Honor Harrington: Im Exil - David Weber - E-Book

Honor Harrington: Im Exil E-Book

David Weber

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Beschreibung

Ein neues, in sich abgeschlossenes Abenteuer um die schillernde Honor - diesmal im Exil.



Das E-Book Honor Harrington: Im Exil wird angeboten von Bastei Lübbe und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:
Manticore;Heliosphere;Raumkampf;Commander;Raumschiffe;Galaxie;Dystopie;Postapokalypse;Marsianer;R2D2;Raumschiff;Weltraumabenteuer;casca;Young;Uruguay;Südamerika;State of New South Wales;Rio Grande do Sul;Ozeanien;Departamento de Río Negro;Brasilien;Australien;Post apokalypse;Weltraum;Science Fantasy;Heinlein;PROTECTOR;Admiral;Big Bang Theory;Science Fiction Romane;High Tech;futuristisch;Sci Fi;Avatar;timothy zahn;Zukunft;Weltall;Utopie;Technology;Star wars;Scifi;Apokalypse

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Seitenzahl: 782

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Im Exil

Roman

Ins Deutsche übertragenvon Dietmar Schmidt

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Deutsche Erstveröffentlichung

Titel der englischen Originalausgabe: »Flag in Exile«

© 1995 by David Weber

Für die deutschsprachige Ausgabe: © 1999/2014 by

Bastei Lübbe AG, Köln

Lektorat: Ruggero Leò/Stefan Bauer

Titelillustration: Gary Rudell/Agentur Thomas Schlück GmbH

Umschlaggestaltung: QuadroGrafik, Bensberg

E-Book-Produktion: Urban SatzKonzept, Düsseldorf

ISBN 978-3-8387-2260-3

Sie finden uns im Internet unterwww.luebbe.de

Bitte beachten Sie auch: www.lesejury.de

Für Roger Zelazny –Einen Gentleman, einen Gelehrten, einenGeschichtenerzählerund einen Freund, den ich nicht lange

Prolog

Auf der Flaggbrücke Ihrer Majestät Sternenschiff Queen Caitrin saß der Admiral der Grünen Flagge Hamish Alexander, Dreizehnter Earl von White Haven, und starrte in den »Plot«, die holographische taktische Darstellung. Das Zentralgestirn des Nightingale-Systems glitzerte darin als weißer Funke, und dessen einziger bewohnbarer Planet, der zu weit entfernt war, um mit bloßem Auge sichtbar zu sein, zeigte sich als blaugrüner Lichtpunkt.

Die roten Lichtkennungen der havenitischen Kriegsschiffe taten es den Himmelskörpern gleich: Sie sprenkelten das Display wie ein aggressiver Hautausschlag. Die Schiffe standen zwischen der gelben G3-Sonne und der Queen Caitrin. White Haven betrachtete diesen Wall aus Licht aufmerksam. Die Sensoren der Volksflottenschiffe mussten seinen Verband schon vor Stunden entdeckt haben, doch bisher hatte der Gegner nichts Ausgefallenes versucht: Er hatte sich lediglich zwischen White Havens Kampfverband und dessen Ziel zu einer Mauer formiert und einen Kurs gesteuert, der das Zusammentreffen weit innerhalb der Hypergrenze des Sonnensystems platzierte. Damit überließ der Feind zwar White Haven die Initiative, der aber vermochte nicht allzu viel damit anzufangen. Die Haveniten wussten genau, was White Haven wollte, und sie befanden sich systemeinwärts von seinem Kampfverband und verfügten über die Mittel, ihre Position auch zu halten. Noch schlimmer, sie blieben zusammen und verfielen nicht in die zerstreuten Manöver, zu denen die Volksflotte in letzter Zeit oft neigte. Die Haveniten waren vier zu drei in der Überzahl, und angesichts ihrer Beharrlichkeit hatte White Haven sämtliche Gedanken an taktische Taschenspielertricks beiseitegeschoben. Aber er vertraute auf die Überlegenheit seiner Schiffe, und wenn er die Havies nicht aufspalten oder ausmanövrieren konnte, dann wollte er sie eben frontal angreifen.

Ein letztes Mal las er die Distanz ab, dann blicke er auf den Combildschirm, der das Kommandodeck der Queen Caitrin zeigte.

»Nun denn, Captain Goldstein. Sie dürfen das Feuer eröffnen.«

»Aye, aye, Mylord!«, schnarrte Captain Frederick Goldstein, und die Backbordbreitseite von HMS Queen Caitrin spuckte die erste schwere Salve.

Gleichzeitig mit dem Flaggschiff feuerte der Rest von Schlachtgeschwader 21, und alle acht Superdreadnoughts lösten simultan die Raketengondeln aus, die sie mit sich schleppten. Die Dreadnoughts von BatRon 8 und BatRon 17 schlossen sich an, und 3 200 impellergetriebene Raketen setzten zur Durchquerung von fünfeinhalb Millionen Kilometern Vakuum an.

White Haven beobachtete ihre Flugbahnen auf dem Plot und zog ein finsteres Gesicht. Dieser Eröffnungsschlag war klassisch, geradezu dem Taktiklehrbuch entnommen, und doch verspürte er ein bohrendes Unbehagen, das durch nichts Ersichtliches oder Fassbares begründet war. Voraus befanden sich erheblich mehr Ziele, als es dort hätte geben dürfen. Monatelang war der havenitische Widerstand bestenfalls punktuell gewesen und mit Einheiten vorgetragen worden, die aus irgendeinem Grunde lange genug zusammengehalten hatten, dass man sie noch gegen Manticores Vorstoß auf Trevors Stern einsetzen konnte. Nur entsprach die havenitische Kampfkraft in diesem Sonnensystem eher schon einem echten Kampfverband. Der Unterschied zwischen ihrem beständigen, unbeirrten Kurshalten und der Verwirrung, die seit Kriegsbeginn die havenitischen Flottenbefehlshaber heimgesucht hatte, hätte nicht größer sein können. In White Haven weckte der Gegensatz eine instinktive Vorsicht, es war, als stochere ihm dieser Instinkt fortwährend mit einem spitzen Stecken in die Seite. Nur darum feuerte White Haven auf derart große Entfernung, anstatt näher heranzugehen, bevor er seine erste und zugleich schwerste Salve auslöste. Er brachte sich dazu, bewegungslos zu sitzen, und kämpfte sodann den Drang nieder, erneut auf dem Sessel herumzurutschen. Die havenitische Feuererwiderung punktierte das taktische Display.

Der feindliche Beschuss war leichter als der Feuersturm, den White Havens Schiffe abgegeben hatten, denn die Haveniten vermochten den manticoranischen Raketengondeln nichts Vergleichbares entgegenzusetzen. Aber der gegnerische Kampfverband bestand aus vier kompletten Schlachtgeschwadern: insgesamt zweiunddreißig Wallschiffe, ohne Ausnahme Superdreadnoughts. Der havenitische Schlachtwall spie zwölfhundert Raketen gegen White Haven, und der Admiral unterdrückte einen Fluch, als er begriff, dass sich der Beschuss sich einzig und allein auf die acht Großkampfschiffe von BatRon 21 konzentrierte.

