Innere Lernprozesse auf dem Weg des Aikido - Georg Schrott - E-Book

Innere Lernprozesse auf dem Weg des Aikido E-Book

Georg Schrott

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Beschreibung

Der Wunsch jedes Aikidoka wäre, im Hier und Jetzt alle Energien zu einem fließenden und harmonischen Geschehen mit seinem Trainingspartner verschmelzen zu lassen. Das wäre vollkommen. Aber in Wirklichkeit stören innere Hürden: Gefühle der Aggressivität, Konkurrenz, Angst und Perfektionismus trüben die Unmittelbarkeit und Klarheit der Begegnung. Deshalb bleibt es keinem Aikidoka erspart, sich seinen "inneren Angreifern" zu stellen. Autor Georg Schrott lädt dazu ein, seine "inneren Angreifer" durch Selbstreflexion und -erkenntnis zu erkennen und sein Bewusstsein für eigene Ressourcen zu schärfen.

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Georg Schrott

Ohne Schwert und ohne Dogma

Innere Lernprozesse auf dem Weg des Aikido

Vorwort

Meine tiefe Dankbarkeit gilt all jenen, von denen ich Aikido lernen durfte; manchmal in langjährigem Unterricht, manchmal in einer kurzen, aber lehrreichen Begegnung; manchmal von Menschen, die mir weit voraus waren, manchmal von solchen, die den Weg noch gar nicht so lang beschritten hatten.

Einen herzlichen Dank richte ich an Bernd, Britta, Cornelia, Daniel, Gabi, Heifaa, Hendrik, Holger, Martin, Nora, Sebastian und Uli, vor allem aber an Martina aus dem Aikidojo Bochum e. V.: teils für wertvolle Erfahrungsberichte, teils für hilfreiche Feedbacks. Sie und alle anderen Angehörigen des Dojo, die jetzigen und auch die früheren, haben das Entstehen dieses Buches ermöglicht durch einen mehr als zwanzigjährigen Austausch. In seinem Verlauf wurden die hier vorgebrachten Gedanken maßgeblich geprägt.

Ich danke meiner lieben Frau Christine für ihre rege Unterstützung durch Motivation und konstruktive Feedbacks.

Und besonders danke ich den Künstlern Dagmar Witt und Beppe Mokuza Signoritti für ihre wunderbaren Illustrationen.

Ich widme dieses Buch meinem ersten Lehrer Werner Winkler (Tirschenreuth), der mich 1972 mit dem Aikido „infiziert“ und so, ohne es zu wollen und zu wissen, den Verlauf meines Lebens entscheidend und vielfältig geprägt hat. Ihm bin ich von Herzen dankbar!

1 Einführung

1.1 Ohne Schwert und ohne Dogma – nackt

In unserem Dojo gibt es aus Platzgründen nur einen Duschraum. Beide Geschlechter müssen ihn sich teilen. Nach dem Einzug in unsere Übungsstätte hatte sich aber schnell eine unkomplizierte Nutzung eingespielt: Eine Person, die die Dusche gerade benutzt, kann entscheiden, ob Personen des anderen Geschlechts den Raum betreten dürfen oder nicht. Die Klärung erfolgt in Sekundenschnelle durch den offenen Türspalt.

Auf Irritation stößt die gemeinsame Dusche aber manchmal bei Gästen, die anlässlich von Lehrgängen in unser Dojo kommen. Vor Jahren ertönten deswegen einmal erschreckte Ausrufe wie: „O Gott, es gibt hier ja nur eine Dusche!“ Spontaner Kommentar eines anderen Besuchers: „Merken die eigentlich nicht, wie nackt sie sich beim Aikido machen?!“

Dieser Satz ist mir nachgegangen. Er drückt aus, dass eine gelungene Aikido-Begegnung bloß und unverstellt geschieht. Und dabei greift die Metapher noch zu kurz: Die Begegnung erfolgt ja nicht nur an der Körperoberfläche (durch Schlagen oder Greifen), sondern geht unter die Haut: Sie geschieht von Mitte zu Mitte, von Hara zu Hara.

Nachdem mir der zitierte Satz immer wieder einmal in den Sinn gekommen war, gerieten meine Gedanken kürzlich bei einer abendlichen Lektüre ins Stolpern. Vor mir lag Yasushi Inoues Roman „Der Tod des Teemeisters“. Er handelt von Sen no Rikyu (1522–91), der prägendsten Persönlichkeit in der Geschichte des japanischen „Teewegs“ (Chado). An einer Stelle charakterisiert eine Romanfigur die Art und Weise, wie Rikyu die Teezeremonie ausführte:

„Meister Rikyus Stil glich einem Kampf ohne Schwert und ohne Dogma. Mit einem Wort, er kämpfte den Kampf eines nackten Menschen.“ (INOUE, 22)

Ich hielt inne. Plötzlich hatte ich den Titel für mein Aikido-Buchprojekt gefunden. Er war geeignet, meine Anliegen auf den Punkt zu bringen.

Was haben Schwerter und Dogmen gemeinsam? Sie wurden erfunden, um zu zerschneiden und zu zerteilen und um dadurch zu dominieren.

Schwerter zerteilen Körper. Sieger wird, wer sein Schwert im Zweikampf schneller oder geschickter einsetzt.

Dogmen zerteilen Gedanken- und Menschengruppen. Sie unterscheiden: Diese Idee ist richtig, diese falsch; dies ist wahr, jenes unwahr; wer die eine Meinung vertritt, hat recht, wer die andere vertritt, hat unrecht; wer so denkt, gehört zu uns, wer anders denkt, nicht. Sieger wird, wer in dogmatischen Auseinandersetzungen die Deutungshoheit erlangt.

Mit Schwertern werden physische Siege erfochten, mit Dogmen geistige und soziale. Im Laufe der Geschichte haben beide Instrumente zahllose Tote hervorgebracht. Und in dem Moment, in dem ich dies schreibe – gegen Ende des Jahres 2014 – geschieht im Vorderen Orient genau das.

Rikyu kämpfte „ohne Schwert und ohne Dogma ... den Kampf eines nackten Menschen“. Dieser Vergleich symbolisiert sehr gut das Anliegen der folgenden Buchseiten. Es geht um die „Kampfkunst“ Aikido – wobei noch zu klären ist, was Kampf in diesem Fall konkret bedeutet. Es geht um ein Aikido ohne Schwert – ohne physischen Schaden für den Partner oder für mich. Und es geht vor allem um ein Aikido ohne Dogma – ohne vorgefasste Konzepte und Ideen, ohne trennende und spaltende Egoismen, Pläne, Vorbehalte, innere Zwänge ... Im Idealfall begegnen sich die Aikidoka „ohne“. Bloß, pur, unverstellt, mit „leerem Geist“ – sozusagen nackt.

Was macht eine Aikido-Begegnung aus? Das Hier, das Jetzt und die Energien der Partner. Nicht weniger. Nicht mehr.

1.2 Über Aikido schreiben

Scheitern programmiert?

