Gebieterin des Mondes - Suzanne Wright - E-Book

Gebieterin des Mondes E-Book

Suzanne Wright

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Beschreibung

Als Taryn Warner eines Morgens im Schlafzimmer des gefährlichen Außenseiters Trey Coleman erwacht, ist sie stinksauer. Wie konnte er es wagen, sie – die einzige Tochter des mächtigen Alphas – zu entführen? Und ihr dann auch noch einen unverschämten Deal vorzuschlagen: Zum Schein soll sie sich mit Trey verbinden, damit er seine Stellung unter den Wolfsrudeln stärken kann, dafür entkommt sie dem strengen Regiment ihres Vaters. Als Taryns erste Wut verraucht ist, stimmt sie der Liebesverbindung auf Zeit zu. Aber was, wenn aus den anfänglichen Funken zwischen den beiden ein alles verheerendes Feuer entsteht?

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Das Buch

Als die hübsche Taryn Warner eines Morgens im Schlafzimmer des gefährlichen Außenseiters Trey Coleman erwacht, ist sie stinksauer. Wie konnte er es wagen, sie – die einzige Tochter eines mächtigen Alphas – zu entführen? Und ihr dann auch noch einen unverschämten Deal vorschlagen: Zum Schein soll sie eine Beziehung mit Trey eingehen, damit dieser seine Stellung unter den Wolfsrudeln stärken kann. Im Gegenzug schützt Trey Taryn vor einer Zwangsheirat mit dem rachsüchtigen Werwolf-Alpha Roscoe. Zugegeben, Trey ist der attraktivste Mistkerl, dem Taryn je begegnet ist, aber soll sie sich deshalb tatsächlich auf seinen Vorschlag einlassen und sich somit der Gnade eines arroganten Machos ausliefern? Andererseits würde eine Scheinehe all ihre Probleme auf einen Schlag lösen. Als Taryns erste Wut verraucht ist, stimmt sie der Liebesverbindung auf Zeit zu – nicht ahnend, dass aus den anfänglichen Funken zwischen ihr und Trey ein alles verzehrendes Feuer entstehen wird. Doch damit nicht genug: In Treys Rudel sind nicht alle Wölfe mit der neuen Gefährtin ihres Alphas einverstanden, und plötzlich gerät Taryn in tödliche Gefahr …

Die Autorin

Suzanne Wright lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in England. Schon als Kind liebte sie es Gedichte, Theaterstücke und Geschichten zu verfassen. Wenn sie ihre Zeit nicht gerade mit ihrer Familie verbringt, widmet sie sich ihrer großen Leidenschaft, dem Schreiben.

Mehr über Autorin und Werk erfahren Sie auf:

www.suzannewright.co.uk

SUZANNE WRIGHT

Ein Phoenix-Pack-Roman

WILHELM HEYNE VERLAGMÜNCHEN

Deutsche Übersetzung von Sonja Rebernik-Heidegger

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Titel der englischen Originalausgabe:

FERAL SINS

Deutsche Übersetzung von Sonja Rebernik-Heidegger

Deutsche Erstausgabe 01/2017

Redaktion: Andrea Blendl

Copyright © 2012 by Suzanne Wright

Copyright © 2017 der deutschen Ausgabe

und der Übersetzung by

Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design, München,

unter Verwendung von shutterstock/g-stockstudio

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN 978-3-641-19851-0V001

www.heyne.de

Für die drei fantastischsten Menschen der Welt:

meinen unglaublichen Ehemann und

meine beiden großartigen Kinder

1

Was in Gottes Namen war das für ein Geruch?

Nicht gerade unangenehm, dachte Taryn bei sich, während sie langsam aufwachte, auch wenn ihre Augenlider eigentlich noch zu schwer waren, um sie zu öffnen. Es roch hier allerdings sicher nicht wie in ihrem Bett. Ihr schlafumnebeltes Gehirn stellte drei Dinge fest: Erstens gehörte der Geruch zu einer Person – und es war ein wirklich herrlicher Duft: frisches Kiefernholz, Frühlingsregen und Zedernholz. Zweitens war es ein Mann, der hier so verführerisch roch. Und drittens war dieser Mann ein Wolfwandler wie sie selbst. Taryn Warner brachte jedoch nie fremde Kerle in das Haus ihres Rudels mit, auch wenn sie noch so herrlich rochen.

Sie zwang eines ihrer müden Augen auf und musterte ihre unmittelbare Umgebung, was ihre Annahme bestätigte, dass der mysteriöse Mann schon lange wieder verschwunden war. Sie drehte den Kopf – der sich unnatürlich schwer anfühlte – zur Seite, um einen Blick auf ihren Wecker zu werfen. Zumindest hätte sie das getan, wenn dieser nicht plötzlich verschwunden gewesen wäre. Genauso wie ihr Nachttisch. Und auch die seidenen Laken unter ihr waren nicht ihre eigenen, wie ihr plötzlich bewusst wurde.

Sie setzte sich abrupt auf. Und fluchte. Nein, sie befand sich ganz sicher nicht in ihrem Zimmer. Tatsächlich war sie nicht einmal zu Hause. Sie musterte ihre Umgebung erneut misstrauisch, und ihre Augen weiteten sich immer mehr, als sie erstens erkannte, wie luxuriös der Raum war, in dem sie sich befand, und zweitens, dass es sich dabei scheinbar um eine Höhle handelte. Um eine verdammte Höhle?

Es war jedoch keine Steinzeithöhle. Zum Teufel, ganz bestimmt nicht. Die hellen cremefarbenen Sandsteinwände waren vollkommen glatt, abgesehen von einigen Nischen, die als kleine Regale genutzt wurden. Der Boden war mit einem vornehmen beigefarbenen Teppich ausgelegt, der einladend weich aussah. Es gab einen männlich wirkenden, dreiteiligen Schrank und eine große Kommode, beides in dunklem Eichenholz, das zu dem Kopfende des auf einem Podest stehenden Bettes passte. Das Bett selbst befand sich unter einem glatten Gewölbe, das in den Fels der Höhle gehauen worden war, wodurch man sich darin trotz seiner enormen Größe äußerst geborgen fühlte. Aber nicht geborgen genug, um diese verrückte Umgebung hier tatsächlich genießen zu können.

Obwohl sich ihre Wölfin in Alarmbereitschaft befand, wirkte sie weder nervös noch verängstigt. Taryn kicherte. Ihre bescheuerte Wölfin hatte offensichtlich nicht einmal das Gefühl, dass sie sich hier in einer seltsamen Umgebung befand – immerhin war sie in einer Höhle –, und es beunruhigte sie scheinbar auch nicht, dass sie sich nicht mehr daran erinnern konnte, wie sie hierhergekommen war. Vermutlich war es von Vorteil, dass sie nicht an die Oberfläche gelangen konnte.

Also … war sie vielleicht mit Shaya unterwegs gewesen und schließlich mit einem Kerl nach Hause gegangen? Das kam ihr nicht stimmig vor. Erstens konnte sie sich nicht daran erinnern, dass sie vorgehabt hatte auszugehen, ganz zu schweigen davon, es auch tatsächlich getan zu haben. Außerdem verlangte es ihre Stellung als Heilerin des Rudels, dass sie immer auf Abruf bereitstand, weshalb sie sich nie bis zur Besinnungslosigkeit betrank. Darüber hinaus war sie vollständig bekleidet – sie trug legere Klamotten, die sie nie zum Ausgehen angezogen hätte –, und weder sie selbst noch das Bett rochen nach Sex.

Was war das Letzte, woran sie sich erinnern konnte? Obwohl ihr Gehirn noch immer vollkommen benebelt war, erinnerte sie sich, dass sie um die Mittagszeit zum Internetcafé aufgebrochen war. Sie wusste allerdings nicht mehr, ob sie auch dort angekommen war. Klar litt sie gelegentlich unter dem VEJS-Syndrom – Vergisst einfach jeden Scheiß –, aber das hier war etwas anderes. Es war, als klaffte eine Lücke in ihrer Erinnerung.

Taryn nahm die Luft in der Höhle in sich auf und filterte die verschiedenen Düfte heraus. Außer sich selbst und dem lecker riechenden Wolf konnte sie noch zwei weitere Gerüche ausmachen. Sie stammten von einem Mann und einer Frau, beides Wolfwandler, die sie nicht kannte. Zumindest wusste sie jetzt, dass sie sich nicht in der Gewalt von Roscoe befand, diesem Mistkerl von Alpha, der sich einen Dreck darum scherte, dass sie sich nicht mit ihm paaren wollte. Doch was das anging, scherte sich auch ihr Vater einen Dreck darum. Er war viel zu beschäftigt damit, ein Bündnis mit Roscoes Rudel einzugehen, und wenn das bedeutete, dass er seine Tochter opfern musste, um es zu bekommen, dann stieg er freudig auf den Deal ein.

Sie wünschte, der einzige Grund dafür wäre gewesen, dass er unbedingt Verbündete brauchte. Aber ihr Dad war bereits genug Bündnisse mit anderen Rudeln eingegangen. Es war einfach so, dass er keine Zeit für sein einziges Kind hatte, und die Tatsache, dass ihre Wölfin nicht an die Oberfläche gelangen konnte, kränkte ihn in seiner Ehre und stellte einen Makel in seiner Blutlinie dar. Was ihn betraf, war es ein Zeichen von Schwäche, dass er für ihre Zeugung verantwortlich war. Sie stellte seine Größe vor dem Rest des Rudels infrage. Das dachte er zumindest. Er würde sicher nicht dafür sorgen, dass ihr Foto als Vermisstenmeldung auf eine Milchpackung kam, falls sie nicht mehr nach Hause zurückkehren sollte. Wo auch immer sie zur Hölle gerade war.