Die tödlichen Leuchtwürmchen schwärmten aufeinander zu. Durch die Queen Caitrin ging ein Ruck, als sie die zweite Breitseite ausstieß, bald gefolgt von der dritten, und dann glommen die grünen Pünktchen des Abwehrfeuers auf und warfen sich der Vernichtung entgegen, die sich auf White Havens Vorhutgeschwader stürzte. Havenitische Raketen vergingen, von überschnellen Antiraketen zerrissen, doch gab es einfach zu viele Angreifer. Die Havies hatten offenbar Nachhilfe in Taktik erhalten – ihr dicht konzentrierter Beschuss diente unverkennbar dem Versuch, die Nahbereichsabwehr von Schlachtgeschwader 21 zu sättigen. Der manticoranischen technischen Überlegenheit zum Trotze musste die massive Salve wenigstens zum Teil durchkommen.

White Havens Eröffnungsbreitseite gelangte als erste auf Angriffsentfernung und bahnte sich den Weg durch das verzweifelte Kreuzfeuer der letzten Verteidigungen. Laser schwenkten herum und spuckten kohärentes Licht in dem Bemühen, die heranrasenden Raketen auf mindestens fünfundzwanzigtausend Kilometer Abstand zu vernichten, aber die Wahrscheinlichkeitstheorie kennt keine Günstlinge. Obwohl White Haven seine Salve nicht bloß über ein Geschwader, sondern über drei ausgebreitet hatte, war seine Salvendichte dennoch höher. Laser-Gefechtsköpfe detonierten, und bombengepumpte Laser zuckten auf ihre Ziele herab.

Seitenschilde wanden sich unter dem Anprall und schwächten die Strahlen ab. Aber trotzdem brachen Dutzende der Strahlen hindurch, und von Panzerstahlrümpfen stoben glühende Splitter auf. Aus den durchbohrten Flanken der Leviathane strömte die Atemluft, Männer und Frauen starben, Geschütze und Raketenwerfer wurden zerschmettert, und explodierende Antriebsemitter brachten die Energiesignaturen zur Fluktuation. Doch während White Havens Raketen dem Feind noch zusetzten, waren die Reste der ersten havenitischen Salve an den manticoranischen Antiraketen vorbei. Nun waren White Havens Lasercluster an der Reihe, Feuer zu spucken, aber BatRon 8 stand zu weit achteraus, um seine Raketenabwehrgeschütze effektiv einsetzen zu können. Alles lag nun an Schlachtgeschwader 21 und 17, und die beiden hatten zusammengenommen einfach zu wenig Lasercluster zur Verfügung. Zahlenmäßige Überlegenheit band alle Geschütze, viele havenitische Raketen blieben unbehelligt, und dann blinkten an den grünen Lichtkennungen der eigenen Schiffe auf White Havens Display die ersten Anzeigen für Gefechtsschäden auf.

Neue Salven zuckten hervor, Gefechtsdurchsagen und das Piepen von Vorrangmeldungen umgaben den Admiral. Er senkte halb die Lider und konzentrierte sich. Seine Geschwaderchefs und

Schiffskommandanten verstanden ihr Geschäft, und die erste Breitseite hatte den Havies übel mitgespielt. Am unteren Rand des Displays tanzte die Abschätzung der gegnerischen Schäden; die Operationszentrale hatte diese Kalkulation erstellt, demzufolge dreimal so viele havenitische wie manticoranische Schiffe Treffer kassiert hatten. Ein oder zwei Schiffe erweckten sogar den Eindruck, als seien sie halb zu Wracks geschossen worden, aber dennoch näherte sich der Feind weiterhin. Die Queen Caitrin erbebte, als sie einen Treffer erhielt, und beim zweiten Treffer flackerte White Havens Plot kurz, stabilisierte sich jedoch unverzüglich. Fast unbewusst nahm er die seitliche Anzeige der Schadenskontrolle wahr. Die Wunden der Queen Caitrin waren leicht, aber der Abstand zwischen beiden Schlachtwällen schmolz rasch dahin. Raketen zuckten mit zunehmender Wut hin und her, während der Abstand fiel, und White Haven wusste mit untrüglicher Gewissheit, dass das Gefecht schlimm werden würde.

»Da haut der erste ab!«, rief White Havens Stabschef. Ein so gut wie manövrierunfähiger havenitischer Superdreadnought verließ den feindlichen Schlachtwall und legte sich auf die Seite, um dem manticoranischen Beschuss den Bauch seines Impellerkeils zuzuwenden.

»Ich seh’s, Byron«, antwortete White Haven, aber seine unbewegte Stimme ließ Captain Hunters Jubel vermissen, denn das ungute Gefühl, das dieser neue, gefährliche Gefechtsrhythmus in White Haven hervorrief, verstärkte sich beim Rückzug des beschädigten Schiffes. Dieses eine Schiff mochte von seinen Schäden zum Verlassen der Formation getrieben worden sein, aber die anderen hielten Kurs, und ihre Raketenwerfer überzogen den manticoranischen Verband mit Verderben. White Haven biss die Kiefer zusammen und musste einräumen, dass die Havies sich offenbar wieder erholt hatten. Schon ihre anfängliche, konzentrierte Zielerfassung lag Welten entfernt von der Stümperei, die sich in den vergangenen Monaten bei ihnen eingeschlichen hatte, und ihr Durchhalten unter Beschuss war ebenfalls vorbildlich. Eigentlich hätten sich mittlerweile Schiffe in Zweier- und Dreiergruppen vom feindlichen Schlachtwall lösen müssen, der viel mehr Treffer einstecken musste als White Havens Verband. Der neuerliche Beweis für Manticores technische Überlegenheit hätte den demoralisierten Havies eine Heidenfurcht in die Glieder jagen müssen. Aber das war nicht geschehen. Diese neue Entwicklung musste jeden Admiral in Angst und Schrecken versetzen, dem die zahlenmäßig hohe Überlegenheit der Volksflotte gegenüber der RMN bekannt war. Die Gegenseite wusste offenbar, dass White Haven durch Manticores überlegene Raketen und elektronische Kampfführung in einem Raketengefecht sämtliche Vorteile auf seiner Seite hatte; und trotzdem näherten sie sich unbeirrbar und nahmen die Verluste an Schiffen und Menschen in Kauf, um auf Energiewaffenreichweite zu gelangen.

Ein grüner Lichtpunkt auf dem Plot glühte plötzlich mit dem scharlachroten Icon der kritischen Beschädigungen auf. Ein halbes Dutzend havenitischer Laser hatte sich in HMS King Michael gebohrt, und White Haven umklammerte die Armlehnen seines Kommandosessels. Der Impellerkeil des Superdreadnoughts brach zusammen, dann schaltete er sich wieder ein, und einen Augenblick lang glaubte White Haven, das Schlimmste sei vorüber – dann explodierte das Schiff. Achteindrittel Millionen Tonnen Kriegsschiff und sechstausend Menschen vergingen zu einem sonnenhellen Plasmaball. Hinter dem Admiral keuchte jemand entsetzt auf.

»Fünfzehn Grad nach Steuerbord, Captain Goldstein.« White Havens Stimme war ebenso kühl wie seine Augen. Der Flaggkommandant bestätigte den Befehl. Der Vektor des manticoranischen Schlachtwalls bog sich von den Haveniten fort – nicht, um zu fliehen, sondern um den Abstand zu halten und den manticoranischen Vorteil im Raketengefecht nicht zu verlieren. White Haven presste die Lippen zusammen, als die Haveniten dem Manöver begegneten – nein, nicht nur begegneten, sondern es sogar überkompensierten und sich noch rascher näherten, obwohl sie ihm dadurch den Vorteil eines leicht besseren Beschießungswinkels gewährten. Mehr manticoranische Raketen detonierten nun vor den feindlichen Schiffen und konnten Laserstrahlen in die offenen Rachen der Impellerkeile jagen. Unvermittelt explodierte der erste Havenit. Der Gefechtsabstand war inzwischen auf weniger als vier Millionen Kilometer gesunken, und stärkeres Feuer traf nun White Havens Schiffe – aber auch die Havies mussten mehr Treffer hinnehmen. Ein weiteres Feindschiff zerbarst, dann ein drittes. Die Hochrechnungen der Operationszentrale gerieten ins Flackern und bildeten sich neu – die Chancen für White Havens Kampfverband wurden besser, weil die Feindschiffe immer mehr Waffensysteme durch Volltreffer einbüßten. White Haven fletschte die Zähne.

