Heerzug der Heimatlosen - Hubert Haensel - E-Book

Heerzug der Heimatlosen E-Book

Hubert Haensel

4,8
9,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

In der Galaxis Orn tobt ein gnadenloser Krieg – und Ren Dhark möchte den letzten Überlebenden des verlorenen Volkes helfen. Doch kann der Heerzug der Heimatlosen wirklich die Rettung bringen?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 464

Bewertungen
4,8 (18 Bewertungen)
15
3
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Sammlungen



Ren Dhark

Drakhon-Zyklus

 

 

Band 19

Heerzug der Heimatlosen

 

 

von

Hubert Haensel

Werner K. Giesa

Uwe Helmut Grave

Conrad Shepherd

 

nach einem Exposé von

Hajo F. Breuer

Inhalt

Titelseite

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

Empfehlungen

Ren Dhark Classic-Zyklus

Ren Dhark Drakhon-Zyklus

Ren Dhark Extra

Clayton Husker: T93

Clayton Husker: Necronomicon Tales

Impressum

Prolog

Im Frühjahr 2059 hat die von Ren Dhark geführte Expedition die Galaxis Orn erreicht. In diesem zehn Millionen Lichtjahre von der heimatlichen Milchstraße entfernten Sternensystem befindet sich die Heimat der Worgun. Diesem Volk, das von den Terranern einst »Mysterious« genannt wurde, hat die Erde eine Vielzahl technischer Hinterlassenschaften zu verdanken – vor allem die Ringraumer, die es erst ermöglichen, solche gigantischen Strecken zu überwinden.

Doch die Mysterious oder Worgun sind nur noch ein Schatten ihrer selbst, wie Ren Dhark von Gisol erfahren hat, dem letzten freien Worgun und Rebellen gegen die Zyzzkt. Dieses Insektenvolk hat die Worgun in einem furchtbaren Krieg besiegt und die ehemaligen Beherrscher der Sterne auf ihrem Ursprungsplaneten Epoy zusammengepfercht. Aber der Sieg über die Worgun reicht den Zyzzkt nicht aus…

In der Sternenwolke Gardas findet die terranische Expedition eine Kolonie ehemaliger Terraner. Es handelt sich um Nachfahren der 48. Römischen Legion, die im Jahr 15. v. Chr. von den Worgun hierher verbracht wurde. In der Abgeschiedenheit und Sicherheit ihres kosmischen Verstecks entwickelten die Römer von Terra Nostra – so nennen sie ihren Planeten – eine Technik, die der der Worgun in nichts mehr nachsteht. Doch ein extremer Mangel an Tofirit, dem Superschwermetall, das zum Betrieb ihrer hochentwickelten Meiler benötigt wird, macht es den Römern unmöglich, den Kampf gegen die Zyzzkt aufzunehmen.

Ausgestattet mit der neusten römischen Tarntechnologie und unterstützt von drei römischen Verbindungsoffizieren bricht die Flotte auf zu einem Erkundungsflug in die Tiefen von Orn. Die zehn terranischen Schiffe werden begleitet von den zehn Ringraumern des Worgunrebellen Gisol.

Die hervorragend getarnten Schiffe erreichen das System der Pscheriden, wo sich gerade eine Tragödie abspielt: Starke Kampfverbände der Zyzzkt erobern die Heimatwelt der humanoiden Pscheriden. Beim Versuch, ihnen zu helfen, kommt der Cyborg Holger Alsop ums Leben. Nur wenigen Pscheriden gelingt die Flucht ins All. Und plötzlich sind ihre Archenschiffe spurlos verschwunden…

Auf der Erde versucht unterdessen der Reporter Bert Stranger, das Geheimnis der neuartigen Sensorien zu klären. Diese Geräte vermitteln ihrem Träger Erlebnisse, als wäre er selbst dabei. Was anfangs wie eine hervorragende Fortentwicklung früherer Videokameras aussieht, entpuppt sich schon bald als süchtigmachende Bedrohung der Menschheit. Stranger bleibt nichts anderes übrig, als mit Bernd Eylers und der GSO zusammenzuarbeiten. Es gelingt, die hinter den Geräten stehende Verbrecherorganisation zu zerschlagen. Doch die gibt nicht auf und hetzt Bert Stranger einen Killer auf den Leib…

Zur gleichen Zeit startet Colonel Huxley im Auftrag des Rates der Nogk eine Expedition mit dem Ziel, mehr über den geheimnisvollen Feind dieses Volkes zu erfahren. Er findet das Wrack eines unbekannten Nogk-Raumers und ein neues Volk, das sich als Meister der Biotechnologie entpuppt. Während Huxley weiter die Spuren des uralten Feindes verfolgt, schickt Terra einen Botschafter zu den Gorm…

1.

Der Zorn fraß ihn auf.

Da waren keine menschlichen Gefühle mehr, nicht einmal Bedauern – Simon wußte nur, daß er helfen mußte. Andernfalls würden die letzten Fanjuur mit ihrer Welt sterben. Wo eben noch fester Boden gewesen war, brodelte stinkender Morast. Eine der letzten Städte versank, und mit ihr die Erinnerung an ein Volk, dem das Schicksal übel mitgespielt hatte.

