Fünf Wochen im Ballon - Jules Verne - E-Book

Fünf Wochen im Ballon E-Book

Jules Verne.

4,5

Beschreibung

Dr. Samuel Fergusson, ein Abenteurer und Geograph, will die letzten Geheimnisse Afrikas, die geheimnisumwitterten Nilquellen, erforschen. Zusammen mit seinem treuen Diener Joe und seinem schottischen Freund Dick Kennedy macht er sich in einem neuartigen lenkbaren Ballon auf den Weg dorthin. Beginnend auf der Insel Sansibar, verläuft die Ballonreise, durchzogen von zahlreichen Abenteuern und Gefahren, von Ost nach West, quer über Afrika hinweg.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 394

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,5 (14 Bewertungen)
9
3
2
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



FÜNFWOCHENIMBALLON

JULES VERNE

MIT DEN ILLUSTRATIONENDER ORIGINALAUSGABE

Mit den Illustrationen derfranzösischen Originalausgabe desVerlages J. Hetzel & Cie.

Nach der deutschen Übersetzung desA. Hartleben’s Verlages (1874-1911)der neuen Rechtschreibung angepasst.Leicht bearbeitet durch den Wunderkammer Verlag.

© 2013 Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG,Hamburg

Alle Rechte, auch das der fotomechanischen Wiedergabe(einschließlich Fotokopie) oder der Speicherung aufelektronischen Systemen, vorbehalten.All rights reserved.

Titelabbildung: akg-images, BerlinUmschlag: Timon Schlichenmaier, HamburgISBN: 978-3-86820-957-0

www.nikol-verlag.de

ERSTES KAPITEL

Das Ende einer sehr beifällig aufgenommenen Rede. – Vorstellung des Dr. Samuel Fergusson. – ›Excelsior!‹ – Standbild des Doktors. – Ein überzeugter Fatalist. – Diner im Travellers-Club. – Zahlreiche Gelegenheitstoasts.

A

m 14. Januar 1862 hatte sich eine große Anzahl von Zuhörern zur Sitzung der Königlich-Geographischen Gesellschaft in London, Waterlooplace 3, eingefunden. Der Präsident Sir Francis M... machte in einer häufig von Beifall unterbrochenen Rede seinen ehrenwerten Kollegen eine wichtige Mitteilung. Diese seltene Probe seiner Beredsamkeit endete schließlich mit einigen schnarrenden Phrasen, in welchen sich der Patriotismus in vollen Strömen ergoss:

»England hat sich immer durch die Unerschrockenheit seiner Reisenden auf der Bahn geographischer Entdeckungen an der Spitze der Nationen bewegt. Denn, wie man bemerkt, muss von den Nationen immer eine der anderen voraus sein (große Beifallsbekundung). Doktor Samuel Fergusson, eins der glorreichen Kinder dieses Landes, wird seinen Ursprung nicht verleugnen. (Von allen Seiten: ›Nein! Nein!‹) Dieser Versuch wird, wenn er glückt, die verstreuten Kenntnisse der afrikanischen Kartographie vervollständigen und verbinden (stürmischer Beifall), und, wenn er missglücken sollte (›Niemals! Niemals.‹), so wird man ihn wenigstens als eine der kühnsten Unternehmungen des menschlichen Geistes bestaunen. (Wütendes Trampeln mit den Füßen.)«

»Hurra! Hurra!«, schrie die von diesen zündenden Worten elektrisierte Gesellschaft.

»Ein Hurra dem unerschrockenen Fergusson!«, rief eins der erregtesten Mitglieder des Auditoriums.

Aber in England bleibt der Enthusiasmus nicht bei Worten, er schlägt noch rascher Geld als der Prägstock der ›Royal mint‹. Noch in derselben Sitzung wurde bestimmt, dem Doktor Fergusson eine anerkennende Gratifikation zur weiteren Ermutigung zukommen zu lassen. Dieselbe belief sich auf 2.500 Pfund Sterling. Die Größe der Summe stand im richtigen Verhältnis zur Wichtigkeit des Unternehmens.

Eins der Mitglieder der Gesellschaft fragte den Präsidenten im Bezug darauf, ob Doktor Fergusson nicht offiziell vorgestellt werden würde.

»Der Doktor steht der Gesellschaft zur Verfügung«, antwortete Sir Francis M...

»So möge er eintreten!«, rief man. »Einen Mann von so außerordentlicher Kühnheit sieht man gern mit eigenen Augen.«

»Vielleicht hat dieser unglaubliche Vorschlag«, sagte ein alter, gelähmter Commodore, »keinen andern Zweck gehabt, als uns zu täuschen!«

»Und wenn dieser Doktor Fergusson überhaupt nicht existierte!«, ließ sich eine boshafte Stimme vernehmen.

»So müsste man ihn erfinden«, sagte ein launiges Mitglied der ernsten Gesellschaft.

»Lasst den Doktor Fergusson hereinkommen«, sprach Sir Francis M... einfach und der Doktor trat inmitten eines Beifallssturmes ein, ohne auch nur die geringste Erregung spüren zu lassen.