»Zehn backbord, Captain Goldstein. Wenn sie an uns heranwollen, dann tun wir ihnen doch den Gefallen.«

»Aye, aye, Mylord. Gehen zehn Grad nach Backbord«, antwortete Goldstein. Der Kampfverband stellte den Versuch ein, den Gegner auf Abstand zu halten. Die Raketenaustauschrate verdoppelte sich, aber die relative Masse des manticoranischen Feuers nahm immer weiter zu, weil ein havenitischer Werfer nach dem anderen ausfiel. Ein weiteres Feindschiff verließ den Schlachtwall und deckte sich hinter dem eigenen Impellerkeil so gut es konnte. Im selben Augenblick fuhr White Haven ein Gedanke durch den Kopf: Fünf havenitische Superdreadnoughts waren nun zerstört oder kampfunfähig, aber nur ein einziger manticoranischer. Sollte das so weitergehen, würde White Haven auch im Energiewaffenduell einen enormen, entscheidenden Vorteil besitzen, wenn die beiden Flotten schließlich aufeinanderprallten. Wer immer dort drüben auch das Kommando hatte, musste sich dessen bewusst sein. Warum zum Teufel änderte er oder sie also nicht die Taktik? Nightingale war eine wichtige Außenbefestigung für Trevors Stern, aber kaum die Zerstörung eines Kampfverbands dieser Größe wert! Es musste einen anderen Grund geben …

»Neuer Kontakt! Zahlreiche Kontakte – zahlreiche Großkampfschiffsimpeller auf Null Vier Sechs zu Null Drei Neun! Entfernung Eins Acht Millionen Kilometer – kommen näher! Benenne diese Kampfgruppe Bogey Zwo!«

White Havens Kopf ruckte herum, und sein Blick richtete sich auf den Hauptplot, den die leidenschaftslosen Computer gerade aktualisierten. Steuerbords voraus von der Queen Caitrin flammten zwei Dutzend neue, blutrote Lichter auf – ein zweiter havenitischer Kampfverband hatte die Antriebe eingeschaltet. In plötzlichem Begreifen blähte White Haven die Nasenflügel.

Kein Wunder, dass der erste Wall so rasch aufschließen wollte! White Haven erwies dem Gegner einen einzigen Augenblick neidlosen Respekts, als er die Falle erkannte, in die ihn jene furchtlose havenitische Formation locken wollte. Noch fünfzehn Minuten, und er wäre hoffnungslos eingekesselt gewesen und hätte mit Bogey Eins im Nahkampf gestanden, während Bogey Zwo ungehindert von »oben« in seine Hanke stieß – und er hätte den Plan beinahe nicht durchschaut!

Aber noch hat die Falle nicht zugeschnappt, dachte er grimmig. Die »Säuberungen« der neuen havenitischen Regierung im Offizierskorps hatten die Havies um die meisten gefechtserfahrenen Admirale gebracht, und das zeigte sich daran, dass der Kommandeur von Bogey Zwo – vermutlich aus Panik über die schweren Verluste, die Bogey Eins hinnehmen musste – das Zeichen zum Angriff zu früh gegeben und die Antriebe seiner Schiffe vorschnell aktiviert hatte. Ein Verbandschef mit mehr Erfahrung hätte abgewartet, ganz gleich, was Bogey Eins widerfuhr, bis er den manticoranischen Schlachtwall auf Kernschussweite zwischen den beiden feindlichen Verbänden eingeschlossen hatte, wo der Vorteil der besseren Raketen nichts mehr zählte und das Gefecht mit Energiewaffen geführt werden musste.

White Havens blaue Augen wurden starr, als er sich auf die extrapolierten Vektoren konzentrierte. Er konnte sich unmöglich auf einen Kampf mit dieser Streitmacht einlassen und hoffen zu überleben. Er musste ausbrechen und sich hinter die Hypergrenze zurückziehen, bevor die Havies ihn endgültig in der Falle hatten, und er konnte dazu nicht einfach den Kurs umkehren. Die Vektoren der Haveniten liefen zwölf Millionen Kilometer vor seinem Verband auf dem augenblicklichen Kurs zusammen, und seine Geschwindigkeit war viel zu hoch, als dass er sie genügend hätte drosseln können, bevor er den Kreuzungspunkt erreichte. Seine einzige Chance bestand darin, vor Bogey Zwo nach Backbord auszubrechen. Nur würde er dadurch an Bogey Eins vorbeistreichen, und obwohl dieser Kampfverband schwer beschädigt war, besaß er doch genügend Energiewaffen, um zu viele von White Havens Schiffen zu vernichten.

Der Admiral zwang sich, das hinzunehmen. Das Gefecht würde also noch schlimmer werden, als er geglaubt hatte, aber wenigstens würden seine Leute alles geben können, was sie nur geben konnten, während sie am Wall von Bogey Eins vorbeizogen. Mit fliegenden Fingern gab er einen neuen Kurs in sein Astrogationsdisplay ein. Flackernd erschienen Zahlen, und als die neuen Vektorprojektionen aufblinkten, trat neues Feuer in White Havens Augen. Er würde vor Bogey Eins liegen. Es war zwar knapp, aber er würde genügend Raum haben, um vor dem feindlichen Wall dessen Kurs zu kreuzen, ohne sich den Breitseiten zu entblößen und den eigenen Wall zerfetzen zu lassen. Die Havies würden ihren Kurs ändern und auf White Haven einbiegen müssen – oder er würde ihnen den Querstrich über das T ziehen können. Wenn sie wollten, konnten sie ihn verfolgen und den Schlagabtausch in die Länge ziehen, um noch mehr seiner Schiffe zu vernichten, aber dafür würden sie einen hohen, einen sehr hohen Preis zahlen müssen.

»Gehen Sie auf Zwo Sieben Null zu Null Null Null! Maximalschub! Alle Schiffe rollen gegen Bogey Zwo und setzen das Gefecht mit Bogey Eins fort!«

Bestätigungen prasselten auf den Verbandschef ein, und sein Wall schwenkte hart auf Bogey Eins zu. Dann legten sich die Schiffe auf die Seite und zeigten Bogey Zwo die Dächer ihrer Impellerkeile. Bogey Zwo stand noch immer außer Reichweite für einen Angriff mit angetriebenen Raketen. Gleichzeitig schmolz der Abstand zu Bogey Eins immer weiter zusammen, und White Havens Raketen droschen weiterhin auf die Haveniten ein. Der Earl starrte wachsam auf seinen Plot, während er sich aus dem Staub machte.

Ja, er floh. Das wusste er genauso gut, wie er den Preis für das bevorstehende Strahlwaffengefecht kannte. Alle wussten es, die Haveniten ebenso wie seine eigenen Leute. Zum ersten Mal hatte die Volksrepublik von Haven eine manticoranische Offensive schon im Ansatz aufgehalten. Nach außen reglos musterte White Haven die Zahlen, die über seinen Plot liefen, als beide havenitische Kampfverbände den Kurs änderten – die Zahlen, die von der Operationszentrale berechnet wurden und die White Haven verrieten, wie schlimm es nun wirklich werden würde.

