Hundert Tage - Butz Peters - E-Book

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Butz Peters

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Beschreibung

1977 erreichte der Linksterrorrismus der Roten Armee Fraktion in der Bundesrepublik eine bislang unbekannte Dimension. Mit den Morden an Dresdner-Bank-Chef Jürgen Ponto, Generalbundesanwalt Siegfried Buback und Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer sowie der Entführung des Passagierflugzeugs »Landshut« tritt eine zweite, zu äußerster Brutalität entschlossene Generation der RAF auf den Plan. Zugleich setzt mit den Selbstmorden von Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe in Stammheim die erste Generation einen die Republik erschütternden Schlusspunkt. Vor dem Hintergrund der Entstehung der Terrororganisiation und mit Blick auf die weiteren Anschläge bis zur Selbstauflösung erzählt Butz Peters die dramatischen Ereignisse des Schlüsseljahres 1977. Die packende Geschichte, die Butz Peters in diesem Buch erzählt, endet nicht mit dem Jahr 1977, sondern reicht bis in unsere Zeit hinein: Erst im Lauf der Jahrzehnte stellte sich heraus, was damals tatsächlich geschah. Die juristische Aufarbeitung des komplexen Tatgeschehens beschäftigt seit vierzig Jahren die Justiz, und noch nie war die Quellenlage so gut wie heute. Grundlage für dieses Buch sind Gespräche mit Zeitzeugen und Dokumente: Gerichtsurteile, Erklärungen von RAF-Mitgliedern und –Aussteigern, Vernehmungsprotokolle, polizeiliche Ermittlungsberichte, Anklageschriften, Erklärungen in Prozessen von Angeklagten und Zeugen sowie Publikationen. Auch die RAF-Stasi-Verbindung ab Ende Juli 1980 wird durchleuchtet. Aus vielen Mosaiksteinen ergibt sich so ein genaues Bild der Ereignisse von 1977, die die Geschichte der Bundesrepublik bis heute prägen.

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Seitenzahl: 322

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Butz Peters

Hundert Tage

Die RAF-Chronik

Knaur e-books

Über dieses Buch

Inhaltsübersicht

VorwortChronik 1977Sonnabend, 1. JanuarMittwoch, 5. JanuarFreitag, 7. JanuarMontag, 10. JanuarDienstag, 18. JanuarDonnerstag, 20. JanuarDonnerstag, 3. FebruarDienstag, 8. FebruarDienstag, 15. MärzDonnerstag, 17. MärzFreitag, 18. MärzMittwoch, 23. MärzFreitag, 25. MärzMontag, 28. MärzMittwoch, 30. MärzFreitag, 1. AprilSonnabend, 2. AprilMittwoch, 6. AprilGründonnerstag, 7. AprilKarfreitag, 8. AprilOstersonntag, 10. AprilMittwoch, 13. AprilDonnerstag, 14. AprilDonnerstag, 21. AprilMontag, 25. AprilMittwoch 27. AprilDonnerstag, 28. AprilDienstag, 3. MaiMontag, 9. MaiMittwoch, 11. MaiMontag, 30. MaiMittwoch, 15. JuniFreitag, 1. JuliDienstag, 5. JuliFreitag, 29. JuliSonnabend, 30. JuliMontag, 1. AugustDonnerstag, 4. AugustFreitag, 5. AugustSonnabend, 6. AugustMontag, 8. AugustMittwoch, 10. AugustSonntag, 14. AugustMontag, 22. AugustDonnerstag, 25. AugustFreitag, 2. SeptemberSonnabend, 3. SeptemberSonntag, 4. SeptemberMontag, 5. SeptemberDienstag, 6. SeptemberMittwoch, 7. SeptemberDonnerstag, 8. SeptemberFreitag, 9. SeptemberSonnabend, 10. SeptemberSonntag, 11. SeptemberMontag, 12. SeptemberDienstag, 13. SeptemberMittwoch, 14. SeptemberDonnerstag, 15. SeptemberFreitag, 16. SeptemberSonnabend, 17. SeptemberSonntag, 18. SeptemberMontag, 19. SeptemberDienstag, 20. SeptemberMittwoch, 21. SeptemberDonnerstag, 22. SeptemberFreitag, 23. SeptemberSonnabend, 24. SeptemberSonntag, 25. SeptemberMontag, 26. SeptemberDienstag, 27. SeptemberMittwoch, 28. SeptemberDonnerstag, 29. SeptemberFreitag, 30. SeptemberSonnabend, 1. OktoberSonntag, 2. OktoberMontag, 3. OktoberDienstag, 4. OktoberMittwoch, 5. OktoberDonnerstag, 6. OktoberFreitag, 7. OktoberSonnabend, 8. OktoberSonntag, 9. OktoberMontag, 10. OktoberDienstag, 11. OktoberMittwoch, 12. OktoberDonnerstag, 13. OktoberFreitag, 14. OktoberSonnabend, 15. OktoberSonntag, 16. OktoberMontag, 17. OktoberDienstag, 18. OktoberMittwoch, 19. OktoberDonnerstag, 20. OktoberFreitag, 21. OktoberMontag, 7. NovemberDienstag, 8. NovemberDonnerstag, 10. NovemberDienstag, 6. DezemberSonnabend, 31. DezemberWas wurde aus den zweiundzwanzig RAF-Akteuren des Jahres 1977?Quellen
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Vorwort

1977 – ein Jahr, das sich wie nur wenige in die kollektive Erinnerung der Deutschen eingebrannt hat.

Buback – Ponto – Bundesanwaltschaft – Schleyer – Landshut – Mogadischu – Stammheim – Mülhausen. Das sind die Schlagwörter.

Ein Zyklus schockierender Ereignisse: In Karlsruhe liegt die Leiche von Generalbundesanwalt Siegfried Buback stundenlang im Nieselregen am Wegesrand zur »Residenz des Rechts«. In Oberursel führt eine Tochter aus hanseatisch-großbürgerlichem Haus ihrem Nennonkel Jürgen Ponto, Deutschlands erfolgreichstem Banker, seine Mörder in die Villa. In Karlsruhe scheitert der Versuch, mit einer »Stalinorgel« ein Gebäude der Bundesanwaltschaft in Schutt und Asche zu legen – ein »winziger Fehler« ist der Grund. In Köln rinnt das Blut von vier gerade erschossenen Begleitern des deutschen Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer im gleißenden Scheinwerferlicht auf den Asphalt einer Anliegerstraße. Auf dem Weg nach Frankfurt kapert ein palästinensisches Luftpiraten-Kommando im Auftrag der RAF die Lufthansa-Boeing »Landshut«, eine Urlaubermaschine auf dem Rückflug von Mallorca. Fünf Tage Luft-Odyssee beginnen – Rom, Larnaka, Bahrain, Dubai, Aden, Mogadischu. In Mogadischu stürmt die Bundesgrenzschutz-Eliteeinheit GSG 9 die »Landshut«, erschießt drei der Entführer und befreit alle Geiseln. Ohne eine ernsthafte Verletzung. Ein Wunder! Kanzler Helmut Schmidt hatte »mit Toten« gerechnet.