Alles geschah unglaublich schnell.

Die Waffenenergie komprimierte sich in seinem Leib. Vielleicht hätte Simon in diesem Moment den tödlichen Ausbruch noch verhindern können. Aber er wollte es nicht.

Warum? schrien seine Gedanken. Warum immer nur Leid und Tod?

Simon achtete nicht mehr darauf, was sein Gegenüber sagte. Herausfordernd starrte er die wurmartige Kreatur an, und zum ersten Mal genoß er die Macht, die seinem Körper aus Tofirit innewohnte.

Seine Hände verformten sich.

Die Finger, eben noch menschlich wirkend, wurden zu tropfenförmigen Klumpen. Heißer und drängender tobte die Energie durch seinen Brustkorb, dann winkelte er die Unterarme an. Sie waren zu rötlich glänzenden Waffenläufen geworden, den Armen eines Kampfroboters.

Ich bin nur noch ein Roboter! Der Gedanke quälte ihn. Sein Geist war eingesperrt in diesen Klumpen flexiblen Metalls, der eigene Körper längst tot und verbrannt. Er lebte in einem Gefängnis, das ihn am Leben erhielt, ihm aber zugleich verwehrte, jemals wieder ein Mensch zu sein.

»… ihr seid eine Gefahr für jede Spezies!«, hörte Simon sich sagen. »Es sei denn…«

Flieh! tobten seine Gedanken. Das hier ist der falsche Ort für dich. Du warst immer nur Diener, nie Richter. Es steht dir nicht zu, über Leben und Tod zu entscheiden…

Zu spät! Er konnte das Programm nicht beeinflussen, das die Vernichtung eingeleitet hatte. Aber wollte er das überhaupt?

Ein Feuersturm brach aus seinen Armstümpfen hervor. Ich helfe deinem Volk, Vonnock. Die Fanjuur werden endlich Frieden finden und nie wieder um ihr Leben bangen müssen.

Sonnenhelle Glut ringsum. Sie verschluckte den wurmartigen Qoorn und pflanzte sich fort wie die Wellen, die ein ins Wasser geworfener Stein erzeugt.

Das Programm verwandelte ihn in ein Tod und Verderben speiendes Monstrum. Gewaltige Energiemengen brachen aus den Armstümpfen hervor…

… sie fluteten von den Felshängen des Tales zurück und türmten sich höher, wie eine Brandungswelle, die alles innerhalb von Sekundenbruchteilen unter sich begraben würde. Auch ihren Urheber.

Unmöglich! Nur dieser eine Gedanke beherrschte Simon noch. Er vermochte nicht einmal zu erkennen, ob es sein eigener Gedanke war oder eine Eingebung des Programms.

Etwas reflektierte die Energien – etwas, das stärker war als er selbst.

Zu spät aktivierte er die Schutzvorrichtungen. Den Schmerz, als das sich aufbauende Schirmfeld zerfledderte, spürte er beinahe körperlich.

Temperaturen wie in der Korona einer Sonne schlugen über ihm zusammen, aber die Waffenarme feuerten unaufhörlich. Wie lange schon? Sekunden erst, erkannte Simon, obwohl sie ihm wie eine kleine Ewigkeit erschienen. Er gestand sich ein, daß er jedes Zeitgefühl verloren hatte.

Schluß! brüllten seine Gedanken. Feuer einstellen! Sein Wächterkörper reagierte nicht darauf.

Die Hitze wurde unerträglich.

Bei Temperaturen, die wahnwitzig anmuteten, fielen die Sensoren aus.

Er spürte, daß immer noch Energien durch seinen Leib pochten wie einst das Blut in den Adern.

Für den Bruchteil eines Augenblicks drohte ihn die Erinnerung zu überwältigen. Wie hatte er ausgesehen, sein Körper aus Fleisch und Blut? Aber das war vorbei. Was er einmal gewesen war, existierte nicht mehr.

Das Schicksal hatte ihm eine Hülle aus Tofirit gegeben… doch er wußte bis heute nicht, ob er dafür dankbar sein oder gerade deshalb das Schicksal hassen sollte.

Die Energie pulsierte. Immer heißer tobte sie.

Simon ballte die Fäuste. Das heißt, er hatte das tun wollen, aber das Programm gehorchte ihm nicht. Unaufhörlich brachen die sonnenheißen Waffenstrahlen aus seinen Armstümpfen hervor.

Ich will das nicht!

Irgendwo tief in ihm formte sich dieser eine Impuls. Er wurde intensiver.

Ich war immer nur ein Diener und habe nie gelernt zu zerstören. Ich will nicht töten!

Er war zu schwach, um das aufzuhalten, was er selbst in Gang gesetzt hatte.

Die Programmierung des Wächters der Mysterious folgte einer unheimlichen, sturen Konsequenz.

Simon versuchte sich vorzustellen, wie er in diesem Moment von außen wirkte: ein Vernichtung speiendes übergroßes metallenes Monstrum, nahezu menschenähnlich, aber nackt und vor allem gesichtslos, nichts anderes als eine perfekte Kampfmaschine.

