Hard Rules - Dein Verlangen - Lisa Renee Jones - E-Book
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Hard Rules - Dein Verlangen E-Book

Lisa Renee Jones

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Beschreibung

Die Menschen, die dir am nächsten sind, können dich am meisten verletzen.

Shane Brandon ist der Einzige in seiner Familie mit einem moralischen Gewissen. Seit Jahren versinkt das Familienimperium in einem Sumpf aus Korruption, und Shane ist wild entschlossen, das zu ändern. Doch je härter er dafür kämpft, desto skrupelloser muss er selbst werden. Dann trifft er Emily - schlagfertig, scharfsinnig und unwiderstehlich sexy. Mehr und mehr geben die beiden sich ihrer Leidenschaft hin, brauchen einander, vertrauen einander. Doch darin liegt das Problem. Denn Emily hat ein Geheimnis - das, was sie überhaupt zu Brandon Enterprises führte. Und die Wahrheit wird sie beide zerstören...

WARNUNG: Dieses Buch enthält einen schroffen, schmutzig redenden Alpha-Mann im maßgeschneiderten Anzug und eine willensstarke Frau, die ihn in die Knie zu zwingen droht.

»Hard Rules - Dein Verlangen« ist der erste Band der mitreißenden, verführerischen und spannenden »Dirty Money«-Serie der New-York-Times-Bestsellerautorin Lisa Renee Jones. Der zweite Teil »Dein Begehren« folgt in Kürze!

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Seitenzahl: 504

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Inhalt

Cover

Über dieses Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Prolog

Kapitel Eins

Kapitel Zwei

Kapitel Drei

Kapitel Vier

Kapitel Fünf

Kapitel Sechs

Kapitel Sieben

Kapitel Acht

Kapitel Neun

Kapitel Zehn

Kapitel Elf

Kapitel Zwölf

Kapitel Dreizehn

Kapitel Vierzehn

Kapitel Fünfzehn

Kapitel Sechzehn

Kapitel Siebzehn

Kapitel Achtzehn

Kapitel Neunzehn

Kapitel Zwanzig

Kapitel Einundzwanzig

Über dieses Buch

Shane Brandon ist der Einzige in seiner Familie mit einem moralischen Gewissen. Seit Jahren versinkt das Familienimperium in einem Sumpf aus Korruption, und Shane ist wild entschlossen, das zu ändern. Doch je härter er dafür kämpft, desto skrupelloser muss er selbst werden. Dann trifft er Emily – schlagfertig, scharfsinnig und unwiderstehlich sexy. Mehr und mehr geben die beiden sich ihrer Leidenschaft hin, brauchen einander, vertrauen einander. Doch darin liegt das Problem. Denn Emily hat ein Geheimnis – das, was sie überhaupt zu Brandon Enterprises führte. Und die Wahrheit wird sie beide zerstören …

Über die Autorin

Mit ihren erotischen Liebesromanen hat Lisa Renee Jones eine große Leserschaft gewonnen und wurde mehrfach mit Genrepreisen ausgezeichnet. Die New-York-Times- und USA-Today-Bestsellerautorin hat bereits diverse Serien veröffentlicht, die ebenfalls bei beHEARTBEAT erschienen sind, darunter »Tall, Dark and Deadly« sowie »Amy’s Secret« und »Dirty Money«. Jones lebt mit ihrer Familie in Colorado Springs, USA.

LISA RENEE JONES

HARD RULES

DEIN VERLANGEN

Aus dem Amerikanischenvon Sonja Fehling

beHEARTBEAT

Deutsche Erstausgabe

»be« – Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment

Copyright © 2016 by Lisa Renee Jones

Published by arrangement with St. Martin’s Press, LLC. All rights reserved.

Titel der Originalausgabe: »Hard Rules«

Dieses Werk wurde im Auftrag von St. Martin’s Press LLC durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen, vermittelt.

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Freya Gehrke

Titelgestaltung: © Birgit Gitschier, Augsburg unter Verwendung von shutterstock/artjazz

eBook-Erstellung: Urban SatzKonzept, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-4228-4

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Das war der Anfang vom Endeunserer Sache.

Prolog

Sechs Monate zuvor

»Tequila Tonic Nummer zwei«, verkünde ich und stelle den Drink auf einer »Martina’s Casa«-Serviette vor dem gut aussehenden dunkelhaarigen Fremden ab, der beim Hereinkommen nach meinem Bruder gefragt hat.

Doch er ignoriert den Drink und richtet seine dunkelbraunen Augen stattdessen auf mich. »Danke, Elizabeth.«

»Sie kennen meinen Namen.«

»Ich habe es mir zum Prinzip gemacht, den Namen einer schönen Frau zu kennen.«

»Sie kennen meinen Namen, weil Sie meinen Bruder kennen.«

Er richtet sich auf, und einen kurzen Moment lang bin ich von dem Anblick abgelenkt, wie sich die Muskeln seines schlanken, athletischen Körpers unter dem weißen Hemd strecken. Bis er murmelt: »Verfluchte Scheiße! Sie sind Adrians kleine Schwester?«

»Äh … ja. Ich schätze, das wussten Sie nicht.«

»Nein. Sie bedienen hier, verdammt!« Entschuldigend hält er eine Hand hoch. »Tut mir leid. Es heißt, er schlägt jeden zu Brei, der mit Ihnen flirtet.«

Also entschuldigt er sich offenbar fürs Flirten, nicht fürs Fluchen. Dafür, dass er es gewagt hat, sich mit meinem Bruder anzulegen. Dafür, dass er es auch nur gewagt hat, mit mir zu sprechen, nehme ich an. Wut wallt in mir auf und entflammt jeden einzelnen Nerv, den der Fremde getroffen hat. Ich stütze mich auf den Tisch und blicke ihm in die Augen. »Wenn dem so wäre, müsste ich immer noch Jungfrau sein, oder? Vielleicht habe ich aber auch nur einen Mann gefunden, der mutiger war als Sie.« Ich will davongehen, doch er greift nach meiner Hand.

»Es tut mir leid. Ich habe Sie verärgert.«

»Entschuldigung Nummer zwei«, entgegne ich. Er mag vielleicht ein Fremder sein, aber er trifft jede Menge Nerven bei mir. »Entschuldigen Sie sich, weil Sie es auch so meinen? Oder haben Sie einfach nur Angst, dass ich meinem Bruder davon erzähle?« Er presst die Lippen zusammen und antwortet nicht. Vermutlich sollte ich Mitleid mit ihm haben. Mein Bruder jagt einer Menge Leuten Angst ein, und das nicht ohne Grund. »Jetzt haben Sie Angst vor mir.«

Anscheinend kann er meine Gedanken lesen, denn er verteidigt sich: »Er ist der Boss eines Drogenkartells. Was erwarten Sie?«

»Mein Vater ist der Boss.«

»Aber Ihr Bruder hat praktisch jeden Funktionär in Denver in der Hand.«

Das stimmt. Und diesen Fremden wird er ebenfalls bald in der Hand haben. »Lassen Sie mich Ihnen einen Rat geben. Da Sie offensichtlich mit ihm Geschäfte machen, erwarte ich genau das Gleiche von Ihnen, was er von Ihnen erwarten wird: dass Sie Eier in der Hose haben. Nehmen Sie sich diesen Rat zu Herzen, sonst sind Sie leichte Beute für ihn. Und seine Beute überlebt nie.«

»Elizabeth.«

Beim Klang der Stimme meines Bruders ziehe ich hörbar die Luft ein, wirble herum und schiebe die Hände in die Taschen meiner Schürze. Da steht er: groß, breitschultrig und tätowiert, in Jeans und T-Shirt, das lange, dunkle Haar im Nacken zusammengebunden, der Blick aus seinen braunen Augen scharf und hart. Er würde für mich töten, und manchmal macht mir das ziemlich Angst. Jetzt zum Beispiel. »Adrian«, stoße ich hervor.

»Lass uns allein. Ed und ich haben was Geschäftliches zu besprechen.«

Mit einem Nicken gehe ich an ihm vorbei zur Bar und umrunde die Theke, wo ich beobachte, wie Ed aufsteht und sich zu meinem Bruder gesellt. Zielstrebig gehen die beiden in Richtung der Büros, und mich beschleicht ein ziemlich schlechtes Gefühl. Ich sehe zu, wie sie verschwinden und mehrere Männer meines Bruders ihnen folgen. Tief atme ich ein, um mir Mut zu machen, und im gleichen Moment wird mir bewusst, dass ich den Fremden gerade vielleicht in Schwierigkeiten gebracht habe. Das kann ich nicht zulassen.

Erneut gehe ich um den Tresen herum, haste durchs Restaurant und den langen Flur entlang zum Büro meines Bruders, dessen Tür geschlossen ist. Ich lehne mich dagegen, presse mein Ohr an das Holz und bin zum ersten Mal froh, dass die Tür dünn und hellhörig ist. »Hey, Mann, es tut mir leid«, höre ich den Fremden sagen. »Ich wusste nicht, dass sie deine Schwester ist. Ich arbeite für dich. Ich hab dir Zutritt zum College-Sport verschafft.«

»Und ich dir einen Sieg auf dem Footballfeld, Trainer. Dank meines Medikaments spielen deine Leute besser und kommen sauber durch die Tests.«

»Das weiß ich. Wirklich.«

»Tust du nicht, sonst würdest du dich nicht an meine Schwester ranschmeißen. Ich habe Regeln, und Unwissenheit ist nicht akzeptabel.«

»Woher hätte ich das denn wissen sollen?«

»Was, wenn du das Zeug dem Falschen anbietest? Du musst genau wissen, an wen du dich wendest. Ein Fehler kann uns alle in den Knast bringen. Dafür wirst du bezahlen.«

»Bezahlen? Wie denn?«

»Zieht ihn aus«, befiehlt mein Bruder, und ich halte mir den Mund zu, um mein entsetztes Keuchen zu ersticken. Oh Gott! Was hat er vor?