Keine acht Stunden nach dem glücklichen Ende auf dem Rollfeld in Somalia finden Justizbeamte in Zellen des Hochsicherheitstrakts in Stuttgart-Stammheim die Leichen der RAF-Köpfe Andreas Baader und Gudrun Ensslin: dem »sichersten Gefängnis der Welt«, wie es der baden-württembergische Justizminister Bender gepriesen hatte. Im Elsass wird die Leiche des Arbeitgeberpräsidenten entdeckt – eingepfercht in den Kofferraum eines Audi 100.

Das alles geschah 1977. Die RAF – nicht einmal zwei Dutzend junge Leute – fühlte sich stark genug, um dem Staat die »Machtfrage« zu stellen. Sie startet den Versuch, Baader & Co. aus den Gefängnissen freizupressen.

Das, was damals tatsächlich hinter den Kulissen auf beiden Seiten passierte, war lange Zeit nicht zu durchschauen. Etliche Gerichtsverfahren arbeiteten die Geschehnisse von 1977 auf – natürlich jeweils nur partiell. Im November 2013 wurde das Urteil in dem letzten großen Strafverfahren rechtskräftig, es ging um den Mord an Generalbundesanwalt Buback. Und noch heute steht eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart wegen des Buback-Mordes in einem »Klageerzwingungsverfahren« aus.

Im Lauf der Zeit haben sich etliche Täter von einst geäußert, ebenso Ermittler und andere Zeitzeugen. Viele Akten von Strafverfolgern und Ministerien, die damals als vertraulich eingestuft wurden, konnte ich einsehen, auch die der DDR-Staatssicherheit.

Mit einem deutlichen Mehr an Erkenntnissen als heute ist in der Zukunft nicht zu rechnen: Die Akten, die für die Wissenschaft freizugeben waren, wurden nach spätestens dreißig Jahren freigegeben. Und eine Reihe der Akteure von damals ist inzwischen gestorben – wie Helmut Schmidt, Kurt Rebmann, Klaus Bölling, Gerhard Boeden und Alfred Klaus.

Im Lichte all dieser Erkenntnisse ist es nun möglich, wie durch ein Brennglas fokussiert, die verschiedenen Handlungsstränge dieses dramatischen Jahres 1977 chronologisch zu schildern. Hundert Tage, die die Republik veränderten.

Um die Persönlichkeitsrechte derjenigen zu wahren, die nur zufällig in das RAF-Geschehen geraten sind, beispielsweise als Zeuge bei einem RAF-Anschlag, habe ich ihre Namen geändert und kursiv gesetzt.

 

Dresden, im Oktober 2016

Butz Peters

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Chronik 1977

Sonnabend, 1. Januar

Hamburg-Lokstedt, Gazellenkamp 57 (heute: Hugh-Greene-Weg 1). Das Fernsehzentrum des Norddeutschen Rundfunks: Über einen langen Gang schiebt ein Hausbote einen Rollwagen. Auf ihm gestapelt türmen sich Plastikkoffer mit Sendebändern. Der Mann kommt aus der ASZ, der Aufzeichnungs- und Sendezentrale, und ist auf dem Weg ins Archiv. Auf dem Wagen liegt ein 2-Zoll-MAZ-Koffer mit der Nummer 1033512 – eine elektronische Magnetaufzeichnung mit der »Ansprache des Bundeskanzlers zum Jahreswechsel 1976/77«; ausgestrahlt am Vorabend in der ARD.

In dieser »Neujahrsansprache« benannte Helmut Schmidt die Themen für 1977: die »Arbeitslosigkeit, die wir entschieden und mit allen Mitteln bekämpfen müssen« – 1976 betrug die Arbeitslosenquote in der Bundesrepublik 4,6 Prozent. Das »Bemühen, die schweren Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise zu überwinden« – 1976 verzeichnete die Bundesrepublik ein reales Wirtschaftswachstum von satten fünf Prozent. Und Schmidt sprach vom »Drehen an der Ölpreisschraube« durch die »Öllieferanten und den Auswirkungen für unser wirtschaftliches Wohlergehen« – 1976 zahlte der Bundesbürger für den Liter Normalbenzin 91 Pfennig.

Mit Zuversicht blickt der Kanzler auf das neue Jahr: Allen Zuschauern wünscht er »ein fröhliches Herz, damit wir die Herausforderungen gut bestehen können, die auch das neue Jahr für jeden einzelnen und für uns als Volk bereithält«. Kein Thema in der Ansprache ist der Terrorismus. So auch nicht die RAF: die Rote Armee Fraktion. Der Kanzler ahnt nicht, was auf ihn und die Republik 1977 zukommt.

Mittwoch, 5. Januar

Riehen, eine beschauliche 20000-Einwohner-Gemeinde im Kanton Basel-Land im Grenzgebiet zu Deutschland. Zwischen Lörrach und Basel. Um 19.10 Uhr machen zwei schweizerische Zöllner eine Beobachtung – sie sind auf »Grenzwachtpatrouille«. Aus ihrem Wagen auf dem Parkplatz vor dem Schwimmbad sehen sie, wie zwei junge Männer eine schmale Steintreppe auf einem Rebhang herunterkommen, einer trägt einen Aktenkoffer. Oben ist der Grenzübergang zu Deutschland, zumeist unbewacht, wie auch an diesem Abend: Ein Übergang, den fast nur Einheimische kennen und benutzen – argwöhnisch werden die Männer auf »Grenzwachtpatrouille« immer, wenn sie auf dem Weg jemanden sehen, den sie nicht kennen.

Und da sie die beiden mit dem Aktenkoffer nicht kennen, geben sie ihrem Kollegen Urs Bettschart per Funk auf, sie zu kontrollieren. Er steht unten auf der Weilstraße, in der grauen Zolluniform, er trägt eine Pelerine. Es ist kalt.

Bettschart sieht die beiden auf der anderen Straßenseite kommen, sie schlendern unauffällig. Er geht zu ihnen hinüber und bittet sie, ihm ihre Ausweise zu zeigen.

Das tun sie. Aus dem Restaurant »Wiesengarten«, es ist gut besucht und hell erleuchtet, fällt viel Licht auf die Straße. So erkennt Bettschart, ohne seine Taschenlampe zu Hilfe nehmen zu müssen, dass es sich um einen dänischen und einen deutschen Pass handelt und die Fotos die Männer zeigen, die vor ihm stehen. Der »Däne« ist ohne »Schnauz«, der Deutsche mit.

Der Grenzer ist etwas stutzig geworden: Auf der Treppe über den Rebhang ist ein »Däne« selten. Vor allem einer, der fließend Deutsch spricht mit einem eigentümlichen Dialekt, der nicht so richtig echt nach Dänemark klingt. Hinzu kommt, dass die beiden, nach Ausweislage ein Däne und ein Hamburger, mit dem Aktenkoffer bei Dunkelheit in die Schweiz einwandern – ohne weiteres Gepäck.

