hoffentlich. - Clemens Sedmak - E-Book

hoffentlich. E-Book

Clemens Sedmak

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  • Herausgeber: Tyrolia
  • Kategorie: Bildung
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2020
Beschreibung

Wie wird es weitergehen? Philosophische und spirituelle Impulse in unsicheren Zeiten Gerade in Krisenzeiten haben wir oft das Bedürfnis uns auszutauschen – nicht alleine zu sein heißt auch nicht alleine gelassen zu sein. Der Philosoph Clemens Sedmak hat deshalb den aufgezwungenen Stillstand als Einladung genommen zum persönlichen Innehalten, zum Nachdenken und Gesprächeführen – mit anderen und mit sich selbst. Entstanden sind so fiktive Gespräche der unterschiedlichsten Art: mit einem Journalisten, mit einer Therapeutin, mit einer Theologin, mit einem Historiker, mit einem Dichter, mit einer Mystikerin, mit einem Geschichtenerzähler, mit einer Philosophin uva. Sie machen deutlich, dass die vom Corona-Virus ausgelöste weltweite Krise eine neue Verantwortung, eine neue Notwendigkeit zu Verstehen mit sich bringt – und eine Zeit kreativer Neuaufbrüche sein kann. Clemens Sedmak legt hier kein Trostbuch vor, das uns vormachen will, alles sei nicht so schlimm, und es ist auch kein Rezeptbuch, das ein Programm zum guten Leben in wenigen Schritten verspricht. Es ist ein Hoffentlichkeitsbuch. Billiger Optimismus wäre blind und naiv und vorschnell, schreibt Clemens Sedmak, teure Hoffnung hingegen sei "bewohnte Hoffnung", die mit Leben gefüllt ist: "Die Hoffnung, die wir brauchen, ist wie ein Gemeinschaftsgarten, zu dem alle beitragen können, von dem aber auch alle ernten können."

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Seitenzahl: 108

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CLEMENS SEDMAK

hoffentlich.

Gesprächein der Krise

Nachhaltige Produktion ist uns ein Anliegen; wir möchten die Belastung unserer Mitwelt so gering wie möglich halten. Über unsere Druckereien garantieren wir ein hohes Maß an Umweltverträglichkeit: Wir lassen ausschließlich auf FSC®-Papieren aus verantwortungsvollen Quellen drucken und verwenden Farben auf Pflanzenölbasis. Wir produzieren in Österreich und im nahen europäischen Ausland, auf Produktionen in Fernost verzichten wir ganz.

Mitglied der Verlagsgruppe „engagement“

© 2020 Verlagsanstalt Tyrolia, Innsbruck

Umschlaggestaltung: stadthaus 38, Innsbruck

Layout und digitale Gestaltung: Tyrolia-Verlag, Innsbruck

ISBN 978-3-7022-3885-8 (gedrucktes Buch)

ISBN 978-3-7022-3886-5 (E-Book)

E-Mail: [email protected]

Internet: www.tyrolia-verlag.at

Inhalt

Vorwort

1Schwellenwege und Widerwachsen

Gespräch mit einem Wortschöpfer

2Die Ungleichheiten werden verschärft

Gespräch mit einer Gesellschaftswissenschafterin

3Trost ist Treue im Zerbrechlichen

Gespräch mit einem Seelsorger

4Vielleicht hängt es damit zusammen, dass wir alle gemeinsam Neuland betreten

Gespräch mit einer Katastrophenforscherin

5Das ganze Unglück der Menschheit

Gespräch mit einem Mann in Quarantäne

6Würdest du auch die Pest wählen?

Gespräch mit einer Theologin

7Hoffnung ist Wasser für den inneren Garten

Gespräch mit einem Journalisten

8Einübung in eine neue Behutsamkeit

Gespräch mit einer Entwicklungsforscherin

9Auf einmal tun alle so, als wäre ich wichtig 83

Gespräch mit einem Raumpfleger

10Wir brauchen einen neuen Sozialvertrag

Gespräch mit einer Philosophin

11Weißt du, was die Geburtsstunde der Neuzeit ist?