Ein Buch über Aikido zu schreiben ist eine heikle Entscheidung. Der Autor bewegt sich auf einem nicht allzu weitläufigen Gebiet zwischen Traditionsbruch, Sinnlosigkeit und Unmöglichkeit. Worauf es in den Kampfkünsten hauptsächlich und wirklich ankommt, wird zwar von Lehrer zu Schüler weitervermittelt, lässt sich aber kaum in Worte fassen. Die angemessene Art der Bewegung, die passende Körperspannung, das stimmige Timing, erst recht die geistige Haltung und vieles mehr entzieht sich einer Mitteilung durch bloße Worte. Auch wenn das Üben von Aikido in die Tiefen der menschlichen Existenz führt, lernt man es keineswegs besser, wenn man viel darüber philosophiert (vgl. DIOSZEGHY-KRAUSS, 206). Es muss in der direkten Interaktion im Dojo gelernt werden durch Sehen und Begegnen. Im Budo ist so der Begriff des Mitori-Geiko entstanden (daher der Buchtitel und das Konzept von RAJI), wörtlich „Sehen-Nehmen-Training“, also etwa: „Lernen durch Schauen“ – „und durch Spüren“ wäre zumindest im Aikido unbedingt noch zu ergänzen. Aber eben nicht: Lernen durch viele Worte.

In die so gepflegte „Kultur der Stille“ mit einem wortreichen Buch hereinzuplatzen, scheint daher reichlich unpassend. Es überschreitet die Tradition des Budo-Lernens, verlegt den Schwerpunkt statt auf die körperliche Begegnung auf Worte und Reflexionen, lenkt womöglich ab vom Eigentlichen. Körperliche Bewegungen lassen sich nicht in Wort und Bild zwischen zwei Buchdeckeln vermitteln. Über geistige Aspekte zu schreiben oder zu lesen, abgekoppelt von der körperlichen Aktion im Dojo, kann leicht zu einer verkopften oder schwärmerischen, jedenfalls realitätsfernen Aktion geraten. Was gibt es hier dann noch zu sagen?

Was Sie hier nicht erwartet

Dieses Buch verspricht nichts. Es erhebt nicht den Anspruch, etwas besser zu erklären als andere. Oder etwas zu erklären, das andere noch nicht erklärt haben. Es hat dem Leser nichts Neues mitzuteilen. Was hier ausgesprochen wird, weiß jeder selbst. Es kann allerdings sein, dass er nicht weiß, dass er es weiß.

Es wird hier keine bestimmte Schule vertreten oder entwickelt. Grundlage der einzelnen Kapitel sind eine jahrzehntelange Aikido-Praxis, der Austausch mit vielen Weggefährten während dieser Zeit und Inspirationen durch zahlreiche Lehrer. Vorgestellt wird ein erfahrungsgegründetes Praktikermodell. Was an psychischen oder spirituellen Aspekten angesprochen wird, entstammt in vielen Fällen mündlicher Überlieferung – wie in den Kampfkünsten allgemein üblich. Wo es sich um direkte Lesefrüchte handelt, ist dies durch Quellenangaben belegt. Begriffe werden entsprechend diesen mündlichen Traditionen ohne viel Definitions-Aufwand gebraucht. (Während beispielsweise das Wort „Geist“ einem Philosophen oder Psychologen jede Menge Erklärungs-Arbeit abverlangen würde, steht es hier leichthin für den japanischen Begriff Shin.)

Nichts von dem, was hier geschrieben steht, ist „wahr“. Es wird aber wahr, wenn Sie als Leser damit in Resonanz gehen. Wenn sich bei der Lektüre etwas „in Ihnen regt“, bedeutet das, dass etwas für Sie Relevantes berührt ist. Ihre Reaktion kann in Zustimmung bestehen, aber auch in Widerstand. Wie auch immer: Sie reagieren, weil etwas angesprochen ist, das für Sie von Bedeutung ist. In einem solchen Moment werden die Worte in diesem Buch zum Angebot, zur Einladung. Aber Sie allein entscheiden, was daraus entsteht.

Was Sie hier erwartet

In Aikidoka-Kreisen gibt es zwei Haupt-Tendenzen. Die Vertreter der einen Richtung betonen, man übe angemessen Aikido, wenn man sich möglichst genau das aneigne, was Morihei Ueshiba, der Begründer dieser Kunst, gelehrt hat. Die anderen weisen darauf hin, dass ein wesentliches Prinzip des Aikido das angemessene, harmonische und harmonisierende Eingehen auf die jeweilige Situation sei. Das verlange Freiheiten im Umgang mit O-Senseis Erbe.

Wie auch immer: bei der Vermittlung von Morihei Ueshibas Lehren wird es immer wieder neue Anläufe brauchen, um möglichst hilfreiche Wege der Weitergabe an immer neue Menschen zu finden. Es geschieht ein Kulturtransfer, der unweigerlich auch mit Interpretationen verbunden ist. Europäer hören ostasiatische Unterweisungen mit europäischen Ohren – und automatisch wird etwas Anderes daraus. Es ist in gewisser Weise vergleichbar mit dem Anliegen, die Weisungen der Bibel oder des Koran umzusetzen. Nur Fundamentalisten würden die Ansicht vertreten, man brauche aus diesen Schriften alles nur 1:1 übernehmen. Sie würden dabei aber verkennen, dass jede Übernahme durch andere Menschen, erst recht durch solche aus anderen Kulturkreisen, zwangsläufig schon eine Deutung mit sich bringt. Auf die überlieferte Sache wird von jedem Menschen aus einer neuen, individuellen Blickrichtung geschaut. Jeder Aikido-Schüler tut dies, wenn er sich die Kampfkunst auf seine individuelle Weise aneignet, und jeder Lehrer tut es, wann immer er seinen Schülern Aikido erklärt. In solchen Aneignungsprozessen wurzelt meine Veröffentlichung. (Zwischendurch bemerkt: Die Selbstverständlichkeit, mit der hier der Begriff „Individualität“ verwendet wird, unterschlägt vorläufig, dass es sich dabei um ein komplexes Thema handelt, dem sich Budoka mit besonderer Sorgfalt stellen müssen; s. Kap. 3.4.6 „Nicht-Ich – Muga“)

Aikido lernt man im Tun, auf der Matte, in der Begegnung mit Lehrern und Übungspartnern. Ein Lehrbuch über das, was dabei körperlich zu tun ist, hätte wenig praktischen Nutzen. Unmöglich lassen sich korrekte Aikido-Bewegungen allein mit Worten erklären! Hier geht es um etwas anderes. Dieses Buch will den Übenden nicht belehren, sondern ihm helfen, sich selbst zu reflektieren, besonders aber die inneren Schwierigkeiten, in die er womöglich in seiner Praxis gerät. Das Training im Dojo kann es natürlich nicht einmal andeutungsweise ersetzen, sehr wohl aber ergänzen und begleiten. Insofern wendet es sich vor allem an Aikido-Praktizierende, Es wird jedoch auch in der Hoffnung vorgelegt, dass es Budoka aus anderen Kampfkünsten Interessantes zu sagen hat.

