Gemeinsam die Welt retten? - Karl Reitter - E-Book

Gemeinsam die Welt retten? E-Book

Karl Reitter

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Beschreibung

"Listen to the scientists" – hören wir auf die WissenschafterInnen …, und zwar auf alle. Mit dieser Herangehensweise an das Thema Nr. 1, den Klimawandel, macht dieses Buch bereits den Unterschied zu herkömmlichen Einschätzungen aus, die die Angelegenheit auf eine einzig gültige Erzählung reduzieren wollen. Denn die wissenschaftliche Debatte wird keineswegs so einheitlich geführt, wie es die Darstellung in den Leitmedien suggeriert. Der Autor bietet einen Überblick über die verschiedenen Forschungen, die sich mit der zu erwartenden Erderwärmung und dem Anstieg des Meeresspiegels beschäftigen. Anhand von zahlreichen Statistiken und Studien wird gezeigt, dass von einer Zunahme von Dürren und Überschwemmungen keine Rede sein kann und für Panik kein Grund besteht. In eigenen Kapiteln wird das Gebaren des Weltklimarates (IPCC) skizziert und auf den Unterschied zwischen seinen tatsächlichen Aussagen und den selektiv von den Leitmedien kolportierten Fakten hingewiesen. Ins Auge stechen die Parallelen zwischen dem Corona- und dem Klimadiskurs. Nicht nur die Öllobby, auch ihr Gegenüber, die Alarmisten, verfügen über gewaltige Geldsummen, die sie gezielt einsetzen. Abschließend geht es um die Pläne der Europäischen Union im Namen des Klimaschutzes. Die CO₂-Reduktion ist das Mittel; der Zweck ist ein europaweiter wirtschaftlicher Aufschwung zur Überwindung einer kapitalistischen Akkumulationskrise. Ein Teil der Linken meint darin eine historische Chance für eine sozialistische Transformation zu erkennen, befeuert die unkritische Übernahme alarmistischer Positionen und bietet damit eine politische Flankendeckung für den Green New Deal.

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Karl ReitterGemeinsame die Welt retten?

  

Vom Klimaalarm zum Green New Deal

© 2024 Promedia Druck- und Verlagsgesellschaft m.b.H., Wien

ISBN: 978-3-85371-917-6(ISBN der gedruckten Ausgabe: 978-3-85371-530-7)

Coverfoto : Guillaume de Germain/unsplash.com

Der Promedia Verlag im Internet: www.mediashop.atwww.verlag-promedia.de

Über den Autor

Karl Reitter, Jahrgang 1953, war langjähriger Lektor für Philosophie an den Universitäten Wien und Klagenfurt. Er ist Mitherausgeber des Jahrbuches für marxistische Gesellschaftstheorie. Im Promedia Verlag gab er – gemeinsam mit Stefan Kraft – den Band »Der junge Marx. Philosophische Schriften« heraus.

Inhaltsverzeichnis
Über den Autor
Einleitung
Danksagung
I. Von einem, der auszog, um sich im Dschungel der Klimadebatte zu orientieren
1. Einige Fakten und Ergebnisse
Ein vermintes Gebiet
Es gibt kein akademisches Fach »Klimaforschung«
Zensur
Warum Demagogie?
Nicht jede Kritik überzeugt
Eine erste, vorläufige Bilanz
2. Was das Klima antreibt. CO2 und andere Faktoren
Klimasensitivität
Die Wirkung von CO2 ist nicht linear, sondern logarithmisch30
Eine Halbierung des CO2-Ausstoßes würde genügen
CO2 und die Vergrünung der Erde
El Niño
Ozeanzyklen
Weitere das Klima beeinflussende Faktoren
Und was ist mit der Sonne?
3. Temperaturentwicklung, Temperaturmessung und das 2-Grad-Ziel
Die Hockey-Stick-Debatte
Temperaturentwicklung
Das 1,5- und 2-Grad-Ziel
4. Ozeane und der Meeresspiegel
»Noch nie stieg der Meeresspiegel so schnell« – aber keineswegs
Bangladesch
Tuvalu, Malediven
5. Arktis, Antarktis und das Schicksal der Eisbären
Antarktis
Arktis
Der Weltuntergangsgletscher
Und nun die Eisbären
6. Extreme Wetterereignisse, prophezeite Flüchtlingsströme und die Berichterstattung darüber
Allgemeine Tendenzen
Waldbrände
Überschwemmungen
Taifune, Hurrikane und Stürme
Nur nichts zugeben
Dürren und intensive Regenfälle
Ausschließlich negativ?
Demagogische Berichterstattung
Flüchtlingsströme
II. Die Protagonisten: Alarmismus und Panikmache
7. Der Weltklimarat IPCC
Was ist der IPCC und wie arbeitet er?
Wer arbeitet im IPCC?
Zur Entwicklung einiger Aussagen des IPCC
Weltformeln – Aussagen über die weitere Entwicklung der Menschheit
Jenseits sozialphilosophischer Standards
… und die österreichische Version des IPCC
8. Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Über Kipppunkte und Heißzeiten
9. Von Al Gore zu Greta Thunberg
Vizepräsident Al Gore
Greta Thunberg
Der Klimaaktivismus als religiöse Bewegung
Generationen
Eine Win-Win-Situation
Wie reagiert die große Politik?
10. Die Informationslobbys und der 97%-Konsens
Die World Weather Attribution Initiative
Coveringclimatenow.org
Klimajournalismus.at, klimajournalismus.de
Flooding the Zone
Der 97%-Konsens
11. Club of Rome
12. Klima und Corona
Der erste Grund
Müssen Laien glauben?
Urteilsvermögen
Der zweite Grund
III. Die Illusionen der Linken und der Green New Deal
13. Die Linke und der Klimawandel. Illusionen und Regressionen
Einige Gründe für die Orientierung auf das Klimathema
Was die Linke an Positionen und Orientierungen übernehmen muss
Erdmutter Gaia rächt sich
Klimagerechtigkeit
Geld, das Maß aller Klimaschäden?
Man spricht von Schulden und meint Schuld
Exkurs: Mythos Fußabdruck
Die Reichen sind schuld?
Und wenn die »reichen Industrieländer« unter dem Klimawandel leiden werden?
Eine Regression der Debatte
Die Klimalinke ohne Subjekt
Traum und Wirklichkeit: Eine weltweite Bewegung wird erfunden
Ernüchterung
Die Lösung: Klimadiktatur – demokratisch legitimiert
Die Linke als Avantgarde?
14. Green New Deal
Die Bedeutung der Staatsinterventionen steigt
Green New Deal als geopolitisches Konzept
Kein Stein soll auf dem anderen bleiben
Verschwiegene oder kleingeredete Probleme
Windenergie und die Probleme des Stromverbundnetzes
Photovoltaik
Wird der Green New Deal scheitern?
15. CO2, das Maß aller Dinge
Das kennen wir doch
Literatur

Einleitung

Dieses Buch besteht aus drei Abschnitten. Der erste ist notwendigerweise etwas trocken geraten, gesellschaftliche und politische Aspekte werden nur indirekt angesprochen. Es geht um wichtige Eckdaten der Klimaforschung, um die Dokumentation von Studien, Statistiken und Untersuchungen zur Entwicklung des Klimas. Allerdings zeigt sich schon hier der Einfluss gesellschaftlicher und politischer Interessen. Die wissenschaftliche Forschung erfolgt keineswegs in einem ruhigen, unaufgeregten Klima, sondern erweist sich als vermintes Gebiet. Die Debatte geschieht konfrontativ, das Interesse, die Entwicklung der Erdtemperatur und des Meeresspiegels zu dramatisieren, ist bei bestimmten AutorInnen offensichtlich. Insbesondere die Auseinandersetzung um die inzwischen widerlegte Hockey-Stick-Theorie, die eine zweitausendjährige konstante Temperatur in der nördlichen Hemisphäre der Erde behauptete, wird bis zur Gegenwart emotional und mit administrativen Manövern geführt. Anhand meiner Recherchen lässt sich auch zeigen, dass die behauptete Zunahme von extremen Wetterereignissen nicht auf Fakten, sondern auf einer alarmistischen Interpretation beruht. Das Schwergewicht der Darstellung in diesem Kapitel beruht somit auf Begriffen, Daten und Analysen. Um jedoch die politische Dimension der Klimadebatte einschätzen zu können, ist Grundwissen über das Klima und seine Faktoren unumgänglich.

Im zweiten Abschnitt geht es um die Schnittmenge zwischen wissenschaftlichem Anspruch, politischen und ökonomischen Interessen sowie medialer Vermittlung. Der alarmistische Klimadiskurs ist keinesfalls die Botschaft der Wissenschaft, sondern wird hoch institutionell organisiert und propagiert. Daher beschäftigt sich dieser Teil ausführlich mit den wichtigsten Protagonisten, wie dem IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) oder dem PIK (Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung), die für sich die Kompetenz reklamieren, die Klimawissenschaft an sich zu repräsentieren – als auch mit wichtigen Akteuren im Bereich der Medien, wie der World Weather Attribution Initiative oder der Webseite coveringclimatenow.org. Arbeitsweise, Finanzierung und die zahlreichen Querverbindungen werden in ihren grundlegenden Strukturen dargestellt.

