Freude am Sehen - Hiltrud Enders - E-Book

Freude am Sehen E-Book

Hiltrud Enders

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Beschreibung

Kontemplative Fotografie ist Alltagskunst, Aufmerksamkeit und Freude inmitten vertrauter Umgebung und gewohnter Abläufe und ja – auch mitten im Stress. Das Sehen und die Kamera rütteln kontinuierlich wach und lassen die Fotografin, den Fotografen im Moment ankommen. Die Kraft im Ausdruck entsteht durch Anwesenheit, Authentizität und durch die Frische der Wahrnehmung. Wie erreichbar sind Sie für die Welt, so wie diese sich darstellt – nicht wie sie sein soll? Dieses Buch wird Ihre Sehgewohnheit verändern, wird Ihrer Fotografie neue Impulse geben. Grundlage ist Ruhe und Klarheit im Sehen. Die so entstandenen Bilder werden nicht bearbeitet im Sinne einer Verfeinerung, Überhöhung oder Raffiniertheit. Die Referenz ist immer was Sie sehen. Auch Anfänger können diese Art der Fotografie erlernen, auch ohne in die Tiefen der Kameratechnik einzusteigen.

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Hiltrud Enders

Freude am Sehen

Kontemplative Fotografie

Hiltrud Enders

Lektorat: Gerhard Rossbach

Projektmanagement: Miriam Metsch

Copy-Editing: Susanne Rudi, Heidelberg; Petra Kienle, Fürstenfeldbruck

Satz: Veronika Schnabel

Herstellung: Stefanie Weidner

Umschlaggestaltung: Helmut Kraus, www.exclam.de

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN:

Print978-3-86490-559-9

PDF978-3-96088-443-9

ePub978-3-96088-444-6

mobi978-3-96088-445-3

1. Auflage 2019

Copyright © 2019 dpunkt.verlag GmbH

Wieblinger Weg 17

69123 Heidelberg

Die vorliegende Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Die Verwendung der Texte und Abbildungen, auch auszugsweise, ist ohne die schriftliche Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und daher strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung oder die Verwendung in elektronischen Systemen.

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Dankeschön an …

… Michael Wood und Julie DuBose für ihre Energie und dieunermüdliche Weiterentwicklung dieser Art der kontemplativenFotografie. Ohne sie gäbe es dieses Buch nicht!

… Brigitte Krömmelbein-Mangler für ihre Ermunterung und ihrWohlwollen

… Ann-Kathrin Stange für ihre Liebe zum kreativen Ausdruck

… die Teilnehmerinnen und Teilnehmer meiner Kurse für ihreOffenheit

… meine Freundinnen und Freunde für ihre Geduld undUnterstützung

Über die Autorin

Hiltrud Enders ist Architektin und fotografiert schon immer. Sie unterrichtet als Miksang Trainerin drei aufeinander aufbauende Workshops und bietet regelmäßige Praxistage als Gelegenheit für die Teilnehmer, ihr Erleben zu vertiefen und sich in der Gruppe auszutauschen.

2006 lernte sie die kontemplative Fotografie kennen.

Sie war sofort Feuer und Flamme für diese wunderbare Spielerei mit der Wahrnehmung.

Hiltrud Enders lehrt verschiedene, aufeinander aufbauende Workshops in kleinen Gruppen.

www.miksang-fotografie.de

Miksang Institute for Contemplative Photography Michael Wood und Julie DuBose, Halifax, Canada

www.miksang.com

Über das Buch

Kontemplative Fotografie ist Alltagskunst, Aufmerksamkeit und Freude inmitten vertrauter Umgebung und gewohnter Abläufe und ja – auch mitten im Stress. Das Sehen und die Kamera rütteln kontinuierlich wach und lassen die Fotografin/den Fotografen im Moment ankommen. Die Kraft im Ausdruck entsteht durch Anwesenheit, Authentizität und durch die Frische der Wahrnehmung. Wie erreichbar sind Sie für die Welt, so wie diese sich darstellt – nicht wie sie sein soll? Dieses Buch wird Ihre Sehgewohnheit verändern, wird Ihrer Fotografie neue Impulse geben. Grundlage sind Ruhe und Klarheit im Sehen.

Die so entstandenen Bilder werden nicht bearbeitet im Sinne einer Verfeinerung, Überhöhung oder Raffiniertheit. Die Referenz ist immer, was Sie sehen. Auch Anfänger können diese Art der Fotografie erlernen, auch ohne in die Tiefen der Kameratechnik einzusteigen.

Inhaltsverzeichnis

Alltagspoesie

Nutzlose Alltagspoesie

Meine non-verbale, visuelle, sinnliche Sprache

Miksang – pures, gereinigtes Auge

Klarheit und Frische

Sehen – Verstehen – Ausdrücken

Tue nichts!

STOPP! Schau hin!

