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Wenn wieder die Weibsmauser naht Geschichte und Geschlecht, Körper und die Codes unserer Erfahrung, ein Blick, der die Sprache zum »fremdwörterhaus« werden lässt, die »kleinhausordnung« der Kindheit: Das sind Themen, um die das Schreiben von Kathrin Schmidt kreist, nicht nur in ihrer Lyrik, aber dort werden die Modelle zunächst erprobt, mit Lakonie, Frechheit, Intellekt, aber auch nicht ohne Melancholie.»im oberwasser berlins ein rumoren: breitblättrig, außer fasson, schlägt die zunge ein rad«, heißt es im Titelgedicht, und worauf dann die losgelassene Sprache sich einlässt, ist bestimmt von Geschichte, vom Blick auf die Sprengkräfte der Körpergeschichte und das, was sie gewaltsam eindämmt, »aus all meinen schießscharten«. Mit einem großen Formenreichtum bezeugen die neuen Gedichte die Individualität und Intensität der Lyrikerin Kathrin Schmidt.Auch dieses Kind hat den stehauf gelernt, den leckmich, den lediglich, die blutindenschuhmetapher, das klassische o - auch dieses kind ist dahergekommen, davongeritten, verschreckt und verzweckdienstet, erblüht und erbleicht, eine falle. auch diesem kind ist ein kopf gewachsen, ein kropf und ein schnütchen, ein hütchen gab die familie dazu: und nun los
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Seitenzahl: 41
Kathrin Schmidt
Go-In der Belladonnen
Gedichte
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über der atemschwelle, im schwesternkuss: klarnamen,
an die tür gehängt und vergessen, im stoffturnbeutel,
zwischen körperkultur und brotdose, jemand schweißte es
so zusammen − ledernacken und tochternatur −,
dass der hilfscode versagte, das rechte passwort
sich im geheimen verlor. mundartmündel
mit kurzem insektenatem, waren wir zart gedacht
in unseren flappenden höschen, beim turnen nach noten
oder beim staffellauf. regelhafte beschwerden hielten wir
interniert, unter der leibdecke, im sonnengeflecht.
so konnte es bleiben, bis zwischen den mädchenlippen
pflanzen sich zeigten, schallmauerblumen. die wächsernen
stängel filterten wort um wort, das idiom war ein kunstgriff
geworden.
der tapferen kleinen hautflügelkämpfer
wird das markieren der pflanzareale vollzogen:
nachzüglerjungs, die weichen nacken
im haftgriff der fieberklammer,
üben den tanzschritt, das schlagen der
zwillingsglocken.
zu kriegerattrappen versippt, bleiben
die ausgelöffelten vaterschalen noch kenntlich. deren
zirpen im mahlgang, wie es das trockene rascheln
von laub fälscht!
ich hab mir einen der jungs
in die offene stelle gescannt, diese raubkopie
bockt und bockt –
neben dem haupteingang lagerten schweigend die postentiere,
der lüfter schnetzelte rangabzeichen, verstummte.
schmelzendes trachtengrün, wie es aus den vitrinen hinabging
aufs freigelände, immer der melde nach, den nervösen
brennnesselschwärmen!
ich trug deine dienstzeit am körper, schickte die juckenden
stellen ins blut, bis das kleid verschorfte. in meiner tasche die
kindersoldaten fiepten und fiepten, dass die staubkruste sacht
von der eskaladierwand platzte. es fehlten flexibel bespannte
strukturen und zielscheibenwischer.
ich hatte nur diese kleinen kindersoldaten dabei, deren münder
nicht einen moment lang zögerten, mich beim namen zu rufen.
wurden erst beine sichtbar, knickstauden,
denen der knochenleim aus den knieschalen abwärts
durch die strumpfschläuche sackte, in
kindersandalen mit katzengoldspangen.
vor der falle des zögerns ein ruck durch die szene,
nach oben, zu breiblonden Schnecken, beschnittenen
ponys und anderen lebenden arten. zuletzt waren die
kleider zu sehen, bunte häftlingskostümchen, die
zerbrechliche rumpfelemente fixierten. wir puzzelten
das zusammen: schmale mädchen, der mutterquote
links und rechts ins beiboot gereiht.
zwar wollten wir den gestrandeten
elterndelfinen entkommen, fremdelten
schon ein wenig, aber noch saßen zierfalter
auf unseren schultern, malten wir unterm tisch
um die süßliche wette, im dunkel der kleinhausordnung.
wem dann der kuchen von oben in den
noch winzigen spalt geriet, war der gewinner.
betäuben ein zuckerschlecken, die niere bonbon.
nur wer ins wachstuch schnitt, wusste nicht weiter,
dem wurden die ärmlichen glieder im rücken verschraubt.
hier, in der pochenden tiefe der
schenkelgabel, in meinem beinhaus, nisten
noch krümel von damals, kirschen und apfelspalten,
die du mit nasser zunge auswischen kannst, zur probe
auf den verbleib der elterndelfine, ihrer bauchwassersucht –
wenn du vom tauchgang noch heute
den fahlen geruch nach ersatzkaffee mitbringst,
festgeklemmt unterm kinderlidschlupf, haben wir die
mächtigen tiere nicht aufgeben können, hocken sie immer noch
unter uns, im dunkel der kleinhausordnung, die stimmen endlosschleifen
voraus.
ihr metallisches flöten beim schließen, dass
der himmel wie fließpapier zustoßen wird, weißt du
jetzt nicht, wie er dein haus hält,
die streunenden schlüsselkinder –
ich geh in die binsen, ins ried
wie damals als mädchen, als längst