Weiters beschäftigt sich dieser Abschnitt mit der Physiognomie der Klimabewegung, die sich auf die genannten Akteure zwischen Wissenschaft, Medien und Politik beruft und zugleich von diesen indirekt, aber auch direkt ermuntert wird, die Botschaft der drohenden Klimakatastrophe zu verbreiten. Sozialpsychologisch bedeutsam ist der Generationsbegriff, den der Wechsel von Al Gore zu Greta Thunberg als Leitfigur ermöglichte. Die Klimabewegung mutierte zu einer pauschalen, undifferenzierten Anklage gegen die ältere Generation, diese würde unachtsam und ignorant den drohenden Untergang der Zivilisation verursachen. Zugleich nahm die Klimabewegung die Züge einer religiösen Weltrettungssekte an, beruhend auf ideologischer Unduldsamkeit, Märtyrertum, Sendungsbewusstsein und Fanatismus. Eine derartige Entwicklung ist wohl nur in einer Gesellschaft möglich, in der Herrschaftsausübung mit Angst und Schuldgefühlen operiert. Wenig überraschend beziehen sich Alarmisten-Kreise auf den inzwischen implodierten Corona-Diskurs, der als Blaupause für die gesellschaftliche Durchsetzung von Maßnahmen zur vorgeblichen Rettung des Planeten fungiert.

Der dritte Teil stellt die sozialpolitischen Aspekte des Klimadiskurses in den Mittelpunkt. Dieser Abschnitt bildet den eigentlichen Kern des Buches, aufbauend auf den zwei vorhergehenden. Ein Teil der Linken vermeint, das Klimathema als Basis für eine sozialökonomische Transformation der Gesellschaft nutzen zu können. Dazu ist sie allerdings gezwungen, den alarmistischen Klimadiskurs unkritisch und unhinterfragt zu übernehmen. Denn die Dringlichkeit eines alternativen ökosozialen Gesellschaftsmodells wird nur plausibel, wenn ein drohender Klimakollaps unterstellt wird. Die Sichtweise der herrschenden politischen Kräfte kann daher nicht infrage gestellt werden – stattdessen gilt: Zu wenig und zu zögerlich würden die Maßnahmen erfolgen. So avanciert diese Linke zur kritischen Flankendeckung des von der EU geplanten und bereits auf den Weg gebrachten Green New Deals. Legitimiert durch den hegemonialen Klimadiskurs wurde ein umfassendes Investitionsprogramm beschlossen, welches nicht nur sachlich-technisch ungelöste Probleme mit sich bringt, sondern auch massive finanzielle und logistische Belastungen insbesondere für die ärmeren Teile der Bevölkerung. Wirtschaftspolitisch bedeutet der Green New Deal, vornehmlich bei der Energieversorgung, eine tendenzielle Entkopplung vom Weltmarkt, was geopolitisch wiederum die aktuelle Konfrontationspolitik des transatlantischen Blocks gegenüber Russland und China verstärkt. Auf den letzten Seiten dieses Buchs wird aufgezeigt, dass sowohl die Klimapolitik als auch die kapitalistische Wirtschaftspolitik (Kapitalakkumulation) ein gemeinsamer Weltzugang eint: die Mathematisierung der Realität. Sind es im ersten Fall die Ppm-Zahlen der CO2-Konzentration in der Atmosphäre, so im anderen Fall die Geldwerte, die die reale Welt hinter Zahlen und Formeln versinken lassen.

Ich hoffe, mit diesem Buch einen Beitrag zu leisten, die Diskussion um das Klima wieder auf eine unaufgeregte, sachliche Basis zu stellen. An die Stelle von Panik und Angst sollte eine abwägende Debatte über sinnvolle Maßnahmen treten, wie mögliche negative Folgen des Klimawandels abgefedert werden können. Zugleich ist es angebracht, auch positive Wirkungen zur Kenntnis zu nehmen.

Wien, im Jänner 2024,Karl Reitter

Danksagung

Ich danke Ernst Hammel für seine wertvollen Informationen und Rückmeldungen, Maria Gössler für die Korrektur der Rohfassung und Stefan Kraft für die unproblematische und zugleich fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Promedia Verlag. Vor allem danke ich auch den zahlreichen Postern und KommentatorInnen, die mit Ruhe und Gelassenheit alarmistische Falschaussagen mit Sachverstand und Verweis auf wissenschaftliche Quellen zurückweisen, obwohl sie damit riskieren, als Klimawandelleugner denunziert zu werden.

I. Von einem, der auszog, um sich im Dschungel der Klimadebatte zu orientieren

1. Einige Fakten und Ergebnisse

Von staatlichen Medienanstalten, der Tagespresse, den Nachrichten und Talk-Shows, linken, gesellschaftskritischen Publikationen, Workshops bis zu akademischen Veranstaltungen, politischen Manifestationen und zahlreichen Einträgen in der deutschsprachigen Wikipedia herrscht eine seltsame Übereinstimmung, die Erde sei in Gefahr. Die Treibhausgase, insbesondere CO2, würden die Temperaturen nach oben treiben. Zu Beginn der Industrialisierung lag die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre unter 300 ppm (Parts per Million), 2023 beträgt sie 420 ppm. Weitere, ungebremste CO2-Emissionen würden die Erde in einen glühenden Planeten verwandeln, die Ozeane signifikant steigen lassen und ein für Menschen angemessenes Klima gäbe es nur noch an den Küsten Grönlands. Hinzu kämen extreme Wetterereignisse wie Dürre, Überschwemmungen, Taifune und Hurrikans, die sich mit der steigenden Erwärmung intensivieren würden.

Man sollte konsequent sein: Wenn das so ist, dann ist der CO2-Ausstoß das alles überragende Problem, von der Problematik bestenfalls einem weltweiten Atomkrieg gleichzustellen. Ob soziale Herrschaft, Ausbeutung und Unterdrückung, Diktatur und politische Willkür, Ungleichheit und selbst die Verschmutzung der Umwelt, all diese drängenden Probleme werden zu sekundären Themen angesichts der Notwendigkeit, den Planeten Erde selbst zu retten. Denn ohne bewohnbare Erde auch keine befreite Gesellschaft, kein Frieden und kein wahrhaft demokratisches Gemeinwesen. Wenn das also so ist, dann muss jedes politisch verantwortliche Handeln sich an einer Priorität orientieren: die Welt durch eine klimaneutrale Produktion retten. Koste es, was es wolle.

Ich stellte mir also die Frage: Stimmt es, dass ein weiterer Anstieg der Ppm-(parts per million)-Konzentration von CO2 das Ende der bewohnbaren Erde bedeutet? Ich will die LeserInnen über meine Schlussfolgerungen nicht im Unklaren lassen. Nach all dem, was ich an Texten und an Zusammenfassungen von wissenschaftlichen Artikeln gelesen, an Statistiken und Grafiken studiert und aus Büchern gelernt habe, meine ich sagen zu können: Der Klimawandel, an dem die CO2-Emissionen wahrscheinlich einen sehr bedeutenden Anteil haben, ist zweifellos ein Problem, aber keinesfalls das Problem der Menschheit. Ich werde in den folgenden Kapiteln eine ganze Reihe von Studien, Grafiken und Untersuchungen zitieren, die diese Schlussfolgerung nahelegen. In diesem ersten, einleitenden Kapitel geht es um meine Eindrücke über die Art und Weise der Debatten und rhetorischen Figuren im Klimadiskurs.

Zuvor möchte ich den aktuellen Stand wichtiger und unbestreitbarer Fakten festhalten. Als Ausgangspunkt für die Angabe der Erderwärmung wie des Ansteigens der Ozeane wird zumeist der Beginn der Industrialisierung Europas und Nordamerikas gewählt, zugleich das Ende der Kleinen Eiszeit, also die Jahre um 1860. Warum die damals in der nördlichen Hemisphäre gemessenen Temperaturen die »richtigen« für die Erde sein sollen und nicht etwa die weit höheren der Römischen Warmzeit, wird nicht weiter diskutiert.1 Jene, die davon ausgehen, dass der Klimawandel seither zu 100 % vom Menschen bewirkt wurde, müssten die Frage beantworten, warum seit Ende des 19. Jahrhunderts der Einfluss natürlicher Prozesse auf das Klima offenbar schlagartig erloschen ist, wo doch natürliche Prozesse in der Vergangenheit zu massiven Veränderungen der Temperaturen und des Meeresspiegel geführt haben.