Gespräch mit einem Historiker

12Die Tür in uns

Gespräch mit einer Dichterin

13Die Kraft aus den guten Jahren

Gespräch mit einem Weisen

14Die Last der Unsicherheit

Gespräch mit einer Therapeutin

15Eine Geschichte ist eine Einladung zu einer Reise

Gespräch mit einem Geschichtenerzähler

16Warten ist Arbeit

Gespräch mit einer Mystikerin

Nachwort

Vorwort

In einer Krise haben wir nicht selten das Bedürfnis, mit jemandem zu reden. Ich habe Gespräche gesucht und fühlte mich dadurch weniger allein. Die in diesem schmalen Band versammelten Gespräche sind fiktiv – sie haben so nicht stattgefunden. Es mögen auch Selbstgespräche dabei sein, Gespräche, die ich mit mir auf Spaziergängen geführt habe. Es sind aber auch Elemente von Dialogen dabei, die ich erlebt habe. Unser Denken ist immer auch Produkt der Gespräche, die wir führen.

In der Krise wollen wir nicht allein sein, schon gar nicht: allein gelassen sein. Das gute Gespräch ist wie eine Brücke, die vor dem Abgrund bewahrt – oder einfach davor, in einen Bach zu fallen und sich zu erkälten. Die Gespräche, die ich hier zusammengetragen habe, sind Beispiele für viele weitere Gespräche, die wir führen können, ja sollen.

Denn der Stillstand und die Verlangsamung, die uns das Jahr 2020 aufgezwungen hat, laden ein, stehen zu bleiben, nachzudenken, ins Gespräch zu kommen. Darin liegt auch eine – teuer und schmerzlich erkaufte – Freiheit. John Locke hat einmal sinngemäß gesagt, dass die Freiheit des Menschen darin besteht, innezuhalten und sich den nächsten Schritt zu überlegen.

Wir haben eine neue Freiheit: die Freiheit nachzudenken. Und wir haben eine neue Verantwortung: die Verantwortung, achtsam zu sein. Die Zeiten der harmlosen Gedankenlosigkeit scheinen vorbei. Gedankenlosigkeit ist leidvoll geworden.

Die Krise im Jahr 2020 hat uns hart und unvorbereitet getroffen. Wir hatten uns als Passagiere auf dem Schiff Erde darauf eingerichtet, so weitermachen zu können wie bisher– schnell von einem Ort zum anderen zu kommen, viel zu sehen, viel zu tun, viel herzustellen, viel zu konsumieren. Es war kein Sättigungspunkt eingebaut, kein Punkt, an dem wir hätten sagen können: Es ist genug.

Die Krise wurde durch ein winziges Virus ausgelöst – das Coronavirus, das zur Lungenerkrankung Covid-19 führen kann, hat die Weltwirtschaft und das gesellschaftliche Leben lahmgelegt. Wir finden uns in einer neuen Situation, die wir versuchen zu verstehen.

Dieses Buch will ein Beitrag zu dieser Verstehensarbeit sein. Es ist kein Trostbuch, das vormachen will, dass alles halb so schlimm ist, und es ist kein Rezeptbuch, das ein Programm zum guten Leben in wenigen Schritten verspricht. Es ist ein Hoffentlichkeitsbuch.

Ich habe das Buch „hoffentlich.“ genannt. Das soll ausdrücken, dass wir die Hoffnung nicht als festen Gegenstand in der Hand haben, sondern als Sehnsuchtskraft spüren. Ein Satz, der mich in schweren und nun auch diesen Zeiten begleitet, stammt von meiner Schwiegermutter. Sie hat vieles mitgemacht, die Kriegsjahre als Kind und die frühen Nachkriegsjahre als Jugendliche. „Und es ist immer wieder weitergegangen“, hat sie einmal zu mir gesagt.