Wenn ihm die Flucht gelang, dann nur knapp. Der einzige Nachteil an einer Falle wie dieser bestand darin, dass die zeitliche Abstimmung sehr exakt ausfallen musste. Der Weltraum war groß genug, um ganze Hotten zu verbergen, solange sie nur keine verräterischen Emissionen abgaben, aber damit ein Hinterhalt erfolgreich verlief, mussten sich die überfallenden Schiffe auf dem richtigen Vektor befinden, wenn sie die Antriebe aktivierten, selbst in dem Fall, dass das Opfer so kooperierte, wie White Haven es getan hatte …

Die Zahlen veränderten sich nicht mehr, und Hamish Alexander stieß ein stilles, von Herzen kommendes Dankgebet hervor. Die anderen hatten es in der Tat vermasselt. Bogey Zwo hatte die Antriebe doch ein wenig zu früh aktiviert und sich verraten. Damit hing alles an Bogey Eins, und …

In seinem Plot verfärbte sich ein weiteres grünes Licht scharlachrot. Als HMS Thunderer in zwei Hälften zerbrach, schmeckte White Haven den Geschmack von Blut auf der Zunge, denn er hatte sich auf die Lippe gebissen. Im Display blitzten die Signale der Rettungskapseln auf, aber White Haven konnte nichts für die Überlebenden tun. Wenn er verlangsamte, um sie aufzunehmen, würde Bogey Zwo aufholen, und alle leichten Einheiten, die er für SAR-Aufgaben einsetzte, würden aufgebracht oder vernichtet werden.

Die beiden Hälften der Thunderer verschwanden in strahlenden Blitzen, als die Selbstzerstörungsladungen zündeten. Nur wenige Sekunden später ging ein sechster havenitischer Superdreadnought mit ihr in den Tod, und Hamish Alexander biss die Zähne zusammen und schob sich fest in den Kommandosessel zurück. Bogey Zwo hätte wenigstens genügend Schiffe für Raumnotrettung zur Verfügung. Ohne jeden Zweifel würden sie seine Leute genauso aufnehmen wie die eigenen, und er versuchte, seine Schuldgefühle mit diesem kühlen und sehr schwachen Trost zu beschwichtigen. Die Kriegsgefangenschaft – selbst in einem havenitischen Gefangenenlager – ist immer noch besser als der Tod, sagte er sich bitter.

»Siebenunddreißig Minuten bis Energiewaffenreichweite, Mylord«, informierte Captain Hunter ihn ruhig. »Operationszentrale hat berechnet, dass Bogey Eins bis zur Hypergrenze an uns dranbleiben kann, wenn er will.«

»Verstanden.« White Haven zwang sich, unbesorgt und gelassen zu klingen. Zwar wusste er genau, dass er Hunter damit nicht täuschen konnte, aber die Spielregeln verlangten von ihnen beiden, es wenigstens vorzugeben.

Er beobachtete, wie sich ein siebter Superdreadnought aus dem Wall von Bogey Eins zurückzog. Der Earl versuchte, sich darüber zu freuen.

Nun stand es nur noch zweiundzwanzig gegen fünfundzwanzig, und seine Werfermannschaften würden diese Chance noch verbessern, bis sie auf Energiewaffenreichweite kamen. Trotzdem behielt Bogey Eins unbeirrt den Kurs bei. Die Volksflotte war größer als die RMN und konnte daher schwerere Verluste verkraften. Bogey Eins war ganz offensichtlich genau dazu entschlossen, und angesichts dessen lief es White Haven eiskalt den Rücken hinab.

Nach diesem Gefecht ist das nicht mehr der gleiche Krieg, dachte er geistesabwesend und bemerkte, dass der Feueraustausch noch wütender wurde. Die Havies hatten ihr Gleichgewicht wiedererlangt. Sie reagierten nicht mehr unbeholfen auf manticoranische Angriffe, sondern ergriffen die Initiative. White Haven hatte gewusst, dass so etwas früher oder später geschehen musste, dass die Volksrepublik einfach zu groß war, um sich einfach übertölpeln zu lassen. Aber gleichzeitig hatte er stets gehofft, dass bis dahin noch ein wenig Zeit wäre. Nun wusste er, dass es anders war, und atmete tief durch.

»Wir führen Delta-Drei aus, Byron«, sagte er ruhig und entschied sich offiziell dafür, so schnell wie möglich aus dem Nightingale-System zu verschwinden und in den Hyperraum zu gehen. »Konzentrieren Sie unseren Beschuss auf das zentrale Geschwader. Wahrscheinlich befindet sich dort ihr Flaggschiff. Vielleicht können wir es ausschalten, bevor wir auf Energiewaffenreichweite kommen.«

»Aye, aye, Mylord«, bestätigte Captain Hunter.

Der Earl von White Haven hörte mit halbem Ohr zu, wie sein Stabschef die Befehle ins Kommandonetz des Kampfverbandes weitergab, und lehnte sich zurück. Er betrachtete die Blitze detonierender Gefechtsköpfe, die das visuelle Display wie mit rasch verheilenden Pockennarben überzogen. Er hatte alles getan, was in seiner Macht stand.

Nun blieb ihm nichts anderes übrig als abzuwarten, wie viele seiner Leute wohl überleben würden.

1

Wie alle öffentlichen Gebäude auf Grayson lag auch der Palast des Protectors unter einer gewaltigen Kuppel mit kontrollierten Umweltbedingungen. In einer Ecke des Geländes jedoch befand sich eine andere, kleinere Kuppel. Es handelte sich dabei um ein Treibhaus, und als der Waffenträger in der kastanienbraunen und goldenen Uniform des Hauses Mayhew die Tür für Hochadmiral Wesley Matthews öffnete, bereitete sich der Oberkommandierende der graysonitischen Flotte innerlich auf das Bevorstehende vor. Beinahe sichtbar strömte eine Wolke feuchter Wärme aus dem Treibhaus, und mit einem leisen Seufzen öffnete Matthews den oberen Kragenknopf. Weiter würde er nicht gehen; dieses Mal würde er anständig uniformiert bleiben, und wenn es ihn das Leben kostete.

»Hallo, Wesley«, begrüßte Benjamin Mayhew IX., Protector des Planeten Grayson, seinen höchsten Offizier, ohne von dem aufzublicken, was auch immer er dort verrichtete.

»Guten Morgen, Euer Gnaden.« Matthews’ respektvolle Antwort klang seltsam erstickt, denn das Klima unter der kleinen Kuppel war noch schlimmer, als er befürchtet hatte. Der Protector stand in Hemdsärmeln da, und auf seiner Stirn standen Schweißperlen. Der Hochadmiral wischte sich über sein plötzlich verschwitztes Gesicht und warf einen Blick auf das Display der Umweltkontrolle – dann zuckte er zusammen. Entschlossenheit war eine Waffe, die gegen eine Temperatur von vierzig Grad Celsius in Verbindung mit sechsundneunzigprozentiger Luftfeuchtigkeit nicht griff, und er verzog das Gesicht und streifte die Uniformjacke ab, um es seinem Herrscher gleichzutun.

Das Rascheln des Stoffs war nicht sehr laut, doch im Treibhaus herrschte tiefe Stille. Deshalb trug das leise Geräusch sehr weit, und Benjamin blickte mit einem Grinsen auf.

»Haben Sie das Thermostat eigens für mich aufgedreht, Euer Gnaden?«, erkundigte Matthews sich.

