Gierig. Verliebt. Panisch. - Jessica Schwarzer - E-Book

Gierig. Verliebt. Panisch. E-Book

Jessica Schwarzer

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Beschreibung

Erkenne Dich selbst - dann gewinnst Du an der Börse! Der größte Feind eines jeden Anlegers schaut ihm jeden Morgen aus dem Spiegel entgegen. Lernen Sie jetzt, wie Sie sich auf dem Weg zum Wohlstand nicht mehr selbst im Weg stehen! Unsere Psyche spielt uns gerne Streiche. Auch an der Börse stolpern wir regelmäßig über mentale Fallstricke. Sind wir im Plus, wollen wir dieses Gefühl konservieren - und verkaufen viel zu früh. Sind wir im Minus, wollen wir es nicht wahrhaben und bleiben auf Verlusten so lange sitzen, bis aus einem kleinen Minus ein dicker Krater im Depot geworden ist. Keine Bange - so geht es den meisten. Schuld sind Emotionen wie Gier, Panik, Verliebtheit oder Ignoranz, die auch vor unserem Geld nicht haltmachen. Handelsblatt-Journalistin Jessica Schwarzer zeigt in ihrem neuen Buch, in welche Psychofallen Anleger am häufigsten tappen und mit welchen Mitteln sie sich vor sich selbst schützen können.

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Jessica Schwarzer

GIERIG

Verliebt

PANISCH

Wie Anleger ihreEmotionenkontrollieren undFehler vermeiden

Copyright 2014:

© Börsenmedien AG, Kulmbach

Covergestaltung: Jürgen Hetz, Denksportler Grafikmanufaktur

Gestaltung, Herstellung und Satz: Daniela Freitag

Lektorat: Egbert Neumüller

Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-86470-214-3

eISBN 9783864702334

Alle Rechte der Verbreitung, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Verwertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen vorbehalten.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Postfach 1449 • 95305 Kulmbach

Tel: +49 9221 9051-0 • Fax: +49 9221 9051-4444

E-Mail: [email protected]

www.boersenbuchverlag.de

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INHALT

1.Vorwort von Markus Koch

2.Sparen oder Zocken – die Deutschen lieben es extrem

Die Deutschen haben keine Aktienkultur

Null Risiko, null Rendite

Risiko muss neu definiert werden

Langfristig punkten Aktienanlagen

Den rationalen Anleger gibt es nicht

3.Die Börse besteht zu 90 Prozent aus Emotionen

Behavioral Finance – Eine neue Wissenschaft soll helfen

Im Wechselbad der Gefühle

Wir denken in Schubladen und Schablonen

Trügerische Harmoniesucht und riskanter Selbstbetrug

Gefährlicher Kontrollzwang und teuflische Selbstüberschätzung

4.Anleger zwischen Gier und Panik

Der Gierige

Der Spieler

Der Größenwahnsinnige

Der Mitgerissene

Der Hektische

Der Verdränger

Der Verliebte

Der Leichtgläubige

Der Ängstliche

Der Panische

5.Emotionen kontrollieren und Fehler vermeiden

Machen Sie einen Kassensturz

Bestimmen Sie Ihre Ziele

Bestimmen Sie Ihre Risikotoleranz

Wählen Sie eine Strategie und bleiben Sie Ihr treu

Streuen Sie!

Achten Sie auf die Kosten

Lassen Sie sich nicht von Angst und Gier leiten

Vergessen Sie Ihre Ziele nicht, aber justieren Sie von Zeit zu Zeit nach

Überdenken Sie Ihre Einstellung zum Geld

Bleiben Sie einfach gelassen

Weiterführende Literatur

Vorwort

Wer bin ich? Die Landkarte ist nicht das Gebiet, durch das die Reise führt. Das trifft auch und insbesondere auf den Aktienmarkt zu. Ständig werden Anleger mit den Meinungen und Empfehlungen hochgebildeter Finanzexperten bombardiert. Journalisten inbegriffen. Sie malen appetitanregend aus, wie denn die gesteckten Anlageziele erreicht werden können und welche Ereignisse auf dem Weg dahin eintreffen sollten. Doch die Börse ist nun mal keine Wissenschaft und niemand kennt die Zukunft. Einmal unterwegs, der Landkarte und dem Anlageziel folgend, sieht das Gebiet meist anders aus. Ständig werden wir durch die tatsächlich vorgefundenen Gegebenheiten und durch unvorhergesehene Ereignisse daran erinnert, dass Hoffen nicht gleich Wissen ist.