Er spürte die beginnende Kettenreaktion; die Sensoren übertrugen sie auf sein Bewußtsein.

Erste Explosionen rissen die von Nanomaschinen der Qoorn verkrusteten Berghänge auf.

Zähflüssiges Gestein regnete nach heftigen Explosionen ab, und immer neue Glutnester vereinten sich mit den aus seinen Waffenarmen zuckenden Nadelstrahlen und breiteten sich gedankenschnell aus.

Brodelnd wälzte sich die Lava ins Tal.

Weitere Explosionen… eine Vernichtungsorgie war in Gang gekommen, die keinen Stein auf dem anderen ließ. Zu Myriaden wurden die Nanomaschinen zerfetzt, und es sah aus, als platze eine schwarze Kruste von den Felsen ab, während unter ihnen längst die Hölle tobte.

Inmitten des Chaos stand die rötlichfarbene gesichtslose Gestalt und wurde ebenfalls von den atomaren Gluten umflossen.

Simon schrie.

Er glaubte zu schreien, und es war sein Geist, sein »Ich«, das auf diese Weise Erleichterung suchte – doch der Roboterkörper blieb stumm.

Er starrte auf die Flammen, die wie irrlichternde Entladungen über das Tofirit huschten. Sie verursachten Schmerzen, schlimmer als jemals zuvor. Das Metall schmolz und wallte blasenwerfend auf, von den Armen und vom Brustkorb tropfte es bereits zähflüssig ab.

Umformen!

Simons Befehl blieb unbeantwortet, der Wächterkörper reagierte nicht darauf. Aber die Tropfen wurden größer, schon lösten sie sich von seinen Ellenbogen und platzten am Boden auseinander. Was da geschah, erinnerte an das Aufweichen einer Wachskerze in großer Hitze.

Aufhören!

Der Vorgang hatte längst eine beängstigende Dynamik entwickelt. Simon starrte an sich hinab, ohne zu begreifen, daß das nahezu unzerstörbare Tofirit… Seine Siegesgewißheit schlug in Panik um. Irgendwoher kam die Erkenntnis, daß alles noch nicht einmal zwei Minuten dauerte. Er würde sterben, das wurde ihm erschreckend deutlich bewußt.

Unaufhörlich feuerten die Waffenarme. Wenn es ihm wenigstens möglich gewesen wäre, das zu beenden. Statt dessen schürten seine Waffen das Chaos weiter an. Großflächig verglühten die Nanomaschinen.

Seine Arme schmolzen. Simon registrierte, daß der Energiefluß zu den Waffen dennoch nicht abbrach. Nur wenige Sekunden blieben ihm, dann würde er selbst von innen heraus verglühen.

Fehlfunktion!

Die Nanopartikel haben mich… haben den Wächter befallen. Aber sie werden meinen Tod nicht überstehen. Das war seine einzige Genugtuung; wenn er starb, würde die unheimliche Bedrohung mit ihm untergehen.

Simon wußte nicht mehr, was er wirklich wollte. Die Angst schnürte ihm den Atem ab. Er glaubte, ersticken zu müssen und rang gequält nach Luft – obwohl das, was seine Existenz noch ausmachte, die Seele, der Geist oder wie immer Menschen dieses Sich-selbst-bewußt-Sein nannten, weder Luft noch Nahrung brauchte, um zu leben. Vergessen geglaubte Erinnerungen brachen in ihm auf… seine Kindheit und Jugend auf der Erde… die durchzechte Nacht nach dem Ende der Giant-Herrschaft… dann seine Arbeit an der Seite der Hochkommissarin Noreen Welean auf dem Planeten Hope…

Ich will nicht sterben! dröhnte es in seinen Gedanken. Ich will leben und die Wunder zwischen den Sternen erfahren! Dabei lag es noch gar nicht so lange zurück, daß er seinen Zustand verflucht und lieber den Tod gewählt hätte, als in dem stählernen Gefängnis eine Ewigkeit zu überdauern. Doch er hatte sich nicht selbst getötet – das wäre ihm wahrscheinlich auch unmöglich gewesen.

Eine Zeitlang hatten sich Neugierde und Entsetzen die Waage gehalten, hatte er ein Wechselbad der Gefühle durchlebt, an das er lieber nicht zurückdachte. Er hatte sein Schicksal gehaßt und sich treiben lassen, ohne überhaupt zu ahnen, wohin sein Weg führte.

Inzwischen dachte er anders. Er hatte eine Metamorphose durchlebt, die Verwandlung der starren Raupe zum Schmetterling, der durch eine laue Sommernacht taumelte. Aus dem unscheinbaren Diener Simon war ein neues Geschöpf geworden, stark und unbesiegbar – ein Wesen mit einem Körper, wie er ihn sich früher manchmal gewünscht hatte. Immer dann, wenn er von Insekten zerstochen und mit schmerzenden Gliedern nachts keinen Schlaf gefunden, sich unruhig von einer Seite auf die andere gewälzt hatte. Dann hatte er von einer besseren Zeit geträumt. Aber hatte es ihm wirklich jemals behagt, naßgeschwitzt und am Ende seiner Kräfte Noreen Weleans Ausrüstung durch dampfende Dschungel zu schleppen?