»Nein«, ruft Ed, und seine Angst ist selbst durch die Tür nicht zu überhören – genau das, was mein Bruder will. »Nicht«, fleht er. »Nein, lasst das! Ihr könnt nicht … » Etwas knallt dumpf gegen die Tür, und ich springe zurück. Mein Herz hämmert in der Brust, und ich vermute, Ed hat einen Versuch unternommen zu entkommen. Ein stärkerer Schlag erschüttert die Tür, und die Stimme meines Bruders ertönt aus nächster Nähe. »Du kriegst deine Strafe«, kündigt er an. »Und wenn du schreist, schlage ich noch härter zu.«

Ich blicke nach unten auf meine zitternden Hände. Wie kann Adrian so liebevoll zu mir sein und so brutal gegenüber anderen? Warum ist mein Leben nur so? Warum? Eds Ächzen lässt ahnen, dass er geschlagen wird. Doch ich kann ihm nicht helfen. Ich kann mir ja kaum selbst helfen. Eilig haste ich durch den Flur und suche Zuflucht in einem kleinen Büro. Dort nehme ich meine Handtasche und hänge sie mir quer über die Brust. Als mein Blick an meinem Spiegelbild hängen bleibt – das lange, dunkle Haar, das mir in Wellen auf die Schultern fällt, und die braunen, schmerzvoll dreinblickenden Augen –, hasse ich die Tatsache, dass ich genauso aussehe wie alle in der Familie Martina; dass ihr Blut auch mein Blut ist.

Ich renne aus dem Büro, weiter durch den Flur, und erst beim Ausgang mache ich kurz halt, um die Tür aufzustoßen. Draußen weht mir der kühle Abendwind entgegen, die Berge verschaffen süße Linderung von dem für Colorado ungewöhnlich warmen August. Ohne ein bestimmtes Ziel setze ich mich in Bewegung, dankbar, dass von dem Trubel, der tagsüber in der Innenstadt herrscht, montagabends um zehn Uhr nichts mehr zu spüren ist.

Ich brauche Luft. Raum. Zeit zum Nachdenken.

Gerade als ich in eine Straße einbiege und auf ein kleines, rund um die Uhr geöffnetes Café zugehe, hält eine schwarze Limousine neben mir und ein Fenster gleitet nach unten. Im selben Moment, in dem ich ihn sehe, strömt Adrenalin durch meine Adern. Seit ich ihm erzählt habe, wer mein Bruder ist, war er wochenlang verschwunden. Ich dachte, auch er hätte es mit der Angst zu tun bekommen.

Er winkt mich zum Auto herüber, und ich versuche nicht einmal, die Schüchterne zu spielen. Stattdessen renne ich auf ihn zu, während die Tür sich öffnet und das Fenster wieder nach oben gleitet. Im nächsten Augenblick zieht er mich auf seinen Schoß, und ich setze mich rittlings auf ihn, während ich sein Jackett aufreiße.

Seine Finger schieben sich in mein Haar, und sein Mund nähert sich meinem.

»Hast du mich vermisst, Süße?«

»Ich hab gedacht, du wärst verschwunden«, flüstere ich.

»Ich musste die Stadt verlassen, aber jetzt bin ich wieder da.«

Als sein Mund sich auf meinen herabsenkt, löst sich der Rest der Welt, einschließlich unseres Fahrers, in Luft auf und lässt mich mit dem einzigen Mann allein, der je von mir Besitz ergriffen hat und bei dem mir das sogar gefällt.

Es gibt kein gutes oder schlechtes Geld.Es gibt einfach nur Geld.

Kapitel Eins

Shane

Ich parke mein silbernes Bentley-Cabrio – ein Geschenk meines Vaters, weil ich ihm letztes Jahr den Arsch gerettet habe – auf dem reservierten Platz in der Tiefgarage des Hochhauses in der Innenstadt von Denver, das zu Brandon Enterprises gehört, dem Großkonzern meiner Familie. Mein Vater und ich wissen beide, dass dieses Auto weit mehr ist als ein Dankeschön dafür, dass ich ihn vor dem Knast bewahrt habe. Viel eher ist es sein Versuch, mich auf die dunkle Seite der Macht zu ziehen, damit ich mich seinen Geschäftspraktiken anpasse.

Ich hätte das verdammte Ding gar nicht angenommen, hätte meine Mutter mich nicht angefleht, es zu behalten: um ihn nicht zu verletzen, während er ohnehin schon gebrechlich und vom Krebs gezeichnet ist. Als würde mein Vater sich je verletzen lassen, und zerbrechlich ist er ganz sicher nicht. Außerdem: Wenn er wüsste, dass ich ihn verhätschelt habe, würde er mir mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit ins Gesicht spucken und mir mitteilen, was für eine Enttäuschung ich sei.

Nachdem ich den Motor abgestellt habe, steige ich aus und starre den weißen Porsche 911 meines älteren Bruders an – ironischerweise ebenfalls ein Geschenk meines Vaters. Vermutlich dafür, dass mein Bruder uns die Probleme eingebrockt hat, wegen deren Beseitigung ich nach Denver zurückgekommen bin. Mit zusammengebissenen Zähnen stecke ich meine Schlüssel in die Tasche des grauen, zweitausend Dollar teuren Anzugs, den ich mir noch in New York gekauft habe – als Belohnung dafür, dass ich einen prestigeträchtigen Fall für eine der angesehensten Anwaltskanzleien des Landes gewonnen habe. Ich trage ihn heute, um mich daran zu erinnern, dass mich nur noch einige geschickt auszuspielende Karten davon trennen, die Herausforderung zu meistern, die ich nach meiner Rückkehr angenommen habe: Sobald mein Vater sich zurückzieht, will ich der Kopf des Familienimperiums werden und sämtliches Schmutzgeld, das in sechs unserer sieben Tochterunternehmen steckt, durch gutes, sauberes Geld ersetzen. Genauer gesagt: durch die Einnahmen von Brandon Pharmaceuticals – kurz »BP« genannt –, der neuesten Tochterfirma, deren Kauf ich erst vor drei Monaten durchgesetzt habe.

Mein Handy vibriert, als ich gerade auf die Fahrstühle zusteuere. Ich ziehe es aus der Tasche meines Jacketts und blicke aufs Display, um eine Nachricht meiner Sekretärin Jessica zu lesen: Seth hat gerade angerufen. Will dringend mit dir sprechen. Als ich ihm gesagt hab, dass du heute Morgen ein Meeting bei BP hast, hat er aufgelegt. So, wie ich ihn kenne, taucht er dort auf. Seth ist der einzige Mensch, den ich mit in die Firma gebracht habe, und der Einzige neben Jessica, dem ich hier vertraue.

Energisch drücke ich die Ruftaste für den Fahrstuhl und wähle Seths Nummer.

»Ich biege gerade auf den Parkplatz von BP ein«, meldet er sich. »Wir müssen uns treffen.«

»Ich bin gerade in die City-Tiefgarage gefahren.«

»Verflucht! Dann drehe ich mal direkt vor der Sicherheitsschranke um. Ich hab was, das du dir sofort ansehen musst, nicht später, und am Telefon kann ich darüber nicht reden. Ist dein Bruder im Haus?«

Ich werfe einen Blick zu dem Porsche hinüber. »Sein Auto steht hier, also nehme ich mal an, er ist da. Was zum Henker hat Derek jetzt schon wieder angestellt?«

»Sagen wir mal, ich bin mir nicht sicher, ob er in der Nähe sein sollte, wenn du das hier erfährst. Am besten, wir treffen uns außerhalb des Büros.«

»Der soll sich ins Knie ficken«, sage ich knurrend.

»Nein«, berichtigt Seth mich. »Eher fickt er uns alle.«

»Ich will gar nicht wissen, was das bedeuten soll«, entgegne ich und halte die Fahrstuhltür auf, die sich geöffnet hat und sich gerade wieder zu schließen beginnt. »Also treffen wir uns im Café.«

»Dann bist du aber immer noch im selben Gebäude wie er. Das halte ich für keine gute Idee.«

»Beeil dich einfach, verdammt, und komm endlich her«, ordne ich gereizt an, bevor ich den Anruf beende, in die leere Kabine steige und den Knopf mit dem E auf der Schalttafel links von mir drücke. Während der kurzen Fahrt zur Lobby fallen mir mindestens fünf verschiedene Methoden ein, wie mein Bruder mir meine Spielzüge versauen könnte – und ich bin längst noch nicht fertig mit dem Zählen.

Im Erdgeschoss angekommen betrete ich den mit grauen Marmorfliesen ausgelegten Gang, gehe auf die riesige ovale Empfangshalle des Gebäudes zu und biege rechts ab, wo sich ein Café zwischen ein Restaurant und eine Postfiliale schmiegt, die beide von Brandon Enterprises verpachtet sind. Zielstrebig marschiere ich zur Kasse und bin schon fast am Tresen, als Karen, die Inhaberin des Cafés – eine robuste Frau in den Vierzigern mit rotem Haar und großer Klappe –, dahinter auftaucht und ich mich ihrem notorischen Hang zum Schwatzen nicht mehr entziehen kann.