Benjamin blickte ihn unschuldig an. »Selbstverständlich nicht, Wesley. Warum sollte ich dergleichen tun?«

Höflich wölbte Matthews die Brauen, und der Protector lachte leise. Selbst auf einer Welt wie Grayson, auf der die Prolong-Anti-Alterungsbehandlung gerade erst zugänglich wurde, war Wesley Matthews für seinen Dienstgrad außerordentlich jung. Vor weniger als vier T-Jahren war er vom Commodore zum Oberkommandierenden der Grayson Space Navy befördert worden, und wie schon Bernard Yanakov, sein Vorgänger, zeigte er sich über die Hobbys seines Protectors immer wieder verblüfft. Das Züchten und Arrangieren von Blumen waren auf Grayson anerkannte Kunstformen, aber traditionell wurden sie von Frauen ausgeübt. Matthews gab willig zu, dass sein Herrscher atemberaubende Arrangements zu zaubern vermochte, dennoch erschien es ihm als eine … eigenartige Nebenbeschäftigung für ein Staatsoberhaupt. Bernard Yanakov war nicht nur Benjamin Mayhews ranghöchster Admiral, sondern auch sein älterer Vetter gewesen, und daher hatte er gewisse Vorteile besessen, die Matthews fehlten. Sein Vorgänger hatte den Protector von Geburt an gekannt und seit Jahren mit seinem Hobby verspottet. Das war für Matthews selbstverständlich unmöglich, aber Benjamin wusste dennoch nur zu gut, wie sein Hochadmiral darüber dachte.

Als der Protector beschloss, lieber belustigt als beleidigt zu sein, war Matthews überaus erleichtert gewesen, und doch fragte er sich manchmal, ob sich wirklich alles zum Besten gewandt habe. Mit gewisser Schadenfreude rief Benjamin ihn zu Besprechungen, in denen er entweder mit Vasen und Schnittblumen hantierte, oder die wie zufällig an Orten wie diesem Hochofen von Treibhaus anberaumt wurden. Es war zu einer Art privatem Scherz zwischen beiden gediehen, und nur der Herr allein wusste, wie sehr sie beide in diesen Tagen jede Entspannung brauchten, die sie nur finden konnten – aber diesmal waren Temperatur und Feuchte beinahe überwältigend.

»Tatsächlich«, sagte Benjamin nach einem Augenblick, »lag es nicht in meiner Absicht, Ihnen etwas dermaßen … Energisches aufzuerlegen, Wesley, aber leider blieb mir keine andere Wahl.« Er klang aufrichtig zerknirscht, trotzdem richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf die Blüte, über die er sich beugte, und gegen den eigenen Willen interessiert trat Matthews näher. Der Protector bediente eine Sammelsonde mit chirurgischer Präzision und fuhr indes mit seiner Entschuldigung fort – falls es sich um eine solche handelte.

»Das ist ein Exemplar der Hibsonorchidee von Indus, im Mithra-System. Sie ist wunderschön, nicht wahr?«

»Ja, das ist sie, Euer Gnaden«, murmelte Matthews. Die glockenförmige Blüte zeigte eine unaufdringliche Mischung aus zarten Blau- und dunklen Purpurtönen, der tief in den Kelch hineinragende Stempel war golden mit scharlachroten Punkten, und der Admiral verspürte ein merkwürdiges Schwebegefühl, als falle er in die parfümierten Abgründe der Pflanze. Das Gefühl war so stark, dass er sich schütteln musste, und Benjamin lachte leise.

»Das ist sie wirklich – leider ist es auch extrem schwierig, sie außerhalb von Indus zu züchten. Die männliche Pflanze blüht nur einmal in drei Jahren einen einzigen Tag lang. Diese Blume fasziniert mich, seitdem ich sie in einem Wintergarten auf Alterde zum ersten Mal zu Gesicht bekommen habe, und ich glaube, dass ich kurz vor dem entscheidenden Durchbruch stehe bei der Entwicklung einer Hybridzüchtung, die annähernd doppelt so häufig blüht. Unglücklicherweise ist bei einem solchen Projekt das Timing von alles entscheidender Wichtigkeit, und es ist unumgänglich, die natürliche Umgebung so genau wie möglich nachzubilden. Leider habe ich nicht damit gerechnet, dass sie ausgerechnet heute blüht, und ich wollte Sie auch gar nicht hierherlocken, als Sie um ein Gespräch baten, aber wenn ich mich nicht gerade jetzt darauf stürze …«

Auf das Schulterzucken des Protectors nickte Matthews knapp und vergaß kurz, die angemessene Haltung gequälter Toleranz einzunehmen; die Schönheit der Orchidee ließ auch ihn nicht unberührt. In respektvollem Schweigen wartete er ab, dass Benjamin mit der Pollenentnahme zum Ende kam. Der Protector betrachtete seinen Schatz höchst befriedigt unter dem Vergrößerungsglas.

»Nun brauchen wir nur noch zu warten, bis diese hier sich öffnen«, sagte er ein wenig schwungvoller und deutete auf die eng geschlossenen Knospen an einer anderen Ranke.

»Und wie lange wird das dauern, Euer Gnaden?«, fragte Matthews höflich.

Erneut musste Benjamin leise lachen. »Wenigstens vierzig Stunden, also brauchen Sie nicht hier zu stehen und darauf zu harren.« Der Protector schüttete den Pollen vorsichtig in einen Behälter, wischte sich den Schweiß von der Stirn und deutete auf die Tür. Matthews seufzte erleichtert.

Er folgte seinem Herrscher aus dem Treibhaus. Benjamins Waffenträger heftete sich an ihre Fersen, während sie zu einer bequemen Sitzecke an einem plätschernden Springbrunnen schritten. Der Protector nahm Platz und bot Matthews den gegenüberstehenden Stuhl an, dann lehnte er sich zurück, als ein Diener kam und Handtücher und gekühlte Getränke brachte. Der Admiral frottierte sich rasch das schweißgetränkte Haar, dann wischte er sich das Gesicht trocken und nippte dankbar an seinem Glas. Benjamin schlug die Beine übereinander.

»Also, Wesley, weswegen wollten Sie mich sprechen?«

»Wegen Lady Harrington, Euer Gnaden«, antwortete Matthews prompt. Als Benjamin seufzte, beugte sich der Admiral beschwörend vor. »Ich weiß, dass Sie es noch immer für verfrüht halten, Euer Gnaden, aber wir brauchen sie. Wir brauchen sie sogar dringend.«

»Dessen bin ich mir bewusst«, entgegnete Benjamin geduldig, »aber ich werde sie nicht unter Druck setzen. Sie erholt sich noch, Wesley. Sie ist noch nicht darüber hinweg, und sie benötigt Zeit.«

»Es ist nun über neun Monate her, Euer Gnaden«, erinnerte Matthews seinen Herrscher respektvoll, aber beharrlich.

»Das weiß ich, und ich weiß auch, wie wertvoll sie für Sie sein könnte, aber ihr Leben ist nicht gerade das gewesen, was man gemeinhin leicht nennt; oder wollen Sie mir da widersprechen?« Benjamin sah dem Admiral fest in die Augen, und Matthews schüttelte den Kopf.