Deshalb fordert Bettschart die beiden Männer auf, ihm ins Zollhaus zu folgen, ganz in der Nähe. Dort will er die beiden in Ruhe überprüfen, anhand der dicken Fahndungsbücher – Computer gibt es noch nicht. Dem Zöllner erscheint die Sache als Routinefall. Er glaubt, alles werde sich rasch aufklären. Er steckt die Ausweise unter seine Pelerine und schreitet voran. Richtung Zollhaus.

Dass seine Einschätzung über die beiden Grenzgänger nicht richtig ist, spürt er im nächsten Augenblick. In den Hintern trifft ihn eine Kugel. Der »Däne« hinter seinem Rücken feuert aus einer Entfernung von 1,50 Metern insgesamt dreimal. Bettschart taumelt einige Schritte nach vorn. Dann stürzt er auf die Fahrbahn. Ein Renault 6 weicht aus. Ein VW bremst scharf.

Der Renault stoppt. Aus ihm steigen die Eheleute Rosa und Anton Zellmann sowie ein Bekannter von ihnen. Sie wollen sehen, was los ist: warum der Zöllner taumelte und auf die Straße stürzte. Die Türen lassen sie offen. Auf einmal springt der »Däne« auf den Beifahrersitz, rutscht durch auf den Fahrersitz und greift zum Zündschlüssel. Der steckt.

Irritiert und um seine Karosse bangend, kommt Anton Zellmann angerannt, fragt den Fremden hinter seinem Steuer: »Was ist da?« Der »Däne« feuert aus einer Pistole auf Zellmanns Kopf. Haarscharf zischt die Kugel an ihm vorbei. Schlagartig hat Zellmann verstanden, »was« da ist. Mit einem lauten Schrei lässt er sich auf die Straße fallen. Der »Däne« versucht, den Renault zu starten, mehrfach. Aber es gelingt ihm nicht. Der Anlasser dreht durch. Der Mann steigt aus, Anton Zellmann liegt regungslos auf dem Boden – er stellt sich tot. Der »Däne« verschwindet im Dunkel der Nacht, zusammen mit seinem Komplizen. Sofort werden Großfahndungen in der Schweiz und in Deutschland eingeleitet. Sie bleiben ergebnislos.

Bei den Pässen stellt sich heraus: Den dänischen hatte sein Besitzer verloren gemeldet – ausgestellt ist er auf den Namen Kaj Ringvig Larsen in Horsens an der Ostküste Jütlands. Einzige Verfälschung: Dort, wo einst ein Foto von Larsen war, klebt nun das von Christian Klar. Das Foto in dem deutschen Pass – ausgestellt vom Bezirksamt Hamburg-Altona für Knut Alfred Häveker, zeigt Günter Sonnenberg mit Schnauzbart.

Wenige Stunden zuvor, an diesem ersten Mittwoch im Jahr 1977, hatte der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs einen Haftbefehl gegen Christian Klar erlassen – Verdacht: Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Ein sogenannter »Abtauchhaftbefehl«: den erlässt der Ermittlungsrichter auf Antrag der Bundesanwaltschaft, wenn eine Person aus dem RAF-Umfeld spurlos verschwunden ist und gravierende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie in den Untergrund abgetaucht ist. Klar (25), Aktivist in der Karlsruher RAF-Sympathisantenszene, war im Herbst 1976 aus seiner Wohnung in Karlsruhe in der Luisenstraße 2a spurlos verschwunden. Die Miete hatte er zum letzten Mal für Oktober 1976 überwiesen.

Dieser Haftbefehl mit dem Aktenzeichen II BGs 21/77 besteht für zwei weitere Personen: Günter Sonnenberg (22) und Knut Folkerts (25). Die drei gelten bei der Karlsruher Polizei als Macher der »spontan-frivol-brutalen Art«. Mehrere Jahre hatten sie zusammen in Wohngemeinschaften in Karlsruhe gelebt. Oftmals waren sie gemeinsam aufgetreten. Gekämpft hatten sie für selbstverwaltete Jugendzentren und gegen die Haftbedingungen der RAF-Häftlinge in dem »Komitee gegen die Isolationsfolter«.

Einen »Abschiedsbrief« ihres Sohnes hatten die Eltern von Günter Sonnenberg ohne Vorwarnung im November 1976 erhalten, aus Mülhausen/Frankreich. Der Student der Philosophie, Geschichte und Politik teilte ihnen mit, er werde ein Urlaubssemester einlegen und nun mit Freunden auf eine »Weltreise« gehen.

Knut Folkerts hielt sich mit Gelegenheitsarbeiten und als Taxifahrer in Karlsruhe über Wasser. Durchgerauscht war er bei der Aufnahmeprüfung an der Staatlichen Hochschule für Musik. Ähnlich wie seine Freunde Christian Klar und Günter Sonnenberg war er, von langer Hand vorbereitet, im Herbst 1976 abgetaucht. Alle drei sind entsprungene Kinder des Bürgertums, brachten alle Voraussetzungen mit, um ein beschaulich-bürgerliches Leben zu führen. Alle drei kommen aus badischen Beamtenfamilien und wuchsen behütet auf: Der Vater von Christian Klar ist Vizepräsident des Oberschulamts Nordbaden, zuvor war er Gymnasialdirektor, seine Mutter Gymnasiallehrerin; Folkerts Vater ist Bundesbahninspektor, Sonnenbergs Vater Bundesbahnoberamtsrat.

Die Situation an diesem 5. Januar ist Sinnbild für das ganze Jahr 1977 und die Erkenntnisse der Strafverfolger über die RAF: Die Ermittler wissen, nach wem sie suchen, aber nicht, wie sie sie fassen können.

Freitag, 7. Januar

Bonn, Stadtteil Bad Godesberg, am Kurpark, Friedrich-Ebert-Straße 1: Dienstbesprechung in der Abteilung TE – Terrorismus – des Bundeskriminalamts. Kaffeetassen und Aschenbecher stehen auf dem Tisch. Zigaretten qualmen. Die Männer überlegen, warum Christian Klar bei Dunkelheit in die Schweiz eingewandert sein könnte und sofort von der Schusswaffe Gebrauch gemacht hatte. Seit sechs Wochen wissen sie, dass elf Personen an Vorbereitungen für die gewaltsame Befreiung von Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Jan-Carl Raspe und anderen RAF-Häftlingen arbeiteten: Am 30. November 1976 hatten Polizeibeamte Siegfried Haag, einst Verteidiger von Andreas Baader, auf der Autobahn in der Nähe von Butzbach in Hessen gestellt. Auf der Rückbank des Opel Admiral in einer »Herrentragetasche« und im Kofferraum lagen eine Reihe rätselhafter Papiere: Die 132 Seiten Notizen sind ebenso kryptisch wie alarmierend. In ihnen zu lesen ist von »Margarine«, »Rückzug (wer wohin?)«, »Perspektiven nach Margarine«, »Big Money (Vorbereitung schon jetzt)«, »Big Raushole – Rache!« Anderthalb Jahre zuvor war der Rechtsanwalt aus Heidelberg abgetaucht. Nun fuhr er in der Riesenlimousine durch die Republik, chauffiert von seinem »Assistenten« Mayer, Richtung Süden. Offenbar hatte er Größeres vor. Schon sehr bald.