Volkswirte, Analysten, Investmentstrategen und Fondsmanager, sie alle sind auch nur Menschen und können die Zukunft nicht vorhersagen – das beweisen ihre statistisch belegten schlechten Erfolgsquoten. Sie versuchen es und werden dafür gut bezahlt. Sie versuchen, wie das Navi im Auto, die bestmögliche Fahrstrecke ausfindig zu machen, um das gewünschte Ziel zu erreichen. Doch ob nun ein Reh auf der Straße steht oder der Reifen gleich platzen wird, kann selbst das beste Navigationsgerät nicht vorhersagen. Wie im richtigen Leben muss man auch an der Börse stets davon ausgehen, dass es anders kommt. Dass uns das Prinzip Hoffnung treibt, ist eine gute Eigenschaft. Denn warum sonst heiraten, bei einer Scheidungsrate jenseits von 46 Prozent? Das ganze Leben ist ein Risiko. Das ganze Leben ist eine Chance. Es gehört beides dazu. Historisch betrachtet liegt die jährliche Kapitalrendite bei vier bis fünf Prozent. Das durchschnittliche Lohnwachstum ist weitaus niedriger. Somit stellt sich die Frage erst gar nicht, ob man auf den Aktienmarkt setzen sollte. Es führt kein Weg daran vorbei. Nun muss ich zugeben, dass auch ich selbst, trotz meiner fast 20 Jahre an der Wall Street, die Performance des Aktienmarkts nicht vorhersagen sagen kann. Dafür kann ich aber etwas weitaus Wichtigeres vorhersagen: mein eigenes Verhalten.

„Wer bin ich“ ist an der Börse die entscheidende Frage. Seine eigenen Grenzen kennen und wissen, mit wie viel Schmerz man zurechtkommen kann, ist mehr als die halbe Miete. So halte ich mir bei einem Aktieninvestment niemals die Chancen vor Augen, sondern stets das damit verbundene Risiko. Ein sicheres Zeichen dafür, dass Sie die richtige Anlagestrategie gefunden haben, sind die damit verbundenen Bauchschmerzen. Eine passende Anlagestrategie zu finden und daran festzuhalten scheint auf den ersten Blick einfach zu sein, ist es aber nicht. Und je mehr Ihnen Geld bedeutet, umso schwieriger wird dieser Schritt. Mit anderen Worten: Wohin sich der Aktienmarkt bewegt, ist zweitrangig. Der finanzielle Erfolg kommt mit eiserner Disziplin und Selbstbeherrschung! Warren Buffett bringt es auf den Punkt: Seien Sie gierig, wenn andere Angst haben, und haben sie Angst, wenn andere gierig sind. Kurzum: Behavioral Finance ist das wohl wichtigste Handwerkszeug eines jeden Anlegers!

Und genau an diesem zentralen Punkt, dem Ich, setzt Jessica Schwarzer auf unkonventionelle Weise an. Der emotionale Titel „Gierig, Verliebt, Panisch“ verrät schon, wohin die Reise geht: Sie beantwortet die Frage „Wer bin ich“, indem sie uns einen psychologischen Spiegel vorhält. Dieser Spiegel zeigt dem Leser zum einen, welchem Anlegertyp er grundsätzlich angehört, und zum anderen beleuchtet er die Aspekte der anderen Typen, die er in sich trägt und die in bestimmten Situationen in den Vordergrund treten. Denn auch, wer im Allgemeinen eher besonnen handelt, kann sich unter gewissen Umständen in eine Aktie verlieben, durch rasante Kurszuwächse der Gier anheimfallen oder durch einen Absturz in Panik geraten. Nach dem Motto „Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung“ hilft uns die Autorin, in allen Situationen beherrscht das „Richtige“ zu tun, eben das, was unsere Anlagestrategie verlangt. Nur wenn wir die psychologischen Mechanismen durchschauen, gelingt es uns, Buffetts Diktum zu beherzigen.

Doch niemand ist vollkommen, von niemandem kann man verlangen, dass er eine Erkenntnis gleich beim ersten Mal effektiv umsetzt. Jessica Schwarzer tut nicht so, als würde sie ihre Form des Behavioral Investing perfekt beherrschen, sondern sie blickt auch selbst in den Spiegel und gewährt uns unterwegs Einblicke in ihren reichen Erfahrungsschatz als Anlegerin, die für den Anfänger tröstlich sind und den Profi daran erinnern, dass wir der Vollkommenheit – egal auf welchem Gebiet – nur dann näherkommen, wenn wir bereit sind, Fehler anzuerkennen und ein Leben lang zu lernen.

Markus KochNew York 2014

SPAREN ODER ZOCKEN –DIE DEUTSCHENLIEBEN ES EXTREM

Es ist oft nur eine vermeintlich unwichtige Nachricht: Die US-Arbeitsmarktdaten sind ein bisschen schwächer ausgefallen als erwartet, das Defizit der Griechen ist ein klein wenig höher als gedacht oder der Ausblick eines Dax-Konzerns enttäuscht geringfügig – schon schmieren die Kurse ab. Und stürzen Anleger in eine emotionale Krise.

Starke Kursschwankungen – vor allem nach unten – sind nichts für sanfte Gemüter und schon gar nichts für die zartbesaiteten Anlegernerven. Unbehagen, Angst, vielleicht sogar Panik erfassen den Aktionär. Gefühle, die er nicht mag, die er verhindern und am besten abstellen will. Um der leidigen Situation zu entkommen, verkauft er – leider oft viel zu billig – in den Kursrutsch hinein.