Sie entdeckte beigefarbene Gardinen, schlug die Bettdecke zur Seite und stand auf. Einen Moment lang wurde ihr schwindelig, und sie schwankte. Mein Gott, was war nur mit ihr los? Sie stolperte schwerfällig und ungraziös auf die Gardinen zu und zog sie auseinander. Dahinter kam ein Erkerfenster zum Vorschein – ein Fenster, das leider abgeschlossen war. Es war nicht mehr Vormittag, sondern eher später Nachmittag. Bedeutete das, dass sie nicht die ganze Nacht, sondern nur ein paar Stunden hier verbracht hatte? Oder bedeutete es, dass sie einfach bloß verdammt lange geschlafen hatte?

Sie zog ihre Augenbrauen beinahe bis zum Haaransatz hoch, als sie den Ausblick sah. Die meisten Rudel besaßen ein luxuriöses Haupthaus, das von zahlreichen kleineren Häusern umgeben war. Einige dieser Haupthäuser befanden sich sogar auf einem Felsen. Doch dieser Ort hier befand sich nicht auf einem Felsen – er war der Felsen. Es gab gewölbte, hell erleuchtete Balkone und glatte Treppenaufgänge, die die verschiedenen Ebenen miteinander verbanden, und es sah aus wie eine dieser uralten Höhlensiedlungen in Fred Feuersteins Felsental.

Was zum Teufel hatte sie hier verloren?

Unter der Siedlung sah sie Wiesenflächen und einen riesigen Wald. Der Aussicht nach zu schließen befand sie sich also in einem enormen Höhlensystem mitten im Nirgendwo. Sie hatte schon gehört, dass Höhlen ausgebaut und in Wohnräume oder sogar Hotels verwandelt wurden, doch sie hätte sich niemals gedacht, dass diese so warm und zeitgemäß wirken konnten. Ihr Gefühl sagte ihr, dass sie sich noch immer irgendwo in Kalifornien befand, aber sie nahm an, dass die Taxifahrt nach Hause wohl ein wenig teurer werden würde. Gut, dass ihr Entführer reich war. Vor allem, weil ihre Geldbörse nirgendwo zu sehen war. Wenn das hier ein Scherz sein sollte, dann kapierte sie ihn einfach nicht.

Sie strich ihre verdammten Haare glatt, die sich nie entscheiden konnten, welchen Blondton sie annehmen wollten, und wankte mit zitternden Beinen auf die Tür zu. Sie hätte sich wohl vorsichtiger verhalten, wäre sie nicht so verärgert, benommen und verwirrt gewesen. Außerdem ging sie davon aus, dass diese Wölfe sie nicht verletzen wollten, denn sonst hätten sie es vermutlich schon längst getan und sie nicht auf einem so gemütlichen Bett in einem derart extravaganten Zimmer schlafen lassen.

Sie drückte die Türklinke hinunter, doch zu ihrem Schrecken und ihrer Enttäuschung war die Tür verschlossen. Verschlossen? »Hey!«, rief sie und hämmerte an die Tür. Keine Antwort. »Halloooooooooo!« Noch immer nichts.

Also, um es zusammenzufassen: Sie befand sich an einem fremden Ort, zusammen mit fremden Wolfwandlern und war außerdem eingeschlossen?Jetzt war ihre Wölfin aber wirklich sauer. Eingesperrt zu sein machte jeden Gestaltwandler unruhig und wütend.

»Hallo! Hier spricht eure Gefangene! Macht die verdammte Tür auf!«

Es ertönte ein Kichern, dem schließlich das Geräusch eines Schlüssels in der Tür folgte, bevor diese langsam aufschwang. Taryn fand sich von Angesicht zu Angesicht – nun, wohl eher von Angesicht zu Brust – mit einem Wesen wieder, das wohl am ehesten als lebender, atmender Berg beschrieben werden konnte. Ein weiterer Wolf. Sie hob eine Augenbraue, als sie sein eingebildetes, teuflisches Grinsen sah, und fragte sich, was hier eigentlich so witzig war.

»Du bist wach. Gut.«

»Und was für ein Zwerg bist du?« Das hier war vermutlich nicht der richtige Zeitpunkt, um Witze zu reißen, aber sie war ein sarkastisches Miststück, und wenn sie sauer war, dann ging ihre Bosheit oft mit ihr durch.

Sein Grinsen wurde breiter. »Unser Alpha will mit dir reden.«

»Und euer Alpha ist …?«

Er zwinkerte ihr zu. »Komm mit.«

Taryn verdrehte die Augen gegenüber diesem großspurigen Angeber, bevor sie ihm durch einen Tunnel folgte, der sie tiefer in den Berg hineinführte. Nachdem sie an einigen Kreuzungen vorbeigekommen waren, erkannte sie, dass es sich um ein ganzes Tunnelsystem handelte. Es war, als wären sie in einem riesigen Ameisenhaufen. Wie in dem Schlafzimmer waren die cremefarbenen Wände auch hier so glatt, dass sie beinahe samtig wirkten. Die seltsamen, ungewohnten Gerüche machten ihre Wölfin vollkommen verrückt, und sie wollte, dass Taryn den Ort erkundete. »Würde es dir etwas ausmachen, mir zu sagen, wo ich bin?«

»Das wirst du bald sehen«, meinte er gedehnt.

»Und wie wäre es damit, wie ich hierhergekommen bin?«, fragte sie verärgert.

»Unser Alpha wird dir alles erklären.«

Sie konnte ihr Knurren nicht mehr unterdrücken, doch es schien ihn bloß zu amüsieren.

Bald darauf standen sie vor einer großen schwarzen Tür, die ihr der Berg von einem Kerl aufhielt, während sie hindurchtrat. Dahinter befand sich eine große, offene Küche, die durch die Eichenschränke, die Arbeitsplatte aus schwarzem Marmor und die Geräte mit den Platinoberflächen erstaunlich modern und elegant wirkte. In der Mitte des großen Raumes stand ein langer Esstisch aus Eichenholz, um den sich einige männliche Wölfe versammelt hatten. Alle Köpfe wandten sich zu ihr um, als sie den Raum betrat, und die Menge teilte sich, sodass sie einen freien Blick auf den Mann hatte, der am Tisch saß. Ihre Kinnlade klappte beinahe bis auf den Boden herunter.

Heilige Scheiße. Trey Coleman.

Nun wusste sie, dass sie ganz sicher nicht freiwillig hier war. Selbst wenn sie um die Häuser gezogen und vollkommen zugeknallt gewesen wäre, hätte sie niemals genug Alkohol trinken können, um die Tatsache zu vergessen, dass dieser Kerl vollkommen irre war. Er war wie eine schwarze Mamba. Zornig und aggressiv, mit einem schlechten Ruf – geachtet, bewundert und gefürchtet zugleich. Das hatte vor allem mit dem Gerücht zu tun, dass er im zarten Alter von vierzehn Jahren einen erwachsenen Alpha zum Kampf herausgefordert und diesen dabei beinahe umgebracht hatte. Einen erwachsenen Alpha, der nebenbei auch sein Vater gewesen war.

Wenn das, was Taryn gehört hatte, stimmte, war Trey anschließend aus seinem Rudel verbannt worden, anstatt die Rolle des Alphas zu übernehmen. Diese Entscheidung hatte das Rudel entzweit, und diejenigen, die mit dem Beschluss nicht einverstanden gewesen waren, waren mit ihm fortgegangen. Zusammen hatten sie ihr eigenes Rudel mit Trey als Alpha gegründet und durch Kämpfe gegen andere Rudel ihr eigenes Revier erobert. Bis jetzt war Trey als Alpha ungeschlagen … was vermutlich damit zusammenhing, dass sein Wolf während eines Kampfes gerne die Kontrolle übernahm. Und jetzt war sie hier bei ihm. Sie wurde einfach das Gefühl nicht los, dass sich das Schicksal hinter ihrem Rücken gerade ins Fäustchen lachte.

Wenn man bedachte, dass sie sich in Gegenwart eines Mannes befand, der psychisch überhaupt nicht stabil war – wenn man es genau nahm, hielt sie dieser Mann sogar gefangen –, wäre es kaum verwunderlich gewesen, dass ihre Wölfin zumindest ein wenig nervös reagierte. Taryn selbst spürte es jedenfalls trotz ihres Ärgers. Aber nein! Ihre Wölfin wollte sich bloß verführerisch an ihn reiben, denn sie erkannte seinen Geruch als jenen aus dem Schlafzimmer wieder. Flittchen.