Nein! Der lautlose Aufschrei tief in ihm verstärkte sich und schien nicht enden zu wollen. Ich will nicht sterben! Ich habe noch ein langes Leben vor mir…

Ich habe ein Recht darauf…

Sein Körper löste sich auf, schmolz wirklich dahin wie Kerzenwachs. Simon spürte die zähflüssigen Tropfen über den Rücken rinnen, und zwischen seinen Füßen hatte sich eine rostrote, größer werdende Lache gebildet. Er sank in den flammenden Boden ein, in die aufbrechende dunkle Kruste der Nanopartikel. Die Risse weiteten sich aus.

Auch sein Körper brach auf. Ungläubig starrte Simon auf das bizarre Netz der auseinanderbrechenden Struktur.

Hilf mir! schrie er.

Das Programm antwortete nicht.

Ich will nicht sterben, nicht auf dieser verdammten Welt – und nicht ohne noch einmal Menschen gesehen zu haben…

Das Schicksal fragte nicht, was er wollte. Niemand hatte ihn je danach gefragt, stets hatte er sich nach den Wünschen anderer richten müssen. Er hatte sich zum ersten Mal richtig frei gefühlt, als er den Wächterkörper nicht mehr mit dem Cerash-Bewußtsein hatte teilen müssen.

Simon starb in diesem Augenblick zum zweitenmal.

Wieder verbrannte sein Körper.

Er schrie und brüllte seine Panik mit aller Kraft hinaus. Es half nichts.

Entsetzlich war es, den eigenen Tod mit ansehen zu müssen. Wie sehr sehnte er sich danach, daß der Schmerz ihm die Besinnung raubte – er spürte die expandierenden Energien, die das Tofirit zerrissen, und schloß die Augen – doch seine Wahrnehmung veränderte sich nicht. In aller Deutlichkeit sah er den Roboterleib zersplittern und Tausende Fragmente wie Sternschnuppen verglühen.

Dann schwand sein Bewußtsein. Im Weltraum verweht. Wenigstens dieser Gedanke barg etwas Versöhnliches. Irgendwo da draußen, zwischen den ungezählten Sonnen der Milchstraße…

… werde ich…

… Ruhe finden.

Schwärze umfing ihn. Mit dem Ende des Wächterkörpers erloschen seine Wahrnehmungen.

Noreen, war Simons letzter, verwehender Gedanke. Es wäre schön gewesen, sie jetzt in den Armen zu halten, einmal ihre Nähe zu spüren und ihr zu sagen…

Etwas Warmes, Weiches umschloß Simons Geist, ein Gefühl unglaublicher Geborgenheit.

Dann war da nichts mehr.

*

Ihm war schwindlig. Schlaftrunken fuhr er in die Höhe, stützte sich auf den Unterarmen ab und lauschte mit angehaltenem Atem in die Nacht hinaus. Er vermochte nicht zu sagen, was ihn aufgeschreckt hatte, ein Geräusch vielleicht, eine Vorahnung oder einfach nur ein böser Traum.

Wind schien aufgekommen zu sein. Aus weiter Ferne erklang Donnergrollen; er hörte das dumpfe Rumoren aber nur, wenn er sich darauf konzentrierte.

Die Leuchtziffern der Uhr verrieten ihm, daß seit Mitternacht erst eineinhalb Stunden vergangen waren. Die Morgendämmerung ließ noch lange auf sich warten.

Sein Blick huschte durch die Dunkelheit. Außer dem Glimmen der Uhr herrschte undurchdringliche Schwärze. Bis auf den Waldboden drang der Schein der Sterne selten vor. Sogar tagsüber herrschte in dieser Region ein trübes grünes Dämmerlicht, und falls sich wirklich einmal Sonnenstrahlen bis ins feuchte Moos verirrten, erfüllten sofort Myriaden tanzender Sporen die Luft.

Sich immer noch abstützend, verharrte er eine Weile wie erstarrt. Die Luft im Zelt war stickig. Viel Platz stand ihm ohnehin nicht zur Verfügung. Sobald er sich ausstreckte oder herumwälzte, stieß er gegen die hermetisch abdichtende Folie. Andererseits konnte nicht einmal eine Mikrobe die Plane durchdringen.

Unmittelbar angrenzend stand Noreens Zelt. Es war größer und fast schon komfortabel.

Vergeblich lauschte Simon auf eine Regung. Das Rascheln, wenn sie sich im Schlaf herumwälzte, elektrisierte ihn. Dann versuchte er, sich vorzustellen, wie ihr Haar den Kopf umfloß und ein Lächeln ihre Mundwinkel umspielte. »Simon«, flüsterten ihre Lippen. Wie gerne hätte er seinen Namen vernommen, wenn sie manchmal im Schlaf redete, doch er hatte sich als Diener verdingt, und mehr durfte nicht sein. Nach der Herrschaft der Giants waren viele Menschen auf der Erde nur noch Beziehungskrüppel. Irgend etwas hakte im Zusammenleben. In der ersten Nacht hatte Simon geglaubt, alles auf einmal nachholen zu müssen, was ihm monatelang verwehrt gewesen war, doch die sachliche Kälte seiner Zufallsbekanntschaft hatte ihn nur abgestoßen. Er war keine Maschine, die ein Programm abspulte, er hatte menschliche Nähe gesucht, aber neben Begierde nur Gleichgültigkeit gefunden und sein Entsetzen darüber in Alkohol ertränkt.