Er war ein Mann von etwa vierzig Jahren, von gewöhnlicher Statur und Konstitution. Die erhöhte Färbung seines Gesichtes verriet ein sanguinisches Temperament; er hatte kalte, regelmäßige Züge und eine starke, einem Schiffsschnabel ähnelnde Nase schien ihn zu Entdeckungsreisen prädestiniert zu haben. Seine sanften, mehr intelligenten als kühnen Augen verliehen seiner Physiognomie einen großen Reiz, seine Arme waren von ungewöhnlicher Länge, und an der Art, wie er seine Füße auf den Boden setzte, erkannte man den großen Wanderer. Die ganze Erscheinung des Doktors atmete einen ruhigen Ernst, und man dachte nicht daran, dass er das Werkzeug der unschuldigsten Mystifikation sein könnte. Auch hörten die Hurras und das Beifallklatschen nicht eher auf, als bis Dr. Fergusson mit einer liebenswürdigen Handbewegung Stillschweigen gebot. Er wandte sich nach dem zu seiner Vorstellung herbeigeschafften Lehnsessel, hob, hoch aufgerichtet, mit energischem Blick den Zeigefinger seiner rechten Hand gen Himmel, öffnete den Mund und sprach dies einzige Wort:

»Excelsior!«

Wer war denn dieser Doktor? Und welcher Unternehmung wollte er seine Kräfte widmen? Der Vater des jungen Fergusson, ein wackerer Kapitän der englischen Marine, hatte seinen Sohn vom zartesten Alter an mit den Gefahren und Abenteuern seines Berufes vertraut gemacht. Das ausgezeichnete Kind, welches Furcht nie gekannt zu haben schien, verriet frühzeitig einen lebhaften Geist, einen regen Forschungssinn, eine bemerkenswerte Neigung zu wissenschaftlichen Arbeiten und zeigte außerdem eine wunderbare Geschicklichkeit, sich in schwierigen Fällen aus der Affäre zu ziehen und sich im Leben durchzuschlagen. Es geriet niemals in Verlegenheit, selbst nicht, als es sich zum ersten Mal der Gabel bedienen sollte, wobei Kinder im Allgemeinen so wenig Glück haben.

Bald entzündete sich seine Fantasie an der Lektüre von kühnen Unternehmungen und Erforschungen des Meeres, ja, der Knabe verfolgte mit leidenschaftlichem Interesse die Entdeckungen, welche den ersten Teil des 19. Jahrhunderts auszeichneten. Er träumte von den Erfolgen eines Mungo-Park, eines Bruce, Caillie, Levaillant und, wie ich glaube, auch nicht wenig von den Mühen und Kämpfen Selkirks, des Robinson Crusoe, dessen Ruhm ihm nicht geringer erschien. Wie viel wohlangewandte Stunden brachte er bei ihm auf seiner Insel Juan Fernandez zu! Oft fanden die Gedanken des verlassenen Matrosen seine Billigung, bisweilen aber unterzog er seine Pläne einer eingehenden Erörterung. Er hätte vieles anders gemacht. Manches vielleicht besser oder mindestens ebenso gut, aber bestimmt hätte er dieser glückseligen Insel, auf der er glücklich gewesen war wie ein König ohne Untertanen, niemals den Rücken zugekehrt, selbst wenn es sich darum gehandelt hätte, erster Lord der Admiralität zu werden!

Ich überlasse es euch zu erwägen, ob sich diese Neigungen in der Zeit seiner abenteuerlichen Jugend entwickelten, während welcher er in allen fünf Weltteilen herumgestoßen wurde. Im Übrigen versäumte es sein Vater als gebildeter Mann nicht, diesem lebhaften Geist durch ernste Studien auf dem Gebiete der Hydrographie, der Physik und der Mechanik einen festen Boden zu geben und ihm zugleich eine oberflächliche Kenntnis der Botanik, Medizin und Astronomie beizubringen. Als der würdige Kapitän starb, hatte Samuel Fergusson, 22 Jahre alt, schon eine Reise um die Welt gemacht. Er ließ sich von dem Bengalischen Ingenieurkorps anwerben und zeichnete sich bei verschiedenen Gelegenheiten aus. Aber das Soldatenleben behagte ihm nicht, es lag ihm wenig daran zu befehlen und er gehorchte nicht gerne. Er nahm seine Entlassung und zog jagend und botanisierend nach dem Norden der indischen Halbinsel. Diese durchstreifte er von Kalkutta bis Surate. Ein einfacher Spaziergang aus Liebhaberei. Von Surate sehen wir ihn nach Australien wandern und im Jahre 1845 an der Expedition des Kapitän Stuart teilnehmen. Dieser hatte den Auftrag, jenes Kaspische Meer zu entdecken, das angeblich im Innern von Neuholland existieren soll.

Samuel Fergusson kehrte 1850 nach England zurück, und mehr als je von dem Dämon der Entdeckungslust besessen, begleitete er bis zum Jahre 1853 den Kapitän MacClure auf der Expedition, durch welche die Küste des Kontinents von Amerika von der Beringstraße bis zum Kap Farewell erforscht werden sollte. Sowohl bei den ärgsten Strapazen als auch in jedem Klima hielt die Konstitution Fergussons vortrefflich stand, und unter den furchtbarsten Entbehrungen fühlte er sich ganz behaglich. Kurz, man sah in ihm den Typus eines Reisenden, dessen Magen sich nach Wunsch zusammenzieht oder ausdehnt, dessen Beine sich nach dem improvisierten Lager verlängern oder kürzer werden und der zu jeder Tageszeit einschlafen und zu jeder beliebigen Stunde der Nacht erwachen kann.

