Freiheit, die ich meine - Christoph Dieckmann - E-Book

Freiheit, die ich meine E-Book

Christoph Dieckmann

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Beschreibung

Freiheit heißt das Leitwort des Nationalismus wie der Demokratie. Im Namen der Freiheit begann George W. Bush den Irakkrieg und die arabische Jugend ihre Revolution.
Christoph Dieckmann, vielfach preisgekrönter Autor der ZEIT, erzählt in seinem neuen Buch vom erhabensten Menschheitsgefühl – und einem vielfach missbrauchten Begriff. Er reflektiert seine persönlichen Erfahrungen mit der Freiheit in einem großen Einleitungstext und begibt sich sodann zu »teutschen Vaterlandsriesen« in Leipzig und Köln, zu den freien Bürgern von Basel und an den See Genezareth des Bergpredigers Jesus, nach New Orleans ins »Bethlehem des Jazz« und zu den Fußballfreunden in Hannover und Hamburg, um Formen der gelebten Freiheit nachzuspüren. Das neunte Buch des großen Reporters im Ch. Links Verlag.

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Seitenzahl: 370

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Christoph Dieckmann

Freiheit, die ich meine

Unbeherrschte Geschichten

Ch. Links Verlag, Berlin

Das Buch erscheint auf Wunsch des Autors in nichtreformierter Rechtschreibung.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

1. Auflage, Juni 2012 (entspricht der 1. Druck-Auflage von März 2012)

© Christoph Links Verlag GmbH

Schönhauser Allee 36, 10435 Berlin, Tel.: (030) 44 02 32-0 www.christoph-links-verlag.de; [email protected] Umschlaggestaltung: KahaneDesign, Berlin, unter Verwendung eines Gemäldes von Caspar David Friedrich: »Der Chasseur im Walde« (1813)

eISBN: 978-3-86284-171-4

Gewidmet dem Andenken von Michael John (1965–2011), Kopf und Herz der »Erfurter Herbstlese«

Inhalt

Freiheit, die ich meine

Grenzerfahrungen

Gewinn und Verlust

20 Jahre Einigkeit und Recht und Freiheit

Die kleine Einheit

Was verbindet die Partnerstädte Greifswald und Osnabrück?

Wer nichts wagt, der darf nichts hoffen

Rudolstädter Freigeist in Schillers Provinz

Schiefer als Pisa

Mit dem Oberkirchturm steht oder fällt Bad Frankenhausens Geschichte

Verstecker und Entblößer

Parum kämpft gegen Google Street View, Oberstaufen rief die Kameras herbei. Warum?

Vaterlandsriesen

Deutsches Volk und deutscher Gott zu Leipzig und Köln

Die freie Entwicklung aller

Karl Marx im neuen Deutschland

Kronzeugen des Arbeiterstaats

Zwei Wege ostdeutscher Erkenntnis: Erich Loest und Fritz Klein

Das Blut der Befreiung

Ungarische Revolutionserfahrungen

Bürgerdämmerung

Daig, Fasnacht, Gägägä – Basels begüterte Freiheit

Gottes Hochhäuser

Eine französische Himmelfahrt ins Herz der Gotik

Sehen und Glauben

Der See Genezareth: Urozean des Christentums und Israels Zisterne

Der Träumer und sein Traum

Unterwegs zu Martin Luther King

Die Band spielt weiter

Die Auferstehung von New Orleans

Die ewige Band

Fairport Convention können nicht sterben

Der weiße Papst der schwarzen Kunst

Johnny Winters späte Wiederkehr

Der Schmerzensmann

Der Freitod des Jenaer Nationaltorwarts Robert Enke

Heimspiel in der Ewigkeit

Der Fan-Friedhof des Hamburger Sportvereins sucht Bewohner

Quellenverzeichnis

Freiheit, die ich meine

Grenzerfahrungen

Ich bedarf äußerlich der Enge, um innerlich ins Weite zu gehen.

Theodor Storm

All the years the people said

He’s acting like a kid

He did not know he could not fly

So he did

Guy Clark: »The Coat«

1

Da stand sie, blond und braungebrannt, in einem weißen Leinenkleid. Sie war sehr schön, soviel sah der Junge im kühlen Dämmer des Flurs. Sie lachte, gab ihm die Hand und erfragte seinen Namen. Er sagte: Mein Vater ist noch im Dorf unterwegs. Meine Mutter ist im Garten, dort kann man das Klingeln nicht hören. Möchten Sie ein Glas Apfelmost?