Das Gewitter kam näher.

Ein peitschender Donnerschlag zerriß die Stille der Nacht. Der Blitz hatte nur wenige Kilometer entfernt eingeschlagen.

Augenblicke später prasselte der Regen herab. Ein Wolkenbruch, heftiger als alles, was er auf Deluge, dem kleinsten Kontinent des Planeten Hope, schon erlebt hatte.

Ein Irrlicht geisterte durch die Finsternis, der fahle, von zwei Zeltplanen gedämpfte Schein einer Handlampe. Noreen Welean war wach.

Simon glaubte, ihre Silhouette zu sehen, als der Lichtschein intensiver wurde. In Gedanken gingen seine Hände auf Wanderschaft, glitten über ihr Haar, ihren Nacken entlang und streiften die Träger von ihren Schultern. Eine aberwitzige Vorstellung war das, von der die Hochkommissarin für Agrarfragen niemals erfahren durfte. Schließlich war er nur ein Diener, der sich und seine Gefühle zurückzuhalten hatte.

Eine alles durchdringende Helligkeit fegte Simons selbstquälerische Überlegungen beiseite. In diesem Moment schien über dem Dschungel von Deluge eine neue Sonne aufzugehen. Die jähe Lichtflut trieb ihm das Wasser in die Augen.

Der ohrenbetäubende Knall einer Explosion folgte. Fast gleichzeitig spürte Simon den Boden erzittern. Eine zweite, heftigere Bebenwelle ließ ihn taumeln.

Die Angst vor einem Raumschiffsabsturz wich nur zögernd der Erkenntnis, daß in allernächster Nähe ein Blitz eingeschlagen hatte. In der Luft hing ein Hauch von Elektrizität, es roch nach Ozon und schwerem Qualm. Aber jedes Feuer wurde von dem sintflutartigen Regen sofort erstickt.

Jemand rief seinen Namen.

Simon brauchte die Dauer einiger Atemzüge, bis er sich dessen wirklich bewußt wurde. Das Dröhnen des Blutes in den Schläfen überlagerte alles andere.

Jemand? Niemand außer Noreen Welean befand sich in seiner Nähe.

Da war es wieder. Das Prasseln des Wolkenbruchs verschluckte den Ruf fast, aber Simon zögerte nicht länger. Er stieß sich den Kopf an einer der Zeltstangen, aus der Platzwunde sickerte es warm über die Stirn, aber schon im nächsten Moment hatte er den Einstieg geöffnet und stürmte nach draußen.

Der Regen raubte ihm den Atem. Simon tauchte ein in eine Wand aus Wasser, in der die Sicht nur noch wenige Meter betrug. Der Dschungelboden hatte sich in einen riesigen See verwandelt; gut eine Handspanne hoch stand das dampfende Naß, in dem kleineres Getier bereits ums Überleben kämpfte.

Das Gewitter zog mit aberwitziger Geschwindigkeit weiter. Der Donner klang längst nicht mehr so nahe wie noch vor einer oder zwei Minuten.

Noreen Weleans Zelt war beschädigt. Herabbrechende Äste hatten die Seitenwand aufgeschlitzt und sich teilweise in den Boden gebohrt. Das Gestrüpp war so ineinander verflochten, daß es hier kein Durchkommen gab.

»Miß Welean!«

Keine Antwort. Falls die Äste sie unter sich begraben hatten… schon der Gedanke war erschreckend. Simon achtete nicht darauf, daß ihm die Kleidung längst klatschnaß und wie eine zweite Haut am Körper klebte. Ein wahrer Wasserfall schoß ihm den Nacken hinab, und das mit Blütenstaub und Pflanzensäften vermischte Wasser brannte wie Feuer in den Augen.

Nur wenige Meter… zeitweise bis zu den Knien versank er in der Flut, die sich schäumend und brodelnd einen Weg suchte.

Noreen! Er hatte den Vornamen auf der Zunge, aber er sprach ihn nicht aus und wahrte selbst jetzt die Form. »Miß Welean…!«

Er riß den Eingang zu ihrem Zelt auf. Auch hier war das Wasser im Steigen begriffen, wenngleich es den Boden erst wenige Zentimeter hoch bedeckte. Vergeblich versuchte Simon, alles mit einem einzigen Blick zu erfassen. Der Handscheinwerfer brannte noch, wenngleich der Lichtkegel auf die andere Seite gerichtet war und schräg in die Höhe stach. Das reflektierte Streulicht genügte, mehr erkennen zu lassen.

Verglichen mit seinem Zelt war das der Bioprospektorin riesig. Entlang der Längsseite hatte die Frau Versuchsanordnungen aufgebaut; die herabstürzenden Äste hatten vieles davon zerschlagen und ein heilloses Durcheinander angerichtet. Wie Elmsfeuer züngelten elektrische Entladungen auf. Einer der schenkeldicken Äste qualmte bereits; nicht mehr lange, dann würde er trotz der Nässe in Flammen aufgehen.