Während dieser verschiedenen Ausflüge war Samuel Fergusson der tätigste und anziehendste Korrespondent des ›Daily Telegraph‹, dieser Penny-Zeitung, die täglich in einer Auflagenhöhe von 140.000 Exemplaren gedruckt wurde und kaum für mehrere Millionen Leser ausreichte. Auch kannte man unseren Doktor überall, obgleich er Mitglied keines gelehrten Instituts war und weder den Königlich-Geographischen Gesellschaften von London, Paris, Berlin, Wien oder St. Petersburg angehörte noch zu den Mitgliedern des Klubs der Reisenden oder der ›Royal Polytechnic Institution zählte, in welcher sein Freund, der Statistiker Kokburn, den Vorsitz führte.

Dieser Gelehrte gab ihm eines Tages, in der Hoffnung, sich ihm angenehm zu machen, folgende Aufgabe zu lösen: Wenn die Zahl der von dem Doktor auf seinen Reisen um die Welt zurückgelegten Meilen gegeben ist, einen wie viel weiteren Weg hat – in Anbetracht der Verschiedenheit der Radien – sein Kopf gemacht als seine Füße? Und ferner: Wenn die Zahl der von den Füßen und dem Kopf des Doktors gemachten Meilen bekannt ist, sei die Körpergröße desselben bis auf die Linie genau zu berechnen.

Fergusson indessen hielt sich stets von den gelehrten Körperschaften fern, denn er rechnete sich zu den Streitern, die mit Taten, nicht mit Worten kämpften. Unser Doktor verwandte seine Zeit lieber für Forschungen und Entdeckungen als für langatmige Erörterungen.

Man erzählt, dass eines Tages ein Engländer in Genf eintraf, um dort den See zu besichtigen, und sich zu diesem Zweck in eine der alten, omnibusartigen Kutschen setzte, in denen die Plätze für die Passagiere an beiden Seiten angebracht sind. Nun traf es sich aber unglücklicherweise, dass der Reisende dem See den Rücken zukehrte, und so kam es, dass er seine Rundreise in aller Gemütsruhe vollendete, ohne auch nur einen Schimmer vom Genfer See erblickt zu haben, denn an die Möglichkeit, sich auch nur einmal umzuwenden, hatte er nicht gedacht. Trotzdem kehrte er, vom Genfer See entzückt, nach London zurück. Was nun Doktor Fergusson anbetraf, so hatte er sich auf seinen Reisen mehr als einmal umgewandt, und zwar so gut, dass er viel von der Welt gesehen hatte. Er folgte hierbei übrigens nur seiner Natur, und wir haben guten Grund anzunehmen, dass er ein wenig Fatalist war. Er huldigte jedoch einem sehr orthodoxen Fatalismus, denn er rechnete auf sich selbst und auf die Vorsehung. Er behauptete, dass er viel mehr in seine Reisen hineingeschleudert würde, als dass sie ihn anzögen, und dass er mit einer Lokomotive zu vergleichen sei, die sich nicht selbst lenkt, sondern deren Richtung vom Schienenwege bestimmt wird.

»Ich verfolge nicht meinen Weg«, sagte er oft, »mein Weg verfolgt mich.«

Nach alledem wird man sich nicht über die Kaltblütigkeit wundern, mit welcher Doktor Fergusson die Beifallsrufe der Königlich-Geographischen Gesellschaft entgegennahm. Er war über dergleichen Erbärmlichkeiten erhaben, da er weder Stolz noch irgendwelche Eitelkeit besaß, und fand den Vorschlag, welchen er dem Präsidenten Sir Francis M... gemacht hatte, im höchsten Grade einfach. Der ungeheuren Wirkung, welche derselbe hervorgebracht hatte, war er nicht einmal gewahr geworden.

Nachdem die Sitzung beendet war, wurde der Doktor im Triumph zum Travellers-Club nach Pall Mall geführt, wo ein prächtiges Festmahl vorbereitet war. Der Umfang der servierten Schüsseln stand im Verhältnis zur Bedeutung der gefeierten Persönlichkeit, und der Stör, welcher bei diesem glänzenden Diner serviert wurde, maß nicht drei Zoll weniger an Länge, als Samuel Fergusson selbst.

Zahlreiche Toasts wurden mit französischen Weinen auf die großen Reisenden ausgebracht, welche sich auf Afrikas Erde einen berühmten Namen gemacht hatten. Man trank auf ihre Gesundheit oder auf ihr Andenken, und zwar in echt englischer Manier nach alphabetischer Ordnung: auf Abbadie, Adams, Adamson, Anderson, Arnaud, Baikie, Baldwin, Barth, Batouda, Beke, Beltrame, du Berba, Bimbachi, Bolognesi, Bolwik, Bolzoni, Bonnemain, Brisson, Browne, Bruce, Brun-Rollet, Burchell, Burckhardt, Burton, Caillaud, Caillié, Campbell, Chapman, Clapperton, Clot-Bey, Colomieu, Courval, Cumming, Cuny, Debono, Decken, Denham, Desavanchers, Dicksen, Dickson, Dochard, Duchaillu, Duncan, Durand, Duroule, Duveyrier, Erhardt, d‘Escayrac de Lauture, Ferret, Fresnel, Galinier, Galton, Geoffroy, Golberry, Hahn, Halm, Harnier, Hecquart, Heuglin, Hornemann, Houghton, Imbert, Kaufmann, Knoblecher, Krapf, Kummer, Lafargue, Laing, Lajaille, Lambert, Lamiral, Lamprière, John Lander, Richard Lander, Lefebvre, Lejean, Levaillant, Livingstone, Maccarthie, Maggiar, Maizan, Malzac, Moffat, Mollien, Monteiro, Morrisson, Mungo-Park, Neimans, Overweg, Panet, Partarrieau, Pascal, Pearse, Peddie, Peney, Petherick, Poncet, Prax, Raffenel, Rath, Rebmann, Richardson, Riley, Ritchie, Röchet d‘Héricourt, Rongawi, Röscher, Ruppel, Saugnier, Speke, Steidner, Thibaud, Thompson, Thornton, Tolde, Tousny, Trotter, Tuckey, Tyrwitt, Vaudey, Veyssière, Vincent, Vinco, Vogel, Wahlberg, Warington, Washington, Werne, Wild und endlich auf den Doktor Fergusson, der die Arbeiten dieser Reisenden durch seinen unglaublichen Versuch miteinander vereinen und die Reihe der Entdeckungen in Afrika vervollständigen sollte.