BKA-Chefanalytiker Alfred Klaus studierte die Papiere über Wochen und stellte fest, alles spreche dafür, dass es sich »um ein auf Zeit angelegtes Untergrundnetz zum Zwecke einer bewaffneten Aktion zur Befreiung der RAF-Gefangenen« handle. Alarmierend für die Sicherheitsbehörden war Klaus’ Feststellung: »Die hierfür erforderlichen logistischen Voraussetzungen – Geld, Wohnungen, Depots, Autos, Waffen, Sprengstoff, falsche Papiere – standen offenbar kurz vor dem Abschluss.«

In den Aufzeichnungen entdeckt Alfred Klaus Anhaltspunkte für fünf »operative Planungen«, und zwar:

»1. ein unmittelbar bevorstehendes ›Kommando‹-Unternehmen, Deckname ›Margarine‹,

2. eine in Vorbereitung befindliche bewaffnete Aktion zur Beschaffung einer großen Geldsumme, Stichwort ›Big Money‹,

3. eine geplante ›Rache‹-Aktion zur Befreiung einer größeren Anzahl von Gefangenen, Stichwort ›Big Raushole‹, sowie die

4. Vorbereitung eines Bankraubes durch die ›Filiale 2‹ und

5. einen Einbruch in eine Passbehörde (›Amt‹) durch die ›Filiale 1‹ zur Beschaffung von Dokumenten für die Herstellung von Falschpapieren.«

Die Ermittler in Bad Godesberg vermuteten, dass eine neue RAF-Formation dabei ist, die Liste »abzuarbeiten«, und die Aufgaben 4. und 5. bereits erledigt hat: Am 12. November 1976 überfiel ein RAF-Trupp die Bezirkshauptmannschaft in Landeck/Tirol und erbeutete stapelweise Ausweise – Reisepässe, Personalausweise, Waffen- und Führerscheine – sowie Stempel. Und keine vier Wochen ist es her, da erfolgte der »Bankraub«: Am 13. Dezember 1976 überfielen drei RAF-Mitglieder eine Filiale des »Creditanstalt – Bankverein« in Wien, Kärntnerstraße. Auf der Flucht gefasst wurde Waltraud Boock, Ehefrau von Peter-Jürgen Boock.

So vermuten die BKA-Beamten, dass die beiden Männer bei ihrer Wanderung in die Schweiz »eine Aufgabe« im Rahmen der Planungen in den Haag-Mayer-Papieren »zu erledigen« hatten: irgendetwas dorthin zu schaffen oder von dort zu holen. Aber was in dem Koffer war oder in ihn hinein sollte, bleibt für die Ermittler ein Rätsel. Eine Waffe? Geld? Ausweise?

Der Tatort Riehen legt für sie die Vermutung nahe, dass Klar & Co. den nächsten Schlag im Südwesten der Republik planen. Sie überlegen, was wo passieren könnte – vor allem auch, was der Tarnname »Margarine« zu bedeuten hat. Aber sie finden keine überzeugende Antwort. Jedenfalls spricht an diesem ersten Freitag im Jahr 1977 für die TE-Leute am Kurpark in Bad Godesberg alles dafür, dass die RAF dabei ist, ein »›Kommando‹-Unternehmen« im Südwesten der Republik vorzubereiten. Aber was heißt »Margarine«?

Montag, 10. Januar

In Stuttgart-Stammheim beginnt das Jahr mit einem Paukenschlag. Im »Mehrzweckgebäude« der Justizfestung Stammheim läuft das Strafverfahren gegen die »Köpfe« der ersten RAF-Generation, die noch leben: Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe – Ulrike Meinhof hatte sich acht Monate zuvor in ihrer Zelle erhängt, Holger Meins zwei Jahre zuvor zu Tode gehungert. Das Strafverfahren läuft bereits seit zwanzig Monaten. Nach den Vorstellungen der Richter soll es bald, in den nächsten Monaten, in die Zielgerade münden. Die Urteilsverkündung planen sie fürs Frühjahr.

Für Überraschung sorgt ein Befangenheitsantrag von Otto Schily, Verteidiger von Gudrun Ensslin, gegen den Gerichtsvorsitzenden Prinzing. Nicht die Tatsache, dass er einen Befangenheitsantrag stellt, sorgt für Aufmerksamkeit – deren wurden in dem Verfahren bislang über fünf Dutzend gestellt und allesamt abgelehnt –, sondern Schilys Begründung.

Er erklärt, der Vorsitzende Prinzing habe »ohne Wissen der übrigen Senatsmitglieder Ablichtungen aus den Ermittlungsakten dieses Verfahrens – und zwar solche Aktenbestandteile, die weder durch Vorhalt noch durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind – sowie Ablichtungen aus dem Wortprotokoll der Hauptverhandlung (Tonbandniederschrift) dritten, am Prozess nicht beteiligten, Personen überlassen« – und zwar unter anderem Bundesrichter Mayer vom dritten Strafsenat des Bundesgerichtshofs. Dieser Senat in Karlsruhe ist für die Beschwerden gegen Entscheidungen des Prinzing-Senats in Stuttgart zuständig; ebenso für die Revision gegen das Urteil. Dass Prinzing Verfahrensunterlagen an seinen Kollegen weitergegeben habe, habe er »auch nicht in den Gerichtsakten vermerkt«, behauptet Schily.

Prinzing bestreitet nicht den Sachverhalt, meint aber, nichts Unzulässiges getan zu haben. In einer »dienstlichen Erklärung« schreibt er noch an diesem Montag, BGH-Richter Mayer habe ihn im vergangenen Sommer angerufen und erklärt, »›uns‹ oder ›den Senat‹ würde der den ›Ensslin-Kassiber‹ betreffenden Teil der Aussage Müllers interessieren«.

Gerhard Müller, Ulrike Meinhofs letzter Begleiter in Freiheit, hatte im Stammheimer Verfahren Angaben zu diesem Kassiber gemacht – es ist Deutschlands rechtsgeschichtlich bedeutsamster Schmuggeltext: Gefunden worden war er bei Meinhofs Verhaftung am 14. Juni 1972 in Hannover. Die zwei DIN-A4-Blätter, eng betippt, steckten in ihrer schwarzen Samtjacke – mit Ratschlägen an die RAF-Mitglieder in Freiheit, was sie nun, nach Ensslins Verhaftung, tun sollten, beispielsweise welche Verstecke aufgegeben (»Laube räumen«) und wie sich RAF-Mitglieder verhalten sollten (»Liesel … mach’ die Fresse zu u. bleib i. Loch«)[1].