Noreen stand in halb gebückter Haltung an der Rückwand des Zeltes und starrte ihm entgegen. Im ersten Moment verstand Simon nicht, weshalb sie nicht selbst die Energiezufuhr unterbrach und das Aufflackern eines Feuers verhinderte. Er wollte es selbst erledigen, doch ein scharfer Ausruf ließ ihn innehalten.

»Nicht bewegen!«

Er verstand nicht. Aber er war gewohnt zu gehorchen.

Noreen Weleans Haltung hatte etwas Skurriles, mitten in der Bewegung erstarrt. Simon folgte ihrem Blick – und endlich sah er die Kreatur: ein giftgrün schimmerndes, schlangenartiges Reptil. Es kauerte halb zwischen den Trümmern einer Versuchseinrichtung, und nur der messerscharf gezackte Rückenkamm und der flache Schädel ragten daraus hervor. Die sechs kräftigen, klauenbewehrten Beine und den zuckenden Stummelschwanz ahnte Simon mehr, als daß er sie wirklich wahrnehmen konnte.

Das Biest schien seine Nähe zu spüren und zuckte herum. Zwei eisige Augen starrten ihn an, eine gespaltene Zunge wurde sichtbar.

Es riecht mich! dachte Simon entsetzt.

Im nächsten Moment ein Zuschnappen, ein gräßlich mahlendes Geräusch, als das kantige Maul fingerdicke Metallverstrebungen durchbiß. Simon fror und schwitzte gleichzeitig, alles in ihm schrie danach, sich herumzuwerfen und zu fliehen. Er unterdrückte seine Furcht und fragte sich, ob er schnell genug sein würde, den Blaster aus dem Holster zu ziehen, die Waffe zu entsichern und auch noch mit dem ersten Schuß zu treffen. Das Reptil erweckte nicht den Eindruck, daß es lange genug stillhalten würde. Und was Zähne, die Metallrohre durchtrennten, mit seinen Knochen machen würden, wagte Simon sich besser nicht vorzustellen.

Außerdem, registrierte er entsetzt, hing der Blaster nicht an seiner Hüfte. Die Waffe lag im Zelt. Unerreichbar.

Das Biest schob sich näher. Lauernd. Gierig nach Beute. Der Schweiß brach Simon aus allen Poren. Er zitterte. Und gerade das schien das Reptil anzustacheln.

Alles in ihm drängte danach, die Augen zu schließen, um den Tod nicht sehen zu müssen. Allerdings würde er spüren, wie das Biest ihn zerfleischte. Auch davor hatte er erbärmliche Angst. Wenn wenigstens Noreen fliehen konnte.

»Lauft!«, wollte er schreien. »Bringt Euch in Sicherheit!« Er brachte nicht einen Laut über die Lippen.

Das Reptil fixierte ihn.

Drei Meter, schätzte Simon die Distanz. Das Muskelspiel unter der Schuppenhaut verriet Geschmeidigkeit und Kraft. Er hatte dem nichts entgegenzusetzen.

»Verschwindet, Miß Noreen!« Nur ein Röcheln drang aus seiner Kehle. Weil sie ihn keines Blickes würdigte? War ich kein guter Diener? Habe ich mich nicht bemüht, Euch alle Arbeit abzunehmen?

Sie blickte an ihm vorbei, unverwandt auf einen Punkt zu seiner Rechten.

Erst als das Reptil heranschnellte, begriff Simon: Noreen Welean fürchtete sich nicht davor, ihm in die Augen zu schauen, sie hatte ihn auf etwas aufmerksam machen wollen.

Im allerletzten Sekundenbruchteil warf er sich zur Seite. Das kantige Maul verfehlte ihn, aber die Beine des Tieres schrammten über seine Schulter und den Oberarm, und die scharfen Klauen schnitten wie Dolche durch seine Kleidung.

Neben ihm klatschte das Vieh auf den Boden. Simon achtete nicht mehr darauf, denn gleichzeitig schlug er schwer auf und wälzte sich herum, schrie gellend auf, als der verletzte Arm mit seinem Gewicht belastet wurde. Er schluckte Wasser, schoß prustend wieder hoch und sah vor sich eines der Steckregale.

»Der Blaster… über dir!« Noreen Weleans Stimme überschlug sich in seinen Ohren.

Simon handelte ohne zu überlegen. Sein Arm zuckte hoch, die Finger tasteten suchend über das Brett, das er noch nicht einsehen konnte, und hinter sich hörte er die Geräusche der Echse.

Viel zu lange brauchte er, um die Waffe zu finden. Als seine Finger den kühlen Lauf berührten, griff das Tier erneut an. Mit aller Kraft trat Simon zu. Seine Stiefelabsätze krachten gegen den Reptilienschädel und verschafften ihm die Sekundenbruchteile, die er brauchte, um den Blaster an sich zu reißen. Er zitterte und hatte Mühe, die Sicherung auszuschalten, dann stach der erste Glutstrahl durch das Zelt und setzte die Folie in Brand. Flammen züngelten auf und erstarben in dem imprägnierten Material ebenso schnell wieder.