ZWEITES KAPITEL

Ein Artikel im ›Daily Telegraph. – Gelehrter Federkrieg. – Herr Petermann unterstützt seinen Freund, den Doktor Fergusson. -Antwort des Gelehrten Koner. – Abschluss von Wetten. – Dem Doktor werden verschiedene Vorschläge gemacht.

A

m folgenden Tag veröffentlichte der ›Daily Telegraph‹ in seiner Nummer vom 15. Januar einen wie folgt lautenden Artikel:

›Das Geheimnis der ungeheuren afrikanischen Einöden wird endlich offenbart werden; ein moderner Ödipus wird uns die Lösung dieses Rätsels bringen, das die Gelehrten von sechs Jahrtausenden nicht zu entziffern vermochten. Ehedem wurde eine Aufsuchung der Nilquellen, fontes Nili quaerere, als ein wahnsinniges Unternehmen, ein nicht zu verwirklichendes Hirngespinst betrachtet. Indem der Doktor Barth die von Denham und Clapperton vorgezeichnete Straße bis Sudan verfolgte, Doktor Livingstone seine unerschrockenen Nachforschungen vom Kap der Guten Hoffnung bis zum Flussbecken des Zambesi ununterbrochen betrieb, die Kapitäne Burton und Speke die großen Binnenseen entdeckten, haben sie der modernen Zivilisation drei Bahnen geöffnet. Der Durchschnittspunkt, nach dem noch kein Reisender hat gelangen können, ist das eigentliche Herz Afrikas; daraufhin müssen sich nunmehr alle Anstrengungen richten. Jetzt aber werden die Arbeiten dieser unerschrockenen Pioniere der Wissenschaft durch den kühnen Versuch des Doktor Samuel Fergusson untereinander verknüpft werden. Dieser verwegene Entdecker, dessen so herrliche Forschungen unsere Leser so oft mit Interesse verfolgt haben, hat sich vorgenommen, über ganz Afrika von Osten nach Westen in einem Ballon hinweg zu fahren. Sind wir recht unterrichtet, so würde der Ausgangspunkt dieser wunderbaren Reise die Insel Sansibar an der Ostküste sein. Was ihren beabsichtigten Endpunkt anbetrifft, so ist die Kenntnis desselben allein dem Schicksal überlassen. Der Vorschlag zu dieser wissenschaftlichen Forschungsreise ist gestern offiziell der Königlich-Geographischen Gesellschaft gemacht worden und eine Summe von 2.500 Pfund von derselben bereitgestellt, um die Kosten des Unternehmens zu decken.

Wir werden unsere Leser laufend in Kenntnis über den Verlauf dieser bewunderungswürdigen Entdeckungsreise halten, von der sich in den Annalen der Geographie kein Präzedenzfall findet.‹

Wie man sich denken kann, machte dieser Artikel ein ungeheures Aufsehen; zuerst stieß er auf allgemeinen Unglauben; Doktor Fergusson galt bei vielen für ein in der Idee existierendes, nur fingiertes Wesen, eine Erfindung des Herrn Barnum, der sich, nachdem er in den Vereinigten Staaten gearbeitet hatte, nunmehr anschickte, die Britischen Inseln zu ›machen‹.

Eine scherzhafte Antwort erschien in Genf in der Februar-Nummer des Bulletins de la Societe Geographique. Dieselbe verspottete auf ironische Weise die Königlich-Geographische Gesellschaft in London, den Travellers-Club und den riesigen Stör.

Aber Herr Petermann brachte die Genfer Zeitschrift in seinen in Gotha veröffentlichten ›Mitteilungen‹ gründlich zum Schweigen, denn er kannte den Doktor Fergusson persönlich und leistete für die Unerschrockenheit seines kühnen Freundes Gewähr.

Bald mussten übrigens alle Zweifel verstummen. Die Vorbereitungen zu der Reise gingen in London vor sich. Lyoner Fabriken hatten bedeutende Taffetbestellungen für den Bau des Luftschiffes erhalten, und endlich stellte die Regierung von Großbritannien das Transportschiff ›The Resolute‹, Kapitän Pennet, dem Doktor zur Verfügung.