Okay, Taryn musste natürlich zugeben, dass dieser mörderische Irre tatsächlich richtig heiß war. Sein harter, durchdringender, finsterer Blick und seine stechenden eisblauen Augen trugen nur noch ihren Teil dazu bei. Seine breiten Schultern, sein muskulöser Oberkörper und der Waschbrettbauch waren durch sein T-Shirt hindurch gut erkennbar. Er war richtig durchtrainiert. Normalerweise stand Taryn nicht allzu sehr auf Muskelprotze, dennoch konnte sie nicht anders, als seinen Körper zu bewundern. Außerdem reagierten sowohl ihr eigener Körper als auch ihre Wölfin vollkommen hilflos auf die Macht, die die Luft um ihn praktisch zum Surren brachte. Seine Autorität umgab ihn wie eine zweite Haut. Perverserweise brachte sein harter, durchdringender Blick ihr Blut zum Kochen, anstatt sie zu verängstigen. In seinen glasigen Augen lag ein Hunger, der sie gleichzeitig erregte und überraschte. Ihre Wölfin knurrte aufgeregt. Die animalische Lust, die sie überkam, war so intensiv, dass es beinahe wehtat.

Nun, das war ja einfach großartig. Vielleicht entwickelte sie hier gerade ein Stockholm-Syndrom oder so.

Wie auch immer, die vollkommen ungelegene Anziehung, die sie verspürte, würde jedenfalls nicht dazu führen, dass sie reagierte, wie ihr Körper und ihre Wölfin es wollten – und wie viele andere Frauen es oft genug taten, wenn man seinem Ruf als Schwerenöter Glauben schenken durfte. Ihr Vater war ein ebenso dunkler, schroffer, grüblerischer, gefährlicher Kerl, und er ging ihr einfach bloß furchtbar auf die Nerven. Taryn zeigte Trey also nicht, dass er ihr als männliches Exemplar ihrer Gattung durchaus gefiel, sondern erwiderte seinen stechenden Alphablick bloß genauso beharrlich. Ihre Wölfin mochte zwar nicht an die Oberfläche gelangen können, aber sie war trotzdem eine Alpha.

Trey musterte die Frau vor ihm neugierig. Man hatte ihm gesagt, dass ihre Wölfin nicht an die Oberfläche gelangen konnte. Wenn man nun auch noch bedachte, dass sie wirklich winzig klein war, sich weit von ihrem Rudel entfernt hatte und sich nun in seiner Gesellschaft befand, hätte man meinen können, dass sie wie ein verschrecktes Reh wirken würde. Doch in ihren Augen lag keine Angst, und sie strömte auch nicht den ängstlichen Duft aus, den er erwartet hatte. Stattdessen war sie furchtbar wütend. Offensichtlich hatte er sich so sehr an den Geruch der Angst gewöhnt, dass er nun doch ein wenig verwirrt war.

Außerdem merkte er, dass er bereits schmerzhaft hart wurde, als ein roher, animalischer Hunger von ihm Besitz ergriff und an seiner Selbstbeherrschung nagte. Sie war nicht auf jene offensichtliche Art schön, die einem sofort ins Auge stach, sondern auf natürliche, subtile Weise. Obwohl sie schlank war, hatte sie genügend Kurven, die einem das Wasser im Mund zusammenlaufen ließen, und alle möglichen Fantasien spielten sich in seinem Kopf ab. Doch es war ihr Mund, der am meisten seine Aufmerksamkeit erregte. Ihre Lippen waren üppig und sinnlich und brachten einen Kerl sofort auf schmutzige Gedanken. Im Moment hatte sie diese Lippen jedoch zu einer harten Linie zusammengepresst, die deutlich machte, wie wütend sie war. Trotzdem lag noch immer nicht die Spur von Angst in der Luft. Vielleicht erkannte sie ihn einfach nicht. »Weißt du, wer ich bin?«

Taryn verdrehte die Augen. »Warum lassen wir diesen Teil nicht einfach aus, und du sagst mir, wie zum Teufel ich hierhergekommen bin und was genau ich hier verloren habe, Coleman?«

Die anderen erstarrten, und eine unangenehme Stille machte sich im Raum breit. Offensichtlich warteten alle darauf, dass der Kerl explodierte. Gut so. Sie hatte jedenfalls genug von einschüchternden, dominanten Typen. Sie hatte genug von männlichen Bekanntschaften, die dachten, dass die Tatsache, dass ihre Wölfin nicht an die Oberfläche gelangen konnte, sie unterwürfig und schwach machte. Sie hatte genug von ihrem Vater, der dauernd versuchte, sie aus seinen eigenen, hinterhältigen Gründen dazu zu zwingen, sich mit einem schmierigen Alpha zu paaren. Und sie hatte genug von besagtem schmierigem Alpha, der so darauf aus war, sich mit ihr zu paaren, dass er sie tatsächlich in eine Ecke getrieben und sie ohne ihre Erlaubnis gebissen hatte, und deshalb der Meinung war, er hätte sie nun als sein Eigentum markiert. Und jetzt noch dieser Irre, der sie offensichtlich entführt hatte. Man würde ihr hoffentlich vergeben, dass sie mittlerweile an ihre Grenzen stieß!

Trey musste innerlich über ihre streitlustige Art lachen. Ihm war oft genug gesagt worden, dass er über eine Furcht einflößende Ausstrahlung verfügte. Schon sein ganzes Leben lang, selbst bevor er sich seinen Ruf erworben hatte, waren die anderen ihm skeptisch gegenübergestanden, und das hatte ihn irgendwie genervt. Seine Großmutter machte seinen permanent düsteren Blick und seine dominante Ausstrahlung dafür verantwortlich.

Diese Frau hier wich jedoch nicht vor ihm oder seinem intensiven Blick zurück. Und er wusste, wie intensiv er war. Er wusste, dass seine Augen sie und jedes Detail und jede kleine Kurve an ihrem heißen kleinen Körper so stechend musterten, dass sie den Blick abwenden, sich winden oder das Gesicht verziehen hätte sollen. Doch sie zuckte unter seinem prüfenden Blick nicht einmal zusammen. Stattdessen erwiderte sie ihn herausfordernd, und ihm kam in den Sinn, dass er in ihr womöglich jemanden gefunden hatte, der ihm standhalten konnte. Sie war offensichtlich eine Frau, die es gewohnt war, von anderen wie Scheiße behandelt zu werden – vermutlich, weil ihre Wölfin nicht an die Oberfläche gelangen konnte. Ihre feurige Art gefiel seinem Wolf, der es nicht gerade schätzte, wenn jemand zitternd zurückwich. Er hätte darauf wetten können, dass sie einen verruchten Charakter hatte.

Trey atmete instinktiv tief ein, um ihren Duft aufzunehmen, wie jedes Mal, wenn er jemanden kennenlernte. Scheiße. Die exotische Mischung aus Kokosnuss, Limette und Ananas schlug in ihm ein und schoss direkt in seinen harten Schwanz, der sofort zu pochen begann. Sein Wolf knurrte erregt und wollte diese Frau mit dem leckeren Duft noch näher erkunden. »Warum setzt du dich nicht?«, lud er sie ein und deutete auf den Stuhl ihm gegenüber. Die starke Anziehungskraft, die er spürte, war vermutlich von Vorteil, wenn sie auf seinen Vorschlag einging.

Taryn hätte seine Einladung am liebsten ausgeschlagen, doch das hätte den Eindruck erweckt, als hätte sie Angst vor ihm. Sie konnte es sich nicht leisten, Schwäche zu zeigen. Nachdem sie sich gesetzt hatte, meinte sie: »Also, würdest du mir wohl erklären, was das alles soll?« Hätte sie nicht unbedingt Antworten auf ihre Fragen benötigt, hätte sie es vermieden, überhaupt mit ihm zu sprechen. Seine raue Stimme streichelte ihre Sinne und hätte es beinahe geschafft, dass sie erschauderte.

»Mein Beta und mein Erster Wächter haben dich vor ein paar Stunden hierhergebracht.«

»Wie bitte? Warum? Und wie haben sie mich dazu überredet, mit ihnen zu kommen?«

»Sie haben dich unter Drogen gesetzt.«

Taryn schnappte nach Luft. Er verhielt sich für ihren Geschmack viel zu schnoddrig und respektlos. »Sie haben was getan?«

»In dem Café. Nachdem du es verlassen hattest und dir auf dem Heimweg langsam schwindelig wurde, haben dich Dante und Tao eingesammelt und zu mir gebracht.«

»Wenn es dir dadurch besser geht«, meinte der Berg von einem Kerl, »dann kann ich dir sagen, dass du wie eine Wildkatze gegen Tao und mich angekämpft hast, bevor die Feen dich mit ins Land der Träume genommen haben.« Er schob sein T-Shirt hoch und zeigte ihr die Kratzspuren, die quer über seine Brust verliefen. Ihre Kratzspuren, wie Taryn erkannte. Obwohl ihre Wölfin nicht an die Oberfläche gelangen konnte, konnte sie sich zumindest teilweise verwandeln. Der Berg von einem Kerl schien jedoch eher amüsiert als verärgert.

»Wildkatze ist noch eine Untertreibung. Es ist noch nie jemandem gelungen, unseren Beta zu verletzen«, meinte ein hochgewachsener Wolf mit olivfarbener Haut, von dem sie annahm, dass er Tao, ihr zweiter Kidnapper war. Sein athletischer Körper und seine schokoladenbraunen Haare entsprachen mehr Taryns Typ. Leider knurrte ihre Wölfin abwehrend. Sie mochte den Irren lieber.

»Und was genau war der Sinn der Übung, mich unter Drogen zu setzen und zu entführen?« Ihr Tonfall machte deutlich, dass sie keine Antwort tatsächlich besänftigen würde.