Außer Frage steht, dass Ensslin den Text verfasst hat, und zwar – das ist der springende Punkt – eindeutig nach ihrer Verhaftung: eindeutig, weil sie in dem Text auch ihren Transport im Hubschrauber von Hamburg in die Justizvollzugsanstalt Essen schildert.

Gefasst worden war sie eine Woche vor Ulrike Meinhof. Seither saß sie in strenger Einzelhaft in der JVA Essen. So war seinerzeit für Kriminalisten und Juristen ein Rätsel – und ist es heute noch immer –, wer den Text aus der Haftanstalt geschafft und veranlasst hat, dass er getippt wurde; Ensslin stand keine Schreibmaschine zur Verfügung. In Verdacht geriet ebenjener Otto Schily, weil er, so später die Sichtweise von BKA und Justiz, Ensslins einziger Besucher in der Haftanstalt in Essen war.

Deshalb schloss ihn der BGH-Ermittlungsrichter am 17. Juni 1972 von der weiteren Verteidigung Ensslins aus. Die Entscheidung bestätigte der dritte Strafsenat des Bundesgerichtshofs – bei dem Beschluss hatte jener Albrecht Mayer den Vorsitz, dem Stammheim-Richter Prinzing die Kopien aus dem Strafverfahren gegen Baader & Co. vier Jahre später zuschickt. Die Begründung von ihm und seinen Kollegen in dem Schily-Beschluss: Auch wenn es keinen Beleg dafür gab, dass Ensslins Verteidiger tatsächlich den Kassiber schmuggelte, begründe »die Gesamtheit« der »Umstände« gegen ihn »den dringenden Verdacht, dass er den Kassiber aus der Anstalt gebracht hat, mag er sich dazu auch erst auf Drängen der Beschuldigten Ensslin bereitgefunden haben.« Unter anderem stützte sich der Senat darauf, dass zwei Beamtinnen, die ebenfalls mit Ensslin allein gewesen waren, »von der Anstaltsleitung als seit Jahren im Vollzugsdienst erprobte Bedienstete und als außerhalb des Verdachts einer so schweren Pflichtverletzung stehend beurteilt« worden seien, »wie sie in der Beförderung eines Kassibers zu erblicken wäre«. Bei den beiden Beamtinnen gebe es nichts, resümierte das Gericht, »was Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit und Vertrauenswürdigkeit begründen könnte«. Deshalb, so der brachiale Umkehrschluss, könne nur Schily der Bote gewesen sein.

Diese Entscheidung kassierte das Bundesverfassungsgericht ein halbes Jahr später. Dahinstehen könne, ob Schily der Schmuggler war oder nicht, erklärt das Gericht. Denn so oder so gebe es für seinen Ausschluss aus dem Verfahren keine Rechtsgrundlage. Eine schallende Ohrfeige für den stellvertretenden BGH-Vorsitzenden Mayer und seine Kollegen – die Quintessenz der Verfassungsrichter salopp formuliert: Die Richter in Deutschlands höchstem Staatsschutzsenat wussten nicht, was das Gesetz besagt.

Und Prinzing? Wie begründete er, im Januar 1977, das Recht gehabt zu haben, die Kopien von den Müller-Aussagen aus seinem Verfahren an seinen Kollegen Mayer zu schicken? Ganz einfach. Weil er, so schreibt er in einer »dienstlichen Erklärung« am 10. Januar 1977, »über solche Dinge« als Vorsitzender »allein entscheiden« könne. Nicht in Abrede stellt er, mehrfach mit BGH-Richter Mayer gesprochen zu haben, den er seit »1 1/2 Jahrzehnten« kenne. Aber er lehnt ab, zur Anzahl und zum Inhalt der Gespräche etwas zu sagen, weil sie »nur privaten« Charakter gehabt hätten.

Anwälte von RAF-Angeklagten mutmaßen daraufhin, Prinzing wolle über die Gespräche deswegen nichts sagen, weil er sich mit dem für seine Kontrolle zuständigen BGH-Richter abgestimmt und so seine Entscheidungen »beschwerde-« und »revisionssicher« gemacht habe: Vor den Entscheidungen seines Senats habe er in den Gesprächen mit Mayer ausgelotet, so der böse Verdacht, welche Entscheidungen und welche Begründungen »eine Instanz höher« beim BGH unbeanstandet bleiben.

Schilys Befangenheitsantrag weisen Prinzings Kollegen zurück.

Dienstag, 18. Januar

Schily macht weiter. Er stellt den nächsten Befangenheitsantrag gegen Prinzing – nun für seine Mandantin Gudrun Ensslin. Begründung: Prinzing habe »am 10.1.1977 eine falsche dienstliche Erklärung abgegeben«: »Die Behauptung, es habe ein ›amtliches Interesse des 3. Strafsenats‹ vorgelegen und die Anforderung der Unterlagen durch Bundesrichter Mayer sei entsprechend begründet worden, ist unrichtig«, trägt Schily vor: »Keinem der Mitglieder des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofs – mit Ausnahme von Bundesrichter Mayer – war etwas davon bekannt, dass irgendwelche Unterlagen aus dem Stammheimer Verfahren bezüglich der Aussage des Zeugen Gerhard Müller angefordert worden sind.«

Somit sei, so Schily weiter, die Behauptung Prinzings »unrichtig, Bundesrichter Mayer habe die Unterlagen nicht zur privaten, sondern zur amtlichen Information des gesamten 3. Strafsenats angefordert.« Tatsächlich habe er die Unterlagen an Mayer »ausschließlich aufgrund der langjährigen privaten Bekanntschaft« zwischen beiden geschickt.

Was Schily mit einer Nutzung zur privaten Information durch Richter Mayer meint, ist mittlerweile klar – durch eine breite Berichterstattung in den Medien in diesen Tagen, vorneweg dem Spiegel: Mayer hatte die Kopien aus Stuttgart nicht zur Akte genommen, sondern sie an Herbert Kremp weitergeschickt, den Chefredakteur der Welt« – mit der Anregung, einen Artikel gegen den Spiegel zu verfassen.

Bundesrichter Mayer sann auf publizistische Rache, weil das Nachrichtenmagazin im September 1972 kritisch über den unter seinem Vorsitz zustande gekommenen »Schily«-Beschluss berichtet, ihm »Gesinnung statt Beweis« attestiert und kommentiert hatte, Deutschlands oberste Strafrichter böten ein »eindringliches Beispiel dafür, wie zu Lasten des Betroffenen eine schwerwiegende Entscheidung auch allein auf Verdachtsmomente gestützt werden kann, wenn nur die richtige Richtung eingeschlagen wird«.