Alsbald ließen sich von vielen Seiten ermutigende Äußerungen vernehmen, und tausend Glückwünsche wurden laut. Die Einzelheiten der geplanten Reise wurden ausführlich in den ›Bulletins de la Societe Geographique‹ in Paris besprochen, und ein interessanter Artikel über diesen Gegenstand in den ›Nouvelles Annales des voyages, de la géographie, de l‘histoire et de l‘archéologie de M. V – A. Malte-Brun‹ abgedruckt. Eine äußerst sorgfältige Arbeit des Doktor W. Koner, die in der ›Zeitschrift für allgemeine Erdkunde‹ veröffentlicht wurde, wies siegreich die Möglichkeit der Reise, ihre Aussichten auf Erfolg, die Natur der Hindernisse und die unermesslichen Vorteile der Beförderungsweise auf dem Luftwege nach. Er tadelte nur den Anfangspunkt und gab Massaua, einem kleinen Hafenorte Abessiniens, den Vorzug, von welchem aus James Bruce im Jahre 1768 zu der Erforschung der Nilquellen ausgezogen war. Übrigens bewunderte er rückhaltlos den energischen Geist des Doktor Fergussons und das mit dreifachem Erz umschlossene Herz, welches den Plan zu einer solchen Reise entwerfen und sie zur Ausführung bringen konnte.

Die ›North American Review‹ sah nicht ohne Missvergnügen einen solchen Ruhm England vorbehalten, nahm den Vorschlag des Doktors von einer scherzhaften Seite und lud ihn ein, da er dann einmal auf dem Wege sei, gleich weiter bis nach Amerika zu fahren. Kurz, ohne die Zeitschriften der ganzen Welt aufzählen zu wollen, können wir versichern, dass es vom Journal des missions évangéliques‹ bis zur ›Revue Algérienne et coloniale‹, von den ›Annales de la propagation de la foi‹ bis zum ›Church missionary intelligencer‹ keine wissenschaftliche Zeitschrift gab, welche diese Tatsache nicht in allen Variationen berichtet hätte.

Beträchtliche Wetten wurden in London wie in ganz England eingegangen, 1. über die wirkliche oder nur vermutete Existenz Doktor Fergussons; 2. über die Reise selbst, die nach der Behauptung der einen nicht angetreten, nach der Meinung der anderen unternommen werden würde; 3. über die Wahrscheinlichkeit oder Unwahrscheinlichkeit einer Rückkehr Doktor Fergussons. Man trug bedeutendere Summen in das Wettbuch ein, als wenn es sich um ein Epsom-Rennen gehandelt hätte.

So waren die Augen von Gläubigen und Ungläubigen, von Unwissenden und Gelehrten auf den Doktor gerichtet, und er wurde der Löwe des Tages, ohne eine Ahnung davon zu haben, dass er eine Mähne trüge. Er gab bereitwillig Auskunft über die Expedition, denn er war der natürlichste und zugänglichste Mensch von der Welt. Mehr als ein kühner Abenteurer bot sich an, den Ruhm und die Gefahren seines Versuchs zu teilen, aber Fergusson wies alle solche Anerbietungen ab, ohne die Gründe hierzu anzugeben.

Außerdem stellten sich eine Menge Erfinder von allerhand Mechanismen bei ihm ein, um ihr System für die Steuerung des Ballons zu empfehlen. Er ließ sich jedoch auf nichts ein, und wenn man ihn fragte, ob er selbst in dieser Beziehung etwas entdeckt habe, weigerte er sich hartnäckig, eine bestimmte Erklärung abzugeben, und beschäftigte sich eifriger als je mit den Vorbereitungen zu seiner Reise.

DRITTES KAPITEL

Der Freund des Doktors. – Geschichte ihrer Freundschaft. – Dick Kennedy in London. – Ein unerwarteter, aber keineswegs beruhigender Vorschlag. – Das wenig tröstlich klingende Sprichwort. – Einige Worte über die afrikanische Märtyrerliste. – Vorteile eines Luftschiffes. – Das Geheimnis des Doktor Fergussons.

D

oktor Fergusson besaß einen Freund. Derselbe war nicht etwa sein zweites Ich, kein Alter Ego – zwischen zwei vollkommen gleichartigen Wesen hätte wirkliche Freundschaft nicht existieren können -, aber wenn Dick Kennedy und Samuel Fergusson auch verschiedene Eigenschaften und Fähigkeiten, ja sogar ein unterschiedliches Temperament besaßen, so waren sie doch ein Herz und eine Seele und wurden dadurch nicht weiter gestört, im Gegenteil.

Besagter Dick Kennedy war ein Schotte im wahrsten Sinne des Worts; offen, entschlossen und beharrlich. Er wohnte in der kleinen Stadt Leith bei Edinburg, eine richtige Bannmeile von dem ›alten Rauchnest‹ entfernt. Bisweilen betrieb er die Fischerei, aber immer und überall war er dem Jägerhandwerk mit Leib und Seele ergeben; und das war bei einem Kinde Kaledoniens, das gewohnt ist, in den Bergen des Hochlands umherzustreifen, nicht eben verwunderlich. Man rühmte ihn als einen vorzüglichen Schützen mit dem Karabiner und sagte ihm nach, dass er die Kugel beim Schuss auf eine Messerklinge nicht nur durchschnitt, sondern sie auch auf diese Weise in so gleiche Hälften teilte, dass beim Wiegen kein Unterschied zwischen ihnen gefunden werden konnte.