»Na, na, na«, sagt sie und lehnt sich auf die Theke. »Jetzt weiß ich, was ich in der Morgenschicht immer verpasse, und ich verkünde hiermit: Shane Brandon anstelle seiner Sekretärin mal höchstpersönlich zu sehen ist ein besseres Aufputschmittel als sämtliche Espressi, die ich hier verkaufe. Aber ihr Brandon-Jungs habt auch einfach gute Gene. Ihr Vater ist definitiv ein Schnuckelchen.«

Und genau das ist der Grund, warum sie meine Mutter zur Weißglut bringt und ich Jessica liebend gern einen Nachmittagskaffee ausgebe, damit sie mir meinen mitbringt. Karen ist nicht nur eine immer zum Flirten aufgelegte Quasselstrippe, sie steht auch total auf meinen Vater.

»Also dann«, sagt sie jetzt, nimmt sich einen Becher und zückt einen Stift. »Einen großen dreifachen Espresso macchiato?«

»Genau das, was ich jetzt brauche«, bestätige ich, wobei ich das Gefühl habe, sobald Seth da ist, werde ich mich eher nach einer Flasche Whiskey sehnen.

»Alles klar, Schätzchen«, entgegnet Karen und zwinkert mir zu, bevor sie sich in Richtung Espressomaschine bewegt. »Ich setze es auf Ihre Rechnung.«

Ich ziehe mich ans Ende des Tresens zurück, wo die Bestellungen ausgeliefert werden, lasse den Ellbogen auf dem Vorsprung ruhen und vertiefe mich in meine Gedanken, jage den Problemen hinterher, die durch die Kluft zwischen Derek und mir noch schlimmer geworden sind. Er ist siebenunddreißig, fünf Jahre älter als ich, und der rechtmäßige Nachfolger meines Vaters. Nur zu gern hätte ich den Platz freigemacht und mein eigenes Leben begonnen, aber jetzt weiß ich verdammt noch mal zu viel und kann nicht mehr davonlaufen.

Als meine Bestellung kommt, richte ich mich auf, um meinen Becher entgegenzunehmen und mir einen Platz zu suchen, doch in diesem Moment schießt eine Brünette vor – eingehüllt in ein zartes, blumiges Parfüm – und greift danach.

»Miss«, setze ich an, »das ist …«

Sie trinkt einen Schluck und zieht eine Grimasse. »Was ist das denn?« Sie wendet sich zum Tresen um. »Entschuldigen Sie«, ruft sie. »Mein Kaffee ist falsch.«

»Weil es nicht Ihr Kaffee ist«, weist Karen sie zurecht und stellt einen anderen Becher auf die Theke. »Das ist Ihrer.« Sie nimmt meinen Becher, dreht ihn um und zeigt auf den Namen, der an der Seite steht. »Der hier ist für Shane.« Sie wirft mir einen Blick zu. »Ich kümmere mich gleich darum. Ich hab noch einen anderen Kunden.«

Zustimmend winke ich ihr zu, und sie eilt davon, während meine blumenduftige Kaffeediebin mich ansieht. Ihre Porzellanwangen sind gerötet, ihr voller, mit pinkfarbenem Lippenstift geschminkter Mund lenkt mich ziemlich ab. Ich würde sie auf Mitte zwanzig schätzen. Vielleicht sogar jünger. »Das tut mir so leid«, beeilt sie sich zu sagen. »Ich dachte, ich wäre die Einzige ohne Kaffee, und ich war in Eile.« Sie will mir meinen Becher zurückgeben, stellt ihn dann jedoch hastig auf dem Tresen ab. »Den können Sie nicht mehr nehmen. Ich hab schon daraus getrunken.«

»Das ist mir aufgefallen«, erwidere ich und greife nach dem Kaffee. »Sie haben angewidert das Gesicht verzogen, als Sie ihn probiert haben.«

Ihre Augen – blassblau, identisch mit dem Farbton ihrer kurzärmeligen Seidenbluse – weiten sich. »Oh! Ich meine, nein. Oder doch, aber nicht, weil der Kaffee nicht schmeckt. Er ist einfach nur sehr stark.«

»Das ist ja auch ein dreifacher Espresso macchiato.«

»Ein dreifacher«, wiederholt sie mit ernstem Gesicht. »Wussten Sie, dass man das Zeug in einigen Ländern in Flaschen verkauft? Als Wachstumsmittel für die Brustbehaarung?« Verschwörerisch senkt sie die Stimme und flüstert: »Die steht mir überhaupt nicht.«

»Zum Glück«, sage ich mit einem leisen Lachen, das ich noch vor fünf Minuten nicht für möglich gehalten hätte, »teile ich dieses Dilemma nicht.« Ich proste ihr zu, bevor ich einen Schluck trinke und mir der starke, vollmundige Geschmack des Kaffees über die Zunge gleitet.

Die Fremde wird blass und scheint sich zunehmend unbehaglicher zu fühlen, als sie wiederholt: »Ich habe aus diesem Becher getrunken.«

»Ich weiß«, antworte ich und strecke ihn ihr entgegen. »Probieren Sie doch noch einen Schluck.«

Sie nimmt den Becher und stellt ihn auf dem Tresen ab. »Ich kann das nicht trinken. Und Sie auch nicht.« Vielsagend deutet sie auf das Loch oben im Deckel, das mit pinker Farbe verschmiert ist. »Mein Lippenstift ist da überall dran, und ich sag’s Ihnen ja nicht gern, aber Sie haben ihn auch überall im Gesicht und …« Sie stößt ein weiches, sexy Lachen aus und legt die Hände an ihre schlanken und dennoch kurvigen Hüften, die von ihrem taillierten schwarzen Rock betont werden. »Tut mir leid. Ich wollte nicht lachen, aber der Farbton steht Ihnen einfach nicht.«

Jetzt muss ich ebenfalls lachen, offiziell verzaubert von dieser Frau, und das, obwohl ich gerade das Gefühl habe, mich mitten im Dritten Weltkrieg zu befinden. »Sie wissen offensichtlich, wie man einen bleibenden Eindruck hinterlässt.«

»Zum Glück ist er nicht kussecht«, entgegnet sie. »Man kann ihn einfach wegwischen. Und danke, dass Sie die Sache so sportlich nehmen. Das alles tut mir wirklich leid.«

»Sie können es wiedergutmachen, indem Sie mir das Zeug aus dem Gesicht entfernen.«

Verwirrt runzelt sie die Stirn. »Was?«

»Sie haben mich mit dem Lippenstift beschmiert«, verdeutliche ich, nehme mir eine Serviette von der Theke und halte sie ihr hin, »also müssen Sie ihn auch wieder wegwischen.«

»Ich habe ihn auf den Becher geschmiert«, stellt sie richtig und hat anscheinend schnell ihre Schlagfertigkeit zurückgewonnen. »Sie haben ihn sich ins Gesicht geschmiert.«

»Eins kann ich Ihnen versichern: Hätte ich mich selbst damit beschmiert, hätten wir dabei beide weitaus mehr Spaß gehabt.« Ich blicke auf die Serviette. »Helfen Sie mir jetzt oder nicht?«

Ihre Wangen erröten, und sie schlingt die Arme um ihren Körper. Diese plötzliche Schüchternheit bildet einen faszinierenden Kontrast zu ihrem selbstsicheren Gefrotzel. »Ich sage Ihnen, wenn Sie nicht alles erwischen.«

Mein offensichtlich mit Lippenstift beschmierter Mund verzieht sich angesichts ihrer Schlagfertigkeit zu einem Lächeln, und schließlich wische ich mir mit der Serviette über die Lippen. Als ich fertig bin, hebe ich fragend eine Augenbraue. Die Fremde deutet auf meinen Mundwinkel. »Links ist noch ein bisschen was.«

Ich strecke ihr die Serviette entgegen. »Das machen Sie.«

Als müsste sie sich erst Mut machen, atmet sie tief ein, nimmt die Serviette jedoch an. »Also schön«, sagt sie und tritt näher, sodass ihr hinterhältiger süßer Duft um meine Nase weht. Ohne Zeit zu verschwenden, streckt sie die Hand nach meinem Mund aus und beugt sich vor, sodass es mich juckt, meine Hand an ihre Taille zu legen. Ich will diese Frau, und ich werde sie nicht entkommen lassen.

»So.« Sie senkt den Arm, und da ich sie nicht gehen lassen werde, greife ich nach ihrer Hand und halte sie samt Serviette zwischen uns gefangen.

Ihr Blick schießt nach oben, und groß vor Überraschung treffen ihre wunderschönen blassblauen Augen auf meine. Die Verbindung entzündet einen unmissverständlichen Funken zwischen uns, der wie ein unerwarteter, aber nicht unwillkommener Ruck durch meinen Körper fährt. »Danke«, sage ich schließlich und versuche den harten Befehlston abzumildern, der mir schon lange zur zweiten Natur geworden ist.

»Das war ich Ihnen schuldig«, erwidert sie mit fester Stimme, doch in ihren Augen blitzt eine Spur von Panik auf, die ich bei einer so selbstsicheren, klugen Frau nicht erwartet hätte.

»Wie heißen Sie?«, erkundige ich mich.

