreite Georg Kurat (21) – führen außerdem dazu, dass nicht alle deutschen Soldaten begeistert gemeinsam mit afghanischen Einheiten ihren Dienst tun.

Die Task Force hat, wie gesagt, zum einen den Auftrag, bereits frei geräumte Gebiete durch Präsenz zu sichern sowie, zum anderen, darüber hinaus in Gebiete vorzudringen, in denen die Bundeswehr seit Jahren nicht mehr präsent war. 2010 ist es zum Beispiel gelungen, die Aufständischen aus dem Süden der Unruhe-Region Chahar Darreh zu verdrängen. Der Norden Chahar Darrehs könnte in den nächsten Monaten ein mögliches Einsatzgebiet für die Task Force Kunduz sein.

»Trockenübung« vor dem Einsatz

Bevor ich als »tief integrierter« Journalist diesen Einsatz in Afghanistan begleiten darf, soll ich – wie die Soldaten auch – erst einmal für ihn »üben«. Würde ich, als Teil der Einheit, dabei schlappmachen, könnte ich die anderen und ihre ganze Mission gefährden.

Dafür stehe ich in Kontakt mit dem Kompaniechef meiner Einheit, Hauptmann Schellenberger. Er ist »Chef« der 3. Kompanie. Sie besteht aus circa 180 Mann auf gepanzerten Fahrzeugen. Schellenberger ist 31 Jahre alt, verheiratet und hat eine Tochter. Er hat bei der Bundeswehr Pädagogik studiert und während seines Studiums Zeit an einer Militär-Universität in den USA verbracht. Er spricht eine klare Sprache, auffällig militärisch geprägt. Er ist nicht groß, wirkt aber körperlich zäh und trainiert. Die Farbe seiner Augen ist geradezu irritierend grün.

Schellenbergers erste – amtliche – Email an mich:

»Ferner freue ich mich, dass meine Kompanie, die 3. Kompanie des Panzergrenadierlehrbataillons 92, Sie für das bevorstehende Projekt aufnehmen und in eine Gruppe eines unserer Infanteriezüge integrieren wird. Wir stellen uns darauf ein, Sie zuerst im Übungszentrum Altmark in der Letzlinger Heide begrüßen zu dürfen. Unsere Planungen für die Übung befinden sich bereits in der heißen Phase und enden mit dem Verladen unserer Panzer bei uns in der Kaserne.«

Dominic Schellenberger – Interview

31 Jahre

Hauptmann

verheiratet, eine Tochter

◆ Als ich Sie das erste Mal traf, standen Sie vor Ihren Männern, guckten sie an und sagten: »Deshalb bin ich Soldat geworden.« Können Sie das erklären?

Der Offiziersberuf erfordert viel, aber er gibt zugleich viel. Und da geht mir eben dieser Moment durch den Kopf, wie im Gefechtsübungszentrum. Das ist für mich als Kompanie-Chef kaum zu beschreiben. Dieses Gefühl, wenn ich die Jungs – fast 200 – da stehen sehe, hoch motiviert, mit Willen im Ausdruck und mit Spaß bei der Sache, dann ist das die Währung, die mir zurückgezahlt wird für den Einsatz, den ich selber bringe.

◆ Als Kompanie-Chef sind Sie sozusagen mit der Bundeswehr verheiratet. Wie steht Ihre Frau dazu?

Die Ehe von Soldaten geht nie ohne Bundeswehr, der Dienst ist irgendwie immer mit dabei. Ich habe für mich und mit meiner Ehefrau feste Gebete und insbesondere einen Psalm als innere Stütze. Der gibt uns so viel, dass er uns jetzt schon lange, lange durch unsere Beziehung und durch unsere gemeinsame Zeit bei der Bundeswehr getragen hat. Für uns ist das, wahrscheinlich auch wegen der Nähe zu meinem Beruf, der Psalm 91, den König David verfasst hat und der beginnt: »Wer im Schutz des Höchsten wohnt und ruht im Schatten des Allmächtigen, der sagt zum Herrn: Du bist für mich Zuflucht und Burg, mein Gott, dem ich vertraue.« Und genau das ist es, was ich tue.