Die Physiognomie Kennedys erinnerte lebhaft an diejenige Haibert Glendinnings, wie sie Walter Scott im ›Kloster‹ gezeichnet hat; seine Größe überstieg sechs englische Fuß; obgleich graziös und geschickt, war er mit einer herkulischen Körperkraft ausgestattet; ein wettergebräuntes Antlitz, lebhafte schwarze Augen, eine natürliche, ausgeprägte Kühnheit, kurz eine gewisse Güte und Solidität in der ganzen Person des Schotten nahm von vornherein zu seinen Gunsten ein.

Die beiden Freunde hatten sich in Indien, als beide bei demselben Regiment dienten, kennen gelernt; während Dick sich auf der Tiger- und Elefantenjagd vergnügte, erbeutete Samuel Pflanzen und Insekten. Dieser wie jener konnte sich in seiner Sphäre eines guten Erfolges rühmen, und dem Doktor fiel gar manche Pflanze in die Hände, deren Wert einem Paar Elfenbeinhauern gleich zu schätzen war.

Die beiden jungen Leute hatten niemals Gelegenheit gehabt, einander das Leben zu retten oder sich sonstige Dienste zu erweisen; daher erhielt sich unter ihnen eine ungetrübte, gleichbleibende Freundschaft. Das Schicksal trennte sie zuweilen voneinander, aber immer führte sie ihre Sympathie wieder zusammen. Seitdem sie nach England zurückgekehrt waren, wurden sie oft durch die Expeditionen des Doktors getrennt; wenn er indessen heimkam, versäumte er niemals, ungebeten bei seinem Freunde vorzusprechen und ihm einige Wochen zu widmen. Dick plauderte dann von der Vergangenheit und Samuel machte Zukunftspläne; der eine sah vorwärts, der andere schaute zurück. Und so kam es, dass der Geist des einen die personifizierte Aufregung, der des andern die vollkommenste Ruhe war.

Nachdem der Doktor aus Tibet zurückgekommen war, sprach er fast zwei Jahre lang nicht von neuen Forschungsreisen, und Dick gab sich der Hoffnung hin, dass sein Reisetrieb und seine Sucht nach Abenteuern nun endlich befriedigt wären. Dieser Gedanke begeisterte ihn. ›Wenn man auch noch so gut mit den Menschen umzugehen versteht‹ sagte er zu sich, ›muss es doch früher oder später ein schlechtes Ende nehmen; man begibt sich nicht ungestraft unter Menschenfresser und wilde Tiere.‹ So forderte denn Kennedy seinen Freund dazu auf, ein Ende mit seinen Reisen zu machen, und stellte ihm vor, dass er für die Wissenschaft genug und für die Dankbarkeit der Menschen bereits viel zu viel geleistet habe. Hierauf erhielt er von dem Doktor keine Antwort; derselbe war in der nächsten Zeit nachdenklich, beschäftigte sich insgeheim mit Berechnungen, verbrachte die Nächte mit minutiösen Arbeiten, über Zahlen brütend; ja, er stellte sogar Experimente mit allerlei sonderbaren Maschinerien an, von denen man nicht wusste, was sie zu bedeuten hatten. So viel aber war klar ersichtlich: Es gärte ein neuer, großer Gedanke im Hirn Samuel Fergussons.

›Worüber mag er so gegrübelt haben?‹, fragte sich Kennedy, als ihn sein Freund im Januar verlassen hatte, um nach London zurückzukehren. Da wurde ihm die Beantwortung dieser Frage eines Morgens aus dem bereits mitgeteilten Artikel des ›Daily Telegraph‹ gegeben.

»Barmherziger Himmel!«, rief er aus. »Ist der Mensch wahnsinnig geworden! Afrika in einem Ballon durchreisen! Weiter fehlte nichts! Also darüber hat er in diesen beiden Jahren nachgesonnen!« Denkt euch anstatt aller dieser Ausrufungszeichen kräftige, auf das eigene Hirn geführte Faustschläge und ihr werdet euch einen ungefähren Begriff von der körperlichen Emotion machen können, in welcher unser wackerer Dick seine Erregung austobte. Als seine alte Vertraute, Frau Elsbeth, ihm zu bedenken gab, dass dies alles nur eine Mystifikation sein könne, antwortete er:

»Unsinn! Ich werde doch meinen Mann kennen? Das sieht ihm ähnlich, ganz ähnlich! Durch die Lüfte reisen! Jetzt wird er gar eifersüchtig auf die Vögel! Nein, daraus soll nichts werden! Ich werde es zu verhindern wissen! Ja, wenn man ihn gewähren ließe; wer könnte einem dafür gutsagen, dass er sich nicht eines schönen Tages nach dem Monde aufmachte!«

Noch am Abend desselben Tages setzte sich Kennedy voll großer Unruhe und Erbitterung in ein Coupé der Eisenbahn nach der General Railway Station und kam am folgenden Morgen in London an. Eine Dreiviertelstunde später setzte ihn eine Droschke vor dem kleinen Hause des Doktors, Soho Square, Greek Street ab. Er schritt über den Vorplatz und kündigte sich durch fünf nachdrückliche Schläge gegen die Tür an, worauf Fergusson öffnete.

»Dick?«, fragte er, ohne irgendwelches Erstaunen zu verraten.

»Dick selber«, erwiderte Kennedy kurz.

»Du hältst dich zur Zeit der Winterjagden in London auf? Was führt dich hierher?«

»Eine grenzenlose Torheit, die ich verhindern will.«

»Eine Torheit?«

»Ist das, was in dieser Zeitung steht, wahr?«, rief Kennedy jetzt, indem er die betreffende Nummer des Daily Telegraph hervorholte und sie seinem Freunde entgegenhielt.