So schickte Mayer mehr als vier Jahre nach dieser Veröffentlichung an den »lieben Cartellbruder Kremp« drei Seiten aus den Zeugenaussagen von Gerhard Müller, von denen er meinte, sie belegten, dass Otto Schily der Kassiber-Bote gewesen sei. (Tatsächlich tun sie das nicht: Es sei »stillschweigend immer von Schily ausgegangen« worden, erklärte Müller im Juli 1976 als Zeuge in Stammheim über das, was er seinerzeit, im Sommer 1972, in RAF-Kreisen hörte, aber »der Name Schily« sei »explizit nie gefallen.«)

BGH-Richter Mayer fragt seinen »Cartellbruder« in seinem Anschreiben: »Möchte sich die ›Welt‹ nicht unter dem Aspekt dieser neuen Erkenntnisse noch einmal mit dem Aufsatz im ›Spiegel‹ vom 4.9.1972 (Nr. 37) Seite 67 befassen? Nicht um meinetwillen, sondern um einmal wieder die Haltung und die Praktiken dieses Blattes deutlich werden zu lassen, das sich seinerzeit mit eilfertiger Bereitwilligkeit die – wie sich nun zeigt – von Ströbele und Müller ausgeheckte Entlastungslegende zu eigen machte und das den Baader-Meinhof-Leuten soviel publizistische, gelegentlich auch materielle Unterstützung (Honorare für Interviews aus der Untersuchungshaft) zuteil werden ließ. Vielleicht könnte diese Aufgabe gar einen Chefredakteur reizen?«

Den Chefredakteur reizt die Geschichte nicht. In der Welt erscheint nichts. Aber anders als von Mayer in seinem Schreiben an Kremp erbeten, wurden seine Unterlagen nicht »nach Ausgebrauch vernichtet«, sondern landeten beim Spiegel und bei Schily. Das ist das Ende der Karriere des Bundesrichters: Noch an dem Tag, an dem die »Aktenaffäre« bekannt wird, am 10. Januar 1977, schiebt das Präsidium des Bundesgerichtshofs Mayer in den weniger exponierten vierten Strafsenat ab. Prinzing bleibt. Der »Aktenaffäre« folgt die »Anrufaffäre«.

Donnerstag, 20. Januar

Stuttgart-Stammheim, 174. Verhandlungstag. Heute stellt Baader-Verteidiger Hans Heinz Heldmann einen Befangenheitsantrag gegen Prinzing. Es ist der fünfundachtzigste in diesem Verfahren. Prinzing habe »mit einem der Verteidiger in diesem Verfahren außerhalb der Haupthandlung Kontakt aufgenommen«, begründet der Anwalt seinen Antrag, »um mit ihm über in der Hauptverhandlung gestellte Anträge, zumindest jedoch über einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag zu sprechen«. Im Verlauf des Gesprächs habe Prinzing unter anderem gesagt, es mache einen Unterschied, ob ein Ablehnungsgesuch von dieser oder jener Seite der Verteidigerbänke gestellt werde – gemeint war damit die Front zwischen den »Vertrauensanwälten« und den Verteidigern, die das Gericht gegen den erklärten Willen der Angeklagten ihnen beigeordnet hatte. Für jeden der Angeklagten hatte Prinzing, ohne mit ihnen Rücksprache zu halten, zwei Verteidiger beigeordnet, um zu verhindern, dass, falls die Vertrauensanwälte ihre Mandate niederlegen, der ganze Prozess platzt – es handelt sich um ein Verfahren mit »notwendiger Verteidigung« nach der Strafprozessordnung. Verhandelt werden darf nur, wenn für jeden Angeklagten mindestens ein Verteidiger im Saal ist.

Auch die Geschichte, die nach Heldmanns Antrag ans Tageslicht kommt, ist irrwitzig: Es geht um ein Telefonat nach Feierabend zwischen dem Vorsitzenden Prinzing und Manfred Künzel aus Waiblingen, einem Verteidiger, den der Vorsitzende Gudrun Ensslin beigeordnet hatte. Ensslin hasst Künzel, wechselt mit ihm kein einziges Wort während des gesamten Verfahrens. Künzel kommt sich vor »als Ratte für sie, Verteidiger ohne Vertrauen«. Im Laufe des Verfahrens hat sich Künzels Einstellung zu seiner Rolle grundlegend gewandelt. Ihm ist klar geworden, so sagt er in der Rückschau, dass »die zwangsweise Beiordnung eine Ungeheuerlichkeit gegenüber dem Angeklagten« darstelle, weil der Anwalt nicht in das »Verteidigungskonzept« eingeweiht sei.

Deshalb hatte er schon lange keine Anträge mehr in dem Verfahren gestellt, am Anfang waren es drei gewesen – weil für ihn »die Gefahr, das Konzept der Angeklagten zu durchkreuzen, einfach zu groß war«. So sei für ihn in dem Stammheimer Gerichtssaal alles »auf ein aufmerksames Zuhören« hinausgelaufen – ähnlich einem Journalisten in der ersten Reihe. »Während die Verteidiger auf der anderen Seite etwa bei dem wochenlangen Ringen um die Verhandlungsfähigkeit um die Interessen der Angeklagten bis zum Umfallen gekämpft haben«, bilanziert er über die Front zwischen den beiden Verteidigergruppen in dem Stammheim-Prozess, »kam es auf Seiten der beigeordneten Verteidiger gelegentlich zum Kampf gegen den Schlaf«.

Zu dem Verteidigungskonzept der Vertrauensanwälte gehört auch die Argumentation, dass mehrere RAF-Anschläge wegen des Vietnamkrieges gerechtfertigt seien. So trägt beispielsweise Baader-Anwalt Heldmann vor, dass die »USA Handlungen, die als Völkerrechtsverbrechen zu würdigen sind, auch vom Territorium der Bundesrepublik aus begangen« hätten und deshalb zu klären sei, »ob seinerzeitige Gewaltanwendung gegen bestimmte militärische Einrichtungen der USA auf dem Territorium der Bundesrepublik, so Bombenangriffe auf die US-Stützpunkte in Frankfurt und Heidelberg, gerechtfertigt waren«.

Und Ensslin-Verteidiger Otto Schily beantragt, als Zeugen »1. den früheren US-Präsidenten Richard M. Nixon, San Clemente (Californien), USA, 2. den früheren Verteidigungsminister der US-Regierung, Melvin Laird, 3. den früheren stellvertretenden US-Verteidigungsminister Daniel James« und »4. den früheren Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte in Vietnam, General Creighton Abrams« zu laden. Notwendig sei die Ladung der Zeugen, weil sie »bekunden« würden, trägt Schily vor – zwei Jahrzehnte später ist er Bundesinnenminister –, »daß sie, in der Ansicht, das vietnamesische Volk ganz oder mindestens teilweise zu zerstören, zusammen mit anderen bekannten oder unbekannten Mittätern in den Jahren 1968 bis 1974 in Fortsetzung des Vorgehens der früheren US-Präsidenten Eisenhower, Kennedy und Johnson vorsätzlich Vietnamesen in großer Zahl getötet und Vietnamesen in noch größerer Zahl schwere körperliche oder seelische Schäden zugefügt haben«, und außerdem, »daß sie ferner das vietnamesische Volk unter Lebensbedingungen gestellt haben, die geeignet waren, dessen körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen«.