Hauptsächlich ist auf den folgenden Seiten beabsichtigt, die Aufmerksamkeit der Leser auf typische mentale Probleme zu lenken, die beim Aikido (und wohl auch sonst im Budo) auftreten können, und auf mögliche Ansätze, wie mit diesen Problemen umgegangen werden kann. Es werden Anregungen und Anleitungen zur Selbstwahrnehmung und Selbstreflexion geboten. Die Anregungen entstammen meiner jahrzehntelangen Praxis des Lernens und Lehrens von Aikido. Sie haben sich in dieser Zeit angesammelt als das Ergebnis von methodischem Üben, inspirierenden Unterweisungen, biographischen Zufälligkeiten und didaktischer Kreativität. Jeder andere Aikidoka hätte dieses Buch ganz anders geschrieben. Aber genau so wird Kampfkunst weitergegeben: mit Herzblut, auf persönliche Weise, Ishin Denshin, also „von Herz zu Herz“. Dies ist mein Anliegen als Lehrer und Autor.

Meine Helfer

Wenige Tage, nachdem ich begonnen hatte, an meinem Buch zu schreiben, läutete es abends an meiner Tür. Der Asiate, der davorstand, stellte sich mir als Shikyo Sensei vor. Es sei offensichtlich, dass ich meinem Thema nicht recht gewachsen sei, deshalb wolle er mir seine Unterstützung anbieten.

Bis heute wollte er mir nicht sagen, wie er von meinem Projekt erfahren hat. Doch nach der dritten Tasse Tee mit ihm und nach einem Besuch seines Unterrichts war mir klar, dass ich auf seine Mitarbeit nicht verzichten wollte.

Meister Shikyo praktiziert einen sehr klaren, präzisen, transparenten und ästhetischen Aikido-Stil. Seine große Liebe gehört jedoch dem Unterrichten, er ist mit Leib und Seele Lehrer. Immer wieder äußert er den Satz: „Meine Schüler sind mir heilig.“

Interessant fand ich in diesem Zusammenhang die Übersetzung seines Namens: „Unterricht“ oder „Unterweisung“.

Dankbar nahm ich sein Angebot an, ihn mit seiner Erfahrung immer wieder zu Wort kommen zu lassen. Shikyo Sensei wird sich vor allem zu Fragen der Form und des Aikido-Unterrichts äußern.

Eine Woche später klingelte es erneut. Draußen stand im leichten Nieselregen ein gewisser Fushi Sensei. Er komme auf Empfehlung seines alten Freundes Shikyo und habe den Eindruck, dass er mir nützlich sein könnte. Offensichtlich sei ich meiner Aufgabe nicht so recht gewachsen, aber mein Buchprojekt verdiene Unterstützung. Bei einigen Tassen Tee und durch einen Besuch seines Unterrichts lernten wir uns näher kennen.

Fushi Senseis Lebensmotto stammt von dem Zen-Patriarchen Bodhidharma: „Offene Weite – nichts Heiliges.“

Sein Aikido-Stil wird von vielen unterschätzt. Fushi wirkt auf den ersten Blick etwas nachlässig und erklärt wenig zu technischen Details. Aber im Kontakt mit dem Partner ist er immer unerbittlich „am Punkt“.

Die Kooperation mit ihm war nicht ganz einfach: Dauernd mischte er sich ungefragt ein, auch an unpassenden Stellen, und mir kam nicht immer seriös vor, was er sagte. (Ich habe recherchiert: „Fushi“ kann „Satire“ bedeuten oder „Sarkasmus“.) Ich verdanke ihm jedoch wie Shikyo Sensei viele wichtige Inspirationen. Er scheint sich besonders dafür zuständig zu fühlen, Selbstverständlichkeiten in Frage zu stellen und an problematischen Konzepten zu rütteln.

Im Laufe des Buches wird sich Fushi viel häufiger zu Wort melden als Shikyo. Das liegt nicht daran, dass der eine mehr zu sagen hätte als der andere. Doch Shikyos eigentliches Metier ist der praktische, schwerpunktmäßig technische Unterricht im Dojo, um den es aber im Folgenden kaum gehen wird.

Beide Meister liegen mir sehr am Herzen. Ich verneige mich hiermit vor ihnen.

Shikyo und Fushi baten mich, die Leser vor diesem Buch warnen zu dürfen. So lasse ich sie erstmals direkt zu Wort kommen:

SHIKYO SENSEI zitiert Morihei Ueshiba, den Begründer des Aikido:

„Kümmert euch nicht um Bücher über Aiki-do, denn sie können euch nicht die Essenz dieser Kunst und ihren geistigen Aspekt fühlbar machen“ (NOCQUET, 63).

Kommentar von FUSHI SENSEI:

Über Aikido schreiben ist wie über Architektur tanzen.

(Fushi verballhornt hier den Satz „Writing about music is like dancing about architecture“, der von dem amerikanischen Schauspieler Martin Mull stammen soll.)

Darf ich Ihnen das „Du“ anbieten? – Anmerkungen zum Sprachgebrauch

Unter Aikidoka ist es üblich, sich zu duzen. (Hoffentlich) Nicht einfach aus Wir-seliger Vereinsmeierei, sondern aus viel tieferen Gründen: Im Aikido spielen soziale Schranken keine Rolle, ja, es geht gerade auch um die Aufhebung zwischenmenschlicher Schranken. Das Ideal, sich wertungsfrei und offen im Hier und Jetzt zu begegnen, würde durch trennende Konzepte beeinträchtigt. Der Kontakt von Mitte zu Mitte, der für diese Kampfkunst so typisch ist, und die angestrebte Verschmelzung der Energien bringt die Menschen einander sehr nah.

Und noch zwei andere Anmerkung zu Sprache und Stil dieses Buches. Selbstverständlich richtet es sich an Männer und Frauen. Um aber den Fluss der Worte und Gedanken nicht durch geschraubte Formulierungen zu behindern, wurde als grammatisches Geschlecht oft ganz traditionell das Maskulinum verwendet, auch da, wo alle Menschen gemeint sind. Ich hoffe aber, der „Geist“ meiner Worte zeigt jene Weite, die den wortwörtlichen Formulierungen immer wieder fehlt.

Japanische Fachausdrücke habe ich grammatisch unverändert gelassen. Ob beispielsweise „Aikidoka“ ein Singular oder Plural ist, ergibt sich jeweils aus dem Textzusammenhang. Nur im Genitiv Singular wurde ein „s“ angehängt.

1.3 Ziele und Inhalte dieses Buches

Zwischenbemerkung für Aikido-Anfänger

Wer ein Sachbuch schreibt, sollte wissen, was er tut. Und seine kritischen Leser werden wissen wollen, ob der Autor weiß, was er tut. Es schien mir notwendig, für diese Zielgruppe einige konzeptionelle Bemerkungen an den Anfang zu stellen. Nicht nur auf Aikido-Anfänger könnte die Passage aber etwas trocken und theoretisch wirken und dadurch die Lesefreude hemmen. Solltest du das so empfinden, empfehle ich dir, ein wenig diagonal zu lesen, kurz vor Schluss allerdings wieder einzusteigen: mit dem Abschnitt „Einladung ins ‚Innere Dojo’“. Er ist als Überleitung relativ wichtig. Aber nun zurück zum Thema.