Wie auch immer, in der internationalen Klimadebatte wurden die letzten Dezennien des 19. Jahrhunderts als Referenzphase gewählt. Wählt man dieses Datum als Messbasis, so hat sich seitdem die Erde um circa 1,2 Grad erwärmt, allerdings variieren die Berechnungen etwas. Wobei die Ozeane langsamer, das Festland schneller wärmer wurde. Die folgende Grafik stammt vom National Centers for Enviromental Information (NOAA).

(Quelle: https://www.ncei.noaa.gov/access/monitoring/climate-at-a-glance/global/time-series)

Interessant ist auch die Frage, wie der weitere Temperaturanstieg eingeschätzt wird. Ich werde dies im nächsten Kapitel ausführlicher dokumentieren. Ich zitiere die von Roy Spencer durchgeführten Satellitenmessungen seit 1979. Diese ergeben einen Temperaturanstieg von insgesamt +0,14 Grad alle 10 Jahre, wobei sich die Meere um +0,12 Grad, das Land um +0,19 Grad erwärmt.2 Hält dieser Trend an, würde sich die Erde insgesamt ab 2023 bis 2100 um ein Grad erwärmen. Was nun die sogenannten 1,5- und 2-Grad-Ziele betrifft: Oftmals wird nicht klargestellt, dass sich die Begrenzung auf den Ausgangspunkt der Messungen Ende des 19. Jahrhunderts bezieht, und nicht auf die Gegenwart. Bis dato wurden von den geplanten 1,5 Grad bereits je nach Messung 1,2 Grad »verbraucht«.

Obwohl wir uns mit Temperatur und Temperaturmessung ausführlich beschäftigen werden, noch ein Wort zum Jahr 2023. Dieses wird wahrscheinlich zu den Jahren mit den höchsten Temperaturen seit 1850 zählen. Die Ursache ist nicht die Erderwärmung, sondern wie schon beim Rekordjahr 2016 das Phänomen El Niño. Diese Erwärmung des Oberflächenwassers des Meeres vor Peru bewirkt weltweit sowohl massive Regenfälle wie Dürre und einen bedeutenden, aber vorübergehenden Temperaturanstieg. Bei El Niño handelt es sich um ein seit Jahrhunderten bekanntes Phänomen. Wie sich El Niño 2023/24 konkret auswirken wird, lässt sich nicht vorhersagen. »Das liege daran, dass die Forschung bisher noch keinen Zusammenhang zwischen der vom Menschen verursachten Erwärmung des Planeten und El Niño oder seinem Gegenstück La Niña direkt geklärt habe, so die Washington Post. Auch die Schwankungen zwischen El-Niño-Ereignissen machten es schwierig, die Auswirkungen genau vorherzusagen.«3

Was nun den Anstieg des Meeresspiegels betrifft: »Die Vorhersagen des Weltklimarates für die nächsten 100 Jahre sprechen von 20 bis 60 Zentimetern, so dass ein Wert von 50 Zentimetern vielleicht ein realistischer Richtwert ist.« (Ganteför 2012, 243) Im IPCC-Bericht4Klimawandel 2021, Naturwissenschaftliche Grundlagen. Zusammenfassung für die politische Entscheidungsfindung wird gesagt: »Der mittlere globale Meeresspiegel ist zwischen 1901 und 2018 um 0,20 (0,15 bis 0,25) m gestiegen. Die durchschnittliche Geschwindigkeit des Meeresspiegelanstiegs betrug zwischen 1901 und 1971 1,3 (0,6 bis 2,1) mm pro Jahr, stieg zwischen 1971 und 2006 auf 1,9 (0,8 bis 2,9) mm pro Jahr und zwischen 2006 und 2018 weiter auf 3,7 (3,2 bis 4,2) mm pro Jahr (hohes Vertrauen).«5 (IPCC 2021a, 4) Wenn wir also den vom IPCC angegebenen aktuellen Durchschnitt von 3,7 mm pro Jahr annehmen, so ergäbe dies einen um 37 Zentimeter gestiegenen Meeresspiegel in 100 Jahren. Nur um die Dimensionen zu vergegenwärtigen: Es geht beim Temperaturanstieg um hundertstel Grad pro Jahr und beim Meeresspiegel um Millimeter pro Jahr.

Ein vermintes Gebiet

Wer den Dschungel der Klimadebatte betritt, ist sofort mit einem befremdlichen Faktum konfrontiert. Man findet sich in einem verminten Gebiet wieder, das von heftigsten Polemiken, aggressiven Wortgefechten und Denunziationen geprägt ist. Das war einer meiner ersten Eindrücke, die klar im Kontrast zu den Berichten in den Leitmedien stehen. Eine ausgewogene, sachliche Diskussion wird in der Öffentlichkeit ebenso wenig geführt wie in der wissenschaftlichen Gemeinschaft. Ich werde bei den entsprechenden Themen immer wieder auf dieses Faktum verweisen, hier erst mal einige allgemein gehaltene Wortmeldungen. So spricht die international anerkannte Klimaforscherin Judith Curry von hoch problematischen Verhältnissen in der Forschungsgemeinschaft.

»In einem Interview mit Guy Sorman vom City Journal spricht die Klimatologin Judith Curry über ihre Gründe, 2017 ihre Karriere im Bereich der institutionalisierten Forschung zu beenden. Seit dieser Zeit ist die frühere Professorin für Geo- und Atmosphärenwissenschaften am Georgia Institute of Technology unabhängige Forscherin und lebt in Reno, Nevada. (…) Auch dass der menschliche Faktor und Kohlendioxid dazu [zum Klimawandel] beitrügen, stellt sie nicht grundsätzlich in Abrede. Allerdings hält sie es für gänzlich ungeklärt, in welchem Umfang dies tatsächlich der Fall sei. (…) So habe es beispielsweise zwischen 1910 und 1940 eine Phase der Erwärmung gegeben, die sich fast auf das Grad genau mit der heutigen decke. Allerdings waren die Kohlenstoffemissionen durch Verbrennung fossiler Energieträger damals deutlich geringer und deshalb könne diese Erwärmung nicht der Industrie zugeschrieben werden. (…) ›Wer nicht den UN-Konsens zur menschengemachten Erderwärmung teilt oder auch nur die leiseste Skepsis daran anmeldet, ist ›Klimawandelleugner‹, Steigbügelhalter Trumps und ein Quasi-Faschist, der aus der wissenschaftlichen Community ausgeschlossen werden muss‹, so Curry.«6

Der spanische Paläoklimatologe Eduardo Zorita, der unter anderem mit Hans von Storch, langjähriger Professor am Institut für Meteorologie der Universität Hamburg und Leiter des Instituts für Küstenforschung am Helmholtz-Zentrum Geesthacht zusammengearbeitet hat, spricht in einem Interview mit The Wall Street Journal über die Verhältnisse in der Klimaforschung:

»Ich kann bestätigen, was schon an anderer Stelle geschrieben wurde: Die Forschung in einigen Bereichen der Klimawissenschaft war und ist voller Intrigen, Verschwörungen und Absprachen, wie jeder Leser aus den CRU-Akten [Climatic Research Unit; eine Abteilung der University of East Anglia; K. R.] herauslesen kann. Sie zeichnen ein realistisches, ich würde sagen, sogar harmloses Bild dessen, was die wirkliche Forschung im Bereich des Klimas des letzten Jahrtausends in den letzten Jahren gewesen ist. Die wissenschaftliche Debatte ist in vielen Fällen missbraucht worden, um andere Ziele zu erreichen. Ich glaube nicht, dass der anthropogene Klimawandel ein Schwindel ist. Im Gegenteil, das ist eine Frage, der wir uns sehr wohl bewusst sein müssen. Aber ich bin mir auch bewusst, dass in dieser dichten Atmosphäre – und ich spreche jetzt nicht von Treibhausgasen – Redakteure, Gutachter und Autoren alternativer Studien, Analysen und Interpretationen, selbst auf der Grundlage derselben Daten, die uns zur Verfügung stehen, schikaniert und subtil erpresst werden. In dieser Atmosphäre werden Doktoranden oft dazu verleitet, ihre Daten so zu verändern, dass sie in das ›politisch korrekte Bild‹ passen. Einige oder viele Fragen im Zusammenhang mit dem Klimawandel sind noch immer nicht ausreichend bekannt. Politische Entscheidungsträger sollten sich der Versuche bewusst sein, diese Ungewissheiten unter einem einheitlichen Bild zu verbergen. Ich hatte das ›Vergnügen‹, all dies in meinem Forschungsbereich zu erleben.«7

Ein weiteres Beispiel mag als Illustration dienen. Es ist die Geschichte von einem angeblichen Zusammenhang zwischen erhöhten Kohlendioxidwerten und dem Verhalten von tropischen Fischen. Roger Pielke Jr., Professor für Environmental Studies an der Universität Colorado und Träger des Eduard-Brückner-Preises für herausragende Leistungen in der interdisziplinären Klimaforschung, schreibt dazu:

»Kurz gesagt geht es bei der Kontroverse um die Erforschung der angeblichen Auswirkungen eines erhöhten Kohlendioxidgehalts auf das Verhalten tropischer Fische – und ja, das bedeutet, dass es einen direkten Zusammenhang mit dem Klimawandel gibt. Professor Dixson und ihre Mitarbeiter, darunter ihr Doktorvater Philip Munday von der James Cook University (inzwischen im Ruhestand) in Townsville, Australien, haben Dutzende von Arbeiten veröffentlicht, die sehr große und ökologisch schädliche Auswirkungen des steigenden Kohlendioxidgehalts auf das Verhalten von Fischen nahelegen. Es überrascht nicht, dass diese Forschungsergebnisse in großen Fachzeitschriften veröffentlicht und in den Medien vielfach zitiert wurden und zu einer beträchtlichen öffentlichen Finanzierung von Folgestudien führten. Weitere darauffolgende Studien konnten diesen Zusammenhang jedoch nicht bestätigten. (…) Vor einigen Jahren äußerte eine andere Gruppe von Forschern unter der Leitung von Timothy Clark von der Deakin University in Australien Bedenken hinsichtlich der Integrität dieser Forschung. Clark und Kollegen dokumentierten ihre Bedenken in einem Papier aus dem Jahr 2020, in dem sie versuchten, die Ergebnisse einer signifikanten Auswirkung des erhöhten Kohlendioxids im Ozean, der sogenannten ›Ozeanversauerung‹, auf das Verhalten von Fischen zu wiederholen. Die erneuten Forschungen von Clark und Kollegen konnte die ursprünglichen Ergebnisse nicht reproduzieren.«8

Auch führende Autoren des IPCC vertreten differenzierte Positionen, in der Wissenschaft eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Ein Beispiel dafür ist John Christy. Er arbeitet als US-amerikanischer Klimatologe, Distinguished Professor of Atmospheric Science und Director of the Earth System Science Center an der University of Alabama, und war in führender Position am Zustandekommen des dritten Sachstandsbericht des IPCC im Jahre 2001 beteiligt. Allerdings äußerte er Kritik an den Positionen des IPCC und formulierte Zweifel an der These, die CO2-Emissionen seien die primäre oder einzige Ursache der Erderwärmung.

Auch wenn der Druck aus Politik und Medien groß ist, sich klar zur »richtigen Position« zu bekennen, so gibt es doch viele besonnene Forscher­Innen, die differenzierte Positionen bezüglich des Klimawandels vertreten. Auf einer allerdings schon älteren Internetseite teilt die Connolly Scientific Research Group die zahlreichen Blogger zum Klimathema bezüglich der Ursachen des Klimawandels in 5 Gruppen ein. Gruppe 1 würde die Ursache ausschließlich vom Menschen verursacht annehmen, Gruppe 5 vermeint ausschließlich natürliche Ursachen zu erkennen. In der Mittelstufe 3 werden folgende WissenschaftlerInnen angeführt: Steve McIntyre, Lucia Liljegren, Judith Curry, Eduardo Zorita, Hans von Storch, Keith Kloo, Dorland, Crok & Verheggen, Roger Pielke, Jr, Roger Pielke, Sr, Tom Fuller, Clive Best, Mike Hulme.9 Die Einteilung ist wohl etwas oberflächlich, aber sie zeigt, wie breit das Spektrum von Positionen tatsächlich ist.

Es gibt kein akademisches Fach »Klimaforschung«

Es sollte doch selbstverständlich sein, dass es bei einem derartigen komplexen Thema wie dem Klima keine unhinterfragbaren Selbstverständlichkeiten gibt. »Klimaforschung ist kein fest umrissenes Forschungs­gebiet, eigentlich auch keine eigene Disziplin.« (von Storch 2023, 21) In der Klimaforschung verbinden sich so unterschiedliche Disziplinen wie Geographie, Physik, Ozeanographie, Meereskunde, Statistik und Mathematik, Meteorologie und Geodynamik, Astronomie und Astrophysik, Botanik und Chemie mit Wissenschaften, die die gesellschaftlichen und ökonomischen Entwicklungen zu verstehen suchen. Es gibt WissenschaftlerInnen, die sich mit Klimafragen beschäftigen, aber keine KlimawissenschaftlerInnen im eigentlichen Sinne. Und vor allem, die Forschung zu Klimathemen ist keineswegs abgeschlossen. Das Bild hingegen, das die öffentliche Debatte beherrscht, ist ein anderes. Science is settled, also die Wissenschaft des Klimas sei hinsichtlich ihrer Methoden und dem Verständnis der grundlegenden Prozesse abgeschlossen, wird behauptet. Die Vielfältigkeit der Forschungsfelder, der Ergebnisse und Positionen wird in der öffentlichen Debatte nicht berücksichtigt. Da es viele Zugänge zum Thema Klima gibt, können in vielen Disziplinen Bezüge zum Klima hergestellt werden, und das geschieht auch. Insbesondere für jüngere ForscherInnen ist es von hohem strategischem Wert, ihre Untersuchungen in den Kontext des Klimawandels zu stellen. Auch das Interesse der Medien und der Öffentlichkeit ist garantiert. Und leider gilt: Je schriller, ja alarmistischer die Aussage, desto mehr Aufmerksamkeit. Umgekehrt haben es skeptische Stimmen sehr schwer, sowohl das Gehör der Öffentlichkeit als auch die Unterstützung der Wissenschaftsgemeinde zu finden. Im Buch DieKlimafalle:DiegefährlicheNähevonPolitikundKlimaforschung schreiben Hans von Storch und Werner Krauß: »Wer die Konzentration auf die einzig richtige politische Linie – Emissionsminderung zur Vermeidung des Klimawandels – in Frage stellt, wird verdächtigt, ein Gegner der ›richtigen‹ Klimapolitik zu sein.« (Krauß, von Storch 2013, 52) Das hat naturgemäß Auswirkungen auf Bewilligungen von Forschungsgeldern, es hat auch Auswirkungen auf wissenschaftliche Karriereverläufe. »Die einzelnen Disziplinen lernen schnell, in ihren Förderanträgen die besondere Relevanz für den Klimawandel zu betonen. Viele Dissertationen in der Ozeanographie, der Meteorologie oder Geographie beanspruchten nun, im Zeichen des Klimawandels zu stehen, selbst wenn der Zusammenhang nur sehr vage war.« (Krauß, von Storch 2013, 48) Und nicht zu vergessen: Hunderte, weltweit wohl tausende Journalisten und MitarbeiterInnen von Instituten verdanken ihren Job der »richtigen« Position zum Klimawandel.

Ich verstehe, dass die Arroganz, mit der Aussagen zum Klima als »unwiderlegbar« bezeichnet werden, empören kann. Auch mich hat diese Haltung irritiert. Insbesondere jene, die ein extrem alarmistisches Bild der Klima­entwicklung zeichnen, neigen zu einer simplen Gegenüberstellung der Positionen, die es nach meinen Recherchen so nicht gibt. Auf der einen Seite stünden die selbstlosen, nur der objektiven Erkenntnis verpflichteten WissenschaftlerInnen, deren Einsichten von vor allem jungen AktivistInnen in die Welt getragen werden, auf der anderen die von der Erdöl- und Autoindustrie bestochenen und korrupten Wissenschaftler, die den Klimawandel kleinreden oder gar leugnen würden. Eine wahre Leugner-Industrie sei entstanden, die mit Millionen Dollars Zweifel und Zwietracht sähen würde, nur um die Profite zu sichern. Inzwischen spielt die Industrie für erneuerbare Energien eine immer bedeutendere Rolle und siehe da, auch Personen der Rockefeller-Dynastie agieren heftig für die Reduktion der Treibhausgase. An Geld scheint es für die Verbreitung der »richtigen« Botschaft nicht zu fehlen. Nur ein Beispiel: Eine wichtige Webseite des Alarmismus lautet klimafakten.de, die seit 2011 besteht. klimafakten.de ist eine gemeinsame Initiative der European Climate Foundation und der Stiftung Mercator unter dem Dach der gemeinnützigen 2050 Media Projekt gGmbH. »Die European Climate Foundation verfügt über ein Jahresbudget von ungefähr 25 Millionen Euro. 2012 wurden von ihr 181 Förderungen an 102 Organisationen vergeben.«10 Die Geldgeber sind miteinander verbundene Organisationen und Institute: Auch IKEA, der Rockefeller Brothers Fund, Michael R. Bloomberg, ehemaliger Bürgermeister von New York, und insgesamt 17 Organisationen und Stiftungen sind dabei. Und selbst das World Economic Forum darf nicht fehlen.11 Zweifellos gibt es Institute, wie etwa das Heartland Institute in den USA, die von der Ölindustrie gesponsert werden. In der Regel ist der Hinweis auf die Finanzierung schon das Argument. Wenn ein Wissenschaftler oder ein Institut Gelder von derartigen Einrichtungen erhält, dann müssen seine Aussagen falsch sein. Die Gesinnung entscheidet über die Wahrheit? Es ist ebenso eine millionen-, ja milliardenschwere Informationsindustrie entstanden, verstreut auf zahllose Institute, Thinktanks, Sponsoren, Meinungsproduzent­Innen und Lobbys, die ineinander verschachtelt die wahre Botschaft vom drohenden Untergang der Welt verbreiten. Wobei auch vor Unterdrückung kritischer Positionen nicht zurückgeschreckt wird. In der Wissenschaft spielt dabei die Praxis des Peer-Reviewed-Verfahrens eine besondere Rolle. Insbesondere bei wissenschaftlichen Zeitschriften eingereichte Artikel werden zumeist von zwei anonymen Gutachtern beurteilt. Es liegt auf der Hand, dass die Herausgeber der Zeitschriften oder die LeiterInnen von Wissenschaftsfonds durch die Wahl von Gutachtern das gewünschte Ergebnis in gewissem Grad beeinflussen können. »Wenn ein Klimaforscher andeutet, er stehe nicht hundertprozentig hinter der Erklärung des Klimawandels durch die Emission der Treibhausgase, dann wird seine Publikation meist von den Gutachtern des Journals geschlachtet.« (von Storch 2023, 66) Insbesondere im Umfeld des IPCC ist Kritik zumeist unerwünscht, selbst wenn diese intern auf Zustimmung stößt. »Erst kürzlich sagte mir ein anderer hochrangiger IPCC-Beamter, dass er mit unserer jüngsten, von Fachleuten geprüften Kritik an veralteten Klimaszenarien voll und ganz übereinstimmt, aber: ›Das kann ich natürlich nie öffentlich sagen.‹«12