»Emily«, antwortet sie und klingt dabei ein wenig atemlos. In diesem Moment komme ich zu dem Schluss, dass sie mir gefällt, wenn sie atemlos ist. Noch weitaus mehr würde sie mir allerdings gefallen, wenn sie nackt und atemlos wäre. »Und Sie sind Shane.«

»Stimmt«, bestätige ich und denke bereits über die verschiedenen Methoden nach, mit denen ich sie dazu bringen könnte, erneut meinen Namen zu sagen. »Ich hab Sie hier noch nie gesehen.«

»Ich war auch noch nie hier«, kontert sie und gibt mir damit das Gefühl, als wären wir Gegner in einem Sparringskampf. Aber vielleicht sind wir das ja auch.

In diesem Augenblick klingelt mein Handy, und stumm fluche ich über das schlechte Timing – denn irgendein sechster Sinn sagt mir, dass diese Frau verschwinden wird, sobald ich sie loslasse. Gleichzeitig muss ich jedoch auch daran denken, dass Seth gerade irgendeine Explosion einzudämmen versucht. »Nicht weglaufen«, befehle ich, bevor ich die Fremde loslasse und mein Handy aus der Tasche hole. Ich werfe nur einen kurzen Blick aufs Display, um festzustellen, dass es sich bei der Anruferin um meine Mutter handelt, als Emily auch schon an mir vorbeihuscht.

In der Absicht, sie zu verfolgen, drehe ich mich fluchend um, und genau in dieser Sekunde stellt sich mir Seth in den Weg. In Anbetracht der Tatsache, dass der Mann mit seinen eins achtundachtzig ebenso groß ist wie ich, aber dafür doppelt so breit, bleibe ich sofort stehen und ziehe eine Grimasse. Er hebt eine seiner hellen Augenbrauen unter dem welligen blonden Schopf auf seinem Kopf. »Suchst du mich?«

»Du musst genügen«, antworte ich, strecke schon die Hand nach meinem Kaffee aus und lasse ihn dann doch stehen, um mir stattdessen den von Emily zu schnappen – oder eher: ihn bis zu ihrer Rückkehr, die vermutlich nie stattfinden wird, in Geiselhaft zu nehmen.

»Auch schön, dich zu sehen«, begrüßt mich Seth, und aus seinen Worten trieft nur so der typische Sarkasmus, mit dem ich nach unserer mittlerweile fünf Jahre andauernden Freundschaft bereits rechne.

»Bring mir einmal gute Nachrichten«, sage ich und bedeute ihm, mir zu folgen, während ich zwischen mehreren Auslagen mit Schokolade und Kaffeesorten sowie einem Trio aus leeren Tischen hindurchgehe und uns einen Platz an einem Ecktisch mit Blick auf den Eingang sichere.

Seth setzt sich nicht mir gegenüber, sondern neben mich, um – ganz der Ex-CIA-Agent – ein Auge auf die Tür zu haben. Seine Fähigkeiten und Loyalität gepaart mit seiner sachlichen Mentalität sind nur einige der Gründe, warum ich ihn meiner Kanzlei in New York abgeworben habe. Jetzt öffnet er einen großen weißen Umschlag, zieht ein Foto heraus und legt es vor mich. »Die private Sicherheitsfirma, die wir mit der Observierung deines Bruders beauftragt haben, hat mir vor ungefähr einer Stunde das hier gebracht.«

Ich starre das Bild an, auf dem mein Bruder einen großen Umschlag an einen Mann übergibt, den ich noch nie gesehen habe. Fragend blicke ich zu Seth. »Wer ist das?«

»Er arbeitet für die FDA.«

Jeglicher Rest von guter Laune, die ich aus dem Schlagabtausch mit Emily gezogen habe, verschwindet. »Wenn jemand von der Arzneimittelzulassungsbehörde involviert ist, hat die Sache sicher mit unserem Pharmazweig zu tun, und ich will gar nicht darüber nachdenken, wie viele Gesetze bei dem Austausch gebrochen wurden.«

»Deshalb wollte ich auch sofort mit dir sprechen.«

»Wissen wir, was in dem Umschlag war? Wissen wir irgendwas?«

»Den Namen und die Position des FDA-Mitarbeiters. Das ist so ziemlich alles, aber ich hab das Sicherheitsteam autorisiert, ihn ab heute zu observieren.«

Ich blicke auf das Foto und kämpfe innerlich gegen die Wut an, die nirgendwo hinführen wird als in die Hölle, in die mein Bruder mich zu ziehen versucht. »Das sind die Nachwirkungen der Aktionärsversammlung von letzter Woche. Ich bin da rein, hab die Gewinnspanne von BP über den grünen Klee gelobt und versprochen, dass wir, wenn die FDA unser neues Asthmamittel zulässt, endlich die Möglichkeit hätten, das ganze Schmutzgeld loszuwerden.«

»Und sie haben nur gehört, dass sie die Chance haben, ihre Ausbeute zu verdoppeln«, vermutet Seth. »Auftritt Derek, der verspricht, genau dies möglich zu machen, um die Leute für sich einzunehmen. Du wusstest doch, dass das passieren könnte. Wir haben darüber gesprochen. Unehrliche Leute werden nicht plötzlich ehrlich.«

»Nein«, stimme ich knapp zu. »Das werden sie nicht. Und ich bin nicht mit dem gleichen Killerinstinkt vorgegangen wie in der Kanzlei, sonst wäre das nicht passiert.«

»Weil du die Kanzlei immer noch nicht losgelassen hast.«

»Es ist nicht die Kanzlei, die ich nicht losgelassen hab, sondern mein Bruder. Auch wenn ich es gerne leugne, ich wusste, wenn ich bleibe, mache ich mir meinen Bruder zum Feind.«

Seth beugt sich vor. »Hör zu, Shane. Ich bin jetzt fünfunddreißig Jahre alt. Ich war sieben Jahre bei der CIA und hab danach noch fünf Jahre lang überall in der Welt Auftragsarbeiten erledigt, bevor ich zufällig den Job angenommen hab, der uns zusammengeführt hat. Ich habe schon richtige Monster gesehen. Ich habe Kriminelle gesehen. Und ich habe deine Familie gesehen, und ich sage das jetzt nicht nur als der Mensch, den du angestellt hast, um dir den Rücken zu stärken, sondern auch als der Freund, der ihn dir sowieso gestärkt hätte.« Mit dem Finger tippt er auf das Gesicht meines Bruders auf dem Foto. »Dieser Mann ist dein Feind. Und ich werde dafür sorgen, dass du das nie vergisst.«

»Aber er ist auch mein Bruder, und ich will meine Familie retten.«

»Könnte sein, dass dir das nicht gelingen wird.«

»Dessen bin ich mir bewusst, aber wenn ich mich nicht mit Leib und Seele dieser Firma verschreibe, so wie ich es bei meinem Job als Anwalt getan habe, werde ich keinen Erfolg haben. Und glaub mir, ich hab genügend Prozesse zwischen Familien bestritten, um zu wissen, dass Blut genauso leicht entzweien wie vereinen kann, vor allem wenn es um Geld und Macht geht. Dem muss ich zuvorkommen, bevor wir einander blutig schlagen oder allesamt im Knast enden.«

»Dann sind wir uns also einig: Wir befinden uns im Krieg.«

»Wir haben uns die ganze Zeit im Krieg befunden. Ich wollte es nie aussprechen, aber jetzt tue ich’s: Es ist Zeit, in die Schlacht zu ziehen.«

»Soll heißen?«

»Meinem Bruder zuliebe habe ich bis jetzt fair gespielt. Heute hat er mich … uns … in die Schusslinie des Gesetzes gebracht, und ich hab’s satt, mich zurückzuhalten. Meine größte Hürde ist, dass ich die Mehrheit des Vorstands brauche, um die Führung übernehmen zu können.«

»Und wann findet diese Abstimmung statt? Nach meinem letzten Kenntnisstand will dein Vater sich nämlich nicht in absehbarer Zeit zurückziehen, um sich seine letzten Wünsche zu erfüllen. Hätte er in den vergangenen sechs Monaten nicht zehn Kilo abgenommen, könnte man glatt vergessen, dass der Mann an Krebs erkrankt ist.«

Wenn Vergessen es nur ungeschehen machen könnte. »Wie auch immer, zum jetzigen Zeitpunkt würde eine Abstimmung jedenfalls nicht zu meinen Gunsten ausfallen, und da wir uns darüber einig sind, dass es kein Heilmittel gegen Bestechung gibt, muss unser Vorstand weg. Nur so kann ich ungehindert die Wurzel unserer Probleme ausmerzen, sprich: BP Financial, wo mein Vater jahrzehntelang das Geld anderer Leute versteckt und schmutzige Geschäfte getätigt hat. Die restlichen Unternehmen – Transport, Restaurants, Immobilien und Stahl – sind nichts als leere Hüllen, um Geldwäscherei für uns und besagte Kunden zu vertuschen.«

»Aber die wirst du nicht los, ohne mit harten Bandagen zu kämpfen.«

»Ich hab nicht meinen größten Fall gewonnen und den Arsch meines Vaters vor dem FBI gerettet, indem ich mit Samthandschuhen vorgegangen bin. Das hier ist ein Schachspiel, und du kannst meinen Vater und meinen Bruder fragen: Ich spiele verdammt gut Schach, sowohl auf dem Brett als auch außerhalb. Heuere die Leute an, die du brauchst, und verschaff mir die Druckmittel, um die Vorstandsmitglieder zu schassen.«