Ganzheitlich lernen

Wie gesagt: Aikido übt man auf der Matte. Aikido im engeren Sinn ist die Begegnung zwischen mindestens zwei Personen unter Verwirklichung der Aikido-Prinzipien. Zur Einübung dienen bestimmte, immer wieder trainierte Techniken. Aikido übt man immer als körperliche Interaktion. Deswegen kann man Aikido nicht aus Büchern lernen.

Lernen besteht aber nicht nur im Üben. Ein differenzierter, selbstverantworteter Lernfortschritt ist immer wieder begleitet von Nachdenken über mich selbst:

Was sind meine Ziele?

Wie nah bin ich ihnen?

Was bringt mich ihnen näher?

Was hindert mich daran?

Mit welchen inneren Schwierigkeiten habe ich zu kämpfen?

Bin ich überhaupt auf dem richtigen Weg?

Für Momente solcher Selbst-Reflexion ist dieses Buch geschrieben. Es geht von einem Budo-Lern-Modell aus, das im Wechselspiel und Zusammenwirken von „äußerer“ und „innerer“, von körperlicher und mentaler Entwicklung ausgeht. Den Begriff „mental“ habe ich hier für alle Seelenvorgänge gewählt, die mir bewusst sein können, für alles, was an Wahrnehmungen, Gedanken und Empfindungen in mein Bewusstsein kommen kann (während der Bereich des „Psychischen“ das Bewusste wie das Unbewusste umfasst). Was mir bewusst ist, kann ich auch beeinflussen. Ich kann meine Aufmerksamkeit darauf fokussieren. Ich kann mich davon distanzieren, indem ich es zum Objekt meiner Beobachtungen mache. Ich kann wählen, ob ich mich darauf ein- oder es loslasse. Wir werden sehen, dass es eine Menge mentaler Herausforderungen geben kann, die ich im Aikido auf diese Weise bewältigen muss.

„Aikido“ ist ein „(Lebens-) Weg“, eben ein „Do“. Es geht nicht nur um das Lernen und Anwenden bestimmter Techniken (das wäre dann eher „Aiki-Jutsu“). Den „Weg“ beschreite ich mit meiner ganzen Person. Betroffen ist also immer auch der mentale Bereich. Körper und „Geist“ wirken ganzheitlich zusammen und erfahren auf dem „Weg“ die Chance, sich auch ganzheitlich zu entwickeln.

Traditionelles Budo-Lernen

Der praktische Unterricht im traditionellen Stil ist oft weitgehend darauf ausgerichtet, wie man sich richtig bewegt. Nur gelegentlich wird dann auch (mehr oder weniger methodisch) auf den angemessenen mentalen Zustand hingearbeitet: größtmögliche Bewusstheit, größtmögliche „Absichtslosigkeit“ usw. Die technik- und körperbetonte Art der Unterweisung ist von der Erfahrung (oder zumindest von der Vorstellung) geprägt, dass das fortwährende körperliche Wiederholen zugleich als eine Art Schleifstein oder Poliermittel für die Seele wirkt. Der Schüler verleibt sich in stiller Übung und Auseinandersetzung die vorgegebene Überlieferung der Bewegungen ein. Nach und nach lernt er dabei auch, sein Ego mit seinen störenden Anhaftungen zurückzunehmen, das die Klarheit der Bewegungen und Begegnungen trübt. So kommt er dem Bewegungs- und Begegnungsideal immer näher. Dieser Prozess vollzieht sich langsam und streckenweise unbemerkt.

Es ist dies der traditionelle ostasiatische Weg zur Meisterschaft, ausgehend von der Idee einer Kunst, „die den Einzelnen vollständig in die Überlieferung einbindet, ihn auf ein feststehendes Ideal verpflichtet” (KLOPFENSTEIN, 136), wofür persönliche Interessen und Impulse zu reduzieren sind. Durch das ständige Üben werden Körper und Geist „geschliffen und poliert“ – so die Ausdrucksweise in alten japanischen Schwertschulen (HEIJO MUTEKI SHO, 6f.).

Morihei Ueshiba, der Begründer des Aikido, bezeichnet die Aikido-Praxis, das Üben im Dojo, als Misogi, als „die Reinigung von Körper und Geist auf allen Ebenen.“ (UESHIBA 2010, 97 u. ö.) Misogi ist eigentlich der Ausdruck für verschiedene kultische Reinigungsrituale im Shinto. Am bekanntesten ist wohl die Praxis des Meditierens in einem Wasserfall. In Ueshibas Sprachgebrauch und Wahrnehmung zählte Aikido ebenfalls zum Misogi.

Nach einem guten, physisch intensiven Training erleben das Aikidoka immer wieder: Sie fühlen sich klar und geordnet, sie sind „ganz bei sich“, und wenn sie aus dem Dojo hinaustreten, stellen sie fest, dass ihnen ihr „Bei-sich-Sein“ hilft, alltägliche Anforderungen und Konflikte gelassen und konstruktiv zu bewältigen. Das traditionelle Modell des Budo-Lernens hat also definitiv seine Berechtigung.

Kaerimiru – Selbstreflexion im Fokus

Morihei Ueshiba forderte seine Schüler aber auch auf, Anstrengungen in der Selbstreflexion (Kaerimiru; wörtlich: „zurückschauen“) zu unternehmen (HOLIDAY, 152). Sie sollten in sich gehen und über ihr Verhalten nachdenken, ihre Fehler bedauern, sich angesichts der Kürze des Lebens zu einem Wandel motivieren zu lassen und so zum Verstehen und zur Erleuchtung durchdringen (HOLIDAY, 141f.).

Ein Miteinander von Praxis und Reflexion – das funktioniert im Budo allerdings nur als Nebeneinander und Nacheinander, nicht als gleichzeitiges Geschehen. Die oben formulierten Fragen der Selbstreflexion kann ich mir nicht während des Übens stellen. Sie würden die Unmittelbarkeit der Begegnung mit dem Partner stören. Vielmehr muss ich anstreben, mit „leerem Kopf“ zu üben, die Bewegung als „Nicht-Tun“ (s. Kap. 3.4.5 „Nicht-Tun“ – Mu-I) auszuführen im „Geist des Nicht-Geists“ (s. Kap. 3.4.7 „Nicht-Geist“ – Mushin). Jede Reflexion wäre eine Unterbrechung dieses „absichtslosen Fließenlassens“.

Reflexion ist nur außerhalb der körperlichen Trainingszeiten möglich. Dann aber kann ich mich durchaus mit der Frage beschäftigen, wie gut mir die Umsetzung gelungen ist oder was mich dabei behindert hat. Nicht selten geschieht dies sowieso nach dem Training unter dem Eindruck der letzten Übungen, vielleicht schon bei den Gesprächen im Umkleideraum oder am Stammtisch. Oder später beim persönlichen Nach-Denken des Erlebten zuhause. Der Kyudoka Diethard Leopold spricht vom „existentiellen Zanshin“ (LEOPOLD, 130), dem Nachschwingen-Lassen der Übung lange über die eigentliche Übungsphase im Dojo hinaus.