Treys innerliches Lächeln drang an die Oberfläche. Sie war perfekt für sein Vorhaben. Doch um sicherzugehen, musste er ihr zunächst ein paar hübsche kleine Lügen auftischen, um herauszufinden, ob seine Vermutungen über ihre bevorstehende Paarung richtig waren. »Roscoe Weston.«

Ihre Wölfin knurrte, als sie den Namen hörte. »Was ist mit ihm?«

»Er hat etwas, das ich will. Etwas, das er mir schuldet.«

»Aha, und jetzt glaubst du, dass du etwas hast, das er will, und dass ihr einen kleinen Handel eingehen könnt.« Das war wieder einmal typisch für sie, dass sie mitten in die Spielchen zweier Alphas geriet.

»Du bist mehr eine Absicherung und eine kleine Erinnerung, dass er mir etwas schuldet und dass ich kein sehr geduldiger Mann bin.«

Und sie war keine sehr geduldige Frau. Außerdem war sie nicht gerade begeistert davon, unter Drogen gesetzt und entführt zu werden. Aber kümmerte das irgendjemanden? Nein. Vielleicht war es, weil ihre Wölfin nicht an die Oberfläche gelangen konnte, oder vielleicht auch bloß deshalb, weil sie so klein war, aber die Leute hielten sie immer für schwach, scheu und unterwürfig. »Hör zu, vielleicht ist es in deinem Umfeld vollkommen in Ordnung, jemanden unter Drogen zu setzen und zu entführen, aber bei mir geht dieser Mist einfach gar nicht.«

»Sobald Roscoe hier ist, darfst du gehen.«

Das waren nicht gerade tolle Nachrichten, verdammt. Ein Teil von ihr wollte schimpfen und toben, doch was hätte das schon gebracht? Sie würden sie bloß wieder in dieses verdammte Schlafzimmer sperren, und das würde sie und ihre Wölfin in den Wahnsinn treiben. Außerdem war sie der Meinung, dass es besser war, wenn man seinen Feind im Auge behielt. »Hast du ihm denn schon Bescheid gegeben?«

»Er wird bald hier sein«, log Trey. In Wahrheit hatte er Roscoe nicht kontaktiert und auch nicht vor, es zu tun.

»Na gut, bekommt die Gefangene dann vielleicht einen Kaffee oder wie?«, fragte sie in den Raum.

Abgesehen von dem Irren, Dante und Tao befanden sich noch vier weitere Männer im Raum. Ein breitschultriger, finster dreinblickender Kerl mit militärischem Kurzhaarschnitt, ein hübscher Blonder mit karamellfarbener Haut, ein großer Wolf mit zerzausten Haaren und einem Clownsgrinsen und ein stämmiger Typ mit Kratzspuren auf einer Wange, die bereits vernarbt waren. Sie beschloss, die vier einfach Brummbär, Blondie, Smiley und Dickerchen zu nennen.

Im Gegensatz zu Dante – den die Tatsache, dass sie es geschafft hatte, ihm ein paar Kratzer zu verpassen, scheinbar faszinierte – schienen die anderen Wölfe nicht gerade begeistert von ihrer Anwesenheit. Sie nahm an, dass sie nicht gut auf ihren Vater zu sprechen waren. Das waren nicht viele. Selbst der Wolf mit dem breiten Grinsen wirkte eher interessiert als freundlich, und sie vermutete, dass er sein Lächeln den ganzen Tag über aufgesetzt hatte. Vielleicht stellte er sich aber einfach nur vor, wie es wäre, ihr die Kehle herauszureißen und diese mit einer Schleife verziert ihrem Mistkerl von Vater zu übergeben. Durch seine Arroganz, seine Hinterhältigkeit und die »Mir gehört die Welt und ich kann tun, was immer ich zum Teufel tun will«-Einstellung fand ihr Dad genauso leicht Feinde wie Verbündete. Und selbst diejenigen, die sich mit ihm verbündeten, taten es bloß, weil er so einflussreich war. Es war reine Politik.

Als Antwort auf ihre Frage nickte Trey dem grinsenden Marcus zu, der die Kaffeemaschine anmachte und einen Becher aus einem der Schränke holte. Trey legte den Kopf schief, während er Taryn musterte. »Weißt du, du bist ganz anders, als ich es mir erwartet hätte.«

»Tatsächlich?«, erwiderte sie ausdruckslos.

»Roscoe steht doch normalerweise auf unterwürfige Dummchen.« Sie war zwar blond, sah aber ganz und gar nicht wie ein naives Sexpüppchen aus. Der scharfe, kühne Verstand hinter den dunkelgrauen Augen war nicht zu übersehen. »Seltsam, dass der wahre Gefährte manchmal genau das Gegenteil von dem ist, was man normalerweise bevorzugt.«

»Er ist nicht mein wahrer Gefährte.« Das hatte schnippischer geklungen als beabsichtigt.

»Wenn du deinen wahren Gefährten noch nicht gefunden hast, warum paarst du dich dann mit einem anderen? Du hast doch noch genug Zeit, ihn zu finden. Du bist sicher nicht viel älter als vierundzwanzig, fünfundzwanzig, oder?«

»Mein Gefährte ist tot. Er starb, als wir noch Kinder waren.«

»Nun, da haben wir wohl etwas gemeinsam. Ich habe meine Gefährtin ebenfalls schon vor langer Zeit verloren, noch bevor ich Anspruch auf sie erheben konnte.«

Taryn sah in sein ernstes Gesicht und verspürte plötzlich Mitgefühl mit ihm. Der Verlust des Gefährten war etwas, was niemand verstand, es sei denn, er hatte diese Art Schmerz selbst erlebt. »Das tut mir leid.«

Er zuckte bloß kaum merklich mit den Schultern. »Hmmm, jetzt ergibt es noch weniger Sinn, dass du und Roscoe ein Paar seid. Wenn ihr keine wahren Gefährten seid, dann bedeutet das, dass er sich so eine Giftspritze wie dich freiwillig ausgesucht hat. Das muss wahre Liebe sein.«

»Pah.« Taryn musste ein Schnauben unterdrücken. Roscoe war so wild darauf, sie zu ficken, weil sie sich nicht von seinem Charme verzaubern ließ und sein Ego diese Zurückweisung offensichtlich nicht verkraftete. Und die Tatsache, dass er sie als Gefährtin wollte … nun, der einzige Grund, der ihr dafür einfiel, war, dass er ein Bündnis mit ihrem Dad eingehen wollte.

»Und wann findet die Paarungszeremonie statt?«, fragte Trey.

Oh, es würde ganz sicher keine Paarungszeremonie geben. Roscoe war natürlich versessen darauf, weil ihr Dad darauf bestand, bevor er sie endgültig an Roscoe übergab. Und das nur, damit er einen Grund hatte, sich mit seinen Verbündeten zu treffen und wie der große Macker dazustehen. Doch sie würde sich unter keinen Umständen an jemanden binden, der ihr nichts bedeutete und den sie nicht einmal mochte. Außerdem war Roscoe ein Kontrollfreak. Das war ihr aufgefallen, wenn er mit seinen Wächtern sprach, die allesamt Angst vor ihm hatten. Sie glaubte nicht, dass es eine körperlich bedingte Angst war. Es war eher so, als stünden sie in seinem Bann und er wüsste all ihre Geheimnisse.

Und wenn die Gerüchte stimmten, dann machte es Roscoe geil, Frauen Schmerzen zuzufügen. Wenn man bedachte, dass er sie gegen ihren Willen mitten in einem Nachtclub gebissen hatte, dann fiel es ihr nicht schwer, das zu glauben. Sie hatte erwartet, dass er sie schlagen würde, nachdem sie ihm aus Rache mehr oder weniger die Eier mit der Hand zerquetscht hatte, doch als er schließlich wieder aufrecht stehen konnte und mit dem Keuchen aufgehört hatte, hatte er bloß gelächelt. Es war ein unheimliches, rachsüchtiges Lächeln gewesen, und als sie sich schließlich abgewandt hatte, hatte er sie nicht aufgehalten. Offensichtlich wartete er nur auf den richtigen Augenblick.

Um der Paarung zu entgehen, war sie zuallererst zu ihrem Dad gegangen. Da er das Bündnis jedoch unbedingt wollte, konnte sie von ihm keine Hilfe erwarten. Ihre nächste Anlaufstelle hätte eigentlich ihr Alpha sein sollen, doch nachdem ihr Dad nun mal ihr Alpha war, war das auch keine Option. Sie konnte versuchen, das Rudel zu verlassen, doch das würde ihre Situation auch nicht verbessern. Als einsame Wölfin wäre sie schutzlos und ohne eigenes Revier und somit leichte Beute. Und Roscoe hätte sich sicher sofort auf die Jagd nach ihr begeben.

Der einzige andere Verbündete, den sie noch hatte, war ihr Onkel – der jüngste Bruder ihrer verstorbenen Mutter –, den sie jedoch nicht mehr gesehen hatte, seit er vor zehn Jahren seine Gefährtin in einem anderen Rudel gefunden hatte. Sie hatte vor, ihn zu bitten, mit seinem Alpha zu sprechen, damit dieser sie in seinem Rudel aufnahm, doch sie war nicht sehr optimistisch. Obwohl sie eine Heilerin war, konnte ihre Wölfin nicht an die Oberfläche, und sie konnte sich nicht vorstellen, dass ein Alpha großes Interesse hatte, sie bei sich aufzunehmen. Und selbst wenn stellte sich die Frage, ob er dazu bereit war, sich Roscoe zu stellen, falls dieser – so wütend über die Zurückweisung, wie es nur ein Kontrollfreak sein konnte – vorbeikam, um sie zurückzuholen.