Der zweite Schuß traf die Echse im Sprung und verbrannte ihren Schädel. Trotzdem prallte der Kadaver gegen Simons Oberkörper. Gurgelnd, mit hastigen Bewegungen versuchte er, sich von der zuckenden Last zu befreien. Es gelang ihm nicht schnell genug. Quer über den Brustkorb zerfetzten die Klauen seine Kombination und fügten ihm weitere blutende Wunden zu.

Der Blaster rutschte aus seiner Hand. Das war der Moment, in dem sich Simon rückwärts gegen das Regal lehnte und halb ohnmächtig die Augen schloß. Hart und stoßweise ging sein Atem, viel zu hastig. Er verkrampfte sich, während eine Hitzewelle seinen Körper durchflutete.

Erst als eine sanfte Hand ihm den Schweiß von der Stirn tupfte und nach seiner Schulter tastete, schaute er auf.

»Du bist verletzt, Simon. Wir müssen die Wunden desinfizieren und…«

»Halb so schlimm«, brachte er hervor. Er spürte, daß sein Lächeln verunglückte, aber nie zuvor war Noreen ihm so nahe gewesen. Er blickte in ihre Augen – und glaubte, Verwunderung zu erkennen.

Die Frau atmete ebenso gepreßt wie er. Erstickend hing der Gestank der verbrannten Hornschuppen und des schwelenden Fleisches in der Luft.

»Ohne dich, Simon, wäre ich jetzt wahrscheinlich tot.«

»Unsinn, ich…« Er verstummte abrupt, als Noreen an seiner blutigen Kombination zerrte.

»Das müssen wir aufschneiden. Und wir brauchen Antibiotika. Ich will nicht wissen, wieviel Bakterien das Biest unter seinen Klauen hatte.«

»Danke für die Aufmunterung«, murmelte Simon.

Die Hochkommissarin ging nicht darauf ein. »Schaffst du es, aufzustehen?«, wollte sie wissen. »Wir müssen in dein Zelt; der erste Schuß hat mein medizinisches Notfallpack zerstört.«

»Wenn Ihr mich stützt…« Simon hätte sich für diese Unverfrorenheit auf die Zunge beißen können, doch da hatte er sie schon ausgesprochen. Zu seiner Überraschung griff Noreen ihm wirklich unter die Achseln und half ihm auf die Beine. Er schwankte leicht und schüttelte sich.

»Es geht schon wieder. Nur eine leichte Schwäche…«

So besorgt hatte die Frau ihn nie zuvor angesehen. Eigentlich, dachte Simon, hat sie mich nie richtig wahrgenommen.

Der Regen prasselte noch wie ein Sturzbach herab. Minuten später hatte Noreen Welean ihm den Ärmel aufgeschnitten und geholfen, das Oberteil der Kombination abzustreifen. Das Desinfektionsmittel tobte in den Wunden wie ein Höllenfeuer; Simon biß die Zähne aufeinander, bis er glaubte, die Kiefergelenke müßten splittern. Tränen quollen aus seinen Augen. Natürlich sah Noreen, wie es um ihn stand, doch sie schwieg. Ihre Berührung tat gut. Ein wenig länger als unbedingt nötig ließ sie ihre Hand auf seinem Nacken liegen, zumindest bildete Simon sich das ein.

Das Wundplasma, das sie aufsprühte, kühlte nicht nur, es bildete innerhalb kurzer Zeit einen festen Schutz und stoppte zugleich die Blutung.

Noreen Welean widmete sich seinem zerkratzten Oberkörper. Hier waren die Fleischwunden eher oberflächlich.

»Das Biest hat dich bös erwischt, Simon.«

»Halb so schlimm«, wehrte er ab. »Deluge ist und bleibt eben kein angenehmer Ort. Das wußte ich vorher.«

»Das wußten wir beide«, ergänzte die Frau. »Fertig. Das sollte genügen, bis wir wieder in der Zivilisation sind. Danke übrigens.« Sie hauchte ihm einen flüchtigen Kuß auf die Stirn.

Simon konnte nicht verhindern, daß ihm das Blut ins Gesicht schoß. Noreen stand klatschnaß vor ihm, ihre Kleidung klebte wie eine zweite Haut am Körper und verbarg herzlich wenig. Dicht vor sich sah Simon ihre Brüste, er hätte nur den Kopf ein wenig nach vorne beugen müssen, um sie sanft mit den Lippen zu berühren.

Krampfhaft schloß er die Augen.

Als er die Lider wieder öffnete, hatte Noreen ihre Position nicht um einen Zentimeter verändert. Wartete sie darauf, daß er endlich seine Zurückhaltung aufgab und vergaß, daß sie in der Hierarchie der Post-Giant-Ära über ihm stand? Simon wußte plötzlich nicht, wohin mit seinen Händen, er war aufgeregt wie ein Teenager vor der ersten Verabredung.

»Warum hebst du die Arme nicht hoch?«, fragte Noreen leise. »Dann sehen wir, ob der Sprühverband wirklich hält.« Sie griff nach seinen Händen und half ihm dabei, aber sie ließ ihn auch nicht los, als er nickte.