Das simple Bild, hier willfährige WissenschaftlerInnen vom fossilen Kapital bezahlt und bestochen, dort integre, nur der wissenschaftlichen Erkenntnis verpflichtete WissenschaftlerInnen, ist schlichtweg unrichtig. Nicht nur, dass längst eine milliardenschwere Industrie für nicht-fossile Energieproduktion entstanden ist, es macht sich insbesondere für junge Wissenschaftler­Innen durchaus bezahlt, sich in den Chor jener einzureihen, die eine kommende Klimakatastrophe beschwören. Da ich die akademische Welt recht gut kenne, weiß ich, wie schwierig die Situation für jüngere KollegInnen ist. Befristete Verträge, unsichere Arbeitsplätze und zunehmender politischer Druck bestimmen den Alltag auf den Universitäten.

Zensur

Zum Druck innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft tritt die Zensur. Seitdem der Green New Deal zur Staatsraison der EU erkoren wurde, fehlt es nicht an Versuchen, abweichende Meinungen zu denunzieren und zu zensurieren. »Versteckt hinter einer ›Nichtregierungsorganisation‹ koordinieren die Regierungen ihre Anstrengungen, Äußerungen im Internet zu zensieren, die ihr Klima-Narrativ und ihre Klimapolitik konterkarieren. Umweltverbände und Propagandaexperten werden daran beteiligt, zusätzlich versteckt hinter einem ›Aktionsbündnis gegen Klima-Desinformation‹.«13 Eine besondere Rolle spielt dabei das Institute for Strategic Dialogue (ISD), welches wiederummit dem Digital Policy Lab (DPL) zusammenarbeitet. Der deutsche Wirtschaftsjournalist Norbert Häring hat auf die Aussagen auf der Webseite des ISD aufmerksam gemacht:

»Zur Bekämpfung von bösartigen Beeinflussungskampagnen, Desinformation und klimafeindlichen Bestrebungen benötigt der Sektor detaillierte und fortlaufende Daten aus dem digitalen Raum, an denen es bisher noch mangelt. In Zusammenarbeit mit unseren Technologiepartnern CASM, LSE Arena und einer Reihe von Klimapartnern, darunter die European Climate Foundation, Greenpeace UnEarthed und DeSmog, entwickelt die ISD innovative Instrumente, die auf die Zielgruppen in der Tschechischen Republik, Deutschland, Ungarn, Italien, Polen, der Slowakei, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten zugeschnitten sind.«14

Die Fäden des ISD führen wiederum zur Climate Action Against Disinformation, die auf ihrer Webseite stolz verkündet, eine Zusammenarbeit mit »über 50 führenden Klima- und Anti-Desinformationsorganisationen wie dem Institute for Strategic Dialogue, Climate Disinformation Coalition, Code for Africa, Center for Countering Digital Hate, Conscious Advertising Network, Check My Ads, ACT For Climate Truth, Stop Funding Heat, Purpose, Reset Australia« zu betreiben.15

Ich wiederhole es gerne: Auch wenn, insbesondere in den USA, die Öllobby eine Reihe von Institutionen und Organisationen sponsert, von denen sie erwartet, in ihrem Interesse zu argumentieren, so sind inzwischen auch die Klima­alarmistInnen international auf allen Ebenen bestens organisiert und üppig finanziert. Der sachliche Dialog bleibt da leider zumeist auf der Strecke. Eine besonders üble Rolle spielen wichtige klimarelevante Einträge in der deutschsprachigen Wikipedia. Viele der Stichworte werden bis zu 80 % von einer einzigen Person mit dem Pseudonym »Andol« verfasst, nach eigenen Angaben Absolvent eines Geschichtsstudiums.16 Zur Illustration seiner Haltung mag vorerst folgendes Zitat genügen: »Leugner zu Skeptikern zu machen, ist keine Neutralisierung, sondern eine Verfälschung.«17 Dass Sprache das Denken beeinflusst, ist trivial. Die Auseinandersetzung beim Klimathema beginnt bereits bei den Bezeichnungen. SkeptikerInnen und Kritiker­Innen kann es nach Andol beim Klimathema nicht geben, nur Leugner. »Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich.«18 Sein Meisterstück ist der Eintrag »Klimawandelleugnung« in der deutschsprachigen Wikipedia, 82,5 Prozent des Textes entstammt seiner Feder, der Umfang: 45 A4-Seiten. (Stand 24. 6. 2023)

Warum Demagogie?

Sehr nachdenklich macht die ausgesprochen einseitige Berichterstattung, die oftmals demagogische Züge trägt. Es existieren unzählige Artikel in den Leitmedien, die darauf hinweisen, dass steigende Temperaturen zu noch mehr Hitzetoten führen werden, so keine Maßnahmen gegen die Belastung durch hohe Temperaturen unternommen werden, zweifellos ein korrektes Argument. Die KritikerInnen weisen allerdings darauf hin, dass statistisch nachgewiesen weltweit mehr Menschen an Kälte als an Hitze sterben. Sollte die Erdtemperatur weiter signifikant ansteigen, so wird es wohl leider mehr Hitzetote, aber glücklicherweise weniger Kältetote geben. Unablässig wird in Postings und sozialen Medien dieses Argument formuliert. Das Ergebnis? Unverdrossen werden weiter Texte verfasst, die auf die steigende Zahl von Hitzetoten hinweisen, ohne diesen Einwand zu berücksichtigen. Auch wissenschaftliche peer reviewed, also anonym geprüfte Artikel sind nicht frei von Demagogie. Im Gesundheitsjournal The Lancet wurde zum Verhältnis von Kältetoten zu Hitzetoten die Studie Hitze- und kältebedingte Übersterblichkeit: eine Studie zur Bewertung der Auswirkungen auf die Gesundheit in 854 Städten in Europa (Excess mortality attributed to heat and cold: a health impact assessment study in 854 cities in Europe) veröffentlicht.19 (Masselot et. al. 2023) Dort findet sich folgende Grafik (links Kälte, rechts Hitze):

Auf den ersten Blick muss es scheinen, also ob die Zahl der Hitzetoten an jene der Kältetoten heranreicht. Dem ist aber nicht so, das Verhältnis ist in etwa 10:1. Der Trick besteht in der unterschiedlichen Skalengröße der Todesraten pro 100.000 Personen pro Jahr. Bjørn Lomborg, Professor für Statistik im Fachbereich Politikwissenschaften an der Universität Aarhus, Dänemark, hat sich die Mühe gemacht und die Grafik auf gleiche Skalen umgestellt.