Meditation in Aktion

Hindernisse und Türöffner

Wirklich sehen – Filter bemerken

Der Pelzmantel

Hindernisse

Was ist Kunst für dich ganz persönlich?

Mal eben fix still sein

Allein sein und der Welt zuhören

Unerschütterlich gleichgültig

Langeweile

Muße

Über den Zaun der Inszenierung klettern

Löschen oder bewahren?

Unterwegs

Tunnelblicke

Ein Telefonat im Garten

Weiter Himmel

Reise

Nebel

Funkloch

Überwältigend

Anhang

Literatur

Filme

Podcasts

Alltagspoesie

Nutzlose Alltagspoesie

Eine Einführung in die kontemplative Fotografie

In unserem ganz gewöhnlichen Alltag sehen wir oftmals nicht viel. Viele Wege, Bewegungen und Abläufe geschehen automatisch. Wir fahren morgens zur Arbeit, durchqueren die halbe Stadt, steigen aus dem Auto und können uns kaum erinnern, welche Ampel rot geschaltet war und welche grün. Wo haben wir gewartet? Wie sah es dort aus? Welches Licht fiel auf die Straße? Querten Fußgänger die Ampel? Stattdessen waren wir in Gedanken versunken, vielleicht sogar emotional – wir haben uns beim Frühstück geärgert –, oder wir haben mit einem Gefühl der Anspannung überlegt, wie wir das Pensum in dieser Woche schaffen. Dies ist zur eingefleischten Gewohnheit geworden, die sich verselbstständigt hat und selbst dann greift, wenn es keinen Ärger beim Frühstück gab und das Pensum der Woche sehr gut zu schaffen ist. Verbringen wir den Tag zu Hause, so verhindert dort die Vertrautheit der Umgebung die Aufmerksamkeit fürs Sehen, Hören oder Riechen. In gewohnter Umgebung setzt schnell der Modus ein, sich automatisch bewegen zu können. Aufmerksamkeit scheint nicht nötig. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass wir aufmerksamer dort sind, wo wir uns nicht auskennen, ein wenig fremd fühlen: Fremdheit bewirkt mehr bewusstes Hinschauen.

Bei mir selbst beobachtete ich, dass ich eine Straße, ein Stadtviertel, eine mir neue Umgebung beim allerersten Mal, mich fremd fühlend, mit geschärfter Aufmerksamkeit wahrnehme. Bin ich allein, begleitet mich eine gespannte Neugierde, eine Mischung aus Vorwitz und Offenheit. Gehe ich dieselbe Straße wieder zurück, sind meine Sinne bereits weniger offen – ich muss aktiver offen sein, was mir dank langem Training leicht gelingt, aber es ist ein spürbarer Unterschied. Das liegt – so glaube ich – darin begründet, dass ich denke, die Situation einordnen zu können. Ich kenne mich ja bereits aus. Ich glaube, die Umgebung bereits »gescannt« zu haben, fühle mich vermeintlich vertraut. Tatsächlich ist es aber so, dass ich dieselbe Straße wieder und wieder entlanggehen kann und immer neue Dinge bemerke. Oftmals denkt man dann, diese seien vorher gar nicht da gewesen. Mit Übungen der Achtsamkeitsschulung kann ich lernen, offen zu bleiben in mir bereits vertrauten Umgebungen, gegenüber mir vertrauten Menschen.

Meine Erfahrung ist, dass ich durch die kontemplative Fotografie in meinem Alltag Formen für Pausen gefunden habe, die mir auch in Zeiten mit vollgestopftem Terminkalender und dichtem Kopf ermöglichen, einen kleinen erfrischenden Luftzug zu empfinden. Was bedeutet das? Sehen kann überall geschehen – oder nirgends. Erreichbarkeit lässt sich nicht einteilen in Beschäftigt-Sein und Freizeit. Die kleine Kamera in der Tasche, die ich immer dabei habe, erinnert mich selbst an anstrengenden Tagen daran, umzuschalten. Oder die Kamera kann eine Situation verändern. Besuche ich etwa jemanden im Altenheim und höre diese sich immer wiederholenden Geschichten, zigmal erzählt, möchte ich voller Ungeduld aus der Haut fahren. Die Kamera kann mir helfen, umzuschwenken und die Haut der Person mir gegenüber zu betrachten, die Falten um ihren Mund, die Gesten der Hände. Vielleicht schenkt das Betrachten und Fotografieren Geduld und auch einen Zugang dazu, eine neue Frage zur immer gleichen Geschichte zu stellen. Fotografieren bedeutet im besten Fall, in Kontakt zu gehen mit meiner Umgebung, präsent und aufnehmend.