»Ach davon sprichst du! Diese Zeitungen schwatzen doch wirklich alles aus! Aber setze dich doch, lieber Dick.«

»Nein, ich werde mich nicht setzen. Sage mir, ob du wirklich und wahrhaftig die Absicht hast, diese Reise zu unternehmen?«

»Ganz entschieden; meine Vorbereitungen sind schon im Gange, und ich ...«

»Wo hast du deine Vorbereitungen? In tausend Stücke will ich sie zerschlagen! Her damit!«

Der würdige Schotte geriet jetzt ernstlich in Zorn.

»Beruhige dich, mein lieber Dick«, versetzte der Doktor; »ich begreife deine Gereiztheit sehr wohl. Du zürnst mit mir, weil ich dir meine neuen Pläne noch nicht mitgeteilt habe.«

»Das nennt er neue Pläne!«

»Ich bin nämlich sehr beschäftigt gewesen«, fuhr Samuel fort. »Es gab in der letzten Zeit viel für mich zu tun. Aber trotzdem wäre ich nicht abgereist, ohne dir zu schreiben ...«

»Ach, was liegt mir daran ...«

»Weil ich die Absicht habe, dich mitzunehmen.«

Der Schotte machte einen Satz, der einem Gemsbock zur Ehre gereicht hätte.

»Ach so!«, sagte er. »Du bist also darauf aus, uns beide nach Bedlam zu bringen!«

»Ich habe mit voller Bestimmtheit auf dich gezählt, lieber Dick, und dich unter Ausschluss von vielen anderen zu meinem Reisegefährten auserwählt.«

Kennedy war ganz erstarrt vor Erstaunen.

»Wenn du mich zehn Minuten lang angehört hast, wirst du mir dafür dankbar sein«, fuhr der Doktor fort.

»Sprichst du wirklich im Ernst?«

»Vollkommen im Ernst.«

»Und wenn ich mich nun weigere, dich zu begleiten?«

»Das wirst du nicht tun.«

»Wenn ich mich nun aber doch weigere?«

»Dann reise ich allein.«

»Setzen wir uns«, sagte der Jäger, »und sprechen wir ohne alle Leidenschaft. Von dem Augenblick an, wo ich weiß, dass du nicht scherzt, ist die Sache wenigstens einer Unterredung wert.«

»Wenn du nichts dagegen hast, können wir dabei frühstücken, lieber Dick.«

Die beiden Freunde setzten sich einander gegenüber an einen kleinen Tisch, auf dem rechts ein stattlicher Berg von Butterbroten und links eine ungeheure Teekanne stand.

»Mein lieber Samuel, dein Plan ist geradezu verrückt; an seine Durchführung ist nicht zu denken, er ist mit einem Wort: unmöglich!«

»Das werden wir erst genau wissen, wenn wir den Versuch gemacht haben.«

»Aber eben dieser Versuch soll ja nicht gemacht werden!«

»Und warum nicht, wenn‘s beliebt?«

»Denke doch an die Gefahren, die Hindernisse aller Art!«

»Hindernisse«, versetzte Fergusson sehr ernst, »sind dazu gemacht worden, um beseitigt zu werden; und was die Gefahren betrifft – wer kann sich sicher sein, ihnen zu entgehen? Alles im Leben ist Gefahr! Es kann das größte Unglück herbeiführen, wenn man sich an einem Tische niederlässt oder auch nur seinen Hut aufsetzt. Überdies muss man sich sagen, dass alles, was bereits geschehen ist, auch wiederum geschehen wird, dass die Zukunft nur eine etwas entferntere Gegenwart ist.«

»Ich kenne deine Ansichten«, schob Kennedy ein, indem er mit den Achseln zuckte. »Du bist ein Fatalist!«

»Immer, aber im besten Sinne des Wortes. Beschäftigen wir uns also nicht mit dem, was das Schicksal uns möglicherweise vorbehalten hat, sondern halten wir uns an das gute englische Sprichwort: ›Wer zum Hängen geboren ist, wird nie den Tod des Ertrinkens sterben‹«

Hierauf war nichts zu erwidern, doch hinderte dies Kennedy nicht, eine Menge nahe liegender Gründe gegen die beabsichtigte Unternehmung aufzuzählen, deren nähere Erörterung uns hier zu weit führen würde.

»Warum willst du denn aber«, sagte er nach einer Stunde lebhaftester Debatte, »wenn diese Bereisung Afrikas absolut zu deinem Lebensglück gehört, nicht dieselben Bahnen einschlagen wie andere gewöhnliche Sterbliche vor dir?«

»Warum?«, rief der Doktor in Eifer geratend. »Weil bis jetzt alle Versuche scheiterten! Weil von Mungo Parks Ermordung am Niger bis zum Verschwinden Vogels in Wadai, von Oudneys und Clappertons Tod in Murmur und Sackatu bis auf den Franzosen Maizan, der in Stücke gehauen wurde, von dem Major Laing, der durch die Hand der Tuaregs sein Ende fand, bis zur Ermordung Roschers aus Hamburg am Anfang des Jahres 1860 zahlreiche Opfer in die afrikanische Märtyrerliste eingetragen worden sind! Weil es ganz unmöglich ist, gegen die Elemente, gegen den Hunger, den Durst, das Fieber, gegen die wilden Tiere und die noch viel wilderen Völkerstämme anzukämpfen! Weil man das, was nicht auf eine Weise zu erreichen ist, auf eine andere Art versuchen muss, und endlich, weil man da, wo nicht gerade durchzukommen ist, nebenher oder darüber hinweg gehen muss.«