»Sie hat es verdient«, fuhr der Protector fort, »so viel Zeit zu erhalten, wie sie braucht, damit die Wunden verheilen. Ich will dafür sorgen, dass man ihr diese Zeit lässt. Warten Sie, bis sie so weit ist, Wesley.«

»Aber woher sollen wir wissen, wann Lady Harrington bereit ist, wenn Sie mir nicht einmal gestatten, sie danach zu fragen?«

Benjamin runzelte die Stirn, dann nickte er zögernd, wie gegen den eigenen Willen. »Das ist natürlich wahr«, gab er zu. »Das ist wirklich wahr, aber …« Er unterbrach sich mit einem knappen, ärgerlichen Achselzucken und nahm, bevor er weitersprach, einen Schluck aus seinem Glas. »Das Problem liegt darin: Ich kann nicht so recht daran glauben, dass sie sich schon wieder genügend im Griff hat. Sicher kann ich mir da nicht sein, denn Honor Harrington ist nicht die Sorte Mensch, die sich an fremden Schultern ausweint, aber Katherine hat ihr mehr entlockt, als Honor vermutlich bewusst ist, und das war schlimm, Wesley. Wirklich schlimm. Einige Monate lang habe ich befürchtet, dass wir sie komplett verlieren würden, und die Art und Weise, mit der einige Elemente auf sie reagieren, hat es ihr nicht gerade leichter gemacht.«

Matthews grunzte verstehend, und über Benjamins Gesicht zuckte etwas, das sehr nach Schuldbewusstsein aussah.

»Ich habe damit gerechnet, dass ein paar Reaktionäre aus ihren Löchern kommen würden, sobald der erste Schock überwunden war, aber ich hatte nie damit gerechnet, dass die Kerle dermaßen unverhohlen agitieren würden – aber eigentlich hätte ich mir’s denken müssen.« Der Protector schnitt eine Grimasse der Abscheu, ballte die freie Hand zur Faust und schlug sich damit aufs Knie. »Aber ich glaube noch immer, richtig gehandelt zu haben«, fügte er wie nur für sich hinzu. »Wir brauchen Lady Harrington als Gutsherrin, aber wenn ich geahnt hätte, welchen Preis sie dafür bezahlen müsste, hätte ich nichts dergleichen in die Wege geleitet. Wenn man die Protestierenden mit Captain Tankersleys Tod zusammennimmt …«

»Euer Gnaden«, unterbrach Matthews ihn bestimmt, »daran tragen Sie keine Schuld. Sie dürfen sich das nicht vorwerfen. Wir hatten nichts mit Captain Tankersleys Ermordung zu tun, und Lady Harrington weiß das. Wenn sie es nicht wüsste, dann hätten Sie recht, aber das ist nicht so. Wir benötigen sie als Gutsherrin, wenn die Reformen von Dauer sein sollen, und was die irrsinnigen Randgruppen auch immer denken mögen, der Großteil unseres Volkes bringt Lady Harrington tiefempfundenen Respekt entgegen. Dass sie das weiß, da bin ich mir ganz sicher, und sie ist eine starke Persönlichkeit. Das wissen wir beide, denn wir haben sie beide im Kampf erlebt. Sie wird darüber hinwegkommen.«

»Das hoffe ich, Wesley, das hoffe ich bei Gott«, brummte Benjamin.

»Sie wird es schaffen«, sagte Matthews unumstößlich. »Aber all das bringt mich wieder auf mein eigentliches Anliegen zurück. Wir benötigen Lady Harringtons Navyerfahrung genauso dringend, wie wir sie als Gutsherrin brauchen, und mit allem schuldigen Respekt, Euer Gnaden, muss ich meiner Ansicht Ausdruck verleihen, dass wir ihr einen Bärendienst erweisen, wenn wir ihr das nicht sagen.«

Noch nie hatte der Hochadmiral eine von der Meinung seines Herrschers abweichende Ansicht in solch deutliche Worte gefasst, und Benjamin runzelte die Stirn – nicht ärgerlich, sondern nachdenklich. Matthews las ihm das am Gesicht ab und wartete schweigend, während der Protector das Für und Wider abwog.

»Ich bin mir nicht sicher«, sagte Benjamin schließlich. »Sie könnten recht haben, aber ich möchte ihr so viel Zeit geben, wie wir ihr nur zugestehen können.«

»Erneut mit allem schuldigen Respekt, Euer Gnaden, aber das halte ich für verfehlt. Sie sind doch derjenige, der darauf besteht, dass wir uns angewöhnen, die Frauen vollkommen gleichberechtigt zu behandeln. Ich glaube, dass Sie recht daran tun, und ich glaube auch, dass unser Volk zum überwiegenden Teil allmählich zu dem gleichen Schluss gelangt, ob es den Leuten nun gefällt oder nicht. Aber ich fürchte, auch Sie, Euer Gnaden, sind noch nicht ganz so weit.«

Benjamin versteifte sich, und Matthews fuhr ruhig und gemessen fort: »Ich möchte Ihnen gegenüber nicht respektlos erscheinen, Euer Gnaden, aber Sie versuchen, Lady Harrington zu beschützen. Das ist sehr edel von Ihnen und genau das, was ich von jedem anständigen Grayson erwarten würde – aber würden Sie es mit der gleichen Beharrlichkeit versuchen, wenn sie ein Mann wäre?«

Der Protector kniff die Augen zusammen, und seine Miene erstarrte. Dann schüttelte er niedergeschlagen den Kopf. Anders als die meisten Graysons war er nicht auf dem Planeten erzogen worden, sondern auf Terra, auf Alterde selbst. Nach überlieferter graysonitischer Tradition bedeutete es eine Widernatürlichkeit, wenn man von einer Frau verlangte, die gleichen Pflichten zu übernehmen wie ein Mann. Benjamin Mayhew hingegen war von einer Gesellschaft geprägt worden, in der die Idee, dass Männer und Frauen womöglich ungleich behandelt werden könnten, als grotesk betrachtet wurde, und er hatte diese Einstellung übernommen. Doch ungeachtet seines ehrlichen Engagements für die Gleichberechtigung war er doch noch immer ein Grayson, und zudem einer, der Honor Harrington das Leben seiner kompletten Familie schuldete. Wie sehr hatte sein automatischer Reflex, sie zu beschützen, sein Urteilsvermögen getrübt?

»Sie könnten recht haben«, gab er am Ende zu. »Es würde mir zwar nicht gefallen, wenn Sie tatsächlich recht behielten, aber darum geht es nicht.« Er massierte sich eine ganze Weile das Kinn, und schließlich sah er Matthews wieder in die Augen. »Ich sage weder, dass ich Ihnen zustimme, noch, dass ich Ihnen widerspreche, aber aus welchem Grund sind Sie ausgerechnet heute so beharrlich?«

»Die Manticoraner werden ihre letzten Großkampfschiffe innerhalb von zwei Monaten von Jelzin abziehen müssen, Euer Gnaden«, antwortete der Admiral unbewegt.

»Das wollen sie tun?« Matthews nickte, und Benjamin setzte sich wieder aufrecht hin. »Niemand hat mir oder Kanzler Prestwick auch nur ein Wort davon gesagt – jedenfalls noch nicht.«

»Ich habe nicht behauptet, die Entscheidung sei bereits getroffen, Euer Gnaden. Ich habe auch nicht angedeutet, dass die Manticoraner es tun wollten. Ich sagte, sie werden es tun müssen. Manticore wird keine andere Wahl bleiben.«

»Warum das denn nicht?«

»Weil das Pendel in die andere Richtung schwingt.« Matthews breitete seine Uniformjacke auf dem Schoß aus, zog einen altmodischen Schreibblock aus einer Tasche und öffnete ihn, um die Zahlen, die er darauf notiert hatte, noch einmal zu überfliegen.