So überprüfe ich in der Distanz mich, meinen Fortschritt, meine Fähigkeiten und Schwierigkeiten. Dadurch richte ich auch den Fokus meiner Aufmerksamkeit für die nächsten Übungsstunden aus. Und wahrscheinlich sind es nicht so sehr die vernünftigen Interpretationen und Entscheidungen, die mein weiteres Lernen beeinflussen. Viel wichtiger ist wohl die so bewirkte Aufmerksamkeitslenkung, die mir hilft, Hürden zu erkennen, zu verstehen und zu überwinden.

Erfahrungen des Misslingens können im Aikido verschiedene Ursachen haben: falsch ausgeführte Techniken; das unkooperative Verhalten eines überlegenen Partners; oder ein falscher mentaler Zugang: Angst, Übereifer, innere Verkrampftheit, fehlendes Selbstvertrauen, Eitelkeit ... kurz: Anhaftungen des Egos, die die Kampfkunst-Praxis mitprägen. Meine Techniken kann ich nur im Dojo verbessern, und mit unkooperativen Partnern muss ich leben lernen. Aber meine Anhaftungen kann ich am besten verarbeiten, wenn ich mich ihnen möglichst oft selbstkritisch und konstruktiv stelle. Dazu sollen hier Anregungen gegeben werden.

Kommentar von FUSHI SENSEI:

„Wenn du mit dem Innen klar bist, wird das Außen von selber stimmig sein. Die primäre Wirklichkeit ist im Innen, die sekundäre im Außen.“ (TOLLE, 98)

Einladung ins „Innere Dojo“

Wie im realen Dojo fordern mich auch im „Innen“, an meinem „inneren Übungsort“ allerlei „Angreifer“ heraus. Und es wäre gut zu lernen, mit ihnen umzugehen.

Schon der erste Lern-Schritt könnte ein wenig unangenehm werden: Ich muss bereit sein, diese „Angreifer“, nämlich meine inneren Hemmnisse, überhaupt wahrzunehmen. Denn ich bin doch Aikidoka und Idealist. Ich gehe meinen Weg gelassen und entspannt. Leistung ist mir nicht wichtig. Dominanz habe ich nicht nötig. Ich komme ohne Aggressionen aus. Ich konkurriere nicht mit anderen. – Wirklich? Oder tauchen aus meinem Unbewussten etwa doch noch Instinkte, Triebe oder Egoismen auf, die sich in meine Aikido-Praxis einmischen? Und wenn: kann ich sie auch wahrhaben? Oder muss ich sie verdrängen, damit meine Selbstliebe nicht gekränkt und mein Selbstbild nicht getrübt wird? Wenn ich zu diesem ersten Schritt bereit bin, werde ich ehrlicherweise sagen müssen: Ich stehe mir mit so manchem mentalen Hindernis selbst im „Weg“. Oft bin ich mein eigener „Gegner“.

Als Aikidoka weiß ich nun aber, dass es im Umgang mit Opponenten nicht darum gehen kann zu siegen. Es handelt sich ja gar nicht um „Angreifer“, sondern um „Partner“. Statt sie zu bekämpfen, muss ich lernen, ihre Energien zu nutzen und die Begegnungen mit ihnen zu harmonischen Resultaten zu führen. Es wird Übung brauchen, damit ich das immer besser schaffe.

Auf den folgenden Seiten werden zu diesem Zweck in kurzen Essays einige typische mentale Probleme unter die Lupe genommen, die beim Aikido (und sicher auch in anderen Budo-Trainings) immer wieder auftreten. Dadurch, dass sie benannt werden, werden sie auch ins Bewusstsein geholt, meine Aufmerksamkeit kann sich auf sie richten. Dadurch, dass ich sie genau betrachte, können sie ihr Erscheinungsbild verändern: Was zunächst als (negativ bewertetes) Problem daherkommt, kann ich ebenso als (ambivalente oder auch neutral zu sehende) Herausforderung interpretieren. In jeder dieser Herausforderungen aber steckt eine Chance – zu einer Lösung oder zumindest zu einer Weiterentwicklung. Der Weg geht dabei vom Dagegen-Ankämpfen über das Verstehen zum Loslassen und Integrieren. Der Leser wird in eine bestimmte Haltung der Selbstwahrnehmung eingeladen: im „Problem“ jeweils das Agieren eines „inneren Trainingspartners“ zu erkennen, der ihn voranbringen will.

Die beschriebenen Probleme sind also so etwas wie Innere Uke, die mir in meinem Inneren Dojo begegnen. Lass uns jetzt das „Innere Dojo“ betreten. Verneigen wir uns ehrfürchtig und dankbar vor diesem Ort, vor dem Porträt von O-Sensei Morihei Ueshiba und vor den Übungspartnern, die dort schon auf uns warten, und dann fangen wir an. Onegai shimasu!

2 Begegnungen mit den „Inneren Uke“

2.1 Getümmel im „Inneren Dojo“

Die „Inneren Uke“

Beim Üben im „Äußeren Dojo“ ist die Situation vergleichsweise übersichtlich. Meist wird paarweise trainiert. Das Verhältnis der Übenden untereinander und der Umgang miteinander wird durch die Dojo-Etikette reguliert. Konzentriert wird umgesetzt, was der Lehrer vorgegeben hat. Es herrschen recht klare Verhältnisse.

Solange die Umstände des Unterrichts keine Worte erfordern, übt man die Kampfkünste schweigend. Das prägt nicht nur die Aura eines Dojo, sondern wirkt auch auf die Mentalitäten der Übenden ein. Die äußere Stille bringt sie ihrer inneren Stille näher. Allerdings ist der Weg in die innere Stille lang, und bevor ich diesem Ziel tatsächlich näherkomme, sind es meine inneren Monologe und Dialoge, die meine Handlungen ständig begleiten. Fortwährend melden sich verschiedenste Stimmen zu Wort: Ehrgeiz, Lust, Unlust, Angst, Sehnsucht, Ablehnung, Konkurrenz, Müdigkeit ...; die Stimme der Vernunft, der Moral, des Gewissens ... Dabei gilt wie in der Außenwelt: Demokratie ist die Herrschaft der Lauten. Die Stimme, die gerade am „lautesten“ ertönt, setzt sich durch und bestimmt mein Handeln maßgeblich mit. Mehr oder weniger bewusst trägt sie zu meinen Motivationen, Entscheidungen und Handlungen bei.

Hätten sämtliche innere Stimmen, die in allen Aikidoka eines Dojo zur selben Zeit am Werk sind, menschliche Gestalt, wäre auf der Matte die Hölle los. Es würde sich zeigen, dass das Dojo hoffnungslos überfüllt ist. Und schlimmer noch: diese inneren Akteure halten sich an keine Etikette. Sie mischen sich ein, wann immer ihnen danach ist. Es herrscht also Getümmel im Dojo – im inneren und dadurch im äußeren, wo die Aikidoka zusammen mit ihren „Stimmen“, sozusagen im Pulk, aufeinander losgehen.

SHIKYO SENSEI zitiert Morihei Ueshiba:

„Auch wenn nur

ein einziger dich herausfordert,

bleibe auf der Hut,

denn du bist immer umgeben

von einer ganzen Schar von Feinden.“

(UESHIBA 1997,76)

Schaut man auf diese „Herrschaft der Lauten“ mit einem eher systemischen Blick, so lässt sich aber oft feststellen: Was geschieht, bestimmt in gewisser Weise doch die Mehrheit – in vielen Fällen nämlich die schweigende Mehrheit. Man kann nicht nicht kommunizieren. Die Schweiger sind immer auch die „Nicht-Verhinderer“ und damit die „Möglich-Macher“.