»Wenn es sich nur darum handelte, darüber hinweg zu gehen!«, äußerte Kennedy. »Aber du willst ja hoch darüber fliegen.«

»Nun«, argumentierte der Doktor mit der größten Kaltblütigkeit weiter, »was habe ich denn zu befürchten? Wie du dir wohl denken kannst, habe ich meine Vorsichtsmaßnahmen dergestalt getroffen, dass ein Absturz meines Ballons nicht befürchtet werden muss. Sollte mich das Luftschiff trotz alledem im Stich lassen, so würde ich mich auf der Erde noch immer in gleichen Verhältnissen mit andern Entdeckungsreisenden befinden; aber mein Ballon wird sich bewähren, wir können fest darauf zählen.«

»Im Gegenteil, wir dürfen nicht darauf zählen.«

»Doch wohl, mein lieber Dick. Ich beabsichtige, mich nicht eher von meinem Luftschiff zu trennen, als bis ich an der Westküste Afrikas angekommen bin. Mit diesem Ballon ist alles möglich. Ohne ihn aber fiele ich wieder den Gefahren und natürlichen Hindernissen solcher Expeditionen zum Opfer. Mit ihm gedenke ich ebenso der Hitze, den Strömen und Stürmen, wie dem Samum und dem ungesunden Klima zu trotzen; weder wilde Tiere noch Menschen können mir etwas anhaben. Ist mir zu heiß, so steige ich; wird es zu kalt, so lasse ich mich herab. Über einen Berg fliege ich hinweg, über jeden Abgrund schwebe ich hin; ich schieße über Flüsse und Ströme wie ein Vogel, und entlädt sich ein Gewitter, so erhebe ich mich über dasselbe und beherrsche es von oben herab. Ich komme vorwärts, ohne zu ermüden, und halte an, ohne der Ruhe zu bedürfen! Ich schwebe über den Städten und fliege mit der Schnelligkeit des Orkans bald hoch oben in den Lüften, bald nur hundert Fuß vom Erdboden entfernt; und unter meinen Augen entrollt sich die Karte von Afrika im großen Atlas der Welt!«

Der wackere Kennedy begann eine gewisse Bewegung und Rührung zu verspüren, und doch schwindelte ihm bei dem vor seinen Augen entrollten Schauspiel. Er betrachtete Samuel mit einem Gemisch aus Bewunderung und Sorge; fast fühlte er sich schon im Weltraum schwebend.

»Nach alledem, mein lieber Samuel«, sagte er endlich, »hast du auch das Instrument ausfindig gemacht, um den Ballon lenken zu können?«

»Nein! Das ist eine Unmöglichkeit.«

»Aber dann wirst du reisen ...«

»Wohin es dem Schicksal beliebt, aber jedenfalls von Osten nach Westen, denn ich gedenke, mich der Passatwinde, die eine durchaus beständige Richtung haben, zu bedienen.«

»Oh, freilich!«, sagte Kennedy überlegend. »Die Passatwinde ... gewiss ... Man kann im Notfall ... Es wäre immerhin möglich ...«

»Es wäre möglich? Nein, mein wackerer Freund, es ist sogar gewiss. Die englische Regierung hat mir ein Transportschiff zur Verfügung gestellt, und es ist abgemacht, dass zu der voraussichtlichen Zeit meiner Ankunft drei oder vier Schiffe an der Westküste kreuzen sollen. Spätestens in drei Monaten werde ich in Sansibar sein, um die Füllung des Ballons zu bewerkstelligen, und von dort aus wollen wir uns in die Lüfte schwingen ...«

»Wir!«, rief Dick.

»Hast du mir noch den leisesten Einwand zu machen, so sprich, Freund Kennedy.«

»Nicht einen Einwand, sondern tausend! Aber sage mir vor allem: Wenn du das Land zu besichtigen und dich nach Belieben zu erheben oder herabzulassen gedenkst, so kannst du das nicht, ohne von deinem Gas einzubüßen. Schon dieser Umstand hat bis jetzt alle langen Reisen in Luftballons verhindert.«

»Mein lieber Dick, ich will dir nur dies eine sagen: Ich werde auch nicht den kleinsten Teil, kein Quentchen Gas einbüßen.«

»Und doch willst du nach Belieben steigen und fallen können? Wie willst du das machen?«

»Das ist mein Geheimnis, Freund Dick. Habe nur Vertrauen zu mir, und lass mein Losungswort auch das deinige sein: ›Excelsior!‹«

»Gut, also ›Excelsior‹«, antwortete der Jäger, der kein Wort lateinisch verstand.

Er war fest entschlossen, sich mit allen erdenklichen Mitteln der Abreise des Doktors zu widersetzen; vorläufig aber gab er sich den Anschein, als sei er der Meinung desselben beigetreten. Er begnügte sich damit, den Freund zu beobachten. Dieser machte sich jetzt daran, die Anfertigung der Ausrüstung für seine Reise zu beaufsichtigen.

VIERTES KAPITEL

Forschungsreisen in Afrika. – Barth, Richardson, Overweg, Werne, Brun-Rollet, Peney, Andrea Debono, Miani, Guillaume Lejean, Bruce, Krapf und Rebmann, Maizan, Röscher, Burton und Speke.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!