»Schmutz oder Druckmittel?«

»Ist das bei solchen Leuten nicht ein und dasselbe?«

»Manchmal ist der Grat schmal.«

»Das werde ich dann abschätzen, wenn ich die entsprechenden Daten zur Analyse habe. Aber wenn ich die ganze Sache nicht mit einem einzigen tödlichen Schlag erledige, drängt meine Familie mich raus.«

»Ich hab schon genug handfesten ›Schmutz‹ über alle zusammengetragen, um einen Austritt aus dem Vorstand zu erzwingen, mit Ausnahme von Mike Rogers. Für mich sieht er sauber aus. Der Mann besitzt ein Profi-Basketballteam und hält zwanzig Prozent unserer Anteile, und ich kriege einfach nicht raus, warum er freiwillig riskiert, in die Mithaftung genommen zu werden, obwohl er sich darüber im Klaren sein muss. Er hat sicher Gelder bei deinem Vater versteckt, aber das können wir nicht als Druckmittel verwenden, ohne die Firma zu gefährden.«

»Geld ist genau der Grund, warum er mit drinsteckt. Der hat eine ganze Schiffsladung an Dollars zu verstecken und zu investieren. Wenn wir den Investmentzweig auflösen, hat er mehr zu verlieren als jeder andere. Interessanterweise ist Mike aber – abgesehen von Derek, meinem Vater und mir – der Einzige, der über die komplette Liste der Transaktionen im Finanzbereich verfügt. Damit könnte er eine Menge Leute um sich scharen. Er ist gefährlich.«

»Warum hat dein Vater ihn in den Vorstand geholt und ihm so viel Macht gegeben?«

»Gute Frage, zumal mein Vater normalerweise niemand anderem Macht einräumt. Ich werde mal meine Mutter fragen, ob sie was weiß. Bis dahin gib mir einfach alles, was du über die anderen hast.«

»Und du bist dir sicher, dass deine Mutter immer noch auf deiner Seite steht?«

»Glaub mir: Meine Mutter findet, orangefarbene Overalls stehen ihr nicht. Die Tatsache, dass wir letztes Jahr mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind, hat sie zu Tode erschreckt. Zu ihrem Glück plane ich, Brandon Enterprises auf saubere Weise zu einem wesentlich größeren und erfolgreicheren Konzern als je zuvor zu machen.« Ich greife mir das Foto und stecke es zurück in den Umschlag.

»Was unternimmst du deswegen?«, fragt Seth.

»Ich werde meinen Vater dazu bringen, Derek an die Kandare zu nehmen, um uns etwas Zeit zu verschaffen, während ich alles dafür vorbereite, ihn selbst an der kurzen Leine zu halten. Und wo wir gerade von Derek sprechen: Wissen wir mit Sicherheit, dass bei BP niemand auf seiner Gehaltsliste steht?«

»An der Antwort auf diese Frage arbeite ich gerade.« Seth wirft einen Blick auf seine Armbanduhr. »In einer Stunde treffe ich mich mit dem Sicherheitschef von BP, um die Datenprotokolle und Kameraaufzeichnungen abzuholen. Das schaue ich mir alles heute Abend an und werde dir anschließend berichten, was ich gefunden habe.« Er steht auf, hält jedoch kurz inne, um zu sagen: »Cave canem …« – das lateinische »Vorsicht vor dem Hunde«. Damit geht er in Richtung Ausgang davon.

Ich starre ihm hinterher und lasse die Worte nachwirken – meine Worte, die ich mir während meiner Arbeit in der Kanzlei fast täglich gesagt habe, bevor ich in die Konfrontation mit den gegnerischen Anwälten ging. Ich verstehe, warum Seth sie gerade jetzt angebracht hat. Sie sind eine Erinnerung daran, dass es in dieser Angelegenheit nicht mehr um die Familie geht. Es geht ums Gewinnen, und der »Hund« ist nicht die gegnerische Verteidigung, sondern mein Bruder, den ich verdammt noch mal an die Kette legen werde, bevor er uns alle ruiniert.

Ich nehme den Becher vom Tisch, stehe auf und trinke einen großen, tiefen Schluck daraus. Das starke, süße Schokoladenaroma weckt meine Geschmacksknospen aus ihrem Schlummer auf und erinnert mich an die Frau, die das Getränk bestellt hat. Während ich zum Mülleimer hinübergehe, wird mir klar, dass ich genau weiß, was mich zu Emily hingezogen hat. Sie war stark, gleichzeitig jedoch auch lieb und sanft in all den Bereichen, in denen mich das Leben und meine Familie hart gemacht haben. Sie ist der Typ Frau, der in meiner Welt bei lebendigem Leibe verspeist würde. Ich werfe den Becher in den Eimer und komme zu einem Schluss: Es ist gut, dass sie davongelaufen ist.

***

Fünf Minuten später steige ich im vierundzwanzigsten Stock aus dem Fahrstuhl und halte inne, um die Worte Brandon Enterprises zu betrachten, die vor mir an der Wand prangen. Mein Blick fokussiert sich auf das Löwenemblem unterhalb der Buchstaben. Es soll meinen Vater repräsentieren, den König unseres Dschungels, wie er sagt, und genauso habe ich ihn auch immer gesehen, bis ich ungefähr vierzehn war. Von jenem Zeitpunkt an wurde aus ihm der Mann, der er jetzt ist – ein Monster, das jedes Schaf frisst, das es wagt, seinen Pfad zu kreuzen, und auch einige, die es nicht tun. Zwar habe ich ebenfalls einen Killerinstinkt in mir, aber ich werde nie so werden wie er. Dieser Gedanke setzt mich wieder in Bewegung und führt mich durch die Glastüren in unsere Unternehmenszentrale.

Ich betrete den Empfangsbereich, der von einem hufeisenförmigen Schreibtisch im Zentrum einer Gabelung von Gängen dominiert wird. Die Mehrheit unserer Büroräume befindet sich auf der anderen Seite des Gebäudes. Als ich näherkomme, richtet sich Kelly, die neue, rötlich blonde Empfangsdame in den Zwanzigern, hinter ihrem Tresen auf. »Guten Tag, Mr Brandon.«

»Ist mein Vater im Haus?«, erkundige ich mich, während ich direkt vor ihr stehen bleibe.

»Ja, aber ich glaube, Ihr Bruder ist bei ihm.«

»Perfekt«, entgegne ich. »Warnen Sie ihn nicht vor, dass ich auf dem Weg zu ihm bin.«

»Aber er hat gesagt …«

Mit einem Winken ersticke ich ihren Einwand und biege links in einen kurzen Flur ein. Nach einigen Schritten komme ich in der Enklave an, die der Bereich vor dem Büro meines Vaters darstellt. Und da der Mann gerade seine dritte Sekretärin in diesem Jahr verschlissen hat, ist niemand hier, um mich zu stoppen, als ich an dem Mahagonischreibtisch vorbeigehe, der von einem riesigen Gemälde der Skyline von Denver eingerahmt wird. Die Leinwand erstreckt sich bis zu der deckenhohen hölzernen Flügeltür, die zum Büro meines Vaters führt und die ich nun öffne, ohne anzuklopfen. Ich betrete den Raum, in dem mein Vater hinter seinem lächerlich großen halbmondförmigen Eichenschreibtisch sitzt.

Sofort springt Derek von einem der beiden hochlehnigen ledernen Besucherstühle auf und wendet sich zu mir um. Sein maßgeschneiderter blauer Anzug ist ein teures Produkt dessen, was in dieser Firma und Familie falsch läuft, und das ist ihm scheißegal. Tatsächlich ist er sogar noch stolz darauf.

»Was zum Teufel machst du denn hier, Shane?«, will er wissen. »Hast du vergessen, wie man anklopft?«

Ohne ihn zu beachten, schließe ich die Lücke zwischen mir und meinem Vater, der mich nur ansieht und nichts sagt, bis ich vor seinem Schreibtisch anhalte, auf der gegenüberliegenden Seite von Derek.

»Ja, genau, mein Sohn«, hakt er schließlich nach, und seine Stimme ist leise und kontrolliert, so wie alles, was er tut. »Was zum Teufel machst du hier?«

Von der offensichtlichen Zurechtweisung in seinen Worten lasse ich mich nicht beirren: Das Funkeln in seinen Augen ist nur allzu deutlich, und es ist kein Zeichen von Verärgerung, sondern von Belustigung. Er genießt den Kampf um die Macht, den er zwischen seinen Söhnen entfacht hat. Obwohl der Sensenmann vor seiner Tür steht, tut er keine Buße für seine Sünden. Im Gegenteil: Er fordert ihn heraus, zu kommen und ihn zu holen, und so gern ich diese Einstellung seinem Hirntumor zuschreiben würde, ich kann es nicht. Ich liebe meinen Vater, weil er eben mein Vater ist. Trotzdem ist er ein Arschloch, und genau aus diesem Grund hatte ich mir geschworen, niemals hier zu arbeiten.