Ich kann das Phänomen Autopilot durch Training ändern. Ich kann bemerken, wann ich nichts bemerke, und meine Aufmerksamkeit nach außen bringen. Eine meiner ersten Erfahrungen nach den vielen Sehübungen meines ersten Trainings war das intensive Erleben von farbigem Licht auf der abendlichen, regennassen Fahrbahn. Ich saß im Auto und war fasziniert von dieser Welt der Farben. Ich hatte das bis dahin nicht so intensiv erlebt. Es war, als wäre ein Schalter umgelegt worden.

Es ist eine Hinwendung zu Alltagspoesie, zum unvorbereiteten Nichtstun, zu Nebenschauplätzen und einer nicht enden wollenden Neugier auf die Welt der Phänomene. Die Bereitschaft, sich der Seite zu öffnen, die jenseits liegt von »fix durchdenken, effektiv einordnen, rasch bewältigen«.

Ich bin auf dem Weg zum samstäglichen Einkauf. Ich habe meine Straße bereits tausendfach gesehen und durchlaufen: schnell, langsam, eilig, schlendernd, gedankenverloren oder von Gedanken besessen. Es ist ein herbstlicher Oktobertag,

Nieselregen. Vor dem Nachbarhaus sammelt sich das Wasser in einer großen tiefdunklen Pfütze, in der kleine, gelbe Blätter schwimmen. Eine Frau, die vor mir den Gehweg entlanggeht, wirft ihre Zigarettenkippe hinein. Knallrot vom Lippenstift leuchtete sie dort und ich zücke die Kamera. Klick!

Ich könnte mein Viertel auf diese Weise kartographieren. Momente, die sich einbrennen, immer gleiche Orte in besonderen, neuen Mischungen aus Licht, Farbe oder Geruch. Neugierig sein auf das gewohnte Umfeld. Ich pflücke die Blüten des roten Sonnenhuts auf dem Balkon nicht ab, sobald sie den Höhepunkt der Blüte erlebt haben, sondern schaue ihnen im Herbst beim Vergehen zu. Ich bleibe entdeckungsfreudig. Meine Neugier hat kein Ziel, sie rankt sich entlang an freudiger Entdeckung und ist frei von Ursache oder Zweck. Dinge schlendernd ergründen, den Deckel lüften, frische Luft reinlassen. Im eigenen Erleben stehenbleiben, einen Moment zu lang, ineffektiv, mehr kreisend als linear.

Neugierig sein bedeutet, mich über bekannte Bilder und vorgefasste Erwartungen hinauszubewegen. Ich entdecke, erkunde, sehe Phänomene wie die Spiegelungen von Licht oder Farbe anstatt das wiederzuerkennen, was ich erwarte zu sehen. Oft spare ich mir meine Worte, die das Entdeckte gleich einordnen würden. Das lässt mich freier und spielerischer sein jenseits der so oft gefragten Ernsthaftigkeit. Neugier ist ein Türöffner für Kreativität. Hereinspaziert!

Im Erwachsenenalter bedeutet Kreativität, neben kreativen, künstlerischen und musischen Techniken gute Lösungen zu finden; aus wenig etwas zu zaubern, Erfahrungen im richtigen Moment zu nutzen, aus Intuition zu handeln und mit sicherem Gefühl Situationen zu gestalten. Erwachsen-Sein wird jedoch übermäßig von Denken bestimmt und vermeintlich linearen Prozessen. Wenn-dann-Rezepte lösen Erwartungen aus, Verpflichtungen haben übermäßig oft Vorrang. Verpflichtungen immer den Vorrang zu geben, ist ganz sicher ein Kreativitätskiller. Ist mein Alltag eine Aneinanderreihung von To-dos und mein Kopf immer mit dem beschäftigt, was gleich noch geschehen soll, so hindert mich das, verlorenzugehen im Augenblick. Wie wäre es mit einem Mischgewebe. Warum nicht mittendrin verweilen? Das häufigste Hindernis zur kontemplativen Fotografie ist, sich keine Zeit zu nehmen für das, was gerade geschieht. Meinen Alltag einzuteilen in Zeit für Pflicht und Zeit für Sehen ist der falsche Ansatz. Sehen kann immer geschehen, mittendrin. Und sei es die Sonne auf dem Küchenkrepp, während ich das Geschirr spüle.

Neugierde im Alltag kann positive Veränderungen bewirken. Vielleicht stellst du Freundinnen neue Fragen oder du betrachtest dir fremde Menschen. Oder du stellst Fremden Fragen und betrachtest deine Freunde. Wie genau sieht eigentlich die Zeichnung der Falten auf der Stirn meines Gegenübers aus? Begib dich auf eine Reise der Wissbegierde und des Staunens in deinem Alltag.