Sie überlegte, ob sie Trey verraten sollte, dass sie Roscoe noch weniger mochte als er, aber manchmal war es besser, gegen einen Feind zu kämpfen, den man bereits kannte – und der Teufel, der hier gerade vor ihr saß, war womöglich noch schlimmer als Roscoe. Statt seine Frage zu beantworten, machte sie es sich also auf ihrem Stuhl bequem, verschränkte ihre Beine im Yogastil und nippte an dem Kaffee, den Smiley ihr hingestellt hatte.

»Bedeutet das Ausbleiben einer Antwort, dass ihr noch kein Datum festgelegt habt?«

»Oh, habe ich dir denn nicht geantwortet? Na ja, vermutlich deshalb, weil es dich absolut nichts angeht.«

Er spürte, wie sich ein Lächeln auf seinen Lippen ausbreitete. »Du freust dich sicher schon sehr darauf, bald die Alpha-Wölfin eines Rudels zu werden.«

Etwas an seinem Tonfall ließ sie die Stirn runzeln. »Kennst du denn nur machthungrige Frauen?«

Er zuckte mit den Schultern. »Träumt nicht jede Wölfin davon, Alpha-Wölfin zu werden?«

»Ja klar, ich bebe schon vor Freude, wenn ich an meine zukünftige Stellung denke.«

Seltsamerweise mochte er ihre sarkastische Art. »Ich dachte, du bist eine Heilerin.«

»Das bin ich auch.«

»Heiler sind doch normalerweise eher sanftmütig.«

»Dann bin ich wohl eine Ausnahme.«

»Ich habe gehört, du bist eine ziemlich mächtige Heilerin.«

Das war sie auch. Es gab drei verschiedene Arten von Heilern. Manche arbeiteten auf emotionaler Ebene und neutralisierten oder heilten seelische Wunden. Andere nahmen den Schmerz in sich auf und wirkten wie ein Betäubungsmittel, das eine schnellere Heilung ermöglichte. Und dann gab es solche wie Taryn, die körperliche Wunden tatsächlich innerhalb von Minuten heilen konnten und eine vollständige Genesung garantierten.

»Sitzt du immer so komisch da?«

»Sei bloß froh, dass ich nicht auf deiner Arbeitsplatte sitze. Das tue ich nämlich normalerweise, wenn ich in der Küche bin.« Vielleicht, weil es sie an die vielen Male erinnerte, wenn ihre Mutter sie dort hinaufgesetzt hatte, während sie zusammen gebacken hatten, vielleicht aber auch nicht.

»Und im Schlafzimmer?«, fragte er mit einem zweideutigen Grinsen. »Begibst du dich dort auch gerne in ausgefallene Positionen?«

»Das kommt darauf an, ob der Mann es schafft, mich festzunageln.«

»Ja, klar. Du bist eine Alpha.« Und es war egal, ob eine Alpha ihr eigenes Rudel anführte oder von Natur aus eine Alpha war – sie gaben sich niemals hin, ohne dass der Mann seine Dominanz geltend machte. Beim bloßen Gedanken daran, mit Taryn zu kämpfen, bis sie sich ihm ergab, begann sein Schwanz zu pochen und seine Eier schmerzten. Er wusste, dass sie sich wie eine Wildkatze gegen ihn wehren würde.

Er mochte starke, temperamentvolle Frauen, doch sie hatten oft zu große Angst vor ihm, um ihn herauszufordern. Wenn sie nicht bereits seine Unnahbarkeit verängstigte, dann war es meistens seine äußerst dominante Ausstrahlung. Und wenn diese beiden Dinge sie nicht in Angst versetzten, dann war es die Tatsache, wie nahe sich sein Wolf an der Oberfläche befand. Und das alles nur, wenn sie sich nicht ohnehin gleich von seinem Ruf abschrecken ließen. Die einzige Frau, die sich ihm jemals entgegengestellt hatte – und das noch immer regelmäßig tat – war seine Großmutter.

»Gibt es vielleicht Plätzchen zum Kaffee?«

Marcus stellte eine Packung Gebäck, das Treys Großmutter gemacht hatte, neben Taryns Becher, und sie begann gierig zu essen. Treys Blick wanderte unbewusst zu ihrem üppigen Mund. Er sah vor sich, wie sich diese Lippen um seinen Schwanz schlossen, und sein Wolf begann zu knurren. Kurz darauf versteifte sich sein ganzer Körper, als sie sich ein paar Tropfen Kaffee von den Fingerspitzen saugte.

Ach, verdammt. Und die Tatsache, dass sie sich offensichtlich überhaupt nicht bewusst war, dass sie von jedem einzelnen Mann im Raum beobachtet wurde, machte die Situation noch heißer. Sie wirkte so verdammt unschuldig und unbewusst aufreizend. Natürlich wollte Roscoe sie ins Bett bekommen, aber es war trotzdem schwer zu verstehen, warum er sich eine solche Giftspritze als Gefährtin ausgesucht hatte. Er war ein zu großer Kontrollfreak, um mit einer Frau mit so starkem Willen zusammen zu sein.

Noch schwerer war allerdings zu verstehen, warum Taryn Roscoe zum Gefährten wollte. Klar, er wusste, dass die Frauen Roscoe und seine charmante Art mochten, die sein eiskaltes Inneres perfekt verbarg, aber Taryn erschien ihm wie jemand, der bei blumigen Worten bloß die Nase rümpfte und nicht mit jemandem zusammen sein wollte, der darauf aus war, sie unter seine Kontrolle zu bringen. Es ergab keinen Sinn. Die beiden ergaben keinen Sinn. Und deshalb glaubte er, dass seine Vermutungen ihre Paarung betreffend vielleicht richtig waren.

Dominic, einer seiner Wächter, hatte berichtet, Roscoe in einer Art Kampf mit einer Wolfwandlerin gesehen zu haben. Dominic wollte schon eingreifen, als er den frischen Biss sah. Roscoe hatte die Frau für sich beansprucht. Also war Dominic gegangen. Kein Gestaltwandler mit klarem Verstand mischte sich in einen Streit zwischen zwei Gefährten ein. Trotzdem war Dominic die ganze Szene seltsam vorgekommen, denn die Frau schien nicht so, als sei sie mit dem Biss einverstanden gewesen.

Trey hatte allerdings noch nicht herausgefunden, warum Taryn jemanden davonkommen hatte lassen, der ihr einen Biss aufgezwungen hatte. Ihr Vater war ein Alpha, verdammt noch mal. Er würde das doch sicher nicht dulden.

Trey wusste, wozu Roscoe Weston fähig war. Eine unwillige Frau für sich zu beanspruchen machte ihm nichts aus. Und wenn die Frau unterwürfig genug war, dann machte es ihr vielleicht ebenfalls nichts aus, doch Trey kannte Taryn Warner erst seit fünf Minuten und wusste bereits, dass sie alles andere als unterwürfig und willfährig war. Es ergab also absolut keinen Sinn. Und es gab noch ein anderes Detail, das seine Vermutung erhärtete, dass mit dieser Paarung etwas nicht stimmte … »Du riechst nicht nach ihm.«

Gott sei Dank. Taryn konnte sich gerade noch zurückhalten, es laut auszusprechen. Roscoe hatte sie zwar gebissen, aber es war ihm nicht gelungen, sich ihr aufzuprägen. Zwei Wölfe, die keine wahren Gefährten waren, konnten einander trotzdem als Gefährten wählen und durch den Prozess der Prägung ein enges Band entwickeln. Dieser Prozess kam jedoch nur zustande, wenn starke Emotionen und eine Menge Körperkontakt im Spiel waren. Wenn sich zwei Wölfe einander aufprägten, vermischten sich ihre Gerüche, und sie entwickelten eine Art metaphysische Verbindung. Selbst wenn Taryn sich am Ende tatsächlich mit Roscoe paaren musste, würde es nie zu einer solchen Verbindung kommen, denn es stand außer Frage, dass sie sich einander jemals aufprägen würden. Es sei denn, Hass wäre als Emotion ebenfalls eine Möglichkeit, um den Prozess in Gang zu bringen. »Hmm«, war ihre einzige Antwort.

Plötzlich fiel eines von Taryns Plätzchen in den Kaffeebecher, und Trey nutzte die Ablenkung, um über den Tisch zu greifen, ihr T-Shirt beiseitezuziehen und ihre Schulter zu entblößen. Er knurrte, als sein Blick auf das Abzeichen fiel.

Taryn zuckte keuchend zurück und sah ihn böse an. »Was zum Teufel machst du da?«

»Warum hast du es mit Make-up verdeckt?«

»Was?«

»Dein Abzeichen. Eine Frau trägt das Abzeichen ihres Gefährten mit Stolz, du hingegen versteckst es. Hat er dir den Biss aufgezwungen?«

Die plötzliche Wendung in ihrer Unterhaltung verschlug Taryn einen Moment lang die Sprache.