Ich greife in den Umschlag, hole eins der Fotos heraus und werfe es mitsamt dem Kuvert vor die beiden auf den Schreibtisch. »Weißt du, wer das ist?«

Derek antwortet, bevor mein Vater es tun kann: »Du hast gesagt, die FDA würde verhindern, dass sich unsere Gewinne verdoppeln. Jetzt tut sie es nicht mehr.«

In seinem Tonfall schwingen so viel Stolz und Triumph mit, dass ich meine Wut im Zaum halten muss, während ich mich langsam zu ihm umdrehe. »Hast du die Berichte gelesen, dass das Mittel noch nicht marktreif ist? Wir können nicht das Leben unserer Kunden aufs Spiel setzen.« Und weil mein Bruder anscheinend kein Gewissen hat, füge ich hinzu: »Damit provozieren wir geradezu, dass man uns verklagt.«

»Was wir uns leisten können«, wirft Derek ein, »weil wir in Geld schwimmen werden. Und außerdem haben wir ja dich als Anwalt.«

»Menschen werden sterben«, entgegne ich hitzig.

»Jedes Pharmaunternehmen geht kalkulierte Risiken ein«, kontert er.

»Das Mittel ist nichtmarktreif.«

Derek legt die Hände auf die Lehne eines der beiden Lederstühle, die uns voneinander trennen. »Niemand sagt, dass wir nicht weiter an der Qualität des Produkts arbeiten werden. Aber ich hab dafür bezahlt, dass wir es auf den Markt bringen können, wann immer wir wollen.«

Ich imitiere seine Körperhaltung, indem ich die Hände auf dem zweiten Stuhl platziere. »Schlecht getarnte Einmalzahlungen an diverse Organisationen haben diese Firma letztes Jahr in Schwierigkeiten gebracht, falls du dich nicht mehr erinnern solltest.«

»Und du hast diese Schwierigkeiten beseitigt, was du sicher wieder tust, falls es notwendig wird.«

»Wenn das hier den Bach runtergeht, werde ich dich nicht verteidigen.«

»Das Pharmaunternehmen hast du erworben. Also steckst du auch mit drin, kleiner Bruder. Und vom Gegenteil wirst du niemanden überzeugen.«

Die Drohung, die zwischen den Zeilen mitschwingt, ist nicht zu überhören. Falls er untergeht, wird er alles tun, um mich mit in die Tiefe zu ziehen. »Wenn du unbedingt Gott spielen willst, dann mach es mit einer der anderen sechs Firmen unter unserem Dach.«

»Das ist der Unterschied zwischen dir und mir«, entgegnet er. »Du willst Gott sein. Mir dagegen ist das Feuer in der Hölle lieber.«

»Bis du darin verbrennst.«

Er spannt den Kiefer an, und in seinen Augen flackert Ärger auf. Wir mögen uns vielleicht ähnlich sehen, aber heute muss ich mich wohl oder übel der Tatsache stellen, dass wir ansonsten nichts mehr miteinander teilen, vor allem nicht diese Firma.

»Komm schon, Bruder«, sagt Derek jetzt, und eine Spur von Belustigung legt sich über seine Stimme. »Du wolltest doch, dass das Mittel zugelassen wird. Und jetzt haben wir einen der Kontrolleure in der Tasche. Das sollten wir feiern.«

Ich wende mich an meinen Vater: »Du hast mich gebeten, zu bleiben und diese Firma zu beschützen, nachdem ich deinen Dreck beseitigt hab. Weis ihn in die Schranken, oder dein einziges Vermächtnis wird darin bestehen, dass du im Knast landest, weil ich nämlich gehen werde. Ich werde mich verdammt noch mal verpissen, und dann ist dein kleines Spielchen beendet. Und wenn dir diese Geschichte hier um die Ohren fliegt, so wie beim letzten Mal, bringe ich sie nicht wieder in Ordnung.«

Mein Vater presst die Lippen zusammen, sein Blick wird scharf und verdunkelt sich. Und auch wenn meine Augen die gleiche hellgraue Farbe haben, so hart und kalt werde ich sie niemals blicken lassen. »Du weißt aber schon, dass ich sterben werde«, sagt mein Vater schließlich.

»Was bedeutet, du hast nichts mehr zu verlieren außer diesem Vermächtnis«, erwidere ich mit brutaler Ehrlichkeit, denn Brutalität ist die einzige Sprache, die er versteht. »Ich dagegen habe alles zu verlieren, und das ist mir zu viel. Ich gehe nicht für dich in den Knast.«

Er verzieht die Lippen zu einem säuerlichen Ausdruck. »Diese Firma hat zwanzig Jahre überlebt, ohne dass du dich als Moralapostel aufgespielt hast.«

»Bis du wegen eines verbockten Deals ins Visier des FBI geraten bist. Und diese ganze Scheiße hab ich gedeckt und dabei gegen alles verstoßen, an das ich glaube.« Ein heißer Strom aus Wut und Schuldgefühlen steigt in mir auf. »Weil du gesagt hast, das sei meine Chance, hier alles ein für alle Mal in Ordnung zu bringen.« Ich werfe Derek einen Blick zu. »Du bist immer noch mein Bruder, und ich versuche, dich vor dem Knast zu bewahren.«

»Was immer du dir sagen musst, um noch in den Spiegel schauen zu können, Shane.«

Seine abfällige Bemerkung würdige ich gar nicht erst mit einer Antwort, die ohnehin nur einen neuerlichen Angriff provozieren würde, sondern konzentriere mich wieder auf meinen Vater. »Du weißt, was du zu tun hast, damit ich bleibe. Das ist nicht verhandelbar.« Damit mache ich auf dem Absatz kehrt und marschiere auf die Tür zu. Im selben Moment, als meine Hand sich um den Knauf schließt, höre ich meinen Vater sagen: »Brandon Pharmaceuticals gehört dir. Derek wird sich zurückziehen.«

Ich drehe mich nicht um, halte nur lange genug inne, um noch Dereks leisen Fluch zu hören – und auch dem Streit, der sicherlich gleich folgen wird, wohne ich nicht mehr bei. Stattdessen verlasse ich das Büro, schließe die Tür hinter mir und durchquere die Sekretariatsenklave mit großen, zielstrebigen Schritten, die mich zu einem starken Drink tragen sollen, den ich normalerweise zu dieser Tageszeit nicht zu mir nehmen würde. Dieses Vorhaben erledigt sich allerdings, als ich den Flur erreiche und meine Mutter mir den Weg blockiert.

»Shane, Schätzchen«, begrüßt sie mich. Obwohl sie schon Ende fünfzig ist, sieht sie aus wie vierzig, und ihr enges schwarzes Kleid schmiegt sich auf eine Art und Weise um ihre Kurven, die kein Sohn je gutheißen könnte. »Ist dein Vater da?« Abrupt zieht sie die Augenbrauen zusammen und legt mir die Hand auf den Arm. »Du siehst verärgert aus. Was ist passiert?«

Es erstaunt mich jedes Mal, wie schnell sie mir etwas am Gesicht ablesen kann, das dort ganz sicher nicht steht. »Nichts, was ich nicht selbst klären könnte.« Und da ich weiß, dass dies weder der richtige Zeitpunkt noch der richtige Ort ist, um mit ihr über Mike zu sprechen, füge ich hinzu: »Ich hab noch einen Berg Arbeit zu erledigen.«

»Du meinst, du willst nicht darüber reden.« Grazil schiebt sie sich eine ihrer langen, dunklen Locken hinters Ohr, während sie mich ansieht und die hellblauen Augen verengt. »Ich brauche nicht einmal Einzelheiten zu kennen. Schließlich wissen wir beide, dass du immer noch nicht auf mich hörst. Übernimm die Führung, und dann ändere was. Das ist der einzige Weg, wie das Ganze hier funktionieren wird.« Sie lässt mich los. »Ich rede mit ihm. Ruf mich nachher an.« Dann geht sie an mir vorbei, und ich will mich erneut in Bewegung setzen, doch sie hält mich auf. »Ach, und Liebling: Falls du vorhast, mit der Frau, die diesen Lippenstift an deinem Kragen hinterlassen hat, mehr zu tun als nur zu vögeln, erwarte ich, dass du sie mir vorstellst.«

Ich habe zwar keine Ahnung, wie der Lippenstift an meinen Kragen gekommen ist, und es ist mir auch egal, aber der Gedanke an eine Kostprobe von der Frau, die ihn dort hinterlassen hat, klingt gerade verdammt gut. Und wenn ich sie in meinem Bett hätte, würde ich meine Mutter – und auch den Rest meiner verfluchten Familie – ganz sicher nicht in ihre Nähe lassen.

Hinter jedem großen Vermögensteckt ein Verbrechen.

Kapitel Zwei

Shane

Fünfzehn Minuten nach der Lippenstift-Ansage meiner Mutter befinde ich mich in dem Eckbüro, das dem meines Bruders gegenüberliegt. Dort sitze ich an meinem Schreibtisch aus Kirschbaumholz und versuche, mich auf die Arbeit zu konzentrieren, als Jessica, eine hochgewachsene Blondine mit Kurzhaarfrisur und resolutem Auftreten, ins Zimmer kommt.