(https://twitter.com/BjornLomborg/status/1680966003759497217)

Warum hat es eine wissenschaftliche Studie notwendig, das Verhältnis zwischen Kälte- und Hitzetoten so verzerrt zu illustrieren? Will man eine positive Auswirkung der Erderwärmung in Europa mit allen Mitteln vertuschen? Zu dieser irreführenden Grafik passt das Vorhaben des Robert Koch Instituts, ab Juni 2023 Wochenberichte zur hitzebedingten Mortalität20 zu veröffentlichen. Jene, die an Panikberichterstattung interessiert sind, können sich von nun an auf wissenschaftliche Daten berufen – und den Einwand mit den Kältetoten weiter ignorieren. Es hat in der Tat etwas Gespenstisches: Alarmisten werfen den KritikerInnen vor, Fakten zu ignorieren, sind aber selbst nicht bereit, den Einwand der Kältetoten zur Kenntnis zu nehmen.21

Warum also diese Einseitigkeit? Es geht nicht nur um eine zu erwartende Zahl von Kältetoten, es geht um allgemeine positive Aspekte, die der Klimawandel ebenso mit sich bringt. Auf der Webseite der renommierten Max-Planck-Gesellschaft ist zum Beispiel zu lesen: »Der Klimawandel kann auch zwiespältige Folgen haben: So führt die Erwärmung im Mittelmeerraum, die den dortigen Ländern seit etwa 20 Jahren größere Hitze und Trockenheit bringt, in der Sahelzone offenbar zu mehr Niederschlag. Denn wie Forscher des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg in einer Ausgabe der Zeitschrift Nature Climate Change berichten, sind höhere Temperaturen des Mittelmeers die Hauptursache dafür, dass zu Beginn des westafrikanischen Monsuns im Juni mehr feuchte Luft aus dem östlichen Mittelmeer an den Südrand der Sahara gelangt. (…) Nach einer relativ feuchten Periode in den 1950er- und 1960er-Jahren wurde die Sahelzone bis Mitte der 1980er-Jahre von mehreren verheerenden Dürren heimgesucht, die insgesamt mehr als 100.000 Menschen das Leben kosteten. Seitdem nahm der Niederschlag überraschenderweise wieder zu.«22

Es scheint, als müsste das Dogma von ausschließlich negativen Folgen des Klimawandels mit allen Mitteln aufrechterhalten werden. Was nicht in dieses Bild passt, wird einfach ignoriert oder kleingeredet. In Zeitungen und Journalen, auf Webseiten und diversen Blogs wuchern Prophezeiungen und Behauptungen, wie sich die Dinge in Zukunft entwickeln werden. Man kann es leicht nachprüfen, es gibt kaum einen Text zum Klimawandel, der nicht weitschweifig zumeist düstere zukünftige Szenarien ausmalt. Aussagen die Zukunft betreffend können nur bezweifelt, nicht jedoch widerlegt werden. Widerlegt werden können jedoch vergangene Behauptungen, zum Beispiel: Die Arktis ist im Sommer eisfrei.

Nicht jede Kritik überzeugt

Es existieren auch populäre Einwände gegen die katastrophistische Darstellung des Klimawandels, die nach meiner Auffassung von der Sache her falsch oder zumindest problematisch sind. Ich werde bei den entsprechenden Kapiteln weitere nennen, hier die wohl populärsten. So etwa die Auffassung, der CO2-Gehalt mit gerade 0,04 % in der Atmosphäre sei zu gering, um klimawirksam zu sein. Ob eine Konzentration in dieser Dimension wirksam ist, kann nicht der simple Alltagsverstand entscheiden, sondern die Physik. Ein weiterer, weitaus interessanter Einwand besteht im Verweis auf die Ergebnisse der Eiskernbohrungen. Die Ergebnisse zeigen erdgeschichtlich zuerst einen Anstieg der Temperatur und danach einen Anstieg der CO2-Konzentration. Das muss auch die polemische Seite klimafakten.de zugeben:

»Bei genauer Betrachtung jedoch folgt der CO2-Anstieg dem Temperaturanstieg um ungefähr 1000 Jahre. Obwohl dieses Phänomen in der Forschung schon lange bekannt ist (Lorius et al. 1990), führt es bei vielen Menschen noch immer zu Überraschung und Verwirrung. Ist nun der Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre eine Folge der Erderwärmung, oder ist umgekehrt die Erderwärmung eine Folge des CO2-Anstiegs? Die Antwort lautet: Beides ist richtig.«23

Wir sind weder überrascht noch verwirrt, halten jedoch fest, dass explizit eine Wechselwirkung ausgesprochen wird: »beides ist richtig«. Wenn die Temperatur steigt, warum auch immer, sinkt die Fähigkeit der Meere, CO2 zu binden. Umgekehrt erhöht der CO2-Gehalt in der Luft die Temperatur. Es existiert somit eine Wechselwirkung. Nun sind wir aktuell mit einem Temperatur- und CO2-Anstieg in weniger als 200 Jahren konfrontiert, die erdgeschichtlichen Prozesse zeigen diesbezüglich eine viel längere Dauer. Interessant ist jedenfalls, dass auch eine Seite wie klimafakten.de zumindest eine Wechselwirkung zwischen CO2 und Erdtemperatur einräumt. Die Frage, welcher Faktor der aktuell primäre und welcher der sekundäre ist, kann jedenfalls mit Verweis auf erdgeschichtliche Prozesse nicht beantwortet werden.

Ein weiteres, prinzipiell richtiges Argument ist die Tatsache, dass sich das Klima erdgeschichtlich ständig verändert. Das ist unbezweifelbar: Natürliche Ursachen führten immer schon zu bedeutenden Klimaschwankungen. Nur geht es aktuell nicht um die Erklärung von Klimaveränderungen an sich, sondern eben die der letzten 150 Jahre. Warum verändert sich das Klima genau so, wie es sich verändert, das ist die Frage. Und das lässt sich durch den Verweis auf die permanente Veränderung eben nicht erklären.

Eine erste, vorläufige Bilanz

Andererseits drängt sich bei der Lektüre populärer Texte mit alarmistischem Unterton der Eindruck auf, der natürliche Einfluss auf das Klima sei seit 1850 plötzlich verschwunden. Was Jahrhunderte und Jahrtausende galt, gilt nicht mehr. Diese Überlegung wurde eingangs genannt, ich habe, wie gesagt, dazu keine Diskussion dazu gefunden. Um dieses geradezu mystische Ereignis plausibel zu machen, werden wissenschaftlich widerlegte Positionen unverdrossen weiterverbreitet, wie etwa die Meinung, noch nie hätte sich das Klima so rasch verändert wie in den letzten 180 Jahren. Wir werden im Abschnitt Temperaturmessung und Temperaturentwicklung auch den Ursprung dieses Mythos genauer kennenlernen, die sogenannte Hockey-Stick-Theorie des Michael Mann. Den Einfluss der natürlichen Prozesse seit 1850 auf null zu setzen, ist wissenschaftlich unhaltbar, es geht stattdessen um die wichtige und dem rationalen Denken angemessene Frage, wie sich das Verhältnis zwischen natürlichen und menschenbewirkten Ursachen für die Klimaänderung darstellt – und das nicht erst seit 1850.

Ausgehend von meiner Lektüre der unterschiedlichen Dokumente, Artikel und Blogbeiträge lässt sich eine vorläufige Bilanz ziehen: Die gesamte Klimadebatte verläuft mehrstufig. Tendenziell arbeiten im IPCC WissenschaftlerInnen und Funktionäre mit, die eher zu einer alarmistischen Sicht der Dinge neigen. Einerseits wird der Weltklimarat als Hort der absoluten Wahrheit gefeiert, andererseits werden dessen Aussagen sehr selektiv rezipiert, zumal schon der Umfang der Sachstandsberichte kaum zu bewältigen ist.24 Die Unsicherheiten in den Aussagen des IPCC und eine nicht unbeträchtliche Bandbreite in den Abschätzungen der zukünftigen Entwicklung des Klimas und ihrer Folgen finden kaum Beachtung. In einem weiteren Schritt werden diese Aussagen von bestimmten Akteuren der Klimadebatte, hier sind insbesondere in Deutschland die AutorInnen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) zu nennen, sehr einseitig ergänzt oder in Richtung Alarmismus interpretiert. Willfährige Medien, messianisch orientierte Schreiber der Wikipedia-Einträge und – ich kann es nicht anders ausdrücken – bewusste Manipulation verzerren die Forschungsergebnisse nochmals zu wahren Horrorbotschaften. »Der Kampf gegen den Klimawandel hat zu einer routinierten Katastrophenrhetorik auf einer vermeintlich sicheren wissenschaftlichen Basis geführt.« (Krauß, von Storch 2013, 108)

1 Fritz Vahrenholt und Sebastian Lüning haben nach eigenen Angaben das »Basisniveau« der Klimaziele kritisch hinterfragt; ihre Überlegungen wurden auch in einem IPCC-Sonderbericht zitiert, offenbar ohne weitere Folgen. Quelle: Lüning, Vahrenholt 2021, 268.

2https://www.drroyspencer.com/

3https://orf.at/stories/3332931/

4 Mit dem IPCC, Intergovernmental Panel on Climate Change, als Weltklimarat bekannt, werden wir uns in einem eigenen Kapitel beschäftigen.