Ein anderer wiederum freut sich über den Absturz, denn er hat auf fallende Kurse gesetzt. Er hat Aktien verkauft, die er eigentlich gar nicht besessen, sondern sich nur geliehen hat. Sein Ziel: Er will die Papiere hinterher günstiger zurückkaufen. Die Differenz von Verkaufs- und Kaufkurs ist sein Gewinn. Er wähnt sich mit seinen Leerverkäufen – im Börsendeutsch Short Selling – im plötzlichen Absturz auf der sicheren Seite. Und deshalb erhöht er seine Short-Positionen sogar noch, schließlich hat er den richtigen Riecher gehabt. Die Gewinnchancen erscheinen hoch.

Doch so schnell und plötzlich, wie es zum Kursrutsch kommt, so schnell endet er auch oft. Dann ist es der Leerverkäufer, den die Panik packt, schließlich muss er seine Positionen schnell glattstellen. Denn mit jedem Cent, den die Aktienkurse steigen, schmilzt sein Gewinn oder – schlimmer noch – wächst sein Verlust. Der andere Anleger ärgert sich: Er hat völlig übereilt verkauft. Nun steigt er wieder ein, teurer als er zuvor verkauft hat. Hinzu kommen in beiden Fällen die Transaktionskosten.

Volles Risiko, pure Gier oder übertriebene Panik – an der Börse können Anleger viele Fehler machen und sehr schnell sehr viel Geld verlieren. Wir setzen auf falsche Produkte oder haben die falsche – oder schlimmer noch gar keine – Strategie. Viele von uns steigen viel zu spät ein, nämlich dann, wenn die Börsenparty längst ihren Höhepunkt erreicht hat, wenn die Tageszeitungen auf Seite eins jubeln: „Dax 10.000“. Oder wir verkaufen viel zu spät, wenn die Kurse ihren Boden fast erreicht haben. Oder wir fallen auf selbst ernannte Gurus herein, deren todsichere Tipps sich als Rohrkrepierer erweisen. Ein großer Fehler ist es auch, der Börse gleich ganz fern zu blieben – aus welchen Gründen auch immer. All das verhindert oder schmälert zumindest unseren Anlageerfolg.

Der „Faktor Mensch“ spielt uns seine Streiche. Denn unser größter Feind in Sachen Geldanlage schaut uns jeden Morgen aus dem Spiegel entgegen. Ja, richtig: Sie selbst sind Ihr größter Feind! Denn Sie lassen sich von Ihren Gefühlen leiten. Gier, Harmoniesucht, selektive Wahrnehmung, auch Selbstbetrug und vor allem Angst, vielleicht sogar Panik bestimmen Ihre Investmententscheidungen. Von Emotionen und emotionalem Handeln kann sich niemand freisprechen, kein erfahrener Anleger, kein Vermögensverwalter, kein Fondsmanager und selbst weltbekannte, extrem erfolgreiche Investoren wie Warren Buffett oder George Soros nicht. Sie haben ihre Emotionen nur sehr viel besser im Griff.

Und darum geht es in diesem Buch: die Gefühle, also die Beweggründe für unsere Anlageentscheidungen, zu erkennen und zu kontrollieren. Abstellen können Sie Ihre Emotionen nicht. Versuchen Sie es gar nicht erst, Sie sind kein Computer und werden es nie sein. Sie sollen sich selbst erkennen und so häufige Fehler an der Bösen verhindern.

DIE DEUTSCHEN HABEN KEINEAKTIENKULTUR

Wer sich an der Börse von seinen Gefühlen treiben lässt, wird selten ein erfolgreicher Investor. Die Deutschen haben allerdings zuerst ein ganz anderes Problem: Sie sind bekanntlich nicht gerade ein Volk von Aktionären – im Gegenteil. Kein Wunder, schließlich haben wir viele schmerzhafte Erfahrungen gemacht. Negative Emotionen wollen wir aber unbedingt verhindern, nicht zuletzt deshalb sind selbst in sehr guten Börsenjahren viele der Börse ferngeblieben. Sie sind überzeugt, dass die Aktienmärkte gefährlich sind, dort wird Teufelszeug gehandelt. Das sind natürlich Vorurteile, die sich aber psychologisch leicht erklären lassen.

Im Grunde ist es ganz einfach. An der Börse werden schlechte Nachrichten normalerweise sehr viel stärker gewichtet als gute. Der Grund: Läuft alles gut, schenkt die breite Masse der Sparer – und auch Aktionäre – den Kursen nicht mehr Aufmerksamkeit als nötig. Brechen die Kurse allerdings ein wie beispielsweise nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers oder nach Ausbruch der Euro-Schuldenkrise, wird das Treiben auf dem Börsenparkett genau beobachtet und analysiert. Schnell landen Aktien in der „Schublade“ für Spekulation, gemeinsam mit riskanten Derivaten. Sie gelten als genauso gefährlich und auch noch undurchsichtig. Das, was sie eigentlich sind – nämlich Eigentumsanteile an Unternehmen, gehandelt an regulierten Börsen – wird dagegen fast schon ignoriert.