Derartige Anträge stellten Künzel und die anderen Verteidiger nicht, die den Angeklagten gegen ihren Willen beigeordnet sind. Aber Künzel hatte doch noch einen Antrag in dem Verfahren gestellt, und zwar einen Befangenheitsantrag gegen Prinzing – eine Woche zuvor, am 13. Januar 1977, eine Woche vor Heldmanns Ablehnungsantrag. Noch am selben Abend erhielt Künzel einen Anruf von Prinzing. »Herr Künzel, Ihr Antrag ist für mich das Schlimmste, was ich in zwei Jahren mitgemacht habe«, bricht es aus dem Vorsitzenden heraus. Künzel hatte den Antrag gestellt, weil er für sich zu der Einsicht gekommen war, nicht anders handeln zu können. Nicht nachvollziehbar für ihn war in Prinzings »dienstlicher Erklärung« über seinen Kontakt zu Mayer die Aussage, zu privaten Gesprächen sage er nichts, auch wenn sie sich mit Rechtsfragen befassten. Diese Äußerung befeuerte nach Künzels Verständnis die Vermutung, dass Prinzing mit einem Richter der übergeordneten Instanz seine Entscheidungen abgestimmt habe, um sein Risiko zu minimieren, dass eine seiner Entscheidungen aufgehoben wird.

Wie Künzel ging es vielen bei Prinzings »dienstlicher Erklärung«: Ihnen fehlte schlicht die Fantasie, sich vorzustellen, dass die beiden Richter, die seit anderthalb Jahrzehnten privat verkehrten und entscheidende Funktionen in dem seinerzeit aufsehenerregendsten Strafverfahren der Republik hatten, mit viel juristischem Neuland und etlichen Fallstricken, sich regelmäßig über Rechtsfragen in Gesprächen austauschten, die ausschließlich »privaten Charakter« besaßen. In dem Stammheimer Verfahren stellten sich etliche spannende juristische Fragen.

Anlass für Prinzings Anruf an diesem Abend war offenbar, dass nun zum ersten Mal in dem Verfahren ein Befangenheitsantrag gegen ihn von einem Verteidiger gestellt worden war, den er ausgesucht hatte. So erläutert er Künzel, dass es für ihn einen Unterschied mache, von welcher Seite ein solcher Antrag käme. Nun werde wieder die Presse über ihn herfallen, sagt er sich selbst bemitleidend – Künzel war als Rechtsreferendar bei Prinzing zur Ausbildung: Zwischen beiden besteht eine Art von Ausbilder-Auszubildender-Verhältnis.

Künzel bittet Prinzing, »sich doch einmal in die Lage der Frau Ensslin zu versetzen, die sich nun sagen müsse, dass eine zukünftige Revision sinnlos ist und die sich später immer sagen müsse, dass ihre Revision sinnlos gewesen sei, weil ja ein Austausch zwischen den beteiligten Senaten stattgefunden habe« – »mit dem Ziel, ein revisionssicheres Urteil zu erstellen«.

»Das ist doch der Frau Ensslin egal«, erwidert Prinzing: »Das kommt doch alles von Rechtsanwalt Schily.«

Künzel entgegnet, dass er sich dies nicht vorstellen könne. Prinzing jammert: »Wenn ich das nicht durchstehe, Herr Künzel …«

Künzels Fazit, so erklärt an diesem 20. Januar 1977 in Stammheim: »Ein Richter, der diese Sorge hat, sie einem anderen gegenüber äußert und dies gegenüber einem Verteidiger, der gerade einen Ablehnungsantrag gegen ihn gestellt hat, will auf die Verteidigung einwirken.«

Um 16.45 Uhr sitzt Prinzing nicht mehr auf dem Vorsitzendenstuhl. Bevor Eberhard Foth, bislang Beisitzer, auf ihm Platz nimmt, verkündet er: »Die Ablehnung des Vorsitzenden Dr. Prinzing ist begründet.«

»Darauf, ob Dr. Prinzing befangen ist oder sich befangen fühlt, kommt es entscheidend nicht an«, begründet Foth die Absetzung seines Vorgängers: »Maßgebend ist, ob aus der Sicht der Angeklagten vernünftigerweise Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters gesetzt werden kann. Diese Befürchtung ist nicht ganz von der Hand zu weisen, wenn Dr. Prinzing – nach seiner dienstlichen Erklärung – Rechtsanwalt Künzel seine ›Kenntnis‹ mitgeteilt hat, die Angeklagten zeigten sich von den bekanntgewordenen Vorgängen im Zusammenhang mit der sogenannten Akten-Affäre merkwürdig unberührt und ohne Interesse, Baader habe sogar geäußert, was das wieder für eine Kiste eines Rechtsanwalts sei, oder – nach der Erinnerung von Rechtsanwalt Künzel – ›Das ist doch der Frau Ensslin egal, das kommt alles von Rechtsanwalt Schily.‹ Ging der abgelehnte Richter von einem solchen Sachverhalt aus, ohne daß eine Klärung stattgefunden hätte, und brachte er ihn in Zusammenhang mit vorausgegangenen Anträgen der Verteidigung, so ist aus der Sicht der Angeklagten die Befürchtung nicht unbegründet, Dr. Prinzing messe aufgrund eines solchen ungeprüften Vorganges derartigen Anträgen eine geringere Bedeutung bei, als ihnen sonst zukäme.«

Eine solche Situation sei geeignet, »die Ablehnung zu begründen«. Prinzing ade. Achtzehn Sitzungstage vor Urteilsverkündung.

Donnerstag, 3. Februar

»Meldung« in der Justizvollzugsanstalt Stammheim von Obersekretär Grossmann: »Beim Umschluss am 3.2.1977 gegen 14.15 Uhr ging der Gef. Baader in die Zelle 713 zu Ensslin hinein. Nachdem ich einige Schritte in Richtung Zelle kam, kam Baader wieder aus der Zelle heraus und schrie: ›Was wollen Sie hier, Sie Arschloch, bleiben Sie draußen an Ihrem Arbeitsplatz sitzen.‹ (Stuhl).«

Ein Mann in der Zelle einer Frau – und das in der Untersuchungshaft bei zwei Mitbeschuldigten? Hä? Haben Sie eben etwas falsch gelesen? Oder hat der Autor dieser Zeilen etwas durcheinandergebracht? Nein. Nichts von beidem. Sondern die tatsächliche Situation 1977 auf der siebten Etage in Stammheim.

Vier Jahre zuvor, 1973, nachdem feststand, dass der Prozess gegen Baader & Co. in Stuttgart stattfindet, wurde die Stuttgarter Justizvollzugsanstalt Stammheim zu einer Festung und die siebte Etage zum Hochsicherheitstrakt ausgebaut. Dort wurden 1974 Baader, Ensslin, Meinhof und Raspe untergebracht. So trafen sich die RAF-Köpfe wieder – nachdem sie zwei Jahre lang nach ihren Verhaftungen in verschiedenen Haftanstalten inhaftiert waren.