5 Das ist IPCC-Terminologie. Die Einschätzungen der zukünftigen Entwicklungen werden mit geringem, mittlerem oder hohem Vertrauen klassifiziert, im englischen Original lauten die Ausdrücke: low, medium und high confidence.

6 https://www.epochtimes.de/umwelt/klimatologin-judith-curry-klimaforschung-zu-korrumpiert-und-politisiert-um-noch-serioes-zu-sein-a2946659.html

7 Der Link zum Interview findet sich unter: https://en.wikipedia.org/wiki/Eduardo_Zorita

8https://rogerpielkejr.substack.com/p/fish-and-foul

9https://globalwarmingsolved.com/links/

10 de.wikipedia.org/wiki/European_Climate_Foundation

11https://www.weforum.org/impact/first-movers-coalition-is-tackling-the-climate-crisis/

12https://rogerpielkejr.substack.com/p/fish-and-foul

13https://norberthaering.de/propaganda-zensur/isd-klima/

14 Zitiert nach https://norberthaering.de/propaganda-zensur/isd-klima

15https://caad.info/

16 Bei »Andol« soll es sich um Andreas Lieb handeln, einem deutschen Politiker der Grünen und Mitarbeiter eines Windparks. Quelle: https://www.anonymousnews.org/netzwelt/andreas-lieb-wikipedia-andol. Laut den Logdaten von Wikipedia verbringt der Mann täglich Stunden damit, Einträge zu verfassen oder in seinem Sinne zu ändern.

17Andol, Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:Global_Warming_Policy_Foundation

18 Markus 3,20‒30

19 Das Ergebnis ist eindeutig, das Verhältnis der Kältetoten zu den Hitzetoten beträgt 10:1. Um dieses Verhältnis manipulativ zu verwischen, werden in der darstellenden Grafik zwei verschiedene Skalen verwendet, so dass auf den ersten Blick das Verhältnis eher nach 3:1 aussieht. Bjørn Lomborg hat dies in einer Twitter-Meldung aufgedeckt und richtiggestellt. https://twitter.com/BjornLomborg/status/1680966003759497217

20 https://www.rki.de/DE/Content/GesundAZ/H/Hitzefolgekrankheiten/Bericht_Hitzemortalitaet.html

21 Wie geht nun etwa die Seite www.klimafakten.de mit dem Einwand der Kältetoten um? Ganz einfach, eine LeserInnenumfrage, Beteiligung 150 (!) Einsendungen, regelt das Problem: »Ach so, vielleicht interessiert Sie noch, welche Behauptung die wenigsten Stimmen erhielt? Ganz ans Ende der Rangliste wählten Sie: ›Der Klimawandel ist wünschenswert, weil es dann im Winter weniger Kältetote gibt.‹ Danke noch mal für Ihre Einsendungen und Stimmabgaben.« Wenn sich die LeserInnen von www.klimafakten.de dafür nicht interessieren, ist das Argument offensichtlich vom Tisch.

22 https://www.mpg.de/10631374/sahel-zone-niederschlag-mittelmeer

23 https://www.klimafakten.de/behauptungen/behauptung-der-CO2-anstieg-ist-nicht-ursache-sondern-folge-des-klimawandels

24Die aktuellen Sachstandsberichte umfassen insgesamt über 7000 Seiten, wer hat das jemals gelesen?

2. Was das Klima antreibt. CO2 und andere Faktoren

In diesem Abschnitt gebe ich einen Überblick über die wichtigsten, für die Klimaentwicklung genannten Faktoren und referiere Ergebnisse sowie Überlegungen aus der wissenschaftlichen Gemeinschaft. Vorweg gilt es, eine populäre Auffassung zu revidieren. Diese lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: CO2 ist, neben Methan CH4, das wichtigste Treibhausgas.25 Je mehr CO2 in der Atmosphäre, desto höher die Erdtemperatur. Das ist schlichtweg falsch und zwar aus zumindest zwei Gründen. Erstens: CO2 wirkt nichtlinear, sondern logarithmisch (dazu weiter unten mehr), zweitens: Das wichtigste Treibhausgas lautet Wasserdampf, H2O. »Wasserdampf und Wolken tragen zu ungefähr 70 Prozent zum Treibhauseffekt bei, während CO2 einen Anteil von ungefähr 20 bis 30 Prozent hat«,26 so Robert Zimmermann vom Max-Planck-InstitutfürDynamikundSelbstorganisation in Göttingen.

»Eine unabhängige Methode zur Schätzung des weltweiten durchschnittlichen Verhältnisses von Wasserdampfmolekülen zu CO2-Molekülen führt zu demselben Ergebnis, d. h. CO2 ist für etwa 2,7 % des gesamten Strahlungsantriebs aller Treibhausgase verantwortlich. Jede dieser beiden unabhängigen Methoden reicht für sich genommen aus, um zu beweisen, dass CO2 in viel geringerem Maße zur globalen Erwärmung beiträgt, als bisher angenommen wurde. Ein weiteres wichtiges Ergebnis beider Methoden ist, dass im Durchschnitt etwa 96 % der derzeitigen globalen Erwärmung auf Wasserdampf zurückzuführen sind. Die Faktoren, die die Menge des Wasserdampfs in der Atmosphäre kontrollieren, steuern also die atmosphärische Temperatur.« (H. D. Lightfoot et.al. 2014, 16)

Die Intensität des Wasserdampfes kann auch unabhängig vom CO2-Einfluss steigen. »Der Unterwasservulkan Hunga Tonga-Hunga Ha’apai war am 14. und dann vor allem am 15. Januar 2022 mit immenser Wucht ausgebrochen.«27 Er schleuderte riesige Mengen von Wasserdampf in die Atmosphäre, etwa 10 % der bisherigen Gesamtmenge. »Der H2O-Überschuss in der Stratosphäre wird über Jahre hinweg bestehen bleiben, könnte die Chemie und Dynamik der Stratosphäre beeinflussen und zu einer Erwärmung der Erdoberfläche führen.« (Millán et al. 2022, 1) Auch die NASA konstatiert auf ihrer Webseite: »Die riesige Menge an Wasserdampf, die in die Atmosphäre geschleudert wurde, wie das Mikrowellenmessgerät der NASA feststellte, könnte zu einer vorübergehenden Erwärmung der Erdoberfläche führen.«28 Üblicherweise senken Vulkanausbrüche die Temperaturen, weil die hochgeschleuderten Aerosole die Einstrahlung des Sonnenlichtes abmindern, in diesem Falle war es jedoch anders, der Effekt des freigesetzten Wasserdampfes übertraf diesen üblichen Effekt bei weitem. Es handelte sich zweifellos um ein singuläres Ereignis, das nicht verallgemeinernd als Ursache für die Erderwärmung genannt werden kann. Aber es war zweifellos einFaktor, der bezeichnenderweise in der öffentlichen Berichterstattung vollkommen ignoriert wurde.

Klimasensitivität

Allerdings, und da sind wir wieder bei CO2, ist ein erhöhter Anteil von Wasserdampf in der Atmosphäre grundsätzlich eine Folge der durch CO2 bewirkten Erwärmung. Der erhöhte Anteil des Wasserdampfes zählt zur sogenannten Klimasensitivität von CO2, auch als Erderwärmungswirksamkeit bezeichnet. Einfach ausgedrückt, die durch die erhöhte CO2-Konzentration bewirkte Erderwärmung erhöht unteranderem den Wasserdampfgehalt in der Luft, dieser wiederum zieht weitere Wirkungen nach sich, etwa eine verstärkte Wolkenbedeckung. Diese Ursachen werden wieder zu Wirkungen, die als weitere Ursachen wirken. Ob und in welchem Ausmaß diese Rückkopplungsschleifen zureichend zu berechnen sind, kann ich nicht beurteilen. Dass sie sehr komplexe und auch fehleranfällige Berechnungen erfordern, ist jedoch evident.