»Taryn«, sagte er gedehnt. »Beantworte meine Frage!«

Sie richtete sich in ihrem Stuhl auf, als sie seinen herrischen Tonfall hörte. »Hör zu, du Irrer, ich weiß nicht, was genau dein Problem ist – und ich könnte mir vorstellen, dass es selbst deinem Psychiater schwerfällt, es zu benennen –, aber egal, was zwischen dir und Roscoe abläuft, es gibt dir nicht das Recht, über alles Bescheid zu wissen, was zwischen mir und Roscoe vorgefallen ist.«

»Möglicherweise nicht, aber ich will trotzdem eine Antwort«, meinte er etwas freundlicher. »Hat er gegen deinen Willen Anspruch auf dich erhoben?«

Obwohl es keinen wirklichen Grund gab, brachten sie ihr Stolz und das Misstrauen Trey gegenüber dazu, es abzustreiten. »Sehe ich so aus, als würde ich so etwas zulassen?«

»Ich bezweifle nicht, dass du versuchen wirst, einen Weg zu finden, um dich nicht mit ihm paaren zu müssen, wenn du es nicht willst, aber ich glaube nicht, dass du schon einen gefunden hast. Also, hat er gegen deinen Willen Anspruch auf dich erhoben?«

»Was spielt das für eine Rolle?«

Trey nahm das als Ja. »Weiß dein Vater Bescheid?«

Sie antwortete schnell, denn sie hoffte, dass er nicht mehr nachhaken würde, wenn sie erst einmal seine Neugierde gestillt hatte. »Mein Dad ist ein stolzer Mann, dessen einziges Kind eine Tochter ist, deren Wölfin nicht an die Oberfläche gelangen kann. Für ihn ist eine Verbindung zu einem so mächtigen Wolf wie Roscoe noch das Beste, was meine Existenz mit sich bringt.«

»Und deine Mutter?«

»Ist gestorben, als ich neun war.«

»Und du hast keine anderen Verwandten, die dir helfen könnten?«

Taryn war kurz davor, diesen Kerl ordentlich anzuschreien. Nicht nur, dass er in einer offenen Wunde herumstocherte, jetzt reagierte auch noch ihr Körper auf eine Art auf ihn, die sie beunruhigte. Ihre Finger juckten und sehnten sich danach, ihn zu berühren und sich in seine kurzen dunklen Haare zu graben, um herauszufinden, ob sie sich so seidig anfühlten, wie sie aussahen. Der animalische Hunger, der sie packte, wühlte sie bis ins Innerste auf, und sie spürte ein Pochen an einigen sehr interessanten Stellen. Irgendetwas konnte mit ihr nicht stimmen, wenn sie sich von diesem Irren angezogen fühlte. Doch seltsamerweise spürte sie keine Gefahr von ihm ausgehen. Definitiv das Stockholm-Syndrom. »Das ist nicht dein Problem, und es hat überhaupt nichts mit dem zu tun, was zwischen dir und Roscoe abgeht.«

Er verzog den Mund zu einem Lächeln und neigte den Kopf. »Was, wenn ich dir helfen könnte?«

Ihr Herz blieb beinahe stehen. »Warum solltest du das tun? Und wie könntest du das anstellen?«

»Du könntest dich meinem Rudel anschließen.«

Okay, das kam jetzt etwas unerwartet. »Und was hättest du davon?«, fragte sie und wurde sofort misstrauisch.

»Eine Heilerin.«

Ja, klar. »Da muss noch mehr dahinterstecken.«

»Ja, es steckt noch mehr dahinter. Ich will dir einen Vorschlag machen. Ich glaube, wir könnten einander helfen.«

Er kramte in seiner Hosentasche und holte ein kleines Tütchen hervor. »Hier drin ist eine Tablette, ähnlich der, mit der wir dich vorhin betäubt haben, bloß ein wenig stärker. Wenn du nach unserer Unterhaltung beschließt, meinen Vorschlag nicht anzunehmen, dann werde ich dich bitten, sie zu nehmen. Und wenn du wieder zu dir kommst, wird deine Erinnerung vernebelt sein und du wirst dich nicht mehr an die letzten zehn Stunden erinnern können.«

»Du willst mich erneut unter Drogen setzen? War das erste Mal nicht schon schlimm genug?«

»Sag mir eines. Wenn einer meiner Wächter dich einfach so gefragt hätte, ob du in mein Haupthaus mitkommst, wärst du ihm dann ganz friedlich gefolgt?«

Natürlich nicht. »Okay, du hast recht.« Aber es gefällt mir nicht. »Also, wie lautet der Vorschlag?«

»Ich bin mir sicher, du hast schon gehört, dass ich als Vierzehnjähriger meinen Vater angeblich beinahe zu Tode geprügelt habe. Nun, die Geschichte ist wahr. Das habe ich tatsächlich. Und zwar aus mehreren, sehr guten Gründen, die jetzt im Moment allerdings keine Rolle spielen. Ich hatte dadurch das Recht erlangt, der Alpha im Rudel zu werden, doch mein Dad, mein Onkel und zahlreiche andere Männer haben sich zusammengetan, um mich zu verbannen. Ich war noch ein Jugendlicher, ich konnte es nicht mit ihnen allen aufnehmen. Also bin ich gemeinsam mit einigen anderen aus dem Rudel, die nicht damit einverstanden waren, wie die Dinge liefen, fortgegangen. Wir haben ein eigenes Rudel gegründet, dem wir den Namen Phönix gaben …«

»Das war meine Idee«, unterbrach ihn Dante. »Du weißt schon … weil wir aus dem Nichts entstanden sind.«

Trey räusperte sich und fuhr fort. »Wie auch immer, wir haben uns ein eigenes Revier zugelegt und lebten hier relativ zufrieden. Ich habe mich nie für Politik oder das Schließen von Bündnissen interessiert, also blieben wir mehr oder weniger unter uns. Leider wird mir jetzt genau das zum Verhängnis.«

Er lehnte sich zurück und schlug die Beine unter dem Tisch übereinander. »Vor einigen Wochen ist mein Dad gestorben. Mein Onkel war sein Beta, was bedeutet, dass er nun die Alpha-Rolle übernommen hat, aber offensichtlich ist ihm das nicht genug. Er hat beim Rat einen Antrag eingebracht, um sein und mein Rudel wieder zu vereinen, und zwar mit ihm als Alpha. Ich persönlich denke ja, der wahre Grund dafür ist, dass er unser Revier für sich beanspruchen will, aber er tut es womöglich auch, um mich zu ärgern. Der Rat hat einen Termin festgesetzt, an dem wir uns beide in Anwesenheit eines Vermittlers treffen sollen, um festzustellen, ob wir die Sache auch ohne Gewalt lösen können.«

Der Rat war bloß ins Leben gerufen worden, um ängstliche Menschen zu beruhigen, denen die Art, wie die Wolfwandler ihre Probleme lösten – nämlich mit Gewalt – nicht gefiel. Taryn hielt ebenfalls nicht sonderlich viel davon, doch es war immer schon ein Teil der Gestaltwandlerkultur gewesen. Die Vereinbarung mit den Menschen besagte, dass der Rat darauf zu bestehen hatte, dass ein Rudel sich zuerst an ihn wandte, bevor es einen Streit mit einem anderen Rudel vom Zaun brach. Wenn das Problem nicht durch einen Vermittler gelöst werden konnte, dann sah es das Protokoll vor, dass genau drei Monate vergehen mussten, bevor eines der beiden Rudel das andere zum Kampf herausfordern durfte – so gab der Rat den Gemütern eine Möglichkeit, sich zu beruhigen, in der Hoffnung, dass es in dieser Zeit vielleicht zu einer friedlichen Einigung kam.

Trey sah an Taryns Gesichtsausdruck, dass sie keine Ahnung hatte, wohin ihr Gespräch führte, auch wenn sie ihm aufmerksam zugehört hatte.

»Natürlich werde ich seinen Antrag ablehnen, was bedeutet, dass er entweder klein beigeben oder mich offiziell herausfordern muss. Ich kenne ihn gut genug, um zu wissen, dass er nicht zurückstecken wird. Und wir werden auch in der dreimonatigen Wartezeit, die der Rat uns auferlegen wird, keine Einigung erzielen. Nicht in diesem Fall. Es wird zu einem offenen Kampf zwischen unseren beiden Rudeln kommen – womit ich überhaupt kein Problem habe. Aber ich weiß, dass mein Vater viele Verbündete hatte, die jetzt alle auf der Seite meines Onkels stehen. Natürlich wird er diese Verbündeten um Hilfe bitten, und damit ist er uns zahlenmäßig bei Weitem überlegen.«

Taryn zuckte hilflos mit den Schultern. »Tut mir leid, dass die Situation ziemlich vertrackt für dich aussieht, aber ich verstehe echt nicht, wie ich dir helfen kann – es sei denn, du brauchst einen sarkastischen Kommentar –, und sehe auch nicht, was das alles mit Roscoe zu tun hat.«

»Es hat damit zu tun, dass ich eine Gefährtin brauche … und du brauchst eine Möglichkeit, Roscoe loszuwerden.«

Taryns ganzer Körper versteifte sich. Hatte sie das gerade richtig verstanden?