Auf dieser siebten Etage setzte die baden-württembergische Justizverwaltung zwei eiserne Grundsätze des Untersuchungshaftrechts außer Kraft. Zum einen, dass Männer und Frauen in den Haftanstalten strikt voneinander zu trennen sind. Und zum Zweiten, dass Angeklagte in derselben Sache bis zum Ende der Gerichtsverhandlung nicht in derselben Anstalt untergebracht werden – damit sie keinen Kontakt zueinander haben und sich nicht absprechen können.

Für die in Stammheim einmalige Situation hatten sich Ministerialdirektor Rebmann und seine Kollegen im Stuttgarter Justizministerium entschlossen, weil sie sich nicht vorwerfen lassen wollten, wie in französischen Zeitungen und anderswo geschehen, in Deutschland würden Häftlinge wieder gefoltert und in »Isolationshaft« gehalten. Als diese Entscheidung am Schillerplatz in Stuttgart fiel, war das Dritte Reich vor dreißig Jahren untergegangen. Der Vergleich schmerzte die Menschen, die die NS-Diktatur erlebt hatten und nun Verantwortung in der Justizverwaltung trugen.

Von den RAF-Häftlingen und ihrem Umfeld draußen wurde immer und immer wieder verbreitet, in Stuttgart würden Baader & Co. in »Isolationshaft« gehalten und »gefoltert«. Die Wirklichkeit in Stammheim ist eine andere – die Haftbedingungen von Baader, Ensslin, Meinhof und Raspe sind im Vergleich zu anderen Untersuchungshäftlingen einzigartig: Jeder hat eine neun- oder zweiundzwanzig Quadratmeter große Zelle für sich. Eine Etage tiefer liegen sechs Mann in einer Zweiundzwanzig-Quadratmeter-Zelle, die für drei Mann gedacht war. Jeder RAF-Häftling hat Fernsehen, Radio, Plattenspieler, Schreibmaschine und jede Menge Bücher in seiner Zelle. Andere U-Häftlinge in Stammheim dürfen einmal pro Woche vor den Fernseher. Außerdem gibt es für Baader & Co. in der siebten Etage eine »Fresszelle« mit Obst, Joghurt, Quark, Fleisch und rohen Eiern, eine »Sportzelle« mit Rudergerät, Heimtrainer und anderem, eine »Bücherzelle« mit über dreihundert Werken sowie eine »Prozesszelle«, in der dreihundert Aktenordner stehen. Dreimal die Woche knetet ein Masseur Baader durch – er »hat Rücken«.

Kontakt mit anderen Häftlingen lehnen die RAF-Gefangenen ab. Dass sie über diese Möglichkeit verfügen, hatte der Strafsenat ihnen mehrmals gegenüber betont. So hatte er in seinem Beschluss vom 12. Dezember 1975 erklärt, den Angeklagten sei eingeräumt, »auf Wunsch am Hofgang einer beschränkten Zahl von Mitgefangenen teilzunehmen« – aber: »Indes haben es die Angeklagten abgelehnt, solche erweiterten sozialen Kontaktmöglichkeiten wahrzunehmen. Der Senat kann sie nicht zwingen, das zu tun.«

Baader & Co. wollen keinen Kontakt mit anderen Häftlingen, weil sie »Spitzel« ebenso fürchten wie Fotos von sich zusammen mit anderen Häftlingen in den Medien. Dies hätte sie ihrer Mär von der »Isolationshaft« berauben können – und damit auch ihres Agitationsthemas.

Untergebracht auf der siebten Etage sind an diesem 3. Februar außer Baader, Ensslin und Raspe auch noch Irmgard Möller und Ingrid Schubert. Die beiden Frauen hatte die Justizverwaltung nach dem Selbstmord von Ulrike Meinhof im Mai 1976 auf die siebte Etage verlegt, um die »Kleingruppe« aufzustocken und dem »Isolationsfolter«-Vorwurf zu begegnen. Aus diesem Grund war auch Brigitte Mohnhaupt im Juni 1976 nach Stammheim gekommen. Aber seit einer Woche ist sie nicht mehr da, weil sie in fünf Tagen entlassen wird – und das möchte die Justizverwaltung nicht direkt vom siebten Stock aus machen.

Einzigartige Regeln bestehen bei Baader & Co. auch für ihre Teilnahme am eigenen Strafverfahren. Für sie gilt nicht der allgemeine Grundsatz des deutschen Strafprozesses, dass ein Angeklagter an seinem Verfahren teilzunehmen hat. Auch bei der »Anwesenheitspflicht« haben sie Rechtsgeschichte geschrieben: Über Monate war zu Prozessbeginn über die Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten gestritten worden. Sie selbst erklärten sich für »verhandlungsunfähig«. Vier Gutachter kamen zu dem Ergebnis, dass die Häftlinge nur an drei bis vier Stunden pro Tag verhandlungsfähig sind – und das dreimal die Woche. Daraufhin beschließt der Prinzing-Senat, dass die Hauptverhandlung »in Abwesenheit der Angeklagten fortgesetzt« wird nach dem eigens für dieses Verfahren geschaffenen Paragrafen 231a der Strafprozessordnung: Nach ihm kann ohne den Angeklagten verhandelt werden, wenn er sich »vorsätzlich und schuldhaft in einen seine Verhandlungsunfähigkeit ausschließenden Zustand versetzt« hat.

Der Senat bejaht dies, weil »die Hungerstreiks wenigstens mitursächlich für den heutigen Gesundheitszustand der Angeklagten sind«. Und auch wenn die Angeklagten eingeschränkt verhandlungsfähig seien, läge »Verhandlungsunfähigkeit« im Sinne der neuen Vorschrift vor: »Wer nur zeitlich beschränkt verhandlungsfähig ist, dessen Verhandlungsfähigkeit ist im Übrigen (zu den sonstigen Zeiten) ausgeschlossen.«

Diesen Beschluss bestätigt der Bundesgerichtshof im Oktober 1975 – mit einer Modifikation: Wer »verhandlungsunfähig« in diesem Sinne sei, dürfe gleichwohl an seinem Strafverfahren auf der Anklagebank teilnehmen, wenn er es wolle.

Und so können Baader, Ensslin und Raspe jeden Morgen aufs Neue entscheiden, ob sie zur Verhandlung kommen oder auf der siebten Etage bleiben. Meistens bleiben sie oben.

Dienstag, 8. Februar

Die Schlüsselfigur der RAF betritt das Feld, ohne sie hätte es das deutsche Terrorjahr 1977 nicht gegeben, jedenfalls nicht so: Im badischen Bühl öffnet sich für Brigitte Mohnhaupt (28) das Gefängnistor – nach vier Jahren und acht Monaten ist sie wieder in der Freiheit. Als sie auf die Straße hinaustritt, erwartet sie ein kleines »Empfangskomitee«: Elisabeth von Dyck und Volker Speitel aus dem »Büro«, der Kanzlei von Klaus Croissant in Stuttgart.