So ähnlich ist das auch in meinem Alltagsbewusstsein. Von all den möglichen Stimmen in meinem Kopf schweigen stets die meisten. „Schweigen“ heißt hier: „nicht in mein Bewusstsein dringen“. So erlauben sie den Wortführern, den Kurs zu bestimmen.

Oft ist die Angst lauter als die Vernunft; oder die Vernunft lauter als der Genuss; das Pflichtgefühl stärker als die Sehnsucht ... Ich habe vielleicht gerade begonnen, besonders achtsam und entspannt zu üben – aber dann gerate ich an diesen unsensiblen Partner mit dem Schraubstock-Griff, und schon erwacht mein Widerstand und, wenn ich Uke bin, meine Angst. Ich habe mich vielleicht gerade besonders bemüht und bin stolz auf meinen Fortschritt – da kommt mein Lehrer herbei, kritisiert ein winziges Detail und demontiert mich so mit einem Schlag. Ich möchte mich auf meine Kyu-Prüfung vorbereiten, gerate aber abwechselnd an lasche und steife Uke, kann keine einzige Technik angemessen ausführen und merke, wie ich immer ärgerlicher und ruppiger werde ... In kürzester Zeit kann eine einzige „innere Stimme“ zum Wortführer werden: Kampfbereitschaft, Angst, Eitelkeit, Sehnsucht nach Anerkennung, Ehrgeiz, Aggressivität usw. Mein Reaktionsspektrum wird dann auf jene Alternativen eingeengt, die durch die dominanten Stimmen vorgegeben werden.

Ich verfüge aber über die Fähigkeit, den Fokus meiner Aufmerksamkeit bewusst von einer Stimme zu einer anderen zu verschieben. Und so kann ich Wege finden, leisere Stimmen neben den dominanten lauten ausfindig zu machen, Stimmen, die mir auf dem „Weg“ womöglich hilfreicher sind als die vorschnellen Krakeeler, die immer zuerst parat stehen.

Im Aikido und in anderen Budo-Künsten treten einige Stimmen mit größerer Häufigkeit und Lautstärke auf als in anderen Situationen. Beispielsweise ist die Konstellation von „Angriff“ und „Verteidigung“ ein mit martialischen Bildern besetztes Setting. Effizienzdenken, Ehrgeiz, Konkurrenz, körperlicher oder sozialer Durchsetzungswille können schnell auf den Plan treten. Die körperliche Anstrengung kann dabei zur Lust oder Last werden. Die Notwendigkeit, sich einzulassen auf den Übungsrahmen und die Bewegungen des Partners, kann Abwehrhaltungen und Ängste aktivieren. Die hohen ethischen Ideale können Begeisterung und Eifer, aber auch Selbstgerechtigkeit und Arroganz auslösen.

Sie alle sind meine Inneren Uke. Sie greifen mich an, bedrohen meine menschliche Integrität, stören die Effizienz und Harmonie meiner Handlungen, stellen sich zwischen mich und meine Partner im äußeren Dojo. Sie verhindern oder stören zumindest, was idealerweise bei einer Aikido-Bewegung geschieht: das völlige, den Gegebenheiten optimal und ungetrübt entsprechende Aufgehen in der Situation. Mit einem Angriff im äußeren Dojo kann ich nur angemessen umgehen, wenn jegliche innere Diskussion verstummt, wenn ich alle Wünsche und Bedenken, den Blick in die Vergangenheit oder Zukunft beiseiteschiebe und ganz im Jetzt der Bewegung und Begegnung bin.

Training im Inneren Dojo bedeutet dann: zu lernen, mit den Angriffen der Inneren Uke umzugehen, und zwar auf eine Weise, die den Idealen des Aikido entspricht.

Die wortlose Stimme

Entwickelt man die Metapher von den Stimmen im Kopf noch weiter, kann man sagen: Als spiritueller Weg zielt Aikido letztlich darauf ab, in die Stille zu kommen. Dort aber ist – weiter metaphorisch gesprochen – eine Stimme zu hören, die im Alltagsbewusstsein oft übertönt wird. Es ist eine Nicht-Stimme, die eine Stimme „jenseits aller Stimmen“. Eine Stimme, die nicht bewertet, nicht will, nicht nicht will. Die zur Kenntnis nimmt, annimmt, integriert. Die in jedem Augenblick spricht, dafür aber kein einziges Wort braucht. Die die Stille nicht durchbricht und doch anfüllt. Sie soll hier erst einmal schlicht „DIE STIMME“ heißen.

Manche Lehrer raten ihren Schülern im Unterricht, „den Kopf leer zu machen“. In der Fachsprache des Budo ist davon die Rede, zu Zuständen des „Nicht-Tuns“, „Nicht-Ich“ oder „Nicht-Geists“ (s. Kap. 3.4.5 „Nicht-Tun“ – Mu-Ibis 3.4.7 „Nicht-Geist“ – Mushin)kommen. Dann schweigen die Stimmen meines Ego, des Alltagsbewusstseins. Und so steigt die Chance, dass ich „DIE STIMME“ deutlicher vernehme und mein Tun (oder: Nicht-Tun) davon prägen lasse. Das ist die Zielrichtung der folgenden Überlegungen.

FUSHI SENSEI zitiert gern den persischen Mystiker Dschalal ad-Din ar-Rumi:

„Es gibt eine Stimme, die keine Worte gebraucht. Höre!“ (Aus dem Gedächtnis wiedergegeben.)

2.2 Beispiele in Auswahl

Die STIMME MEINER AGGRESSIVITÄT braust auf:

Was?! Wie behandelt der dich denn?! So ein Arschloch! Meint der wirklich, das kann er sich erlauben?! Lass dir bloß nicht die Butter vom Brot nehmen! Gib’s ihm, bevor er dich noch mal in die Enge treibt! Zeig ihm, mit wem er’s zu tun hat!

2.2.1 Aggressivität

Aggression im Aikido-Dojo?

Eines der zentralen Themen in der Kampfkunst ist sicher das der Gewalt. Das gilt auch im Aikido, und hier ist das Thema wohl besonders komplex. Man könnte ja denken, in der „Kampfkunst des Friedens“ habe Aggression nichts zu suchen; wer sie auf die Matte trage, verstoße massiv gegen die Dojo-Regeln; gewaltsames Verhalten wird doch hoffentlich immer sofort unterbunden, uneinsichtig brutale Schüler werden des Dojo verwiesen. Fertig. Wirklich?

Aikido wird beileibe nicht immer gewaltfrei ausgeübt. Eine Umfrage unter Mitgliedern meines Vereins förderte unterschiedlichste Erfahrungen zutage. Eine Aikidoka berichtete, bei ihr könne Aggressivität durch brutale Partner, aber auch durch unangemessen vorgetragene Kritik ausgelöst werden. Einem anderen passierte es, dass er Aggressionen aus dem Alltag „mit auf die Matte nahm“; Meditation und Entspannungsübungen hätten nicht immer geholfen, das Problem in den Griff zu bekommen. Eine weitere Person wurde von einem Partner einmal so lange gereizt, bis sie mit der Waffe „wirklich“ zuschlug – mit der Folge, dass sie über ihre eigene Aggressivität völlig erschrak und Angst davor bekam, andere zu verletzen.