Die Deutschen haben leider nicht nur in Zeiten von Krisen die Nase voll von Aktien. Sie haben generell Angst vor dieser Anlageform. Das war aber schon einmal anders. Es war in den 1990er-Jahren, als in Deutschland das zarte Pflänzchen Aktienkultur zu sprießen begann. In Zeiten des Neuen Marktes lockten märchenhafte Gewinne die Bundesbürger auf das Börsenparkett. Vor allem der Börsengang der Deutschen Telekom, medienwirksam beworben von dem Schauspieler Manfred Krug, machte viele Deutsche erstmals zu Aktionären. Doch es war auch die T-Aktie, die vielen Anlegern später gründlich die Laune verderben sollte.

Aber der Reihe nach: Es sollte die neue, große Volksaktie werden. „Telekom. Die machen das“, so pries Krug 1996 die T-Aktie zur besten Sendezeit an. Kein Wohnzimmer war vor dem TV-Kommissar sicher, der unermüdlich für eine Beteiligung an dem Bonner Großkonzern trommelte. Die Kampagne mit dem Fernsehliebling verfehlte ihre Wirkung nicht.

Die Aktie verkaufte sich im November 1996 bestens, gleich mehrfach überzeichnet war die Emission. Es gab gar nicht so viele Aktien, wie Neuaktionäre sie gerne gehabt hätten. Anleger bekamen nur einen Bruchteil der Papiere, die sie geordert hatten. Der Erfolg ließ den Kurs der Aktien in die Höhe schießen – schon am ersten Handelstag kletterte sie von 28,50 D-Mark auf mehr als 33 D-Mark (umgerechnet 17,33 Euro). Ein satter Kursgewinne, über denn sich die Börsianer da freuen konnten (siehe Grafik auf der gegenüberliegenden Seite).

Das weckte natürlich den Neid derer, die nicht dabei waren. Kein Wunder, dass sich auch die zweite und dritte Tranche schneller verkauften als so mancher Festnetz- oder Handyvertrag. Im Juni 1999 mussten die Aktionäre allerdings schon 39,50 Euro pro Anteilschein bezahlen und damit fast dreimal so viel wie beim ersten Mal. Die Aktie stieg und stieg. Und die Gier der Anleger gleich mit. Ein Vierteljahr später, am 6. März 2000, erreichte die T-Aktie ihr absolutes Allzeithoch bei 103,50 Euro. Die dritte Tranche der Aktie kam im Juni 2000 auf den Markt. Der Ausgabepreis lag bei 66,50 Euro und war damit spürbar günstiger als die bereits gehandelten Papiere.

Der Niedergang der T-Aktie

Es war der Höhepunkt der Deutschen Aktienkultur. Immerhin 12,8 Millionen Aktionäre und Besitzer von Aktienfonds zählte das Deutsche Aktieninstitut (DAI) im Jahr 2001. Zum Vergleich: Heute sind es nur noch magere 8,9 Millionen Menschen. Und Jahr für Jahr werden es weniger.

Auch an diesem Abwärtstrend hat die Volksaktie aus Bonn ihren Anteil, denn vielen hat die T-Aktie mächtig die Laune verhagelt. Die Geschichte ihres langen Absturzes wurde schon oft erzählt. Wenn Sie das Papier in Ihrem Depot hatten oder sogar noch immer haben, sind Sie Kummer gewöhnt – geschäftliche Fehlentscheidungen, korrigierte Immobilienwerte, viel zu teure Zukäufe, Margendruck und das schwierige US-Geschäft ließen die Aktie immer weiter absacken. Und nebenbei platzte auch noch die gigantische Börsenblase. Noch 18 Jahre nach der Erstnotiz dümpelte das Papier unter seinem Ausgabepreis von 1996. Lange haben die Aktionäre sich mit den teils üppigen Dividendenzahlungen getröstet, doch auch diese Zeiten sind vorbei. Manfred Krug bekannte später, er bedauere zutiefst, dass er für eine Aktie geworben habe, die zahllosen Privatanlegern hohe Verluste eingebracht habe. Ein schwacher Trost für diejenigen, die das Papier teuer gekauft hatten.

Für die deutsche Aktienkultur war der Niedergang der T-Aktie ein herber Rückschlag: Die frustrierten Aktionäre kehrten der Börse den Rücken. Seit 2001 haben sich rund 3,9 Millionen Menschen von den Aktienmärkten verabschiedet. Das ist fast jeder Dritte ehemalige Aktionär oder Aktienfondsbesitzer.

Schwindende Aktionärszahlen (Quelle: Deutsches Aktieninstitut)

Schuld daran war aber natürlich nicht nur das Drama um die Deutsche Telekom und ihre Aktie. Die Entwicklung am Neuen Markt war sogar noch schlimmer. An der frisch ins Leben gerufenen, deutschen Wachstumsbörse wurde gezockt wie im Spielkasino. Unternehmen, die zwar kein Geld verdienten und eigentlich auch nichts produzierten, dafür aber viel Geld (ihrer Aktionäre) verbrannten und immense Schulden anhäuften, waren auf einmal mehr wert als so mancher alteingesessene Konzern aus dem Deutschen Aktienindex (Dax).