◆ Gab es Momente, in denen Sie an Ihrer Entscheidung, Soldat zu werden, gezweifelt haben?

Eigentlich nicht. Auch wenn es Erfahrungen gibt, die deutlich meine Einstellung mitgeprägt haben. Ich bin erst vor kurzer Zeit Vater geworden. Das war ein Augenblick, der meine Auffassung – nicht unbedingt vom Beruf, aber vom Leben – nachhaltig beeinflusst hat.

◆ In welcher Hinsicht?

Als Vorgesetzter ist für mich wichtig, mich in die Köpfe meiner Soldaten hineinversetzen zu können. Und genau in diesem Bereich wirkt die Erfahrung, dass ich nun Familienvater bin. Dadurch, dass ich selber eine Tochter bekommen habe, ist es jetzt für mich möglich, in Gänze die anderen Familienväter in meiner Kompanie zu verstehen, wenn die mir berichten von guten oder auch schlechten Momenten zu Hause mit der Familie.

◆ Wie und wann haben Sie erfahren, dass Sie im Juli als Kompanie-Chef nach Afghanistan gehen werden?

Sehr früh. Das liegt schon gut 2 ½ Jahre zurück. Damals befand ich mich auf einem Lehrgang beim US Marine Corps. Dort hatte ich die Möglichkeit, mit dem damaligen Bataillons-Kommandeur abzustimmen, welche Kompanie ich nach meiner Rückkehr übernehmen darf. Es war dann schnell klar, dass es eine der beiden sein würde, die nach Afghanistan gehen.

◆ Was hat das in Ihnen ausgelöst?

Dieses Wissen potenziert die Gedanken, die Sorgen, die Hoffnungen, die man im Bereich der Personalführung für seine Soldaten hat. Denn jetzt geht es nicht mehr um Grundbetrieb, nicht mehr um Gefechtsausbildung, sondern jetzt steht am Ende das echte Gefecht mit allen möglichen Konsequenzen.

◆ Als da sind?

Mir ging es vom Anfang der Vorausbildung an darum, zunächst die Soldaten, aber auch die Familien, die dahinter stehen, bestmöglich – nicht nur soldatisch, sondern auch inhaltlich – auf diesen Einsatz vorzubereiten.

Die entscheidende Frage ist, wie es mir am besten gelingen kann, meine Männer durch den Einsatz zu bekommen. Denn das ist letztendlich die größte Sorge eines Vorgesetzten im Einsatz. Ich versuche, das durch bestmögliche taktische und personelle Führung zu erreichen. So dass wir sowohl unseren Auftrag zu hundert Prozent erfüllen, als auch am Ende alle nach Deutschland zurückkehren können.

◆ Alle heil nach Hause zu kriegen. Ist das unter den derzeitigen Gegebenheiten wahrscheinlich?

Das ist sehr schwer zu sagen, und das wissen die Männer, wir haben darüber gesprochen. Die Soldaten kennen die Bedrohungen, denen sie tagtäglich ausgesetzt sein werden. Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Das wissen die Führer, und das wissen die Soldaten. Wir haben versucht, sie darauf vorzubereiten.

◆ Die Nachrichten der letzten Wochen, Anschläge auf deutsche Soldaten in Afghanistan. Was lösen die in Ihnen aus?

Die machen nachdenklich. Mehrere Kameraden sind leider gefallen, alle aufgrund von IED-Anschlägen. Angst machen die Anschläge mir persönlich nicht, sondern sorgen bei mir für Respekt vor der Aufgabe, die vor uns liegt. Vor dem, wie unser Gegenüber agiert und operiert. Ich weiß, dass wir gut ausgebildet sind. Und ich weiß, dass wir mit unseren Aufklärungsmitteln und mit vielem mehr auf allen Ebenen gute Möglichkeiten haben, uns gegen solche Anschläge zu schützen. Ich versuche eben, und da schließt sich der Kreis, meine Männer, so gut es eben möglich ist, durch den Auftrag zu bringen.