»Alles bestens, Miß Welean.«

»Ist das alles, Simon?«

»Was…?« Er schluckte schwer, als seine geheimsten Träume Wahrheit wurden. Noreen legte seine Hände auf ihre Brüste. Schweigend und darauf hoffend, daß er…

Simon griff zu. Sanft und fordernd zugleich. Er spürte ihre Erregung, wie die Frau sich ihm entgegendrückte, und dann glitten seine Hände höher, umfaßten ihr Gesicht, und er zog sie zu sich herab und küßte sie, zaghaft erst und übervorsichtig, als fürchte er, im nächsten Moment aus diesem schönen Traum aufzuwachen. Noreen erwiderte den Kuß, ihre Lippen öffneten sich für ihn, gleichzeitig wanderten seine Hände unter den Stoff ihrer Jacke. Mit zitternden Fingern löste er die Magnetverschlüsse, und Noreen half ihm dabei, den Stoff abzustreifen.

»Ich…«

Sie legte ihm zwei Finger auf die Lippen. »Sag jetzt nichts, Simon.«

Seine Lippen wanderten über ihre Schultern, verharrten eine Zeitlang auf ihren Brüsten und glitten tiefer, während sie an seinem Gürtel zerrte.

Ein Traum. Das kann nicht Wirklichkeit sein. Aber wenn dem so war, wollte Simon niemals wieder aufwachen. Er konnte sich nicht erinnern, ob er je so viel Glück empfunden hatte, wie in diesen Minuten. Noreen Welean, seine strenge Chefin, gab sich ihm hin. Weich und warm schmiegte sie sich an ihn und genoß jeden Augenblick ebenso sehr wie er. Sie waren wie Ertrinkende, die sich aneinander festkrallten, bis sie schließlich gemeinsam die Erlösung hinausbrüllten und sich immer noch zögernd voneinander lösten.

Sanft strich Noreen über seinen Arm und den Brustkorb. »Schmerzen?«, wollte sie wissen.

»Jetzt nicht mehr«, antwortete der Diener. »Ich habe mich nie so wohl gefühlt…« Mit den eigenen Händen fuhr er die Linien nach, die sie auf seine Haut malte, die Wunden, an denen sein Körper…

… aufgerissen?

Ein seltsamer Gedanke.

… explodiert?

Er reagierte verwirrt, starrte seine Hände an und den nackten Leib. Die Haut war rot vom Blut.

Überhaupt war es eine eigenartig straffe Haut. Glatt und ohne Poren.

Tofirit!

Ungläubig hob Simon den Blick. Das war nicht sein Zelt. Und Noreen – im ersten Ansturm der Gefühle war er versucht, nach ihr zu rufen – war verschwunden. Er befand sich inmitten einer weitläufigen, von künstlichem Licht spärlich erhellten Halle. Sie war angefüllt mit teils gewaltigen Aggregatblöcken, vieles davon fremdartig, anderes seltsam vertraut wirkend.

Mysterioustechnik?

Wer bist du? dachte Simon betroffen. Der Körper, in dem er sich befand, war der eines Wächters. Doch es konnte unmöglich sein eigener sein.

Mein eigener Körper war der, den ich auf Hope für immer verlor, berichtigte er sich spontan. Alles andere war aufgezwungen, obwohl er sich längst an die Hülle aus Tofirit gewöhnt und eine Vielzahl von Funktionen herausgefunden hatte. Der Leib, in dem er jetzt steckte, wirkte hingegen fremd und kalt.

Das Programm schwieg. Falls es ein Programm gab.

Vergeblich versuchte Simon, Einfluß zu nehmen. Er schaffte es nicht einmal, die Molekülgruppierungen zu verändern. Stumm starrte er auf die Hand mit den Metallfingern, die sich seinem Willen nicht unterwerfen wollte. Nicht einmal diese Hand…

2.

Wallis Industries war das größte Industriekonglomerat der Erde, mit Firmen rund um den ganzen Globus. Von der Schwerindustrie bis zur Hyperraumtechnologie war alles vertreten. Sitz der Firmenzentrale war ein rund achtzig Quadratkilometer umfassendes Gelände bei Pittsburgh, Pennsylvania.

An einem lauen Abend in der ersten Maihälfte des Jahres 2059 kamen dort neun Personen zu einer Geheimsitzung zusammen. Das konspirative Treffen fand in einem kleinen Konferenzzimmer im dreistöckigen Verwaltungsgebäude statt.

Keiner der neun Verschwörer trug eine Maske, so daß ein heimlicher Beobachter von jedem Anwesenden problemlos einen Steckbrief hätte anfertigen können.

Jahrgang 2012. Groß, schlank, sportlich. Langes, leicht schütteres Haar, zusammengebunden zu einem Pferdeschwanz. Eleganter Anzug mit grellbunter Weste. Ehemaliger Basketballer, mittlerweile Golfer.

So hätte der Steckbrief von Terence Wallis lauten müssen, dem Besitzer von Wallis Industries und Wallis Star Mining sowie Biotechnologique und zahlreicher anderer Tochtergesellschaften auf Terra und einer ganzen Reihe von Planeten.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!