»I’ve always loved the definition for contemplation: ›a long, loving look.‹ And when you take a long, loving look anywhere, you feel more bonded with whatever you’ve looked at. You feel as if you recognize it, you see it; maybe it sees you back. And you’re participating in a world where it exists. And so feeling that sense of gravity and belonging everywhere is very important to me.«

Naomi Shihab Nye, Poetin, im Gespräch mit Krista Tippett, März 2018, onbeing.org

kon•tem•p•la•tiv

beschaulich, besinnlich, konzentrierte Betrachtung, versunken

Was bedeutet der Begriff kontemplativ?

Konzentriertes Betrachten ist eine Übersetzung, die mir liegt: Sich vertiefen und dabei – zumindest ein wenig – das Denken vergessen. Es ist eine sinnliche Erfahrung, die Beschäftigung mit dem, was gerade ist. Mich versenken und auf diesem Weg eine Erkenntnis gewinnen. Diese Erkenntnis ist nicht intellektuell, sondern entsteht aus der Erfahrung des Tuns. In der Kalligrafie ist es die sichere Stiftführung auf dem Papier, wenn du ganz bei der Sache bist. Kontemplative Fotografie ist ein wirkliches Erleben des Sehens – zuerst ohne und dann mit Kamera. Das kann ein Stadtpanorama sein oder die Färbung des Fells einer Katze. Und ein bisschen hat es den Charakter, eins zu werden mit dem, was ich sehe. Es ist eine Hingabe ans Sehen, die Leidenschaft, meine Erfahrung erfahren zu wollen.

Das ist nichts Neues in der Fotografie? Ansel Adams, der US-Amerikaner, der insbesondere bekannt wurde durch seine Landschaftsfotografien, betrachtete über lange Zeiträume die Natur. Das Künstlerpaar Becher saß mit Thermoskanne und Butterbroten auf Industrietürmen und wartete den Moment ab, um die Serien der Fördertürme, Hochöfen und Ähnliches im richtigen Licht zu fotografieren. Sehen und mit dem Sehen verweilen ist das Handwerkszeug der Fotografie.

Der Unterschied zu der kontemplativen Fotografie, deren Ansatz ich übe, ist, dass wir alles daran legen, der ersten frischen Wahrnehmung treu zu bleiben. Die Intensität der Betrachtung dient nicht dazu, darüber nachzudenken, das, was ich bemerke, in einer besonders raffinierten Art darzustellen, es in eine Serie einzupassen oder durch die Bildgestaltung zu erhöhen. Genau an diesem Punkt setzt eine Veränderung unserer Sehgewohnheiten an. Es beginnt eine Art Schulung unseres Sehsinns oder der Selbstreflexion des Prozesses vom Moment des Sehens bis zum Entstehen des Fotos.

»Viele denken, Achtsamkeit sei einfach ein vorsichtiges, behutsames Handeln, aber das stimmt nicht. Es ist ein Verhaltenskodex aus dem Buddhismus, der von westlichen Psychologen aufgegriffen wurde. Er beinhaltet das Einüben einer bestimmten Geisteshaltung. Vor allem geht es darum, dass ich jederzeit meinen Körper und meinen Geist beobachten kann, während ich etwas tue. Ich merke dadurch, wann ich abgelenkt bin, wann bestimmte Emotionen hochkommen oder wann ich eine Pause brauche. Das erzeugt eine Grundruhe, steigert die Konzentrationsfähigkeit.«

Frank Berzbach in Spiegel Wissen zum Thema Kreativität

Achtsamkeit und Aufmerksamkeit

Achtsamkeit ist eng verwandt mit Aufmerksamkeit. Unter dem Begriff Achtsamkeit (englisch: mindfulness) werden einige meditative Techniken zusammengefasst, die zum Ziel haben, das alltägliche Leben in bewusster Haltung zu erfahren: Das Rauschen von Hektik intensiv empfinden, die Verzweiflung im Stau spüren und ihr nicht nachgeben, sondern stattdessen das Interieur des Autos einmal ausgiebig betrachten, erfreuliche Momente auskosten und bei unerfreulichen Gefühlen trotzdem anwesend bleiben. Achtsamkeit ist die Fähigkeit, die eigene, sehr persönliche Art und Weise der Aufmerksamkeit kennenzulernen. Wie empfinde ich? Wie bin ich präsent? Die Haltung ist offen, neugierig und akzeptierend. Sie verzichtet auf schnelle Bewertungen. Das Ziel ist nicht eine zurückgelehnte Entspannung, sondern eine eher nach vorne gerichtete Bewusstheit – aufmerksam bei dem, was ist. Die kontemplative Fotografie ist ein Wahrnehmungstraining oder eine Achtsamkeitsschulung bezogen auf den Sehsinn. Mittels der Übungen der kontemplativen Fotografie sehen wir die Welt, in der wir leben, mit offenen Augen und können ganz präsent sein. Ohne Konzept oder Konvention, frei von Konfusion. Momente frischer Wahrnehmung erleben, lebendig und klar, und diese Erfahrung teilen – im Foto.