Drei nach dem Zufallsprinzip zusammengetragene Beispiele, die zeigen: Zwischen dem Ideal der Gewaltlosigkeit und der Realität klafft im Aikido-Training gelegentlich eine deutliche Lücke. Eine Erfahrung, die sich sicher in jedem Dojo machen lässt. Grund genug, sich dem Thema etwas genauer zuzuwenden.

Unübersichtlich ist das Thema zunächst einmal durch einen unklaren Sprachgebrauch, dann durch eine Verwirrung der Urteile, die über Aggression üblicherweise gefällt werden. Am Anfang müssen daher notgedrungen ein paar Klärungen stehen.

Vorschläge zur Unterscheidung

Aggression kann durchaus positiv bewertet werden und sogar ausdrücklich erwünscht sein. Eine aggressive Spielweise beim Fußball oder Schach oder auch ein aggressiver Flirt-Stil ist keineswegs zerstörerisch oder auch nur regelwidrig, sondern kann gerade den Reiz einer Begegnung ausmachen. In der ursprünglichen, wörtlichen Bedeutung ist mit Aggression einfach nur „Heranschreiten“ und „Annäherung“ gemeint, also eine zunächst wertfreie Bewegung auf etwas zu (s. WAGNER 1999, 85.). Im Aikido-Sprachgebrauch wird stattdessen oft der BegriffEnergie verwendet, er klingt neutraler. Gefährlich werden Energie oder Aggression erst, wenn damit – bewusst oder vielleicht auch unbewusst – eine zerstörerische Absicht oder Wirkung verbunden ist.

Um Verwechslungen zu vermeiden, wird in den folgenden Überlegungen für diese problematische Art der Aggression der AusdruckAggressivität verwendet. Er steht für Formen derGewalt, verbunden mit dem Ziel oder der Inkaufnahme des Schadens für andere. Beabsichtigt ist eine soziale Schieflage: Der Aggressor versucht sein Gegenüber in die Unterordnung zu zwingen. Er denkt, fühlt und handelt in Freund-Feind-Kategorien. Damit verbunden sind Akte der Beschädigung oder auch Zerstörung, die sich gegen die feindliche Seite richten – das Gegenüber soll einen körperlichen oder sozialen Defekt erleiden. Man könnte also auch von Destruktivität sprechen.

Auch Aggressivität ist natürlich nicht an sich schlecht. Niemand von uns würde existieren, wenn unsere Vorfahren ihr Überleben nicht hin und wieder durch Gewaltbereitschaft gesichert hätten. Die Evolution hat für den Fall lebensbedrohlicher Situationen Verhaltensmuster in uns programmiert, die ganz instinktiv auftreten können: fliehen, sich totstellen oder eben kämpfen. Aggressivität ist insofern eine „natürliche“ Grundform der Angstbewältigung.

Eine Mutmaßung von FUSHI SENSEI zur Aggressivität:

Im Anfang war die Angst.

Zwischenmenschliche Situationen, die Gesundheit oder gar Leben bedrohen, sind im derzeitigen Mitteleuropa aber glücklicherweise sehr selten. Wenn es trotzdem zu Momenten hoher Gewaltbereitschaft kommt, ist dies wohl meist eine Form umgewandelter Hilflosigkeitsgefühle. Der Gewalttäter ist selbst Opfer: Er fühlt sich von den Verhältnissen massiv in die Enge getrieben oder er leidet an einer falschen Selbsteinschätzung, die ihn neben seiner Brutalität keine andere Option sehen oder empfinden, keine andere innere Stimme mehr hören lässt.

FUSHI SENSEIs Meinung:

In einer Täter-Opfer-Konstellation gibt es eigentlich zwei Opfer: das Opfer und den Täter.

Durch die verschiedenen Formen des Budo ist interessanterweise ein kulturelles Betätigungsfeld entstanden, das genau auf diesen Teil der menschlichen Verhaltenspalette den Schwerpunkt legt. Sind schon viele Sportarten Formen ritualisierter Gewalt, so gilt dies erst recht in denKampfkünsten. Budoka erwerben durch ihre Übungspraxis in besonderem Maße Gewalt-Kompetenzen – je nach Art des Budo eher in offensiver oder defensiver Ausrichtung.

Zerstörerische Potentiale als Teil des Aikido-Trainings

Eine Budo-Kunst muss aber nicht zwangsläufig den Kampf oder auch nur die Selbstverteidigung als Ziel haben. Kinomichi beispielsweise ist eine reine Bewegungsform, und im Iaido, der Kunst des Schwertziehens, übt man zwar mit einer tödlichen Waffe, aber ohne Partner, nur in Auseinandersetzung mit sich selbst. Im Aikido ist der Selbstverteidigungsaspekt aber erhalten geblieben. Ein Hieb auf den Kopf mit einem Stock oder Bokken ist eine Handlung, die sogar tödliche Folgen haben könnte, und auch ein Schlag mit der bloßen Hand oder ein Würgegriff ist kein harmloser Akt. Zum Schutz gegen solche und andere Attacken erlernt der Aikidoka all die verschiedenen Ausweich- und Verteidigungstechniken. Denn dazu ist eine Selbstverteidigungs-Kunst schließlich da. Das Training im Dojo ist fortwährendes Einüben in Bewegungsformen, die vor der Gewalt eines Angreifers schützen können. Aikido nimmt aber außerdem noch für sich in Anspruch, Zerstörungskraft und -willen eines anderen Menschen in etwas Positives, Harmonisches verwandeln zu können.

Um dies lernen zu können, ist der Aikidoka folglich auf die dosierte, aber bei Bedarf auch beherzte Aggression seiner Partner zwingend angewiesen. Es handelt sich dann aber um eine Art gespielte Aggressivität – von derselben körperlichen Wucht wie reale Gewalt, mit der Mechanik eines echten Angriffs und einer echten Verteidigung, aber ohne die geringste zerstörerische Absicht. Voller physischer, aber ohne „soziale Energie“. Jeder Aikidoka braucht ständig Anlässe und Möglichkeiten, seine Techniken konsequent auszuführen, um ihre genaue Form und den angemessenen Kraftaufwand und Schwung sicher einzuüben.

Störende und gefährliche Aggressivität

Aggressive Bewegungsmuster sind also vonnöten, jedenfalls in wohl dosierter Form und im Rahmen der geltenden Regeln. Anders ist es mit aggressiven Gefühlen. Sie müssen in einem Aikido-Dojo dem Ideal nach als deplatziert betrachtet werden. Freilich sind dort immer nur Menschen am Werk, und bei der Aggressivität handelt es sich eben um einen ur-menschlichen, ja ur-biologischen Mechanismus. Wir haben ihn mit einem großen Teil der Tierwelt gemeinsam. Unsere Instinkte können wir nicht von vornherein nach Belieben ein- und ausschalten. Wir können nicht anders, als ihre Existenz zu akzeptieren. Die Kampfkünste sind jedoch dazu geeignet, sie in besonderer Weise zu kultivieren.