Es wird weitergehen. Ganz hoffentlich.

Schwellenwege und Widerwachsen

Der Wortschöpfer ist beim Malen. Hingebungsvoll fährt er mit dem Pinsel über die Leinwand. Eine Farbexplosion mit Konturen. Ich glaube, Menschen zu erkennen, die der Sonne entgegengehen.

Wir brauchen neue Worte, sagt der Wortschöpfer und wendet sich mir zu.

Das sagst du doch immer, das ist doch dein Leben, erwidere ich.

Eine Krise ist wie ein neues Land. Da müssen wir eine neue Sprache lernen. Wir sind im Exil, da heißt es, sich neue Wörter anzueignen, eine neue Grammatik.

Begriffe drücken das aus, was uns im Leben wichtig ist, denke ich mir. Es ist bezeichnend, dass wir für bestimmte Erfahrungen kein Wort haben. Wir haben Wortlücken. Wortlücken sind aufschlussreich wie Zahnlücken. Zahnlücken geben einen tieferen Einblick in den Mund eines Menschen; sie deuten eine Leerstelle an, gerade dann, wenn sich das schwarze Loch zwischen zwei weißen Zähnen befindet. Zahnlücken sind Träger von Botschaften – Wachstum, Schlägerei, zahnmedizinische Unterversorgung, Armut sind Kandidaten für das, was eine Zahnlücke aussagt. Lücken lassen tief blicken. Das gilt auch für Wortlücken.

Bestimmte Wörter veralten und sterben aus, weil wir keine Verwendung mehr für sie haben; die Wörter „Karzer“, „Ingrimm“, „Wählscheibe“ oder „Mündel“ haben ihre Schuldigkeit getan. Auch das Wort „Vatermörder“ hat schon weniger blutige Tage gesehen. Es sagt viel über meine Lebensgestaltung aus, über welche Begriffe ich verfüge. Und es sagt viel über eine Gesellschaft aus, welche Wörter uns fehlen.

Wir haben kein Wort für die Erfahrung, sich um Familienmitglieder zu sorgen, die in der Ferne weilen („Fernsorgenweh“?). Wir haben kein Wort, um das immer wieder neue Erschrecken auszudrücken, das wir beim Lesen der immer wieder aktualisierten Statistiken empfinden („Wiederschreckung“?). Wir haben kein Wort, um die Erleichterung auszudrücken, wenn ein Testergebnis negativ ist und sich jemand gesund wähnen darf („Gesundheitsbeglückung“?). Worte prägen unseren Blick auf die Welt. Wenn ich ein Wort wie „Abstumpfungsangst“ habe, kann ich meine Sorge ausdrücken, angesichts der vielen Fälle das Mitgefühl zu verlieren (im Sinne einer „Mitgefühlserschöpfung“).

Wir brauchen eine Sprache, um auszudrücken, was wir empfinden und erfahren, sagt der Wortschöpfer. Da brauche ich das Wort „Beständigkeitsverlust“ und das Wort „Zukunftsschmelze“. Ich brauche das Wort „Erstmaligkeitsdunkel“, das Dunkel, das sich daraus ergibt, dass etwas in dieser gewaltigen Form das erste Mal in unserer Zeit auftritt. Ich brauche das Wort „stiller Jähstand“, um auszudrücken, dass wir uns ganz plötzlich und unvorbereitet in einem Stillstand befinden. Ich brauche die Wortbildung „billige Sehnsucht“, um zu sagen, dass wir uns danach sehnen, mühelos und ohne Opfer zum Alten und Vertrauten zurückkehren zu können. Ich brauche das Wort „aufwändig ungeplante Katastrophe“. Damit will ich sagen, dass wir uns einen aufwändigen Lebensstil zu eigen gemacht haben, der mit der jetzigen Katastrophe, die wir nicht kommen sahen, überfordert ist.