»Ich brauche Verbündete, Taryn. Und dein Dad sammelt sie wie Rabattmarken. Wenn ich mit ihm ein Bündnis eingehe, dann hätte ich wiederrum eine Verbindung zu seinen Verbündeten und damit genügend Wölfe für diesen Kampf. Vielleicht bringt es meinen Onkel dazu, über alles nachzudenken, vielleicht aber auch nicht. In jedem Fall wäre die Ausgangsposition gerechter.«

Verbündete, Verbündete, Verbündete. »Also erwartest du, dass ich einen Kerl zurückweise, der nichts von mir will, außer dem Bündnis mit meinem Dad, und zwar für einen Kerl, der genau das gleiche Motiv hat?« Sie kicherte. »Du könntest doch auch ein Bündnis mit ihm eingehen, ohne mich zu benutzen. Warum redest du nicht einfach einmal mit ihm?«

Doch sie kannte die Antwort auf diese Frage bereits. Lance Warner war gerissen und skrupellos und bekannt dafür, jede Schwäche seines Gegenübers schamlos auszunutzen. Er würde sofort erkennen, wie dringend Trey ihn brauchte. Vermutlich würde er einen Teil von Treys Revier für sich beanspruchen oder darauf bestehen, dass Trey ihm »einen Gefallen« schuldete. Und einem Alpha wie Lance etwas schuldig zu sein war nicht gut. Bündnisse, die durch eine Paarung entstanden, standen hingegen auf einem anderen Fundament.

»Es gibt einen großen Unterschied zwischen mir und Roscoe.«

»Und der wäre?«

»Mit mir wäre es nicht für immer.« Und er würde ihr nie wehtun, ganz im Gegensatz zu Roscoe.

Taryn schüttelte verwirrt den Kopf. »Aber Wölfe paaren sich für ein ganzes Leben.«

»Ja, aber ich habe kein Interesse an diesem kosmischen, seelenverändernden, sich gegenseitig prägenden Scheiß.« Tatsächlich war er sich ziemlich sicher, dass er gar nicht fähig war, Gefühle zu empfinden, die eine Paarung am Leben erhielten. »Natürlich müssen alle glauben, dass es echt ist und wir uns für unser ganzes restliches Leben aneinander gebunden haben, aber ich brauche dich nur so lange hier bei mir, bis der Kampf vorüber ist.«

»Dazu musst du dich aber nicht unbedingt mit mir paaren. Es reicht doch schon, wenn ich so tue, als hätte ich mich mit dir gepaart.«

Er schüttelte den Kopf. »Das würde nicht funktionieren, denn ich muss dich beißen, um dich für mich zu beanspruchen. Sobald ich das tue, giltst du als meine Gefährtin. Es wäre wie eine richtige Paarung, bloß nicht für immer und ewig.«

Das große Problem war, dass ihre Wölfin seinen Biss zwar sofort akzeptieren, aber nicht verstehen würde, dass es nur vorübergehend war. Es würde nicht schwierig werden, die Verbindung, die sie als Paar miteinander hatten, wieder zu lösen, denn sie und Trey würden sich einander nicht aufprägen, doch für ihre Wölfin würde es äußerst unangenehm werden. Und das war bloß eines der zahlreichen Probleme, die der Plan mit sich brachte. »Hör zu, selbst wenn ich dein Angebot annehmen wollte, könnte ich es nicht. Mein Dad und Roscoe haben Verträge unterzeichnet, und mein Dad ist ganz scharf auf dieses Bündnis mit Roscoe. Er wird sich nicht davon abbringen lassen.«

Das hatte er sich schon gedacht. »Es sei denn, du überzeugst ihn, dass wir wahre Gefährten sind.«

Ihre Stimme klang ausdruckslos, als sie schließlich antwortete »Ich habe dir doch gesagt, dass mein Gefährte tot ist. Jeder im Rudel weiß, dass ich ihn verloren habe.«

»Es kommt oft vor, dass Wölfe irrtümlicherweise einen engen Freund aus ihrer Kindheit für ihren zukünftigen Gefährten halten. Du musst den Leuten bloß weismachen, dass es auch bei dir so war.«

Sie schüttelte den Kopf. »Das kann ich Joey nicht antun. Ich kann die Erinnerung an ihn nicht derart beschmutzen. Und ich will es auch nicht.«

Er wusste, dass er nun behutsam vorgehen musste, und bemühte sich, freundlich zu klingen. »Glaubst du, es wäre ihm lieber, wenn du dich mit einem Wolf paarst, den du nicht willst? Glaubst du, er würde das für dich wollen? Hättest du es für ihn gewollt?«

»Aber es erscheint mir trotzdem falsch«, murmelte sie.

Ihre Loyalität beeindruckte ihn. »Wir können es aber nicht so aussehen lassen, als hätten wir uns zufällig kennengelernt, uns Hals über Kopf ineinander verliebt und dann beschlossen, uns zu paaren. Dazu fehlt uns die Zeit, und in Anbetracht meines Rufes wäre es auch nicht sehr realistisch. Außerdem hätte dein Dad dann die Möglichkeit, die Auswahl deines Gefährten infrage zu stellen. Wenn jedoch alle glauben, dass wir wahre Gefährten sind, kann er nichts dagegen machen – es stünde nicht in seiner Macht.«

»Und was ist mit deinem Rudel? Werden sie nicht wissen, dass alles bloß eine Lüge ist?«

Er hatte nicht vor, auf die Details einzugehen, weshalb er seine Antwort so vage wie möglich hielt. »Es ist echt schlimm gelaufen, also belassen wir es einfach dabei, dass ich dem Rudel nicht gesagt habe, dass es sich bei dem Mädchen um meine wahre Gefährtin gehandelt hat.« Diese Tatsache hatte ihren Tod noch schlimmer gemacht, und er hatte einfach das Gefühl gehabt, danach nie mehr über sie sprechen zu dürfen. Nicht viele kannten die ganze Wahrheit, und das passte ihm recht gut. »Als ich mein Rudel vor ein paar Wochen in meinen Plan einweihte, habe ich ihnen auch gesagt, dass meine wahre Gefährtin vor langer Zeit gestorben ist. Das ist alles, was sie wissen müssen.«

Und das ist alles, was du wissen musst. Er sagte es zwar nicht, aber Taryn hörte es trotzdem. Sie wäre wütend geworden, wäre es nicht so scheinheilig gewesen. Sie sprach ebenfalls nur über Joeys Tod, wenn es unbedingt notwendig war.

»Sie werden das Spiel mitspielen, wenn wir dadurch unser Revier behalten können, und es meinen Onkel davon abhält, unser Rudel zu übernehmen.«

Leider gefiel der Gedanke, eine Warner in ihrem Rudel zu haben, nicht allen, aber es wäre nicht sehr klug gewesen, ihr das zu sagen.

Taryn fragte sich, warum sie eigentlich noch zögerte. Sie wollte Roscoe doch loswerden, nicht wahr? Nun, und das hier war ihre Chance. Aber so einfach war das nicht, oder? Nein, denn ihre Chance kam in Gestalt eines weiteren bösen Alphas daher, der eine Gegenleistung für seine Hilfe verlangte. Verdammt, plötzlich wollten sich zwei Wölfe – zwei Alpha-Wölfe – mit ihr paaren, obwohl sich beide in Wahrheit einen Dreck um sie scherten. Sie war bloß Mittel zum Zweck. Das war nicht gerade schmeichelhaft und tat ein wenig weh.

Taryn war überrascht, wie sehr es wehtat, wenn man bedachte, dass sie sich nie hatte vorstellen können, sich zu paaren. Es hätte sich angefühlt, als würde sie Joey betrügen. Das ergab vielleicht keinen wirklichen Sinn, denn immerhin waren sie noch Kinder gewesen, als er starb, doch Joey war einzig und alleine für sie erschaffen worden. Nur für sie. Er war erschaffen worden, um für sie zu sorgen, sie anzunehmen und zu lieben.

Und deshalb war es so, wie Trey gesagt hatte: Joey hätte nicht gewollt, dass sie in einer Paarung feststeckte, die sie nicht wollte. Joey hätte gewollt – nein, er hätte von ihr erwartet –, dass sie alles dafür tat, um diesem Schicksal zu entkommen. Dieser spezielle Ausweg konnte allerdings etwas zu kompliziert werden.

»Selbst wenn ich deinem Angebot zustimme, verstehe ich nicht, wie wir eine derartige Verbindung vortäuschen sollen. Es ist eine extrem intime Sache. Gefährten halten ständig Körperkontakt, verbringen jede Minute miteinander, riechen nach einander, tragen das Abzeichen des anderen und haben irgendeine Verbindung zueinander, die sie spüren lässt, wie sich der andere gerade fühlt. Wie zum Teufel willst du eine solche metaphysische Verbindung vortäuschen?«

»Das müssen wir nur, wenn jemand außerhalb meines Rudels in der Nähe ist, und das wird nicht oft der Fall sein. Und nachdem es von deiner schauspielerischen Leistung abhängt, ob du von Roscoe loskommst, sollte es dir nicht allzu schwer fallen, authentisch zu sein.«

Der Kerl hat wirklich auf alles eine Antwort, brummte Taryn innerlich. Konnte sie das wirklich schaffen? Konnte sie es durchziehen? Es lag nicht in ihrer Natur, angesichts einer Herausforderung den Schwanz einzuziehen, egal wie gefährlich oder riskant es auch werden konnte. Vermutlich hatte es einiges mit der Tatsache zu tun, dass ihre Wölfin nicht an die Oberfläche gelangen konnte. Sie musste sich ständig den anderen gegenüber beweisen, um auch nur ein Mindestmaß an Respekt zu erhalten. Aber das hier war nicht einfach nur eine kleine Mutprobe. Es ging um ihr Leben und darum, welche Richtung es einschlagen sollte.