»In den ersten sechs Monaten des Krieges hat Manticore neunzehn havenitische Sonnensysteme erobert«, sagte er, »darunter zwo große Flottenbasen. An Großkampfschiffen haben die Manties in dieser Zeit zwo Superdreadnoughts und fünf Dreadnoughts verloren, mehr nicht; sie haben vierzig havenitische Wallschiffe vernichtet. In dieser Zeit haben sie ihren Schlachtwall um einunddreißig Großkampfschiffe erweitert: sechsundzwanzig aufgebrachte Einheiten – abzüglich der elf, die Admiral White Haven uns nach der Dritten Schlacht von Jelzins Stern geschenkt hat – und fünf Neubauten. Damit sind sie in etwa neun Zehntel so stark wie Havens verbliebene Schlachtflotte, und dazu besaßen sie stets den Vorteil der Initiative – ganz zu schweigen von dem Vorteil durch die Verwirrung und verloren gegangene Moral der Volksflotte.

In den letzten drei Monaten aber eroberte die RMN nur zwo Sonnensysteme und verlor dabei neunzehn Großkampfschiffe – einschließlich der zehn bei Nightingale, und dieses Sonnensystem wurde nicht erobert. Die Havies müssen nach wie vor die schwereren Verluste hinnehmen, aber die Volksflotte verfügt über eine Unmenge von Schlachtschiffen, wie Sie wissen. Die sind vielleicht zu klein, um als echte Wallschiffe zu gelten, aber sie dienen als Rückendeckung, der die Manticoraner nur begegnen können, indem sie Dreadnoughts oder Superdreadnoughts abstellen – und so können die Havies wiederum einen größeren Prozentanteil ihrer Wallschiffe an die Front werfen. Auf den Punkt gebracht können die Havies es sich eher leisten, Schiffe zu verlieren, als Manticore, und der Vormarsch der Allianz gerät allmählich ins Stocken, Euer Gnaden. Der havenitische Widerstand konsolidiert sich, und die Manties versetzen mehr und mehr Reserven an die Front, um ihren Schwung und ihren Impuls aufrechtzuerhalten.«

»Wie schlimm steht es?«, fragte Benjamin aufmerksam.

»Wie bereits gesagt, klettern die manticoranischen Verluste in die Höhe. Manticore hat seine Homefleet bereits auf ein Drittel der Vorkriegsstärke reduziert, und das reicht immer noch nicht. Ich glaube, sie sind sich dessen ebenfalls bewusst, aber sie wissen auch, dass die Havies sie in den nächsten paar Monaten endgültig aufhalten werden. Die Manticoraner versuchen deshalb, so schnell nachzustoßen wie nur irgend möglich und die Volksrepublik so tief zu penetrieren, wie es geht, bevor die Havies ihre Gegenoffensive starten können. Das bedeutet aber auch, dass die Manties alle Schiffe zusammenziehen müssen, die sie nur irgendwie loseisen können – vielleicht sogar noch ein paar mehr, wenn ein Abzug solch zusätzlicher Schiffe möglich ist, ohne ein Sicherheitsrisiko zu schaffen. In Anbetracht der Tatsache, dass unser letzter Superdreadnought im Januar wieder in Dienst gestellt wird, wird die RMN bezüglich Jelzins Stern sicherlich darauf bauen, dass wir uns um uns selbst kümmern. Im Lichte dieser Überlegung verwundert es mich eigentlich, dass sie noch immer nicht die letzten hier verbliebenen Großkampfschiffe abgezogen haben. Ganz sicher wird kein Stratege, der seinen Rang verdient hat, sie noch viel länger hierlassen, Euer Gnaden. Das kann sich Manticore einfach nicht mehr leisten.«

Benjamin nahm die Kinnmassage wieder auf. »Ich wusste, dass der Schwung verloren geht, Wesley, aber mir war nicht klar, wie drastisch. Was ist anders geworden?«

»Das lässt sich nur schwer sagen, Euer Gnaden, aber ich stehe mit Admiral Caparelli in Verbindung. Und Admiral Givens vom manticoranischen ONI bestätigt, dass die neuen Herrscher in der VRH, dieses ominöse Komitee für Öffentliche Sicherheit, sämtliche früheren Sicherheitsorgane unter einem neuen, monströsen Dach vereinigt haben. Um eine Parallele zu der Rücksichtslosigkeit zu finden, mit der man dort das Offizierskorps ›gesäubert‹ hat, muss man schon bis in die Ära des Totalitarismus auf Alterde zurückgehen. Es heißt, man sendet ›politische Offiziere‹ aus, die alle Befehlshaber im Auge behalten sollen. Die Säuberungen haben die Havies fast alle dienstälteren – und erfahrenen – Flaggoffiziere gekostet, und die Überlebenden sind denen der RMN hoffnungslos unterlegen, aber die Überlebenden lernen … und sie wissen, was ihnen blüht, wenn sie das neue Regime enttäuschen. Wenn dann noch eine Art politischer Kommissar sie ständig daran erinnert, so wird der Kampfgeist der Flotte unglaublich gestärkt. Die Haveniten sind unbeholfener als die Manticoraner, aber die Volksflotte ist nach wie vor viel größer als die Royal Manticoran Navy. Und einige der neuen Admirale bleiben sogar lange genug im Amt, um die gleiche Erfahrung anzusammeln, über die ihre Vorgänger verfügten …« Matthews beendete seine Ausführungen mit einem Achselzucken.

Der Protector nickte unbehaglich. »Glauben Sie, dass Manticore die Initiative vollständig verlieren wird?«

»Nein, Euer Gnaden, nicht vollständig. Ich erwarte eine Periode des Gleichstands – und dann wird alles ziemlich hässlich. Ich nehme an, die Havies werden ein paar Gegenangriffe versuchen, aber ich erwarte, dass die Manticoraner sie zum Frühstück verspeisen, wenn es so weit ist. Ich kann ihnen keine einigermaßen sichere Prognose stellen, aber ich kann Ihnen meine persönliche Einschätzung der weiteren Entwicklung vortragen, falls Ihnen daran gelegen ist.«

Benjamin nickte, und Matthews hob die Faust. Bei jedem neuen Punkt, den er anführte, spreizte er einen Finger ab.

»Zunächst wird es eine Periode des Gleichstands geben, in der beide Seiten versuchen, in Scharmützeln einen Vorteil zu erlangen, ohne zu viele Wallschiffe aus den Hauptkampfräumen abzuziehen. Zum zwoten wird die Allianz ihre Industriekapazität endgültig auf Kriegsproduktion umgestellt haben. Das haben die Manties bereits getan. Man hatte dort aus Vorkriegsprogrammen bereits achtzehn Wallschiffe im Bau – diese Einheiten werden nun absoluten Vorrang erhalten und im Eilverfahren innerhalb der nächsten sechs Monate in Dienst gestellt werden. Das zusätzliche Kriegsproduktionsprogramm wird im Laufe der nächsten zehn Monate beginnen, weitere Schiffe zu liefern. Unsere Werften werden unseren ersten eigenen Superdreadnought ungefähr zur gleichen Zeit fertigstellen. Und die manticoranischen Werften in Grendelsbane und Talbot werden mit ihren Schiffen dann ebenfalls fertig sein. Sobald wir einmal im Rhythmus sind, werden wir vier oder fünf Wallschiffe pro Monat ausstoßen.

Was die Havies betrifft, so haben sie ihren Vorteil an Wallschiffen im Grunde bereits eingebüßt. Die Manties konnten darüber hinaus ein halbes Dutzend der größeren vorgeschobenen Wartungsbasen der Volksflotte ausschalten. Dadurch werden die havenitischen Schiffsbauwerften mit Reparaturaufgaben belastet, und das bedingt wiederum geringere Neubauraten. Trotz der Größe der Volksrepublik sind deren Industrieanlagen weniger effizient als die der Allianz, sodass ich nicht glaube, dass man uns in puncto Baugeschwindigkeit das Wasser reichen kann. Andererseits können wir auch nicht so schnell bauen, dass wir dadurch einen wesentlichen Vorteil erlangen werden – und Haven besitzt schließlich immer noch die bereits erwähnten Schlachtschiffe. Zum dritten bedeutet das also, dass dieser Krieg sich lange, wirklich lange hinziehen könnte, es sei denn, eine Seite vermasselt es ganz gründlich.