Im Nachhinein hört sich das, was damals an der Börse passierte, völlig abstrus an. Der absolute Wahnsinn. Welcher Mensch mit gesundem Menschenverstand würde in ein Unternehmen investieren, das zwar kein Geld verdient, aber unglaubliche Summen für die Übertragungsrechte von Sportevents ausgibt und an der Börse höher bewertet ist als mancher Dax-Konzern? Wenn Sie um die Jahrtausendwende Aktionär von EM.TV waren, haben Sie aber genau das getan. Mit Fernsehlizenzen von Biene Maja bis zur Formel 1 trieben die Gründer des Medienreichs, die Brüder Florian und Thomas Haffa, den Börsenwert ihres Unternehmens im Februar 2000 auf 2,2 Milliarden Euro. Damit war EM.TV mehr wert als der gesamte Volkswagen-Konzern. Klingt verrückt, oder? War es auch. Denn während bei VW Tag für Tag die Autos vom Band liefen und verkauft wurden, machte der Medienkonzern hohe Verluste.

Aber so war das am Neuen Markt eben. Große Kursgewinne, große Träume, große Zukunftsphantasie, große Zauberei – Emotionen pur! Dass das Börsenmärchen jäh endete, war für viele noch unerfahrene Aktionäre eine böse Überraschung. Sie konnten kaum glauben, was ihnen widerfuhr. Ein lauter Knall und weg waren sie, die schönen Gewinne – und das eingesetzte Geld schlimmstenfalls gleich mit. Auch der EM.TV-Kurs war kaum ein Jahr nach seinem Allzeithoch um 90 Prozent abgeschmiert, das Unternehmen lag am Boden und die Anleger rieben sich verwundert die Augen. Aus der viel zu große Traum. Auf die Börsen-Party folgte der ganz große Kater.

Viele hatten sich von der Euphorie an der Börse anstecken lassen, der gesunde Menschenverstand setzte aus. Sie ließen sich von purer Gier leiten. Nach dem großen Knall waren sie zwar nicht unbedingt klüger, aber derart verschreckt und verärgert, dass sie mit Aktien nichts mehr zu tun haben wollten. Sie haben ihr Lehrgeld bezahlt, aber leider keine Lehre aus dem Platzen der Internetblase gezogen, mit der die viel zu hohen, völlig aufgeblasenen Unternehmensbewertungen korrigiert wurden. An der Börse mag die Zukunft gehandelt werden, aber wenn die Phantasie allzu groß wird, dann geht das selten gut.

„Eine Börse wäre keine Börse, wenn nicht viele Narren ihr Unheil dort treiben würden.“

ANDRÉ KOSTOLANY

Wer blind seinen Emotionen folgt – zu Zeiten des Neuen Marktes war es wohl die blanke Gier, vielleicht auch noch Neid auf den Nachbarn, der quasi über Nacht Millionär wurde –, der kann sehr schnell, sehr viel Geld verlieren. Das war schon zu André Kostolanys Zeiten so. Der legendäre Investor warnte in den Jahren vor seinem Tod vor dem Treiben am Neuen Markt. Zu Recht. Den großen Knall erlebte er allerdings nicht mehr, er starb 1999. Phantastische Kursentwicklungen nebst fast lehrbuchartiger Blasenbildung gab es übrigens schon immer. Auch die Gründe waren immer dieselben: Goldgräberstimmung, Gier, Herdentrieb. Kostolany brachte es auf den Punkt: „Eine Börse wäre keine Börse, wenn nicht viele Narren ihr Unheil dort treiben würden.“

Aber deshalb ist die Börse weder Spielkasino noch Teufelszeug. Doch der Schock saß nach dem Crash einfach zu tief. Als die Blase platzte und die abstürzenden einstigen Börsenstars selbst renommierte Standardwerte mit in die Tiefe rissen, verkauften die meisten Neuaktionäre, was noch zu verkaufen war. Panik pur! Bloß weg vom rutschigen Parkett! Auf Nimmerwiedersehen Börse!

Andere verharrten in Schockstarre. In ihren Depots schlummern noch immer die Leichen aus Zeiten der Internetblase, die Verluste haben sie nie realisiert und verdrängt. Oder sie hoffen noch immer auf die Erholung. Wer setzt sich schon gerne mit seinen Fehlentscheidungen auseinander? Gier und Hoffnung, quasi zwei Todsünden der Geldanlage, haben deutsche Anleger zu Aktienbanausen gemacht.

Wen könnte das verwundern? Die aufkeimende Aktienkultur Ende der 1990er-Jahre litt von vornherein unter einem Geburtsfehler: Bedingt durch die rasante Entwicklung an den Börsen entstand das Bild vom Aktieninvestment als schnellem Weg zum Reichtum, als Spekulation. Die Idee des langfristigen Sparens durch die Beteiligung an erfolgreichen Unternehmen geriet dabei völlig ins Hintertreffen. Und so haben wir in Deutschland zwar viele der erfolgreichsten Unternehmen der Welt, diese sind aber heute zum Großteil im Besitz ausländischer institutioneller Investoren. Die Deutschen wollen sich an ihrer Wirtschaft nicht beteiligen. Es ist fast schon grotesk: Die deutsche Wirtschaft ist immer wieder die Konjunkturlokomotive in Europa. Sie wächst und gedeiht. Und darauf sind die Bundesbürger stolz. „Made in Germany“ ist ein Prestigelabel. Aber deshalb in Anteile eines Unternehmens investieren? Lieber nicht.