◆ Ist das nicht auch ein Ritterschlag, nach Afghanistan zu gehen? Nach der Ausbildung will man doch auch das Gelernte anwenden, oder nicht?

Für Außenstehende ist die Motivation, warum Soldaten nach Afghanistan gehen, unter Umständen schwer oder nur teilweise nachvollziehbar. Klar, wir haben einen Auftrag. Das Parlament hat uns einen Auftrag gegeben, und den führen wir aus. Nichtsdestotrotz hat jeder einzelne Soldat für sich noch eine Motivation, die ihn in den Einsatz nach Afghanistan bringt. Und da gehört auch ein Stück weit dazu – ich wage mal den Vergleich zum Fußball –, dass wir lange trainiert haben. Dass wir viele Trainingsstunden hatten und jetzt eben auch spielen, jetzt eingewechselt werden und unseren Auftrag ausführen wollen. Wir haben lange auf der Bank gesessen, und jetzt geht es los. Und da sind wir heiß drauf. Das gehört dazu.

◆ Sie waren schon zweimal zur Erkundung in Afghanistan. Was steht Ihren Soldaten dort zurzeit bevor?

Viele Tage im Felde und wenige Tage im Feldlager selbst. Unser Auftrag wird es sein, im Raum westlich von Kunduz, im sogenannten Chahar Darreh, die Bewegungsfreiheit für unsere Kräfte auf den wichtigsten Verbindungsstraßen dort wiederherzustellen, wo sie eingeschränkt worden ist. Und das immer und konsequent im Zusammenwirken mit afghanischen Sicherheitskräften. Da konnte ich zuletzt sehr gute Ansätze sehen und, gerade im Raum Kunduz, sehr zuverlässige afghanische Polizisten.

Meinen Soldaten habe ich gesagt, dass – unabhängig von den Vorfällen, die es im OP North gab, wo ein Kamerad der afghanischen Sicherheitskräfte um sich geschossen hat – der Weg für uns nur über die Zusammenarbeit mit den afghanischen Sicherheitskräften geht. Das, denke ich, hat jeder gut verstanden. Ich habe vor Ort selbst gesehen, dass es gut funktioniert.

◆ Welche Führungsprinzipien sind für Sie wichtig?

Das oberste Prinzip ist für mich Vertrauen.

◆ Wie ist es, Männer in diesem Alter zu führen?

Unsere Jungs sind zwischen 20 und 25 Jahre, also junge Männer. Denen möchte ich den – manchmal vorhandenen – Sinn für den Unsinn gar nicht austreiben, im Gegenteil. Spaß im Dienst ist absolut wichtig, um gemeinsam auch mal durch größere Herausforderungen gehen zu können. Ansonsten habe ich für mich festgestellt, dass die Jungs mit Aufträgen gefordert werden müssen. Dann gehen sie mit erstaunlicher Konzentration da ran und kommen mit einem guten Gefühl aus der Aufgabe raus.

◆ Was macht das Soldatsein für Sie so besonders?

Wir leisten nicht nur einen Dienst für die Gesellschaft im Auftrag des Parlaments und stehen damit ein für ganz Deutschland, sondern wir tun das eben auch in einer Gemeinschaft. Da spielt Kameradschaft eine ganz große Rolle, was für mich ein wichtiger Motivationsfaktor ist. Und wir tun das in einer fordernden Umgebung und mit einem fordernden Auftrag wie jetzt in Afghanistan. Im schlimmsten Falle kann das auch dazu führen, dass Kameraden eben nicht mehr nach Hause kommen.

◆ Was muss einer mitbringen, um ein guter Soldat zu sein?