Mir gefällt dieses Spiel mit Worten, vor allem auch, weil ich eingestehen muss, dass es nicht bloß ein Spiel ist. Begriffe sind eine ernste Angelegenheit. Sie helfen uns auch, Dinge neu anzusehen und Dinge neu anzugehen.

Ich nehme das Wort „Zeitlast“, um anzudeuten, dass manchen Menschen die Zeit, die sie durch die Krise haben, lange wird, zur Last, zur Belastung, im Sinne eines „Zeitdruckverlusts“. Ich bilde das Wort „Leerenbürde“ und meine damit die Bürde, die ein nicht ausgefülltes Leben mit sich bringt. Ich forme das Wort „Hineinander“ und meine damit ein neues Miteinander, das sich erst einspielen muss, aber mit einer gewissen Ausrichtung aufeinander hin zu tun hat.

Du hast recht, sage ich, neue Wörter schenken neue Freiheiten.

Es ist auch befreiend, Wörtern auf die Schliche zu kommen, sagt der Wortschöpfer überraschend.

Wie meinst du das?

Nun, es ist doch faszinierend, Wörtern auf den Grund zu gehen, sie auf ihre Herkunft und Geschichte hin zu befragen. Begriffe erzählen Geschichten. Das Wort „Desaster“ zum Beispiel hängt mit dem Wort „astrum“ (Stern, Gestirn) zusammen und meint: „Trennung vom guten Stern“. Oder das Wort „Katastrophe“ kommt aus dem Griechischen und hat zu tun mit drehen, wenden, umkehren, umdrehen. Das ist doch spannend – die Natur hat den Spieß mit dieser Katastrophe umgekehrt. Oder: unser Leben wird durch die Katastrophe gewendet. Oder: Wir müssen umkehren, um mit der Katastrophe zurechtzukommen. Interessant ist auch, dass das Wort „Katastrophe“ seinerzeit, als es in unsere Sprache einzog, vor allem den Schlussakt eines Dramas meinte. Es ist dann sozusagen das Ergebnis von dramatischen Vorgängen. Für mich heißt das, dass eine Katastrophe immer auch damit zu tun hat, dass man erntet, was man gesät hat.

Der Wortschöpfer zeigt sich richtiggehend begeistert. Ich muss ihm zustimmen, es ist faszinierend.

Das englische Wort „emergency“ (Notsituation, Notlage) ist auch spannend, füge ich einen Gedanken hinzu. Es hängt mit „emergieren“ zusammen, mit hochkommen, an die Oberfläche gelangen. In einer Notlage zeigt sich etwas, was bislang verborgen war; es tritt etwas zutage, was bisher im Dunklen lag. Es „zeigt“ sich etwas. Die jetzige Krise hat etwas freigesetzt, was unterdrückt und unsichtbar war, nun können wir es nicht mehr leugnen.

Nennen wir das die Unleugbarkeitskraft der Krise, sagt der Wortschöpfer. Und fährt dann fort: Wir brauchen eine Sprache, um auszudrücken, wie wir uns gegen die Krise stemmen, wie wir aufstehen gegen das, was uns bedroht und belastet. Ich schaffe das Wort „widerwachsen“: anwachsen gegen die Krise, größer werden im Widerstand gegen die Krise. Ich erfinde das Wort „Schwellenwege“, um auszudrücken, dass wir uns in einer Krise in einem Schwellenzustand befinden und nun in eben diesem Zustand neue Wege gehen müssen.

Der Wortschöpfer begann wieder zu malen; ich erkannte nun eine gewisse Ordnung in der Farbenfülle, sie war erst buntes Chaos, dann dunkle Trostlosigkeit, wurde dann zu langsam wachsender geordneter Vielfarbigkeit.

Wir brauchen Worte wie „zutrösten“ und „hinfühlen“ und „mithalten“. Auch das Wort „verbinden“ wird besonders wichtig: Wir müssen Wunden verbinden, wir müssen Verbindungen pflegen, wir müssen Bindungen festigen, wie man einen Knoten bindet.