Dabei erfüllen Aktien eine ganz wichtige volkswirtschaftliche Aufgabe. Aktien versorgen Unternehmen mit ausreichend Kapital, damit diese weiter wachsen können, neue Produkte entwickeln und nach Innovationen forschen können. Untersuchungen haben ergeben, dass Länder mit einer hohen Aktienkapitalisierung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt höhere Wachstums- und Beschäftigungsraten aufweisen. Eine österreichische Studie von Franz R. Hahn1 zu Aktienmarkt und langfristigem Wirtschaftswachstum aus dem Jahr 2002 kommt zu dem Schluss, dass bei einer hohen Aktienkapitalisierung und großen Börsenumsätzen auch mehr in Forschung und Entwicklung investiert wird. Das ist logisch, denn mit der Ausgabe von Aktien finanzieren Unternehmen ihre Zukunft und die Zukunft ihrer Beschäftigten. Ist es da nicht geradezu abstrus, dass die Käufer von Aktien als Zocker oder Spekulanten und Aktien als hoch riskant gelten?

Es fehlt an einer echten Aktienkultur. Leider hält der Geldanlagestandort Deutschland mit dem unternehmerisch geprägten und international orientierten Wirtschaftsstandort Deutschland nicht mit. Denn während die Unternehmen hierzulande im globalen Vergleich gut aufgestellt sind und über solide Bilanzen verfügen, gehört der Durchschnittsdeutsche zu den Ärmsten in Europa, so unglaublich das klingt – denn er verlässt sich auf Arbeitseinkommen und staatliche Rente und vernachlässigt den kontinuierlichen Vermögensaufbau durch Immobilien- und Aktienbesitz. Gut die Hälfte des deutschen Geldvermögens liegt in Bankeinlagen und Staatsanleihen.

NULL RISIKO, NULL RENDITE

Für den langfristigen Vermögensaufbau ist die Aktien-Aversion der Deutschen natürlich fatal. Solange Sparbücher oder Anleihen noch lukrative Erträge abwarfen, war das nicht ganz so schlimm. Aber heute? Heute gibt es faktisch keine Zinsen mehr. Die haben die Notenbanker in der Finanz- und Schuldenkrise einfach abgeschafft. Das trifft die Deutschen besonders hart, denn sie sind besonders fleißige Sparer, ihre Sparquote – also der Anteil am verfügbaren Vermögen, den Verbraucher sparen – ist im Vergleich zu anderen Ländern mit zehn Prozent sehr hoch. Die Österreicher sparen beispielsweise nur halb so viel. Leider legen die Deutschen ihr Geld völlig falsch an, nämlich auf Sparbüchern, Tages- und Festgeldkonten, und verzichten so auf Rendite. Das bisschen an Zinserträgen, das sie erzielen, frisst ihnen die Inflation weg. Trotzdem begnügen sich die Sparer seit Jahren mit den Minierträgen.

Eine Umfrage im Auftrag der Fondsgesellschaft Union Investment hat ergeben, dass vor allem junge Menschen zwischen 20 und 29 Jahren weiterhin das niedrig verzinste Sparbuch favorisieren. Dabei haben doch gerade junge Menschen die Zeit, Aktienschwankungen auszusitzen. Gerade wenn es um ihre Altersvorsorge geht, sollten sie Aktien nicht meiden, sondern bevorzugen. Auf lange Sicht weisen Aktien allen Schwankungen und Börsencrashs zum Trotz das beste Chance-Risiko-Verhältnis auf. Das haben unzählige Studien und Auswertungen gezeigt. Doch leider fehlt gerade den jungen Anlegern der Mut – und nicht nur ihnen.

Und das alles nur, weil die deutschen Anleger partout auf Nummer sicher gehen wollen. Die meisten scheuen jedes Risiko. Schwankungsfreudige Investitionen wie Aktien meiden sie. Sie bevorzugen planbare Erträge, möchten genau wissen, wann sie wie viel Geld zurückbekommen. Und das am liebsten auf den Cent genau. Deshalb wählen sie festverzinsliche Anlagen wie Sparbücher oder Tagesgeldkonten, bestenfalls noch Bundesanleihen, die am Tag x zu 100 Prozent plus Zinsen zurückgezahlt werden. Doch damit betrügen sich die Sparer selbst, denn sie ignorieren, dass die Zinszahlungen geringer sind als die Inflationsrate. Das heißt, schon nach Abzug der Teuerungsrate verlieren sie Geld – Gebühren und Steuern kommen gegebenenfalls noch dazu.

Die fleißigen Sparer erliegen also der Illusion, ihr Geld sicher und gut angelegt zu haben, weil sie schließlich zurückbekommen, was sie investiert haben. Sie wiegen sich in Sicherheit – ein angenehmes Gefühl – und glauben, ihr Vermögen zu erhalten und sogar Erträge zu erzielen. Aber so ist es eben nicht. Finanzielle Repression nennen Experten das, wenn die Realrendite negativ ist und Sparer unter dem Strich – also nach Abzug von Inflation, Gebühren und Steuern – Miese machen.