»Die Frage der Rückkopplungen ist im weitesten Sinne die gesamte Frage des Klimawandels: Wie stark und auf welche Weise kann man erwarten, dass die Erde auf einen Anstieg der durchschnittlichen Oberflächentemperatur in der Größenordnung von 1 Grad reagiert, der sich aus einer eventuellen Verdoppelung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre ergibt? Und welche weiteren Temperaturveränderungen könnten sich aus dieser Reaktion ergeben? Dies sind natürlich Fragen, die von den Klimawissenschaftlern zu klären sind.« (Wilson D. et.al. 2014, 10) Aber sind sie auch zureichend geklärt? Hans von Storch: »Es gibt eine inhärente Unsicherheit, die auch durch die beste Wissenschaft nicht kurzfristig beseitigt werden kann. Im Falle der Klimaforschung ist es die sogenannte Klimasensitivität, also der Anstieg der Gleichgewichtstemperatur nach Verdopplung der Kohlendioxidkonzentration.« (von Storch 2023, 155)

Wie unsicher nun diese Prognosen sind, zeigen Fritz Vahrenholt und Sebastian Lüning auf: »Kein ernstzunehmender Wissenschaftler bezweifelt einen Treibhauseffekt des CO2. Doch die entscheidende Frage ist, wie groß ist er und welche Folgen hat er? So gibt etwa das IPCC die entscheidende Größe der Klimasensitivität – also die Temperaturentwicklung bei Verdoppelung des CO2-Gehalts in der Luft von vorindustriellen 280 ppm auf zukünftige 560 ppm – mit einem Streubereich von 1,5 bis 4,5 Grad an.« (Lüning, Vahrenholt 2021, 330) Ob sich die Erde bei einer weiteren Erhöhung des Ppm-Gehalts um 1,5 oder um 4,5 Grad durchschnittlich erwärmt, das ist der Unterschied ums Ganze! Aktuell steigt der Ppm-Gehalt pro Jahr um 2 ppm (Quelle: Lüning, Vahrenholt 2021, 102), 560 ppm wären bei gleichbleibenden Emissionen also etwa im Jahre 2100 erreicht.29

Die Wirkung von CO2 ist nicht linear, sondern logarithmisch30

Aber die Komplexität der Klimasensitivität ist nicht das ganze Problem. Die Physik des Treibhauseffektes der Gase ist ausgesprochen diffizil und je genauer man sich mit der wissenschaftlichen Literatur dazu beschäftigt, erkennt man: Der Teufel steckt im Detail. Entscheidend ist die abnehmende, logarithmische Wirkung der CO2-Konzentration auf den Treibhauseffekt. Wijngaarden und Happer31 haben dazu wichtige Forschungsergebnisse veröffentlicht.

Ich zitiere aus ihrer Arbeit Infrared Forcing by Greenhouse Gases. »Die beiden Ziele dieser Überprüfung waren: (1) eine rigorose Überprüfung der grundlegenden Physik der Strahlungstransfers in der wolkenfreien Erd­atmosphäre und (2) die Darstellung quantitativer Informationen über die relativen Antriebskräfte der natürlich vorkommenden Treibhausgas-Moleküle H2O, CO2, O3, N2O und CH4.« (van Wijngaarden et.al, 2019, 48f) Als Ergebnis wird angegeben: »Die auffallendste Tatsache über den Strahlungstransfer in der Erdatmosphäre wird in folgenden Abbildungen zusammengefasst (Abb. 10−12). Große relative Änderungen der Konzentrationen von Treibhausgasen gegenüber den derzeitigen Werten bewirken relativ kleine Änderungen der Wirkung. Eine Verdopplung der derzeitigen Konzentrationen der Treibhausgase CO2, N2O und CH4 erhöht die Antriebe um nur wenige Prozent für wolkenfreie Teile der Atmosphäre.« (van Wijngaarden et.al, 2019, 50) In einer ein Jahr später veröffentlichten Studie heißt es:

»Eine Verdopplung der derzeitigen Konzentrationen der Treibhausgase CO2, N2O und CH4 erhöht die Antriebe um einige Prozent für wolkenfreie Teile der Atmosphäre. (…) Ein Treibhausgas stört und vermindert die Treibhauswirkung aller anderen. Die Selbstinterferenz eines Treibhausgases mit sich selbst, die Sättigung, ist jedoch ein viel größerer Effekt als die Interferenz zwischen verschiedenen Gasen. (…) Für den Fall einer festen absoluten Luftfeuchtigkeit erwärmt sich die Oberfläche um 1,4 K, was sehr gut mit anderen Arbeiten übereinstimmt (…). Die Erwärmung der Oberfläche nimmt im Fall einer Wasserrückkopplung bei fester relativer Luftfeuchtigkeit deutlich zu. Unser Ergebnis von 2,3 K liegt innerhalb von 0,1 K der von zwei anderen Gruppen ermittelten Werte sowie einer separaten Berechnung (…).« (van Wijngaarden et.al 2020, 34)32

Es ist Konsens, dass die Wirkung auf das Klima durch den Anstieg der Konzentration von CO2 in der Atmosphäre logarithmisch und keinesfalls linear wirkt. Das bedeutet vereinfacht ausgedrückt: »Würde CO2 allein und ohne Verstärkermechanismen wirken, so würde die globale Temperatur bei jeder Verdoppelung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre um gut 1° C ansteigen.« (Lüning, Vahrenholt 2021, 109) Auch Stefan Rahmstorf, einer der Vordenker des Potsdam-InstitutfürKlimafolgenforschung, formuliert in einer Polemik mit ärgerlichem Unterton: »Doch der CO2-Effekt ist logarithmisch (…), sodass ein exponentieller CO2-Anstieg zu einem linearen Temperaturanstieg führt.«33 Trotzdem begründet das deutsche Bundesverfassungsgericht seinen Beschluss vom 24. 3. 2021, das Klimaschutzgesetz sei verfassungswidrig, unter anderem mit folgender Begründung: »Denn zwischen der Gesamtmenge an emittierten klimawirksamen Treibhausgasen und dem Anstieg der mittleren Oberflächentemperatur besteht eine annähernd lineare Beziehung.« (Zitiert nach Lüning, Vahrenholt 2021b, 33) Diese besteht nicht, die Beziehung ist logarithmisch. Das hätte das Gericht auch bei Rahmstorf und Schellnhuber nachlesen können, zumal sich das Bundesverfassungsgericht explizit auf das BuchDerKlimawandeldieser Autoren beruft. »Man kann von der Physik ausgehen, nämlich von der im Labor gemessenen Strahlungswirksamkeit von CO2, die ohne Rückkopplung direkt eine Erwärmung um 1,2 °C bei einer Verdopplung der Konzentration bewirken würde.« (Rahmstorf, Schellnhuber 2019, 41f) Auffällig ist, dass die Autoren hier das Wort logarithmisch vermeiden.

In einer weiteren, 2023 erschienenen Studie kommen die Autoren Roy W. Spencer und John Christy zu vergleichbaren Schlussfolgerungen. Auf der Webseite phys.org werden die Ergebnisse der Untersuchung Effektive Klimasensitivitätsverteilungen aus einem 1D-Modell der globalen Ozean- und Landtemperaturtrends1970−2021 folgendermaßen zusammengefasst: »Eine neue Forschungsstudie der University of Alabama in Huntsville befasst sich mit einer zentralen Frage der Forschung zum Klimawandel: Wie viel Erwärmung ist zu erwarten, wenn der Atmosphäre durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe und andere Aktivitäten Kohlendioxid zugeführt wird, während der Lebensstandard weltweit steigt? (…) Im Vergleich zu anderen aktuellen Klimamodellen nähern sich die Forschungsergebnisse des eindimensionalen Klimamodells von Spencer und Christy dem unteren Ende der Skala, nämlich 1,9° Celsius. Der niedrigere UAH [University of Alabama in Huntsville]-Wert deutet darauf hin, dass die Auswirkungen steigender Kohlendioxidkonzentrationen auf das Klima weitaus geringer sind als bei den anderen Klimamodellen.«34

Eine Halbierung des CO2-Ausstoßes würde genügen

Zur Physik des CO2-Gases zählt auch die Bilanz zwischen den Emissionen und den sogenannten Senken,35 also »Ozeane, Wälder, Sümpfe und Böden«. (Lüning, Vahrenholt 2021, 106) Als weiterer Faktor ist die Halbwertszeit von CO2 zu berücksichtigen, die etwa bei 35 bis 40 Jahren liegt.36 Das bedeutet, die Menge dieses Gases in der Atmosphäre halbiert sich in diesem Zeitraum. Vor allem ist die Aufnahme von CO2 durch die natürlichen Senken, also Meere, Wälder und Feuchtgebiete, unabhängig von der Emissionsmenge.

»Die Menschheit stößt zurzeit jährlich etwa 36,8 Milliarden Tonnen CO2 aus, das sind auf die Atmosphäre umgerechnet 4,7 ppm. Es werden durch die Ozeane und die Pflanzen zurzeit etwa 55 % (also 2,6 ppm) der heutigen Emissionen aufgenommen, 2,1 ppm verbleiben in der Luft. (…) Die Aufnahme ist aber nicht abhängig von der Emission (…) Das ist nicht unbedeutend, heißt dies doch, dass bei einer Verringerung der Emission die Abbauzeit bestehen bleibt, und bei einer Halbierung der Emission, etwa auf 2,35 ppm, mehr CO2 abgeschieden [also von der Natur aufgenommen] wird, als neu hinzukommt, was bereits zu einer Verringerung der CO2-Konzentration in der Luft führen würde.« (Lüning, Vahrenholt 2021, 104)

In anderen Worten ausgedrückt: Nach den Berechnungen von Vahrenholt und Lüning würde eine Halbierung der Emissionen bereits zu einem RückgangderKonzentration des Treibhausgases CO2 führen. In der Realität ist diese weltweit durchzuführende Reduktion sehr schwer zu erreichen,37