Einen fitten Körper und einen fitten Geist. Er muss nicht zwangsläufig studiert oder eine abgeschlossene Berufsausbildung haben. Er muss körperlich fit sein, um den Herausforderungen, die in einer Region wie Afghanistan auf ihn zukommen, standzuhalten. Mit – wie wir es jetzt im Juni, Juli haben – Durchschnittstemperaturen von um die 45 Grad tagsüber und einer Ausrüstung von, je nachdem, in welcher Funktion der Soldat ist, 30 bis 50 Kilo, manchmal auch mehr. Er sollte fit sein, um dem standhalten zu können. Und er muss geistig fit sein, um in den Situationen, die aufblitzen, die ihn dann schnell, unmittelbar und sofort fordern – wenn es zum Beispiel zu einem Hinterhalt oder einem IED-Anschlag kommt –, das Ausgebildete abrufen zu können. Körperlich fit, geistig fit. Das sind gute Soldaten.

◆ Was bedeutet Mut in diesem Zusammenhang für Sie?

Mut ist grundsätzlich schon mit unserem Auftrag verbunden. Ganz viel Mut wird es erfordern, in das Flugzeug zu steigen und nach Afghanistan zu fliegen. Und noch viel mehr Mut wird es dann natürlich bedeuten, in Afghanistan rauszugehen ins Feld und den jeweiligen Auftrag umzusetzen. Ich denke also, dass Mut sich nicht nur zeigt im Gefecht – in das wir durchaus geraten können –, sondern dass für den Soldaten mit seinem besonderen Auftrag der Mut schon hier zu Hause, an der Heimatfront, beginnt.

Ein Zivi auf dem Dingo-Dach

Meine Erfahrung mit der Bundeswehr beschränkte sich bisher auf einen Lehrgang für Journalisten in Krisengebieten in Hammelburg im bayerischen Unterfranken. Dort habe ich gelernt, wie ich mich bei einer Geiselnahme verhalten soll und wie, wenn auf mich geschossen wird – den Geiselnehmern gehorchen, möglichst viele Informationen aufnehmen und bei Beschuss auf den Boden werfen. Oder, wurde mir erklärt, mich »klein und hässlich« machen. Nichts leichter als das.

Jetzt also die zweite »Trockenübung«, ehe ich ins Wasser springe beziehungsweise in den afghanischen Sand. Die Ausbildung »meiner« Soldaten, also der Gruppe, die ich begleiten werde, hatte schon im Januar 2011 begonnen. Hammelburg, Munster, Trauen – sechs Monate haben sie auf diesen Übungsplätzen für ihren Einsatz trainiert. Für vierzehn Tage bin nun auch ich dabei, um zu lernen, wie ich mich als Journalist in einer militärischen Einheit zu bewegen habe, wenn ich wieder heil nach Hause kommen will.

Auf dem Truppenübungsplatz Altmark in Sachsen-Anhalt treffe ich »meine Jungs« zum ersten Mal: Der Kommandant des Dingos, auf dem ich sitze, ist Oberfeldwebel Jan-Uwe Schröder. Schröder kommt aus Kirchgellersen bei Lüneburg in Niedersachsen. Er ist 26, verheiratet und Vater einer sechs Monate alten Tochter. Schröder ist als Gruppenführer für seine Soldaten – und letztlich auch für mich – verantwortlich, wenn es nach Afghanistan geht.

Außerdem mit mir auf dem Dingo: unser Kraftfahrer, Stabsgefreiter Matthias Chill, 26, aus Merseburg in Sachsen-Anhalt, Stabsgefreiter Thorsten Körner, 22 Jahre, aus Braunschweig in Niedersachsen und Obergefreiter Daniel Wild, 24, aus Weißenfels, ebenfalls in Sachsen-Anhalt. An der Übung nehmen außerdem die anderen 175 Soldaten der 3. Kompanie von Hauptmann Schellenberger teil.

Der Truppenübungsplatz Altmark gehört mit einer Fläche von zirka 23 000 Hektar zu den größten Übungsplätzen der Bundeswehr. Auf dem Gelände befinden sich mehrere Kulissenanordnungen, die afghanischen und kosovarischen Dörfern nachempfunden sind. Hier übt nun also die zukünftige Task Force Kunduz für den Einsatz in Kunduz.