Er führte sie in Vaters Pfarramtszimmer, das nicht grundlos betreten werden sollte. Aber dies war ein Grund. Er plazierte sie gegenüber der Bücherwand, unter Dürers Apostelbildern. Er eilte in den Keller, griff aus dem Regal eine verstaubte Flasche und lief in die Küche, erregt und froh. Auf dem Most schwamm ein Häutchen Schimmel. Das schwappte er in den Ausguß und füllte ein großes Glas, randvoll. Er trank einen Schluck ab und trug das Glas ins Amtszimmer. Dort saß das Mädchen im Gespräch mit dem Vater. Der Vater sagte: Das ist unser Zweitältester. Sie lachte wieder und griff dem Jungen ins Haar: Wir kennen uns schon.

Folgendes war vorgefallen: Das Mädchen hatte dem Vater einen Brief geschrieben und eine unerhörte Bitte vorgetragen. Sie wohne im Erzgebirge, wie ihr Freund. Der sei nun Soldat, grenznah stationiert bei Dingelstedt, in Mönchhai. Niemals bekomme er Urlaub, höchstens Ausgang. Sie sehne sich so sehr. Ob es möglich wäre, im Dingelstedter Pfarrhaus eine Nacht beieinander zu sein?

Ein solches Ersuchen forderte in den sechziger Jahren vom lutherischen Pfarrhaus nichts Geringeres als den sittlichen Grenzdurchbruch.

Mönchhai lag oben im Huy. Die Garnison war ein Unort, der den romantischen Wald realsozialistisch unterbrach. Schlagartig endeten die dichten Buchen und entbargen ein ödes Kasernengelände. Einzelne Soldaten sah man nie, nur Marschzüge uniformer Hammelherden, wie sie, in anderer Wolle, auch von den Schäfern durchs Harzvorland getrieben wurden. Die Kinder der Offiziere besuchten die Dingelstedter Schule. Der Vater des Klassenprimus war Oberleutnant, wie die alte Lehrerin bedeutsam wissen ließ. Dem arroganten Sprößling begegnete sie mit einer Servilität, die ihn nicht angenehmer machte.

Das Militär galt wenig in der DDR-Bevölkerung. Die Wiederbewaffnung lag noch nicht lange zurück. Der Schutz des Staates und seiner deutsch-deutschen Grenze war kein Bedürfnis der Ostharzer Bauern. Im Volk kursierte noch der Fluch: Dem Deutschen, der je wieder ein Gewehr ergreift, soll die Hand abfallen. Die älteren Frauen des Dorfes trugen Schwarz. Die Männer waren irgendwann »aus der Gefangenschaft heimgekehrt« – bei weitem nicht alle. Auf den Anrichten der Bauernstuben lächelten Porträtphotos junger Militärs, geziert mit Trauerflor. Die Nationale Volksarmee der DDR erfreute sich der Spottbezeichnung Hoffmanns Trachtengruppe. Heinz Hoffmann hieß der Armeegeneral. Drill und Bräuche waren roher als bei der Bundeswehr. NVA-Rekruten wurden möglichst fern ihrer Heimat stationiert.

Transatlantisch weit lag das Erzgebirge vom Huy. Die Eltern berieten sich. Dann schrieb der Vater dem Mädchen: Wir freuen uns auf Ihr Kommen. – Ein Stündchen später betrat auch der Freund das Pfarrhaus: ein Hering in Uniform. Das Mädchen umhalste ihn, schluchzend, glücklichen Unsinn stammelnd. Er sagte: Mädel, dein letzter Brief, ich konnt’s nicht mehr erwarten. Der Junge dachte: Was schreibt sie dem, der ist häßlich, warum liebt sie ihn? Für schön und also liebenswert hielt er den Musketier d’Artagnan oder den Ritter von Pardaillan, der degenschwingend über die Kinoleinwand tobte und weibslustig jauchzte: Hoho, ich bin ein Gascogner! Der Hering ähnelte dem Vater auf den alten Wehrmachtphotos: genauso dünn und scheu, abstoßend kostümiert. Und doch hatte der Vater die schöne Mutter gewonnen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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