Auf lange Sicht wird der entscheidende Faktor wahrscheinlich in den relativen Stärken der politischen Systeme liegen. Was Pierre und sein Komitee installiert haben, ist nicht mehr als eine Schreckensherrschaft. Ob man in der Lage ist, dieses Regime zu konsolidieren oder ob man etwas Stabileres als Ersatz findet, das ist meiner Ansicht nach die kritische Frage, denn um territoriale Fragen geht es in diesem Krieg schon lange nicht mehr. Es geht ums Überleben: Jemand, entweder das Sternenkönigreich von Manticore und seine Alliierten oder die Volksrepublik Haven, wird in diesem Krieg untergehen – und zwar endgültig, Euer Gnaden.«

Protector nickte bedächtig. Matthews’ Einschätzung der politischen Dimensionen des Krieges stimmte exakt mit seiner eigenen überein, und für das Urteilsvermögen des Hochadmirals in militärischen Fragen hatte er schon seit Langem einen gehörigen Respekt entwickelt.

»Und darum, Euer Gnaden«, beharrte Matthews ruhig, »brauchen wir Lady Harrington. Im Krieg mit Masada ist beinahe unser ganzer Offizierskader ausgelöscht worden, und wir befördern Männer, damit sie den Befehl über Zerstörer, Kreuzer und sogar Schlachtkreuzer übernehmen, obwohl sie niemals etwas Größeres kommandiert haben als ein LAC. Meine eigene Erfahrung ist nach manticoranischen Maßstäben ebenfalls überaus eng begrenzt, und wenn die Manties sich zurückziehen, stehe ich plötzlich als der erfahrenste Offizier da, den wir haben – mit Ausnahme von Lady Harrington.«

»Aber sie ist ein manticoranischer Offizier. Würde man sie denn überhaupt an uns überstellen?«

»Ich glaube, die manticoranische Admiralität wäre entzückt«, antwortete Matthews. »Es war nicht die Idee der RMN, Lady Harrington auf Halbsold zu setzen, und in seiner Geschichte hat das Sternenkönigreich schon oft Offiziere auf Halbsold an Verbündete ›ausgeborgt‹. Immerhin wurde bereits eine Reihe von Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften an uns ausgeliehen. Ich kann selbstverständlich nicht abschätzen, welche politischen Auswirkungen es hätte, wenn wir Lady Harrington eine Bestallung in unserer Navy verleihen würden. In Anbetracht dessen, dass man sie aus dem Oberhaus ausgeschlossen hat, könnte es schon einige schiefe Blicke auf uns lenken, aber ich habe den Eindruck, dass die Queen hinter Lady Harrington steht.«

»Das allerdings, und das Unterhaus unterstützt sie fast geschlossen«, brummte der Protector. Er lehnte sich zurück und schloss zum Nachdenken die Augen. Schließlich seufzte er auf. »Lassen Sie mich in Ruhe darüber brüten. Mit Ihrer Lagebeurteilung stimme ich überein, und ich gebe Ihnen auch darin recht, dass wir Lady Harrington brauchen, aber ob es nun beschützerisch und einengend von mir ist oder nicht, ich weigere mich, neue Forderungen an sie zu stellen, bevor ich sicher bin, dass sie sie ertragen kann. Es würde uns allen schaden, wenn wir sie zu früh zu hart antreiben.«

»Jawohl, Euer Gnaden«, antwortete Wesley Matthews respektvoll, aber tief in seinem Inneren wusste er, dass er gewonnen hatte. Benjamin Mayhew war ein guter Mann, jemand, der sich ernsthaft um die Frau kümmerte, die seinen Planeten zweiundvierzig Monate zuvor gegen die Masadaner verteidigt – und gerettet hatte. Aber er war auch der planetare Herrscher von Grayson, und auf lange Sicht würden die Pflichten dieser Position den Protector zwingen, Honor Harrington in eine graysonitische Uniform zu stecken – koste es sie, was es wolle.

2

Lady Dame Honor Harrington, Gräfin und Gutsherrin von Harrington, machte drei flinke Schritte und stieß sich mit den Zehen ab. Das Sprungbrett bog sich und schnellte zurück, dann schoss Honor durch die Luft und tauchte beinahe ohne jedes Platschen ins Wasser ein. Die Wasseroberfläche kräuselte sich und wirkte wie gewelltes Glas aber der Pool war kristallklar, und Senior Chief Steward James MacGuiness betrachtete Honor, wie sie mit der Eleganz eines Delphins über den gefliesten Beckenboden glitt. Dann kam sie wieder an die Oberfläche, rollte sich herum und bewegte sich auf dem Rücken schwimmend zum gegenüberliegenden Ende des fünfzig Meter langen Pools, wo die morgendliche Schwimmpartie enden würde.

Die Crystoplastkuppel von Harrington House dämpfte die Glut von Graysons F6-Sonne, Jelzins Stern; und auf dem Tischchen am Rand des Pools öffnete ein schlanker, sechsgliedriger Baumkater die grasgrünen Augen, als MacGuiness sich ein Handtuch über den Arm legte und zu den Stufen des Schwimmbeckens hinüberging. Der Baumkater erhob sich und reckte seinen geschmeidigen, sechzig Zentimeter langen Leib gemächlich; dann setzte er sich aufrecht auf die vier hinteren Gliedmaßen. Er rollte den flauschigen, greiffähigen Schwanz um die Echt- und Handpfoten, und ein träges Gähnen entblößte nadelspitze Zähne, die unmissverständlich mit einer Mischung aus Toleranz und Belustigung grinsten, während er seinem Zögling seiner Person zusah, wie sie triefend aus dem Wasser stieg. Sie wrang sich den schulterlangen Zopf aus, dann nahm sie mit gemurmeltem Dank das Handtuch von MacGuiness entgegen. Der Baumkater schüttelte den Kopf. Alle Baumkatzen hassten es, nass zu werden, aber Nimitz hatte Honor Harrington schon vor vierzig T-Jahren adoptiert. Er hatte mehr als genug Zeit gehabt, sich an ihre manchmal doch höchst eigenartigen Vorstellungen von Vergnügen zu gewöhnen.

Major Andrew LaFollet aus der Leibwache der Gutsherrin von Harrington hatte längst nicht so viel Zeit zur Verfügung gestanden, und er gab sein Bestes, sich sein Unbehagen in Gegenwart der in ein Handtuch gewickelten Gutsherrin nicht anmerken zu lassen. Trotz seiner Jugend war der Major der zweithöchste Offizier in der Harringtoner Gutsgarde und ein Meister seines Fachs. Darüber hinaus war er Lady Harringtons persönlicher Waffenträger und Leiter ihrer ständigen Leibwache. Das Gesetz des Planeten Grayson verlangte, dass ein Gutsherr ständig von seiner oder, in Lady Harringtons ganz speziellem Fall, ihrer Leibwache begleitet wurde. LaFollet wusste, dass es Lady Harrington nicht leicht fiel, diesem Gebot zu genügen, und doch gab es Momente, in denen er und seine Kameraden das Arrangement sogar noch unerquicklicher fanden als selbst sie.

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