Ich will jetzt in der Krise ein Wort für die zarte Dankbarkeit, die aufkeimt, weil die Bäume doch noch blühen, sage ich. Vielleicht das Wort „Dankfreudigkeit“ oder das Wort „Dankleichterung“, das die dankbarkeitsstiftende Erleichterung ausdrücken soll, dass es Zeichen des „Weiter“ gibt.

„Weiterzeichen“ sind das, sagt der Wortschöpfer, Weiterzeichen, die „Weitermut“ machen, Mut zum Weitergehen. Lass uns neue Wörter schöpfen, die wir in der Krise brauchen, sagt der Wortschöpfer. Vielleicht brauchen wir auch exotische Zutaten wie für ein besonderes Gericht. Es gibt ja wunderbare Wörter in anderen Sprachen. Das griechische Wort „filotemo“ (Liebe zum Ehrgefühl) könnte nützlich sein oder das Wort „Pana Po‘o“ aus Hawaii (Kratzen des Kopfes, um sich an etwas zu erinnern).

Bitte schenk mir ein Wort, ganz speziell für mich, bitte ich den Wortschöpfer.

Er lässt sich nicht lange bitten.

Denk an zwei kraftvolle Empfindungen. Denk an die Empfindung, die du hast, wenn du an etwas denkst, was du geliebt hast, was nun aber nicht mehr möglich ist. Zum Beispiel: Unbeschwert auf einer Parkbank sitzen. Oder: in aller Unschuld eine Fernreise planen. Manche Menschen dürfen nach einer Operation bestimmte Dinge nicht mehr tun oder können nach einer Krankheit bestimmte Dinge nicht mehr essen. Das ist eine Empfindung von Schmerz und Trauer und Verlust und Einschränkung, aber doch auch gepaart mit einer schönen Erinnerung. Und dann denk an die Freude, die du spürst, wenn du etwas wiederfindest, das du verloren hast und verloren glaubtest. Denk also daran, wie es ist, einen Schlüssel zu verlieren – mit einem Schlag ist dein Leben ganz anders; alles wird von der Suche nach dem Schlüssel in Anspruch genommen. Du bist besessen von diesem Schlüssel, kannst dich auf nichts anderes mehr konzentrieren. Und dann findest du den Schlüssel. Und da ist diese Freude ob des Wiederfindens. Und nun setze diese beiden Empfindungen zusammen: „von schönen Erinnerungen begleitete Verlusttrauer“ trifft „dankbare Erleichterung ob des Wiederfindens von Verlorengeglaubtem“. Das Wort, das diese beiden Empfindungen vereint, könnte das Wort sein: Zurückhalt.

Ich bin begeistert. Ist das das richtige Wort? Jedenfalls fühlt sich mein Geist beschwingt.

Und der Wortschöpfer fährt mit dem Pinsel über die Leinwand. Er hat eine helle, kräftige Farbe gewählt.

Die Ungleichheiten werden verschärft

Man liest manchmal, dass ein Virus keine sozialen Grenzen respektiert und Arme wie Reiche befällt; man hört, dass sich Viren nicht an Staatsgrenzen halten, ohne Reisepass durch die Welt reisen und die Wohlhabenden wie die Notleidenden treffen, sagt die Gesellschaftswissenschafterin zu mir.

Ich kann damit durchaus etwas anfangen: Das Virus, das zur Pandemie geführt hat, macht keinen Unterschied zwischen Hautfarbe, Geschlecht, Wohlstand, Bildung. Und so erwidere ich: Deswegen konnte Papst Franziskus ja auch am 27. März 2020 in einer bewegenden Andacht auf dem gespenstisch menschenleeren Petersplatz sagen, „dass wir alle im selben Boot sitzen, alle schwach und orientierungslos sind, aber zugleich wichtig und notwendig“.

Wir fahren vielleicht im selben Meer und teilen uns denselben Planeten, aber wir sitzen nicht alle im selben Boot, bekomme ich zur Antwort.