Das mag kurzfristig nicht so schlimm sein, doch wenn Sie für Ihre Rente sparen, trifft die finanzielle Repression Sie besonders hart. Ein Beispiel zeigt, wie dramatisch das wirklich ist: Bei einer angenommen Inflationsrate von zwei Prozent hat eine Rentenzahlung von 1.000 Euro im Monat nach 35 Jahren Laufzeit nur noch eine Kaufkraft von 500 Euro. Der Kaufkraftverlust vernichtet nominale Werte, auch dann, wenn er nur moderat ausfällt. Das ist nicht neu. Eine einfache Rechnung, die so oder so ähnlich immer wieder überall zu lesen ist. Trotzdem bleibt das Geld in den fast zinslosen Anlageformen liegen.

Die Deutschen sind ängstlich, wenn es um ihr Geld geht. Mit übertriebenem Sicherheitsdenken und extremer Risikoaversion bringen sie sich aber um Rendite. Sie vernichten Vermögen.

RISIKO MUSS NEU DEFINIERT WERDEN

Doch was ist überhaupt Risiko? Wann ist eine Anlage riskant? Pauschal ist das nicht zu beantworten. Denn mehrere Faktoren spielen hier eine Rolle. Wie groß ist Ihre Risikobereitschaft? Wie lang Ihr Anlagehorizont? Doch diese Aspekte blenden wir gerne aus. Die typische Risikoeinschätzung sieht so aus: Kapitallebensversicherungen sind sicher und schützen das Einkommen der Familie im Alter. Rentenpapiere aller Art sind sicher und bieten einen risikolosen Zins. Dass es anders ist, haben Anleger, die in Anleihen der südeuropäischen Krisenstaaten, die noch bis zum Ausbruch der Schuldenkrise als solvente Schuldner galten, schmerzvoll erfahren müssen. Bausparen ist ebenfalls sicher und bringt die fleißigen Sparer ihrem Wunsch nach einer eigenen Immobilie näher. Immobilien sind sicher in der Wertsteigerung und wenig schwankungsanfällig. Gold wirft zwar keine Zinsen ab, ist aber wertbeständig und eine sichere Anlage in der Krise. Auch Goldanleger mussten in den vergangenen Jahren herbe Rückschläge einstecken – von wegen sicherer Hafen. Und nicht zuletzt Aktien – hier ist das Urteil der Anleger ganz klar: Aktien sind sehr riskant, schließlich können ihre Kurse stark schwanken. Zudem kennt jeder jemanden, der schlechte Erfahrungen mit dieser Anlageform gemacht hat. Oder man selbst hat sich die Finger verbrannt.

Es lohnt sich, über die typischen Risikoeinschätzungen nachzudenken, sie zu hinterfragen. Gerade in Zeiten, in denen die Zinsen praktisch abgeschafft sind, muss Risiko neu betrachtet werden. Vermeintlich sichere Anlagen wie Geldmarktanlagen und Bundesanleihen reichen seit geraumer Zeit weder zum realen Kapitalerhalt noch zur Erfüllung versicherungsförmiger Garantien – und damit sind sie riskant und gefährden langfristig das Vermögen. Für private wie institutionelle Anleger ist das eine relativ neue Erfahrung. Dass sich diese Situation schnell ändert, glauben die wenigsten Experten. Es wird dauern, bis die Notenbanken die Zinsen wieder anheben. Ich bin überzeugt: Ohne Aktien ist ein langfristiger Vermögensaufbau nicht möglich. Das war schon früher so, ist in der Niedrigzinsphase aber noch existenzieller.

Rentabel trotz Ausreißern

Dass Aktieninvestments sich langfristig lohnen, rechnet regelmäßig der Fondsverband BVI vor. Wer auf einen Aktienfonds gesetzt hat, der in deutsche Werte investiert, konnte auf Sicht von zehn Jahren eine Rendite von immerhin 115 Prozent, kumuliert acht Prozent pro Jahr, erzielen. Wer 20 Jahre investiert ist, kommt auf eine Rendite von gut 270 Prozent. Und wer vor 30 Jahren einstieg, kann sich über eine Rendite von etwas mehr als 1.000 Prozent freuen. Etwas schwächer, aber immer noch sensationell, ist die Rendite bei international investierenden Fonds. Die kommen auf eine Rendite von fast 600 Prozent in 30 Jahren und gut 160 Prozent in 20 Jahren. Das sind natürlich Durchschnittswerte für einzelne Fondsgruppen und es gibt Ausreißer nach oben und unten. Trotzdem zeigen die Daten, dass Aktien eine rentable Anlageklasse sind. Nur leider ist das den wenigsten Deutschen zu vermitteln. „Bloß kein Risiko“ lautet ihre Devise, wenn es um Geldanlage geht.