»Dein frisches Hemd ist da«, verkündet sie und deutet auf das Kleidungsstück in ihrer Hand. »Und wenn ich das noch anmerken darf: Falls die Frau, die deinen Klamottenwechsel verursacht hat, auch für dein finsteres Gesicht verantwortlich ist, beantrage ich höchstpersönlich, dass du sie nicht wiedersiehst.«

»Das mit dem Lippenstift auf meinem Kragen ist nicht das, wonach es aussieht«, entgegne ich und lasse meinen Montblanc-Füller auf den Schreibtisch fallen. »Anderenfalls hätte ich definitiv bessere Laune.«

Sie hängt das Hemd an die Innenseite der Bürotür. »Klingt nach einer interessanten Geschichte, die du mir, wie wir beide wissen, sowieso nicht erzählen wirst, also frage ich gar nicht erst.« Sie durchquert den Raum bis zu meinem Tisch und legt zwei Aktenmappen vor mir ab. »Die obere enthält eine Liste der zehn gewinnträchtigsten Arzneimittel der Welt sowie Risikoanalysen, Gerichtsverfahren und Arzneimittelstudien. In der unteren befinden sich die Profile der Hauptfirmen, die sie auf den Markt gebracht haben.«

»Sehr effizient«, lobe ich sie. »Gute Arbeit. Ist …«

»Ja. Derek ist direkt nach dir in sein Büro zurückgekommen.«

Mit anderen Worten: Mein Vater hat ihn an die Leine gelegt, was zumindest eine gute Nachricht ist.

»Anna – seine neue Sekretärin – ist ihm ins Büro gefolgt und hat die Tür hinter sich geschlossen, eine Angewohnheit der beiden in letzter Zeit. Ich bin echt froh, dass die Wände in diesem Gebäude so dick sind – ich vermute nämlich mal, dass er auch bald ein frisches Hemd brauchen wird. Ist wohl ganz gut, eine Full-Service-Assistentin zu haben. Die kann das Rundum-sorglos-Paket bieten. Ich nicht. Werde ich auch nicht. Aber ich versichere dir: Ich bin besser als die.«

»Ach, Jessica, du rückst die Dinge immer so schön in die richtige Perspektive. Ich warte schon auf den Tag, an dem mein Bruder versucht, dich anzugraben, um an meine Geheimnisse zu kommen. Dafür will ich Popcorn und einen Platz in der ersten Reihe.«

»Oh, bitte gib mir nur einen Grund, bei diesem Mann Rocky zu spielen. Ich lass dich dann mal in Ruhe weiterarbeiten.« Damit durchquert sie den Raum, verschwindet im Flur und zieht die Tür hinter sich zu, ohne dass ich sie darum bitten muss. Die Frau ist ein echtes Juwel in einem Meer von Steinen.

Ich schnappe mir die Akten und mache mich daran, nach unserem nächsten Spielzeug für den Markt zu suchen; dann, wenn der Rest von Brandon Enterprises nicht mehr existieren wird. Ich fange an zu lesen und höre nicht mehr auf, analysiere Bündnisse, die wir schließen, und Produkte, die wir herstellen könnten. Meine Interessen führen zu einer Internetrecherche und einer Liste kluger Köpfe, die anzuheuern sich lohnen könnte. Letztere leite ich an Seth weiter. Ich bin tief versunken in die zweite Hälfte von Mappe Nummer eins, als ich blinzelnd aufblicke und feststelle, dass Jessica mir gerade einen Kaffee auf den Tisch stellt, gepaart mit einer Tüte, aus der meine Lieblingscroissants duften. »Es ist neunzehn Uhr.«

Erneut blinzle ich und sehe sie an. »Wie lang sitze ich hier schon?«

»Ich glaube, du hast dir so ungefähr gegen vier die Beine vertreten und bist vermutlich zur Toilette gegangen, zumindest hoffe ich das. Also drei Stunden, die drei vor dieser Pause nicht mit eingerechnet. Was kann ich tun, um dir zu helfen?«

»Geh nach Hause.«

»Shane, du bist jetzt seit einem Monat immer bis spät in die Nacht hier. Nicht mal dein Hemd hast du gewechselt. Du musst dich auch mal ausruhen.«

»Danke, Mutti. Mir geht’s gut. Geh nach Hause.«

»Ich bin neunundzwanzig, fast dreißig. Zu deiner eigenen Sicherheit: Nenn mich nie wieder Mutti!«

»Geh nach Hause«, wiederhole ich.

»Na schön«, entgegnet sie, macht auf dem Absatz kehrt und marschiert zum Ausgang. Dann verschwindet sie im Flur und schließt die Tür hinter sich. Ich drehe mich in meinem Stuhl herum, sodass ich durch die deckenhohen Fenster blicken kann, die den Raum einfassen. Schon bald wird die ganze Stadt in Lichtern erstrahlen, dennoch lässt sich die Aussicht einfach nicht mit der vergleichen, die ich in meinem Büro in Manhattan hatte. Frustriert, weil ich erneut diesen Gedankenpfad eingeschlagen habe, drehe ich mich wieder um.

Es ist Zeit, nach Hause zu gehen, mir eine Pizza zu bestellen und weiterzuarbeiten, doch ich stehe nicht auf. Stattdessen lasse ich mir zum mindestens zehnten Mal die Worte meiner Mutter durch den Kopf gehen. Übernimm die Führung, und dann ändere was, gefolgt von meinem eigenen Gedanken: Nicht den Hauch einer Chance. Ich brauche einen neuen Schachzug; einen, der das Spiel dreht und alle zwingt, mir zu folgen, falls Seth in Sachen Druckmittel nichts ausrichtet. Abrupt stehe ich auf, greife nach meiner Aktentasche und stopfe die Mappen hinein. Dabei trifft mein verfluchter Blick erneut auf die Aussicht hinter den Scheiben. Seit fast einem Jahr wünsche ich mir nun schon, endlich nach New York zurückzukehren, aber es ist an der Zeit, dass ich mich den Tatsachen stelle. Um diesen Krieg zu gewinnen, muss ich hierbleiben und mich auf die Gegenwart konzentrieren, oder ich kann gleich aufgeben. Ich hole mein Handy aus der Hosentasche und schicke eine Nachricht an den Immobilienmakler, dem ich seit Monaten aus dem Weg gehe: Ich bin so weit. Suchen Sie mir ein Haus. Ich rufe Sie morgen an.

Dann hänge ich mir den Tragegurt meiner Aktentasche über die Schulter, durchquere das Büro und betrete das dämmrige Vorzimmer. Natürlich, wie konnte es auch anders sein, hat Derek genau in diesem Moment die gleiche Idee. Wir bleiben beide vor unseren Bürotüren stehen, und die Spannung zwischen uns bringt fast den Boden zum Beben. Einmütig, so scheint es, setzen wir uns in Bewegung, und keiner von uns hält an, bis wir uns vor dem Flur gegenüberstehen, der zum Ausgang führt.

»Die Firma muss nicht gerettet werden«, erklärt Derek barsch, als wären wir mitten in einem Gespräch. »Vater mag vielleicht ein Spiel mit uns spielen, aber wir wissen beide, dass er nicht dabei zusehen wird, wie sein ganzer Stolz den Bach runtergeht.«

»Wach auf, Derek! Er wird bald tot sein und du im Knast, wenn wir nichts verändern. Und wir können gemeinsam an diesen Veränderungen arbeiten.«

»Einen Scheiß können wir, Shane.«

»Wir sind Brüder. Wir waren mal unzertrennlich.«

»Ich war dein Babysitter und bin aufs College gegangen, bevor du auf der Highschool warst. Wir kennen uns kaum, und alles, was mal zwischen uns war, hat an dem Tag geendet, als du zurückgekommen bist und dich zu jedermanns verfluchtem Moralapostel aufgeschwungen hast.« Er schiebt den Unterkiefer vor. »Geh zurück in deine Welt! Das hier ist meine.«

Seine Welt. Hier geht es nur um die Firma und um Geld. Macht. Trotzdem will der Bruder in mir, der Derek einst als sein großes Idol verehrt hat, einlenken und ihm das geben, was er verlangt. Doch diese Möglichkeit hat er zunichtegemacht. »Zusammen«, wiederhole ich.

»Leck mich, Shane! Merkst du nicht, wie sehr ich dich hasse? Recht ist nicht gleich Recht, nur weil es deine Methode ist, aber das wirst du bald selbst rausfinden. Das verspreche ich dir.« Er tritt einen Schritt zurück und geht durch den Flur davon. Ich folge ihm in die Mitte der Eingangshalle und starre ihm nach, beschwöre ihn im Stillen, sich umzudrehen, während ich mich frage, wie wir in diese Situation geraten konnten, in der wir nun Feinde sind. In diesem Moment biegt Derek um die Ecke und ist verschwunden.

Weg. Aber noch ist er nicht ganz verloren. Ich weigere mich, das zuzulassen.

Das Geräusch der sich öffnenden und schließenden Eingangstür signalisiert mir, dass er gegangen ist, und da ich dieses verdammte Gebäude auch endlich verlassen will, verliere ich keine Zeit, es ihm gleichzutun. Als ich den Gang vor Brandon Enterprises erreiche, ist er bereits mit einem der acht Aufzüge nach unten gefahren, und ein anderer öffnet sich gerade für mich.

Im Auto angekommen denke ich nicht mehr an Derek, sondern an meinen Vater. Er war schon immer brutal; die verschiedenen Methoden, mit denen er mich in meiner Jugend schikaniert hat, sind zu viele, um sie zu zählen. Derek war zwar damals schon älter, aber es gab eine Zeit, in der wir den Hass auf unseren Vater teilten. Dennoch sehnten wir uns beide auch nach seiner Aufmerksamkeit und einer Liebe, die er vermutlich gar nicht geben kann. Jetzt sehne ich mich nicht mehr danach, aber da er todkrank ist, sollte ich es vielleicht. In Gedanken kehre ich in die Vergangenheit zurück, als ich sechzehn war und er mich zwang, so lange um den Ascheplatz zu laufen, bis ich mich übergeben musste – ich hatte in einem Test nur eine Eins minus bekommen, was in seinen Augen ein Versagen war. Dennoch sollte ich ihm wahrscheinlich dafür dankbar sein. Immerhin wurde ich in Harvard aufgenommen.