Sie seufzte und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Mein Dad ist leider alles andere als dumm. Er weiß, dass ich mich nicht mit Roscoe paaren will. Wenn ich zu ihm gehe und sage: ›Hey Dad, hör zu, wie sich herausgestellt hat, ist mein wahrer Gefährte doch nicht tot. Ich habe ihn gerade gefunden‹, dann wird er mir vorwerfen, dass ich ihn verarschen will.«

»Und deshalb müssen wir einander in aller Öffentlichkeit ›entdecken‹. Vielleicht in einem der Wolfwandler-Clubs. Niemand außer meinen eigenen Wölfen wird wissen, dass wir uns schon einmal begegnet sind, bevor ich Anspruch auf dich erhoben habe.«

Okay, das war wirklich eine gute Idee. Aber würde es tatsächlich funktionieren?

Taryn unterdrückte ein Ächzen, denn ihre Unsicherheit schien ihren Körper und ihren Geist regelrecht auseinanderzureißen. Ihre Wölfin hingegen war ganz und gar nicht unentschlossen. Oh nein. Dank ihrer animalischen Natur interessierte sie sich nicht für die Details oder eventuelle Probleme. Für sie war nur wichtig, ob Trey ein potenzieller Gefährte war oder nicht. Ihr gefielen sein Selbstvertrauen, seine Entschlossenheit, seine starke, dominante Ausstrahlung, und sie liebte seinen Geruch ganz einfach. Ihre Wölfin war in jedem Fall damit einverstanden, dass Trey sie biss. Tatsächlich verzehrte sie sich geradezu danach. Und das war gar nicht gut.

»Hast du schon darüber nachgedacht, was es bedeuten würde, Anspruch auf mich zu erheben, wenn auch nur vorübergehend?«, fragte sie. »Dein Wolf wird wissen, dass ich nicht deine wahre Gefährtin bin, vielleicht versteht er sogar, dass es für dich nur eine zeitlich begrenzte Paarung ist, doch diese unwichtigen Details werden ihn nicht sonderlich interessieren. Wenn du mich beißt und mich damit für dich beanspruchst, dann wird dein Wolf mich als sein Eigentum betrachten, und zwar in jeglicher Hinsicht. Und das bedeutet, dass er …«

»… wahnsinnig besitzergreifend, wahnsinnig eifersüchtig und wahnsinnig beschützend sein wird«, beendete Trey den Satz. »Und genau das wird uns dabei helfen, die Verbindung vorzutäuschen. Obwohl ich mir sicher bin, dass die Tatsache, dass du nicht meine wahre Gefährtin bist, genügen wird, um ihn unter Kontrolle zu halten.« Im Moment schwieg sein Wolf und konzentrierte sich vollkommen auf Taryn, während er auf ihre Antwort wartete. Sein Wolf war mit Treys Wahl einverstanden. Er hatte erkannt, dass Taryns Wölfin dominant und selbstbewusst war, und ihm gefiel auch Taryn als Frau. Er mochte ihre angeborene Sinnlichkeit, ihre Loyalität und vor allem ihren Mumm. Genauso wie Trey. Und ihr Duft … mein Gott, ihr Duft.

Er spürte, dass sie bereits knapp davor stand, in seinen Vorschlag einzuwilligen. Er machte ihr keine Vorwürfe, dass sie skeptisch war und zögerte, aber sie musste einfach akzeptieren, dass er das geringere Übel war. »Taryn, ich biete dir hier einen Ausweg. Wenn ich du wäre, würde ich das Angebot annehmen. Es sei denn, du willst den Rest deines Lebens an Roscoes Seite verbringen.«

»Dazu wird es nicht kommen, egal was passiert.«

»Vielleicht nicht. Aber es kommt mir so vor, als hättest du nicht mehr sehr viele Möglichkeiten zur Auswahl.«

»Ich hatte vor, mich dem Rudel meines Onkels anzuschließen.«

Klar, er hatte keinen Zweifel gehabt, dass sie noch einen anderen Plan im Ärmel hatte.

»Du glaubst tatsächlich, dass sein Alpha dich aufnehmen und dich gegen Roscoe beschützen wird, wenn er kommt, um dich zu holen? Und er wird kommen.«

Sie schluckte. »Ich weiß nicht, ob ich seinem Alpha vertrauen kann, ich habe ihn noch nie getroffen, aber ich weiß auch nicht, ob ich darauf vertrauen kann, dass du mich beschützt. Ich weiß, dass Roscoe die Sache nicht einfach akzeptieren wird. Dazu ist er viel zu stolz. Er wird ziemlich sicher herkommen und dich herausfordern. Und jetzt sag mir ehrlich, ob du diese Herausforderung annehmen und darum kämpfen wirst, mich in deinem Rudel zu behalten?« Sie versuchte erst gar nicht, die Skepsis in ihrer Stimme zu unterdrücken.

»Ja, das werde ich«, erklärte er bestimmt. »Ich brauche diese Verbindung genauso sehr wie du. Du kannst deinen Onkel immer noch kontaktieren, nachdem du zu mir gekommen bist, und dann sehen, ob du nicht das Rudel wechseln willst, wenn alles vorbei ist. Du musst höchstens drei Monate bleiben. Die Vermittler verlangen von den Rudeln normalerweise nicht mehr Zeit, um ihre Probleme auf zivilisierte Art zu lösen. Danach kannst du sagen, dass du herausgefunden hast, dass ich doch nicht dein wahrer Gefährte bin, oder was auch immer.«

Ein paar Monate zusammen mit einem Irren im Gegensatz zu einem ganzen Leben mit Roscoe … tatsächlich durfte Taryn eigentlich nicht lange überlegen, ob sie Treys Angebot annehmen sollte, doch dann wurde ihr klar, dass sie sich damit buchstäblich in die Hände des großen, bösen Wolfes begab. Ihr Instinkt sagte ihr zwar, dass er ihr nichts antun würde, doch auch wenn er sie noch nie im Stich gelassen hatte, bedeutete das nicht, dass es nicht dieses Mal der Fall sein würde.

Trey hob fragend eine Augenbraue. »Also, Taryn, haben wir eine Abmachung?« Er schüttelte das Tütchen mit der Tablette. »Oder willst du noch einmal ein langes Schläfchen machen?«

»Eines verstehe ich immer noch nicht. Warum ich? Nach allem, was ich gehört habe, hattest du noch nie Probleme, Frauen zu finden. Es wäre doch sicher viel leichter gewesen, dir einfach eine Frau ohne Gefährten zu suchen und sie zu bitten, so zu tun, als gehöre sie zu dir. Und ich bin mir sicher, dass viele dieser Frauen Alphas mit denselben Bündnissen wie mein Vater haben.«

»Es wird ohnehin schon verdammt schwierig werden, jeden davon zu überzeugen, dass dein wahrer Gefährte nie dein Gefährte war, aber es wäre noch schwieriger, eine Frau ohne Gefährten zu überreden, so zu tun, als wäre ich es. Wenn sie zuließe, dass ein anderer Mann Anspruch auf sie erhebt, wäre es, als würde sie ihren wahren Gefährten betrügen, auch wenn es nur vorübergehend ist. Klar kenne ich Frauen, die machthungrig genug sind, dass sie die Aussicht, die Alpha-Wölfin in meinem Rudel zu werden, über ihren wahren Gefährten stellen würden, aber diese Frauen würde ich nie wieder los. Als ich also von deiner Situation gehört habe, dachte ich mir, dass wir einander helfen könnten.«

Taryn gab ein Geräusch von sich, das irgendwo zwischen einem Seufzen und einem Stöhnen lag. Es gab noch so viele unbeantwortete Fragen. Doch wenn man es nüchtern betrachtete, lautete die wichtigste von allen, ob sie wirklich bereit war, alles zu tun, um Roscoe zu entkommen. Sie sah Trey in die Augen, seufzte erneut und nickte.

Er schenkte ihr ein schiefes Lächeln. »Das war die richtige Entscheidung.«

»Also, wann legen wir los?«

»Kommendes Wochenende. Ich treffe mich am Samstagnachmittag mit meinem Onkel und dem Vermittler, also können wir nicht mehr länger warten. Ich nehme an, dass du am Wochenende normalerweise durch die Clubs ziehst?«

Sie nickte. »Ich gehe jeden Freitagabend ins Pulse. Das ist der Club, der dem Haupthaus meines Rudels am nächsten liegt. Ich muss immer in der Nähe bleiben, falls ich jemanden heilen muss.«

»Es ist am besten, wenn du dich bis dahin ganz normal verhältst. Ich will, dass du am Freitagabend wie üblich in den Club gehst. Halte dich wenn möglich in der Nähe der Bar auf. Irgendwann werde ich dich aufspüren, und dann ›stolpern‹ wir einfach übereinander. Danach wird vermutlich alles sehr schnell gehen. Und wenn es vorbei ist, kommst du mit mir nach Hause. In der Zwischenzeit mach einfach alles so, wie du es gewohnt bist. Ich gebe dir meine Nummer, falls du mit mir in Kontakt treten musst. Versuche, sie nur zu benutzen, wenn es unbedingt notwendig ist.« Es gefiel ihm nicht, dass sie dadurch vier Tage Zeit hatte, ihre Meinung zu ändern, doch es war trotzdem der Plan mit den größten Erfolgsaussichten.

Sie nickte erneut.

»Und du darfst niemandem davon erzählen, Taryn. Nicht einmal deiner besten Freundin. Vor allem nicht, wenn das Risiko besteht, dass jemand zu der Meinung gelangt, du wärst bei Roscoe besser aufgehoben.«