Aggressivität kann im Aikido-Training an unterschiedlichen Stellen, in unterschiedlichen Formen und aus unterschiedlichen Motiven zum Problem werden. „Problem“ heißt hier: Es können Menschen gefährdet, es kann ihr Wohlbefinden beeinträchtigt, es kann ihr Lernfortschritt behindert werden. Einige typische Beispiele sollen dazu dienen, das Phänomen von verschiedenen Seiten zu beleuchten. Erschöpfend ließe es sich sicher nur in einem eigenen Buch allein zu diesem Thema behandeln.

Offene Gewaltbereitschaft

Hoffentlich das kleinste Problem stellen beim Aikido alle Formen offener Gewaltbereitschaft dar. Sollte es in einem Dojo mehrfach zu ungefilterter körperlicher Aggressivität kommen, oder sollte dies für mehr als nur Sekundenbruchteile geschehen, wäre dies nicht allein den Konfliktpartnern anzulasten. Solche Tabubrüche zuzulassen wäre auch ein schweres Versäumnis der Lehrenden. Eine gute Dojo-Kultur bietet für gefährliche Aggressivität keinen dauerhaften Nährboden. Solche Situationen sind deswegen auch ausgesprochen selten – ich habe sie in über vierzig Jahren kaum jemals erlebt.

Sie werden aber nicht nur durch die Autoritätspersonen verhindert. Es ist dies auch eine Hauptaufgabe der Dojo-Etikette, auf die in allen Kampfkünsten großer Wert gelegt wird. Sie verwandelt „wilde“ in ritualisierte, kultivierte, kontrollierte Gewalt (Vertiefendes zum Thema „Etikette“ beispielsweise in COGNARD, 46 ff.; KROPP/BARANDUN, v. a. 170 ff.; PROTIN, 132 ff.; TAMURA, v. a. 34 ff.).

Machtkämpfe auf der Matte

Interessanter – und für die alltägliche Praxis viel relevanter! – sind indirekte Formen der Aggressivität, und ihnen stehen schon allein dadurch Tür und Tor offen, dass ständig Angriffs- und Verteidigungstechniken vollzogen werden. Gewaltbereitschaft kann in der „Verpackung“ von Attacke oder Verteidigung daherkommen.

Gelegentlich handelt es sich hier zwar nur um ein Missverständnis, oder es geschieht zumindest eine Gratwanderung: Der Kohai fühlt sich vielleicht von einem übermächtigen Sempai schikaniert, während der Sempai sich bemüht, den Kohai an seine Grenzen zu führen; oder über seine vermeintlichen Grenzen hinaus, aber in der Absicht, ihn dadurch zu fördern. Der Dienstjüngere würde mehr lernen, wenn er wüsste, dass er sich dem Erfahrenen bedenkenlos anvertrauen kann, statt sich von seinen Ängsten einschüchtern zu lassen.

In vielen Fällen finden auf der Matte aber auch echte Machtkämpfe statt. Äußerlich handelt der Aikidoka dann genau entsprechend den Regeln, seine Psyche aber ist weit davon entfernt. Der Partner bekommt es zumindest dann zu spüren, wenn er technisch oder kräftemäßig unterlegen ist. Ein überaus muskulöser Aikidoka kann einen schmächtigen so festhalten, dass dieser keine einzige Technik mehr zuwege bringt. Ein Uke mit ausgezeichneter Kondition kann einen behäbigen Partner in enorme Schwierigkeiten bringen. Angriffe können so ausgeführt werden, dass wenig erfahrene Nage dadurch aus der Fassung geraten und ihnen nicht mehr aus der Ruhe heraus begegnen können. Würfe können die Gelenke der Partner bis an die Grenze der Belastbarkeit bringen – und es kommt immer wieder vor, dass diese Grenze auch überschritten wird. Es kann geschehen, dass sich Übende über das Verhalten anderer oder über die Situation im Dojo ärgern und ihre Wut in ihre Bewegungen einfließen lassen. Manchmal haben Trainingspartner auch private Konflikte miteinander und lassen es zu, dass diese ihre Aikido-Begegnungen „färben“. Reagiert ein Aikidoka auf die Aggressivität seines Partners mit Gegengewalt, beginnt sich womöglich die Eskalationsschraube zu drehen.

Neben solcher aktuell ausgelöster Aggressivität gibt es auch noch eine eher habituell geprägte Form. Sie wird als „altes psychisches Muster“ mitgebracht und besteht in einer individuell hohen Bereitschaft, Situationen durch Aggressivität zu bewältigen. Das Verhaltensmuster wird durch das „Angegriffen-Sein“ oder durch das „Angreifen-Müssen“ wohl besonders leicht aktiviert. Die Begegnung, die rein physisch sein sollte, wird zusätzlich „aufgeladen“ durch die Aggressivität – vielleicht nicht immer durch körperliche Gewalt, sondern beispielsweise, indem der Betreffende eine bedrohliche Mimik zeigt; oder durch sein unnachgiebiges Ausnutzen technischer Fehler des Partners; indem er fortwährend bis an dessen körperliche Grenzen geht usw. So beeinträchtigt er zumindest das Klima im Dojo. Gerade einem solchen Menschen ist aber natürlich zu wünschen, dass er eine Kampfkunst erlernt und eine Chance erhält, allmählich alternative Verhaltensmuster anzuwenden. Seine Übungspartner werden es freilich nicht immer leicht mit ihm haben.

Die Alternative zur Aggressivität

Alle hier erwähnten und viele verwandte Formen haben eines gemeinsam: eine verzerrte Einstellung zur Realität der Übungspraxis. Wenn Gewalt (auch in ihren subtilen Formen) im Spiel ist, fehlt es womöglich an Achtsamkeit, ist der Aikidoka eventuell nicht wirklich in der Gegenwart präsent, ist die Harmonie gestört.

Leitlinien für das Training von SHIKYO SENSEI:

Seien Sie achtsam!

Seien Sie gegenwärtig!

Üben Sie mit größtmöglicher Genauigkeit!

Trachten Sie in jedem Augenblick nach einer Begegnung von Mitte zu Mitte!

Üben Sie ohne Zögern und ohne Bedenken!

Harmonisieren Sie als Nage Ihre Energien bestmöglich mit denen des Uke!

Urteilen Sie nicht!

Dass dieAchtsamkeit in den Kampfkünsten eine so wichtige mentale Haltung ist, hat nicht zuletzt mit den körperlichen Gefährdungspotentialen zu tun, die es hier zwangsläufig gibt. Der Gesundheit meines Partners, aber auch meiner eigenen muss ich größtmögliche Aufmerksamkeit widmen. Wenn Aikido für mich ein Weg der Selbsterfahrung ist, gibt es für meine Achtsamkeit aber noch weitaus mehr wahrzunehmen: Ist mein Üben in irgendeiner Weise aggressivitätsgeprägt? Durch welche Auslöser wird meine Aggressivität geweckt? Welche Projektionen lebe ich aus, wenn ich andere gewaltgefärbt behandle?