Das gilt natürlich nicht für alle. Es gibt noch ein anderes Extrem: Wenn die Deutschen etwas mehr riskieren, dann zocken sie richtig. Dieser Eindruck drängt sich zumindest auf, wenn man sich die Umsätze mit Hebelpapieren und Optionsscheinen sowie den Trend zu sogenannten Contracts for Difference (kurz CFDs) anschaut. Bei Letzteren handelt es sich um Wetten auf die Entwicklung an den Aktien-, Devisen- oder Rohstoffmärkten. Ihnen liegt kein realer Wert, also keine Aktie, kein Rohstoff- oder Devisendepot zugrunde. Der Gewinn oder Verlust einer solchen Wette entspricht der Differenz zwischen dem Eröffnungs- und dem Schlusspreis einer CFD-Transaktion. Anleger können sowohl auf steigende als auch auf fallende Kurse des jeweiligen Basiswerts setzen – und das mit teils enormem Hebel und geringem Kapitaleinsatz. Das verspricht nicht nur satte Gewinne, wenn die Wette aufgeht. Es kann auch schwer danebengehen und Anlegern hohe Verluste bescheren.

Nicht selten gehen die übermütigen Renditejäger nämlich die heißen Wetten ein, ohne sich des Risikos wirklich bewusst zu sein – und wundern sich dann, wenn sie hohe Verluste einfahren oder das eingesetzte Geld gleich ganz weg ist. Sie gehen oft ein viel zu hohes Risiko ein, weil sie schlichtweg besser sein wollen als die anderen, besser als der Markt. Gier pur, wohl eine der reinsten Emotionen – und an der Börse eine der gefährlichsten.

Natürlich gilt an der Börse die Formel: je mehr Chance, desto mehr Risiko. Ein Hebel von 100 oder mehr ist aber kein Risiko mehr, sondern Wahnsinn. Solch waghalsige Wetten sollten Sie nur mit Spielgeld eingehen, also mit Geld, dessen Verlust Sie verschmerzen können. Mit weitsichtiger Geldanlage haben CFDs oder andere Hebelprodukte meiner Meinung nach nichts zu tun.

Also besser Finger weg von der Börse und all den spekulativen Produkten? Besser nicht. Wer auf das Sparbuch oder andere festverzinsliche Anlagen setzt, gefährdet sein Vermögen. Nun könnten Sie natürlich entgegnen, irgendwann werden die Zinsen schon wieder steigen. Mit Sicherheit. Nur wann? Wer auf die gute Fee wartet, die die Zinsen wieder einführt, wird sehr lange warten müssen. Und selbst wenn die Notenbanker irgendwann umschwenken, wird der Zinsanstieg langsam vorangehen, Schritt für Schritt eben. Bis davon etwas bei den fleißigen deutschen Sparern ankommt, wird es noch ein bisschen länger dauern. Klassische Sparanlagen sind bis auf Weiteres ein Minusgeschäft.

LANGFRISTIG PUNKTEN AKTIENANLAGEN

Rendite haben in den vergangenen Jahren vor allem Aktien gebracht. Um die Vorzüge einer Aktienanlage voll ausspielen zu können, braucht es einen angemessenen Anlagehorizont, das zeigen nicht nur die Zahlen vom Fondsverband. Die Wahrscheinlichkeit, mit einem Aktiendepot eine bessere Rendite zu erzielen als mit Anleihen, nimmt mit der Dauer der Anlage deutlich zu: Nach fünf Jahren liegt die Wahrscheinlichkeit, eine Rendite von mehr als sechs Prozent zu erzielen, nach Berechnungen des Deutschen Aktieninstituts bereits bei mehr als 70 Prozent, nach 20 Jahren bei fast 90 Prozent und nach 30 Jahren bei nahezu 100 Prozent. Behalten Sie nur die Ruhe, dann kommt der Erfolg Ihrer Aktienanlage ganz von allein. Allerdings sollten Sie breit streuen, wer nur auf eine Hand voll Aktien setzt, geht ein zu hohes Risiko ein.

Haben Sie Geduld, verfallen Sie nicht in Panik, wenn es mal kräftig abwärts geht. Die Zahlen des Fondsverbands zeigen: Selbst die großen Verwerfungen an den Börsen, die wir seit der Jahrtausendwende zugegebenermaßen gleich mehrmals erlebt haben, konnten der guten Entwicklung von Aktien nicht nachhaltig schaden. Doch solche Argumente verpuffen bei den Deutschen: Im Super-Aktienjahr 2013, in dem der Dax 24 Prozent zulegte, ist die Zahl der Aktionäre und Fondbesitzer sogar wieder um rund 600.000 geschrumpft. Ein weiterer Rückschlag für die Aktienkultur. Noch nicht einmal jeder siebte Deutsche investiert in Aktien.

Also hat auch nicht einmal jeder Siebte von der jahrelangen Rally an den Finanzmärkten profitiert. Doch von den satten Renditen der Dividendentitel wollen die Börsenmuffel nichts hören. Dabei sind Aktien nachgewiesenermaßen langfristig die Anlageklasse mit dem besten Chance-Risiko-Verhältnis. Die Betonung liegt klar auf langfristig. Denn zwischenzeitlich können sie mächtig schwanken.