Scheiße, verdammt, ich will aus diesem Fahrstuhl raus. Ich gehe zu den Türen und warte ungeduldig darauf, dass sie sich öffnen. In der Sekunde, als sie sich teilen, trete ich hinaus und haste durch das verlassene Gebäude zur Tiefgarage. An der Stahltür zögere ich. Der Gedanke an mein einsames Apartment trifft heute jeden empfindlichen Nerv in meinem Innern. Zielstrebig kehre ich deshalb zur Lobby zurück, die direkt auf die Einkaufsmeile in der Sechzehnten Straße führt und damit auch zu zahlreichen Restaurants und Bars. Ich werde mich genauso auf meinen Bruder vorbereiten, wie ich es auch für meine Fälle in New York getan habe: in der Ecknische eines Restaurants, diesmal allerdings nicht mit einer unerschöpflichen Kanne Kaffee, sondern einer teuren Flasche Whiskey. Ich bin schon halb aus der Eingangstür heraus, als mein Blick auf den Sicherheitsbereich in der Ecke fällt und ich wie angewurzelt stehen bleibe.

Falls ich mich nicht gerade in einem Traum befinde, ist meine süß duftende Kaffeediebin tatsächlich wieder da und diskutiert offensichtlich gerade mit dem Wachmann. Plötzlich klingt die Aussicht auf ein bisschen Unterhaltung gar nicht mehr so schlecht. Im Stillen ermahne ich mich, dass die Frau nicht ansatzweise in mein derzeit total verkorkstes Leben passt, aber in Wahrheit macht genau das ihren Reiz aus. Außerdem will ich die Frau ja schließlich nicht besitzen. Na ja, nicht, solange sie ihre Klamotten anhat, und wenn ich meinen Willen bekomme, wird dieser Zustand nicht mehr lange andauern.

Ich setze mich in Bewegung und gehe auf sie zu.

***

Emily

»Ich verstehe, dass das Fundbüro nachts geschlossen hat«, sage ich zu dem stoischen grauhaarigen Wachmann hinterm Tresen. »Aber bei einem Handy können Sie doch sicher eine Ausnahme machen. Ich erwarte einen wichtigen Anruf. Ich brauche mein Telefon.«

»Das verstehe ich, Miss, aber ich habe meine Vorschriften.«

Vorschriften. Dieses Konzept trifft einen empfindlichen Nerv bei mir. »Na schön«, gebe ich nach, fasse mir ans Handgelenk und sehne mir das Armband herbei, das eigentlich dort sein sollte. »Dann komme ich eben morgen wieder. Ab wann kann ich da sein?«

»Ab sieben Uhr.«

»Dann also um Viertel vor sieben«, entgegne ich, drehe mich um und keuche erschrocken auf, als ich gegen einen harten Körper pralle. Große Männerhände legen sich um meine Taille und halten mich fest, damit ich nicht das Gleichgewicht verliere. »Tut mir leid«, entschuldige ich mich, und als ich den Blick hebe, stelle ich erstaunt fest, dass der heiße Typ aus dem Café vor mir steht – und dass meine Hände auf seiner unglaublich festen, breiten Brust gelandet sind.

»So sieht man sich wieder«, sagt er, und seine Stimme klingt wie ein sanftes, verführerisches Schnurren. Noch immer sind seine Augen von einem vollkommenen Stahlgrau, das sich mit der Farbe seiner Krawatte und seines Anzugs deckt.

»Ja, ich …« Mühsam schlucke ich. »Es tut mir leid. Ich hab Sie nicht gesehen.«

»Mir tut es nicht leid, und ich habe Sie gesehen.«

»Sie … was?« Ich trete einen Schritt zurück, sodass seine Hände von meiner Taille fallen und meine von seiner Brust gleiten – zwar hätte es mir nichts ausgemacht, sie dort noch eine Weile liegen zu lassen, aber das wäre falsch. Und unpassend – genau so, wie ich nie wieder sein möchte.

Er blickt zu dem Wachmann hinüber. »Gibt es ein Problem, Ralph?«, fragt er, und – herrje – kein Wunder, dass ich mich heute Morgen zu diesem Schlagabtausch mit ihm habe hinreißen lassen. Der Mann hat den Ausdruck »groß, sexy und dunkelhaarig« praktisch erfunden.

»Die Dame sucht ihr Handy«, erklärt Ralph. »Aber das Fundbüro hat nachts geschlossen.«

Shane hebt eine Augenbraue. »Geschlossen? Wie kann das Fundbüro geschlossen sein?«

Genau mein Gedanke, aber ich beiße mir auf die Zunge. Wenn man bedenkt, dass ich »Ralph« genau die gleiche Frage in deutlich aggressiverem Ton gestellt habe, hat er sehr viel Geduld mit mir bewiesen. Und gerade sieht er ziemlich unbehaglich aus, was vermuten lässt, dass Shane mehr ist als nur ein heißer Typ, der sich zufällig im Gebäude aufhält und seinen Kaffee wahnsinnig stark trinkt. »Ich bin der einzige Wachmann im Dienst«, erläutert Ralph. »Ich darf meinen Platz nicht verlassen.«

»Ich passe für Sie auf«, verkündet Shane, und es klingt nicht wie ein Angebot, sondern wie eine Aufforderung. Alles an diesem Mann ist ein einziger, ruhiger Befehl, was bei ihm irgendwie sexy wirkt, nicht abstoßend. Eine seltene Gabe, die nur wenige Männer – und Frauen – beherrschen, wobei ich viele kenne, die es versuchen und immer wieder daran scheitern.

»Jawohl, Sir«, sagt Ralph. »Ich bin in fünf Minuten zurück.«

Der Wachmann eilt davon und lässt mich erstaunt über seinen schnellen Abgang zurück, während Shane einen Arm auf den Tresen legt und mich ansieht. »Sie sind heute Morgen einfach abgehauen.«

Meine Augen weiten sich. »So kommt man also direkt auf den Punkt. Und zu Ihrer Info: Ich hatte einen Termin.«

»Sie haben nicht mal Ihren Kaffee mitgenommen.«

»Ich hatte keine Zeit, ihn zu trinken«, entgegne ich sofort, an schnelle Reaktionen gewöhnt.

»Sie haben die Flucht ergriffen«, beharrt er.

»Und Sie haben etwas Einschüchterndes an sich«, kontere ich.

In seinen grauen Augen flackert ein amüsierter Ausdruck auf. »Sie sind nicht von mir eingeschüchtert.«

»Soll das heißen, für andere sind Sie einschüchternd?«, fordere ich ihn heraus.

»Für einige ja, aber nicht für Sie.«

»Und auf was genau fußt diese Einschätzung?«

»Jemand, der eingeschüchtert ist, hätte nicht den Mut, das anzusprechen.« Er überwindet die Distanz zwischen uns, und sein Duft nach Herbstblättern und Gewürzen umschmeichelt meine Nase. »Sind Sie jetzt eingeschüchtert?«, fragt er, und Hitze lodert in seinem Blick.

»Nein«, entgegne ich, und plötzlich ist mir ganz warm, während mich in letzter Zeit alles zum Frieren gebracht hat. »Ich bin nicht eingeschüchtert.«

»Gute Neuigkeiten«, verkündet der Wachmann und holt mich damit abrupt zurück in die Wirklichkeit, in der ein heißer Fremder, der mehr über mich herausfinden könnte, als mir lieb ist, nicht vorkommt. Schnell mache ich einen großen Schritt zurück und entferne mich damit von Shane, um Ralph anzusehen.

»Sie haben mein Handy gefunden?«, erkundige ich mich hoffnungsvoll.

»Ich habe ein Handy gefunden«, bestätigt er. »Zur Identifizierung nennen Sie mir bitte die erste Nummer im Adressbuch.«

Ich zögere, doch da mir keine andere Möglichkeit bleibt, gebe ich zu: »In meinem Handy sind gar keine Nummern gespeichert.«

»Das stimmt«, sagt der Wachmann und schiebt mir das Telefon über den Tresen zu. »Mir ist noch nie jemand begegnet, der keine Kontakte in seinem Handy hat.«

»Es ist neu«, erkläre ich, nehme das Telefon und stecke es in meine Handtasche. Als mir klar wird, dass die Ausrede ziemlich dürftig ist, füge ich hinzu: »Ich bin noch nicht zum Synchronisieren gekommen. Danke.« Ich drehe mich zu Shane um und stelle fest, dass er mich mit genau der Mischung aus Interesse und Neugier ansieht, die ich gerade nicht erwecken darf. »Und danke Ihnen«, ergänze ich, während ich in Richtung Ausgang deute. »Ich gehe dann mal.«

»Ich wollte gerade in einem der Restaurants hier in der Nähe eine Kleinigkeit essen gehen. Kommen Sie doch mit.«

»Ich muss wirklich nach Hause«, lehne ich ab und bemühe mich, dabei nicht so voller Bedauern zu klingen, wie ich mich fühle. Ich bin geschmeichelt, aber welche Frau wäre das bei diesem Mann nicht?

»Es dauert auch nicht lange.«

»Ich habe morgen früh Termine«, erwidere ich, und das stimmt sogar. Ich werde darauf warten, dass mein Handy klingelt, und währenddessen daran denken, wie gern ich zu diesem Mann Ja gesagt hätte.